Rut 4: Unterschied zwischen den Versionen

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{{S|3}} Dann sagte er zum Löser: „[Das] Feldstück,<ref>''Feldstück'' - s. zum Begriff [http://offene-bibel.de/mediawiki/index.php?title=Rut_2#note_e FN e] zu [[Rut 2#s2 |Rut 2,2]].</ref> das unserem Bruder<ref>''Bruder'' - Hier im Sinne von „Verwandter“; dass gerade „Bruder“ verwendet wird, ist wahrscheinlich eine Anspielung auf [[Deuteronomium 25#s5 |Dtn 25,5]] (s. Anmerkungen und vgl. z.B. Rischer 2001, S. 158; Zakovitch 1999 S. 154).</ref>, dem Elimelech, [war (gehörte)], verkauft<ref>''verkauft'' - „Verkaufen“ trifft die Rechtslage nicht gut, denn Land war im Alten Israel eigentlich nur für eine begrenzte Zeit „verkäuflich“ und würde dann wieder an die Familie zurückfallen, die es verkauft hat (vgl. z.B. Lipiński 1976, S. 126; ThAT IV, S. 871). Strenggenommen müsste man hier mit „verpfänden“ o.Ä. übersetzen, doch würde das die LF wohl nur unnötig verkomplizieren; auch fast alle neueren Üss. übersetzen daher mit „verkaufen“.</ref> Noomi, die zurückgekehrt ist aus {dem Gebiet von} (dem Feld von)<ref>''{<s>dem Gebiet von</s>} (dem Feld von)'' - Zum Ausdruck s. [http://offene-bibel.de/wiki/Rut_1#note_e FN e] zu [[Rut 1#s1 |Rut 1,1]].</ref> Moab.
 
{{S|3}} Dann sagte er zum Löser: „[Das] Feldstück,<ref>''Feldstück'' - s. zum Begriff [http://offene-bibel.de/mediawiki/index.php?title=Rut_2#note_e FN e] zu [[Rut 2#s2 |Rut 2,2]].</ref> das unserem Bruder<ref>''Bruder'' - Hier im Sinne von „Verwandter“; dass gerade „Bruder“ verwendet wird, ist wahrscheinlich eine Anspielung auf [[Deuteronomium 25#s5 |Dtn 25,5]] (s. Anmerkungen und vgl. z.B. Rischer 2001, S. 158; Zakovitch 1999 S. 154).</ref>, dem Elimelech, [war (gehörte)], verkauft<ref>''verkauft'' - „Verkaufen“ trifft die Rechtslage nicht gut, denn Land war im Alten Israel eigentlich nur für eine begrenzte Zeit „verkäuflich“ und würde dann wieder an die Familie zurückfallen, die es verkauft hat (vgl. z.B. Lipiński 1976, S. 126; ThAT IV, S. 871). Strenggenommen müsste man hier mit „verpfänden“ o.Ä. übersetzen, doch würde das die LF wohl nur unnötig verkomplizieren; auch fast alle neueren Üss. übersetzen daher mit „verkaufen“.</ref> Noomi, die zurückgekehrt ist aus {dem Gebiet von} (dem Feld von)<ref>''{<s>dem Gebiet von</s>} (dem Feld von)'' - Zum Ausdruck s. [http://offene-bibel.de/wiki/Rut_1#note_e FN e] zu [[Rut 1#s1 |Rut 1,1]].</ref> Moab.
 
{{S|4}} Und ich habe [mir] gedacht, ich will dir folgendes zu Gehör bringen:<ref>''zu Gehör bringen'' - Heb. Idiom, s. z.B. [[1Samuel 20#s2 |1 Sam 20,2]].[[1Samuel 20#s12 |12]]f. Außer in [[Ijob 36#s10 |Ijob 36,10]].[[Ijob 36#s15 |15]] steht es stets für ''Privat''mitteilungen: Was Boas hier verkünden will, ist speziell für die Ohren des Löser bestimmt, da eben dieser und kein anderer der Löser ist (s. Anmerkungen).</ref> Kaufe [es] in Gegenwart der Sitzenden und in Gegenwart der Ältesten meines Volkes<ref>''der Sitzenden und der Ältesten meines Volkes'' - Wahrscheinlich entspr. der Interpretation von SLT: „In Gegenwart der hier sitzenden Bürger (die sich inzwischen neugierig am Verhandlungsort niedergelassen haben) und der Ältesten meines Volkes“.<br />Nach V. 2 müsste sich schon „die Sitzenden“ auf die Ältesten beziehen; hier scheinen aber mit den „Sitzenden“ und den „Ältesten“ zwei us. Gruppen gemeint zu sein. Zakovitch 1999, S. 156 denkt daher, das „und“ sei hier als ein sog. ''Waw explicativum'' zu verstehen und man müsste übersetzen: „in Gegenart der [hier] Sitzenden, ''nämlich'' in Gegenwart der Ältesten meines Volkes“, und Campbell 1975, S. 145 denkt, die „Sitzenden“ meine die zehn Ältesten, die Boas sich in V. 2 „genommen“ hat, die „Ältesten“ dagegen ''sämtliche'' Älteste Bethlehems, die hier durch die zehn ausgewählten Ältesten repräsentiert seien. Diese sämtlichen Ältesten sind hier aber eben nicht anwesend und daher nicht gut mit dem „in Gegenart von“ vereinbar und die Deutung als Waw explicativum ist wegen der Wiederholung des ''neged'' („in Gegenwart von“) nicht gut möglich, daher meint „die Sitzenden“ wohl das übrige Volk, das sich mittlerweile im Tor niedergelassen hat und das später noch in Aktion treten wird.</ref> - wenn du lösen willst, dann löse.<ref>''wenn du lösen willst, dann löse'' - Der Nachsatz hat offenbar die Funktion, den „Kauf“ des Lösers speziell als „Lösung“ zu bestimmen (zur Lösung s. die Anmerkungen); man könnte besser also mit NL übersetzen: „Wenn du das Land auslösen willst, dann kaufe es jetzt in der Gegenwart ... . Wenn du es jedoch nicht auslösen willst ...“</ref> Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst),<ref>'''Textkritik''': ''Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst)'' - Die besten Handschriften haben hier das Verb in der 3. Pers. Sg.: „Wenn ''er'' nicht lösen will“. Viele heb. Handschriften, LXX, VUL und Tg korrigieren daher zu 2. Pers. Sg. und dem folgen alle modernen Üss. und Kommentare: „Wenn ''du'' nicht lösen willst“. Wie aber die 3.-Pers.-Version als Schreibfehler entstanden sein sollte, ist nicht erklärlich und daher wahrscheinlich doch die ursprüngliche Version; BHQ belässt daher auch diese Version, die dann mit Niccacci 1995, S. 97 und schon Ibn Ezra als impersonale Konstruktion erklärt werden muss: „Wenn er nicht lösen will“ = „Wenn ''niemand'' lösen will“.<br />Diese Deutung ist sogar effektvoller: Die Lösung wird fast völlig in die Verantwortung des Lösers gestellt, „es gibt niemand außer ihm, der lösen könnte“; die Alternative dazu, dass der Löser löst, ist also, dass „niemand löst“. Die Formulierung schlägt also offenbar in die selbe Kerbe, in die auch der Ausdruck „zu Gehör bringen“ schlägt (s.o.): Es ist speziell der Löser, der hier in Verantwortung steht. Und erst ganz am Ende seiner langen Rede zeigt Boas eine weitere Alternative auf, die im heb. Text nur aus zwei Worten besteht: „Und-ich nach-dir“. Boas will den Löser anscheinend durch diese Formulierung geradezu zur Zusage „verführen“.</ref> dann verrate es mir, damit ich es weiß! Denn [es ist (es gibt)] niemanden außer dir, der lösen [könnte] - und ich [bin (komme)] nach dir.“<br />Da sagte er: „Ich will lösen“.
 
{{S|4}} Und ich habe [mir] gedacht, ich will dir folgendes zu Gehör bringen:<ref>''zu Gehör bringen'' - Heb. Idiom, s. z.B. [[1Samuel 20#s2 |1 Sam 20,2]].[[1Samuel 20#s12 |12]]f. Außer in [[Ijob 36#s10 |Ijob 36,10]].[[Ijob 36#s15 |15]] steht es stets für ''Privat''mitteilungen: Was Boas hier verkünden will, ist speziell für die Ohren des Löser bestimmt, da eben dieser und kein anderer der Löser ist (s. Anmerkungen).</ref> Kaufe [es] in Gegenwart der Sitzenden und in Gegenwart der Ältesten meines Volkes<ref>''der Sitzenden und der Ältesten meines Volkes'' - Wahrscheinlich entspr. der Interpretation von SLT: „In Gegenwart der hier sitzenden Bürger (die sich inzwischen neugierig am Verhandlungsort niedergelassen haben) und der Ältesten meines Volkes“.<br />Nach V. 2 müsste sich schon „die Sitzenden“ auf die Ältesten beziehen; hier scheinen aber mit den „Sitzenden“ und den „Ältesten“ zwei us. Gruppen gemeint zu sein. Zakovitch 1999, S. 156 denkt daher, das „und“ sei hier als ein sog. ''Waw explicativum'' zu verstehen und man müsste übersetzen: „in Gegenart der [hier] Sitzenden, ''nämlich'' in Gegenwart der Ältesten meines Volkes“, und Campbell 1975, S. 145 denkt, die „Sitzenden“ meine die zehn Ältesten, die Boas sich in V. 2 „genommen“ hat, die „Ältesten“ dagegen ''sämtliche'' Älteste Bethlehems, die hier durch die zehn ausgewählten Ältesten repräsentiert seien. Diese sämtlichen Ältesten sind hier aber eben nicht anwesend und daher nicht gut mit dem „in Gegenart von“ vereinbar und die Deutung als Waw explicativum ist wegen der Wiederholung des ''neged'' („in Gegenwart von“) nicht gut möglich, daher meint „die Sitzenden“ wohl das übrige Volk, das sich mittlerweile im Tor niedergelassen hat und das später noch in Aktion treten wird.</ref> - wenn du lösen willst, dann löse.<ref>''wenn du lösen willst, dann löse'' - Der Nachsatz hat offenbar die Funktion, den „Kauf“ des Lösers speziell als „Lösung“ zu bestimmen (zur Lösung s. die Anmerkungen); man könnte besser also mit NL übersetzen: „Wenn du das Land auslösen willst, dann kaufe es jetzt in der Gegenwart ... . Wenn du es jedoch nicht auslösen willst ...“</ref> Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst),<ref>'''Textkritik''': ''Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst)'' - Die besten Handschriften haben hier das Verb in der 3. Pers. Sg.: „Wenn ''er'' nicht lösen will“. Viele heb. Handschriften, LXX, VUL und Tg korrigieren daher zu 2. Pers. Sg. und dem folgen alle modernen Üss. und Kommentare: „Wenn ''du'' nicht lösen willst“. Wie aber die 3.-Pers.-Version als Schreibfehler entstanden sein sollte, ist nicht erklärlich und daher wahrscheinlich doch die ursprüngliche Version; BHQ belässt daher auch diese Version, die dann mit Niccacci 1995, S. 97 und schon Ibn Ezra als impersonale Konstruktion erklärt werden muss: „Wenn er nicht lösen will“ = „Wenn ''niemand'' lösen will“.<br />Diese Deutung ist sogar effektvoller: Die Lösung wird fast völlig in die Verantwortung des Lösers gestellt, „es gibt niemand außer ihm, der lösen könnte“; die Alternative dazu, dass der Löser löst, ist also, dass „niemand löst“. Die Formulierung schlägt also offenbar in die selbe Kerbe, in die auch der Ausdruck „zu Gehör bringen“ schlägt (s.o.): Es ist speziell der Löser, der hier in Verantwortung steht. Und erst ganz am Ende seiner langen Rede zeigt Boas eine weitere Alternative auf, die im heb. Text nur aus zwei Worten besteht: „Und-ich nach-dir“. Boas will den Löser anscheinend durch diese Formulierung geradezu zur Zusage „verführen“.</ref> dann verrate es mir, damit ich es weiß! Denn [es ist (es gibt)] niemanden außer dir, der lösen [könnte] - und ich [bin (komme)] nach dir.“<br />Da sagte er: „Ich will lösen“.
 
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{{S|5}} Da sagte Boas: „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du auch die (kaufe ich die, kaufst du es auch von der, kaufe ich es von der) Moabiterin Rut,<ref>''kaufst du auch die (kaufe ich die, kaufst du es auch von der, kaufe ich es von der) Moabiterin Rut'' - Die schwierigste und umstrittenste Stelle im Rutbuch. Wahrscheinlich ist sie so zu verstehen: Aus irgendeinem Grund ist die „Lösung“ von Elimelechs Feld rechtlich gekoppelt an die „Schwagerehe“ des Lösenden mit Rut (zu beidem s. die Anmerkungen). Und unter diesen Umständen - s. den nächsten Vers - ist der Löser nicht mehr zur Lösung bereit.<br />Genauer: Der heb. Text liegt in zwei Versionen vor: (1) „kaufe ich es von der Moabiterin Rut“, (2) „kaufst du es auch von der Moabiterin Rut“. Da beide Versionen mit „von“ nicht viel Sinn zu machen scheinen, wird meist der Text ''ume´et'' („(und) von“) geändert (=> Textkritik) zu ''we´et'' oder ''gam et'' („(auch) die“). U.U. ist für diese Deutung auch gar keine Textänderung nötig, vgl. Campbell 1975, S. 146; Gordon 1983, S. 90; Korpel 2011, S. 2; Rendsburg 1987, S. 33f.39. Weitere mögliche Übersetzungen sind dann daher (3) „kaufe ich/habe ich die Moabiterin Rut gekauft“ und (4) „kaufst du auch die Moabiterin Rut“. Dass in diesem Falle Rut anscheinend das Objekt eines „Kaufs“ wäre, ist unproblematisch; es ist dies ein bloß stilistisches Phänomen: Weil auch zuvor von „kaufen“ die Rede ist, wird hier das „normalerweise verwendete“ Verb (etwa: „heiraten“) an das vorige Verb angeglichen (vgl. bes. Weiss 1964, S. 247f.; z.B. auch Campbell 1975, S. 147; Levine 1983, S. 101f.). Das ergibt vier mögliche Übersetzungen; einen fünften Vorschlag hat Holmstedt 2010 gemacht:
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# „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufe ich es von der Moabiterin Rut, der Frau des Gestorbenen“
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# „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du es auch von der Moabiterin Rut, der Frau des Gestorbenen“
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# „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufe ich/habe ich gekauft die Moabiterin Rut, die Frau des Gestorbenen“
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# „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du auch die Moabiterin Rut, die Frau des Gestorbenen“
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# „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi und von der Moabiterin Rut kaufst, kaufe ich die Frau des Gestorbenen“
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(1) und (2) ergeben nicht viel Sinn, weshalb ja auch in der Regel der Text geändert wird. Holmstedt 2010 muss für Deutung (5) die Akzente des heb. Textes sowie die Tatsache, dass zwei unterschiedliche Präpositionen vor „Noomi“ und „Rut“ verwendet werden, ignorieren. Bleiben daher als ernstzunehmende Alternativen (3) und (4).<br />Die rechtlichen Zusammenhänge erschließen sich uns nicht mehr vollständig (s. Anmerkungen), daher muss eine Argumentation zunächst einmal unabhängig von diesen Hintergründen laufen. Für (4) sprechen zwei Dinge: Erstens ist nur nach dieser Deutung die in [[Rut 3#s13 |Rut 3,13]] erwähnte Option, der ''Löser'' könne Rut „lösen“, eine reale Option, die auch in Rut 4 eine Rolle spielt (so richtig Zenger 1986, S. 83). Und zweitens und wichtiger: In Rut 4 wird mehrfach deutlich die Textstelle [[Deuteronomium 25#s5 |Dtn 25,5-10]] zitiert, in der von der Verweigerung der Schwagerehe die Rede ist (dazu s. die Anmerkungen). Wenn hier aber der Löser gar nicht die Option hätte, die Schwagerehe mit Rut einzugehen, weil Boas Rut für sich beansprucht oder die Schwagerehe gar schon vollzogen hat, macht diese Zitation keinen Sinn. Der Text ist also sehr wahrscheinlich wie oben gesagt zu verstehen und es ist dies ohnehin die häufigste Übersetzung des Verses.</ref> der Frau des Gestorbenen, um den Namen des Gestorbenen auf seinem Erbbesitz [wieder] aufzurichten.“<ref>''um den Namen des Gestorbenen auf seinem Erbbesitz aufzurichten'' - Ein Zitat von [[Deuteronomium 25#s7 |Dtn 25,7]]; zu den Hintergründen s. die Anmerkungen. Eine sinngemäße Übersetzung wäre etwas wie „damit der Erbbesitz des Verstorbenen in seiner Familie bleibt“ (ähnlich HfA).</ref>
  
 
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Version vom 6. Oktober 2015, 12:57 Uhr

Syntax ungeprüft

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Rut 4)

(kommt später)

Studienfassung (Rut 4)

1 Boas aber ging ins Tora hinauf und setzte sich dort hin. Und, siehe da!,b der Löserc kam vorüber, von dem Boas gesprochen hatte. Da sagte er: „Bieg ab!d Setz dich hier irgendwo hin (setz dich hier hin, Soundso)!“e Und dieser bog ab und setzte sich hin. 2 Dann nahm [Boas] sich zehn Männer von den Ältestenf der Stadt und sagte: „Setzt euch hier hin!“ Und sie setzten sich. 3 Dann sagte er zum Löser: „[Das] Feldstück,g das unserem Bruderh, dem Elimelech, [war (gehörte)], verkaufti Noomi, die zurückgekehrt ist aus {dem Gebiet von} (dem Feld von)j Moab. 4 Und ich habe [mir] gedacht, ich will dir folgendes zu Gehör bringen:k Kaufe [es] in Gegenwart der Sitzenden und in Gegenwart der Ältesten meines Volkesl - wenn du lösen willst, dann löse.m Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst),n dann verrate es mir, damit ich es weiß! Denn [es ist (es gibt)] niemanden außer dir, der lösen [könnte] - und ich [bin (komme)] nach dir.“
Da sagte er: „Ich will lösen“. 5 Da sagte Boas: „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du auch die (kaufe ich die, kaufst du es auch von der, kaufe ich es von der) Moabiterin Rut,o der Frau des Gestorbenen, um den Namen des Gestorbenen auf seinem Erbbesitz [wieder] aufzurichten.“p

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Anmerkungen

ains Tor - Mit dem „Tor“ ist in biblischen Texten nicht nur die Tür gemeint, die das Innere einer Stadt vom Äußeren einer Stadt abgrenzt, sondern ein größerer Platz, der im Alten Israel die selbe Funktion hatte wie z.B. die griechische Agora: Ein Versammlungsplatz, auf dem Handel getrieben wurde, die städtische Selbstverwaltung „tagte“ und wo - bes. wichtig für unsere Stelle - v.a. auch Recht gesprochen wurde. Das kleine Dorf Betlehem hatte wahrscheinlich überhaupt keine Tore; dass „Boas zum Tor geht“, ist wohl eine Anspielung auf Dtn 25,7 (s. Anmerkungen). (Zurück zu v.1)
bsiehe da! - Wie in Rut 2,4 (s. FN m) drückt auch hier das „siehe da!“ aus, dass überraschenderweise genau das richtige passiert. Gut daher OEB: „Just then the [Löser] came along“; „Und zufällig kam just in diesem Moment auch der Löser vorbei...“ (Zurück zu v.1)
cLöser - Zum „Löser“ s. die Anmerkungen. (Zurück zu v.1)
dBieg ab - nämlich auf die Seite zu den auf dem Torplatz stehenden Bänken. Die meisten Üss. übersetzen sinnvoll: „Komm her!“; am besten , HfA, NL: „Komm herüber!“ (Zurück zu v.1)
eirgendwo hin (hier hin, Soundso) - Umstrittener Ausdruck. In der LF sollte er am Besten mit HfA, NL u.a. Üss. ausgespart werden, da er sich nicht wirklich erklären lässt.
W. etwa „bestimmt stumm“. Der Ausdruck findet sich sonst nur noch zweimal in der Bibel und steht dort für einen nicht näher spezifizierten Ort (s. 1 Sam 21,3; 2 Kön 6,8); viele verstehen außerdem das palmoni in Dan 8,13 als Zusammenziehung dieser beiden Worte mit der selben Bedeutung. Vergleichbar ist außerdem eine Passage im ägyptischen Archivdokument 17.2, wo in einem Streitgespräch zweier Schreiber der erste den zweiten mit „du leerer, sinnloser Name!“ beschimpft und der zweite Schreiber den ersten mit „Du Wer-ist-es“ beleidigt. Schon LXX, VL und VUL verstanden entsprechend auch hier das peloni almoni („irgendwo / Soundso“) als Bezeichnung des Lösers und übersetzen z.B. ho deina („der So-und-So“, so einige LXX-Mss), kruphie („du Verborgener“, so andere LXX-Mss) oder quicumque es („wer auch immer du bist“, VL). Dem folgend wird dann auch hier in allen modernen Kommentaren und Übersetzungen das peloni almoni so verstanden, dass damit der Löser bezeichnet, sein Name aber aus irgendeinem Grund verschwiegen werden solle: „Der und der“, „So-und-so“; „Herr Dingsbums“ (Hajek 1962, S. 77), „mein Lieber“ (diese häufige Übersetzung soll eine freie Übersetzung dieses „So-und-so“ sein, die schwerlich zu rechtfertigen ist). Der Grund dafür ist dann ganz rätselhaft; beliebt sind z.B. Erklärungen à la der Erzähler konnte sich eben nicht mehr an den richtigen Namen des Löser erinnern, der Erzähler wolle „das Verhalten und die Haltung dieses ‚Lösers‘ negativ qualifizieren“ (Zenger 1986, S. 81) oder gar, dass der Erzähler nur deshalb hier peloni almoni verwendet, um den Leser noch einmal daran zu erinnern, dass dies übrigens eine Erzählung und kein historischer Bericht sei (Berlin 1994, S. 99; Holmstedt 2010, S. 183). Der Text will aber offenbar doch so verstanden werden, dass es hier Boas ist, der den Löser als peloni almoni bezeichnet, und warum er den Löser gleich zur Eröffnung des Gesprächs beleidigen sollte, ist nicht einzusehen; man hat also nach anderen Erklärungen zu suchen.
Knight/Levine 2011, S. 115 und Sasson 2012, S. 255f. haben daher kürzlich geleitet von 1 Sam 21,3; 2 Kön 6,8 vorgeschlagen, dass man auch hier den Ausdruck besser als Ortsbezeichnung verstehen und daher besser mit „hier irgendwo“ übersetzen solle; in Ermangelung eines anderen Vorschlags haben wir dies als Primärübersetzung angegeben.
Vorgeschlagen sei außerdem folgendes: In der hebräischen Bibel gibt es bisweilen das Phänomen, dass ein Erzähler etwas in der wörtlichen Rede eines Charakters nicht wiedergibt und schlicht mit „dies und das“ o.Ä. abkürzt, weil es dem Leser schon bekannt ist, so z.B. in Ri 18,4: „Dies und das hat Micha mir getan“; 2 Sam 14,3: „Du sollst dies [und das] mit dem König reden“; 17,5: „Dies und das hat Ahitopel geraten, ich aber habe dies und das geraten.“ u.ö. Vielleicht ist auch das peloni almoni hier so zu verstehen, man müsste übersetzen „Komm herüber, setz dich hier hin! So und so.“, und das „So und so“ wäre dann die Abkürzung des Schreibers dafür, dass Boas dem Löser nun darlegt, wie die Sache sich verhält. Aber dies wurde bisher noch von niemandem vorgeschlagen. (Zurück zu v.1)
fzehn Männer von den Ältesten der Stadt - gemeint sind nicht die ältesten Bürger der Stadt, sondern Familienoberhäupter, die im Alten Israel in derartigen Fällen als eine Art Schöffen fungierten. „Die Zehnzahl ist symbolisch zu verstehen, zumindest gibt es keine Bestimmungen in den Gesetzen des AT, die vorschreiben würden, daß ein Gericht mit genau 10 Ältesten besetzt sein muß. Die Zehnzahl unterstreicht vielmehr die Vollständigkeit des Gerichts am Tor. Boas Vorgehen ist ‚lupenrein‘ und ohne ‚Verfahrensfehler‘ [...].“ (Frevel 1992, S. 129). (Zurück zu v.2)
gFeldstück - s. zum Begriff FN e zu Rut 2,2. (Zurück zu v.3)
hBruder - Hier im Sinne von „Verwandter“; dass gerade „Bruder“ verwendet wird, ist wahrscheinlich eine Anspielung auf Dtn 25,5 (s. Anmerkungen und vgl. z.B. Rischer 2001, S. 158; Zakovitch 1999 S. 154). (Zurück zu v.3)
iverkauft - „Verkaufen“ trifft die Rechtslage nicht gut, denn Land war im Alten Israel eigentlich nur für eine begrenzte Zeit „verkäuflich“ und würde dann wieder an die Familie zurückfallen, die es verkauft hat (vgl. z.B. Lipiński 1976, S. 126; ThAT IV, S. 871). Strenggenommen müsste man hier mit „verpfänden“ o.Ä. übersetzen, doch würde das die LF wohl nur unnötig verkomplizieren; auch fast alle neueren Üss. übersetzen daher mit „verkaufen“. (Zurück zu v.3)
j{dem Gebiet von} (dem Feld von) - Zum Ausdruck s. FN e zu Rut 1,1. (Zurück zu v.3)
kzu Gehör bringen - Heb. Idiom, s. z.B. 1 Sam 20,2.12f. Außer in Ijob 36,10.15 steht es stets für Privatmitteilungen: Was Boas hier verkünden will, ist speziell für die Ohren des Löser bestimmt, da eben dieser und kein anderer der Löser ist (s. Anmerkungen). (Zurück zu v.4)
lder Sitzenden und der Ältesten meines Volkes - Wahrscheinlich entspr. der Interpretation von SLT: „In Gegenwart der hier sitzenden Bürger (die sich inzwischen neugierig am Verhandlungsort niedergelassen haben) und der Ältesten meines Volkes“.
