Genesis 31: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche
K
K
Zeile 43: Zeile 43:
 
[[Datei:Siegel Totenmaske.png|mini|Bild 1: Syrisches Siegel, 18./17. Jhd. v. Chr.: In der Mitte kommuniziert eine Frau mit Masken. (c) Schroer 2011, S. 43]]
 
[[Datei:Siegel Totenmaske.png|mini|Bild 1: Syrisches Siegel, 18./17. Jhd. v. Chr.: In der Mitte kommuniziert eine Frau mit Masken. (c) Schroer 2011, S. 43]]
 
[[Datei:Steinzeitliche Totenmaske.png|mini|Bild 2: Steinzeitliche Maske aus Nahal Hemar. (c) IM, [https://www.imj.org.il/en/collections/197936-0 IAA 1984-407]]]</div>
 
[[Datei:Steinzeitliche Totenmaske.png|mini|Bild 2: Steinzeitliche Maske aus Nahal Hemar. (c) IM, [https://www.imj.org.il/en/collections/197936-0 IAA 1984-407]]]</div>
Was genau die ''Terafim'' sind, ist ungewiss. Laban bezeichnet sie in diesem Kapitel als „seine ''`elohim''“ und Rachel stiehlt sie und versteckt sie in ihrer Satteltasche. Aus [[Ezechiel 21#s26 |Ez 21,26]]; [[Sacharja 10#s2 |Sach 10,2]] und wahrscheinlich [[1 Samuel 15#s23 |1 Sam 15,23]] und [[2 Könige 23#s24 |2 Kön 23,24]] lässt sich außerdem herauslesen, dass sie besonders häufig zur Wahrsagerei verwendet wurden. Danach handelt es sich um kleine Kultobjekte, durch die sich entweder mit den Göttern oder mit den Geistern von Toten u.a. zur Wahrsagerei kommunizieren lässt (''`elohim'' meint meistens Götter, in [[1 Samuel 28#s13 |1 Sam 28,13]] und vielleicht [[Jesaja 8#s19 |Jes 8,19]] aber auch Totengeister, die man sich danach wohl als eine Art Zwischenwesen zwischen Mensch und Gottheit vorstellte). In der Regel hält man sie daher entweder für Masken (Bild 1+2) oder für kleine Figurinen (Bild 3), die übernatürliche Wesen repräsentierten. Die Figurinen-Deutung wird weit häufiger vertreten, weil man [[1 Samuel 19#s13 |1 Sam 19,13-16]] meist so versteht, dass Michal ''Terafim'' so in ein Bett legt, dass man sie für einen kranken Menschen halten kann, und daraus ableitet, dass diese Figurinen also auch lebensgroß sein konnten – aber die Erzählung ist damit fast sicher missverstanden, s. dort.<br />Das biblische Wort ist sehr wahrscheinlich ein Dysphemismus mit der Bed. „Verrottetes, Verdautes“; ''tarapim'' sind also „Kotz-Brocken“ (richtig z.B. Rouillard / Tropper 1987, S. 359; Loretz 1992, S. 141; Sarna 2001; vgl. den ähnlichen Dysphemismus ''gillulim'' [„Kot-Batzen“] für Götzen). Von solchen Dysphemismen gibt es grob zwei Varianten: Bei Variante 1 hat der Dysphemismus nichts mehr mit dem entstellten Wort zu tun (wie bei ''bošet'' [„Schande“] für ''Ba´al''), bei Variante 2 werden nur die Vokale des entstellten Wortes mit denen eines Schimpfwortes ausgetauscht (wie bei ''molek'' mit den selben Vokalen wie ''bošet'' für ''malk'' „König“). Da neben ''t-r-p'' („weich/verdaut sein“) keine weitere hebräische Wurzel ''t-r-p'' bekannt ist, gehört ''Terafim'' wohl zu Variante 1, so dass sich aus ihrer Bezeichnung nichts herleiten lässt (von ''rapa`'' [„heilen“ > „Heil-Götter“] abzuleiten, wie Rouillard / Tropper vorschlagen, geht nicht an, da man hier ''tarpa`im'' mit Alef erwarten würde. Die Belege für Ausfall von Alef, die die beiden bringen, sind sämtlich nur Beispiele für die Schreibung von Endungs-''`'' als Endungs-''h'' und damit ohne Erklärwert). Das stärkste Indiz ist, dass Jub 29,9 die ''Terafim'' gar nicht erwähnt, aber unerwartet einen Exkurs nach [[Deuteronomium 3#s13 |Dtn 3,13]] darüber einschaltet, dass Gilead das „Land der ''Refaim''“ war. Könnte ''Terafim'' Verballhornung von ''Refaim'' sein (so schon Albright 1968, S. 168; Loretz 1992, S. 141f.) und unsere Erzählung auch Ätiologie, wonach Gilead deshalb das „Land der ''Refaim''“ war, weil Rachel die ''Terafim'' (lies: ''Refaim'') hierher gebracht hat? Aber das ist nicht mehr als educated speculation.<br />Auch ihre Funktion in unserem Kapitel ist umstritten. Überwiegend sind drei Deutungen im Umlauf:<br />(1) Josephus berichtet in JosAnt 18.9.5 von einer Partherin: „''Da sie nach dem Tod ihres ersten Mannes in Gefangenschaft geriet, verbarg sie die Bildnisse der Götter, die sie mit jenem Manne verehrt hatte, und nahm sie nach dem Brauch ihres Landes mit sich. In jenen Gegenden ist es nämlich allgemein Sitte, Götterbilder zu Hause zu haben und dieselben auf Reisen mitzunehmen.''