תֹּהוּ: Unterschied zwischen den Versionen

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Gen 1,2 ist nicht nur die Textstelle, zu der am häufigsten die Bedeutung (6) vorgeschlagen wird, sondern auch die, von der viele Exegeten und Lexikographen ausgehen, um überhaupt eine Bedeutung „formlos, chaotisch“ herzuleiten. Eine solche Herleitung sieht allerdings meist in etwa so aus wie noch heute die von Sasson 1992 oder Cassuto 2005, die in ihrer Auslegung nicht zunächst von der Wortbedeutung ausgehen, sondern vom Kontext des Syntagmas {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} und eine daraus abgeleitete Bedeutung dann in das Syntagma  zurücklesen.<ref>so bei Cassuto 2005, S. 22: „In der Sprache - wie in der Chemie - kann ein Komplex auch Eigenschaften besitzen, die seine einzelnen Elemente nicht besitzen. [...] Der Sinn des Idioms kann nur aus dem Kontext abgeletet werden“ (Meine Übersetzung); Sasson 1992, S. 188: „Weil {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} hier mit {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} zusammenhängt, darf die Phrase {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} nicht wie ein Merismus behandelt werden - nicht mal wie ein Hendiadyoin (wie das Speiser und Westermann vorgeschlagen haben) -, sondern es muss wie ein ''farrago'' [„Mischmasch“] verstanden werden, in dem zwei Wörter - für gewöhnlich alliterative Wörter - kombiniert werden und so eine Bedeutung ergeben, die eine andere ist als die ihrer Konstituenten.“ (meine Übersetzung). Für Sasson ist die Bedeutung von {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} daher „Kuddelmuddel“, für Cassuto bezeichnet es den Zustand der Erde, in dem alles „vermischt, unorganisiert, konfus und leblos“ und in dem die Erde unter Wasser steht (S. 23).<br />
 
Gen 1,2 ist nicht nur die Textstelle, zu der am häufigsten die Bedeutung (6) vorgeschlagen wird, sondern auch die, von der viele Exegeten und Lexikographen ausgehen, um überhaupt eine Bedeutung „formlos, chaotisch“ herzuleiten. Eine solche Herleitung sieht allerdings meist in etwa so aus wie noch heute die von Sasson 1992 oder Cassuto 2005, die in ihrer Auslegung nicht zunächst von der Wortbedeutung ausgehen, sondern vom Kontext des Syntagmas {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} und eine daraus abgeleitete Bedeutung dann in das Syntagma  zurücklesen.<ref>so bei Cassuto 2005, S. 22: „In der Sprache - wie in der Chemie - kann ein Komplex auch Eigenschaften besitzen, die seine einzelnen Elemente nicht besitzen. [...] Der Sinn des Idioms kann nur aus dem Kontext abgeletet werden“ (Meine Übersetzung); Sasson 1992, S. 188: „Weil {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} hier mit {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} zusammenhängt, darf die Phrase {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} nicht wie ein Merismus behandelt werden - nicht mal wie ein Hendiadyoin (wie das Speiser und Westermann vorgeschlagen haben) -, sondern es muss wie ein ''farrago'' [„Mischmasch“] verstanden werden, in dem zwei Wörter - für gewöhnlich alliterative Wörter - kombiniert werden und so eine Bedeutung ergeben, die eine andere ist als die ihrer Konstituenten.“ (meine Übersetzung). Für Sasson ist die Bedeutung von {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} daher „Kuddelmuddel“, für Cassuto bezeichnet es den Zustand der Erde, in dem alles „vermischt, unorganisiert, konfus und leblos“ und in dem die Erde unter Wasser steht (S. 23).<br />
An älteren Kommentaren vgl. z.B. den merkwürdigen Argumentationsgang in Dillmann 1882, S. 17: „Zwar {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} [...] ''Wüste, Oede'' ist im hebr. in verschiedenen Bedeutungen immer gebräuchlich geblieben, aber {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} [...] ''Leere'' kommt nur noch Jer 4,23 und Jes 34,11, und zwar ganz offenbar aus der Schöpfungserzählung entlehnt, vor. Zu ''diesem Begriff der gestaltlosen Masse'' kommen hinzu...“ (meine Emphase); ähnlich eindrücklich sind die Argumentationssprünge in Driver 1905, S. 4 und Skinner 1910, S. 16f.</ref><br />  
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An älteren Kommentaren vgl. z.B. den merkwürdigen Sprung in Dillmann 1882, S. 17: „Zwar {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} [...] ''Wüste, Oede'' ist im hebr. in verschiedenen Bedeutungen immer gebräuchlich geblieben, aber {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} [...] ''Leere'' kommt nur noch Jer 4,23 und Jes 34,11, und zwar ganz offenbar aus der Schöpfungserzählung entlehnt, vor. Zu ''diesem Begriff der gestaltlosen Masse'' kommen hinzu...“ (meine Emphase); ähnlich eindrücklich sind die Argumentationssprünge in Driver 1905, S. 4 und Skinner 1910, S. 16f.</ref><br />  
 
