Apostelgeschichte 15

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Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
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Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Apostelgeschichte 15)

(kommt später)

Studienfassung (Apostelgeschichte 15)

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13 Nachdem sie [fertig]gesprochen hatten, antwortete Jakobusa {indem er sprach}: „{Männer} Brüder, hört mich!

14 Simonb hat erzählt, wie Gott zuerstc heimgesucht hat, um sich (darauf geschaut hat, sich)d zu (nehmen=) gewinnen aus [nicht-jüdischen] Nationen ein Volke für seinen Namen.f 15 Und hiermit (damit)g stimmen die Worte der Prophetenh überein(, wie geschrieben steht=). Denn es steht [in Am 9,11f.]i geschrieben:

16 ‚‚Danach werde ich wieder-umkehrenj
Und ich werde wieder-erbauen das Zelt Davids, das verfallene,k
Und seine Trümmer (sein Zerstörtes)l werde ich wieder-erbauen
Und wieder-aufstellen werde ich es,m
17 Damit suchenn (werden die Übriggebliebenen=) wird der Resto der Menschenp den Herrn,q
das heißt (ja, und) alle [nicht-jüdischen] Nationen, über welche mein Name gerufen ist!‘
– spricht der Herr, der dies alles macht 18 bekannt seit jeher (der macht all dies, [was] seit jeher bekannt ist).‘r

