Diskussion:JHWH

Aus Die Offene Bibel

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Beziehungsaspekt

Ich habe eine Verständnisfrage. Wo genau kommt der Beziehungsaspekt ins Spiel? Ist der im Tetragramm schon enthalten, oder kommt er erst durch die Lesung "Adonaj" zustande? --Ben 20:24, 5. Feb. 2010 (UTC)

Ich habe ein Problem mit diesem Beziehungsaspekt als Kriterium für die Auswahl. Weshalb ist der Beziehungsaspekt ein Kriterium? Einfach nur, weil uns das wichtig ist, dass die Bezeichnung für Gott schon eine Beziehung zum Menschen ausdrückt? - Wenn das so sein sollte, verbiegen wir dann nicht den Text so, wie wir ihn gern hätten, und gehen mit nicht unproblematischem dogmatischen Vorverständnis an ihn heran? JHWH ist prinzipiell ein Eigenname Gottes. Diese Eigenbezeichnung JHWH hat in der Tradtion eine Namensauslegung erfahren: JHWH als der, der sein wird / der ist (Vgl. Ex 3,14). Im Kontext der Erzählung ist er vielleicht auch "der, der (mit euch) sein wird". Aber das wäre m.E. schon ein stark interpetiertende Deutung. Daraus resultierend einen Beziehungsaspekt als Kriterium aufzustellen, halte ich für verfehlt. Noch mehr verfehlt ist es, wenn das gar nicht der Ausgangspunkt für das Kritierium war, sondern lediglich die sekundäre Bezeichnung "Mein Herr" (Adonaj). Diese kann m.E. nicht der Ausgangspunkt unserer Überlegungen sein, da das der Text - ursprünglich nur aus Konsonaten bestehend -, der unsere Vorlage sein muss, in erster Linie gar nicht hergibt. --Bernhard Kirchmeier 09:30, 6. Feb. 2010 (UTC)

Genderproblematik - "Mein Herr"?

Auch wenn in der anderen Diskussion die Problematik der Geschlechter nur kurz angedeutet und sogleich zur Seite gewischt wurde, so finde ich doch, dass wir uns bei einer Entscheidungsfindung dieser Frage stellen sollten. Dass "Mein Herr" (Adonaj) sekundär ist, weil dadurch das Aussprechen von JHWH vermieden werden sollte, ist bekannt. Dass diese Alternative zum Text in einem patriarchalen Kontext stand, ist auch gemeinhin bekannt. Die Frage ist, ob dieser (selbstverständliche) Patriarchalismus einfach übernommen werden sollte, gerade auch, weil er hier offenkundig sekundär ist (Wo wirklich Herr, oder mein Herr im Text steht, ist es natürlich in die Übersetzung zu übernehmen!). Ich denke wir sollten den Patriarchalismus nicht einfach weiterspinnen und weiterentwickeln. Hier ist mit der Tradition zu brechen, sofern überhaupt auf eine Alternative zu JHWH angestrebt werden möchte (Ist das einzig Anlass für eine Alternative zum Gottesnamen als Konsonantenbestand eigentlich der Lesefluss? - Wenn ja, ist für mich die Sache ohnedies gegessen...). Mit dieser "Gott-als-Herr-"Tradition brechen? Warum? Nicht zuletzt auch deshalb, weil - wie die Forschung der letzten Jahre immer wieder gezeigt hat - JHWH auch als Frau gedacht wurde, und das problemlos, wie viele Gottesbilder des alten Testaments zeigen (Gott als Gebärende, Gott als Säugende, Gott als Hausfrau, Gott als Hebamme, Gott als Mutter, etc.). --Bernhard Kirchmeier 09:30, 6. Feb. 2010 (UTC)

