Genesis 1

Aus Die Offene Bibel

Version vom 28. Juni 2014, 17:29 Uhr von Wolfgang Loest (Diskussion | Beiträge) (Diskussionsbeitrag von Aaron auf Diskussionsseite verschoben)
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Syntax ungeprüft

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Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
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Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Genesis 1)

1 Als Gott mit der Schöpfung von Himmel und Erde begann, 2 gab es die Erde noch gar nicht: Finsternis herrschte über dem Wasser und ein Sturm Gottesa wehte über den Fluten.
3 Da sprach Gott: „Helligkeit soll entstehen!“ - und Helligkeit entstand.
4 Gott sah, dass die Helligkeit gut war.
Er teilte Helligkeit und Finsternis; die eine nannte er „Tag“ und die andere nannte er „Nacht.“
5 Es wurde Abend und es wurde Morgen: Ein „Tag“.


6 Dann sprach Gott: „Ein Schalenförmiges soll im Wasser entstehen und das Wasser teilen!“ - so geschah es auch. 7 Gott machte das Schalenförmige und teilte so das Wasser auf in das Wasser unterhalb des Schalenförmigen und das Wasser oberhalb des Schalenförmigen. 8 Gott nannte dieses Schalenförmige „Himmel“.
Es wurde Abend und es wurde Morgen: Ein zweiter Tag.


9 Dann sprach Gott: „Das Wasser soll sich an einem Ort sammeln und Trockenes freigeben!“ - so geschah es auch. 10 Gott nannte dieses Trockene „Erde“, das gesammelte Wasser dagegen nannte er „Meer“.
Gott sah, dass es gut war.
11 Und Gott sprach weiter: „Auf der Erde soll es grünen und blühen! Getreide soll wachsen, das Frucht trägt, und Bäume, die Früchte tragen!“ - so geschah es auch. 12 Die Erde grünte und blühte, und all die verschiedenen Arten von Getreide und Fruchtbäumen sprossten empor.
Gott sah, dass es gut war.
13Es wurde Abend und es wurde Morgen: Ein dritter Tag.


14 Dann sprach Gott: „Lichter sollen am Himmel entstehen, um den Tag von der Nacht zu unterscheiden! Sie sollen Zeitmesser sein für Festzeit und Weltzeit! 15 Und Lichter sollen sie sein, um über der Erde zu leuchten!“ - so geschah es auch. 16 Gott machte die beiden großen Lichter: Das größere machte er für den Tag, das kleinere für die Nacht; außerdem die Sterne. 17 Er setzte sie an den Himmel, damit sie über der Erde leuchteten 18 - das eine bei Tag, das andere bei Nacht - und so den Tag von der Nacht unterschieden.
Gott sah, dass es gut war.
19 Es wurde Abend und es wurde Morgen: Ein vierter Tag.


20 Dann sprach Gott: „Im Wasser sollen sich Schwärme von Lebewesen tümmeln und Vögel sollen am Himmel dahinfliegen!“ 21 Also schuf er die großen Meereslebewesen, das ganze Getümmel im Meer und all die verschiedenen Arten von Vögeln.
Gott sah, dass es gut war.
22 Er segnete sie mit den folgenden Worten: „Seid fruchtbar und vermehrt euch! Füllt das Wasser im Meer, und die Vögel sollen sich auf Erden vermehren!“
23 Es wurde Abend und es wurde Morgen: Ein fünfter Tag.


24 Dann sprach Gott: „Auch die Erde soll erfüllt sein von Lebewesen - von verschiedensten Arten von Vieh, Reptilien und wilden Tieren!“ - so geschah es auch. 25 Gott machte all die verschiedenen Arten von wilden Tieren, von Vieh und von Reptilien.
Gott sah, dass es gut war.
26 Und Gott sprach weiter: „Ich will einen mir ähnliche Stellvertreter auf Erden machen: Den Menschen! Er soll Herr sein über die Fische, die Vögel, das Vieh, die wilden Tiere und alle Reptilien!“


27 Gott schuf den Menschen als seinen Stellvertreter,

Als Stellvertreter Gottes schuf er ihn,
männlich und weiblich schuf er sie.


28 Er segnete sie mit den folgenden Worten: „Seid fruchtbar und vermehrt euch! Füllt die Erde! Unterwerft euch die Fische, die Vögel und alle Reptilien!“ 29 Und er fuhr fort: „Hiermit gebe ich euch alles fruchtbringende Getreide auf der ganzen Erde und alle Fruchtbäume! Sie sollen euch als Nahrung dienen. 30 Auch für alle wilden Tieren, alle Vögel und alle Reptilien - ja, für jedes Lebewesen - sollen die Pflanzen Nahrung sein!“ - so geschah es auch.
31 Gott sah, dass alles, was er gemacht hatte, sehr, sehr gut war.
Es wurde Abend und es wurde Morgen: Der sechste Tag.

Anmerkungen

aNach einer alten christlichen Tradition wird der „Sturm Gottes“ häufig mit dem Heiligen Geist identifiziert (so z.B. schon Basilius, Hexaemeron 2,6). Im Judentum folgt man dieser Deutung natürlich nicht. Die konfessionell unabhängige Offene Bibel folgt dem hebräischen Wortlaut und der wissenschaftlichen Diskussion (s. FN i), ohne dabei die christliche oder jüdische Perspektive auf den Text vorauszusetzen oder abzulehnen. (Zurück zu Lesefassung v.2)

Studienfassung (Genesis 1)

1 Als (nachdem, bevor)b Gott begann (begonnen hatte)c, Himmel und Erde (die Himmel und die Erde, die Welt)d zu schaffen (teilen)e, 2 war die Erde (- die Erde war)f Null und Nichts (leer, sinnlos, zerstört?)g: (stattdessen) Dunkelheit [war] auf der Oberfläche (dem Gesicht) der Tiefe (Urtiefe, Wasser)h und Sturm Gottes wehte (der Atem Gottes wehte, ein starker Sturm stürmte, der Geist Gottes schwebte (?))i über der Oberfläche (dem Gesicht) des Wassers (der Wasser).
3 Daj sprach Gott: Helligkeit (Licht)k soll (wird) entstehen (sein, werden)! Da entstand (war, wurde) Helligkeit (Licht).
4 Gott sah, dass die Helligkeit (das Licht) gut war.l
Dann trennte (teilte, unterschied) Gott {zwischen}m die Helligkeit (das Licht) {und} von (zwischen) der Finsternis (Dunkelheit). 5 Gott nannte (rief)n die Helligkeit (das Licht) „Tag“, die Finsternis (Dunkelheit) abero nannte (rief) er „Nacht“.
Es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein „Tag“ (der erste Tag)p.


6 Dann sprach Gott: Ein Schalenförmiges (Gewölbe, Firmament)q soll (wird) inmitten des Wassers entstehen (sein, werden) und es soll ein Trenner zwischen Wasser und Wasser sein (es soll Wasser von Wasser trennen). So geschah (war) esr. (auch:)s 7 Gott machte das Schalenförmige (Gewölbe, Firmament) und trennte (teilte, schied) [so] {zwischen}m das Wasser {welches} unterhalb des Schalenförmigen (Gewölbes, Firmaments) {und zwischen} [vom] Wasser {welches} über dem Schalenförmigen (Gewölbe, Firmament).t {So geschah (war) es.}r 8 Gott nannte das Schalenförmige (Gewölbe, Firmament) „Himmel“.u
Es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein zweiterv Tag.


9 Dann sprach Gott: Das Wasser (die Wasser) soll sich von unter dem Himmel [weg] an (zu … hin) einen Ortw sammeln (gesammelt werden)x und Trockenes (das Festland) soll zum Vorschein kommen (erscheinen, sich zeigen). So geschah (war) es. 10 Gott nannte (rief) das Trockene (das Festland) „Erde“ und den Ort des Wassers nannte (rief) er „Meer“.
Gott sah, dass [es] gut [war].
11 Weiterhin sprach Gott: Die Erde soll auf Erden Grünes grünen lassen:y Samen tragendes Getreidez und aa verschiedenste Arten vonab Frucht tragenden Fruchtbäumen, {die} [deren Früchte] ihren Samen in sich haben. So geschah es. 12 Die Erde lies Grünes grünen: verschiedenste Arten von Samen tragendem Getreide und verschiedenste Arten von Frucht tragenden Fruchtbäumen, {die} [deren Früchte] ihren Samen in sich haben.
Gott sah, dass es gut war (ist).
13 Es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein dritter Tag.


