Hohelied 2: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Vv. 1-3''' und '''Vv. 4-7''' sind die zweite und dritte Strophe des in Hld 1,15-17 begonnenen Liedes; zum ganzen Lied s. die [[Hohelied 1 |Anmerkungen zu Kapitel 1]].<br />
 
'''Vv. 1-3''' und '''Vv. 4-7''' sind die zweite und dritte Strophe des in Hld 1,15-17 begonnenen Liedes; zum ganzen Lied s. die [[Hohelied 1 |Anmerkungen zu Kapitel 1]].<br />
'''Vv. 1-3''' führen den ''Bewunderungsdialog'' fort. Sie setzen ein mit einem kurzen Selbstbeschreibungsabschnitt in V. 1, in dem die Frau ihrem Geliebten wahrscheinlich nur zuraunt, wie gut es ihr mit ihm geht: Die „Täler“ und v.a. die „Scharonebene“ stehen für die fruchtbaren Gegenden Israels (s. [[Psalm 65#l13 |Ps 65,13]]; [[Jesaja 35#l2 |Jes 35,2]]); Lilien und Iriden konnten dort besonders gut gedeihen. Geschickt dreht der Mann seiner Geliebten das Wort im Mund um und verwandelt es in V. 2 in ein Kompliment, dass die Frau in V. 3 postwendend zurückgibt und weiterführt.<br />
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'''Vv. 1-3''' führen den ''Bewunderungsdialog'' fort. Sie setzen ein mit einem kurzen Selbstbeschreibungsabschnitt in V. 1, in dem die Frau ihrem Geliebten wahrscheinlich nur zuraunt, wie gut es ihr mit ihm geht: Die „Täler“ und v.a. die „Scharonebene“ stehen für die fruchtbaren Gegenden Israels (s. [[Psalm 65#l13 |Ps 65,13]]; [[Jesaja 35#l2 |Jes 35,2]]); Lilien und Iriden konnten dort besonders gut gedeihen. Geschickt dreht der Mann seiner Geliebten das Wort im Mund um und verwandelt es in V. 2 in ein Kompliment, dass die Frau in V. 3 postwendend zurückgibt und weiterführt: Der eigentliche Grund, warum sie sich so wohl fühlt, ist natürlich ihr Geliebter, darum ist in V. 3 der Ort, wo sie sich befindet, nicht mehr Tal und Scharonebene, sonden der Schatten ihres Geliebten.<br />
 
An dies Verse schließen sich '''Vv. 4-7''' an. Das „Haus des Weines“, in das der Mann seine Geliebte brachte, führt das Bild des „Hauses aus Zedern und Zypressen“ in Hld 1,15-17 fort: Es wird dort Wein getrunken. Wofür der „Wein“ steht, lässt sich leicht aus [[Hohelied 1#l2 |Hld 1,2]].[[Hld 1#l4 |4]]; [[Hohelied 4#l10 |4,10]]; [[Hohelied 5#l1 |5,1]]; [[Hohelied 7#l10 |7,10]]; [[Hohelied 8#l2 |8,2]] erschließen, nämlich für die ausgetauschten Zärtlichkeiten, speziell die Küsse des Päärchens. Zusätzlich verdeutlicht wird dies durch den nächsten Satz: „Sein Banner über mir ist Liebe“. Angespielt wird hier auf den Brauch, „an Häusern, in denen eine Festlichkeit stattfand, Zeichen anzubringen, um auf diese hinzuweisen“ (Gerhards 2010, S. 343). Auf ''diesem'' Banner aber steht nicht: „Hier gibt es Wein“, sondern: „Liebe“ - das Haus aus Zedern und Zypressen ist das Haus, in dem das Päärchen sich liebkost; ihr „Liebesnest“. Metaphorisch sind dann auch die Traubenkuchen und Aprikosen zu nehmen, die sie von den fiktiven Festgästen verlangt: Die Traubenkuchen sind eine Variante von „Wein“, stehen also ebenfalls für Liebkosungen, und die „Aprikosen“ sind die Früchte ''des Geliebten'', der ja in V. 3 als Aprikosenbaum bezeichnet wurde: „The Shulamite dramatically proclaims her erotic hunger for her lover; apricots are ‚his‘ fruit, 2,3.“ (Bloch/Bloch 1995, S. 148). In V. 6 wird der selbe Wunsch noch einmal in Klartext wiederholt.<br />
 
An dies Verse schließen sich '''Vv. 4-7''' an. Das „Haus des Weines“, in das der Mann seine Geliebte brachte, führt das Bild des „Hauses aus Zedern und Zypressen“ in Hld 1,15-17 fort: Es wird dort Wein getrunken. Wofür der „Wein“ steht, lässt sich leicht aus [[Hohelied 1#l2 |Hld 1,2]].[[Hld 1#l4 |4]]; [[Hohelied 4#l10 |4,10]]; [[Hohelied 5#l1 |5,1]]; [[Hohelied 7#l10 |7,10]]; [[Hohelied 8#l2 |8,2]] erschließen, nämlich für die ausgetauschten Zärtlichkeiten, speziell die Küsse des Päärchens. Zusätzlich verdeutlicht wird dies durch den nächsten Satz: „Sein Banner über mir ist Liebe“. Angespielt wird hier auf den Brauch, „an Häusern, in denen eine Festlichkeit stattfand, Zeichen anzubringen, um auf diese hinzuweisen“ (Gerhards 2010, S. 343). Auf ''diesem'' Banner aber steht nicht: „Hier gibt es Wein“, sondern: „Liebe“ - das Haus aus Zedern und Zypressen ist das Haus, in dem das Päärchen sich liebkost; ihr „Liebesnest“. Metaphorisch sind dann auch die Traubenkuchen und Aprikosen zu nehmen, die sie von den fiktiven Festgästen verlangt: Die Traubenkuchen sind eine Variante von „Wein“, stehen also ebenfalls für Liebkosungen, und die „Aprikosen“ sind die Früchte ''des Geliebten'', der ja in V. 3 als Aprikosenbaum bezeichnet wurde: „The Shulamite dramatically proclaims her erotic hunger for her lover; apricots are ‚his‘ fruit, 2,3.“ (Bloch/Bloch 1995, S. 148). In V. 6 wird der selbe Wunsch noch einmal in Klartext wiederholt.<br />
 
Dazwischen steht die Erklärung: „'''Denn ich bin krank vor Liebe'''“. Das darf nicht missverstanden werden als Metapher wie das deutsche „liebeskrank sein“; pathologische Liebe wurde damals durchaus als echte Krankheit mit wirklichen Symptomen gesehen. Ovid z.B. hat daher mit seinen Werk „[http://gutenberg.spiegel.de/buch/heilmittel-der-liebe-4725/1 Heilmittel gegen die Liebe]“ einen ganzen Therapieleitfaden gegen diese Krankheit verfasst.<ref>Zu dieser faszinierenden Idee vgl. z.B. Biesterfeldt/Gutas 1984; Crohns 1905; Toohey 1992; Toohey 2004, S. 59-103.</ref> Einige Beispiele: Bei Sappho (7. Jh. v. Chr.) heißt es:
 
Dazwischen steht die Erklärung: „'''Denn ich bin krank vor Liebe'''“. Das darf nicht missverstanden werden als Metapher wie das deutsche „liebeskrank sein“; pathologische Liebe wurde damals durchaus als echte Krankheit mit wirklichen Symptomen gesehen. Ovid z.B. hat daher mit seinen Werk „[http://gutenberg.spiegel.de/buch/heilmittel-der-liebe-4725/1 Heilmittel gegen die Liebe]“ einen ganzen Therapieleitfaden gegen diese Krankheit verfasst.<ref>Zu dieser faszinierenden Idee vgl. z.B. Biesterfeldt/Gutas 1984; Crohns 1905; Toohey 1992; Toohey 2004, S. 59-103.</ref> Einige Beispiele: Bei Sappho (7. Jh. v. Chr.) heißt es:

Version vom 1. Februar 2016, 19:05 Uhr

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Hohelied 2)

(kommt später)

Studienfassung (Hohelied 2)

1 [Frau:]a „Ich bin ([nur])b eine (die) Liliec in der Scharonebene,
([Nur])b eine (die) Iris (Lotusblume?)c in den Tälern.“


2 [Mann:]a Wie eine Iris (Lotusblume?)c unter {den}d Disteln (Dornen),
So [ist] meine Freundine unter den Töchtern.“f


3 [Frau:]a „Wie ein Aprikose[nbaum]g unter {den}d Waldbäumen
So [ist] mein Geliebter unter den Söhnen.h
In seinem Schatten erfreue ich mich (habe ich Lust) und sitze ichi
Und seine Frucht [ist] süß an meinem Gaumen.


