Kommentar:Richter 13: Unterschied zwischen den Versionen

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{{S|1}} {<s>Und</s>} '''Die Israeliten taten wieder, was in den Augen JHWHs böse war. '''<br />
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{{S|1}} '''Die Israeliten taten wieder, was in den Augen JHWHs böse war. '''<br />
 
'''Da lieferte sie JHWH den Philistern aus für 40 Jahre.'''
 
'''Da lieferte sie JHWH den Philistern aus für 40 Jahre.'''
  
{{S|2}} '''Es war ein Mann aus Zora aus dem Clan der Daniten. Sein Name war Manoach. Seine Frau war unfruchtbar, sie''' (unfruchtbar und sie)<ref>'''Textkritik''': Fast alle MSS wie in der Primärübersetzung; die Alternative in K70, K85, K182, K294, erg. TA17 = K384. Das ist ein schwaches Zeugnis und die Variante könnte sich erklären als Angleichung an [[Ijob 24#s21 |Ijob 24,21]]; [[Jesaja 54#s1 |Jes 54,1]]. Weit besser lässt sich aber umgekehrt die Mehrheitsvariante als Angleichung an V. 3 erklären, wo auch diese 5 MSS Konjunktion haben. Die Variante gewinnt zusätzliches Gewicht dadurch, dass K70 (auch nach HUB) singulär eine eigene Texttradition vertritt, K85 und wohl auch K294 sefardisch sind, K384 dagegen zur palästino-tiberischen Textfamilie gehört und K70 palästino-tiberisierend ist, dass die Variante sich also in mindestens drei unterschiedlichen MT-Traditionen findet.<br />Die Variante ist nicht ganz unwichtig; in der jüd. Auslegungstradition gibt es die Idee, mit den beiden Ausdrücken solle gesagt werden, Manoachs Frau sei erstens (wohl aufgrund ihres Alters) unfruchtbar ''geworden'' und mit dem zweiten Satz solle noch eigens ergänzt werden, sie hätte auch davor kein Kind bekommen (z.B. Malbim; Fishelis / Fishelis 1995). Steht Satz 2 in Apposition zu Satz 1, wird das noch einmal so unwahrscheinlich. Auch die Kolometrie von Kim 1993, S. 175, der beide Sätze in zwei Kolen verteilt, funktioniert dann nicht mehr, da ''lo` jaladah'' mit seinen vier Silben zu kurz für ein eigenes Kolon ist.</ref> '''hatte nicht geboren.'''
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{{S|2}} '''Es war ein Mann aus Zora aus dem Clan der Daniten. Sein Name war Manoach. Seine Frau war unfruchtbar, sie''' (unfruchtbar und sie)<ref>'''Textkritik''': Fast alle MSS wie in der Primärübersetzung; die Alternative in K70, K85, K182, K294, erg. TA17 = K384. Das ist ein schwaches Zeugnis und die Variante könnte sich erklären als Angleichung an [[Ijob 24#s21 |Ijob 24,21]]; [[Jesaja 54#s1 |Jes 54,1]]. Weit besser lässt sich aber umgekehrt die Mehrheitsvariante als Angleichung an V. 3 erklären, wo auch diese 5 MSS Konjunktion haben. Die Variante gewinnt zusätzliches Gewicht dadurch, dass K70 (auch nach HUB) singulär eine eigene Texttradition vertritt, K85 und wohl auch K294 sefardisch sind, K384 dagegen zur palästino-tiberischen Textfamilie gehört und K70 palästino-tiberisierend ist, dass die Variante sich also in mindestens drei unterschiedlichen MT-Traditionen findet.<br />Die Variante ist nicht ganz unwichtig; in der jüd. Auslegungstradition gibt es die Idee, mit den beiden Ausdrücken solle gesagt werden, Manoachs Frau sei erstens (wohl aufgrund ihres Alters) unfruchtbar ''geworden'' und mit dem zweiten Satz solle noch eigens ergänzt werden, sie hätte auch davor kein Kind bekommen (z.B. Malbim; Fishelis / Fishelis 1995). Steht Satz 2 in Apposition zu Satz 1, wird das noch einmal so unwahrscheinlich.</ref> '''hatte nicht geboren.'''
  
 
{{S|3}} '''Da erschien ein Bote JHWHs der Frau. Er sagte ihr: „Siehe doch: Du bist unfruchtbar und hast nicht geboren''' ({<s>und hast nicht geboren</s>})<ref>'''Textkritik''': Nur LXX<sup>B</sup> wie in der Alternative, alle anderen Vrs. wie MT. Moore und Burney hielten dies noch für ursprünglich, seither erklären m.W. alle die kürzere Variante entweder als Homoiteleuton (z.B. Kim 1993, S. 137; BHQ) oder so, dass der Übersetzer von LXX<sup>B</sup> diese Info vor V. 5 als „verfrüht“ gestrichen hätte (z.B. Schreiner 1957, S. 67; BHQ *89). Beide Erklärungen sind nicht sehr gut: Homoiteleuton kann es nicht sein, da in LXX<sup>B</sup> ja beide ''(w)jldt'' [„hast geboren“ / „wirst gebären“] übersetzt wurden. Und wie soll die Rede vom „empfangen“ verfrüht sein, die vom „gebären“ aber nicht? Das ginge allenfalls an, wenn in V. 5 das „du wirst empfangen“ präsentisch übersetzt würde, aber s. zur Üs. Dagegen lässt sich eine Ergänzung sehr leicht als Angleichung an V. 5 erklären, die die Phrase auch stilistisch besser zur der direkt vorangehenden Doppelverbphrase entsprechenden Doppelverbphrase erweitert. Das Zeugnis nur von LXX<sup>B</sup> ist so schwach, dass man sich ihm nicht guten Gewissens anschließen kann, aber es sei immerhin festgehalten, dass die Sache nicht so sicher ist, wie sie meist dargestellt wird.</ref> '''und wirst '''['''nun aber'''] '''schwanger werden und gebären einen Sohn!'''
 
{{S|3}} '''Da erschien ein Bote JHWHs der Frau. Er sagte ihr: „Siehe doch: Du bist unfruchtbar und hast nicht geboren''' ({<s>und hast nicht geboren</s>})<ref>'''Textkritik''': Nur LXX<sup>B</sup> wie in der Alternative, alle anderen Vrs. wie MT. Moore und Burney hielten dies noch für ursprünglich, seither erklären m.W. alle die kürzere Variante entweder als Homoiteleuton (z.B. Kim 1993, S. 137; BHQ) oder so, dass der Übersetzer von LXX<sup>B</sup> diese Info vor V. 5 als „verfrüht“ gestrichen hätte (z.B. Schreiner 1957, S. 67; BHQ *89). Beide Erklärungen sind nicht sehr gut: Homoiteleuton kann es nicht sein, da in LXX<sup>B</sup> ja beide ''(w)jldt'' [„hast geboren“ / „wirst gebären“] übersetzt wurden. Und wie soll die Rede vom „empfangen“ verfrüht sein, die vom „gebären“ aber nicht? Das ginge allenfalls an, wenn in V. 5 das „du wirst empfangen“ präsentisch übersetzt würde, aber s. zur Üs. Dagegen lässt sich eine Ergänzung sehr leicht als Angleichung an V. 5 erklären, die die Phrase auch stilistisch besser zur der direkt vorangehenden Doppelverbphrase entsprechenden Doppelverbphrase erweitert. Das Zeugnis nur von LXX<sup>B</sup> ist so schwach, dass man sich ihm nicht guten Gewissens anschließen kann, aber es sei immerhin festgehalten, dass die Sache nicht so sicher ist, wie sie meist dargestellt wird.</ref> '''und wirst '''['''nun aber'''] '''schwanger werden und gebären einen Sohn!'''
  
