Benutzer:Wolfgang Loest/Studienfassung

Aus Die Offene Bibel

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Dies Dokument ist ein Test, ob die Studienfassung auch für Nichttheologinnen und Nichttheologen ("Laien") lesbar und in einen guten deutschen Text übertragbar ist. Als Beispiel wurden zwei sehr unterschiedliche Studienfassungen von einem fast gleichen Urtext genommen (Ex/2.Mose 20 und Dtn/5.Mose 5, die Zehn Gebote).

Ganz davon abgesehen, dass diese Texte bekannt sind, kann man sie beide sinnentnehmend verstehen oder macht einer von beiden so große Schwierigkeiten, dass er als nicht in die Alltagssprache übersetzbar gelten muss?

Danke für Eure Einschätzung.

Ich habe Euch noch einen Auszug aus der Diskussion angehängt, aus der sich diese Frage entwickelte (nur für den Fall, dass Ihr Interesse habt).

Herzliche Grüße

Wolfgang (Loest)


... Schließlich noch eine Anmerkung: Ja, die Studienfassung soll dem Text möglichst eng folgen. Gleichzeitig soll sie aber im Deutschen ohne Missverständnisse verständlich sein. Neben anderen Maßnahmen haben wir uns deshalb eben gegen eine Interlinearübersetzung entschieden. In unserer Studienfassung soll der Kontext gleichwertig neben der lexikalischen Bedeutung stehen.

Je mehr man sich an den ursprachlichen Satzbau auch im Deutschen hält, desto mehr Kommunikationswert verliert die Übersetzung. Übersetzungwissenschaftlich gesehen gibt es einige Standard-Satzstellungsänderungen, die bei der Übersetzung ins Deutsche vorsichtig vorgenommen werden können, ohne die Genauigkeit der Übersetzung zu beeinträchtigen (in anderen Sprachen ist die Reihenfolge häufig einfach anders). Dazu gehört die richtige Anordnung von Subjekt, Prädikat und Objekt, maßvollerweise auch von Zeit- und Ortsangaben. Aber auch, dass man bei einem Infinitiv-Nebensatz das Verb nachstellen kann (wie in V. 29). Da wir ja, wie gesagt, keine Interlinearübersetzung machen, ist es außerdem legitim, der unmissverständlichen Verständlichkeit wegen etwa Partizipien aufzulösen oder Wörter einzufügen oder wegzulassen.

Gruß, Ben 19:27, 31. Okt. 2010 (CET)

Hallo ihr beiden, endlich finde ich die Zeit Euch zu antworten (Benn hat ihrendwo weiter oben um andere Meinungen gebeten). Ich muss zugeben, dass mir der Stil des so wörtlich wie möglich Übersetzens sehr gut gefällt. Meiner Meinung nach müssten auch keine Partizipien aufgelöst werden, da man dort immer eine Entscheidung fällt, ob das ganze nun kausal, temporal,... übersetzt (auch wenn andere Übersetzungen möglich sind). Allerdings ist es damals zum Konsenz geworden, Partizipien nur dann nicht aufzulösen, wenn ihr Bezug nicht klar ist. Mich persönlich stört es aber auch nicht, wenn ascher mit "von dem gilt" übersetzt wird, weil man sich so auch als Hebräisch-Rückgeschrittener sehr schnell im hebräischen Text orientieren kann. Ich nehme in letzter Zeit den Trend wahr, dass die Studienfassung immer näher an einen gut lesbaren Text rückt. Es mag allerdings sein, dass das ein subjektiver Eindruck ist, oder die letzten eingestellten Texte einfach nicht soviel sprachliche Besonderheiten zu bieten hatten. Besonders die Satzstellung, die laut Richtlinien so nah wie möglich am Original bleiben soll wurde in einigen Übersetzungen recht großzügig geändert, obwohl es auch in der Ursprachenreihenfolge (und damit in völlig falschem deutschen Satzbau) durchaus unmissverständlich verstehbar war. Ich würde für einen durchaus hebraisierende Übersetzungsstil plädieren, da die Lesefassung in punkto Verständlichkeit all das wieder wett machen kann. Ich hoffe, dass ich das Thema getroffen habe, ihr wart ja echt produktiv beim diskutieren! --Wolfgang Loest 10:32, 12. Nov. 2010 (CET)

Abgesehen davon, dass du jetzt leider auf wenig Details eingegangen bist, glaube ich, dass es langsam Zeit wird für eine Grundsatzentscheidung. Wir haben hier Vertreter verschiedener Auslegungen unserer Übersetzungskriterien. Ich habe bemerkt, dass du (Wolfgang) es gerne so wörtlich wie möglich machst, andere (wie ich) sehen das etwas freier und betonen, dass bei zu viel Wörtlichkeit der kommunikative Wert der Studienfassung - die ja auch ohne Urtext zuverlässig verständlich sein soll - nicht mehr zuverlässig ist (dabei möchte ich mich aber nicht weiter vom Text entfernen, als unbedingt notwendig).

Jetzt wo wir auch erste Studienfassungen herausgeben wollen, scheint es an der Zeit, diese Diskussion endlich zu führen und alle Argumente auf den Tisch zu bringen. Wir wollen ja eine einheitliche, verbesserbare übersetzung und keine facettenreich-fragmentierte wie etwa die Septuaginta. (Off-topic: Ein paar Reaktionen auf meine Kommentar-Vorschläge würden mich auch freuen! ;-) )

Liebe Grüße, Ben 13:59, 12. Nov. 2010 (CET)


Ich möchte Wolfgangs Beitrag an dieser Stelle deutlich unterstreichen. Dein Gefallen, Wolfgang, an einer möglichst wörtlichen Übersetzung sogar noch weiterführen. Ich halte diese Überführungstrategie des Urtextes, auch mit Blick auf die bereits aufgestellten Übersetzungskriterien, einer der größten Stärken der Studienfassung: Die strickte Nachvollziehbarkeit des Urtextes anhand der Studienübersetzung der Offenen Bibel ist ein Gewinn für bibelstudierende Menschen, den man nicht oft genug betonen kann.

Dass dabei das Gefühl für deutsche Sprachästhetik an manchen Stellen leidet, ist ein Verlust, der in Kauf zu nehmen ist. Die Studienfassung kann und soll kein Lehrstück perfekter Übertragungskunst sein. Wichtig dabei ist eine einheitliche Überführungsstrategie der urtextlichen Struktur und Bedeutungsvielfalt: So sollte ascher als Näherbestimmung einheitlich in den Texten der Studienfassung der Offenen Bibel wiedergegeben werden, um die Vergleichbarkeit und Wiedererkennbarkeit zu gewährleisten. Gleiches gilt für Wortbedeutungen: Die meisten Worte besitzen eine Grundbedeutung, die einen Bedeutungsraum eröffnet und abgrenzt. Weitere Bedeutungen und Bedeutungsebenen werden dabei nicht ignoriert, sondern (auch das ist ein großer Gewinn der Konzeption dieser Studienfassung) als Alternativen angegeben, sodass sie später in einer Lesefassung überprüft und in der Zusammenschau mit dem Textumfeld bzw. anderen Textstellen angemessen übertragen werden können.

Insofern braucht es im Rahmen der Studienfassung auch kaum eine Diskussion über Details. Erst beim Übertragen in eine Lesefassung braucht es dann eine fruchtbare und sachbezogene Diskussionen, so wie ihr sie oben geführt habt. Beobachtungen und im Zusammenhang sichtbarwerdende Sinnzusammenhänge sollten dabei natürlich nicht unter den Tisch fallen, sondern in Form von Fußnoten, Kommentierungen etc. dokumentiert werden, um sie bei der Übertragung in eine Lesefassung (oder in eine persönliche Fassung) berücksichtigen zu können.

--Jan 01:25, 15. Nov. 2010 (CET)


Mein Problem wäre auch weniger die Sprachästhetik (auch wenn die hier manchmal zu Unrecht stigmatisiert wird), sondern Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit. Je weiter diese Studienfassung von gewöhnlichen deutschen Sprachkonventionen entfernt ist, desto schwieriger wird es, sie richtig zu verstehen. Bei zu viel Wörtlichkeit und der zu großen Betonung von Grundbedeutungen wird das nicht mehr gewährleistet (weshalb konkordante Interlinearübersetzungen auch nicht funktionieren). Deshalb verstehen viele Menschen heute ältere Übersetzungen auch nicht mehr. Beispiel "dabhar"-Übersetzung: Diese streng konkordante, streng interlineare Übersetzung musste mit Wortschöpfungen arbeiten und ist ohne das eigens dafür entwickelte Lexikon gar nicht mehr verständlich (aber trotzdem semantisch irreführend, weil Denotationen ignoriert werden).

"Ascher" zum Beispiel hat keine Grundbedeutung, sondern ist ein semantisches Konzept. Je nach Situation kann die Grundbedeutung am besten als aufgelöster Relativsatz wiedergegeben werden (wenn in der Näherbestimmung ein Prädikat vorhanden ist). Oder "ascher" muss weggelassen werden - wie im Beispiel oben, weil "ascher" lediglich markiert hat, dass eine Näherbestimmung folgt. Das Verb war nicht nötig. Oder manchmal muss "ascher" auch als "dass" o.ä. übersetzt werden (hab gerade kein Lexikon zur Hand).

Im obigen Fall von "bayit" wurde argumentiert, die Grundbedeutung wäre "Haus". Die etymologisch ursprüngliche Bedeutung ist wohl eher "Zelt", und eine ganze Reihe von Bedeutungen haben sich daraus entwickelt. Dabei ist es eine hilfreiche Krücke, dabei zunächst an "Haus" zu denken, das macht es semantisch aber nicht korrekter. Genauso wenig ist es angebracht, "bayit" in jedem Fall als "Zelt" zu übersetzen. Diese Möglichkeit hat unser Sprachgefühl ja auch schon erfolgreich verdrängt. Leider sind wir es von Luther, etc. gewohnt, dass es immer als "Haus" übersetzt wird - aber nochmal, diese Gewohnheit macht das nicht richtiger. Stattdessen fördert sie christliches "Kanaanäisch". Deshalb sollte die passende Übersetzung gewählt und weitere Nuancen in Klammern angegeben werden.

Aus solchen Gründen ist diese Detaildiskussion auch für die SF nötig - weil es leicht vorkommt, dass man es sich zu einfach macht.

Ansonsten gefällt mir aber, was du schreibst, Jan. Könntest du an einem Beispiel illustrieren, wie du dir das genau vorstellst?

Auch würde mich interessieren, wie ihr beiden euch Satzfolgeverbindungen auf Deutsch vorstellt. Das Ignorieren der Waws (wie ich hier bemängelt hatte) kann es ja kaum sein.

Liebe Grüße, Ben 11:17, 15. Nov. 2010 (CET)

