JHWH/Römisch-Katholische Kirche

Aus Die Offene Bibel

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Siehe auch: JHWH

Die römisch-katholische Interpretation[Bearbeiten]

Die Bedeutung der Selbstoffenbarung Gottes in der römisch-katholischen Lehre[Bearbeiten]

Der für unsere Frage entscheidene Abschnitt im KKK ist „Deus Nomen Suum revelat“. Im Folgenden führen wir jeweils aufeinander folgend die relevante Textstelle im lateinischen Originaltext und eine eigene Übersetzung ins Deutsche an.a

203 Deus populo Suo Israel Se revelavit, illi Nomen Suum praebens cognoscendum. Nomen essentiam, identitatem personae et sensum exprimit vitae eius. Deus nomen habet. Ille vis anonyma non est. Nomen tradere suum est se aliis praebere cognoscendum, est quodammodo se ipsum tradere, se accessibilem reddendo, capacem qui intimius cognoscatur et appelletur, nempe personaliter.
Gott hat sich seinen Namen dem Volk Israel offenbart, indem er es seinen Namen wissen ließ. Ein Namen drückt das Wesen, die Identität der Person und den Sinn ihres Lebens aus. Gott hat einen Namen. Er ist keine namenlose Kraft. Seinen Namen weiterzugeben heißt, sich selbst anderen zu erkennen zu geben; auf gewisse Weise heißt es, sich selbst weiterzugeben, sich verfügbar zu machen, um intimer gekannt und persönlich angerufen werden zu können.
206 Deus, Nomen Suum YHWH revelans arcanum, scilicet, „Ego sum Ille qui est“ vel „Ego sum Ille qui sum“ vel etiam „Ego sum qui Ego sum“, dicit Quis Ipse sit et quo nomine sit apellandus. Hoc Nomen divinum est arcanum sicut Deus mysterium est. Prorsus simus est Nomen revelatum et quasi nominis rejectio, et propterea Deum optime exprimit ut illud quod Ille est, infinite superans totum id quod intelligere vel dicere possumus: Isse est „Deus absconditus“ (Is 45,15), Nomen Eius est ineffabile, atque Ille Deus est qui Se hominibus facit propinquum.“
Mit der Offenbarung seines heiligen Namens JHWH, welcher da bedeutet „Ich bin jener, der ist“ oder „Ich bin jener, der ich bin“ oder auch „Ich bin, der ich bin“, kündet er, wer er sei und mit welchem Namen er anzusprechen sei. Dieser heilige Name ist heiliges Geheimnis, wie auch Gott ein heiliges Geheimis ist. Gleichzeitig nämlich ist er ein offenbarter wie auch zurückgehaltener Name, und daher drückt sich darin Gott sehr gut aus als das, was er ist, nämlich als unendlich erhöht und erhaben über all Jenes, was von uns verstehbar und sagbar ist: Er ist der „verborgene Gott“, sein Name ist unbeschreiblich, und er ist gleichzeitig der Gott der sich den Menschen nahe macht.
207 Deus, Nomen revelans Suum, simul Suam revelat fidelitatem, quae ab aeterno et in aterno est, quae pro praeterito valet („Ego sum Deus patris tui“, Ex 3,6) sicut pro futuro („Ego ero tecum“, Ex 3,12). Deus qui Suum Nomen revelat tamquam „Ego sum“, Se tamquam Deum revelat, qui semper adest, Suo populo praesens ad illum salvandum.
Mit der Offenbarung seines Namens offenbart Gott gleichermaßen seine Treue, die von Ewigkeit her und in alle Ewigkeit gilt; nämlich ebenso in der Vergangenheit („Ich bin der Gott deiner Vorfahren“, Ex 3,6) wie in der Zukunft („Ich werde mit dir sein“, Ex 3,12). Indem Gott seinen Namen offenbart als „Ich bin“, offenbart er sich ebenso als der, der immer da ist: Der bei seinem Volk ist zu dessen Heil (wörtl. „zum Retten desselben“).
209 Populus Israel Nomen Dei propter reverentiam erga Eius sanctitatem non pronuntiat. In sacrae Scripturae lectione, Nomen revelatum titulo divino „Dominus“ [...] substituitur. Hoc titulo divinitas acclamabitur Iesu: „Iesus est Dominus“.
Das Volk Israel spricht den Namen Gottes aus Verehrung wegen seiner Heiligkeit nicht aus. Beim Lesen der Heiligen Schrift ersetzen sie den offenbarten Namen durch den göttlichen Titel „Herr“. Dieser göttliche Titel wird Jesus zuerkannt: „Jesus ist der Herr.“

In 210 wird zudem auch vom KKK explizit auf die obige Parallelstelle (Ex 33, 18-19) hingewiesen.

Die Bedeutung des Gottesnamens bei den Kirchenvätern[Bearbeiten]

In der Instruktion Liturgiam authenticam, auf das wir gleich noch mal zurückkommen werden, wird zudem der Übersetzer der Heiligen Schrift darauf verwiesen, so zu übersetzen, dass in der Übersetzung das Verständnis der Kirchenväter von eben dieser übersetzten Stelle bewahrt wird.
Auch die Kirchenväter sahen als zentrale Stelle für die Selbstoffenbarung zumeist Ex 3 an. Ratzinger / Benedikt XVI referiert die verbreitetste Lesart:

„Was heißt es, dass hier der Gedanke des Seins als Deutung Gottes ins Spiel gebracht wird? Für die von der griechischen Philosophie herkommenden Kirchenväter erschien das als eine unerwartete und kühne Bestätigung ihrer eigenen denkerischen Vergangenheit, denn die griechische Philosophie sah es als ihre eintscheidende Entdeckung an, dass sei hinter all den vielen Einzeldingen, mit denen der Mensch täglich zu tun erhält, die umfassende Idee des Seins entdeckt hatte, die sie zugleich als den angemessensten Ausdruck des Göttlichen betrachtete. Genau dasselbe schien nun aber auch die Bibel in ihrem zentralen Text über das Gottesbild zu sagen.“b

JHWH als der, von dem gilt „ehyeh asher ehyeh“ wurde von diesen also verstanden als das „schlechthin Seiende“.c Gegen diese „Ver-philosophisierung“ des persönlichen Gottes der Juden und Christen wurde daraufhin massivst angeschrieben:

„So hat Emil Brunner mit aller Entschiedenheit gesagt, dass das Gleichheitszeichen zwischen dem Gott des Glaubens udn dem Gott der Philosophen, das hier gezogen wurde, die Verkehrung des biblischen Gottesgedankens in sein Gegenteil bedeute. An die Stelle des Namens werde hier der Begriff gesetzt, an die Stelle des Nicht-zu-Definierenden trete eine Definition. Damit steht aber an dieser einen Stelle die ganze patristische Exegese, der Gottesglaube der Alten Kirche, das Gottesbekenntnis und das Gottesbild des Symbolums zur Diskussion.“d

Ratzingers „Brückenschlag“[Bearbeiten]

Ratzinger selbst gelingt in seiner eigenen Kommentierung der betreffenden Textstelle ein Brückenschlag sowohl zwischen KKK und obiger Beispielexegese als auch zwischen dem Philosophengott der Kirchenväter und dem persönlichen Gott der Bibel: JHWH mag sich in seiner Namensgabe dem menschlichen Verständis entziehen - „Ich bin eben, der ich bin“; gleichwohl ist diese Selbstbezeichnung zweifellos eine Namensgabe, in der Gott sich seinem Volk verfügbar und nennbar macht - „Der Ich-bin hat mich zu euch gesandt.“ Und: JHWH mag bedeuten „Ich bin, der ich bin“ und damit eine überzeitlich und unveränderlich existierende Wesenheit bezeichnen, aber gleichzeitig verdichtet JHWH sich selbst in der betreffenden Selbstoffenbarung als „mit-seiender“, persönlicher Gott, der sich immer schon den Menschen nahe macht. Gott als der schlechthin Seiende, der die menschliche Verständnisfähigkeit radikal übersteigt, macht sich hier dennoch als persönlicher Gott den Menschen verfügbar; Gott, dessen Wesen unsere Fassungskraft übersteigt muss deshalb die Kundgabe seines Wesens verweigern und macht sich dennoch durch Kundgabe seines Namens anrufbar:e

„Wenn Gott sich nach dem Selbstverständnis des Glaubens benennt, drückt er nicht so sehr sein inneres Wesen aus, sondern er macht sich nennbar, er gibt sich den Menschen so preis, dass er für sie rufbar wird. Und indem er dies tut, tritt er in die Mitexistenz mit ihnen ein, wird für sie erreichbar, ist für sie da.“f

Die Übersetzungsempfehlung der Römisch-Katholischen Kirche[Bearbeiten]

Zwei Dokumente sind relevant für die Position der Römisch-Katholischen Kirche in der Frage nach der Übersetzung des Gottesnamens: Die Instruktion Liturgiam authenticam und der Brief der Bischofskonferenz über den Namen Gottes, Prot. N. 213/08/L.g

Der entscheidende Abschnitt der Instruktion ist Abschnitt 41:

41. Man soll sich darum bemühen, dass die Übersetzungen demjenigen Verständnis biblischer Schriftstellen angeglichen werden, welches durch den liturgischen Gebrauch und durch die Tradition der Kirchenväter überliefert ist, besonders wenn es sich um Texte von großer Bedeutung handelt, wie die Psalmen und die Lesungen zu besonderen Feiern des Kirchenjahres. In diesen Fällen muss man äußerst gewissenhaft dafür sorgen, dass die Übersetzung den überlieferten christologischen, typologischen oder geistlichen Sinn wiedergibt sowie die Einheit und den Zusammenhang zwischen den beiden Testamenten verdeutlicht.(34) Deshalb gilt:
a) Um einen Text am besten so wiederzugeben, wie er in der lateinischen liturgischen Tradition gelesen und rezipiert wurde, ist es, wenn man zwischen verschiedenen Textvarianten wählen muss, empfehlenswert, sich an die Nova Vulgata zu halten.
b) Um dieses Ziel zu erreichen, soll man sich auch auf die ältesten Bibelübersetzungen beziehen, wie die gewöhnlich Septuaginta genannte griechische Übersetzung des Alten Testaments, die die Christen schon seit den ältesten Zeiten der Kirche verwendet haben.(35)
c) Nach der seit unvordenklicher Zeit überlieferten Tradition, die ja schon in der genannten Septuaginta-Übersetzung sichtbar ist, soll der Name des allmächtigen Gottes - hebräisch das heilige Tetragramm, lateinisch Dominus - in jeder Volkssprache durch ein Wort derselben Bedeutung wiedergegeben werden.

Deshalb soll man die Übersetzer eindringlich mahnen, die Auslegungsgeschichte aufmerksam zu erforschen, die man aus den in den Werken der Kirchenväter angeführten Schriftstellen schöpfen kann, aber auch aus den biblischen Bildern, welche in der christlichen Kunst und Hymnendichtung häufiger verwendet werden.

Zu (a): In der Nova Vulgata lautet Ex 3,14-15 wie folgt:

„Dixit Deus ad Moysen: „Ego sum qui sum“. Ait: „Sic dices filiis Issrael: Qui sum misit me ad ad vos“. Dixitque iterum Deus ad Moysen: „Haec dices filiis Israel: Dominus, Deus patrum vestorum, Deus Abraham, Deus Isaac et Deus Jacob, misit me ad vos; hoc nomen mihi est in aternum, et hoc memoriale meum in generationem et generationem.“

Die Textvariante der Nova Vulgata ist also „Dominus“.


Zu (c):Das stimmt auch überein mit dem zweiten Dokument, dem Brief der Bischofskonferenz. Dieser nämlich ist Reaktion auf den Bestand, dass trotz der „klaren Norm“ des Supplements unter (41c) die Praxis sich immer mehr verbreitete, den Gottesnamen desungeachtet auszusprechen / -schreiben.
An sich ist der betreffende Abschnitt durchaus nicht derart klar, wie die Bischofskonferenz das hier darstellt, die „Wiedergabe des Namens des allmächtigen Gottes durch ein Wort derselben Bedeutung“ rechtfertigte durchaus den Rückgriff auf „Jahwe“ oder andere Varianten, und auch die Formulierung „hebräisch das heilige Tetragramm, lateinisch Dominus“ lässt durchaus offen, ob Übersetzungsrichtschnur nun das Tetragramm oder das „dominus“ der Vulgata sein soll. Der Brief der Bischofskonferenz stellt das nun klar: Schon seit frühester Zeit sei die Aussprache / Ausschreibung des Tetragramms von Juden und Christen vermieden worden; das Ausweichen auf eine Ersatzlesung sei also Tradition.

„Avoiding pronouncing the tetragrammaton of the name of God on the part of the Church has therefore its own grounds. Apart from a motive of a prely philological order, there is also that of remaining faithful to the Church´s tradition, from the beginning, that the sacred tetragrammaton was never pronounced in the Christian context nor translated into any of the language into which the Bible was translated.“

Aus diesem Grund gibt die Bischofskonferenz abschließend drei Direktiven:

1) In liturgical celebrations, in songs and prayers the name of God in the form of the tetragrammaton YHWH is neither to be used or pronounced.
2) For the translation of the Biblical text in modern languages, destined for the liturgical usage of the Church, what is already prescribed by n. 41 of the Instruction Liturgiam authenticam is to be followed; taht is, the divine tetragrammaton is to rendered by the equivalent of Adonai/Kyrios. „Lord“, „Signore“, „Seigneur“, „Herr“, „Senor“, etc.
3) In translating in the liturgical context, texts in whicha are present, one after the other, either the Hebrew term Adonai or the tetragrammaton YHWH, Adonai is to be translated „Lord“ and the form „God“ is to be used for the tetragrammaton YHWH, similar to what happens in the Greek translation of the Septuagint and in the Latin translation of the Vulgate.“

Literaturliste[Bearbeiten]

Siehe die Seite JHWH

Fußnoten[Bearbeiten]

aDie deutsche Fassung des KKK ändert hier gelegentlich die Wortstellung und verändert so auch die Emphase, die durch die Wortstellung im in dieser Hinsicht flexibleren lateinischen Original gelegt wird. Wir haben daher an den Stellen, an denen es uns wichtig erschien, die ursprüngliche Wortstellung beibehalten. Zum lateinischen Text vgl. hier, zum deutschen vgl. hier. (Zurück zum Text: a)
bRatzinger 2000, S. 108. (Zurück zum Text: b)
cvgl. z.B. Augustinus: De civ. Dei, bes. hier; auch hier und hier;
weiterhin Thomas von Aquin: ScG I 22,9 f.: „Ein jedes Ding ist dadurch, daß es Sein hat. Also ist kein Ding, dessen Wesen nicht sein Sein ist, durch sein Wesen, vielmehr ist es durch Teilhabe an etwas, nämlich dem Sein. Was aber durch Teilhabe an etwas ist, kann nicht das erste Seiende sein, da ja das, woran etwas teilhat, damit es sei, früher ist als dieses. Gott aber ist das erste Seiende, und nichts ist früher als er. Also ist das Wesen Gottes sein Sein. Diese erhabene Wahrheit aber hat der Herr den Moses gelehrt. Denn als dieser den Herrn fragte: „Wenn die Kinder Israels zu mir sagen werden: 'Wie ist sein Name?' Was soll ich ihnen sagen?“, da antwortete der Herr: „Ich bin, der ich bin. So sollst du den Kindern Israels sagen: 'Der da ist, der hat mich zu euch gesandt'“ (Ex 3, 13 f.). Damit zeigte er, daß sein eigentlicher Name sei: 'der da ist'. Jeder Name aber ist dazu bestimmt, die Natur oder das Wesen eines Dinges zu bezeichnen. Daraus ergibt sich, daß das Sein Gottes sein Wesen oder seine Natur ist.“ (Übersetzung nach Thomas von Aquin 3 2009, S.97) (Zurück zum Text: c)
dRatzinger 2000, S. 110. (Zurück zum Text: d)
evgl. Ratzinger 2000, S. 106-125. (Zurück zum Text: e)
fRatzinger 2000, S. 123. (Zurück zum Text: f)
gvgl. auch den Blogeintrag Claude Mariottinis, der hier die wichtigsten Thesen zusammenfasst. (Zurück zum Text: g)