4 Er hat mich in das Haus des Weinsj gebracht,
Und sein Bannerk über mir [ist] Liebe.
5 Unterstützt mich (Man unterstütze mich) mit {dem} Traubenkuchen,
Stärkt mich (man stärke mich) mit {den} Aprikosen,
Denn ich bin krank vor Liebe!l
6 Seine Linke [sei] unter meinem Kopf
Und seine Rechte umfasse mich!
7 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalems,
Bei den Gazellen oder bei den Hirschkühen des Feldes:m
Entfacht nicht und facht nicht ann die Liebe (Stört nicht den Geschlechtsverkehr?o),
Bis es ihr gefällt (solange sie begehrt)!“


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Anmerkungen

Vv. 1-3 und Vv. 4-7 sind die zweite und dritte Strophe des in Hld 1,15-17 begonnenen Liedes; zum ganzen Lied s. die Anmerkungen zu Kapitel 1.
Vv. 1-3 führen den Bewunderungsdialog fort. Sie setzen ein mit einem kurzen Selbstbeschreibungsabschnitt in V. 1, in dem die Frau ihrem Geliebten wahrscheinlich nur zuraunt, wie gut es ihr mit ihm geht: Die „Täler“ und v.a. die „Scharonebene“ stehen für die fruchtbaren Gegenden Israels (s. Ps 65,13; Jes 35,2); Lilien und Iriden konnten dort besonders gut gedeihen. Geschickt dreht der Mann seiner Geliebten das Wort im Mund um und verwandelt es in V. 2 in ein Kompliment, dass die Frau in V. 3 postwendend zurückgibt und weiterführt: Der eigentliche Grund, warum sie sich so wohl fühlt, ist natürlich ihr Geliebter, darum ist in V. 3 der Ort, wo sie sich befindet, nicht mehr Tal und Scharonebene, sonden der Schatten ihres Geliebten.
An dies Verse schließen sich Vv. 4-7 an. Das „Haus des Weines“, in das der Mann seine Geliebte brachte, führt das Bild des „Hauses aus Zedern und Zypressen“ in Hld 1,15-17 fort: Es wird dort Wein getrunken. Wofür der „Wein“ steht, lässt sich leicht aus Hld 1,2.4; 4,10; 5,1; 7,10; 8,2 erschließen, nämlich für die ausgetauschten Zärtlichkeiten, speziell die Küsse des Päärchens. Zusätzlich verdeutlicht wird dies durch den nächsten Satz: „Sein Banner über mir ist Liebe“. Angespielt wird hier auf den Brauch, „an Häusern, in denen eine Festlichkeit stattfand, Zeichen anzubringen, um auf diese hinzuweisen“ (Gerhards 2010, S. 343). Auf diesem Banner aber steht nicht: „Hier gibt es Wein“, sondern: „Liebe“ - das Haus aus Zedern und Zypressen ist das Haus, in dem das Päärchen sich liebkost; ihr „Liebesnest“. Metaphorisch sind dann auch die Traubenkuchen und Aprikosen zu nehmen, die sie von den fiktiven Festgästen verlangt: Die Traubenkuchen sind eine Variante von „Wein“, stehen also ebenfalls für Liebkosungen, und die „Aprikosen“ sind die Früchte des Geliebten, der ja in V. 3 als Aprikosenbaum bezeichnet wurde: „The Shulamite dramatically proclaims her erotic hunger for her lover; apricots are ‚his‘ fruit, 2,3.“ (Bloch/Bloch 1995, S. 148). In V. 6 wird der selbe Wunsch noch einmal in Klartext wiederholt.
Dazwischen steht die Erklärung: „Denn ich bin krank vor Liebe“. Das darf nicht missverstanden werden als Metapher wie das deutsche „liebeskrank sein“; pathologische Liebe wurde damals durchaus als echte Krankheit mit wirklichen Symptomen gesehen. Ovid z.B. hat daher mit seinen Werk „Heilmittel gegen die Liebe“ einen ganzen Therapieleitfaden gegen diese Krankheit verfasst.q Einige Beispiele: Bei Sappho (7. Jh. v. Chr.) heißt es:

Wenn ich dich erblicke, geschiehts mir einmal, daß ich verstumme.
Denn bewegungslos liegt die Zunge, feines
Feuer hat im Nu meine Haut durchrieselt,
mit den Augen sehe ich nichts, ein Dröhnen braust in den Ohren,
und der Schweiß bricht aus, mich befällt ein Zittern
aller Glieder, bleicher als dürre Gräser
bin ich, dem Gestorbensein kaum mehr ferne schein ich mir selber. (2D, Üs.: Treu)

und Theokrit dichtet in seiner zweiten Idylle:

Sieh, o Göttin Selene, woher mit die Liebe gekommen!
Schon, ach! war mir die Farbe so gelb wie Thapsos geworden,
Und mir schwanden die Haare vom Haupt; die ganze Gestalt nur
Haut noch und Bein! Wen frug ich um Hilfe nicht?
...
Ganz kalt ward ich zumal wie der Schnee, und herab von der Stirn
Rann mir in Tropfen der Schweiß wie rieselnder Tau in der Frühe;
Kein Wort bracht ich hervor, auch nicht so viel wie im Schlafe
Wimmert ein Kindchen und lallt, nach der lieben Mutter verlangend,
Und ganz wurde der blühende Leib mir starr wie ein Wachsbild. (Üs.: Mörike)

Besonders interessant für unseren Vers ist Lukrez Abschnitt über den Liebeswahn in seinem Werk „Über die Natur der Dinge“:

Denn ein Gesunder erfreut sich doch offenbar reinerer Wollust
Als wer krank ist vor Liebe. Denn selbst bei dem Akt der Umarmung
Schwanket der Liebenden Brust in taumelnder Irrnis. Sie wissen
Kaum, wo zuerst sich ersättigen soll der Blick und die Hände.
Was sie ergreifen, erdrücken sie fast; sie mißhandeln den Körper
Schmerzhaft, ja sie zerbeißen sich oft mit den Zähnen die Lippen.
Pressen sie Küsse darauf. ...(Üs.: Diels)

In der Bibel findet sich die Rede von der Liebeskrankheit neben dem Hld nur noch in 2 Sam 13,2, wo klar ebenfalls eine pathologische Liebe geschildert wird, die auch deutliche Krankheitssymptome nach sich zieht (s. 2 Sam 13,4).
Was die Frau hier im Hld also von sich berichtet, ist nichts Gutes und Schönes, sondern etwas Krankhaftes; das ist sehr wichtig für den weiteren Verlauf des Hoheliedes. Darauf weißt auch der letzte Vers des Liedes; ein Refrain, der sich noch in zwei Variationen insgesamt vier Mal im Hohelied findet (s. noch Hld 3,5; 5,8 und 8,4) und der sich jedes Mal an eine Schilderung negativer Folgen der Liebe anschließt. Die Liebe, wie sie hier geschildert wurde, ist keine reife Liebe; sie entbrannte vor ihrer Zeit und wurde vorzeitig auch noch weiter angefacht. Liebe, so das Hohelied, kann auch fehlgehen, und eine solche fehlgegangene Liebe ist diese vorzeitige, außereheliche (s. später), insgeheim im Freien vollzogene Liebe.

