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{{S|4}} Schau ([auf mich])!<ref>''Schau ([auf mich])'' ist entweder eine sog. „phatische Äußerung“ - d.h. eine Äußerung, die die Aufmerksamkeit des Hörers auf den Sprecher lenken soll (vergleichbar etwa einem gehobenerem Deutschen „Hey!,...“, „Hör mal:...“; vgl. dazu z.B. Jenni 2005, S. 242), oder man muss ein „auf mich“ aus dem folgenden „antworte ''mir''“ ergänzen (-> Brachylogie; so auch AOAT; Barnes 1869; Buttenwieser 1938; Christensen 2005.13; Dahood 1965; Dolson-Andrew 1994; FENZ; Fokkelman 2001, S. 92; Limburg 2000; NW; Terrien 2003; Zenger 1987). Beide Analysen sind hier gleichermaßen möglich; weil aber rückwirkende Brachylogien (d.h. unvollständige Konstruktionen, die man nicht aus einer vorangegangenen Konstruktion „vervollständigen“ muss, sondern aus einer ''erst noch folgenden'' Konstruktion - wie hier dem folgenden „antworte ''mir''“) auch im Hebräischen eher selten sind, sollte man sich vielleicht doch eher für Analyse (1) entscheiden.</ref>, antworte mir, JHWH,<ref>Die Strukturierung der Vv. 4f ist in der Exegese umstritten. Nach der masoretischen Akzentuierung (so daher auch die meisten Üss. und Exegeten) müsste man strukturieren: | {{S|4}} Schau ([auf mich])!<ref>''Schau ([auf mich])'' ist entweder eine sog. „phatische Äußerung“ - d.h. eine Äußerung, die die Aufmerksamkeit des Hörers auf den Sprecher lenken soll (vergleichbar etwa einem gehobenerem Deutschen „Hey!,...“, „Hör mal:...“; vgl. dazu z.B. Jenni 2005, S. 242), oder man muss ein „auf mich“ aus dem folgenden „antworte ''mir''“ ergänzen (-> Brachylogie; so auch AOAT; Barnes 1869; Buttenwieser 1938; Christensen 2005.13; Dahood 1965; Dolson-Andrew 1994; FENZ; Fokkelman 2001, S. 92; Limburg 2000; NW; Terrien 2003; Zenger 1987). Beide Analysen sind hier gleichermaßen möglich; weil aber rückwirkende Brachylogien (d.h. unvollständige Konstruktionen, die man nicht aus einer vorangegangenen Konstruktion „vervollständigen“ muss, sondern aus einer ''erst noch folgenden'' Konstruktion - wie hier dem folgenden „antworte ''mir''“) auch im Hebräischen eher selten sind, sollte man sich vielleicht doch eher für Analyse (1) entscheiden.</ref>, antworte mir, JHWH,<ref>Die Strukturierung der Vv. 4f ist in der Exegese umstritten. Nach der masoretischen Akzentuierung (so daher auch die meisten Üss. und Exegeten) müsste man strukturieren: | ||
: „''Schau!, antworte mir, JHWH, mein Gott!''<br /> | : „''Schau!, antworte mir, JHWH, mein Gott!''<br /> | ||
− | :: ''Lass meine Augen leuchten, damit ich nicht | + | :: ''Lass meine Augen leuchten, damit ich nicht den Schlaf des Todes schlafe!''<br /> |
: ''Damit nicht mein Feind sagt: ‚Ich habe ihn übermocht‘''; | : ''Damit nicht mein Feind sagt: ‚Ich habe ihn übermocht‘''; | ||
:: ''[damit nicht] meine Widersacher jubeln, dass ich wanke.'' | :: ''[damit nicht] meine Widersacher jubeln, dass ich wanke.'' | ||
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: ''Doch ich vertraue auf deine Huld...''“ | : ''Doch ich vertraue auf deine Huld...''“ | ||
− | Fokkelman 2000, S. 87; Fokkelman 2001, S. 92; Weber 2005, S. 121 und Zenger 1987 haben dagegen gut vorgeschlagen, „Mein Gott“ in den nächsten Sticho zu ziehen und „damit ich nicht | + | Fokkelman 2000, S. 87; Fokkelman 2001, S. 92; Weber 2005, S. 121 und Zenger 1987 haben dagegen gut vorgeschlagen, „Mein Gott“ in den nächsten Sticho zu ziehen und „damit ich nicht den Schaf des Todes schlafe“ einen weiteren eigenen Sticho sein zu lassen. Auf diese Weise wäre 4a.b chiastisch gebaut ([Bitte]+[Gottesbezeichnung] / [Gottesbezeichnung]+[Bitte]) und die beiden „damit nicht“-Stichen wären parallel. Kissane 1953, S. 53; Steck 1980, S. 62; Zenger 1987, S. 73f und Zorell 1928, S. 17 ziehen außerdem 5b zu V. 6, was erklären würde, warum V. 6 mit einem adversativen ''Waw'' eingeleitet wird und von der Notwendigkeit entbinden würde, in „meine Widersacher jubeln, dass ich wanke“ ein „damit nicht“ zu ergänzen, um den Sticho mit den beiden vorangehenden zu parallelisieren. Beide Vorschläge sind sehr sinnvoll; (2) + (3) ergeben kombiniert die obige Strukturierung.</ref> |
==Anmerkungen zum Text== | ==Anmerkungen zum Text== |
Version vom 14. Oktober 2014, 23:03 Uhr
Übersetzung[Bearbeiten]
1 Für den den Chorleiter (Dirigenten, Singenden, Musizierenden).
Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David.