{{S|4}} '''So achte''' ([doch])<ref>'''Textkritik''' - gestützt von den meisten Textzeugen, nicht aber von LXX<sup>A, L, N</sup>, SyH und VL. Da sich am leichtesten die Plus-Variante als Angleichung von V. 4 an V. 3 erklären lässt, wird man am ehesten dies für ursprünglich halten.</ref> '''nun darauf, nicht zu trinken''' (hüte dich nun: trink nicht)<ref>'''Textkritik''': ''nicht zu trinken und zu essen (und iss nicht und trink nicht)'' - der Unterschied im heb. Text ist nur ein Buchstabe, die Konjunktion Waw („und“). Nicht bezeugt wird sie durch viele MSS, VL, Syr und VUL; Tg und überwiegend LXX dagegen stützen den MT. Leichter lässt sich aber eine Ergänzung von ''`al'' („nicht“) zu ''wa`al'' („und nicht“) als Angleichung an das gleich folgende ''wa`al'' erklären als ein Ausfall des Waw – denn „schwieriger“ (und daher wahrscheinlicher ursprünglich, so z.B. Butler 2009) ist MT jedenfalls nicht als die kürzere Variante.</ref> '''Wein oder Bier und nicht zu essen jegliches Unreine!
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{{S|4}} '''So achte''' ([doch])<ref>'''Textkritik''' - gestützt von den meisten Textzeugen, nicht aber von LXX<sup>A, L, N</sup>, SyH und VL. Da sich am leichtesten die Plus-Variante als Angleichung von V. 4 an V. 3 erklären lässt, wird man am ehesten dies für ursprünglich halten.</ref> '''nun darauf, nicht zu trinken''' (hüte dich nun: trink nicht)<ref>'''Textkritik''': ''nicht zu trinken und zu essen (und iss nicht und trink nicht)'' - der Unterschied im heb. Text ist nur ein Buchstabe, die Konjunktion Waw („und“). Nicht bezeugt wird sie durch viele MSS, VL, VUL und Syr; dagegen Tg und überwiegend LXX stützen den MT. Leichter lässt sich aber eine Ergänzung von ''`al'' („nicht“) zu ''wa`al'' („und nicht“) als Angleichung an das gleich folgende ''wa`al'' erklären als ein Ausfall des Waw – denn „schwieriger“ (und daher wahrscheinlicher ursprünglich, so z.B. Butler 2009) ist MT jedenfalls nicht als die kürzere Variante.</ref> '''Wein oder Bier und nicht zu essen jegliches Unreine!
  
{{S|5}} '''Denn siehe: Du wirst schwanger werden''' (bist schwanger) '''und wirst gebären''' (bist gebärend)<ref>'''tFN''': ''wirst schwanger werden (bist schwanger)'' - In V. 3 noch Weqatal, also eindeutig Futur. Hier dagegen Partizip. Wer glaubt, im Text verborgen sei die Botschaft, der ''Engel'' habe Manoachs Frau geschwängert (s. zur Üs. von V. 6), sieht sich hier bestätigt: Partizip kann auch für das Präsens stehen, wonach dann die Frau zwischen V. 3 und V. 5 ihren Sohn empfangen hätte. Aber Partizip ist tempuslos; das Tempus muss jeweils aus dem Kontext erschlossen werden und kann durchaus auch Futur sein. Verkomplizierend kommt hier noch dazu, dass auch ''du wirst gebären'' in V. 3 Weqatal ist. In Vv. 5.7 dagegen steht statt dem Weqatal ''w<sup>e</sup>jaladt'' die ungewöhnliche Form ''w<sup>e</sup>joladt'', was wie eine Mischung aus Weqatal und dem Partizip ''w<sup>e</sup>joladat'' aussieht. Die meisten Ausleger:innen halten dies in der Tat für eine sog. „Forma mixta“, die beide Optionen lassen will (vgl. bes. [https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/1118989 König, HKL I, S. 404-406]); GKC §80d, Meyer II, S. 78f. u.a. dagegen für ein ungewöhnlich gebildetes Partizip. Nach beiden Deutungen wäre auch dieses Wort also mindestens ''auch'' Partizip. Weil ''dieses'' Partizip sicher nicht heißen soll: „Du gebierst einen Sohn“, sondern klar futurisch zu deuten ist, ist die präsentische Deutung des Partizips „du bist/wirst sein schwanger“ ganz fernliegend.<br />Der Grund dafür aber, warum von V. 3 auf V. 5 vom Weqatal zum Partizip / Weqatal-Partizip gewechselt wird, ist bisher unerklärt.</ref> '''einen Sohn. Ein Schermesser darf nicht an sein Haupt kommen, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe vom Mutterleib an sein. Er ist's, der beginnen wird, Israel vor den Philistern zu retten.“'''
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{{S|5}} '''Denn siehe: Du wirst schwanger werden''' (bist schwanger) '''und wirst gebären''' (bist gebärend)<ref>'''tFN''': ''wirst schwanger werden (bist schwanger)'' - In V. 3 noch ein Verb im Weqatal, also eindeutig Futur. Hier dagegen verbloser Satz mit Adjektiv. Verblose Sätze sind oft präsentisch, können aber genauso gut Vergangenheit und Zukunft ausdrücken. Wer glaubt, im Text verborgen sei die Botschaft, der ''Engel'' habe Manoachs Frau geschwängert (s. zur Üs. von V. 6), sieht sich dennoch hier bestätigt: Ist der verblose Satz präsentisch zu deuten, ist die Frau zwischen V. 3 und V. 5 schwanger geworden.<br />Verkomplizierend kommt hier noch dazu, dass auch ''du wirst gebären'' in V. 3 noch Weqatal ist, in Vv. 5.7 aber nicht mehr: Dort steht dagegen statt dem Weqatal ''w<sup>e</sup>jaladt'' die ungewöhnliche Form ''w<sup>e</sup>joladt'', was wie eine Mischung aus Weqatal und dem Partizip ''w<sup>e</sup>joladat'' aussieht. Die meisten Ausleger:innen halten dies in der Tat für eine sog. „Forma mixta“, die beide Optionen lassen will (vgl. bes. [https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/freimann/content/pageview/1118989 König, HKL I, S. 404-406]); GKC §80d, Meyer II, S. 78f. u.a. dagegen für ein ungewöhnlich gebildetes Partizip. Nach beiden Deutungen wäre das Wort also mindestens ''auch'' Partizip. Partizip ist im heb. ein Verbaladjektiv und kann daher ebenso wie verblose Sätze mit Adjektiv für alle Zeitstufen stehen; auch hier muss dies aus dem Kontext erschlossen werden. Weil ''diese'' Klausel sicher nicht heißen soll: „Du gebierst einen Sohn“, sondern klar futurisch zu deuten ist, ist auch die präsentische Deutung des verblosen Satzes „du [bist/wirst sein] schwanger“ ganz fernliegend. Der Grund dafür aber, warum von V. 3 auf V. 5 zwei Mal vom Weqatal zum Nominalsatz gewechselt wird, ist bisher unerklärt.</ref> '''einen Sohn. Ein Schermesser darf nicht an sein Haupt kommen, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe vom Mutterleib an sein. Er ist's, der beginnen wird, Israel vor den Philistern zu retten.“'''
  
