Kommentar:Richter 15

Aus Die Offene Bibel

Version vom 6. Januar 2023, 12:04 Uhr von Sebastian Walter (Diskussion | Beiträge)
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1 Nach einigen Tagen, in den Tagen der Weizenernte, besuchte Simson seine Frau mit einem Ziegen-Böcklein. Er sagte: „Ich will kommen zu meiner Frau in die Kammer!“
Aber ihr Vater erlaubte ihm nicht,
([zu ihr])a zu kommen. (:) 2 Ihr Vater sagte: ({Ihr Vater sagte})b „Ich war gewiss: Du hasst sie gewiss! Da gab ich sie deinem ([einem] deiner)c Trauzeugen zur Frau. Ist nicht ihre jüngere Schwester besser als sie? Es sei doch sie statt jener deine Frau!“
3 Da sagte Simson zu ihm (ihnen):d „Nun können mir die Philister nichts vorwerfen, wenn ich euch (ihnen)e Schlimmes antue!“
4 Und Simson zog los, fing 300 Füchse, nahm Fackeln, wandte Schwanz zu Schwanz, setzte eine Fackel zwischen je zwei Schwänze in die Mitte, 5 entzündete Feuer an den Fackeln, sandte sie in die Felder der Philister und verbrannte ([die Ähren und die Lese])f vom Garbenhaufen bis zum Feld und bis zum Garten vom Olivenbaum (... bis zum Feld und bis zum Garten und [zum] Olivenbaum; ... bis zum Feld und bis zum Garten und zum Olivenbaum).g


6 Da fragten die Philister: „Wer hat das getan?“
Man antwortete: „Simson, der Schwiegersohn des Timnäers, weil dieser seine Frau genommen und seinem Trauzeugen gegeben hat.“
Da zogen die Philister hinauf und verbrannten sie und ihren Vater
(sie und das Haus ihres Vaters; das Haus ihres Vaters, sie und ihren Vater)h mit Feuer.


7 Da sagte Samson zu ihnen: „Wenn ihr solches tun dürftet...! Erst, wenn ich mich an euch gerächt haben werde, {und}i werde ich danach aufhören!“ (Wenn ihr solches tut, werde ich nicht zufrieden sein/euch nicht vergeben, sondern mich durchaus an einem und jedem von euch rächen)!j
8 Also schlug er sie, Schienbein wegen Hüfte, mit hartem Schlag. Dann zog er hinab (ging er)k und blieb in der Spalte des Felsens (am Fluss in der Höhle, an der Quelle im Felsen)l in Etam.


9 Da zogen die Philister hinauf, schlugen in Juda (im Land Juda)m ein Lager auf und verteilten sich in Lehi. 10 Da fragten die Männer von Juda: „Warum seid ihr gegen uns hinaufgezogen?“
Sie antworteten: „Um Simson zu binden, sind wir hinaufgezogen; um ihm zu tun, wie er uns getan hat!“
n
11 Da zogen 3000 Mann aus Juda in die Fels-Spalte von Etam hinab. Sie sagten zu Simson: „Weißt du denn nicht, dass die Philister über uns herrschen? Was hast du uns da angetan!?“
Er antwortete ihnen: „Wie sie getan haben
(wie sie mir/uns/euch getan haben),o so habe ich ihnen getan.“
12 Sie sagten ihm: „Um dich zu binden, sind wir hinabgestiegen, um dich in die Hand der Philister zu geben.“
Simson antwortete ihnen: „Schwört mir, dass ihr mich nicht töten und ihnen übergeben werdet, auch wenn ihr mich schlagen werdet
([dass ihr mich nicht schlagen werdet])!“p
13 Sie antworteten ihm wie folgt: „Nein! Nur binden werden wir dich – und in ihre Hand übergeben –, aber dich töten, das wollen wir nicht!“
Da banden sie ihn mit zwei neuen Seilen und brachten ihn hinauf aus dem Felsen.


14 Dieser (Er, und er)q erreichte Lehi, die Philister aber [kamen] (rannten)r ihm jauchzend entgegen.
Da drang der Geist JHWHs in ihn ein, und die Seile, die an seinen Armen waren, wurden wie Flachs, das im Feuer verbrennt
(wie Flachs, wenn es Feuer riecht),s und die Bande schmolzen von seinen Händen (Armen).t 15 Er fand einen frischen Unterkieferknochen (einen weggeworfenen/auf den Weg geworfenen Unterkieferknochen, einen Unterkieferknochen im Schmutz, einen harten Unterkieferknochen, einen riesigen Unterkieferknochen)u eines Esels, streckte seine Hand aus, nahm ihn und schlug mit ihm 1000 Mann. 16 Dann sagte Simson:

„Mit dem Kieferknochen eines Esels
[schlug ich] Haufen, Doppel-Haufen (Esel, Doppel-Esel; rötete ich rötend; häufte ich häufend)v
Mit dem Kieferknochen eines Esels
Schlug ich 1000 Mann!“

17 Als er geendet hatte zu reden, warf er den Kieferknochen aus seiner Hand. Daher nannte er diesen Ort „Ramat Lehi“.


18 Er hatte großen Durst ((Samson) hatte (großen) Durst (bis zum Tod))w und rief JHWH zu: „Du warst's doch, der gegeben hat in die Hand deines Knechts diese große Rettung (Du brachtest doch in die Hand deines Knechts diese große Rettung, Du hattest doch Gefallen an dieser großen Rettung durch die Hand deines Knechts)!x Und jetzt sollte ich vor Durst sterben und in die Hand der Unbeschnittenen fallen!?“

19 Da spaltete Gott den Felsen, der in Lehi war. Wasser kam daraus hervor, jener trank, seine Lebenskraft kehrte zurück und er lebte. Darum nannte er seinen Namen „En Haqqore“. Bis zum heutigen Tag gibt es sie in Lehi.