14 Dann sprach Gott: Lichter sollen am Schalenförmigen (Gewölbe, Firmament) des Himmels (, das der Himmel ist)ac entstehen (sein), um (so dass) {zwischen} den Tag {und} von (zwischen) der Nacht zu trennen (teilen, scheiden). Sie sollen als Zeichen für (und als)ad Festzeiten (Jahreszeiten)ae und für (als) Tage und Jahre dienen (sein) 15 und sie sollen als Lichteraf am Schalenförmigen (Gewölbe, Firmament) des Himmels (, das der Himmel ist)ag dienen (sein), um (so dass) über der Erde zu scheinen (leuchten). So geschah (war) es. 16 Gott machte die beiden großen Lichter: das größereah Licht zur Herrschaft (Beherrschung) über den Tag (am Tag)ai und das kleinere Licht zur Herrschaft (Beherrschung) über die Nacht (zur Nacht)aj; auch die Sterneak. 17 Gott setzte (gab) sie an (in) das Schalenförmige (Gewölbe, Firmament) des Himmels (, das der Himmel ist), damit (so dass) sie über der Erde schienen (leuchteten) 18 und damit (so dass) sie über den Tag und die Nacht herrschten und damit (so dass) sie {zwischen} die Helligkeit (das Licht) {und} von (zwischen) der Finsternis (Dunkelheit) trennten (teilten, schieden).
Gott sah, dass [es] gut [war]. 19 Es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein vierter Tag.


20 Dann sprach Gott: Das Wasser (die Wasser) soll schwärmen mit Schwärmen lebendiger Wesen (Seelen, Leben) und Vögel (fliegende Tiere)al sollen über der Erde unter (an)am dem Schalenförmigen (Gewölbe, Firmament) des Himmels (, das der Himmel ist) fliegen.an 21 Gott erschuf die großen Meereslebewesen (Seeungeheuer, Seeschlangen, das Seeungeheuer)ao und all die verschiedenen Lebewesen, die im Wasser schwärmen (wimmeln) und all die verschiedenen geflügelten Tiereap.
Gott sah, dass [es] gut [war]. 22 Und Gott segnete sie folgendermaßen (indem er sprach)aq: „Seid fruchtbar und vermehrt euch (werdet zahlreich)ar und füllt das Wasser im Meer (in den Meeren), und die Vögel sollen sich über (auf, in) der Erde vermehren (zahlreich werden)!“ 23 Es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein fünfter Tag.


24 Dann sprach Gott: Die Erde soll verschiedenste Arten von Lebewesen hervorbringen: Verschiedenste Arten von Vieh, Reptilien (kriechende Tiere)as und wilden Tierenat (Tieren des Feldes).au So geschah (war) es. 25 Gott machte verschiedenste Arten von wilden Tieren (Tieren des Feldes), verschiedenste Arten von Vieh und all die verschiedenen Arten von Reptilien (kriechenden Tiere). Gott sah, dass [es] gut [war]. 26 Weiterhin sprach Gott: Ich will (Wir wollen/werden, Lasst uns)av Menschen (die Menschheit, Adam)aw als mir (uns) ähnlichesax Bildnis (Stellvertreter, Widerpart)ay machen! (Damit)az Sie sollen über die Fische {des Meers} und über die Vögel {des Himmels}ba und über das Vieh und über die ganze Erde (alle wilden Tiere)bb und über alle auf der Erde kriechenden Reptilien (kriechenden Tiere) herrschen (knechten).bc

27 Gott schuf den Menschen alsbd sein Bildnis (Widerpart, Stellvertreter),

als Gottes (göttliches) Bildnis (Widerpart, Stellvertreter) schuf er ihn,
männlich und weiblichbe schuf er sie.bf

28 Dann segnete Gott sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch (werdet zahlreich)bg; füllt die Erde, unterwerft sie und herrscht über (unterjocht, macht euch Untertan)bh die Fische {des Meeres}, über die Vögel {des Himmels} und über alle Reptilien (alle Lebewesen, die auf der Erde kriechen)! 29 Weiterhin sprach Gott: Hiermit (siehe) gebe ich euchbi euch alles Samen tragende Getreidebj, das auf der Oberfläche (dem Gesicht) der ganzen Erde [ist], und alle Bäume, die in ihren Baumfrüchten (Früchten des Baums) Samen tragen (samen). Sie sollen (werden) euch als (zur) Nahrung dienen (gehören, sein).bk 30 Auch allen wilden Tieren (Tieren des Feldes), allen Vögeln {des Himmels} und allen Reptilien (allen Tieren, die auf der Erde kriechen) [, allem]bl das in sich Lebensatem (lebenden Atem) hat (das lebt), [gebe ich (sollen sein)]bm alle Pflanzen (Getreide?)bn als Nahrung [sein (dienen)]. So geschah (war) es. 31 Gott betrachtete (sah), dassbo alles, was er gemacht hatte (machte), sehr gut war.
Es wurde (war) Abend und es wurde (war) Morgen: Der sechster Tag.


Anmerkungen

bvgl. Lexikon, Lemma בְּ (Zurück zu v.1)
cDie Syntax von Gen 1,1-3 wird in der Exegese sehr heftig diskutiert. Eine Diskussion der verschiedenen Vorschläge würde den Raum einer FN sprengen; wir begnügen uns hier daher mit der Nennung der vier wichtigsten Übersetzungsvorschläge und verweisen für eine ausführliche Diskussion der einzelnen Positionen auf den Kommentar.

Vorgeschlagen wurden als Übersetzungsmöglichkeiten:

  • „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ (die häufigste Übersetzung)
  • „Am Anfang davon, dass Gott Himmel und Erde schuf...“, oder „deutscher“: „Als Gott begann, Himmel und Erde zu schaffen...“ (die zweithäufigste; unsere Deutung)
  • „An jenem Anfang, an dem Gott die Welt schuf...“
  • „In jener sehr frühen Zeit, in der Gott die Welt schuf...“
Für alles Weitere vgl. wie gesagt den Kommentar. (Zurück zu v.1)
dDer Merismus „Himmel und Erde“ ist im Hebräischen der Standard-Ausdruck für den Kosmos/das Universum; vgl. ad loc. Arbez-Weisengoff 1948, S. 146; Sasson 1992, S. 184; Scharbert 1990, S. 39; Soggin 1997, S. 23f.; Waltke 1975-6, S. 218; Wenham 1987; Westermann 1983, S. 140f. (Zurück zu v.1)
eAuch über das Verb בָּרָא ist schon viel geschrieben worden. Vor allem wird es häufig überhöht: Im Qal ist immer JHWH das Subjekt der בָּרָא-Tätigkeit, außerdem hat es nie eine Präposition oder einen Akkusativ des Stoffes bei sich, der angibt, dass etwas aus etwas geschaffen würde. Man folgert daraus dann, dass בָּרָא ausschließlich der Schöpfertätigkeit Gottes vorbehalten sei.
Diese Überhöhung ist vermutlich ohne Basis. בָּרָא bedeutete wohl ursprünglich „spalten, schneiden“ - eine Bedeutung, die es auch zu biblischen Zeiten noch im Piel hat - und steht auch im Qal durchaus nicht stets für eine Neuschöpfung, sondern auch für das Umarbeiten von etwas; vgl. z.B. Jes 43,15; Jes 65,18 (so ad loc. auch NET, auch König 1919, S. 132).
Aus der Bedeutung „spalten, schneiden“ jedenfalls hat sich vermutlich irgendwann die Bedeutung „schaffen“ entwickelt, und einige Exegeten denken, dass es diese erste Bedeutung auch zu biblischen Zeiten auch noch im Qal habe, unter anderem auch in Gen 1 - so z.B. Dantinne 1961, van Wolde 2009 und van Wolde-Rezetko 2011. Die beiden Aufsätze von van Wolde sind philologisch sehr sauber gearbeitet und würden für Gen 1,1-2-3 durchaus Sinn ergeben; allerdings machte es genau so viel Sinn, wenn בָּרָא hier einfach synonym zu עָשָה „machen“ verwendet würden - und da man für diese Deutung nicht die Piel-Bedeutung auch für das Qal ansetzen muss, geben auch wir ihr hier den Vorzug. (Zurück zu v.1)
fExegeten, die für V. 1 eine Constructus-Deutung (=Übersetzung 2, s. FN b) vertreten, sind sich uneins darin, ob dieser Vers dann Vordersatz zu (1) V. 2 sein soll („Als Gott begann, die Welt zu schaffen, war die Erde...“) oder zu (2) V. 3 und V. 2 dann als „Parenthese“ zu deuten wäre („Als Gott begann, die Welt zu schaffen - die Erde war (damals?) ... - da sprach Gott...“).