2 Bis wann (wie lange),
JHWH, wirst du mich [so] gänzlich (für immer, fortwährend)
〈a〉
vergessen?
- Bis wann (Wie lange) wirst (willst) du dein Gesicht vor mir verbergen?
3 Bis wann (Wie lange) muss (werde) ich Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?)
〈b〉
in meine Seele legen,
- Wobei ([Bis wann (wie lange)] [wird sein/muss ich legen])〈c〉 Kummer in meinem Herzen [ist] [sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]? {am Tag}?)〈d〉?
- Bis wann (Wie lange) wird (darf) mein Feind (meine Feinde) mir überlegen sein (über mich erhoben sein, über mich erhaben sein, über mich triumphieren)?
4 Schau ([auf mich])!〈e〉, antworte mir, JHWH,〈f〉
Anmerkungen zum Text[Bearbeiten]
a | [so] gänzlich (für immer, fortwährend) - נֶצַח hat meist die Bedeutung „für immer“ (vgl. z.B. Ges18, S. 839); hier - wie auch Ps 74,10; 79,5; 89,47 - würde diese Deutung aufgrund des Gegensatzes von „wie lange“ und „für immer“ jedoch zu Nonsens führen: „Wie lange willst du mich für immer vergessen?“. Als Lösungen dieser Schwierigkeit wurde vorgeschlagen (unsere Lösung: Lösung (5)),
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b | Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?) - Die meisten Exegeten gehen davon aus, dass die „Pläne“ hier keinen Sinn machen. Wohl unnötigerweise; den meisten alten Exegeten war der Satz ganz unproblematisch: „Wie lange muss ich Pläne machen, wobei Kummer in meinem Herzen ist“ fragt danach, wie lange der Psalmist noch gezwungen sein wird, Auswege aus der leidvollen Situation zu suchen, die in 3c durch „Wie lange wird sich mein Feind gegen mich erheben“ umschrieben wird (vgl. Alexander 1850, S. 98; Baethgen 1892, S. 34; Barnes 1869, S. 110; Olshausen 1853, S. 75). Diese traditionelle Erklärung ist sicher vorzuziehen, denn die alternativen Vorschläge sind sämtlich problematisch:
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c | Wobei Kummer in meinem Herzen ist (Wie lange wird sein/muss ich legen Kummer in meinem Herz) - Beide Auflösungen sind hier gleichermaßen möglich; die eingeklammerte erfordert allerdings die Ergänzung (->Brachylogie) von „Wird sein“ und „muss ich legen“ aus dem vorigen Sticho, was aber nicht problematisch ist. Dass dieser Sticho der einzige in Vv. 2f ist, in dem das einleitende „Bis wann“ fehlt, ist aber so auffällig, dass die primäre Übersetzung doch etwas wahrscheinlicher ist. (Zurück zu v.3) |
d | [sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]?, |
e | Schau ([auf mich]) ist entweder eine sog. „phatische Äußerung“ - d.h. eine Äußerung, die die Aufmerksamkeit des Hörers auf den Sprecher lenken soll (vergleichbar etwa einem gehobenerem Deutschen „Hey!,...“, „Hör mal:...“; vgl. dazu z.B. Jenni 2005, S. 242), oder man muss ein „auf mich“ aus dem folgenden „antworte mir“ ergänzen (-> Brachylogie; so auch AOAT; Barnes 1869; Buttenwieser 1938; Christensen 2005.13; Dahood 1965; Dolson-Andrew 1994; FENZ; Fokkelman 2001, S. 92; Limburg 2000; NW; Terrien 2003; Zenger 1987). Beide Analysen sind hier gleichermaßen möglich; weil aber rückwirkende Brachylogien (d.h. unvollständige Konstruktionen, die man nicht aus einer vorangegangenen Konstruktion „vervollständigen“ muss, sondern aus einer erst noch folgenden Konstruktion - wie hier dem folgenden „antworte mir“) auch im Hebräischen eher selten sind, sollte man sich vielleicht doch eher für Analyse (1) entscheiden. (Zurück zu v.4) |
f | Die Strukturierung der Vv. 4f ist in der Exegese umstritten. Nach der masoretischen Akzentuierung (so daher auch die meisten Üss. und Exegeten) müsste man strukturieren:
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