Ich habe damals gelernt, dass man ascher am besten mit der Hilfskonstruktion "wovon gilt" übersetzt, das lässt alle Möglichkeiten offen. Das Problem der Grundbedeutung stellt sich für mich irgendwie gar nicht. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich vor der Klammer die meiner Meinung nach angemessenste Übersetzung schreibe und in die Klammern andere Übersetzungen (eben auch die Grundbedeutung). So wird die Studienfassung möglichst lesbar, bei guter Nachvollziehbarkeit des Ursprungs. Ich bündel mal die Diskussionen und antworte gleich auf Diskussion:Lukas 18: "Reverse Interlinear" ist ein wahnsinnig interessantes Konzept und ich wäre froh, wenn wir das irgendwann in die OfBi integrieren könnten. Ich befürchte aber, dass wir das fürs Erste nicht autorenfreundlich und mit einem vertretbaren Zeitaufwand hinkriegen. Dafür ist bis jetzt zumindest keine Mediawikifunktion ausgelegt. Mal ins Unreine gesponnen könne ich mir eine JS-Fenster oder eine zweite Spalte vorstellen, die auf Wunsch erscheint und wie im Biblewebapp beim Hovern das das Wort im Urtext markiert. Da wir dazu aber jedes Nichtfüllwort speziell marieren müssen, wird es meiner Meinung nach zielführender sein, mit einer fertigen Übersetzung zu arbeiten und uns dann per Konkordanz wortweise durch durch die Kapitel zu ackern. (Zumal ich im Moment nicht sagen kann, wie wir im Moment auszeichnen sollten, da es noch keine technische Lösung für die Anzeige gibt.) Ich setze das aber auf jeden Fall auf die Liste der Ideen für die Zukunft. Zu den Partizipien möchte ich mir erst wissenschaftlichen Rat holen, bevor ich hier drauf los diskutiere. Bis jetzt habe ich gedacht, dass die Wiedergabe durch ein deutsches Partizip die angemessenste ist. Im Moment wird in vielen Übersetzungen sowieso eine Fußnote gemacht und auf das Partizip hingeweisen, in der man dann automatisiert unsere schönen Tooltips benutzen kann (und darin auf die Problematik hinweisen kann). Satzfolge... hmmm... ich glaub ich hab das Waw immer mitübersetzt, weil ich es einfach schön finde, es die aufeinanderfolgenden Handlungen verdeutlicht und nochmal die Verbzentrierte Struktur des Hebräischen verdeutlicht. Es in der Studienfassung weg zu lassen halte ich für einen Fehler. --Wolfgang Loest 14:16, 15. Nov. 2010 (CET)

Hey Leute, spannende Diskussion. Da ich leider nächste Woche Examensklausuren habe, kann ich mich gerade nicht zu Details äußern. Mir ist aber ein schönes Beispiel für die sich hier heraus kristallisierenden Ansätze aufgefallen: Der Dekalog. Beide Fassungen wurden bereits übersetzt, aber SEHR unterschiedlich. Die Dtn-Fassung stammt von mir - habe mich dabei an den Loest'schen Ansatz gehalten ;-) Nein, habe nur das umgesetzt, was ich gelernt hatte. Wäre schön, wenn ihr auch diesen prominenten Text ins Auge fassen könntet.

Viele Grüße, --Florian K. 19:27, 15. Nov. 2010 (CET)

Hm, ich bin jetzt vom Verlauf dieser Diskussion etwas verwirrt. Ist es nicht geplant, dass Leute ohne Sprachkenntnisse in der Lage sein sollen, aus der Studenfassung eine Lesefassung zu machen? Dann können wir nicht gleichzeitig Hebräisch- bzw. Griechisch-"Rückgeschrittene" zur Hauptzielgruppe der Studienfassung machen. (Exodus 20 ist für Leute ohne Hebräisch-Kenntnisse korrekt verständlich. Deuteronomium 5 nicht.) Entweder wir folgen im Haupttext der Übersetzung sehr eng dem Vokabular und dem Satzbau des Urtextes. Dann ist die Übersetzung nur für Leute mit Ursprachen-Kenntnissen korrekt verstehbar. Oder wir übersetzen Vokabular und Satzbau in gute, äquivalente Formulierungen aus der deutschen Sprache (d.h. deutsches Vokabular und deutscher Satzbau). Ein "gültiger" deutscher Satzbau reicht dabei nicht. Hier im Dtn 14 müssen wir z.B. die genaue Funktion des Satzbaus (Satzfolge) mit ganz anderen deutschen Ausdrücken umschreiben, wenn sie für Nicht-Theologen verständlich sein soll. Das geht aber nur, wenn wir uns von der Methode einer Wort-für-Wort-Übersetzung verabschieden. (Für "Rückgeschrittene" können wir dann natürlich immer noch in Fußnoten dokumentieren, wie wir vom Urtext zu unserer Studienfassung kommen.)

Allgemeinere Gedanken zur Übersetzungstheorie habe ich in einem Blog-Eintrag ausführlich erläutert.

Viele Grüße, --Olaf 10:20, 18. Nov. 2010 (CET)