Gegen Deutung (2) wurde gelegentlich ins Feld geführt, dass Parenthesen asyndetisch konstruiert würden, und da sich V. 2 mit der Konjunktion וְ an V. 1 anschließe, könne es sich hier demzufolge gar nicht um eine Parenthese handeln - so zuerst Gross 1980, S. 142f.; mit ihm dann auch Rottzoll 1991 (allerdings skeptisch) und Winther-Nielsen 1992.
Allerdings sprechen die drei strenggenommen nicht von Parenthesen, sondern vom Stilmittel „Anakoluth“, und sogar Anakoluthe scheinen syndetisch in Sätze und Textabschnitte eingefügt werden zu können. Im Arabischen ist das definitiv möglich; Reckendorf §164.6 gibt dafür einige schöne Beispiele. Und auch im Hebräischen scheint das möglich zu sein; König widmet in seiner Stilistik den syndetischen Anakolutha einen eigenen Punkt; vgl. König 1900, S. 126. Rechenmacher 2002, S. 27 schließlich gibt mit Dan 10,4-5 ein Gen 1,1-3 ganz ähnliches Beispiel. Es sieht also so aus, als wären sowohl Möglichkeit (1) als auch Möglichkeit (2) möglich.

Dass wir uns hier für Möglichkeit (1) entschieden haben, liegt nur daran, dass Gen 1,1-2 dann mit der Konstruktion Protasis - Apodosis vielen anderen altorientalischen Schöpfungsmythen strukturell entsprechen würde (vgl. z.B. Waltke 1975-6, S. 227) und dass Gen 1,1-3 so übersetzt weniger kompliziert und damit schöner klingt. (Zurück zu v.2)
gZu dieser Deutung des Syntagmas תֹהוּ וָבֹהוּ („Tohuwabohu“) vgl. das Lexikon / Lemma תֹּהוּ.

Grob zusammengefasst werden dort Indizien aus der Etymologiegeschichte, dem Kontext des Verses, den alten Versionen und der Lexikologiegeschichte zusammengetragen, die zusammengenommen nahelegen, dass weder תֹהוּ noch בֹהוּ noch תֹהוּ וָבֹהוּ irgendwo die Bedeutung „formlos, chaotisch“ haben, sondern dass das Syntagma תֹהוּ וָבֹהוּ stets zur Bezeichnung von etwas nicht-vorhandenem verwendet wird.

Die folgende Konjunktion וְ ist dann wohl zu deuten als „explikatives Waw“ oder als „Gegensätze verknüpfendes Waw“ (vgl. Lexikon / Lemma וְ. (Zurück zu v.2)
hIn תְהוֹם wollen einige Exegeten mythische Überreste entdecken und es entsprechend der Chaos-/Meeresgöttin Tiamat interpretieren. Und tatsächlich wird es häufiger in Kontexten verwendet, die zumindest mythisierende Sprache verwenden, es kann aber auch einfach für große Wassermassen stehen (beides gilt übrigens genau so für das folgende מָיִם).
Da meist angenommen wird, der Verfasser von Gen 1 würde das ganze Kapitel hindurch Ent-mythisierungsstrategien anwenden, ist sehr wahrscheinlich auch hier eher letzteres der Fall. (Zurück zu v.2)
iרוּחַ ließe sich sowohl lesen als „Geist“, „Hauch“ oder „Wind“; אֱלֹהִים kann entweder „Gottes“ heißen oder aber superlativische Bedeutung haben. Diese Vieldeutigkeit hat dazu geführt, dass jede der oben angeführten Übersetzungsmöglichkeiten mehrfach vertreten wurden.
Das stärkste Indiz für die richtige Deutung ist das Verb רָחַפ. Früher wurde es häufig übersetzt mit „brütete“ oder „schwebte“. Aber ebenso wie seine Kognate im Syrischen (racheph) und Ugaritischen (rchp) hat es wohl die Grundbedeutung einer schnellen Bewegung (vgl. Arbez-Weisengoff 1948, S. 148; Cassuto 2005, S. 25; Duchesne-Guillemin 1982, S. 513; Galling 1950, S. 153; König 1919, S. 140; Speiser 1964, S. 5). In Dtn 32,11 wird es ausgesagt vom Flattern eines Adlers (vgl. dazu z.B. Rechenmacher 2002, S. 13); in Jer 23,9 wohl vom „Zittern“ der Knochen im Leib. Die Bedeutung „stürmen“ lässt sich mit diesem Wort vereinbaren (vgl. Beauchamp 1969, S. 172-86; NET ad loc.; Rechenmacher 2002, S. 14; Smith 1928, S. 113; Soggin 1997, S. 22); „wehen“ oder „schweben“ jedoch nicht.

Da weiterhin eine andere Bedeutung als „Gottes“ für אֱלֹהִים hier nicht sehr wahrscheinlich ist – bedenkt man, wie oft es sonst noch in Gen 1 in dieser Bedeutung steht – sollte man sich hier wohl am ehesten für „Wind/Sturm Gottes“ entscheiden; so z.B. auch Bandstra 2008; Drouot et al. 2000; Good 2009; Merlo 2008; Wenham 1987; Westermann 1983.

In der christlichen Tradition wird oft „Gottes Geist“ im Sinne von „der Heilige Geist“ rezipiert. Dem hebräischen (und jüdischen) Text selbst ist diese christliche Perspektive nicht zu entnehmen. Diese Interpretationsfrage ist unabhängig von der Frage nach der Übersetzung mit „Wind“ oder „Geist“, denn einerseits wird ja auch das Wort „Geist“ im Judentum nicht-trinitarisch verstanden, andererseits wird in der christlichen Tradition der Heilige Geist als der „Hauch Gottes“ oft mit Wind bzw. Sturm in Verbindung gebracht und also könnte aus christlicher Perspektive auch der „Wind/Sturm Gottes“ als Ausdruck für den Heiligen Geist gelesen werden. (Zurück zu v.2)
jMit Wayyiqtol setzt in Vers 3 zum ersten Mal die Handlung ein; Vv. 1-2 geben Hintergrundinformationen. Wir haben durch die Einfügung eines „Da“ versucht, das ausdrücklich zu machen. (Zurück zu v.3)
kIn Gen 1 lassen sich viele häufiger wiederholte Sprachmuster und Wendungen feststellen. Eines, auf das bisher recht selten hingewiesen worden ist, ist dieses: Gott ruft ein nur abstrakt bezeichnetes Etwas ins Sein, anschließend gibt er ihm einen Namen, unter dem es auch heute bekannt ist (etwa: „Helligkeit“ für „Tag“ und „Finsternis“ für „Nacht“; „etwas Schalenförmiges“ für „Himmel“, „etwas Trockenes“ für „Erde“ usw.; vgl. Good 2009, S. 12). In der Studienfassung haben wir versucht, dieses Muster stets ausdrücklich zu machen. (Zurück zu v.3)
lwörtlich: „Gott sah die Helligkeit, dass gut.“ Es ist dies (1) eine Casus Pendens-Konstruktion (vgl. z.B. König 1919, S. 141f.; Meek 1938, S. 122), daher im Deutschen „Gott sah, dass die Helligkeit gut.“ und (2) ein verbloser Satz, bei dem man sich im Deutschen eine Kopula hinzudenken muss, daher im Deutschen: „Gott sah, dass die Helligkeit gut war“. (Zurück zu v.4)
mבֵּין „zwischen“ wird im Hebräischen doppelt gesetzt, während es im Deutschen nur einmal gesetzt wird. (Zurück zu v.4 / zu v.7)
nZenger 1983, S. 55 übersetzt: „Gott berief das Licht als Tag.“, da wegen der Konstruktion קָרַא + לְ „streng genommen [... keine] Benennung im üblichen Sinn“ (S. 55) vorliege. Das ist nicht der Fall; קָרַא + לְ wird in der Bibel sogar recht häufig als „Benennungsformel im üblichen Sinn“ verwendet; vgl. z.B. Gen 16,14; Gen 21,31; Gen 31,47; Ex 33,7; Ri 18,12; 1Sam 23,28; Jes 58,12; Jes 60,14; Jes 61,3; Jes 62,12 u.ö. (Zurück zu v.5)
oStruktur: Verb („Gott nannte“) - Nomen („die Helligkeit“) | Nomen („die Finsternis“) - Verb („nannte“). Auch dies ist wieder eine Topikalisierungsstrategie; s.o. (Zurück zu v.5)
p„Tag“ wird hier näher bestimmt durch die Zahl אֶחָד „eins“. Im Semitischen kann eine Aufzählungsreihe auch lauten: „Eins, zweitens, drittens...“, vgl. Speiser 1964, S. 6; diese Regel kennen z.B. auch König 1919 und Wenham 1987. Es ist aber gut möglich, dass diese Regel hier keine Anwendung findet und der Autor aus einem anderen Grund nicht das Ordnungszahlwort, sondern das Grundzahlwort verwendet: König 1919, S. 143f.; Sasson 1992, S. 191 und Steinmann 2002, S. 583f. gehen davon aus, dass der Sinn dieser beiden Worte der ist, dass Gott nach der Definition des Unterschieds von „Tag“ und „Nacht“ gleich noch ineins damit eine „zeitliche Ordnung“ ins Sein Setzt und deshalb als Grundeinheit der Zeit nun auch die zeitliche Größe „Tag“ definiert: Es muss einmal Abend werden und einmal Morgen werden, dann ist die Zeitspanne von „einem Tag“ vergangen.
vgl. auch Westermann 1983, S. 155: „Die Erschaffung des Lichtes ist diesen Scheidungen vorangestellt als Ermöglichung der zeitlichen Ordnung, in die hinein oder zu der nach P die Welt geschaffen wird. [...] Die Erschaffung des Lichtes als Beginn des Schöpfungswerkes gehört zur Konzeption des P, der der Erschaffung der räumlichen Welt die Grundordnung der Zeit voransetzt.“ (Zurück zu v.5)
qIm hebräischen Weltbild ist der Himmel ein festes Gefüge mit metallenem Charakter, das die überirdischen Wasserfluten zurückhält. vgl. z.B. Soggin 1997, S. 33: „Man stellte [sich den Himmel] vor wie einen metallenen Deckel in Form einer Halbkugel, als umgekehrte Kuppel oder als eine metallene Glocke, wie sie bei Unterwasserarbeiten gebraucht wird; darunter konnte sich der Kosmos in Sicherheit entfalten, indem [er] vor den chaotischen Gewässern schützte.“
Die Vulgata übersetzte „Himmel“ mit firmamentum „etwas fest Gefügtes“ - dem Etymon für unser „Firmament.“ Traditionell wird es übersetzt mit „Gewölbe“ oder eben „Firmament“, was zwar schön und sehr treffend ist, aber das in Fußnote j beschriebene Textmuster verschleiert. Der hebräische Ausdruck ist in unserem Kontext gerade deshalb ungewöhnlich, weil ein Begriff aus dem Bereich der Metallurgie (vgl. van Wolde 2009, S. 9) auf den Himmel angewandt wird. Man sollte daher besser nicht mit einem geläufigen Begriff übersetzen. Die Übersetzung „schalenförmig“ stammt von Good 2009, S. 12. (Zurück zu v.6)
rTextkritik: Die meisten Exegeten folgen LXX und verschieben das וַיְהִי־כֵן vom Ende von V. 7 ans Ende von V. 6, da es auch sonst unmittelbar auf den Schöpfungsbefehl folgt; vgl. z.B. Westermann 1983, S. 109. (Zurück zu v.6 / zu v.7)
sZenger 1983, S. 52f. will mit Steck das וַיְהִי־כֵן nicht lesen als Ausführungsformel, sondern als Überleitungsformel, die signalisiert, dass das von Gott Bestimmte im Folgenden in der Tat auch so geschieht; er will diese Funktion markieren durch eine Übersetzung mit „dementsprechend geschah es:...“. Zengers Ausführungen (S. 54-56) zeigen aber schon selbst, wie unwahrscheinlich das ist; nur an zwei der sieben Stellen lässt sich diese Interpretation problemlos durchhalten. (Zurück zu v.6)
tWörtlich wohl als Nominalsatz zu interpretieren: „das Wasser, das unterhalb des Schalenförmigen [war/ist/sein würde] und das Wasser, das oberhalb des Schalenförmigen [war/ist/sein würde].“ (Zurück zu v.7)
uTextkritik: Die LXX ergänzt: „Gott sah, dass es gut war“. Die meisten Exegeten lehnen das ab, da die LXX in Gen 1 häufiger eine andere Textgestalt habe als M; im Falle von Vers 8 wird außerdem gern darauf hingewiesen, dass Gott seine Arbeit am Wasser ja am dritten Tag fortsetzt und folgerichtig erst dann gesagt werden könne, dass es gut sei (so schon BerR 4,6; auch Cassuto 2005, S. 31; Soggin 1997, S. 34 u.a). Wenham 1987 weist außerdem darauf hin, dass unter anderem das „Gott sah, dass es gut war“ genau sieben Mal im Text verwendet wird und dass dies wohl planvoll sei, da allgemein die Siebenzahl in der Struktur des Kapitels vorherrsche.
Man könnte nun argumentieren: Die Mehrzahl der Exegeten geht davon aus, dass die Strukturierung hin zur Siebentägigkeit erst zu einem recht späten Zeitpunkt der Textbearbeitung in den Text eingearbeitet wurde; man könnte deshalb davon ausgehen, dass die Version der LXX die ursprünglichere sei (und die LXX vielleicht sogar eine frühere Vorlage vorliegen hatte). Aber das würde dann nur auf einer textgeschichtlichen Spekulation basieren; deshalb sollte man auch hier besser Abstand von einer solchen Textänderung nehmen. (Zurück zu v.8)
vFür die Tage 2-5 werden zwar Ordnungszahlwörter verwendet; allerdings ohne Artikel. Ab Tag 6 dagegen wird auch noch der Artikel verwendet; vermutlich soll dies die Tage 6-7 besonders hervorheben. (Zurück zu v.8)
wTextkritik: Die LXX übersetzt συναγωγη „Sammelplatz“; einige Exegeten (Albright, Dahood, Hummel, König, Schedl u.a.) wollen daher מַקוֹם „Ort“ umpunktieren zu מִקְוֶם und dies lesen als מִקְוֶה „Ansammlung, Sammelbecken“ + enklitisches Mem. Nötig ist das nicht; συναγωγη ist eine durchaus sinnvolle und auch nicht unwahrscheinliche Übersetzung für מַקוֹם „Ort“ (vgl. Wenham 1987). Cassuto wendet außerdem ein, dass bei מִקְוֶה die Spezifizierung אֶחָד „ein“ keinen Sinn ergebe; aber das ist wohl nicht der Fall; אֶחָד kann auch einfach als unbestimmter Artikel verwendet werden. Bedenkenswert ist der Gedanke durchaus, da er an der Stelle Sinn machen würde. Der MT gibt aber genau so Sinn und man ist durch Beibehaltung des MT nicht gezwungen, auch noch ein enklitisches Mem anzunehmen (das an sich aber nicht problematisch wäre; gegen Soggin 1997, S. 35f.), so dass man den Text doch besser beibehalten sollte.
Fenton 1984 will sogar lesen: מִקְוִים „Sammelplätze“; das אֶחָד „ein“ dagegen will er als zu einer anderen hebräischen Version als der Übersetzungsvorlage der LXX gehörig streichen. Das ist zurückzuweisen. (Zurück zu v.9)
xNifal kann theoretisch sowohl medial als auch passivisch gedeutet werden. Bandstra 2008, S. 60 z.B. übersetzt passivisch und geht davon aus, dass Subjekt des „Sammelns“ das „divine council“ sei, das in V. 26 impliziert sein soll.
Es ist dort aber sehr wahrscheinlich nicht die Rede von einem „divine council“ (s. dort), daher ist entschieden die mediale Deutung als die weniger problematische vorzuziehen. (Zurück zu v.9)
yTheoretisch ließe sich im MT auch ein Dreischritt lesen: „Die Erde soll grünen lassen: (1) Grünes, (2) Getreide und (3) Fruchtbäume“. Vermutlich ist aber דֶּשֶׁא als Oberbegriff von „Getreide“ und „Fruchtbäumen“ zu verstehen; vgl. z.B. Bandstra 2008, S. 65; Cassuto 2005, S. 40; Wenham 1987. (Zurück zu v.11)
zDen meisten Exegeten scheint es gar nicht merkwürdig, dass Gen 1,11f. eine solche Betonung darauf legt, dass die Pflanzen (a) Samen bilden sollen und die Bäume (b) Früchte tragen sollen. עֵשֶב wird daher von den meisten recht beliebig übersetzt; häufig ist „Kraut“ oder noch allgemeiner „Pflanzen“; übersetzt sogar „alle Arten von Pflanzen“. Hier ist es aber näher bestimmt dadurch, dass es זֶרַע tragen soll. Dies steht in der Bibel sehr eindeutig für Samen und Saatgut. Entsprechend wird es sich wohl auch hier sehr sicher um eine Nutzpflanzen handeln: עֵשֶׂב מַזְרִיעַ זֶרַע ist das „Frucht bringende Getreide“; עֵץ פְּרִי sind (unbestritten) die Fruchtbäume - Gott lässt zu Schöpfungsbeginn ausschließlich „sinnvolle“ Pflanzen sprießen. (Zurück zu v.11)
aaTextkritik: De Rossi zählt 12 Versionen und Übersetzungen, die vor das folgende עֵצ die Konjunktion וְ einfügen; dem schließen sich z.B. Soggin 1997, S. 36 und Westermann 1983, S. 110 an, da sonst „Bäume“ in Apposition zu „Getreide“ stünde. Dem ist zuzustimmen. (Zurück zu v.11)
abdas i.d.R. mechanisch übersetzte „nach ihrer Art“ ist sehr wahrscheinlich adjektivisch als Ausdruck für „jeglicher Art“ bzw. „verschiedenste Arten von...“ zu verstehen; so zuletzt wieder Neville 2011, S. 216; ähnlich auch schon Driver 1905, S. 9. Sehr gut übersetzt es Speiser 1964 („various kinds“). (Zurück zu v.11)
acwohl zu lesen als epexegetische Constructus-Verbindung; für die Lesefassung würden wir schlicht „Himmel“ vorschlagen (Zurück zu v.14)
adwohl explikatives Waw; siehe nächste Fußnote. vgl. auch Cassuto 2005, S. 44; Cole 2007; König 1919, S. 149; Speiser 1964, S. 6. (Zurück zu v.14)
aeמוֹעֲדִים ließe sich sowohl als Ausdruck für „Jahreszeiten“ als auch für „Festzeiten“ lesen. Die erste Lesart vertritt z.B. Soggin 1997. Die Reihung „Jahreszeiten, Tage und Jahre“ ist aber merkwürdig „chaotisch“; aus diesem Grunde sollte man wohl eher die zweite Lesart wählen (vgl. dazu auch Rudolph 2003, dessen Untersuchung ergibt, dass „the plural form of mô`êd means 'festivals' one hundred percent of the time in the Torah.“ (S. 40)) - die Planeten sind Zeichen sowohl für die kultische als auch die weltliche Zeitordnung („Tage und Jahre“ ist wohl ein stehender Ausdruck für eine unbestimmte Zeitspanne; vgl. noch 1Sam 29,3 und 4Q385, Frg. 3 („Ich messe die Zeit / und verkürze Tage und Jahre.“)
Möglich wäre außerdem, nicht zu lesen als „Zeichen für Festzeiten...“, sondern als „Sie sollen dienen als Zeichen, als Festzeiten, als...“; so z.B. zuletzt wieder Tigchelaar 2005. Während aber einleuchtend ist, wie Planeten als „Zeichen“ dienen sollen (etwa als „Omen“), ist nicht ersichtlich, wie Planeten „als Jahreszeiten, Tage und Jahre“ dienen wollen; vorzuziehen ist daher wohl doch die traditionelle Übersetzungsweise (Zurück zu v.14)
afTextkritik: Ehrlich 1908 schlägt die Textkorrektur von למערת zu המערת vor; המערת müsste dann als Subjekt des Satzes gelesen werden („Die Lichter am Himmel sollen dazu dienen, über der Erde zu leuchten.“), da sonst „das, wozu das Subjekt werden soll [=Lichter] sich [...] von dessen vorläufiger Beschaffenheit [=Lichter] durch nichts unterscheide[n würde]; vgl. Saadja.“ Das ist ein sehr sinnvoller Vorschlag; allerdings weist Wenham 1987 auf eine ähnliche Tautologie in Num 15,39 hin, so dass er wohl nicht nötig ist. (Zurück zu v.15)
agwohl zu lesen als epexegetische Constructus-Verbindung; für die Lesefassung würden wir schlicht „Himmel“ vorschlagen (Zurück zu v.15)
ahAdjektiv mit Artikel dient im Hebräischen u.a. auch zur Wiedergabe des Komparativs; vgl. ad loc. z.B. König: HKL III §308a. (Zurück zu v.16)
aiBandstra bezweifelt, dass „Tag“ und „Nacht“ Entitäten seien, die „beherrscht“ werden könnten und liest daher die Präpositionalphrase בַּיּוֹם so, dass sie „the Range or domain over which rule is exercised“ (S. 79) angeben würden (also nicht „den Tag und die Nacht beherrschen“, sondern etwa: „bei Tag und bei Nacht herrschen“). Grammatisch ist das möglich; dann wäre aber zu fragen, wen Sonne und Mond denn dann beherrschen sollen, wenn nicht Tag und Nacht? Noch mehr, da vom Verfasser von Gen 1 häufiger gesagt wird, er wende „Entmythisierungsstrategien“ an - unter anderem, um Sonne und Mond, die bisweilen auch als Götter angesehen wurden, zu entmythisieren. Wenn das richtig ist, dann sollte gerade nicht zu erwarten sein, dass Sonne und Mond mehr zugestanden wird, als dass die eine bei Tag und der andere bei Nacht leuchten darf. (Zurück zu v.16)
ajsiehe letzte Fußnote (Zurück zu v.16)
akOder: „das kleinere Licht und die Sterne zur Herrschaft über die Nacht“ (nach Driver 1885, S. 33: „Wenn hebräische Autoren einen Satz mit doppeltem Subjekt (oder Objekt) konstruieren, tun sie dies gewöhnlich - und sogar recht häufig -, indem sie den Satzteil, der eines der beiden Subjekte (oder Objekte) enthält, zu Ende führen und dann das zweite an diesen Satzteil anhängen.“ (meine Üs.))
Diese Beobachtung Drivers ist recht sicher richtig (ein deutliches Beispiel ist Num 16,18: „Jedermann nahm seine Räucherpfanne ...; ebenso Moses und Aaron“ = „Jeder - unter anderem auch Moses und Aaron - nahm seine Räucherpfanne...“). Es ist uns aber keine Übersetzung bekannt, die so übersetzt; für Gen 1,16 ist dies daher eine absolute Minderheitenmeinung. (Zurück zu v.16)
alSchließt auch Insekten mit ein (DBL Hebrew 6416); Satzstruktur: Nomen - Verb; wohl wieder eine Topikalisierungsstrategie - Versteil 1 handelt von den „Schwärmen lebendiger Wesen“; von den „Vögeln“ dagegen handelt Versteil 2. (Zurück zu v.20)
amEin für uns eigentümlicher Ausdruck, wörtl.: „Auf/Über/An der Erde, auf/über/an dem Schalenförmigen des Himmels“. Da der Himmel als feste Barriere gedacht ist, kann hier nur „zwischen dem Gewölbe und der Erde“ gemeint sein - daher „unter dem Himmel“. (Zurück zu v.20)
anTextkritik: LXX ergänzt: „So geschah es“; ihr folgt z.B. Scharbert 1990, S. 40. Vergleiche aber dazu Fußnote t. (Zurück zu v.20)
aoMit den תַּנִּינִם werden sehr häufig mythische Meereswesen bezeichnet. BerR deutet sie auch hier als Behemoth und Leviathan, und es scheint tatsächlich so, dass v.a. תַּנִּינִם und Leviathan häufig synonym verwendet werden (der Plural wäre z.B. erklärbar durch das Phänomen des pluralis intensivus; „die Tanninim“ könnten dann übertragen werden etwa mit „das große Monster“ o.Ä. (vgl. z.B. Ember 1905, S. 202)).
Aber hier werden die תַּנִּינִם wohl entmythisiert: ebenso wie Sonne und Mond gehören auch sie zu Gottes Geschöpfen (vgl. Vogels 2011). Man sollte תַּנִּינִם daher am Besten so unbestimmt übersetzen, wie das oben vorgeschlagen wurde. (Zurück zu v.21)
apso KBL3, S. 463 ad loc. (S. 757 dagegen merkwürdigerweise: „Flugtiere, Geflügel“); wörtlich „Vögel des Flügels“; wohl attributive Constructus-Verbindung. (Zurück zu v.21)
aqdas Hebräische leitet des Öfteren Zitate mit mehreren Verba dicendi ein; in einer Übersetzung ins Deutsche kann das zweite Verb dann ohne Bedeutungsverlust gestrichen werden. (Zurück zu v.22)
arWortspiel im Hebräischen: perû ûre. Möglicherweise als Hendiadyoin aufzufassen: „Seid höchst fruchtbar“ (so Wenham 1987). Das ließe sich sogar historisch erklären; im Alten Israel war offenbar die Ansicht verbreitet, dass „das Fischgeschlecht sehr geil ist“ (so Lewysohn 1858, S. 355, zum Talmud). (Zurück zu v.22)
asZur Übersetzung mit „Reptilien“ vgl. die übernächste Fußnote.
Im MT werden diese Reptilien in fünf verschiedenen Versen jeweils anders bezeichnet:
Vers Hebräisch Deutsch
V. 24 רֶמֶשׂ Reptilien
V. 25 כָּל-רֶמֶשׂ הָאֲדָמָה Alle Boden-Reptilien
V. 26 כָל-הָרֶמֶשׂ הָרֹמֵשׂ עַל-הָאָרֶץ Alle Reptilien, die auf der Erde kriechen
V. 28 כָל-חַיָּה הָרֹמֶשֶׂת עַל-הָאָרֶץ Alle Lebewesen, die auf der Erde kriechen
V. 30 כֹל רוֹמֵשׂ עַל-הָאָרֶץ Alles auf der Erde kriechende