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Anmerkungen

aJakobus - der (leibliche) Bruder Jesu (s. Gal 1,19). Zu dieser Zeit der „Papst“ der Urkirche, insofern er das Oberhaupt der Jerusalemer Urgemeinde in der „Mitte der Welt“ war. Nach Gal 2,11f. konnte er selbst Petrus zurechtweisen, nach Apg 21,18f. war er es, dem selbst Paulus Bericht zu erstatten hatte, und entsprechend ist ja auch hier er es, der „das letzte Wort hat“. Auch Apg 12,17 zeugen immerhin von seiner herausgehobenen Stellung, da er als einziger eigens genannt wird. Wann und warum er Petrus als Oberhaupt der Urgemeinde ablöste, ist nicht überliefert. (Zurück zu v.13)
bSimon - tatsächlich „Symeon“, anders als sonst legt Lukas dem Judenchristen Jakobus hier die hebräische Lautung des Namens von Simon Petrus in den Mund. Offenbar soll schon hierdurch die Jakobus und seine Position als einer und eine charakterisiert werden, die spezifisch judenchristlich ist (gut Schaefer 2012, S. 244f.). (Zurück zu v.14)
czuerst - nämlich durch Petrus, der nach V. 7 „am Anfang“ den nicht-jüdischen Nationen Gottes Wort verkündete. (Zurück zu v.14)
dheimgesucht hat - d.h. „heilsgeschichtlich an ihnen wirksam war“ (so gut Pervo; auch Tannehill 1990, S. 187); ein für Lukas typischer Septuagintismus (s. auch Lk 1,68.78; 7,16; Apg 7,13). Petrus war hier also Instrument von Gottes Heilsplan. Alternativ nach Mehrheitsdeutung: „wie Gott zuerst darauf geschaut hat“; Jakobus spräche dann nur mit „einer gewissen feierlichen Umständlichkeit“ (Haenchen 1977, S. 430). (Zurück zu v.14)
eaus den Nationen ein Volk - gut Conzelmann 1963, S. 83: „bewußt paradoxe Formulierung“. Gottes Heilsplan liegt quer zu Völker- und Nationengrenzen. (Zurück zu v.14)
ffür seinen Namen - also „damit sie seinen Namen trügen“ als sein Volk. Der Ausdruck ist abgeleitet aus V. 17, wo er wiederum aus Am 9,12 übernommen wird. Jakobus erfasst die Bed. des Heb. exakt: Das Volk, das Gottes Namen trägt, ist sonst stets ausschließlich Israel – nur nicht in Am 9,12, wo darunter auch nicht-jüdische Völker fallen. S. näher dort. (Zurück zu v.14)
gTextkritik: „hiermit“ (d.h. mit dem, was Petrus und ich eben sagten) z.B. nach B א A C, „damit“ (=„derart“) v.a. nach D. Ropes 1926, S. 142 hält Letzteres für ursprünglich, Pervo besser Ersteres: D habe mit „derart“ sicherstellen wollen, dass ein Leser tuto („dies, damit, mit diesem“) nicht missverstehe als auf Simon Petrus bezogen („Und mit diesem = Petrus stimmen die Worte der Propheten überein“). (Zurück zu v.15)
hder Propheten - zitiert wird nur Amos. Gemeint ist entweder die Buchsammlung „der Prophetenschriften“ oder die Teilsammlung der „zwölf kleinen Propheten“, zu denen jeweils das Buch Amos gehört. (Zurück zu v.15)
iAm 9,11f. wird hauptsächlich locker nach der LXX zitiert, wie üblich bei Lukas. Das heißt aber auch: Die Worte stammen sicher nicht ursprünglich von Jakobus, der nicht aus der LXX zitiert hätte, sondern Jakobus Rede ist eine lukanische Schöpfung. (Zurück zu v.15)
jDanach werde ich wieder-umkehren steht so nicht in Am 9,11. „werde ich wieder-umkehren“ hat dort gar keine Entsprechung, „danach“ ist dort stattdessen „an jenem Tag“, d.h. am Gerichtstag Gottes. Seltsam Pervo: „Danach“ habe sich ursprünglich auf „den Zeitpunkt der Zerstörung des Tempels“ bezogen. Dabei stammt „danach“ gar nicht aus dem MT oder der LXX, ist also stattdessen eine bewusste Textänderung des Lukas. Gemeint ist wohl kein konkreter Zeitpunkt, sondern das „absolute Danach“, also die nun angebrochene Phase der Heilsgeschichte, in der nicht nur Israel Gottes Volk ist, sondern in der Menschen „aus der Mitte Jerusalems“ (V. 24) ausgehen, um die ganze Welt bis nach Rom am „Ende der Welt“ zu Gott zu bekehren (Schaefer 2012, S. 262: „die gegenwärtige Zeit der Mission“). Ganz glatt ist das auch nicht, aber die Alternativen sind nicht besser:
Alternativ z.B. Bauckham 1996, S. 163, der glaubt, Lukas habe „danach“ gemeinsam mit „werde ich wieder-umkehren“ aus Hos 3,5 LXX übernommen („Danach werden umkehren die Israeliten“) – aber warum hätte er das tun sollen? Subjekt sind in Hos 3,5 ja die Israeliten, nicht Gott, und was Jakobus Eintragung in den Amostext zu seinem Argument beiträgt, würde nach dieser Herleitung nicht klar. Besser noch Fitzmyer, der denkt, „danach“ stamme aus Jer 12,15. Diesen Vers kann man an sich zwar wirklich gut mit Am 9,11f. zusammenlesen, aber dass tatsächlich auf diesen Vers angespielt werden soll, lässt sich nur aus dem „danach“ nun wirklich nicht erkennen. (Zurück zu v.16)
kZusammenziehung zweier Zeilen aus Am 9,11f. LXX: „Ich werde aufrichten das Zelt Davids, das verfallene, und wieder-erbauen seine Ruinen.“ („Zelt“ statt „Hütte“ in MT). Was genau gesagt werden soll, ist unklar:
(1) Ist die weltumspannende Urkirche das „neue Israel“, nachdem das alte Zelt verfallen ist – löst hier also die Jesusbewegung das Judentum ab? Diese Deutung war in der älteren christlichen Theologie weit verbreitet; man bezeichnet sie heute gelegentlich als „Substitutionslehre“. So z.B. noch Roloff 1981, S. 232: „Vielmehr haben zuerst die Apostel aus dem alten Gottesvolk das wahre Israel der Endzeit gesammelt (V. 16), damit nunmehr auch die Heiden aus allen Völkern in die Gemeinschaft des Gottesvolkes eingebracht werden können. Dieses kann seinem Wesen nach nur eines sein; es gibt nicht ein Gottesvolk aus den Heiden neben einem aus den Juden, sondern nur das eine Volk Gottes, das das erneuerte Israel ist und das zugleich die ganze Menschheit umfassen soll.“
(2) Oder steht es als „wieder-errichtetes“ Zelt in Kontinuität zum jüdischen Israel, so dass die Heidenchristen nun nur zum jüdischen Volk Gottes hinzukämen und so die Mauerrisse des Hauses Israel stopften (Am 9,11)? Diese Variante bezeichnet man heute gelegentlich als „Enlargement Theology“, also als „Ausweitungs-Theologie“. So z.B. Schaefer 2012, S. 262f.: „Als ‚Gottesvolk aus den Heidenvölkern‘ (Apg 15,14 [...]) treten sie an die Seite des Gottesvolkes Israel, so dass beide Gruppen das endzeitliche Gottesvolk erst vollständig anzeigen. Die Ergänzung Israels durch die Heiden ist in der Schrift seit alters bezeugt.“
In der exegetischen Forschung ist dies sehr umstritten und das Bild gibt wirklich beides her.
(3) Eine dritte Variante findet sich bes. gut z.B. bei Lohfink 1975, S. 59f.: Der Aufbau des neuen Gottesvolks geschehe in der lukanischen Ekklesiologie so, dass zunächst „aus“ den Juden das „wahre und gläubige Israel“ zusammengesammelt und danach „aus“ den Heiden der Rest des neuen Israel diesen hinzugefügt würde. Man könnte dies als die „Sammlungs- und Einbringungstheorie“ bezeichnen. An sich ist dies nur eine Spielform der Substitutionslehre; noch dazu aber eine, die so immerhin in dieser Perikope gar nicht angelegt ist, sondern in sie hineingelesen werden muss. Und ob sie sich andernorts in den lukanischen Schriften findet, ist zumindest fraglich: Verbindendes Element der „judenfeindlichen“ Stellen in Apg ist ja nicht zunächst, dass Juden christusgläubig werden müssten, sondern dass Lukas „die Juden“ oder „das Volk“ jeweils als zunächst christus-feindlich darstellt und Paulus fordern lässt, dass sie von dieser ihre Christus-Feindschaft ablassen und ihre Sünden wie insbesondere die Tatsache bereuen sollen, dass sie Christus kreuzigen lassen haben. Hier ist aber auch dies kein Thema; stattdessen leitet Jakobus aus seinem Schriftbeweis gerade nicht ab, dass – wie Äußerungen des Paulus dies gelegentlich nahelegen – das jüdische Gesetz nun völlig abgetan sei und eine neue Sammlung begonnen habe, sondern den Kompromiss aus Vv. 19-21, der die Heidenchristen in eingeschränkte Kontinuität mit dem Judentum stellt und mit den Judenchristen, für die das jüdische Gesetz natürlich nicht abgetan ist (richtig Schaefer 2012, S. 259.263).
Lässt sich zwischen (1) und (2) exegetisch nicht entscheiden, müssen andere Faktoren die Entscheidung leiten, und wichtig dann wohl v.a.: Solange keine starken Argumente für die erste Deutung beibegracht werden können, sollte man den Vers besser entsprechend der zweiten Deutung lesen, da diese sich besser mit der ökumenischen Theologie verbinden lässt. Für weitere Denkmodelle neben der Enlargement Theology s. z.B. Gemeinsamer Ausschuss „Kirche und Judentum“ (2019): Judenchristen – jüdische Christen – „messianische Juden“. S. 14. (Zurück zu v.16)
lTextkritik: Beide Varianten finden sich schon in Am 9,11 LXX, sind also Angleichungen des NT-Textes an die jeweils verwendete LXX-Vorlage. Ursprünglich ist sicher „Trümmer“, w. „das Nieder-Getrümmerte“; die Variante ist w. „das Umgestürzte / Zerstörte“. (Zurück zu v.16)
mJakobus / Lukas streichen „wie in den Tagen der Vorzeit“, das sich in Am 9,11 LXX noch an diese Zeile anschließt: Es soll eben nicht der alte glanzvolle Status Quo wieder-hergestellt werden, sondern etwas Neues und noch nicht Dagewesenes soll geschaffen werden. (Zurück zu v.16)
nTextkritik: Im MT von Am 9,12: „damit in Besitz nehmen“; der LXX-Übersetzer hat heb. jjršw mit heb. jdršw verlesen. Apg 15,17 übernimmt diesen Fehler. (Zurück zu v.17)
odie Übriggebliebenen meint in Am 9,11 noch die Überlebenden nach der Invasion der Assyrer. LXX und dann noch mehr Jakobus machen daraus durch Änderungen des Wortlauts den Rest, also alle, die noch nicht zu Gottes Volk gehören. S. noch nächste FN. (Zurück zu v.17)
pTextkritik: der Menschen ist ein weiterer Lesefehler von LXX, den Apg 15,17 übernimmt: statt `edom („den Rest Edoms“) hat der Schreiber von LXX `adam („der Mensch“) gelesen. Gerade das macht die LXX-Fassung aber so passend für Lukas / Jakobus: Nun gemeint ist „der ganze Rest“ der Menschen, also alle Menschen, die bis dato noch nicht zu Gottes Volk gehören konnten. In rabbinischen Schriften findet sich eine Auslegung von Am 9,12, die das „Volk-Gottes-tum“ ähnlich von Israel ausweitet auf die anderen Völker, s. dort zu „über die ausgerufen ist mein Name“. (Zurück zu v.17)
qTextkritik: den Herrn findet sich nur in wenigen LXX-Codices und ist sicher selbst in der LXX sekundäre Ergänzung. Eine sinnvolle aber: Nachdem LXX zwei der drei vorangehenden Wörter verlesen hat, macht der Text keinen Sinn mehr, da ein Objekt fehlt („damit suchen werden die Übriggebliebenen der Menschen Ø.“). In der Fassung, die Jakobus zitiert, dient die Wiedererrichtung des Zeltes Gottes nun der Gott-Suche aller Menschen. (Zurück zu v.17)
rbekannt seit jeher (dies, [was] seit jeher bekannt ist) - die letzte Änderung des Textes durch Jakobus / Lukas; dieser letzte Teil hat keine Entsprechung in MT oder LXX. In Am 9,12 absolut: „spricht der Herr, der dies macht.“ Jakobus variiert dies entweder (a) zu „der dies seit jeher bekannt macht“, der also schon zur Zeit des Amos prophezeien lassen hat, dass es sich so zutragen wird und soll, (b) zu „der dies tut, was uns seit jeher bekannt ist“, nämlich eben durch die Prophetie des Amos, oder (c) zu „was ihm seit jeher bekannt ist“, was Gott also schon zu Urzeiten beschlossen hat. Letzteres ist ziemlich unwahrscheinlich, so dennoch z.B. , GN („ich, der Herr, werde tun, was ich seit Urzeiten beschlossen habe“). Man hat diese Ergänzung oft auf Jes 45,21 zurückführen wollen, aber aus Jes 45,21 LXX stammt sie sicher nicht: „Lass sie sich nahen, damit ihnen bekannt wird, wer veranlasst hat, dass diese Dinge seit jeher gehört würden.“ Wahrscheinlicher verwendet hier Jakobus also tatsächlich diesen Mini-Satz des Amos, um damit selbst einen Kommentar zu dieser Prophetie abzugeben: Es ist Gottes Wille, der da im Ausspruch des Amos durchscheint, dank Amos kennen wir ihn auch schon seit jeher, ergo müssen wir auch demgemäß handeln.
Textkritik: Wohl deshalb, weil das Amoszitat mit „dies alles macht“ endet und danach „bekannt seit jeher“ für sich genommen unvollständig ist, wenn es nicht mit V. 17 verbunden wird, sind verschiedene alternative Textvarianten entstanden, z.B. in A D: „Bekannt seit jeher ist / [ist] dem Herrn sein Werk / Wirken“, was dann auch in die Vulgata wanderte. Aber die Gründe für diese Varianten sind offensichtlich; dieser längere Text ist klar sekundär (so auch TCNT 379).
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