aDas Hohelied besteht zu einem großen Teil aus Dialogen. Das Verständnis des Textes wird sehr dadurch erschwert, dass im hebräischen Text nie angegeben ist, wer welche Textteile spricht. Schon in der LXX und VUL haben daher Schreiber sog. „Rubriken“ eingefügt, also mit roter Tinte geschriebene Angaben darüber, welchem Sprecher welche Äußerung zuzuschreiben ist (vgl. dazu Treat 1996, bes. S. 399ff.). Zur Förderung der Verständlichkeit der Üs. folgen wir diesem Beispiel; nur dort, wo in der Exegese größere Uneinigkeit über die Zuordnung einer Äußerung zu einem Sprecher herrscht, folgt darauf noch eine Extrafußnote zur Begründung dieser Zuordnung. (Zurück zu v.1 / zu v.2 / zu v.3)
b[nur] - Fokuspartikeln wie „nur“ werden im Heb. auch dort fast nie gesetzt, wo das Dt. sie setzen müsste. So verstehen auch diese Stelle viele Exegeten, weil sie das Mädchen ungerne mit einem solch unverblümten Eigenlob in das Lied einsteigen lassen möchten (z.B. Fox 1985, S. 83; Gordis 1974b, S. 50), aber s. die Anmerkungen. (zu v.1)
c
Ein proto-aeolisches Kapitell aus Megiddo. (c) Shiloh, Yigal: New Proto-Aeolic Capitals Found in Israel, in: BASOR 222, 1976. S. 67-77, S. 67.
Lilie + Iris - Die Identität der beiden Blumen ist umstritten und nicht sicher zu erschließen. Über die „Iris“ (Heb. schoschannah) weiß man, dass die Kapitelle von Pfeilern im Tempel die Form dieser Blume hatten (s. 1 Kön 7,22; zum irisförmigen Kapitell s. rechts) und dass es sich um eine Landpflanze handelt (s. Hld 7,3), die Tiere beim Grasen verspeißen konnten (s. Hld 2,16; 4,5; 6,2.3). Das syr. Wort susan („Iris, Lilie“) und das arab. Wort susan/sausan („Iris, Lilie“) legen dann nahe, dass es sich auch hier um eine Iris- oder Lilienart handelt. Die „Lilie“ (Heb. habatselet) wird neben dieser Stelle nur noch in Jes 35,1f. erwähnt; entsprechend gibt es für die Erschließung ihrer Identität noch weniger Anhaltspunkte. Von der Etymologie her könnte es sich um eine Zwiebelpflanze handeln (vgl. Heb. betsal: „Zwiebel“) und in Jes 35,1 übersetzen LXX, VUL, TgJes und Eusebius in seinem Jesaja-Kommentar mit „Lilie“. Es ist gut möglich, dass das nur geraten ist (in unserem Vers übersetzen LXX, VUL allgemein mit „Blume“), aber der beste Anhaltspunkt zu ihrer Identifikation, daher folgen wir einstweilen diesen Üss.
„Rose“ ist sehr unwahrscheinlich, da diese nicht in Israel wuchsen; die neuerdings häufige Üs. mit „Lotus“ ist problematisch, weil die Lotusblume eine Wasserpflanze ist, und basiert auf den beiden irrtümlichen Annahmen, dass es keine lilien-/irisförmigen Kapitelle gegeben habe und dass die Lilie nicht in Israel wachsen würde. (zu v.1 / zu v.2)
d{den} - In Vergleichen verwendet das Heb. häufig bestimmten Artikel, wo das Dt. unbestimmten oder keinen Artikel verwenden würde. (Zurück zu v.2 / zu v.3)
emeine Freundin - Häufige Bezeichnung für die Geliebte im Hld; s. Hld 1,9.15; 2,2.10.13; 4,1.7; 5,2; 6,4. Außer in Hld 5,2 fällt der Ausdruck stets im Zhg. mit einer Aussage über das Aussehen der „Freundin“; wahrscheinlich hörte ein Israelit bei dem Ausdruck also irgendwie „Schönheit“ mit. (Zurück zu v.2)
fTöchtern - d.h., den anderen Mädchen. (Zurück zu v.2)
gAprikose[nbaum] - nicht: „Apfelbaum“; dieser wächst erst seit Kurzem in Palästina (vgl. z.B. Musselman 2012, S. 21; z.St. z.B. auch Bloch/Bloch 1995, S. 149). (Zurück zu v.3)