Eine Wortbedeutung solcherart herzuleiten ist durchaus möglich; es wäre dafür aber erforderlich, dass der Kontext wirklich die Bedeutung „formlos“ nahelegen würde. Das jedoch ist nicht der Fall; die Indizien weisen vielmehr dahin, {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} entsprechend der obigen Bedeutung (4) von {{hebr}}תֹּהוּ{{hebr ende}} zu deuten:  
 
Eine Wortbedeutung solcherart herzuleiten ist durchaus möglich; es wäre dafür aber erforderlich, dass der Kontext wirklich die Bedeutung „formlos“ nahelegen würde. Das jedoch ist nicht der Fall; die Indizien weisen vielmehr dahin, {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} entsprechend der obigen Bedeutung (4) von {{hebr}}תֹּהוּ{{hebr ende}} zu deuten:  
  

Aktuelle Version vom 31. März 2014, 18:54 Uhr

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Prolegomena[Bearbeiten]

In den einschlägigen Lexika ist תֹּהוּ gelistet als (1) Wüste, (2) Leere, (3) Sinnlosigkeit, (4) Nichts. In etwa der Hälfte der mir zugänglichen Lexika kommen hierzu noch die Bedeutungen (5) Verwüstung und (6) Formlosigkeit, Chaos. Diese beiden letztgenannten Bedeutungen sind aber unnötig und unbegründet:

תֹּהוּ: formlos?[Bearbeiten]

Bereits seit Beginn der christlichen hebräischen Lexikographie war man sich darüber uneins, ob „formlos, chaotisch“ zu den Bedeutungen von תֹּהוּ gehöre. In den 22 mir zugänglichen Lexika wird die Bedeutung 12 Mal gelistet und 10 Mal weggelassena
Schon das allein ist Indiz dafür, dass die Bedeutung „formlos, chaotisch“ alles andere als sicher ist.

Blicken wir etwas genauer in die Lexika, werden weitere Indizien dafür merklich, wie problematisch diese Wortbedeutung ist: „formlos, chaotisch“ passt nicht zu den anderen Wortbedeutungen. Fürst/Davidson zum Beispiel listen „primitives Chaos“ als Synonym zu „zerstört“; König setzt doch tatsächlich „Wüste“ gleich mit „eine der Ausgestaltung und Organisation entbehrende Masse“, um die Bedeutung in seinem Lexikon unterbringen zu können und SDBH bestimmt die Semantik von תֹּהוּ als „Nichtexistenz“, und umschreibt dann „Nichtexistenz“ mit „Ort, an dem es kein Leben gibt und der struktur- und ordnungslos ist“.

Auch mit den Kognaten beißt sich diese Bedeutung.b Angeführt werden i.d.R. das QH תּוֹהוּ „Nichtigkeit, Nichts, Ödnis“, das MH תּוֹהוּ „Erstarrung, Ödnis“, das arabische tîh „Wüste“ und das ugaritische thw „Wüste“ - von „formlos“ keine Spur.

Blickt man weiterhin auf die Stellen, für die diese Bedeutung vorgeschlagen wird, sieht man schnell, dass „formlos, chaotisch“ keineswegs die passendste der Wortbedeutungen ist. Am meisten Stellen listet BDB mit Gen 1,2; Jer 4,23; Jes 24,10; Jes 34,11; Jes 45,18.
Zu Gen 1,2 vgl. den nächsten Abschnitt. Jer 4,23 und Jes 34,11 sind recht dunkle Stellen; für sie hat man daher in der Regel die Bedeutung von Gen 1,2 übernommen, da hier wie dort תּוֹהוּ zusammen mit בֹהוּ steht; vgl. hierzu Abschnitt 1.3.
Für Jes 24,10 schlägt BDB merkwürdigerweise selbst die Übersetzung „leerer Raum“ vor, und es ist dies auch sehr sicher die richtige Übersetzung: Jes 24 ist eine Ausfaltung des Drohwortes in V. 3, dass das Land gänzlich „geleert“ und „geplündert“ werden werde: V. 6 handelt davon, dass die Land durch einen Fluch „verzehrt“ worden sei und die Bewohner des Landes „dahingeschwunden“ sind; V. 8f sprechen von der Nicht-Vorhandenheit von Musik und in V. 10 wird תֹּהוּ ausgesagt von einer verödeten Stadt, deren Häuser leer stehen und verschlossen sind. Die Stadt wird nicht vorgestellt als Trümmerhaufen, sondern als Geisterstadt. Es ist daher wohl sinnvoller, תֹּהוּ „leer“ bedeuten zu lassen: „Die leere Stadt liegt in Trümmern (ist verzweifelt?)c.“
In Jes 45 wiederholt Gott zunächst, dass er doch die Erde erschaffen und mit Menschen bevölkert habe (V. 12), und dass daher seine Stadt von Neuem erbaut werden solle und die Israeliten freigelassen werden sollen (V. 13) - denn schließlich hat der, der die Erde schuf, diese nicht als תֹּהוּ, sondern zum Bewohnen geschaffen (V. 18). תֹּהוּ bildet hier einen Gegensatz zu „bewohnt“ und beschreibt den Zustand einer Stadt als derart, dass sie von Neuem errichtet werden muss. Es gibt nichts, dass hier eine Bedeutung „chaotisch, formlos“ nahelegen würde; denkbar wären „zerstört“ oder besser wieder „leeren Raum“ wie Jes 24,10.
Auch von dieser Seite aus also keine Indizien für Bedeutung (6).

Zu Gen 1,2[Bearbeiten]

Gen 1,2 ist nicht nur die Textstelle, zu der am häufigsten die Bedeutung (6) vorgeschlagen wird, sondern auch die, von der viele Exegeten und Lexikographen ausgehen, um überhaupt eine Bedeutung „formlos, chaotisch“ herzuleiten. Eine solche Herleitung sieht allerdings meist in etwa so aus wie noch heute die von Sasson 1992 oder Cassuto 2005, die in ihrer Auslegung nicht zunächst von der Wortbedeutung ausgehen, sondern vom Kontext des Syntagmas תֹהוּ וָבֹהוּ und eine daraus abgeleitete Bedeutung dann in das Syntagma zurücklesen.d
Eine Wortbedeutung solcherart herzuleiten ist durchaus möglich; es wäre dafür aber erforderlich, dass der Kontext wirklich die Bedeutung „formlos“ nahelegen würde. Das jedoch ist nicht der Fall; die Indizien weisen vielmehr dahin, תֹהוּ וָבֹהוּ entsprechend der obigen Bedeutung (4) von תֹּהוּ zu deuten:

  1. Der nächste Kontext ist zunächst einmal V. 2. In diesem ist davon die Rede, dass (a) die Erde X ist, (b) dass es finster über dem Wasser ist und (c) dass ein starker Wind über dem Wasser weht. Es wird also offenbar etwas von der Erde ausgesagt, das es sinnvoll macht, im selben Vers ansonsten nur noch vom Wasser zu sprechen.
  2. Der weitere Kontext ist Gen 1. Dort wird der Ausgangszustand der Welt offenbar so vorgestellt, dass die Welt aus Wasser besteht und Gott zunächst einmal das Wasser in zwei Teile trennen muss, um einen Himmel schaffen zu können (V. 6-8) und dann das restliche Wasser verlagern muss, damit überhaupt trockenes Land (das Gott dann als „Erde“ benennt) sichtbar werden kann (V. 9-10). Vor Vers 9 gibt es also offenbar noch gar keine „Erde“.
  3. Ein noch weiterer Kontext ist die Bibel. Dort haben wir mehrere Paralleltexte zu Gen 1; z.B. den Schöpfungspsalm Ps 104, wo unter anderem wieder davon berichtet wird, dass Gott erst den Fluten kommandieren muss, sich von über der Erde fortzuziehen, damit die Erde entstehen kann (damit „die Berge sich heben und die Täler sich senken“ können, V. 8 - die Verse beziehen sich also ganz offensichtlich nicht auf die Sündflut, wie gelegentlich behauptet wurde).
  4. Dafür spricht weiterhin die Tatsache, dass es mehrere mit Gen 1 vergleichbare Kosmogonien gibt, in denen ebenfalls das häufige Motiv zu finden ist, dass die Schöpfung ihren Anfang nimmt mit einer Urflut, aus der heraus dann entweder erst Götter oder aber die Erde entstehen muss; vgl. z.B. das Enuma Elisch (wo am Anfang Tiamat und Apsu - die Göttinnen von Urwasser und Unterwasser - stehen), diverse Sargsprüche im Ägyptischen (No. 80 (COS 1.8) 657 (COS 1.12); 714 (COS 1.2)) oder das ägyptische Papyrus Brehmer-Rhind (COS 1.9); außerdem die in Philos „Phoinikia“ teilweise überlieferte phönizische Kosmogonie, an deren Anfang ein „finsteres, vom Sturm getriebenes, nasses Chaos“ (Schedl 1964, S. 249) steht.
  5. Diese Indizien weisen recht eindeutig in die selbe Richtung: תֹהוּ וָבֹהוּ bezeichnet in Gen 1,2 den Zustand der Erde, dass es sie am Anfang noch überhaupt nicht gibt; nur Urflut und Wassermassen, die von Gott erst umgelagert werden müssen, damit etwas wie eine „Erde“ überhaupt erst zum Vorschein kommen kann.
    Ähnlich deuteten schon einige alte Exegeten; vgl. z.B. Saadia, der paraphrasiert: „Und die Erde war versunken im Meer und bedeckt von Wasser“; außerdem den Kommentar von Ibn Ezra: „Aber das richtige Verständnis, wie es auch der aramäische Übersetzer sagt, ist so: Im תֹהוּ, wo die Öde heult und hinter dem תֹהוּ, denn in ihm (sc. dem תֹהוּ) ist keine Wirklichkeit. [...] Die Bedeutung von Gen 1,1f aber ist, daß es zu Beginn der Schaffung der Himmelsfeste und des Festlands auf der Erde keinen bewohnbaren Ort gab, denn sie war noch ganz von Wasser bedeckt.“ (zitiert nach Rottzoll 1996, S. 43f.; meine Unterstreichung.)
    Basilius bezieht sogar das „unsichtbar und ungeformt“ der LXX (- den Ursprung der Übersetzung „formlos“ -) auf diesen Zustand: „As nothing of all this yet existed, Scripture is right in calling the earth „without form“. [...] The earth was invisible for two reasons: it may be because man, the spectator, did not yet exist, or because being submerged under the waters which over-flowed the surface, it could not be seen, since the waters had not yet been gathered together into their own places, where God afterwards collected them, and gave them the name of seas.“ (Basilius: Hexæmeron; meine Unterstreichungen).

תֹהוּ וָבֹהוּ[Bearbeiten]

Die Etymologie von בֹהוּ ist rätselhaft (obwohl einige Vorschläge gemacht wurden, die aber sämtlich nicht wirklich überzeugen können). Es wird aber ausschließlich verwendet entweder in Kombination mit (Gen 1,1; Jer 4,23) oder im Parallelismus zu תֹהוּ (Jes 34,11), weshalb viele Exegeten davon ausgehen, dass es mindestens etwas sehr ähnliches bedeuten muss wie תֹהוּ (Alter und Sasson gehen sogar so weit, dass sie בֹהוּ eine eigene Bedeutung ganz absprechen; Alter würde dann mit etwas übersetzen wie „Chaospopaos / Leerepopeere“; Sasson schlägt vor: „Kuddelmuddel“). In diese Richtung weisen auch Vulgata, Aquila und Theodotion (VUL: „leer und leer“; Aq: „leer/nichts (κένωμα kann beides bedeuten) und nichts“, Th: „nichts und nichts“), die beide Worte mit je etwa gleichen Begriffen übersetzen. Außerdem Targum Onkelos, der Gen 1,1 und Jer 4,23 je gleich übersetzt, in Jes 34,11 dagegen mit seiner תֹהוּ-Übersetzung für diese beiden Verse nicht תֹהוּ, sondern בֹהוּ übersetzt.

Entsprechend einer Bedeutung „nichts und nichts“ deuten Gen 1,2 z.B. auch Galling 1950, S. 150: „תֹהוּ וָבֹהוּ ist nämlich keine positive Qualifikation, sondern in Parallele zu הֶבֶל (Nichtigkeit) und אַיִן (Nichtexistenz) zu stellen. [...] Wollte man תֹהוּ וָבֹהוּ übersetzen, so müßte man etwa sagen: „Die Erde aber war (vordem) in der Existenz einer Nicht-Existenz gewesen.“ Vgl. auch Rottzoll 1992, S. 254, der - leider unkommentiert - übersetzt mit „ein Nichts und Gar-Nichts.“

Machen wir schließlich noch die Gegenprobe und gleichen diese Bedeutung mit Jer 4,23 und Jes 34,11 ab, ergibt sich, dass sie auch dort Sinn ergibt:

  • Jer 4,23: „Ich blickte zur Erde - sie war nicht da! Ich blickte zum Himmel - da war kein Licht! (V. 25: Ich blickte mich um - kein Mensch war mehr da! Selbst die Vögel waren verschwunden!)“
  • Jes 34,11: „Nur noch Pelikan und Igel werden dort [=in Edom] wohnen; Eule und Rabe werden dort hausen! Die Messschnur des Nichts wird er darüber ausspannen und das Senkblei der Nichtigkeit. (V. 12: Kein Adeliger wird mehr da sein, den man zum Königtum berufen könnte; ihre Fürsten werden nicht mehr sein.)“ (vgl. z. beiden Stellen wieder ähnlich Galling 1950, S. 150f.)

Wörterbucheintrag[Bearbeiten]

  1. Wüste - Dtn 32,10; Ijob 12,24; Ps 107,40
  2. Leere - Jes 24,10; Jes 45,18
  3. Nichts/Nicht-Vorhandenheit - Ijob 6,18; Ijob 26,7; Jes 24,10; Jes 40,17; Jes 40,23
    Idiom: תֹהוּ וָבֹהוּ Null und Nichts - Gen 1,2; Jes 34,11; Jer 4,23
  4. Sinn- und Nutzloses/Sinn- und Nutzlosigkeit - 1Sam 12,21; Jes 29,21; Jes 41,29; Jes 44,9; Jes 45,18; Jes 49,4; Jes 59,4


aOhne diese Bedeutung wird תֹּהוּ gelistet in Pagnini 1529, S. 2715; Hottinger 1661, S. 544; Reineccius 1788, S. 275; Leopold 1832, S. 350; GesThes III, S. 1495; Treg, S. 857; SS, S. 839; Zorell, S. 889; KBL3, S. 1556; TDOT 15, S. 568ff. Dagegen zusätzlich angeführt wird die Bedeutung formlos, chaotisch von Münster 1535; Forster 1557, S. 901; Avenarius 1568, S. 825; Castell 1669, S. 3873; Buxtorf 1676, S. 856; Fürst/Davidson, S. 1460; König, S. 536; BDB; Klein, S. 692; DHB, S. 669; DCH; SDBH. (Zurück zum Text: a)
bwenn man sich nicht der schwer akzeptablen Etymologie von Görg (vgl. dagegen auch Tsumura 1989 S. 21f.) anschließt. (Zurück zum Text: b)
cs. KBL3, S. 1306; vgl. Vv.7-9.11 (Zurück zum Text: c)
dso bei Cassuto 2005, S. 22: „In der Sprache - wie in der Chemie - kann ein Komplex auch Eigenschaften besitzen, die seine einzelnen Elemente nicht besitzen. [...] Der Sinn des Idioms kann nur aus dem Kontext abgeletet werden“ (Meine Übersetzung); Sasson 1992, S. 188: „Weil תֹהוּ hier mit בֹהוּ zusammenhängt, darf die Phrase תֹהוּ וָבֹהוּ nicht wie ein Merismus behandelt werden - nicht mal wie ein Hendiadyoin (wie das Speiser und Westermann vorgeschlagen haben) -, sondern es muss wie ein farrago [„Mischmasch“] verstanden werden, in dem zwei Wörter - für gewöhnlich alliterative Wörter - kombiniert werden und so eine Bedeutung ergeben, die eine andere ist als die ihrer Konstituenten.“ (meine Übersetzung). Für Sasson ist die Bedeutung von תֹהוּ וָבֹהוּ daher „Kuddelmuddel“, für Cassuto bezeichnet es den Zustand der Erde, in dem alles „vermischt, unorganisiert, konfus und leblos“ und in dem die Erde unter Wasser steht (S. 23).
An älteren Kommentaren vgl. z.B. den merkwürdigen Sprung in Dillmann 1882, S. 17: „Zwar תֹהוּ [...] Wüste, Oede ist im hebr. in verschiedenen Bedeutungen immer gebräuchlich geblieben, aber בֹהוּ [...] Leere kommt nur noch Jer 4,23 und Jes 34,11, und zwar ganz offenbar aus der Schöpfungserzählung entlehnt, vor. Zu diesem Begriff der gestaltlosen Masse kommen hinzu...“ (meine Emphase); ähnlich eindrücklich sind die Argumentationssprünge in Driver 1905, S. 4 und Skinner 1910, S. 16f. (Zurück zum Text: d)