20 Und er war Richter Israels in den Tagen der Philister 20 Jahre lang.


aTextkritik: zu ihr nur nach LXXL, VL und den Mss. LXXA, M, k; gewiss nur eine stilistische Ergänzung. VUL lässt aus dem selben Grund das zu kommen fort; s. gleich. (Zurück zu v.1)
bTextkritik: Vier Varianten existieren:
(1) ... zu kommen. Ihr Vater sagte: Denkend dachte ich... (MT, LXX, Tg, Syr)
(2) ... zu kommen, indem er sagte: Denkend dachte ich... (VL)
(3) ...indem er sagte: Denkend dachte ich (VUL)
(4) ... zu kommen: Denkend dachte ich... (LXXL).
Variante (2) ist durchaus ernst zu nehmen; der heb. Text lautete dann: לבוא לאמר אמר אמרתי labo` le`mor `amor `amarti. Von hier aus wäre dann leicht erklärlich, wie in (3) labo` und in (4) le`mor entfallen wäre. Ob dann „ihr Vater sagte“ wie in MT und LXXRest oder „indem er sagte“ wie in VL und VUL ursprünglich ist, lässt sich kaum entscheiden: Für (2) spricht, dass es die kürzere Variante ist, für (1) die Zahl der Zeugen. Alle neueren Ausleger:innen nehmen aber an, dass (1) ursprünglich ist; dem sollte dann auch OfBi folgen. (Zurück zu v.2)
cTextkritik - Der Pl. wird bezeugt von LXXB, O, L und zwei unwichtigen heb. Mss. Da er sich im Heb. vom Sg. nur durch ein zusätzliches Jod unterscheidet, gewiss ein Lese- / Schreibfehler. (Zurück zu v.2)
dTextkritik: zu ihnen nach MT, LXXB, Tg, Syr; zu ihm nach LXXA, O, L, SyH, VL, VUL. Boling 1975 und Zapletal 1906, S. 47.69 hielten Letzteres für ursprünglich, neuere Ausleger:innen sehr einheitlich dagegen Ersteres. Diese Variante hängt aber zusammen mit der nächsten; und es ist jedenfalls unmöglich, beide Varianten als Vereinfachung durch LXX, VL und VUL zu erklären (so z.B. BHQ). Am einfachsten lässt sich ohnehin eine Änderung von zu ihm nach zu ihnen als Angleichung an V. 7 erklären; besser folgt man daher hier Boling 1975. (Zurück zu v.3)
eTextkritik: ihnen nach MT, Tg, Syr; euch dagegen nach LXXA, O, L, SyH, VL, VUL und eine schlechte heb. Ms. Der Unterschied im Heb. liegt nur in einem zusätzlichen Kaf. Die Variante von LXX & Co. ist nicht wirklich „einfacher“ (so BHQ); die 2. Pers. passt ja nicht sehr gut zur Rede von „den Philistern“, weshalb man sie auch nicht gut mit der „harmonizing tendency“ von LXX erklären kann (so Kim 1993, S. 143): Eher ist MT Angleichung an das „die Philister“. (Zurück zu v.3)
fTextkritik: Die Phrase in Klammern steht nur in LXXA, O, L; MT wird durch alle anderen Textzeugen inkl. LXXB und SyH gestützt. Der überschüssige Text ist offenbar eine Doppelübersetzung (gut Schreiner 1957, S. 70), anscheinend aber nicht von miggadiš wa´ad-qamah („vom Garbenhaufen bis zum Feld“), sondern von miqqamah wa´ad-gadiš („vom Feld bis zum Garbenhaufen“); so richtig Field I, S. 449. Anscheinend wurde in einer alten heb. Schrift die Reihenfolge beider Wörter vertauscht, wonach im Gr. die Übersetzung der richtigen Abfolge als Konflation neben die falsche in den Text geriet. (Zurück zu v.5)
gTextkritik: MT hat ein singuläres karm zajt, prima vista „Weingarten des Olivenbaums“. (1) Dies wird z.B. in b.Ber 35a, in b.B.M. 87b und von David Kimchi als „Oliven-Plantage“ erklärt. Dem folgen z.B. Keil 1863; Fishelis / Fishelis 1995 und Spronk 2019. (2) Doch LXX, VL und VUL ergänzen stattdessen ein und, Tg und Syr (Fehler in BHQ) noch weitergehend ein und bis, was stark gegen die Erklärung in b.Ber 35a & Co. spricht. Viele halten daher eine dieser Varianten für ursprünglich, z.B. BHS und zuletzt O'Connell 1996, S. 473 und BHQ im Kommentarteil *94. (3) Am besten erklärt man die Stelle aber mit Freedman 1971 (so auch Soggin 1981; Block 1999; Nelson 2017 und Kim 1993, S. 143f.272): Man nehme das -m in karm als „shared consonant“: miggadiš wa´ad-qamah wa´ad-karm(miz)zajt; der Text ist dann chiastisch formuliert, um zu unterstreichen, wie vollumfänglich die Feldfrüchte der Philister verbrannt werden: (a) vom Garbenhaufen (b) bis zum Feld (b') und bis zum Garten (a') vom Olivenbaum. (Zurück zu v.5)
hTextkritik: LXXA, O, L, VL, Syr, Tg-Mss und ca. 30 heb. Mss wie in der ersten Alternative; MT wird nur gestützt durch LXXB, VUL und Tg-Mss. Genauer steht in LXX meist die noch einmal etwas andere Variante, die oben als zweite Alternative übersetzt wurde. BHQ *94 und Nelson 2017 behaupten daher, LXX stütze eigentlich MT, aber das ist natürlich nicht so: das Haus ihres Vaters und ihr Vater sind zwei Varianten, die beide als Konflation in den Text gerieten; offensichtlich wurde also im Gr. ein und ihr Vater zu und das Haus ihres Vaters korrigiert. Insgesamt ist dies dann ein sehr starkes Zeugnis für die erste Alternative, die daher z.B. von Moore 1900, BHK, BHS und auch Boling 1975; Soggin 1981 und Webb 2012 für ursprünglich gehalten wird. Besser aber CTAT I, BHQ und die neuesten Ausleger:innen: Wahrscheinlich ist die Variante Assimilation an Ri 14,15 und die Variante in MT die ursprüngliche. (Zurück zu v.6)
itFN: Überraschend selten kommentierte Stelle; sie ist sehr schwierig zu übersetzen. Hier werden hintereinander die heb. Subjunktionen / Konjunktionaladverbien `im („Wenn“) und ki `im („wenn nicht; dennoch; nur, wenn“) verwendet. Die einzelnen Ausdrücke sind klar, wie aber diese Kombination zu übersetzen ist, ist fraglich (Houbigant 1777b, S. 274 sogar: „nullam habere interpretationem bonam potest“, „eine sinnvolle Deutung ist unmöglich“).
(1) Für gewöhnlich nimmt man den zweiten Ausdruck in der Bedeutung „durchaus“: „Wenn ihr solches tut, werde ich mich durchaus rächen!“. Ob das sprachlich möglich ist, ist aber ungewiss: Die Stellen, für die Ges18, S. 541 „durchaus“ listet, sind eigentlich als „wenn nicht...!“ zu übersetzen: „Wenn nicht X geschieht, [soll dies und jenes passieren!]“ – eine abgebrochene Selbstverfluchung, die im heb. häufiger als starker Schwur verwendet wird: „Unbedingt soll X geschehen!“ (vgl. ebd., zur Stelle vgl. am besten Studer 1842; und s. 1 Sam 26,10; 2 Kön 5,20; wohl nicht Jer 51,14). Der mittlere Satz könnte schon so übersetzt werden: „Wenn ich mich nicht an euch rächen werde...!“ Aber ob das auch noch mit einem zweiten Nebensatz bereits zuvor kombiniert werden kann („Wenn ihr solches tut – wenn ich mich nicht an euch rächen werde...!“), ist fraglich; gute Parallelen dafür gibt es jedenfalls nicht. Außerdem spricht dagegen die Verbform des zweiten Verbs („Ich räche mich / habe mich gerächt“), die daher z.B. Burney 1920 als ein „Perfekt der Sicherheit“ erklären will.
(2) Glatter ist daher die Deutung von Jongeneel 1868, S. 18: „Wenn ihr solches tut, werde ich mich dennoch an euch rächen“, sc. „Obwohl ihr das Übel aus eurer Mitte ausgerottet habt, werde ich dennoch noch zusätzlich Rache üben!“. Auch hierfür gibt es aber keine Parallelen und auch diese Deutung passt nicht gut zur Verbform.
(3) „Wenn ihr solches tut, außer, wenn ich mich an euch rächen werde...!“. So Ehrlich 1910, S. 134, der also den ersten Satz als abgebrochene Selbstverfluchung nimmt, die dann durch den zweiten Satz fortgesetzt würde. Dagegen spricht das selbe wie gegen (2).
Am besten daher (4) „Wenn ihr solches tut...! Erst, wenn ich mich an euch gerächt haben werde, werde ich danach aufhören“; man nehme also wie Ehrlich den ersten Satz als Selbstverfluchung, dann aber erst den mittleren Satz als Protasis und den letzten als durch sog. „Waw apodoseos“ eingeleitete Apodosis. Wahrscheinlich gibt es hierfür mit Gen 42,15 auch eine Parallele, bei der nur die Apodosis fehlt: „Wenn ihr von hier weggehen dürftet...! Nur, wenn euer jüngster Bruder hierher kommt!“. (Zurück zu v.7)
jTextkritik: LXXA, O, L, SyH, Theod und VL wie in der Alternative; die restlichen Zeugen stützen MT. Am besten grob wie Schreiner 1957, S. 120: „ich werde nicht zufrieden sein“ ist innergriechische Korruption von ekdikäso („ich werde mich rächen“), das in Cod. 85 auch wirklich am Rand steht, zu eudokäso; das heb. `im („wenn / durchaus“) wurde dabei als „nicht“ genommen (diese Erklärung ist besser als die von Schreiner und Harlé / Roqueplo 1999, der Ausdruck sei sehr freie Üs. von אחדל „ich werde aufhören“, die irgendwie an den Anfang des Satzes gerutscht wäre). VL's „ich werde euch nicht vergeben“ ist hiervon wiederum freie Übersetzung. Danach liest an einem das heb. ואחר („und danach“) als מאחד („von einem“) und und jedem von euch ist eine zweite freie Üs. von בכם („an euch“), bei der das jedem aus dem Gegensatz von einem vs. euch herausgesponnen wurde. Einen alternativen heb. Wortlaut setzt hiervon nichts voraus. Allerdings fehlt eine Übersetzung der letzten beiden Worte in LXXA, O, L, SyH und Theod ganz; VL dagegen hat sie. An sich könnte der kurze Satz durchaus spätere Ergänzung sein, aber gerade in diesem Vers wird man kaum guten Gewissens eine Variante aus LXX für ursprünglich halten können. (Zurück zu v.7)
