Kommentar:Markus 14: Unterschied zwischen den Versionen

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{{S|10}} '''Und Judas Iskariot, einer '''(der eine)<ref>''einer (der eine)'' - W. „der eine“, ''ho heis'' hier wie im Gr. der Papyri und im Hellenistischen Gr. i.S.v. „einer“ (France 2002, S. 556; GAGNT; Lagrange 1929, S. 370; NSS; vgl. BDR §247(2)).</ref>''' der Zwölf, ging zu den Hohepriestern, um ihn an sie auszuliefern.
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{{S|10}} '''Und Judas Iskariot, einer '''(der eine)<ref>''einer (der eine)'' - W. „der eine“, ''ho heis'' hier wie im Gr. der Papyri und im Hellenistischen Gr. i.S.v. „einer“ (France 2002, S. 556; GAGNT; Lagrange 1929, S. 370; NSS; vgl. BDR §247(2)).</ref>''' der Zwölf, ging zu den Hohepriestern, um ihn an sie auszuliefern.''' {{S|11}} '''Und sie freuten sich, als sie das hörten, und versprachen, ihm Geld zu geben. Und er suchte einen Weg, wie er ihn zur rechten Zeit ausliefern könnte.'''
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==Anmerkungen zum Text==
 
==Anmerkungen zum Text==

Version vom 19. Juni 2015, 18:51 Uhr

Übersetzung[Bearbeiten]

1 Es war (würde sein)a {aber}b das Passah und [das Fest der] ungesäuerten Brote nach zwei Tagen. Und es suchtenc die Hohepriester und die Schriftgelehrten [einen Weg], wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten, 2 denn sie sagten sichc: „Nicht während des Festes, sonst wird es einen Aufruhr der Volksgemeinde geben.“


3 Und als er in Bethanien im Haus Simons des Leprakranken war – als er [bei Tisch] lag –d kam eine Frau, die ein Alabastergefäß voll kostbarem, reinem Nardenparfums [bei sich] hatte. Nachdem sie das Alabastergefäß zerbrochen hatte, goss sie [das Öl] herab auf seinen Kopf. 4 Einige aber waren {untereinander} unwillige [und sagten] zueinander (waren [sehr] unwillig)f: „Für was ist diese Verschwendung des Parfums geschehen? 5 Man hätte nämlich dieses Parfum für mehr als 300 Denare (teurer als für 300 Denare) verkaufen und [den Erlös] den Armen geben können.“ Und sie fuhren sie an.
6 Jesus aber sprach: „Lasst sie! Was macht ihr ihr Beschwerden? Sie hat ein gutes Werk an mirg getan - 7 und die Armen habt ihr immer bei euchh, und wann immer (falls) ihr wollt, könnt ihr ihnen (immer) wohltun (Gutes tun). Mich aber habt ihr nicht immer. 8 Was sie [tun] konnte, hat sie getan: Sie hat es vorweggenommen, meinen Leib für das Begräbnis einzubalsamieren. 9 Amen, ich sage euch, wo auch immer dieses Evangelium auf der ganzen Welt (in die ganze Welt)i verkündet wird, wird auch von dem, was diese getan hat, gesprochen werden - zur Erinnerung an sie.“


10 Und Judas Iskariot, einer (der eine)j der Zwölf, ging zu den Hohepriestern, um ihn an sie auszuliefern. 11 Und sie freuten sich, als sie das hörten, und versprachen, ihm Geld zu geben. Und er suchte einen Weg, wie er ihn zur rechten Zeit ausliefern könnte.


12 Und am ersten Tag [des Festes] der ungesäuerten [Brote], als sie das Passah[lamm] opferten, fragten (fragen)k ihn seine Jünger: „Wo willst du, [dass] wir fortgehend vorbereitenl, damit du das Passah essen [kannst]?“

Anmerkungen zum Text[Bearbeiten]

awar (würde sein) - Imperfekt zur Bezeichnung von erwarteten Geschehnissen (vgl. z.B. BDR §323; Gildersleve §213; Kleist 1937, S. 226); übersetze: „würde sein“. (Zurück zu v.1)
baber (δέ) dient hier nur zur Einleitung des neuen Abschnitts (vgl. z.B. Muraoka, S. 140; Thrall 1962, S. 59; ad loc. Gnilka 1979, S. 219); im Dt. ist es auszusparen. (Zurück zu v.1)
csuchten + sagten sich stehen im Imperfekt. Dieser ist hier wohl nicht als durativ aufzufassen (so z.B. Cranfield 1959, S. 414; Gnilka 1979, S. 220; vgl. z.B. KAM: „suchten schon lange nach einer günstigen Gelegenheit“; Schumacher: „suchten [fortwährend einen Weg]“): Das denn in V. 2 zeigt, dass sie deshalb am Überlegen sind, weil das Passah bevorsteht; der Anlass ihres aktuellen „Suchens“ ist also erst gerade relevant geworden. Vermutlich soll daher das Imperfekt stattdessen als ingressives Imperfekt unterstreichen, dass sie zu noch keiner Lösung gekommen sind, und dass ihnen deshalb das Angebot Judas' in Vv. 11f gut zupass kommt. (Zurück zu v.1 / zu v.2)
dAls er ... war + als er lag - Doppelter Gen. abs. mit doppelt ausgedrücktem Subjekt; „in der griechischen Syntax eine Unmöglichkeit“ (Lohmeyer 1967, S. 292). Die zweite Zeitangabe ist wohl von Mk hinzugefügt worden (vgl. nämlich Mt 26,6); zum Grund s. die Anmerkungen. (Zurück zu v.3)
ewaren ... unwillig - Nicht: „Es waren einige, die unwillig waren“: periphrastisches Imperfekt, vgl. z.B. GAGNT; NSS; Lücking 1993, S. 55. (Zurück zu v.4)
fwaren {untereinander} unwillig [und sagten] zueinander (waren [sehr] unwillig) - W. „waren untereinander unwillig“. Entweder ist dies untereinander mit Black 1967, S. 102f und Cranfield 1959, S. 416 als Semitismus zu erklären, mit dem die Handlung eines Subjekts noch stärker betont werden soll („Einige waren [sehr] unwillig untereinander“), oder aber mit NSS so, dass ein Verbum dicendi ausgefallen und untereinander Präposition zu diesem ausgefallenen Verbum dicendi ist („Einige waren unwillig [und sagten] zueinandner“). Weil im Dt. ohnehin ein Verbum dicendi ergänzt werden muss, wurde für die SF die zweite Deutung gewählt. (Zurück zu v.4)
gan mir - W. „in mich“; Semitismus (vgl. z.B. Marcus 2008, S. 396). (Zurück zu v.6)
hbei euch - W. „bei sich“; 3. Pers. Reflexivpronomen für 2. Pers.; vgl. GAGNT; Zerwick §209. (Zurück zu v.7)
iauf der ganzen Welt - W. „in die ganze Welt“, eis („in ... hinein“) wird hier - wie oft bei Mk - wie en („in“) verwendet (vgl. z.B. GAGNT; NSS). (Zurück zu v.9)
jeiner (der eine) - W. „der eine“, ho heis hier wie im Gr. der Papyri und im Hellenistischen Gr. i.S.v. „einer“ (France 2002, S. 556; GAGNT; Lagrange 1929, S. 370; NSS; vgl. BDR §247(2)). (Zurück zu v.10)
kfragten (fragen) - hist. Präsens, wie stets als Vergangenheit zu übersetzen. (Zurück zu v.12)
lfortgehend vorbereiten - Ein sog. „grafisches Partizip“, mit dem das „Fortgehen“ als im folgenden Verb „Vorbereiten“ eigentlich schon implizierte Handlung expliziert wird (vgl. Zerwick §363). Semitismus, der am sinngemäßesten durch Aussparung des Partizips übersetzt wird (vgl. ebd. §364). (Zurück zu v.12)

Exkurse[Bearbeiten]

Exkurs zur Zeitrechnung[Bearbeiten]

Die Zeitrechnung der Passionserzählung wird heftig diskutiert, weil Johannes und die Synoptiker unterschiedliche Angaben zu machen scheinen.

Zunächst grundsätzlich: Der jüdische Kalender ist nicht wie der uns bekannte ein Sonnen-, sondern ein Mondkalender; d.h. er ist an den Mondphasen ausgerichtet und ein Monat beginnt mit dem ersten Sichtbarwerden der Mondsichel nach Neumond. Ein Jahr dauert deshalb im Schnitt 354 Tage, und um dies auszugleichen, gab es schon zur Zeit Jesu (unregelmäßig!) Schaltjahre mit 13 statt 12 Monaten. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, genau zu bestimmen, welchem Tag unserer Zeitrechnung ein Tag jüdischer Zeitrechnung vor 2000 Jahren entsprochen hätte.
Wichtig ist außerdem, dass nach jüdischer Zeitrechnung der nächste Tag mit Sonnenuntergang beginnt. Die für uns relevanten „Tage“ sind daher:

  • Montag Abend bis Dienstag Abend: 12. Nisan
  • Dienstag Abend bis Mittwoch Abend: 13. Nisan
  • Mittwoch Abend bis Donnerstag Abend: 14. Nisan („Rüsttag“)
  • Donnerstag Abend bis Freitag Abend: 15. Nisan (Abends + Nachts: „Passah“; darauf: „Fest der ungesäuerten Brote“)

Nicht nur der unterschiedliche Kalender macht die Zeitrechnung schwierig, sondern auch die Zeitangaben, die die Texte machen:
Die Unsicherheit beginnt bereits mit Mk 14,1: Es würde sein das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote nach zwei Tagen. Die verbreitetste Zeitrechnung ist diese: Am Nachmittag des 14. Nisan - dem sog. „Rüsttag“ - pilgerten die Juden zum Tempel in Jerusalem, um dort ein Lamm zu schlachten. Dieses Lamm würde dann am Abend und der kommenden Nacht - die beide nach jüdischer Zeitrechnung komplett zum 15. Nisan gerechnet wurden - im Rahmen des „Passah-“ oder „Seder-Mahls“ verspeist werden. An dieses Passahfest schloss sich direkt das Fest der ungesäuerten Brote an, das vom 15. bis zum 21. Nisan dauern würde. Nach dieser Zeitrechnung meint „das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote“ also vermutlich den Abend und die Nacht, die auf den 14. Nisan folgten.
Aus zwei Gründen ist aber der Vers schwierig:

  1. Gelegentlich wurde schon der Rüsttag - also der 14. Nisan - als der erste Tag des Fests der ungesäuerten Brote gerechnet (vgl. z.B. Cranfield 1959, S. 414; France 2002, S. 563f); „das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote“ könnte also sowohl den 14. als auch der 15. Nisan meinen.
  2. Der Ausdruck „nach zwei Tagen“ kann entweder den nächsten Tag („nach diesem und dem folgenden Tag“; so z.B. Gnilka 1979, S. 219f) oder den übernächsten Tag („nach dem folgenden Tag und dem Tag darauf“; so z.B. Evans 2001, S. 353f) bezeichnen.

„Es würde sein das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote nach zwei Tagen“ könnte also die Zeitspanne von Montag Abend bis Mittwoch Abend bezeichnen.

Diese Datierungsschwierigkeit ist aber noch verhältnismäßig unproblematisch; die zentrale Schwierigkeit beginnt mit V. 12: