Kommentar:Markus 14

Aus Die Offene Bibel

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Übersetzung[Bearbeiten]

1 Es war (würde sein)a {aber}b das Passah und [das Fest der] ungesäuerten Brote nach zwei Tagen. Und es suchtenc die Hohepriester und die Schriftgelehrten [einen Weg], wie sie ihn mit List ergreifen und töten könnten, 2 denn sie sagten sichc: „Nicht während des Festes, sonst wird es einen Aufruhr der Volksgemeinde geben.“

3 Und als er in Bethanien im Haus Simons des Leprakranken war – als er [bei Tisch] lag –d kam eine Frau, die ein Alabastergefäß voll kostbarem, reinem Nardenparfums [bei sich] hatte. Nachdem sie das Alabastergefäß zerbrochen hatte, goss sie [das Öl] herab auf seinen Kopf.

Anmerkungen zum Text[Bearbeiten]

awar (würde sein) - Imperfekt zur Bezeichnung von erwarteten Geschehnissen (vgl. z.B. BDR §323; Gildersleve §213; Kleist 1937, S. 226); übersetze: „würde sein“. (Zurück zu v.1)
baber (δέ) dient hier nur zur Einleitung des neuen Abschnitts (vgl. z.B. Muraoka, S. 140; Thrall 1962, S. 59; ad loc. Gnilka 1979, S. 219); im Dt. ist es auszusparen. (Zurück zu v.1)
csuchten + sagten sich stehen im Imperfekt. Dieser ist hier wohl nicht als durativ aufzufassen (so z.B. Cranfield 1959, S. 414; Gnilka 1979, S. 220; vgl. z.B. Schumacher: „suchten [fortwährend einen Weg], ihn mit List zu ergreifen und zu töten“): Das denn in V. 2 zeigt, dass sie deshalb am Überlegen sind, weil das Passah bevorsteht; der Anlass ihres aktuellen „Suchens“ ist also erst gerade relevant geworden (Pesch 1977, S. 320: „Nachdem die Furcht vor der Volksmenge [...] die Hohenpreister [sic] und Schriftgelehrten vor einer Verhaftung Jesu [...] zurückschrecken ließ, planen sie nun [...], Jesus mit List [...] außerhalb der Festmenge ergreifen zu lassen,um ihn zu Tode bringen zu können [...]“). Vermutlich soll das Imperfekt stattdessen als ingressives Imperfekt unterstreichen, dass sie zu noch keiner Lösung gekommen sind, und dass ihnen deshalb das Angebot Judas' in Vv. 11f gut zupass kommt. (Zurück zu v.1 / zu v.2)
dAls er ... war + als er lag - Doppelter Gen. abs. mit doppelt ausgedrücktem Subjekt; „in der griechischen Syntax eine Unmöglichkeit“ (Lohmeyer 1967, S. 292). Die zweite Zeitangabe ist wohl von Mk hinzugefügt worden (vgl. nämlich Mt 26,6), um den Luxus (der in Vv. 3-7 Thema sein wird und wohl auch durch das Detail des Flaschen-zerbrechens unterstrichen werden soll, das sich ebenfalls nur bei Mk findet) schon des Mahls an sich zu unterstreichen: Jesus liegt bei Tisch, hat sich also zur Feier in einen recht wohlhabenden Haushalt begeben (vgl. FN f). (Zurück zu v.3)

Exkurse[Bearbeiten]

Exkurs zur Zeitrechnung[Bearbeiten]

Die Zeitrechnung der Passionserzählung wird heftig diskutiert, weil Johannes und die Synoptiker unterschiedliche Angaben zu machen scheinen.

Zunächst grundsätzlich: Der jüdische Kalender ist nicht wie der uns bekannte ein Sonnen-, sondern ein Mondkalender; d.h. er ist an den Mondphasen ausgerichtet und ein Monat beginnt mit dem ersten Sichtbarwerden der Mondsichel nach Neumond. Ein Jahr dauert deshalb im Schnitt 354 Tage, und um dies auszugleichen, gab es schon zur Zeit Jesu (unregelmäßig!) Schaltjahre mit 13 statt 12 Monaten. Aus diesem Grund ist es nicht möglich, genau zu bestimmen, welchem Tag unserer Zeitrechnung ein Tag jüdischer Zeitrechnung vor 2000 Jahren entsprochen hätte.
Wichtig ist außerdem, dass nach jüdischer Zeitrechnung der nächste Tag mit Sonnenuntergang beginnt. Die für uns relevanten „Tage“ sind daher:

  • Montag Abend bis Dienstag Abend: 12. Nisan
  • Dienstag Abend bis Mittwoch Abend: 13. Nisan
  • Mittwoch Abend bis Donnerstag Abend: 14. Nisan („Rüsttag“)
  • Donnerstag Abend bis Freitag Abend: 15. Nisan (Abends + Nachts: „Passah“; darauf: „Fest der ungesäuerten Brote“)

Nicht nur der unterschiedliche Kalender macht die Zeitrechnung schwierig, sondern auch die Zeitangaben, die die Texte machen:
Die Unsicherheit beginnt bereits mit Mk 14,1: Es würde sein das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote nach zwei Tagen. Die verbreitetste Zeitrechnung ist diese: Am Nachmittag des 14. Nisan - dem sog. „Rüsttag“ - pilgerten die Juden zum Tempel in Jerusalem, um dort ein Lamm zu schlachten. Dieses Lamm würde dann am Abend und der kommenden Nacht - die beide nach jüdischer Zeitrechnung komplett zum 15. Nisan gerechnet wurden - im Rahmen des „Passah-“ oder „Seder-Mahls“ verspeist werden. An dieses Passahfest schloss sich direkt das Fest der ungesäuerten Brote an, das vom 15. bis zum 21. Nisan dauern würde. Nach dieser Zeitrechnung meint „das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote“ also vermutlich den Abend und die Nacht, die auf den 14. Nisan folgten.
Aus zwei Gründen ist aber der Vers schwierig:

  1. Gelegentlich wurde schon der Rüsttag - also der 14. Nisan - als der erste Tag des Fests der ungesäuerten Brote gerechnet (vgl. z.B. Cranfield 1959, S. 414; France 2002, S. 563f); „das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote“ könnte also sowohl den 14. als auch der 15. Nisan meinen.
  2. Der Ausdruck „nach zwei Tagen“ kann entweder den nächsten Tag („nach diesem und dem folgenden Tag“; so z.B. Gnilka 1979, S. 219f) oder den übernächsten Tag („nach dem folgenden Tag und dem Tag darauf“; so z.B. Evans 2001, S. 353f) bezeichnen.

„Es würde sein das Passah und das Fest der ungesäuerten Brote nach zwei Tagen“ könnte also die Zeitspanne von Montag Abend bis Mittwoch Abend bezeichnen.

Diese Datierungsschwierigkeit ist aber noch verhältnismäßig unproblematisch; die zentrale Schwierigkeit beginnt mit V. 12: