Kommentar:Richter 13

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche

1 {Und} Die Israeliten taten wieder, was in den Augen JHWHs böse war.
Da lieferte sie JHWH den Philistern aus für 40 Jahre.

2 Es war ein Mann aus Zora aus dem Clan der Daniten. Sein Name war Manoach. Seine Frau war unfruchtbar, sie (unfruchtbar und sie)a hatte nicht geboren.

3 Da erschien ein Bote JHWHs der Frau. Er sagte ihr: „Siehe doch: Du bist unfruchtbar und hast nicht geboren ({und hast nicht geboren})b und wirst [nun aber] schwanger werden und gebären einen Sohn!

4 So achte ([doch])c nun darauf, nicht zu trinken (hüte dich nun: trink nicht)d Wein oder Bier und nicht zu essen jegliches Unreine!

5 Denn siehe: Du wirst schwanger werden (bist schwanger) und wirst gebären (bist gebärend)e einen Sohn. Ein Schermesser darf nicht an sein Haupt kommen, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe vom Mutterleib an sein. Er ist's, der beginnen wird, Israel vor den Philistern zu retten.“

6 Die Frau kam und sagte zu ihrem Mann: „Ein Mann Gottes ({Gottes) ist zu mir gekommen. Sein Aussehen glich dem Aussehen eines Boten Gottes, gar fürchtlich (eines {Boten} Gottes, gar fürchterlich; [war] {eines Boten Gottes} ein gar fürchterliches Aussehen).f Ich habe ihn (nicht)g gefragt, woher er sei, aber (und) seinen Namen hat er mir nicht gesagt.“

7 Er sagte (zu mir):h ‚Siehe, du bist unfruchtbar und wirst gebären einen Sohn. So trinke nun kein Wein und Bier und iss nicht irgenetwas Unreines, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe sein von Mutterleib an bis zum Tag seines Todes!‘“