Nach V. 2 müsste sich schon „die Sitzenden“ auf die Ältesten beziehen; hier scheinen aber mit den „Sitzenden“ und den „Ältesten“ zwei us. Gruppen gemeint zu sein. Zakovitch 1999, S. 156 denkt daher, das „und“ sei hier als ein sog. Waw explicativum zu verstehen und man müsste übersetzen: „in Gegenart der [hier] Sitzenden, nämlich in Gegenwart der Ältesten meines Volkes“, und Campbell 1975, S. 145 denkt, die „Sitzenden“ meine die zehn Ältesten, die Boas sich in V. 2 „genommen“ hat, die „Ältesten“ dagegen sämtliche Älteste Bethlehems, die hier durch die zehn ausgewählten Ältesten repräsentiert seien. Diese sämtlichen Ältesten sind hier aber eben nicht anwesend und daher nicht gut mit dem „in Gegenart von“ vereinbar und die Deutung als Waw explicativum ist wegen der Wiederholung des neged („in Gegenwart von“) nicht gut möglich, daher meint „die Sitzenden“ wohl das übrige Volk, das sich mittlerweile im Tor niedergelassen hat und das später noch in Aktion treten wird. (Zurück zu v.4)
mwenn du lösen willst, dann löse - Der Nachsatz hat offenbar die Funktion, den „Kauf“ des Lösers speziell als „Lösung“ zu bestimmen (zur Lösung s. die Anmerkungen); man könnte besser also mit NL übersetzen: „Wenn du das Land auslösen willst, dann kaufe es jetzt in der Gegenwart ... . Wenn du es jedoch nicht auslösen willst ...“ (Zurück zu v.4)
nTextkritik: Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst) - Die besten Handschriften haben hier das Verb in der 3. Pers. Sg.: „Wenn er nicht lösen will“. Viele heb. Handschriften, LXX, VUL und Tg korrigieren daher zu 2. Pers. Sg. und dem folgen alle modernen Üss. und Kommentare: „Wenn du nicht lösen willst“. Wie aber die 3.-Pers.-Version als Schreibfehler entstanden sein sollte, ist nicht erklärlich und daher wahrscheinlich doch die ursprüngliche Version; BHQ belässt daher auch diese Version, die dann mit Niccacci 1995, S. 97 und schon Ibn Ezra als impersonale Konstruktion erklärt werden muss: „Wenn er nicht lösen will“ = „Wenn niemand lösen will“.
Diese Deutung ist sogar effektvoller: Die Lösung wird fast völlig in die Verantwortung des Lösers gestellt, „es gibt niemand außer ihm, der lösen könnte“; die Alternative dazu, dass der Löser löst, ist also, dass „niemand löst“. Die Formulierung schlägt also offenbar in die selbe Kerbe, in die auch der Ausdruck „zu Gehör bringen“ schlägt (s.o.): Es ist speziell der Löser, der hier in Verantwortung steht. Und erst ganz am Ende seiner langen Rede zeigt Boas eine weitere Alternative auf, die im heb. Text nur aus zwei Worten besteht: „Und-ich nach-dir“. Boas will den Löser anscheinend durch diese Formulierung geradezu zur Zusage „verführen“. (Zurück zu v.4)
okaufst du auch die (kaufe ich die, kaufst du es auch von der, kaufe ich es von der) Moabiterin Rut - Die schwierigste und umstrittenste Stelle im Rutbuch. Wahrscheinlich ist sie so zu verstehen: Aus irgendeinem Grund ist die „Lösung“ von Elimelechs Feld rechtlich gekoppelt an die „Schwagerehe“ des Lösenden mit Rut (zu beidem s. die Anmerkungen). Und unter diesen Umständen - s. den nächsten Vers - ist der Löser nicht mehr zur Lösung bereit.
Genauer: Der heb. Text liegt in zwei Versionen vor: (1) „kaufe ich es von der Moabiterin Rut“, (2) „kaufst du es auch von der Moabiterin Rut“. Da beide Versionen mit „von“ nicht viel Sinn zu machen scheinen, wird meist der Text ume´et ((und) von“) geändert (=> Textkritik) zu we´et oder gam et ((auch) die“). U.U. ist für diese Deutung auch gar keine Textänderung nötig, vgl. Campbell 1975, S. 146; Gordon 1983, S. 90; Korpel 2011, S. 2; Rendsburg 1987, S. 33f.39. Weitere mögliche Übersetzungen sind dann daher (3) „kaufe ich/habe ich die Moabiterin Rut gekauft“ und (4) „kaufst du auch die Moabiterin Rut“. Dass in diesem Falle Rut anscheinend das Objekt eines „Kaufs“ wäre, ist unproblematisch; es ist dies ein bloß stilistisches Phänomen: Weil auch zuvor von „kaufen“ die Rede ist, wird hier das „normalerweise verwendete“ Verb (etwa: „heiraten“) an das vorige Verb angeglichen (vgl. bes. Weiss 1964, S. 247f.; z.B. auch Campbell 1975, S. 147; Levine 1983, S. 101f.). Das ergibt vier mögliche Übersetzungen; einen fünften Vorschlag hat Holmstedt 2010 gemacht:
  1. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufe ich es von der Moabiterin Rut, der Frau des Gestorbenen“
  2. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du es auch von der Moabiterin Rut, der Frau des Gestorbenen“
  3. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufe ich/habe ich gekauft die Moabiterin Rut, die Frau des Gestorbenen“
  4. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du auch die Moabiterin Rut, die Frau des Gestorbenen“
  5. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi und von der Moabiterin Rut kaufst, kaufe ich die Frau des Gestorbenen“
(1) und (2) ergeben nicht viel Sinn, weshalb ja auch in der Regel der Text geändert wird. Holmstedt 2010 muss für Deutung (5) die Akzente des heb. Textes sowie die Tatsache, dass zwei unterschiedliche Präpositionen vor „Noomi“ und „Rut“ verwendet werden, ignorieren. Bleiben daher als ernstzunehmende Alternativen (3) und (4).
Die rechtlichen Zusammenhänge erschließen sich uns nicht mehr vollständig (s. Anmerkungen), daher muss eine Argumentation zunächst einmal unabhängig von diesen Hintergründen laufen. Für (4) sprechen zwei Dinge: Erstens ist nur nach dieser Deutung die in Rut 3,13 erwähnte Option, der Löser könne Rut „lösen“, eine reale Option, die auch in Rut 4 eine Rolle spielt (so richtig Zenger 1986, S. 83). Und zweitens und wichtiger: In Rut 4 wird mehrfach deutlich die Textstelle Dtn 25,5-10 zitiert, in der von der Verweigerung der Schwagerehe die Rede ist (dazu s. die Anmerkungen). Wenn hier aber der Löser gar nicht die Option hätte, die Schwagerehe mit Rut einzugehen, weil Boas Rut für sich beansprucht oder die Schwagerehe gar schon vollzogen hat, macht diese Zitation keinen Sinn. Der Text ist also sehr wahrscheinlich wie oben gesagt zu verstehen und es ist dies ohnehin die häufigste Übersetzung des Verses. (Zurück zu v.5)
pum den Namen des Gestorbenen auf seinem Erbbesitz aufzurichten - Ein Zitat von Dtn 25,7; zu den Hintergründen s. die Anmerkungen. Eine sinngemäße Übersetzung wäre etwas wie „damit der Erbbesitz des Verstorbenen in seiner Familie bleibt“ (ähnlich HfA). (Zurück zu v.5)