“ (Üs. nach Clementz). Greenberg 1962 und z.B. van Seters 1975, S. 93f. und Thompson 2002, S. 278 haben danach angenommen, Rachel habe die Götzen schlicht aus religiösen Gründen mitgenommen, da sie sich ja nun auch auf eine Reise begibt. Hinzudenken muss man sich bei dieser Deutung wohl, dass sie sie dabei untypischerweise ihrem Vater ''raubt'', weil sie ja soeben ihren Bruch mit ihm verkündet hat. Aber zu dieser Deutung passt sehr schlecht, dass sie sich im Folgenden auf die ''Terafim'' setzen wird, woraus gewiss keine religiöse Achtung spricht.<br />(2) In altorientalischen Testamenten ist häufig die Rede von „Göttern und Toten einer Familie“, die Erben „erhalten“ oder „verehren“ sollen. In der Regel sind diese Erben die ältesten Söhne eines Vaters, die also nach seinem Tod zum ''pater familias'' werden werden. (2a) Smith 1931, S. 35; Gordon 1958, S. 129 und z.B. Galambush 2018 denken daher klug, Rachel habe mit dem Diebstahl Jakob symbolisch ähnlich das Erstgeburtsrecht in der Familie Labans ergaunern wollen wie Jakob dies zuvor in der Familie Isaaks getan hat, (2b) ähnlich glauben Draffkorn 1957, S. 219f.; Pardes 1992, S. 70f.; Spanier 1992 und Fischer 1995, S. 116, Rachel habe sich nach dem Geburtswettstreit in Gen 30 mit diesen Terafim das Erstgeburtsrecht für ''ihre'' statt für Leahs Söhne ergaunern wollen. Aber es ist gar nicht wahr, dass diese „Götter und Toten“ nur an die Erstgeborenen vererbt wurden: Heltzer 1998, S. 359 verweist auf das Nuzi-Testament HSS 19,5 (zum Text vgl. Deller 1981, bes. S. 48-57), in dem der Erstgeborene nur die „großköpfigen Götter“ und der Zweitgeborene die „kleinköpfigen“ erhalten soll, Sigrist 1982, S. 242-46 übersetzt einen wahrscheinlich in Emar entstandenen Text, in dem ähnlich die Götter von beiden erbenden Söhnen verehrt werden sollen. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die Terafim wirklich das Erstgeburtsrecht signalisieren; noch weniger, dass sie es „sichern“.<br />(3) Am wahrscheinlichsten ist daher die schon bei den alten Auslegern (z.B. PRE 36.4; Midrasch BerR, Midrasch Tanchuma; auch bei Raschbam, ibn Ezra, Radak, Ramban) verbreitete Deutung, Rachel habe ihrem Vater mit dem Raub der ''Terafim'' hauptsächlich seine Wahrsage-Instrumente stehlen wollen, damit er sie nicht verfolgen konnte (so z.B. Sarna 2001; Krauss / Küchler 2004; Plangger 2018, S. 70f.).</ref> ...
+
Was genau die ''Terafim'' sind, ist ungewiss. Laban bezeichnet sie in diesem Kapitel als „seine ''`elohim''“ und Rachel stiehlt sie und versteckt sie in ihrer Satteltasche. Aus [[Ezechiel 21#s26 |Ez 21,26]]; [[Sacharja 10#s2 |Sach 10,2]] und wahrscheinlich [[1 Samuel 15#s23 |1 Sam 15,23]] und [[2 Könige 23#s24 |2 Kön 23,24]] lässt sich außerdem herauslesen, dass sie besonders häufig zur Wahrsagerei verwendet wurden. Danach handelt es sich um kleine Kultobjekte, durch die sich entweder mit den Göttern oder mit den Geistern von Toten u.a. zur Wahrsagerei kommunizieren lässt (''`elohim'' meint meistens Götter, in [[1 Samuel 28#s13 |1 Sam 28,13]] und vielleicht [[Jesaja 8#s19 |Jes 8,19]] aber auch Totengeister, die man sich danach wohl als eine Art Zwischenwesen zwischen Mensch und Gottheit vorstellte). In der Regel hält man sie daher entweder für Masken (Bild 1+2) oder für kleine Figurinen (Bild 3), die übernatürliche Wesen repräsentierten. Die Figurinen-Deutung wird weit häufiger vertreten, weil man [[1 Samuel 19#s13 |1 Sam 19,13-16]] meist so versteht, dass Michal ''Terafim'' so in ein Bett legt, dass man sie für einen kranken Menschen halten kann, und daraus ableitet, dass diese Figurinen also auch lebensgroß sein konnten – aber die Erzählung ist damit fast sicher missverstanden, s. dort.<br />Das biblische Wort ist sehr wahrscheinlich ein Dysphemismus mit der Bed. „Verrottetes, Verdautes“; ''tarapim'' sind also „Kotz-Brocken“ (richtig z.B. Rouillard / Tropper 1987, S. 359; Loretz 1992, S. 141; Sarna 2001; vgl. den ähnlichen Dysphemismus ''gillulim'' [„Kot-Batzen“] für Götzen). Von solchen Dysphemismen gibt es grob zwei Varianten: Bei Variante 1 hat der Dysphemismus nichts mehr mit dem entstellten Wort zu tun (wie bei ''bošet'' [„Schande“] für ''Ba´al''), bei Variante 2 werden nur die Vokale des entstellten Wortes mit denen eines Schimpfwortes ausgetauscht (wie bei ''molek'' mit den selben Vokalen wie ''bošet'' für ''malk'' „König“). Da neben ''t-r-p'' („weich/verdaut sein“) keine weitere hebräische Wurzel ''t-r-p'' bekannt ist, gehört ''Terafim'' wohl zu Variante 1, so dass sich aus ihrer Bezeichnung nichts herleiten lässt (von ''rapa`'' [„heilen“ > „Heil-Götter“] abzuleiten, wie Rouillard / Tropper vorschlagen, geht nicht an, da man hier ''tarpa`im'' mit Alef erwarten würde. Die Belege für Ausfall von Alef, die die beiden bringen, sind sämtlich nur Beispiele für die Schreibung von Endungs-''`'' als Endungs-''h'' und damit ohne Erklärwert). Das stärkste Indiz ist, dass Jub 29,9 die ''Terafim'' gar nicht erwähnt, aber unerwartet einen Exkurs nach [[Deuteronomium 3#s13 |Dtn 3,13]] darüber einschaltet, dass Gilead das „Land der ''Refaim''“ war. Könnte ''Terafim'' Verballhornung von ''Refaim'' sein (so schon Albright 1968, S. 168; Loretz 1992, S. 141f.) und unsere Erzählung auch Ätiologie, wonach Gilead deshalb das „Land der ''Refaim''“ war, weil Rachel die ''Terafim'' (lies: ''Refaim'') hierher gebracht hat? Aber das ist nicht mehr als educated speculation.<br />Auch ihre Funktion in unserem Kapitel ist umstritten. Überwiegend sind drei Deutungen im Umlauf:<br />(1) Josephus berichtet in JosAnt 18.9.5 von einer Partherin: „''Da sie nach dem Tod ihres ersten Mannes in Gefangenschaft geriet, verbarg sie die Bildnisse der Götter, die sie mit jenem Manne verehrt hatte, und nahm sie nach dem Brauch ihres Landes mit sich. In jenen Gegenden ist es nämlich allgemein Sitte, Götterbilder zu Hause zu haben und dieselben auf Reisen mitzunehmen.''“ (Üs. nach Clementz). Greenberg 1962 und z.B. van Seters 1975, S. 93f. und Thompson 2002, S. 278 haben danach angenommen, Rachel habe die Götzen schlicht aus religiösen Gründen mitgenommen, da sie sich ja nun auch auf eine Reise begibt. Hinzudenken muss man sich bei dieser Deutung wohl, dass sie sie dabei untypischerweise ihrem Vater ''raubt'', weil sie ja soeben ihren Bruch mit ihm verkündet hat. Aber zu dieser Deutung passt sehr schlecht, dass sie sich im Folgenden auf die ''Terafim'' setzen wird, woraus gewiss keine religiöse Achtung spricht.<br />(2) In altorientalischen Testamenten ist häufig die Rede von „Göttern und Toten einer Familie“, die Erben „erhalten“ oder „verehren“ sollen. In der Regel sind diese Erben die ältesten Söhne eines Vaters, die also nach seinem Tod zum ''pater familias'' werden werden. (2a) Gordon 1958, S. 129 und z.B. Taschner 2000, S. 121f. und Galambush 2018 denken daher klug, Rachel habe mit dem Diebstahl Jakob symbolisch ähnlich das Erstgeburtsrecht in der Familie Labans ergaunern wollen wie Jakob dies zuvor in der Familie Isaaks getan hat, (2b) ähnlich glauben Draffkorn 1957, S. 219f.; Pardes 1992, S. 70f.; Spanier 1992 und Fischer 1995, S. 116, Rachel habe sich nach dem Geburtswettstreit in Gen 30 mit diesen Terafim das Erstgeburtsrecht für ''ihre'' statt für Leahs Söhne ergaunern wollen. Aber es ist gar nicht wahr, dass diese „Götter und Toten“ nur an die Erstgeborenen vererbt wurden: Heltzer 1998, S. 359 verweist auf das Nuzi-Testament HSS 19,5 (zum Text vgl. Deller 1981, bes. S. 48-57), in dem der Erstgeborene nur die „großköpfigen Götter“ und der Zweitgeborene die „kleinköpfigen“ erhalten soll, Sigrist 1982, S. 242-46 übersetzt einen wahrscheinlich in Emar entstandenen Text, in dem ähnlich die Götter von beiden erbenden Söhnen verehrt werden sollen. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die Terafim wirklich das Erstgeburtsrecht signalisieren; noch weniger, dass sie es „sichern“.<br />(3) Am wahrscheinlichsten ist daher die schon bei den alten Auslegern (z.B. PRE 36.4; Midrasch BerR, Midrasch Tanchuma; auch bei Raschbam, ibn Ezra, Radak, Ramban) verbreitete Deutung, Rachel habe ihrem Vater mit dem Raub der ''Terafim'' hauptsächlich seine Wahrsage-Instrumente stehlen wollen, damit er sie nicht verfolgen konnte (so z.B. Sarna 2001; Krauss / Küchler 2004; Plangger 2018, S. 70f.).</ref> ...
  
 
{{S|20}}  
 
{{S|20}}  

Version vom 30. Mai 2023, 09:59 Uhr

Syntax ungeprüft

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Genesis 31)

(kommt später)

Studienfassung (Genesis 31)

Anmerkungen

In Gen 31-32,1 stammen wahrscheinlich nur Vv. 3.17f.45-32,1 vom selben Autor wie Gen 30. Aus den restlichen, offenkundig zutiefst ideologischen Versen spricht vor allem ein gänzlich anderes Verhältnis von Israeliten und Aramäern als aus dem vorigen, älteren Kapitel. In Vv. 1-21.36-43 wird dazu neu interpretiert, wie Jakob seinen Reichtum erworben hat: Jakob hat nicht etwa Laban durch genetische Trickserei übervorteilt, vielmehr ist es so, dass Laban Jakob gleich mehrfach getäuscht hat, und nur Gott ist es zu verdanken, dass Jakob dennoch als reicher Mann aus ihrem unfairen Arbeitsverhältnis herausgehen konnte, obgleich ihm Laban bis zum Ende (V. 43) weder Frauen noch Nachkommen noch Besitz gönnt und zugestehen will (vgl. dazu bes. Rom-Shiloni 2012). In Vv. 19.22-35 werden nebenbei die aramäischen Götter lächerlich gemacht: Sie sind nur verabscheuungswürdige Terafim („Kotzbrocken“, s. zu V. 19), die man einfach rauben kann, die in die Satteltasche des unreinen Kamels gepackt werden können und auf die die gerade unreine Rachel sich einfach setzen kann. In Gen 35 werden sie zu allem Überfluss auch noch schlicht entsorgt werden. In Vv. 45-54 dagegen spricht Laban in V. 53 wieder vom „Gott Abrahams und Gott Nahors, dem Gott ihres Vaters“. Dafür spricht auch Hos 12: Hosea kennt nach V. 12 die Erzählung vom Steinhaufen in Gilead in unseren Vv. 46-53, aber nach Vv. 8f. weiß er nur davon, dass Jakob unrechtmäßig an seinen Reichtum gekommen ist, kennt also offenbar nicht die Variante der Geschichte in Vv. 1-21.36-43. Man beachte auch, wie in V. 1 Labans „Söhne“ seine leiblichen Söhne bezeichnet, in 32,1 dagegen seine Enkel.