Sinndifferenzierend scheint das nicht zu sein, und es ist uns auch noch keine Auslegung untergekommen, die auf diese Merkwürdigkeit überhaupt eingegangen wäre.
Westermann weist zumindest darauf hin, dass die Tierarten in V. 24 und V. 25 unterschiedlich und in unterschiedlicher Reihenfolge bezeichnet werden; er führt das aber darauf zurück, dass „der klassifizierende Zug, der sich durch Gn 1 hindurchzieht, den Schöpfungserzählungen ursprünglich fremd ist [... und] die hier genannten drei Arten der Landtiere nicht eine alte, fest geprägte und vorgegebene Gruppierung darstellen, sondern eher einen tastenden Versuch, die Fülle der Landtiere in Hauptarten zu gliedern.“ (S. 197). Aber z.B. das obige Phänomen scheint viel zu bewusst gestaltet, als dass diese Erklärung wirklich einleuchtend wäre; wahrscheinlich handelt es sich eher um eine stilistische Variation. Darauf weist auch die von Westermann genannte Reihenfolge der Nennung der Landtiere hin: (1) V. 24: Vieh - Reptilien - wilde Tiere; (2) V. 25: Wilde Tiere - Vieh - Reptilien; (3) V. 26: Vieh - wilde Tiere - Reptilien.

Das einfachste wird wohl sein, es in der Lesefassung jedes Mal schlicht mit „Reptilien“ zu übersetzen. (Zurück zu v.24)
atIm MT ist an „Tiere“ ein „überflüssiges“ Waw angehängt, das wohl als (bedeutungsloses) paragogisches Waw aufzufassen ist; so z.B. Wenham 1987. (Zurück zu v.24)
auJedes der drei Wörter, die hier Tierkategorien bezeichnen, ist ein Kollektivnomen, steht im Urtext also im Sg. So auch in den folgenden Versen. Zur „Gattung“ der bezeichneten Tiere vgl. Scharbert 1990, S. 44: „Von den verschiedenen Tiergattungen werden nur die für den Menschen wichtigsten und auffälligsten aufgezählt. Das mit „Vieh“ in der wiedergegeben Wort bezeichnet in H nicht nur die Haustiere, sondern alle größeren Säugetiere; die „Tiere des Feldes“ sind im AT in der Regel das jagdbare Wild; die „Kriechtiere“ sind die Landreptilien.“ (Zurück zu v.24)
avEs gibt verschiedene Theorien, warum Gott hier im Plural spricht; die meisten werden gut von Clines 1968 wiederlegt. Eine gute Übersicht über die Positionen gibt Westermann 1983, S. 200f. Am meisten Anhänger hat heute wohl die Position, die im Plural einen Plural deliberationis sieht (vergleichbar dem deutschen „Dann wollen wir mal X tun“; dieses allerdings klingt wohl zu sehr nach Umgangssprache, als dass es die hebräische Konstruktion wirklich treffen würde); vgl. Cassuto 2005, S. 55; Clines 1968, S. 68 (mit Einschränkung); JM §114; Junker 1953, S. 13; Koehler 1969, S. 9; König 1919, S. 154f.; Scharbert 1990, S. 44; Westermann 1983, S. 201. So auch schon BerR: „Nach R. Ami berieth sich Gott mit seinem Herzen.“ (Üs. nach Wünsche 1881, S. 31) (Zurück zu v.26)
awDas im Hebräischen häufige Wort für Mensch ist zugleich der Name des ersten Menschen Adam (אָדָם), hier wird es aber vermutlich nicht als Personenname, sondern als Gattungsbezeichnung verwendet, da im Folgevers mit Artikel auf das Wort Bezug genommen wird. אָדָם ist von dem Wort אֲדָמָה („Erdboden“) abgeleitet, das etwa in V. 25 verwendet wurde („Boden“). S.a. NET Gen 1:26 Fußnote 48. (Zurück zu v.26)
axwörtlich „als unsere Statue als unsere Ähnlichkeit“ (zu den Präpositionen vergleiche gut Clines 1968, S. 75f.; dass beide Präpositionen die selbe Bedeutung haben ist heute die Mehrheitsmeinung); meist wird das zweite Glied כִּדְמוּתֵנוּ „als unsere Ähnlichkeit“ so aufgefasst, dass es das erste Glied בְּצַלְמֵנוּ „als unsere Statue“ näher bestimmt; daher „uns ähnliches“ - vgl. Clines 1968, S. 70; Koehler 1969, S. 7f.; König 1919, S. 156; Schellenberg 2011, S. 82f.; Wenham 1987. (Zurück zu v.26)
ayZu dieser Übersetzung vergleiche das Lexikon / Lemma צֶּלֶם. Westermann 1983 gibt einen elfseitigen Überblick über die Forschungsgeschichte, so dass wir für andere Übersetzungs- und Deutungsweisen einfach auf ihn verweisen können.
Grob zusammengefasst ist es so, dass der Hebräer צֶּלֶם dann verwendet, wenn es ihm nicht um Statuen als (bloße) Statuen, sondern als wirkmächtige Entitäten geht, die sich beispielsweise ein Gott als Körper auserkoren haben kann oder die sich als Fetisch verwenden lässt, mit dem sich Mäuseplage und Beulenpest „bezaubern“ lassen können. צֶּלֶם muss dann wohl auch hier dementsprechend gedeutet werden; das Wort stellt den Menschen in eine Relation zu Gott: Der Mensch ist insofern צֶּלֶם Gottes, als Gott in ihm und durch ihn auf Erden wirkt. Die am leichtesten verständliche Entsprechung dazu wäre wohl das alte „Stellvertreter Gottes“. Wenn darauf folgend auch noch betont wird, dass der Mensch nicht nur Stellvertreter Gottes, sondern sogar ein Gott ähnlicher Stellvertreter Gottes ist, stellt dies nur noch eine Steigerung der mit צֶּלֶם ausgedrückten und ohnehin schon engen Mensch-Gott-Relation dar. (Zurück zu v.26)
azOb das Herrschen Sinn und Inhalt der Gottesebenbildlichkeit ist oder ob es sich nur sozusagen nebenbei daraus ergibt ist in der Forschung umstritten. (Zurück zu v.26)
baDie Kollokationen „Fische des Meeres“ und „Vögel des Himmels“ bezeichnen einfach nur „Fische“ und „Vögel“; „des Meeres/Himmels“ kann in der Übersetzung ausgespart werden (Zurück zu v.26)
bbTextkritik: „über die ganze Erde“ fügt sich hier recht schlecht in den Textzusammenhang; Viele (z.B. Drouot et al. 2000, S. 369; Speiser 1964, S. 7 und Westermann 1983, S. 110) ergänzen daher הית, so dass der Text „Tiere des Feldes“ lauten würde. Alternativ könnte man deuten als Anakoluth und das Waw als Waw emphaticum lesen: „über die Fische, über die Vögel, über das Vieh - ja!, über die ganze Erde! - und über alle Reptilien, die auf der Erde kriechen.“ Von diesen beiden Möglichkeiten ist aber entschieden Variante 1 vorzuziehen. (Zurück zu v.26)
bcdie genaue Bedeutung von רדה ist umstritten. Es scheint einige Kognate mit der Bedeutung „gehen, treten“ zu haben; deshalb hat man daraus häufig die Grundbedeutung „niedertreten“ => „gewaltsam beherrschen“ abgeleitet. Ingressiv hat es wohl die Bedeutung „unterjochen“ (s. z.B. Zorell 758); durativ listen die meisten Lexika schlicht „herrschen“ fügen dann aber hinzu, dass es auch dann den „Nebensinn des Unterdrückens“ (so z.B. KBL3, S. 1110) habe. vgl. auch Alter 1996, S. 5: „The verb radah is not the normal Hebrew verb for „rule“ [...] and in most of the contexts in which it occurs it seems to suggest an absolute or even fierce exercise of mastery.“

Einige Exegeten wollen demgegenüber רדה sogar eine besonders sanfte Art des Leitens ausdrücken lassen, so z.B. Zenger 1983, S. 91: „Das Wort bezeichnet eigentlich das Umherziehen des Hirten mit seiner Herde, der seine Herde auf gute Weide führt, der die Tiere gegen alle Gefahren schützt, sie vor Raubtieren verteidigt und die schwachen Tiere seiner Herde gegen die starken schützt und dafür sorgt, daß auch sie genügend Wasser und Nahrung finden.“
Gegen eine solche „sanfte“ Interpretation wendet aber neuerdings wieder überzeugend Schellenberg 2011 ein: „Gegen eine zu friedliche Interpretation spricht vorab das im gleichen Kontext gebrauchte Verb כבש, das - trotz gegenteiliger Beteuerungen v.a. von Lohfink und Koch - klar gewalttätig konnotiert ist [...]. Im Deutschen trifft man die Konnotation all der verschiedenen Verwendungszusammenhänge von כבש wohl am besten mit der Übersetzung „unterwerfen.“ Dass hinter den Herrschaftsaussagen von 1,26.28 nicht ein besonders friedliches Bild des Mensch-Tier-Verhältnisses stehen kann, zeigt auch die Reihe der dabei genannten Tiere: Sie umschliesst neben dem Vieh auch die Fische, die Vögel, das Kriechgetier und die wilden Tiere, die der Mensch weder „hüten“ noch „domestizieren“ kann.“ (S. 54f.)
vgl. noch Westermann 1983, S. 222: „Das Verb [כבש] gehört ebenso wie רדה in den Zusammenhang gewaltsamen Unterwerfens oder Beherrschens; im k. sonst auf Sklaven angewandt [...]; im ni. von einem unterworfenen Land [...].“; sehr gut auch BigS: „Sie sollen niederzwingen die Fische des Meeres...“

Vor diesem Hintergrund scheint uns die Bedeutung „knechten“ eigentlich wahrscheinlicher als die des bloßen „Herrschens“. Dies noch mehr, da die Priesterschrift (zu der auch Gen 1 gehört) Gott darstellt als transzendenten und „absoluten Herrscher“ - dies sogar so sehr, dass er zwei Kapitel später sozusagen einfach mal die ganze Erde vernichten kann, weil ihm nicht passt, wie sie sich entwickelt hat. Wenn richtig ist, was wir eben zur Gottesebenbildlichkeit des Menschen geschrieben haben, legt sich רדה als ein Ausdruck einer absoluten (Gewalt-)Herrschaft gleich noch mal so nahe. Wir haben dennoch „Herrschen“ als primäre Alternative angegeben, da diese Übersetzung am ehesten beiden Lagern gerecht werden kann. (Zurück zu v.26)
bdwie V. 26 recht sicher Beth essentiae (Zurück zu v.27)
beDie beiden Termini zur Geschlechterdifferenzierung lassen sich auch auf Tiere anwenden; Scharbert 1990, S. 45 kommentiert daher, dass sie richtiger eigentlich mit „Männchen und Weibchen“ zu übersetzen wären. König 1919, S. 159 wählt diese Übersetzung dann auch tatsächlich. Da dies aber sehr unnatürlich klänge, haben wir die beiden Substantive als Adjektive übertragen. (Zurück zu v.27)
bfzur Struktur des Minigedichts vgl. Andersen 1995, S. 60; Cassuto 2005, S. 57; Polak 2002, S. 15; Kselman 1978, S. 165f.
Kselman identifiziert noch weitere Minigedichte in Gen 1; Polak 2002 geht sogar davon aus, dass es sich beim gesamten ersten Kapitel der Genesis um ein Gedicht handle. Bis auf den Fall von V. 27 gibt es aber nicht viele Exegeten, die ihnen da zustimmen würden; auch wir haben daher einzig Vers 27 als Gedicht formatiert. Sinnvoll wäre es aber in der Tat an mehreren Stellen. Z.B.:


V. 2:
[Als Gott begann, die Welt zu schaffen] -
Da war die Erde Null und Nichts, (4 Wörter)

und Finsternis war auf den Wasserfluten (3 Wörter)
und starker Sturm stürmt’ auf den Wassermassen (5 Wörter; deutlich parallel zu Colon 2)


V. 6:
Es sei ein Firmament in der Mitte des Wassers, (4 Worte)

Es sei Scheidewand von Wasser und Wasser! (5 Worte)


V. 14f:
Es seien Lichter an des Himmels Firmament (4 Wörter),

zu scheiden zwischen Tag und Nacht (5 Wörter),
zum Zeichendienst für Feste, Tage, Jahre! (5 Wörter)

Sie seien Lichter an des Himmels Firmament (4 Wörter)

um Licht zu geben auf der Erde! (3 Wörter).

Wenn man diesen Vers als Poesie bestimmen würde, würde das außerdem erklären, warum in V. 14 im letzten Colon „Zeichen“ genau so konstruiert ist wie „Feste, Tage, Jahre“, obwohl es einer anderen Funktion dient; außerdem würde es die Merkwürdigkeit erklären, warum V. 15 noch einmal genau so einsetzt wie V. 14.