{{S|6}} '''Die Frau kam und sagte zu ihrem Mann: „Ein Mann Gottes''' ({<s>Gottes</s>) '''ist zu mir gekommen. Sein Aussehen glich dem Aussehen eines Boten Gottes, gar fürchtlich''' (eines {<s>Boten</s>} Gottes, gar fürchterlich; [war] {<s>eines Boten Gottes</s>} ein gar fürchterliches Aussehen)'''.'''<ref>
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{{S|6}} '''Die Frau kam und sagte zu ihrem Mann: „Ein Mann Gottes''' ({<s>Gottes</s>}) '''ist zu mir gekommen. Sein Aussehen glich dem Aussehen eines Boten Gottes, gar fürchtlich''' (eines {<s>Boten</s>} Gottes, gar fürchterlich; [war] {<s>eines Boten Gottes</s>} ein gar fürchterliches Aussehen)'''.'''<ref>
[[Datei:Ri 13,6 in NI1.png|mini|Ri 13,6 in [https://digi.vatlib.it/view/MSS_Urb.ebr.2 NI1, Folio 121r]]]'''Textkritik''': ''Mann <s>Gottes</s>'' + ''<s>Bote Gottes''</s> - Fast alle Textzeugen wie in der Primärübersetzung. Nur in zwei MSS fehlt das Wort „Bote“ (zu Kenn 76 erg. NI 1, s. rechts); zu dieser Variante s. noch nächste FN. BHK und BHS wie auch Budde, Moore und Burney hielten dennoch alle gestrichenen Wörter für nachträglich aus V. 9 hier eingedrungen, wonach die Frau wie in Vv. 10f. nur von einem „Mann“ (mit einem „gar fürchterlichen Aussehen“) sprechen würde. Richtig geht man hierbei heute z.B. in BHQ nicht mehr mit.</ref> '''Ich habe ihn''' (nicht)<ref>'''Textkritik:''': Beide Varianten sind etwa gleich stark bezeugt: ''Ich habe ihn gefragt'' in LXX<sup>A, L</sup>, SyH, VL, VUL, wenigen heb. MSS, ''ich habe ihn nicht gefragt'' in MT, LXX<sup>B</sup>, Tg und Syr. Schreiner 1954, S. 64 und z.B. Spronk 2019 halten MT für ursprünglich, Harlé / Roqueplo 1999, S. 199 und Nelson 2017 dagegen LXX<sup>A, L</sup>. BHQ und Kim 1993, S. 137 sind unentschieden. Schlussendlich entscheidet sich letzterer aus strukturellen Gründen für die MT-Variante: ''(A) Ich habe ihn <u>nicht</u> gefragt, (B) woher er kommt, (B') und seinen Namen (A') hat er mir <u>nicht</u> gesagt.'' Aber die selbe Struktur hätte man ja mit dem alternativen Wortlaut: ''(A) Ich habe ihn <u>gefragt</u>, (B) woher er kommt, (B') aber seinen Namen (A') hat er mir nicht <u>gesagt</u>.'' Gegen MT spricht erstens, dass sich dieser Wortlaut leicht damit als sekundär erklären lässt, dass (A) an (A') angeglichen worden ist, und zweitens, dass die andere Textvariante schwieriger ist: Dass der Engel seinen ''Namen'' nicht verraten hat, passt nicht sehr gut zu einer Frage nach dem ''Herkunftsort''. Mehr spricht daher für die ursprünglichkeit der kürzeren Variante.<br />Das ist eine wichtige Variante. Viele Ausleger:innen wollen daraus, dass Manoach anders als seine Frau die Natur des Engels gar nicht erahnt und dann auch noch nach seinem Namen fragt, ableiten, dass Manoach viel begriffsstutziger als seine Frau sei. Hat schon seine Frau nach dem Namen des Boten gefragt, verliert diese Deutung ihr wichtigstes Fundament. Gleichzeitig lässt sich hierin vielleicht ein Grund für diese und den vorige Variante erkennen: Vielleicht wollten alte Schreiber die Dummheit Manoachs abmildern und ließen eben deshalb seine Frau nicht bereits von einem „Engel“ sprechen und bereits sie nach seinem Namen fragen. So hat bisher aber noch kein:e Ausleger:in argumentiert.</ref> '''gefragt, woher er sei, aber''' (und) '''seinen Namen hat er mir nicht gesagt.“'''
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[[Datei:Ri 13,6 in NI1.png|mini|Ri 13,6 in [https://digi.vatlib.it/view/MSS_Urb.ebr.2 NI1, Folio 121r]]]'''Textkritik''': ''Mann <s>Gottes</s>'' + ''<s>Bote Gottes''</s> - Fast alle Textzeugen wie in der Primärübersetzung. Nur in zwei MSS fehlt das Wort „Bote“ (zu Kenn 76 erg. NI 1, s. rechts); zu dieser Variante s. noch nächste FN. BHK und BHS wie auch Budde, Moore und Burney hielten dennoch alle gestrichenen Wörter für nachträglich aus V. 9 hier eingedrungen, wonach die Frau wie in Vv. 10f. nur von einem „Mann“ (mit einem „gar fürchterlichen Aussehen“) sprechen würde. Richtig geht man hierbei heute z.B. in BHQ nicht mehr mit.</ref> '''Ich habe ihn''' (nicht)<ref>'''Textkritik:''': Beide Varianten sind etwa gleich stark bezeugt: ''Ich habe ihn gefragt'' in LXX<sup>A, L</sup>, SyH, VL, VUL, wenigen heb. MSS, ''ich habe ihn nicht gefragt'' in MT, LXX<sup>B</sup>, Tg und Syr. Schreiner 1957, S. 64 und z.B. Spronk 2019 halten MT für ursprünglich, Harlé / Roqueplo 1999, S. 199 und Nelson 2017 dagegen LXX<sup>A, L</sup>. BHQ und Kim 1993, S. 137 sind unentschieden. Schlussendlich entscheidet sich letzterer aus strukturellen Gründen für die MT-Variante: ''(A) Ich habe ihn <u>nicht</u> gefragt, (B) woher er kommt, (B') und seinen Namen (A') hat er mir <u>nicht</u> gesagt.'' Aber die selbe Struktur hätte man ja mit dem alternativen Wortlaut: ''(A) Ich habe ihn <u>gefragt</u>, (B) woher er kommt, (B') aber seinen Namen (A') hat er mir nicht <u>gesagt</u>.'' Gegen MT spricht erstens, dass sich dieser Wortlaut leicht damit als sekundär erklären lässt, dass (A) an (A') angeglichen worden ist, und zweitens, dass die andere Textvariante schwieriger ist: Dass der Engel seinen ''Namen'' nicht verraten hat, passt nicht sehr gut zu einer Frage nach dem ''Herkunftsort''. Mehr spricht daher für die ursprünglichkeit der kürzeren Variante.</ref> '''gefragt, woher er sei, aber''' (und) '''seinen Namen hat er mir nicht gesagt.“'''
  
 
{{S|7}} '''Er sagte''' (zu mir):<ref>'''Textkritik''' - ''zu mir'' ist von allen Textzeugen außer wenigen LXX-MSS, SyH und VUL bezeugt. Die kürzere Variante passt aber so gut zur Textstrategie, in jeder Klausel der Wiederholung etwas von V. 3 zu streichen, und die Plus-Variante lässt sich so gut als Angleichung von V. 7 an V. 3 erklären, dass viel für die Ursprünglichkeit dieser Variante spricht.</ref> '''‚Siehe, du bist unfruchtbar und wirst gebären einen Sohn. So trinke nun kein Wein und Bier und iss nicht irgenetwas Unreines, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe sein von Mutterleib an bis zum Tag seines Todes!‘“'''
 