Dennoch schließt das Kapitel ziemlich glatt an das Vorangehende an: ...

Ziel von Vv. 45-54 ist es, die geographische Grenze zwischen Israel und Aram zu definieren: Zu Israel gehört nach diesen Versen angeblich auch Gilead, das de facto nur im 9. und kurzzeitig im 8. Jhd. v. Chr. unter israelitischer Herrschaft gestanden hatte, während tatsächlich vor allem Nord-Gilead stets mindestens unter aramäischem Einfluss gestanden war (vgl. Sergi 2016, S. 333-336). ...

a
Bild 3: Terrakotta-Figurine: Trommlerin. Akhzib, 8./7. Jhd. v. Chr. (c) IM, IAA 1944-264
Bild 1: Syrisches Siegel, 18./17. Jhd. v. Chr.: In der Mitte kommuniziert eine Frau mit Masken. (c) Schroer 2011, S. 43
Bild 2: Steinzeitliche Maske aus Nahal Hemar. (c) IM, IAA 1984-407
Was genau die Terafim sind, ist ungewiss. Laban bezeichnet sie in diesem Kapitel als „seine `elohim“ und Rachel stiehlt sie und versteckt sie in ihrer Satteltasche. Aus Ez 21,26; Sach 10,2 und wahrscheinlich 1 Sam 15,23 und 2 Kön 23,24 lässt sich außerdem herauslesen, dass sie besonders häufig zur Wahrsagerei verwendet wurden. Danach handelt es sich um kleine Kultobjekte, durch die sich entweder mit den Göttern oder mit den Geistern von Toten u.a. zur Wahrsagerei kommunizieren lässt (`elohim meint meistens Götter, in 1 Sam 28,13 und vielleicht Jes 8,19 aber auch Totengeister, die man sich danach wohl als eine Art Zwischenwesen zwischen Mensch und Gottheit vorstellte). In der Regel hält man sie daher entweder für Masken (Bild 1+2) oder für kleine Figurinen (Bild 3), die übernatürliche Wesen repräsentierten. Die Figurinen-Deutung wird weit häufiger vertreten, weil man 1 Sam 19,13-16 meist so versteht, dass Michal Terafim so in ein Bett legt, dass man sie für einen kranken Menschen halten kann, und daraus ableitet, dass diese Figurinen also auch lebensgroß sein konnten – aber die Erzählung ist damit fast sicher missverstanden, s. dort.
Das biblische Wort ist sehr wahrscheinlich ein Dysphemismus mit der Bed. „Verrottetes, Verdautes“; tarapim sind also „Kotz-Brocken“ (richtig z.B. Rouillard / Tropper 1987, S. 359; Loretz 1992, S. 141; Sarna 2001; vgl. den ähnlichen Dysphemismus gillulim [„Kot-Batzen“] für Götzen). Von solchen Dysphemismen gibt es grob zwei Varianten: Bei Variante 1 hat der Dysphemismus nichts mehr mit dem entstellten Wort zu tun (wie bei bošet [„Schande“] für Ba´al), bei Variante 2 werden nur die Vokale des entstellten Wortes mit denen eines Schimpfwortes ausgetauscht (wie bei molek mit den selben Vokalen wie bošet für malk „König“). Da neben t-r-p („weich/verdaut sein“) keine weitere hebräische Wurzel t-r-p bekannt ist, gehört Terafim wohl zu Variante 1, so dass sich aus ihrer Bezeichnung nichts herleiten lässt (von rapa` [„heilen“ > „Heil-Götter“] abzuleiten, wie Rouillard / Tropper vorschlagen, geht nicht an, da man hier tarpa`im mit Alef erwarten würde. Die Belege für Ausfall von Alef, die die beiden bringen, sind sämtlich nur Beispiele für die Schreibung von Endungs-` als Endungs-h und damit ohne Erklärwert). Das stärkste Indiz ist, dass Jub 29,9 die Terafim gar nicht erwähnt, aber unerwartet einen Exkurs nach Dtn 3,13 darüber einschaltet, dass Gilead das „Land der Refaim“ war. Könnte Terafim Verballhornung von Refaim sein (so schon Albright 1968, S. 168; Loretz 1992, S. 141f.) und unsere Erzählung auch Ätiologie, wonach Gilead deshalb das „Land der Refaim“ war, weil Rachel die Terafim (lies: Refaim) hierher gebracht hat? Aber das ist nicht mehr als educated speculation.