aTextkritik: Fast alle MSS wie in der Primärübersetzung; die Alternative in K70, K85, K182, K294, erg. TA17 = K384. Das ist ein schwaches Zeugnis und die Variante könnte sich erklären als Angleichung an Ijob 24,21; Jes 54,1. Weit besser lässt sich aber umgekehrt die Mehrheitsvariante als Angleichung an V. 3 erklären, wo auch diese 5 MSS Konjunktion haben. Die Variante gewinnt zusätzliches Gewicht dadurch, dass K70 (auch nach HUB) singulär eine eigene Texttradition vertritt, K85 und wohl auch K294 sefardisch sind, K384 dagegen zur palästino-tiberischen Textfamilie gehört und K70 palästino-tiberisierend ist, dass die Variante sich also in mindestens drei unterschiedlichen MT-Traditionen findet.
Die Variante ist nicht ganz unwichtig; in der jüd. Auslegungstradition gibt es die Idee, mit den beiden Ausdrücken solle gesagt werden, Manoachs Frau sei erstens (wohl aufgrund ihres Alters) unfruchtbar geworden und mit dem zweiten Satz solle noch eigens ergänzt werden, sie hätte auch davor kein Kind bekommen (z.B. Malbim; Fishelis / Fishelis 1995). Steht Satz 2 in Apposition zu Satz 1, wird das noch einmal so unwahrscheinlich. Auch die Kolometrie von Kim 1993, S. 175, der beide Sätze in zwei Kolen verteilt, funktioniert dann nicht mehr, da lo` jaladah mit seinen vier Silben zu kurz für ein eigenes Kolon ist. (Zurück zu v.2)
bTextkritik: Nur LXXB wie in der Alternative, alle anderen Vrs. wie MT. Moore und Burney hielten dies noch für ursprünglich, seither erklären m.W. alle die kürzere Variante entweder als Homoiteleuton (z.B. Kim 1993, S. 137; BHQ) oder so, dass der Übersetzer von LXXB diese Info vor V. 5 als „verfrüht“ gestrichen hätte (z.B. Schreiner 1957, S. 67; BHQ *89). Beide Erklärungen sind nicht sehr gut: Homoiteleuton kann es nicht sein, da in LXXB ja beide (w)jldt [„hast geboren“ / „wirst gebären“] übersetzt wurden. Und wie soll die Rede vom „empfangen“ verfrüht sein, die vom „gebären“ aber nicht? Das ginge allenfalls an, wenn in V. 5 das „du wirst empfangen“ präsentisch übersetzt würde, aber s. zur Üs. Dagegen lässt sich eine Ergänzung sehr leicht als Angleichung an V. 5 erklären, die die Phrase auch stilistisch besser zur der direkt vorangehenden Doppelverbphrase entsprechenden Doppelverbphrase erweitert. Das Zeugnis nur von LXXB ist so schwach, dass man sich ihm nicht guten Gewissens anschließen kann, aber es sei immerhin festgehalten, dass die Sache nicht so sicher ist, wie sie meist dargestellt wird. (Zurück zu v.3)
cTextkritik - gestützt von den meisten Textzeugen, nicht aber von LXXA, L, N, SyH und VL. Da sich am leichtesten die Plus-Variante als Angleichung von V. 4 an V. 3 erklären lässt, wird man am ehesten dies für ursprünglich halten. (Zurück zu v.4)
dTextkritik: nicht zu trinken und zu essen (und iss nicht und trink nicht) - der Unterschied im heb. Text ist nur ein Buchstabe, die Konjunktion Waw („und“). Nicht bezeugt wird sie durch viele MSS, VL, Syr und VUL; Tg und überwiegend LXX dagegen stützen den MT. Leichter lässt sich aber eine Ergänzung von `al („nicht“) zu wa`al („und nicht“) als Angleichung an das gleich folgende wa`al erklären als ein Ausfall des Waw – denn „schwieriger“ (und daher wahrscheinlicher ursprünglich, so z.B. Butler 2009) ist MT jedenfalls nicht als die kürzere Variante. (Zurück zu v.4)
etFN: wirst schwanger werden (bist schwanger) - In V. 3 noch ein Verb im Weqatal, also eindeutig Futur. Hier dagegen verbloser Satz mit Adjektiv. Verblose Sätze sind oft präsentisch, können aber genauso gut Vergangenheit und Zukunft ausdrücken. Wer glaubt, im Text verborgen sei die Botschaft, der Engel habe Manoachs Frau geschwängert (s. zur Üs. von V. 6), sieht sich dennoch hier bestätigt: Ist der verblose Satz präsentisch zu deuten, ist die Frau zwischen V. 3 und V. 5 schwanger geworden.
Verkomplizierend kommt hier noch dazu, dass auch du wirst gebären in V. 3 noch Weqatal ist, in Vv. 5.7 aber nicht mehr: Dort steht dagegen statt dem Weqatal wejaladt die ungewöhnliche Form wejoladt, was wie eine Mischung aus Weqatal und dem Partizip wejoladat aussieht. Die meisten Ausleger:innen halten dies in der Tat für eine sog. „Forma mixta“, die beide Optionen lassen will (vgl. bes. König, HKL I, S. 404-406); GKC §80d, Meyer II, S. 78f. u.a. dagegen für ein ungewöhnlich gebildetes Partizip. Nach beiden Deutungen wäre auch dieses Wort also mindestens auch Partizip. Partizip ist im heb. ein Verbaladjektiv und kann daher ähnlich wie verblose Sätze mit Adjektiv für alle Zeitstufen stehen; auch hier muss dies aus dem Kontext erschlossen werden. Weil diese Kklausel sicher nicht heißen soll: „Du gebierst einen Sohn“, sondern klar futurisch zu deuten ist, ist auch die präsentische Deutung des verblosen Satzes „du [bist/wirst sein] schwanger“ ganz fernliegend. Der Grund dafür aber, warum von V. 3 auf V. 5 zwei Mal vom Weqatal zum Nominalsatz gewechselt wird, ist bisher unerklärt. (Zurück zu v.5)
f
Ri 13,6 in NI1, Folio 121r
Textkritik: Mann Gottes + Bote Gottes - Fast alle Textzeugen wie in der Primärübersetzung. Nur in zwei MSS fehlt das Wort „Bote“ (zu Kenn 76 erg. NI 1, s. rechts); zu dieser Variante s. noch nächste FN. BHK und BHS wie auch Budde, Moore und Burney hielten dennoch alle gestrichenen Wörter für nachträglich aus V. 9 hier eingedrungen, wonach die Frau wie in Vv. 10f. nur von einem „Mann“ (mit einem „gar fürchterlichen Aussehen“) sprechen würde. Richtig geht man hierbei heute z.B. in BHQ nicht mehr mit. (Zurück zu v.6)
gTextkritik:: Beide Varianten sind etwa gleich stark bezeugt: Ich habe ihn gefragt in LXXA, L, SyH, VL, VUL, wenigen heb. MSS, ich habe ihn nicht gefragt in MT, LXXB, Tg und Syr. Schreiner 1954, S. 64 und z.B. Spronk 2019 halten MT für ursprünglich, Harlé / Roqueplo 1999, S. 199 und Nelson 2017 dagegen LXXA, L. BHQ und Kim 1993, S. 137 sind unentschieden. Schlussendlich entscheidet sich letzterer aus strukturellen Gründen für die MT-Variante: (A) Ich habe ihn nicht gefragt, (B) woher er kommt, (B') und seinen Namen (A') hat er mir nicht gesagt. Aber die selbe Struktur hätte man ja mit dem alternativen Wortlaut: (A) Ich habe ihn gefragt, (B) woher er kommt, (B') aber seinen Namen (A') hat er mir nicht gesagt. Gegen MT spricht erstens, dass sich dieser Wortlaut leicht damit als sekundär erklären lässt, dass (A) an (A') angeglichen worden ist, und zweitens, dass die andere Textvariante schwieriger ist: Dass der Engel seinen Namen nicht verraten hat, passt nicht sehr gut zu einer Frage nach dem Herkunftsort. Mehr spricht daher für die ursprünglichkeit der kürzeren Variante.
Das ist eine wichtige Variante. Viele Ausleger:innen wollen daraus, dass Manoach anders als seine Frau die Natur des Engels gar nicht erahnt und dann auch noch nach seinem Namen fragt, ableiten, dass Manoach viel begriffsstutziger als seine Frau sei. Hat schon seine Frau nach dem Namen des Boten gefragt, verliert diese Deutung ihr wichtigstes Fundament. Gleichzeitig lässt sich hierin vielleicht ein Grund für diese und den vorige Variante erkennen: Vielleicht wollten alte Schreiber die Dummheit Manoachs abmildern und ließen eben deshalb seine Frau nicht bereits von einem „Engel“ sprechen und bereits sie nach seinem Namen fragen. So hat bisher aber noch kein:e Ausleger:in argumentiert. (Zurück zu v.6)
hTextkritik - zu mir ist von allen Textzeugen außer wenigen LXX-MSS, SyH und VUL bezeugt. Die kürzere Variante passt aber so gut zur Textstrategie, in jeder Klausel der Wiederholung etwas von V. 3 zu streichen, und die Plus-Variante lässt sich so gut als Angleichung von V. 7 an V. 3 erklären, dass viel für die Ursprünglichkeit dieser Variante spricht. (Zurück zu v.7)