hSöhnen - d.h., den anderen jungen Männern. (Zurück zu v.3)
ierfreue ich mich (habe ich Lust) und sitze ich - d.h., „erfreut es mich zu sitzen“ oder „habe ich Lust, zu sitzen“; verbales Hendiadyoin: Ein Vollverb dient eigentlich der näheren Spezifizierung eines anderen Vollverbs. (Zurück zu v.3)
jDas Haus des Weins ist wahrscheinlich keine Taverne, die im Alten Israel nicht belegt sind. Verglichen wird gern das „Haus des Weintrinkens“ in Est 7,8, aber s. Pred 7,2, wo das „Haus des Trinkens“ mit dem „Haus des Klagens“ (also einem Privathaus, dessen Bewohner einen Trauerfall hatten) kontrastiert wird. Auch in Dan 5,10 befindet sich das „Haus des Trinkens“ offenbar im Palast und bietet Raum für alle „1000 Großen“ des Königs. Offenbar ist also „jedes Haus, in dem Wein getrunken wird“, ein „Weinhaus“ (Fox 1983, S. 201). S. näher die Anmerkungen. (Zurück zu v.4)
kBanner - Zum Banner s. die Anmerkungen. (Zurück zu v.4)
lkrank vor Liebe - s. dazu die Anmerkungen. (Zurück zu v.5)
mBei den Gazellen oder bei den Hirschkühen des Feldes - dazu vgl. bes. gut Steinmann 2013. Geschworen wurde im Alten Israel stets bei höheren „Mächten“ wie Gott, Pharao, Hohepriester etc. Zu diesen gehören Gazelle und Hirschkuh nicht. Auch das „des Feldes“ ist auffällig; in der Bibel ist dies ein Idiom für „wilde Hirschkühe“; Hirschkühe wurden aber nicht gezähmt, so dass diese nähere Ausführung überflüssig scheint. tseba´oth („Gazellen“) und ´ajelot haßadeh („Hirschkühe des Feldes“) (צבאות ... אילות השדה) wird hier also wahrscheinlich deshalb verwendet, weil es lautlich und im Schriftbild an die beiden Gottesbezeichnungen [JHWH] tseba´ot („JHWH der Mächte“) und ´el schaddaj (Bed. unsicher; vielleicht „Gott vom Berge“ und „Gott der Wildnis“; vgl. DDD, S. 749f) (צבאות ... אל שדי) erinnert; „ein erstes Zeichen der Tendenz, die in der talmudischen Zeit wichtig wurde, für Namen und Titel Gottes in Schwüren verschiedene, manchmal [gar] bedeutungslose Worte wie [...] ‚beim Fischnetz‘ oder [...] ‚beim Leben der Sommerfrucht‘ einzusetzen.“ (Fox 1985, S. 110). „Gazelle“ und „Hirschkuh“ passen sogar noch recht gut zum Kontext, weil sie auch an anderen Stellen der Bibel mit Liebe in Zusammenhang gebracht werden (s. Spr 5,18f.; Hld 4,5; 7,3; vgl. Steinmann 2013, S. 30). (Zurück zu v.7)
nEntfacht nicht und facht nicht an die Liebe - W.: „Wenn ihr entfacht und wenn ihr anfacht die Liebe...!“; unabgeschlossee Drohformel als häufige Formel für Verbote. Das selbe Verb wird in zwei verschiedenen Konjugationen verwendet: Figura etymologica, die den Ausdruck noch stärker macht. (Zurück zu v.7)
oStört nicht den Geschlechsverkehr - so einige neuere Exegeten (z.B. Falk 1982, S. 116; Fox 1985, S. 109); aber das Verb kann nicht „stören“ oder „unterbrechen“ bedeuten. (Zurück zu v.7)
pDas Hohelied besteht aus mehreren, voneinander mehr oder weniger unabhängigen Einzelliedern (s. näher die Anmerkungen). Wo jeweils ein neues Lied beginnt, ist im hebräischen Text nicht erkennbar; wir haben daher zur Steigerung der Verständlichkeit jeweils dort ein Sternchen eingefügt, wo unserer Meinung ein neues Lied beginnt. (Zurück zu v.7)
qZu dieser faszinierenden Idee vgl. z.B. Biesterfeldt/Gutas 1984; Crohns 1905; Toohey 1992; Toohey 2004, S. 59-103. (Zurück zum Text: q)