Auch ihre Funktion in unserem Kapitel ist umstritten. Überwiegend sind drei Deutungen im Umlauf:
(1) Josephus berichtet in JosAnt 18.9.5 von einer Partherin: „Da sie nach dem Tod ihres ersten Mannes in Gefangenschaft geriet, verbarg sie die Bildnisse der Götter, die sie mit jenem Manne verehrt hatte, und nahm sie nach dem Brauch ihres Landes mit sich. In jenen Gegenden ist es nämlich allgemein Sitte, Götterbilder zu Hause zu haben und dieselben auf Reisen mitzunehmen.(Üs. nach Clementz). Greenberg 1962 und z.B. van Seters 1975, S. 93f. und Thompson 2002, S. 278 haben danach angenommen, Rachel habe die Götzen schlicht aus religiösen Gründen mitgenommen, da sie sich ja nun auch auf eine Reise begibt. Hinzudenken muss man sich bei dieser Deutung wohl, dass sie sie dabei untypischerweise ihrem Vater raubt, weil sie ja soeben ihren Bruch mit ihm verkündet hat. Aber zu dieser Deutung passt sehr schlecht, dass sie sich im Folgenden auf die Terafim setzen wird, woraus gewiss keine religiöse Achtung spricht.
(2) In altorientalischen Testamenten ist häufig die Rede von „Göttern und Toten einer Familie“, die Erben „erhalten“ oder „verehren“ sollen. In der Regel sind diese Erben die ältesten Söhne eines Vaters, die also nach seinem Tod zum pater familias werden werden. (2a) Gordon 1958, S. 129 und z.B. Taschner 2000, S. 121f. und Galambush 2018 denken daher klug, Rachel habe mit dem Diebstahl Jakob symbolisch ähnlich das Erstgeburtsrecht in der Familie Labans ergaunern wollen wie Jakob dies zuvor in der Familie Isaaks getan hat, (2b) ähnlich glauben Draffkorn 1957, S. 219f.; Pardes 1992, S. 70f.; Spanier 1992 und Fischer 1995, S. 116, Rachel habe sich nach dem Geburtswettstreit in Gen 30 mit diesen Terafim das Erstgeburtsrecht für ihre statt für Leahs Söhne ergaunern wollen. Aber es ist gar nicht wahr, dass diese „Götter und Toten“ nur an die Erstgeborenen vererbt wurden: Heltzer 1998, S. 359 verweist auf das Nuzi-Testament HSS 19,5 (zum Text vgl. Deller 1981, bes. S. 48-57), in dem der Erstgeborene nur die „großköpfigen Götter“ und der Zweitgeborene die „kleinköpfigen“ erhalten soll, Sigrist 1982, S. 242-46 übersetzt einen wahrscheinlich in Emar entstandenen Text, in dem ähnlich die Götter von beiden erbenden Söhnen verehrt werden sollen. Es ist daher nicht wahrscheinlich, dass die Terafim wirklich das Erstgeburtsrecht signalisieren; noch weniger, dass sie es „sichern“.
(3) Am wahrscheinlichsten ist daher die schon bei den alten Auslegern (z.B. PRE 36.4; Midrasch BerR, Midrasch Tanchuma; auch bei Raschbam, ibn Ezra, Radak, Ramban) verbreitete Deutung, Rachel habe ihrem Vater mit dem Raub der Terafim hauptsächlich seine Wahrsage-Instrumente stehlen wollen, damit er sie nicht verfolgen konnte (so z.B. Sarna 2001; Krauss / Küchler 2004; Plangger 2018, S. 70f.). (Zurück zu v.19)