{{S|7}} '''Er sagte''' (zu mir):<ref>'''Textkritik''' - ''zu mir'' ist von allen Textzeugen außer wenigen LXX-MSS, SyH und VUL bezeugt. Die kürzere Variante passt aber so gut zur Textstrategie, in jeder Klausel der Wiederholung etwas von V. 3 zu streichen, und die Plus-Variante lässt sich so gut als Angleichung von V. 7 an V. 3 erklären, dass viel für die Ursprünglichkeit dieser Variante spricht.</ref> '''‚Siehe, du bist unfruchtbar und wirst gebären einen Sohn. So trinke nun kein Wein und Bier und iss nicht irgenetwas Unreines, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe sein von Mutterleib an bis zum Tag seines Todes!‘“'''
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{{S|8}} '''Da betete Manoach zu JHWH und sagte: „Bitte, Herr! Der Mann Gottes, den du gesandt hast, komme doch noch einmal zu uns und lehre uns''' (erleuchte uns)''',<ref>'''Textkritik''': MT, VUL, Syr, Tg lag ''wjwrnw'' („er lehre uns“) vor, LXX<sup>A, L</sup> und VL dagegen ''wj`jrnw'' („er erleuchte uns“). BHS hält Letzteres für ursprünglich, BHQ mit Schreiner 1957, S. 120; Kim 1993, S. 138 u.a. dagegen Ersteres (BHQ sollte hier übrigens verbessert werden; LXX setzt ja nicht nur eine andere Deutung der selben Konsonanten voraus). Die Frage lässt sich kaum entscheiden; wir folgen daher der Mehrheitsvariante, der auch alle neueren Üss. folgen.</ref> was wir tun sollen für den Knaben, der geboren werden wird!''' (für den Knaben, {<s>der geboren werden wird</s>}; für {<s>den Knaben</s>} das Kind)!“'''<ref>
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[[Datei:Ri 1,8 Ende Jena.png|mini|Ri 13,8 in [https://collections.thulb.uni-jena.de/rsc/viewer/HisBest_derivate_00001587/BE_0902_0110.tif NA36, Folio 55v]]]
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[[Datei:Ri 13,8 G3.png|mini|Ri 13,8 in [https://digital.blb-karlsruhe.de/blbhs/content/pageview/3396206 G3, Folio 44r]]]
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[[Datei:Ri 13,8 NI 1.png|mini|Ri 13,8 in [https://digi.vatlib.it/view/MSS_Urb.ebr.2 NI1, Folio 121r]]]
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'''Textkritik''': Vier verschiedene, aber nur schwache Indizien weisen darauf, dass eines der beiden Wörter ''lana´ar hajjullad'' („für-den-Knaben, der-geboren-werden-wird“) sekundär ist:<br />(1) Viele heb. MSS haben nicht die Konsonanten ''hjwld'', sondern ''hjld'' mit erst nachträglich eingefügtem Waw. NA36, wo sich am Qamets noch Reste eines Segol erkennen lassen und wo auch der Strich unter dem Jod ein ursprüngliches Segol überdecken könnte, macht wahrscheinlich, dass diese Konsonanten nicht nur Defektivschreibung waren, sondern (auch) als ''lana´ar hajeled'' („für den Knaben, das Kind“) gelesen wurden. Butler 2009 erklärt das als „Vereinfachung“, aber wie sollte dies einfacher sein?<br />(2+3) In wenigen MSS ist entweder das erste oder das zweite Wort unpunktiert, s. rechts.<br />(4) Die Akzentuierung der meisten MSS zeigt dasselbe an: Weil in ''hajjullád'' zwei Vollsilben der Tonsilbe vorangehen, sollte man erwarten, dass Tifcha zur Enddehnung ''in'' der Konjunktivphrase ''haná´ar'' |<sub>Tifcha</sub> ''hajjullad'' steht wie in G20, G26, NA5, TA17; nicht davor wie in den meisten MSS. Auch die Mehrheits-Akzentuierung bezeugte dann also noch einen Text mit nur einem Wort nach dem Verb.<br />Jedes dieser Indizien ist für sich genommen sehr schwach, zusammengenommen legen sie aber deutlich nahe, dass ursprünglich ''na´ar'' („Knabe“) und ''jeled'' („Kind“) Varianten waren, die später beide als Konflation in den Text gerieten, wonach die Konsonanten ''jld'' („Kind“) durch falsche Plene-Schreibung als ''jullad'' („geboren“) gedeutet wurden, um dem Text einen Sinn abzugewinnen. So deutet bisher aber kein:e Textkritiker:in.</ref>
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{{S|9}} '''Gott erhörte die Bitte Manoachs. Also kam der Bote Gottes noch einmal zur Frau, als diese sich gerade auf dem Feld aufhielt und ihr Mann Manoach nicht bei ihr war.'''
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{{S|10}} '''Da eilte die Frau und rannte und erzählte es ihrem Mann. Sie sagte zu ihm: „Siehe, erschienen ist mir der Mann, der gekommen ist''' (am Tag=) '''anderntags<ref>'''tFN + Textkritik''': MT, LXX<sup>N</sup>, SyH nur: „am Tag“ (heb. ''bjwm''). Tg und Syr (beide falsch in BHQ) dagegen „an diesem Tag“ = anderntags; diesen Text setzen auch LXX<sup>B, A, L</sup> voraus („an jenem Tag“). Man erklärt sich das bloße „am Tag“ oft so, dass auch dies „anderntags“ bedeuten könne, aber Tg macht recht wahrscheinlich, dass das nicht so und alleiniges ''bjwm'' wirklich merkwürdig ist (ebenso Radak: „''bjwm'' = ''bzh hjwm''“). Es ist aber nicht gut erklärlich, wie das Wort (oder ein ähnliches; Houbigant z.B. rekonstruiert stattdessen ''bjwm hzh'') entfallen sein soll. Entweder ist der ursprüngliche Text nicht mehr rekonstruierbar oder eine Nebenbedeutung von ''bjwm'' lässt sich nicht mehr entschlüsseln.</ref> zu mir!“'''
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{{S|11}} '''Da erhob sich und ging Manoach hinter seiner Frau her. Als er zum Mann kam, fragte er ihn: „Bist du der Mann, der gesprochen hat zu der Frau?“ Er sagte: „Ja“.'''
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{{S|12}} '''Manoach sagte: „Dann: '''['''Wenn'''] '''eintrifft deine Worte,''' (Nun möge / Dann: Möge deine Worte eintreffen!)<ref>'''Dann: [Wenn] eintrifft (nun möge eintreffen)'' - W. „Nun(, es) wird/möge eintreffen...“. Heute fast stets übersetzt als „Wenn dein Wort eintrifft...“ Aber diese Bed. hat ''´attah'' („nun“) nie. Das Wort soll offenbar markieren, dass in V. 11 nach einem anderen Tag gefragt wurde, es jetzt aber ans aktuell Anstehende geht, obwohl man dafür mindestens ''we´attah'' („''und'' nun“) erwarten würde. Der Satz kann dennoch ein (dann: unmarkierter) Bedingungssatz sein, aber die Leistung von ''´attah'' ist das nicht.<br />''Deine Worte trifft ein (möge eintreffen)'' - Singular-Verb, inkongruent mit Plural-Objekt. Viele Textzeugen bezeugen auch das Objekt im Sg., umgekehrt bezeugt MT ein Sebir, nachdem statt dem Sg.-Verb ein Pl.-Verb zu lesen sei. Die meisten Ausleger:innen halten die erste Variante für ursprünglich (z.B. BHS, BHQ, Butler 2009), aber gewiss ist beides eine spätere Vereinfachung. Der Hinweis von Spronk 2019, auch in Ri 1,16; 8,6; 9,36.42.55 finde sich Numerus-Inkongruenz, ist wertlos; die Sg.-Subjekte oder -Objekte dort sind dort Kollektivbegriffe, und Pluralverben bei Kollektivbegriffen sind mitnichten „charakteristisch für den Stil des Autors [des Richterbuchs]“ (S. 406), sondern generell üblich im klassischen Hebräisch. Das hilft bei unserer Stelle nicht, wo keiner der von Levi 1987 aufgezählten möglichen Gründe für Inkongruenzen festzustellen ist.  Nach dem unerwarteten ''´attah'' ist hier also auch das zweite Wort derselben Äußerung ungewöhnlich. Verhaspelt sich nun auch Manoach?</ref> '''was soll sein das Gesetz des Knaben und sein Tun?“'''
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{{S|13}} '''Der Bote JHWHs sagte zu Manoach: „Auf alles, was ich zur Frau sagte, soll sie''' (er)<ref>'''Textkritik''': Fast alle Textzeugen – MT, fast alle LXX-Mss, Tg und Syr – lassen den Engel eindeutig mit fem. Verben über die Frau sprechen. VL und VUL sind unklar, da lat. Verben in der 3. Pers. Sg. auf beide Geschlechter passen. Das ist auch im Griechischen so, aber in LXX<sup>B, A</sup> (und ''nur'' dort; nicht einmal auch in jeweils ihren Tochter-Handschriften) wird in der letzten Zeile ein mask. Pronomen verwendet. Einige ältere Ausleger:innen glaubten, allein das Pronomen sei ursprünglich (z.B. noch Gese 1962b, Sp. 42), andere Ausleger:innen nehmen sogar an, LXX hätte folglich (!) jedes Verb in Vv. 13f. maskulin gedeutet und auf Simson bezogen (z.B. BHQ; Nelson 2017; Stipp 1995, S. 350). Letzteres ist unwahrscheinlich; derart krasse Eingriffe in den Text wie die Änderung von fünf Verbformen und einem Pronomen sind für die Ri-LXX unüblich. Und ersteres allein passt kaum in den Textfluss; man wird das unerwartete Maskulin-Pronomen eher als Schreibfehler erklären müssen.</ref> '''achten.'''
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{{S|14}} '''Von allem, was aus dem Stock des Weins hervorgeht, soll sie''' (er?) '''nicht essen; Wein und Bier darf sie''' (er?) '''nicht trinken, alles Unreine darf sie''' (er?) '''nicht essen. Alles, was ich ihr''' (ihm) '''auftrug, soll sie''' (er?) '''achten.“'''
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{{S|15}} '''Manoach sagte zu dem Boten JHWHs: „Wir würden dich gerne aufhalten und vor dir Ziegen-Böckchen bereiten!“'''
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{{S|16}} '''Der Bote JHWHs sagte zu Manoach: „Wenn du mich aufhältst, Werde ich (von deinem Brot=) von deiner Speise nicht essen. Wenn du aber ein Rauchopfer bereitest, dem JHWH sollst du es räuchern!“'''<br />
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'''Weil Manoach nicht wusste, dass er ein Bote JHWHs war,'''
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{{S|17}} '''sagte Manoach zu dem Boten JHWHs: „Wer<ref>'''Textkritik''': Heb. ''mi'' („Wer“). Wenige Handschriften haben wie Tg das erwartbare ''mah'' („Was, Wie“), aber sicher ist dies nachträgliche Vereinfachung. Zur Variante s. zur Üs.</ref> ist dein Name? Wenn deine Worte''' (dein Wort)<ref>'''Textkritik''': ''deine Worte trifft ein'' - Pl.-Objekt + Sg.-Verb wie oben in V. 12; so dort. Anders als dort existiert hier im heb. Text auch eine Variante mit Sg.-Objekt. BHQ hält das für ursprünglich, aber das würde ja heißen, dass ein Schreiber nachträglich an den ungrammatischen Wortlaut von V. 12 angeglichen hätte. Sinnvoller wie z.B. Boling 1975: Ursprünglich ist wohl auch hier der Pl., was dann hier auch im Hebräischen vereinfacht wurde. Ein weiterer Stammler von Manoach?</ref> '''eintrifft, wollen wir dich ehren!“'''
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{{S|19}} '''Manoach nahm ein Ziegen-Böcklein und das Mehlopfer und stieg empor auf den Felsen, um es dem JHWH und dem Wundersamen zu bereiten (brachte [es] darf auf dem Felsen dem JHWH. Und er vollbrachte ein Wunder, um[s] zu tun).''' {<s>Und Manoach und seine Frau sahen es</s>}<ref>Zur '''Textkritik''' dieses Verses wurde das nötigste bereits auf der Kapitelseite gesagt.</ref>
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{{S|20}} '''Und als die Flamme von auf dem Altar himmelwärts emporstieg, stieg der Bote JHWHs in der Flamme des Altars''' (in der Flamme)<ref>'''Textkritik''': ''des Altars'' fehlt in LXX<sup>A</sup>, SyH. Schreiner 1957, S. 46 vermutet, das Wort sei nachträglich „ausgelassen [worden], weil das Wort in ähnlichem Zusammenhang vorher im Vers steht“. Üblich wäre eine solche Streichung bei alten Schreibern und/oder Übersetzern aber nicht; Moore 1900 etwa hält daher vielleicht sinnvoller die kürzere Variante für die ursprüngliche. Aber das Zeugnis nur dieser beiden Zeugen ist zu schwach, als dass man sich ihm hier ohne Weiteres anschließen könnte.</ref> '''empor. Manoach und seine Frau sahen es und warfen sich nieder erdenwärts.'''
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{{S|21}} '''Und der Bote JHWHs erschien nicht noch einmal dem Manoach und seiner Frau. Da verstand Manoach, dass jener ein Bote JHWHs gewesen war.'''
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{{S|22}} '''Manoach sagte zu seiner Frau: „Wir sind so tot! Denn ''Gott'' haben wir gesehen!“'''
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{{S|23}} '''Seine Frau sagte ihm: „Würde es JHWH gefallen, uns zu töten, hätte er nicht das von uns<ref>'''Textkritik''': W. ''aus unserer Hand'' (so MT, LXX<sup>B</sup>). Viele heb MSS, LXX<sup>A</sup> und VUL dagegen bezeugen den Pl. ''aus unseren Händen''. Moore 1900 hält das für die ursprüngliche Variante, BHQ dagegen für eine nachträgliche Erleichterung. BHQ hat wahrscheinlich recht. Der Unterschied im heb. Konsonantentext liegt zwar nur in einem Jod und beide Varianten könnten daher sowohl falsche Defektiv- oder Plene-Schreibung / -Interpretation sein. Der scheinbar sinnlose Sg. „unsere (Pl.) Hand (Sg.)“ steht aber oft im MT (s. z.B.  [[Genesis 37#s27 |Gen 37,27]]; [[Genesis 43#s21 |43,21f.]]; [[Exodus 10#s25 |Ex 10,25]] u.ö.) und ist daher sicher ein Idiom mit der Bed. „uns“ (wie hier auch Tg und Syr übersetzen), der dann im Griechischen, im Lateinischen und in den Plural-MSS jeweils nur „logischer“ als Plural gedeutet wurde.</ref> dargebrachte Rauchopfer und Speiseopfer angenommen und uns nicht all dies sehen lassen''' (hätte uns nicht [mit] all diesem erleuchtet)<ref>'''Textkritik''': VUL, Tg und Syr wie MT: ''hr`nw'' („er ließ uns sehen“). Dagegen LXX, SyH, VL setzen ''h`rnw'' voraus, das selbe Wort wie in V. 8, aber in anderer Form (Schreiner 1957, S. 120). Was davon die ursprüngliche Variante ist, lässt sich kaum entscheiden. An sich würde man es von Manoachs Frau weniger erwarten, dass sie von sich sagte, Gott habe sie „erleuchtet“, und das Wort passt schlecht zu „all dies“ – aber das spricht sogar eher für die Ursprünglichkeit von LXX als von MT. M.W. hält aber kein:e Ausleger:in LXX für ursprünglich, schon deshalb sollte OfBi dem MT folgen.</ref> '''und uns nicht''' {<s>zu dieser Zeit</s>}<ref>'''Textkritik''': ''zu dieser Zeit'' wird auch bezeugt durch LXX<sup>B</sup>, Tg und Syr. Dagegen viele heb. MSS, überwiegend LXX, SyH, VL und VUL haben es nicht. Am sinnvollsten Schulz 1926, S. 76: ''wk´t'' ist verderbt aus ''wkz`t'' am Ende des Verses (vgl. {{hebr}}וכעת{{hebr ende}} mit {{hebr}}וכזאת{{hebr ende}}), das versehentlich hier in den Text eingedrungen ist (so auch BHS, BHQ, Schreiner 1957, S. 34; Nelson 2017; Sicre 2018).</ref> '''derart belehrt''' (all jenes gelehrt).“'''<ref>'''Textkritik''': ''derart belehrt (all jenes gelehrt)'' - Alle Textzeugen wie MT, nur LXX<sup>L</sup>, VL wie in der Alternative (fehlt in BHQ). Prima vista klar eine nachträgliche Angleichung im Heb. an das vorangehende ''all dies''. Aber ist die Erklärung der vorigen Differenz korrekt, dürfte es dieses „all jenes“ (''kol-zo`t'') gewesen sein, dass Anlass zur Korrektur ''kazo`t'' gab, die dann als ''ka´et'' in den Text gedrungen ist. Die Variante hat also eine recht starke indirekte Stütze, und auch poetisch ist nach ''kol-`elleh'' („all dies“) ''kol-zot'' („all jenes“) so naheliegend, dass man ihre Ursprünglichkeit durchaus erwägen kann. So aber bisher m.W. kein:e Ausleger:in.</ref>
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{{S|24}} '''Die Frau gebar einen Sohn''' (Die Frau gebar)<ref>'''Textkritik''': Nur LXX<sup>A</sup> und die heb. Handschrift NA34 wie in der Alternative. Sehr wahrscheinlich ein reiner Schreibfehler, da andernfalls das Pronomen „''seinen'' [Namen]“ keinen Referenten hätte.</ref> '''und nannte seinen Namen „Simson“. Der Knabe wuchs auf und JHWH segnete ihn''' (JHWH segnete ihn und der Knabe wurde groß).'''<ref>'''Textkritik''': MT, LXX<sup>A, M, N</sup>, VUL, Tg und Syr wie in der Primärübersetzung; LXX<sup>L</sup>, VL, LAB 43 wie in der Alternative (mit einer Satzfolge wie ähnlich z.B. in [[Genesis 21#s20 |Gen 21,20]]). Was davon ursprünglicher ist, lässt sich kaum entscheiden.</ref>
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{{S|25}} '''Der Geist JHWHs begann, ihn aufzurühren im Lager von Dan zwischen Zora und Eschtaol.'''
  
 
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Aktuelle Version vom 11. Dezember 2022, 11:01 Uhr

1 Die Israeliten taten wieder, was in den Augen JHWHs böse war.
Da lieferte sie JHWH den Philistern aus für 40 Jahre.

2 Es war ein Mann aus Zora aus dem Clan der Daniten. Sein Name war Manoach. Seine Frau war unfruchtbar, sie (unfruchtbar und sie)a hatte nicht geboren.

3 Da erschien ein Bote JHWHs der Frau. Er sagte ihr: „Siehe doch: Du bist unfruchtbar und hast nicht geboren ({und hast nicht geboren})b und wirst [nun aber] schwanger werden und gebären einen Sohn!

4 So achte ([doch])c nun darauf, nicht zu trinken (hüte dich nun: trink nicht)d Wein oder Bier und nicht zu essen jegliches Unreine!

5 Denn siehe: Du wirst schwanger werden (bist schwanger) und wirst gebären (bist gebärend)e einen Sohn. Ein Schermesser darf nicht an sein Haupt kommen, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe vom Mutterleib an sein. Er ist's, der beginnen wird, Israel vor den Philistern zu retten.“

6 Die Frau kam und sagte zu ihrem Mann: „Ein Mann Gottes ({Gottes}) ist zu mir gekommen. Sein Aussehen glich dem Aussehen eines Boten Gottes, gar fürchtlich (eines {Boten} Gottes, gar fürchterlich; [war] {eines Boten Gottes} ein gar fürchterliches Aussehen).f Ich habe ihn (nicht)g gefragt, woher er sei, aber (und) seinen Namen hat er mir nicht gesagt.“

7 Er sagte (zu mir):h ‚Siehe, du bist unfruchtbar und wirst gebären einen Sohn. So trinke nun kein Wein und Bier und iss nicht irgenetwas Unreines, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe sein von Mutterleib an bis zum Tag seines Todes!‘“

8 Da betete Manoach zu JHWH und sagte: „Bitte, Herr! Der Mann Gottes, den du gesandt hast, komme doch noch einmal zu uns und lehre uns (erleuchte uns),i was wir tun sollen für den Knaben, der geboren werden wird! (für den Knaben, {der geboren werden wird}; für {den Knaben} das Kind)!“j

9 Gott erhörte die Bitte Manoachs. Also kam der Bote Gottes noch einmal zur Frau, als diese sich gerade auf dem Feld aufhielt und ihr Mann Manoach nicht bei ihr war.

10 Da eilte die Frau und rannte und erzählte es ihrem Mann. Sie sagte zu ihm: „Siehe, erschienen ist mir der Mann, der gekommen ist (am Tag=) anderntagsk zu mir!“

11 Da erhob sich und ging Manoach hinter seiner Frau her. Als er zum Mann kam, fragte er ihn: „Bist du der Mann, der gesprochen hat zu der Frau?“ Er sagte: „Ja“.

12 Manoach sagte: „Dann: [Wenn] eintrifft deine Worte, (Nun möge / Dann: Möge deine Worte eintreffen!)l was soll sein das Gesetz des Knaben und sein Tun?“

13 Der Bote JHWHs sagte zu Manoach: „Auf alles, was ich zur Frau sagte, soll sie (er)m achten. 14 Von allem, was aus dem Stock des Weins hervorgeht, soll sie (er?) nicht essen; Wein und Bier darf sie (er?) nicht trinken, alles Unreine darf sie (er?) nicht essen. Alles, was ich ihr (ihm) auftrug, soll sie (er?) achten.“

15 Manoach sagte zu dem Boten JHWHs: „Wir würden dich gerne aufhalten und vor dir Ziegen-Böckchen bereiten!“

16 Der Bote JHWHs sagte zu Manoach: „Wenn du mich aufhältst, Werde ich (von deinem Brot=) von deiner Speise nicht essen. Wenn du aber ein Rauchopfer bereitest, dem JHWH sollst du es räuchern!“
Weil Manoach nicht wusste, dass er ein Bote JHWHs war,

17 sagte Manoach zu dem Boten JHWHs: „Wern ist dein Name? Wenn deine Worte (dein Wort)o eintrifft, wollen wir dich ehren!“

19 Manoach nahm ein Ziegen-Böcklein und das Mehlopfer und stieg empor auf den Felsen, um es dem JHWH und dem Wundersamen zu bereiten (brachte [es] darf auf dem Felsen dem JHWH. Und er vollbrachte ein Wunder, um[s] zu tun). {Und Manoach und seine Frau sahen es}p

20 Und als die Flamme von auf dem Altar himmelwärts emporstieg, stieg der Bote JHWHs in der Flamme des Altars (in der Flamme)q empor. Manoach und seine Frau sahen es und warfen sich nieder erdenwärts.

21 Und der Bote JHWHs erschien nicht noch einmal dem Manoach und seiner Frau. Da verstand Manoach, dass jener ein Bote JHWHs gewesen war.

22 Manoach sagte zu seiner Frau: „Wir sind so tot! Denn Gott haben wir gesehen!“

23 Seine Frau sagte ihm: „Würde es JHWH gefallen, uns zu töten, hätte er nicht das von unsr dargebrachte Rauchopfer und Speiseopfer angenommen und uns nicht all dies sehen lassen (hätte uns nicht [mit] all diesem erleuchtet)s und uns nicht {zu dieser Zeit}t derart belehrt (all jenes gelehrt).“u

24 Die Frau gebar einen Sohn (Die Frau gebar)v und nannte seinen Namen „Simson“. Der Knabe wuchs auf und JHWH segnete ihn (JHWH segnete ihn und der Knabe wurde groß).w

25 Der Geist JHWHs begann, ihn aufzurühren im Lager von Dan zwischen Zora und Eschtaol.

aTextkritik: Fast alle MSS wie in der Primärübersetzung; die Alternative in K70, K85, K182, K294, erg. TA17 = K384. Das ist ein schwaches Zeugnis und die Variante könnte sich erklären als Angleichung an Ijob 24,21; Jes 54,1. Weit besser lässt sich aber umgekehrt die Mehrheitsvariante als Angleichung an V. 3 erklären, wo auch diese 5 MSS Konjunktion haben. Die Variante gewinnt zusätzliches Gewicht dadurch, dass K70 (auch nach HUB) singulär eine eigene Texttradition vertritt, K85 und wohl auch K294 sefardisch sind, K384 dagegen zur palästino-tiberischen Textfamilie gehört und K70 palästino-tiberisierend ist, dass die Variante sich also in mindestens drei unterschiedlichen MT-Traditionen findet.
Die Variante ist nicht ganz unwichtig; in der jüd. Auslegungstradition gibt es die Idee, mit den beiden Ausdrücken solle gesagt werden, Manoachs Frau sei erstens (wohl aufgrund ihres Alters) unfruchtbar geworden und mit dem zweiten Satz solle noch eigens ergänzt werden, sie hätte auch davor kein Kind bekommen (z.B. Malbim; Fishelis / Fishelis 1995). Steht Satz 2 in Apposition zu Satz 1, wird das noch einmal so unwahrscheinlich. (Zurück zu v.2)
bTextkritik: Nur LXXB wie in der Alternative, alle anderen Vrs. wie MT. Moore und Burney hielten dies noch für ursprünglich, seither erklären m.W. alle die kürzere Variante entweder als Homoiteleuton (z.B. Kim 1993, S. 137; BHQ) oder so, dass der Übersetzer von LXXB diese Info vor V. 5 als „verfrüht“ gestrichen hätte (z.B. Schreiner 1957, S. 67; BHQ *89). Beide Erklärungen sind nicht sehr gut: Homoiteleuton kann es nicht sein, da in LXXB ja beide (w)jldt [„hast geboren“ / „wirst gebären“] übersetzt wurden. Und wie soll die Rede vom „empfangen“ verfrüht sein, die vom „gebären“ aber nicht? Das ginge allenfalls an, wenn in V. 5 das „du wirst empfangen“ präsentisch übersetzt würde, aber s. zur Üs. Dagegen lässt sich eine Ergänzung sehr leicht als Angleichung an V. 5 erklären, die die Phrase auch stilistisch besser zur der direkt vorangehenden Doppelverbphrase entsprechenden Doppelverbphrase erweitert. Das Zeugnis nur von LXXB ist so schwach, dass man sich ihm nicht guten Gewissens anschließen kann, aber es sei immerhin festgehalten, dass die Sache nicht so sicher ist, wie sie meist dargestellt wird. (Zurück zu v.3)
cTextkritik - gestützt von den meisten Textzeugen, nicht aber von LXXA, L, N, SyH und VL. Da sich am leichtesten die Plus-Variante als Angleichung von V. 4 an V. 3 erklären lässt, wird man am ehesten dies für ursprünglich halten. (Zurück zu v.4)
dTextkritik: nicht zu trinken und zu essen (und iss nicht und trink nicht) - der Unterschied im heb. Text ist nur ein Buchstabe, die Konjunktion Waw („und“). Nicht bezeugt wird sie durch viele MSS, VL, VUL und Syr; dagegen Tg und überwiegend LXX stützen den MT. Leichter lässt sich aber eine Ergänzung von `al („nicht“) zu wa`al („und nicht“) als Angleichung an das gleich folgende wa`al erklären als ein Ausfall des Waw – denn „schwieriger“ (und daher wahrscheinlicher ursprünglich, so z.B. Butler 2009) ist MT jedenfalls nicht als die kürzere Variante. (Zurück zu v.4)
etFN: wirst schwanger werden (bist schwanger) - In V. 3 noch ein Verb im Weqatal, also eindeutig Futur. Hier dagegen verbloser Satz mit Adjektiv. Verblose Sätze sind oft präsentisch, können aber genauso gut Vergangenheit und Zukunft ausdrücken. Wer glaubt, im Text verborgen sei die Botschaft, der Engel habe Manoachs Frau geschwängert (s. zur Üs. von V. 6), sieht sich dennoch hier bestätigt: Ist der verblose Satz präsentisch zu deuten, ist die Frau zwischen V. 3 und V. 5 schwanger geworden.
Verkomplizierend kommt hier noch dazu, dass auch du wirst gebären in V. 3 noch Weqatal ist, in Vv. 5.7 aber nicht mehr: Dort steht dagegen statt dem Weqatal wejaladt die ungewöhnliche Form wejoladt, was wie eine Mischung aus Weqatal und dem Partizip wejoladat aussieht. Die meisten Ausleger:innen halten dies in der Tat für eine sog. „Forma mixta“, die beide Optionen lassen will (vgl. bes. König, HKL I, S. 404-406); GKC §80d, Meyer II, S. 78f. u.a. dagegen für ein ungewöhnlich gebildetes Partizip. Nach beiden Deutungen wäre das Wort also mindestens auch Partizip. Partizip ist im heb. ein Verbaladjektiv und kann daher ebenso wie verblose Sätze mit Adjektiv für alle Zeitstufen stehen; auch hier muss dies aus dem Kontext erschlossen werden. Weil diese Klausel sicher nicht heißen soll: „Du gebierst einen Sohn“, sondern klar futurisch zu deuten ist, ist auch die präsentische Deutung des verblosen Satzes „du [bist/wirst sein] schwanger“ ganz fernliegend. Der Grund dafür aber, warum von V. 3 auf V. 5 zwei Mal vom Weqatal zum Nominalsatz gewechselt wird, ist bisher unerklärt. (Zurück zu v.5)
f
Ri 13,6 in NI1, Folio 121r
Textkritik: Mann Gottes + Bote Gottes - Fast alle Textzeugen wie in der Primärübersetzung. Nur in zwei MSS fehlt das Wort „Bote“ (zu Kenn 76 erg. NI 1, s. rechts); zu dieser Variante s. noch nächste FN. BHK und BHS wie auch Budde, Moore und Burney hielten dennoch alle gestrichenen Wörter für nachträglich aus V. 9 hier eingedrungen, wonach die Frau wie in Vv. 10f. nur von einem „Mann“ (mit einem „gar fürchterlichen Aussehen“) sprechen würde. Richtig geht man hierbei heute z.B. in BHQ nicht mehr mit. (Zurück zu v.6)
gTextkritik:: Beide Varianten sind etwa gleich stark bezeugt: Ich habe ihn gefragt in LXXA, L, SyH, VL, VUL, wenigen heb. MSS, ich habe ihn nicht gefragt in MT, LXXB, Tg und Syr. Schreiner 1957, S. 64 und z.B. Spronk 2019 halten MT für ursprünglich, Harlé / Roqueplo 1999, S. 199 und Nelson 2017 dagegen LXXA, L. BHQ und Kim 1993, S. 137 sind unentschieden. Schlussendlich entscheidet sich letzterer aus strukturellen Gründen für die MT-Variante: (A) Ich habe ihn nicht gefragt, (B) woher er kommt, (B') und seinen Namen (A') hat er mir nicht gesagt. Aber die selbe Struktur hätte man ja mit dem alternativen Wortlaut: (A) Ich habe ihn gefragt, (B) woher er kommt, (B') aber seinen Namen (A') hat er mir nicht gesagt. Gegen MT spricht erstens, dass sich dieser Wortlaut leicht damit als sekundär erklären lässt, dass (A) an (A') angeglichen worden ist, und zweitens, dass die andere Textvariante schwieriger ist: Dass der Engel seinen Namen nicht verraten hat, passt nicht sehr gut zu einer Frage nach dem Herkunftsort. Mehr spricht daher für die ursprünglichkeit der kürzeren Variante. (Zurück zu v.6)
hTextkritik - zu mir ist von allen Textzeugen außer wenigen LXX-MSS, SyH und VUL bezeugt. Die kürzere Variante passt aber so gut zur Textstrategie, in jeder Klausel der Wiederholung etwas von V. 3 zu streichen, und die Plus-Variante lässt sich so gut als Angleichung von V. 7 an V. 3 erklären, dass viel für die Ursprünglichkeit dieser Variante spricht. (Zurück zu v.7)
iTextkritik: MT, VUL, Syr, Tg lag wjwrnw („er lehre uns“) vor, LXXA, L und VL dagegen wj`jrnw („er erleuchte uns“). BHS hält Letzteres für ursprünglich, BHQ mit Schreiner 1957, S. 120; Kim 1993, S. 138 u.a. dagegen Ersteres (BHQ sollte hier übrigens verbessert werden; LXX setzt ja nicht nur eine andere Deutung der selben Konsonanten voraus). Die Frage lässt sich kaum entscheiden; wir folgen daher der Mehrheitsvariante, der auch alle neueren Üss. folgen. (Zurück zu v.8)
j
Ri 13,8 in NA36, Folio 55v
Ri 13,8 in G3, Folio 44r
Ri 13,8 in NI1, Folio 121r
Textkritik: Vier verschiedene, aber nur schwache Indizien weisen darauf, dass eines der beiden Wörter lana´ar hajjullad („für-den-Knaben, der-geboren-werden-wird“) sekundär ist:
(1) Viele heb. MSS haben nicht die Konsonanten hjwld, sondern hjld mit erst nachträglich eingefügtem Waw. NA36, wo sich am Qamets noch Reste eines Segol erkennen lassen und wo auch der Strich unter dem Jod ein ursprüngliches Segol überdecken könnte, macht wahrscheinlich, dass diese Konsonanten nicht nur Defektivschreibung waren, sondern (auch) als lana´ar hajeled („für den Knaben, das Kind“) gelesen wurden. Butler 2009 erklärt das als „Vereinfachung“, aber wie sollte dies einfacher sein?
(2+3) In wenigen MSS ist entweder das erste oder das zweite Wort unpunktiert, s. rechts.
(4) Die Akzentuierung der meisten MSS zeigt dasselbe an: Weil in hajjullád zwei Vollsilben der Tonsilbe vorangehen, sollte man erwarten, dass Tifcha zur Enddehnung in der Konjunktivphrase haná´ar |Tifcha hajjullad steht wie in G20, G26, NA5, TA17; nicht davor wie in den meisten MSS. Auch die Mehrheits-Akzentuierung bezeugte dann also noch einen Text mit nur einem Wort nach dem Verb.
Jedes dieser Indizien ist für sich genommen sehr schwach, zusammengenommen legen sie aber deutlich nahe, dass ursprünglich na´ar („Knabe“) und jeled („Kind“) Varianten waren, die später beide als Konflation in den Text gerieten, wonach die Konsonanten jld („Kind“) durch falsche Plene-Schreibung als jullad („geboren“) gedeutet wurden, um dem Text einen Sinn abzugewinnen. So deutet bisher aber kein:e Textkritiker:in. (Zurück zu v.8)
ktFN + Textkritik: MT, LXXN, SyH nur: „am Tag“ (heb. bjwm). Tg und Syr (beide falsch in BHQ) dagegen „an diesem Tag“ = anderntags; diesen Text setzen auch LXXB, A, L voraus („an jenem Tag“). Man erklärt sich das bloße „am Tag“ oft so, dass auch dies „anderntags“ bedeuten könne, aber Tg macht recht wahrscheinlich, dass das nicht so und alleiniges bjwm wirklich merkwürdig ist (ebenso Radak: „bjwm = bzh hjwm“). Es ist aber nicht gut erklärlich, wie das Wort (oder ein ähnliches; Houbigant z.B. rekonstruiert stattdessen bjwm hzh) entfallen sein soll. Entweder ist der ursprüngliche Text nicht mehr rekonstruierbar oder eine Nebenbedeutung von bjwm lässt sich nicht mehr entschlüsseln. (Zurück zu v.10)
l'Dann: [Wenn] eintrifft (nun möge eintreffen) - W. „Nun(, es) wird/möge eintreffen...“. Heute fast stets übersetzt als „Wenn dein Wort eintrifft...“ Aber diese Bed. hat ´attah („nun“) nie. Das Wort soll offenbar markieren, dass in V. 11 nach einem anderen Tag gefragt wurde, es jetzt aber ans aktuell Anstehende geht, obwohl man dafür mindestens we´attah („und nun“) erwarten würde. Der Satz kann dennoch ein (dann: unmarkierter) Bedingungssatz sein, aber die Leistung von ´attah ist das nicht.
Deine Worte trifft ein (möge eintreffen) - Singular-Verb, inkongruent mit Plural-Objekt. Viele Textzeugen bezeugen auch das Objekt im Sg., umgekehrt bezeugt MT ein Sebir, nachdem statt dem Sg.-Verb ein Pl.-Verb zu lesen sei. Die meisten Ausleger:innen halten die erste Variante für ursprünglich (z.B. BHS, BHQ, Butler 2009), aber gewiss ist beides eine spätere Vereinfachung. Der Hinweis von Spronk 2019, auch in Ri 1,16; 8,6; 9,36.42.55 finde sich Numerus-Inkongruenz, ist wertlos; die Sg.-Subjekte oder -Objekte dort sind dort Kollektivbegriffe, und Pluralverben bei Kollektivbegriffen sind mitnichten „charakteristisch für den Stil des Autors [des Richterbuchs]“ (S. 406), sondern generell üblich im klassischen Hebräisch. Das hilft bei unserer Stelle nicht, wo keiner der von Levi 1987 aufgezählten möglichen Gründe für Inkongruenzen festzustellen ist. Nach dem unerwarteten ´attah ist hier also auch das zweite Wort derselben Äußerung ungewöhnlich. Verhaspelt sich nun auch Manoach? (Zurück zu v.12)
mTextkritik: Fast alle Textzeugen – MT, fast alle LXX-Mss, Tg und Syr – lassen den Engel eindeutig mit fem. Verben über die Frau sprechen. VL und VUL sind unklar, da lat. Verben in der 3. Pers. Sg. auf beide Geschlechter passen. Das ist auch im Griechischen so, aber in LXXB, A (und nur dort; nicht einmal auch in jeweils ihren Tochter-Handschriften) wird in der letzten Zeile ein mask. Pronomen verwendet. Einige ältere Ausleger:innen glaubten, allein das Pronomen sei ursprünglich (z.B. noch Gese 1962b, Sp. 42), andere Ausleger:innen nehmen sogar an, LXX hätte folglich (!) jedes Verb in Vv. 13f. maskulin gedeutet und auf Simson bezogen (z.B. BHQ; Nelson 2017; Stipp 1995, S. 350). Letzteres ist unwahrscheinlich; derart krasse Eingriffe in den Text wie die Änderung von fünf Verbformen und einem Pronomen sind für die Ri-LXX unüblich. Und ersteres allein passt kaum in den Textfluss; man wird das unerwartete Maskulin-Pronomen eher als Schreibfehler erklären müssen. (Zurück zu v.13)
nTextkritik: Heb. mi („Wer“). Wenige Handschriften haben wie Tg das erwartbare mah („Was, Wie“), aber sicher ist dies nachträgliche Vereinfachung. Zur Variante s. zur Üs. (Zurück zu v.17)
oTextkritik: deine Worte trifft ein - Pl.-Objekt + Sg.-Verb wie oben in V. 12; so dort. Anders als dort existiert hier im heb. Text auch eine Variante mit Sg.-Objekt. BHQ hält das für ursprünglich, aber das würde ja heißen, dass ein Schreiber nachträglich an den ungrammatischen Wortlaut von V. 12 angeglichen hätte. Sinnvoller wie z.B. Boling 1975: Ursprünglich ist wohl auch hier der Pl., was dann hier auch im Hebräischen vereinfacht wurde. Ein weiterer Stammler von Manoach? (Zurück zu v.17)
pZur Textkritik dieses Verses wurde das nötigste bereits auf der Kapitelseite gesagt. (Zurück zu v.19)
qTextkritik: des Altars fehlt in LXXA, SyH. Schreiner 1957, S. 46 vermutet, das Wort sei nachträglich „ausgelassen [worden], weil das Wort in ähnlichem Zusammenhang vorher im Vers steht“. Üblich wäre eine solche Streichung bei alten Schreibern und/oder Übersetzern aber nicht; Moore 1900 etwa hält daher vielleicht sinnvoller die kürzere Variante für die ursprüngliche. Aber das Zeugnis nur dieser beiden Zeugen ist zu schwach, als dass man sich ihm hier ohne Weiteres anschließen könnte. (Zurück zu v.20)
rTextkritik: W. aus unserer Hand (so MT, LXXB). Viele heb MSS, LXXA und VUL dagegen bezeugen den Pl. aus unseren Händen. Moore 1900 hält das für die ursprüngliche Variante, BHQ dagegen für eine nachträgliche Erleichterung. BHQ hat wahrscheinlich recht. Der Unterschied im heb. Konsonantentext liegt zwar nur in einem Jod und beide Varianten könnten daher sowohl falsche Defektiv- oder Plene-Schreibung / -Interpretation sein. Der scheinbar sinnlose Sg. „unsere (Pl.) Hand (Sg.)“ steht aber oft im MT (s. z.B. Gen 37,27; 43,21f.; Ex 10,25 u.ö.) und ist daher sicher ein Idiom mit der Bed. „uns“ (wie hier auch Tg und Syr übersetzen), der dann im Griechischen, im Lateinischen und in den Plural-MSS jeweils nur „logischer“ als Plural gedeutet wurde. (Zurück zu v.23)
sTextkritik: VUL, Tg und Syr wie MT: hr`nw („er ließ uns sehen“). Dagegen LXX, SyH, VL setzen h`rnw voraus, das selbe Wort wie in V. 8, aber in anderer Form (Schreiner 1957, S. 120). Was davon die ursprüngliche Variante ist, lässt sich kaum entscheiden. An sich würde man es von Manoachs Frau weniger erwarten, dass sie von sich sagte, Gott habe sie „erleuchtet“, und das Wort passt schlecht zu „all dies“ – aber das spricht sogar eher für die Ursprünglichkeit von LXX als von MT. M.W. hält aber kein:e Ausleger:in LXX für ursprünglich, schon deshalb sollte OfBi dem MT folgen. (Zurück zu v.23)
tTextkritik: zu dieser Zeit wird auch bezeugt durch LXXB, Tg und Syr. Dagegen viele heb. MSS, überwiegend LXX, SyH, VL und VUL haben es nicht. Am sinnvollsten Schulz 1926, S. 76: wk´t ist verderbt aus wkz`t am Ende des Verses (vgl. וכעת mit וכזאת), das versehentlich hier in den Text eingedrungen ist (so auch BHS, BHQ, Schreiner 1957, S. 34; Nelson 2017; Sicre 2018). (Zurück zu v.23)
uTextkritik: derart belehrt (all jenes gelehrt) - Alle Textzeugen wie MT, nur LXXL, VL wie in der Alternative (fehlt in BHQ). Prima vista klar eine nachträgliche Angleichung im Heb. an das vorangehende all dies. Aber ist die Erklärung der vorigen Differenz korrekt, dürfte es dieses „all jenes“ (kol-zo`t) gewesen sein, dass Anlass zur Korrektur kazo`t gab, die dann als ka´et in den Text gedrungen ist. Die Variante hat also eine recht starke indirekte Stütze, und auch poetisch ist nach kol-`elleh („all dies“) kol-zot („all jenes“) so naheliegend, dass man ihre Ursprünglichkeit durchaus erwägen kann. So aber bisher m.W. kein:e Ausleger:in. (Zurück zu v.23)
vTextkritik: Nur LXXA und die heb. Handschrift NA34 wie in der Alternative. Sehr wahrscheinlich ein reiner Schreibfehler, da andernfalls das Pronomen „seinen [Namen]“ keinen Referenten hätte. (Zurück zu v.24)
wTextkritik: MT, LXXA, M, N, VUL, Tg und Syr wie in der Primärübersetzung; LXXL, VL, LAB 43 wie in der Alternative (mit einer Satzfolge wie ähnlich z.B. in Gen 21,20). Was davon ursprünglicher ist, lässt sich kaum entscheiden. (Zurück zu v.24)