V. 20:
Im Wasser sollen Schwärme von lebend’gen Wesen schwärmen (5 Wörter; eingebaut ist auch eine Figura etymologica)

Und Vögel sollen fliegen auf der Erde (4 Wörter; wieder eine Figura etymologica; dazu chiastisch zu Colon 1)
unter dem Angesicht des Firmaments des Himmels (4 Wörter)

Auch hier würde die Bestimmung als Poesie die merkwürdige Konstruktion „auf der Erde unter dem Himmel“ (beide Male konstruiert mit עַל erklären.


V. 22:
Seid fruchtbar und vermehrt euch (2 Wörter; perû ûre)

erfüllt des Meeres Wassermassen (3 Wörter; ûmileû (s.o.); hamajim bajamim)
die Vögel aber solln die Erd erfüllen! (3 Wörter; Chiastisch zu Colon 2) (Zurück zu v.27)
bgWortspiel im Hebräischen: perû ûre. Möglicherweise als Hendiadyoin aufzufassen: „Seid höchst fruchtbar“ (so Wenham 1987) (Zurück zu v.28)
bhvgl. vgl. Fußnote ba. Hier ist das sogar noch wahrscheinlicher: רְדוּ „herrscht/unterjocht“ folgt direkt auf כִבְשֻׁהָ „unterwerft sie euch“. Zudem folgt direkt auf V. 28 V. 29: Die beiden Verse klären das Verhältnis des Menschen zu seiner Um- und Mitwelt. Die Pflanzen gibt Gott dem Menschen schon selbst (mit einem performativen Qatal: „Hiermit gebe ich euch“; s. dort) zu Eigen; Subjekt des Verbs ist Gott. Das Verhältnis von Mensch zu Welt und Tieren dagegen ist formuliert in Form eines Auftrags und Subjekt der Imperative ist der Mensch. Zudem - s. das obige Zitat Schellenbergs - ist Objekt der Imperative gerade nicht das „Vieh“, sondern die nicht domestizierbaren „Vögel, Fische und Reptilien“. Daher ist es sinnvoll, den Vers so zu verstehen, dass רְדוּ „herrscht/unterjocht“ ebenso wie כִבְשֻׁהָ „unterwerft“ und im Gegensatz zu נָתַתִּי „Ich gebe euch“ nicht durative, sondern terminative Bedeutung hat und man richtiger übersetzen muss mit „unterwerft euch die Erde und macht euch Fische, Vögel und alle Reptilien Untertan!“ - so wieder gut BigS: „Füllt die Erde und bemächtigt euch ihrer. Zwingt nieder die Fische des Meeres“
vgl. auch Alter 1996 („hold sway“), Delitzsch 1887 („bezwingt die Erde und unterwerft euch...“); Good 2009 („subdue“); Speiser 1964 („subject“) (Zurück zu v.28)
biDurch הִנֵּה „siehe“ markiertes performatives Qatal (vgl. z.B. JM §112f; Nic §67); die Konstruktion konstituiert einen Sprechakt; es wird damit ausgedrückt, dass mit dem Moment der Äußerung das Geäußerte bereits Realität wird (vergleichbar z.B. mit: „Hiermit erkläre ich euch zu Mann und Frau.“). vgl. ad loc. auch Zenger 1983, S. 97. (Zurück zu v.29)
bjs.o. (Zurück zu v.29)
bkViele Exegeten halten für wahrscheinlich, dass in diesem Vers der Mensch als Vegetarier vorgestellt wird. Er wirkt auch tatsächlich so, allerdings hat Wenham 1987 ihn auf bedenkenswerte Weise kommentiert: „Genesis 1 verbietet nicht den Verzehr von Fleisch, und es ist gut möglich, dass der Verzehr von Fleisch schon seit der Zeit der Ursünde ins Auge gefasst ist. Der Herr stattete Adam mit Kleidung aus Fell aus (3,21). Abel hütete und opferte Schafe (4,2-4) und Noah unterschied zwischen reinen und unreinen Tieren (7,2). Gispen könnte daher recht damit haben, wenn er vorschlägt, dass 9,3 nicht die nach-ursündliche Praxis des Fleischverzehrs einführt, sondern bloß billigt.“ (unsere Übersetzung) (Zurück zu v.29)
bles ist nicht sicher, ob der Nebensatz „... das Lebensatem in sich hat“ (=das lebt) sich nur auf die letzte Tiergruppe oder auf alle drei Tiergruppen bezieht. Uns scheint letzteres wahrscheinlicher; in diesem Falle müsste man im Deutschen aber mit einem weiteren „allem“ neu einsetzen. (Zurück zu v.30)
bmDieser Satz hat kein Verb; man muss daher aus dem vorangehenden Satz ein Verb als double duty-Prädikat ergänzen. Die absolute Mehrheit ergänzt „ich gebe euch“; Bandstra 2008 schlägt aber vor: „sie sollen sein“ (=dienen). Das ist wahrscheinlich richtig: Vers 29 besteht aus zwei Sätzen: Im ersten gibt Gott dem Menschen die Pflanzen, im zweiten erklärt er, dass sie des Menschen Speise sein sollen. V. 30 steht parallel zum zweiten Satz und das letzte finite Verb ist nicht „ich gebe“, sondern „sie sollen sein“; zudem ist das folgende „So geschah es“ semantisch schwerlich kompatibel mit „Ich gebe ihnen die Pflanzen“ (Ehrlich 1908, S. 6 kommentiert es daher sogar mit „ויהי כן [„so geschah es“] kann an dieser Stelle nur so verstanden werden, dass sich der Mensch und alle lebenden Wesen nach erhaltener Erlaubnis gleich über ihre Mahlzeit hermachen.“). Man sollte daher besser mit Bandstra „sie sollen sein“ ergänzen. Dem steht auch der folgende Objekt-Marker אֶת nicht im Wege, da (1) אֶת nicht nur Objekte, sondern bisweilen auch Subjekte markieren kann (vgl. z.B. Rogland 2007, S. 411; ähnlich z.B. auch schon HKL III §270a; Wilson 1890, S. 221) und da (2) für das Verb היה bereits festgestellt wurde, dass es in Einzelfällen auch mit Akkusativ statt Nominativ stehen kann (vgl. z.B. Dav §71; wahrscheinlich ist dies aber eher eine Vorläuferinterpretation des Phänomens (1)). Gleich, welches grammatische Phänomen hier seine Anwendung findet - grammatisch möglich ist Bandstras Vorschlag allemal. (Zurück zu v.30)
bnAnders als in Vv. 11.29 ist עֵשֶׂב hier nicht durch מַזְרִיעַ זֶרַע näher bestimmt; man dürfte es daher hier anders in den beiden obigen Versen als Oberbegriff für „Pflanzen“ und nicht als „Getreide“ verstehen müssen. (Zurück zu v.30)
boNach Verben des Wahrnehmens kann הִנֵּה wohl auch als emphatischer Relativpartikel dienen; vgl. KBL3, S. 242. S. auch Gen 19,28: „Er sah, dass Rauch aufstieg.“; Gen 22,13: „Er sah, dass ein Widder sich mit seinen Hörnern im Gestrüpp verfangen hatte.“; Ex 3,2 (wo LUT84 übersetzt): „Er sah, dass der Busch im Feuer brannte“ u.ö. Das Waw ist entweder als emphatisches Waw, als pleonastisches Waw oder als Satztrennungs-Waw zu interpretieren; s. Lexikon / Lemma וְ. Der Teilsatz ist damit Gen 1,4 parallel strukturiert:
Gen 1,4 Gen 1,31
וַיַּרְא אֱלֹהִים אֶת-הָאוֹר כִּי-טוֹב וַיַּרְא אֱלֹהִים אֶת-כָּל-אֲשֶׁר עָשָׂה וְהִנֵּה-טוֹב
Gott sah das Licht, dass es gut war. Gott sah alles, was er gemacht hatte, dass es gut war.
(Zurück zu v.31)