Ja, der Grund für die Diskussion war der Lesefluss in der Lesefassung - die immerhin Lesefassung heißt und schließlich kommunikativ ausgerichtet sein soll. Natürlich werden Gott im AT immer wieder auch weibliche Rollen und Denkmuster zugesprochen. Und als Schöpfer des Menschen kommen von ihm die charakteristischen Eigenheiten der Frau genauso wie die des Mannes. Allerdings ist die Tradition, ihn HERR zu nennen, alt und gewichtig und wurde, wie schon erwähnt, auch von Juden selbst bei der Übersetzung der Septuaginta verwendet. Gott wird in beiden Testamenten immer wieder als Vater bezeichnet, und seine Titel sind im Allgemeinen ebenfalls männlich. Ich glaube, es ist nicht vorschnell, wenn ich sage, dass ihn die Bibel insgesamt eher männlich als weiblich darstellt. Deshalb halte ich es für biblisch begründbar, das Tetragramm mit "HERR" wiederzugeben. --Ben 09:56, 6. Feb. 2010 (UTC)
JHWH ist aber nicht gleichzusetzten mit Herr, da JHWH ein Eigenname ist. Ja, die jüdische Tradition hat sehr früh sekundär "Mein Herr" (Adonaj) verwendet. Im Text steht es aber nicht, sondern JHWH. Mein Herr ist bereits ein Bekenntnis des Lesers und nicht Text. Diese Tradition - und ich weise nochmals darauf hin, dass sie einem patriarchalen Kontext entstammt - ist nicht textkonform und sekundär, wenngleich es eine frühe Tradition ist. Der Gotteseigenname JHWH geht dadurch verloren, ebenso auch bei Übersetzungen wie "mein/ unser Gott". Gott ist aber nicht einfach Gott, sondern der bestimmte Gott, der einen Namen hat: JHWH. --Bernhard Kirchmeier 10:13, 6. Feb. 2010 (UTC)
Ich halte es für falsch, um der Lesbarkeit willen den Gottesnamen zu opfern und durch völlig andere patriarchale Übersetzungsmodelle zu ersetzen. Lesbarkeit darf m.E. keine condicio sine qua non sein. --Bernhard Kirchmeier 10:13, 6. Feb. 2010 (UTC)
Nun gibt es aber den Eigennamen JHWH nur im Hebräischen. Und die Aussprachemöglichkeiten sind leider auch auf das Hebräische beschränkt. Das Problem haben die Juden selbst erkannt und deshalb versucht, es durch Entsprechungen zu lösen. Nicht einmal im NT wird der Gottesname umgangssprachlich verwendet! Wenn selbst die Juden ihren Gottesnamen übersetzen, warum sollten wir ihn dann stehen lassen? Das Argument ist höchstens in Hinsicht auf die übersetzerische Genauigkeit - und dadurch meines Erachtens nur und gerade für die Studienfassung legitim. Übrigens finde ich, dass du es mit dem patristischen Argument übertreibst. Das war nun einmal die Denkwelt der Juden (und sehr lange auch der Christen). Und genau diese Denkwelt spiegelt sich auch in der Bibel wieder. Da unser Ziel eine genaue Übersetzung ist, wollen wir übersetzen, nicht interpretieren. Alles andere gehört in die Anmerkungen. --Ben 10:51, 6. Feb. 2010 (UTC)

Ich finde die Argumentation von Bernhard in beiden o.g. Punkten sehr einleuchtend und denke auch, dass wir dabei bleiben sollten, was im Text steht - dem Tetragramm. Wenn die Vokalisierung nur eine Lesehilfe ist, dann können wir das heute mit anderen technischen Hilfsmitteln umsetzen. Ich denke z.B. an einen Tooltip, der erscheint, wenn man mit der Mouse über JHWH fährt, wobei JHWH gestrichelt unterstrichen ist. Im Tooltip könnte man Lesehilfen anbieten. Gibt's schon als Extension fürs MediaWiki.--J.Heck 10:28, 6. Feb. 2010 (UTC)

Das wäre aber keine Lösung für eine Druckausgabe, auch wenn es ansonsten nicht schlecht klingt. --Ben 10:51, 6. Feb. 2010 (UTC)
Vorschlag:: In die Druckausgabe einfach ein (kurzes) Vorwort (und/oder eine Fußnote bei der ersten Erwähnung von JHWH) mit dem Hinweis, wie man den Eigennamen Gottes aussprechen kann bzw. in der Tradition ausgesprochen hat. Das führt zu Vielfalt und einem Bewusstsein, dass "JHWH" ≠ "Gott" ist und der Eigenname Gottes bleibt gewahrt. Der Leser kann dann den Text trotzdem "lesen" (pro Postulat der Lesbarkeit), so wie man in auch seit Anbeginn der Zeiten gelesen hat - mit kreativer Umschreibung des Gottesnamens. Was die Online-Ausgabe betrifft, schließe ich mich J.Heck an, sofern das tatsächlich machtbar ist (gute Sache!). --Bernhard Kirchmeier 11:14, 6. Feb. 2010 (UTC)