kTextkritik: Er zog hinab nach den meisten Textzeugen, nur Syr und viele heb. Mss. er ging. Was davon ursprünglich ist, ist nicht mehr erkennbar; zum Fluss der Geschichte passt jedenfalls allemal MT besser (richtig Butler 2014). (Zurück zu v.8)
lTextkritik - LXXA, O, L wie in der ersten und VL wie in der zweiten Alternative; in V. 11 dagegen sprechen auch LXX und VL von einem „Fels-Spalt“. Vielleicht lag ihnen statt bisa´ip („in der Spalte“) das graphisch ähnliche ba`apiq vor („am Strom“ oder – hier dann gewiss gemeint – „in der Höhlung“. Vgl. סעיף mit אפיך; gut Schreiner 1957, S. 121). Oder aber dies ist nur Assimilation an Ri 16,4, „Er blieb am Strom Sorek“. Falls Schreiner recht hat, ist dies am ehesten eine alternative Überlieferung des Wortlauts. Auch literarische Gründe sprechen für die Ursprünglichkeit dieses Wortlauts, da dann der „Strom am Fels des Schreiers“ stark mit der „Quelle des Rufenden“ in V. 19 zusammenstimmen würde; s. auf der Kapitelseite. M.W. hat aber bisher niemand `apik für ursprünglich gehalten. (Zurück zu v.8)
mTextkritik: So Tg: „im Land des Hauses Juda“. „Juda“ wird von Tg auch in V. 11 als „Haus Juda“ übersetzt; hier steht aber ein zusätzliches „Land“, was dann vielleicht einen leicht erweiterten Text im Heb. bezeugt. Offensichtlich ist dies dann aber eine erläuterende Ergänzung: Simson und die Philister wechseln nun vom Stammesgebiet der Daniten in das der Judäer. (Zurück zu v.9)
nTextkritik: In diesem Vers finden sich in den Versionen mehrere Plusse, die aber so offensichtlich Ergänzungen sind, dass hier nicht weiter auf sie eingegangen werden muss: Da fragten [sie] [alle] Männer in Juda: „Warum seid ihr gegen uns hinaufgezogen?“ [Die Philister] antworteten: „Um Simson zu binden, sind wir hinaufgezogen, [und] um ihm zu tun, wie er uns getan hat!“ (Zurück zu v.10)
oTextkritik: Die kürzeste Variante steht nur in Syr: Wie sie getan haben. In MT, VL, VUL, Tg und den meisten LXX-Zeugen ist dies erweitert um ein mir, in LXXA, O um ein uns, in der äth. Üs. um ein euch – alles klar unterschiedliche Angleichungen an V. 10. So deutet m.W. (S.W.) überraschender Weise bisher niemand, aber angesichts der Varianten ist das offensichtlich. (Zurück zu v.11)
pTextkritik: Das Textplus nicht töten und ihnen übergeben werdet, auch wenn steht nur in LXXA, O, L und VL. Kim 1993, S. 160 hält es für ursprünglich, weil dann V. 12 besser mit V. 13 zusammenstimmt, und erklärt das Minus in MT gut als Haplographie, wohingegen BHQ und auch sonst alle Ausleger:innen dieses Plus für eine Assimilation an V. 13 halten. Tatsächlich stimmt V. 12 mit diesem Plus gerade nicht mit V. 13 zusammen: In V. 12 nimmt Simson den Judäern das Versprechen ab, „ihn nicht zu töten und zu übergeben, auch wenn sie ihn schlagen“, in V. 13 stimmen die Judäer eilig zu, sie wollten ihn „nicht töten, sondern nur übergeben“, und auf das „schlagen“ wird gar nicht eingegangen. Sollte das Plus Angleichung an V. 13 sein, hätte man doch ergänzt: „Schwört mir dass ihr mich nicht töten werdet, auch wenn ihr gegen mich vorgeht und ihnen übergebt.“ Versuchsweise wird daher hier dem Vorschlag von Kim gefolgt. (Zurück zu v.12)
qTextkritik: MT, Tg, Syr: „Dieser kam“. LXXA, O, L, SyH, VL dagegen „Und dieser kam“, LXXB teilweise „Und sie kamen“ (fehlt in BHQ). Vielleicht fehlte ursprünglich das Pronomen aus MT? Am Sinn ändert es aber wenig; gewiss wird man nicht nur wegen LXXB einen Plural für ursprünglich halten dürfen. (Zurück zu v.14)
rTextkritik: Im MT die selbe gram. Konstruktion wie in Ri 14,5; w. „Die Philister jauchzten ihm begegnend“. Anders als dort hat aber hier LXX ein zusätzliches rannte. Das könnte nur nach dem Sinn ergänzt sein (so Harlé / Roqueplo 1999, S. 214); vielleicht aber wurde auch wirklich, wie die meisten denken, heri´u doppelt übersetzt und einmal als „jauchzen“ von ru´ und einmal als „rennen“ von ruṣ abgeleitet. So und so setzt die Variante keinen anderen heb. Text voraus. (Zurück zu v.14)
sTextkritik: So LXXA, O, L; SyH; Theod; VLAug (fehlt in BHQ); die restlichen Textzeugen inkl. VLLugd wie in der Primärübersetzung. Gewiss Assimilation an Ri 16,9 (richtig Moore 1900). (Zurück zu v.14)
tTextkritik: Armen laut LXXA, O, SyH, Sym, Theod; die restlichen Textzeugen inkl. LXXB, L, VL wie MT: Händen. Was BHQ gegen Sym und Theod einwendet, verstehe ich (S.W.) nicht; so und so ist Arme aber gewiss Assimilation an das vorangehende Nomen. Vielleicht unter Einfluss der in t.Schab 9,15 bewahrten jüd. Auslegung: „Woher wissen wir, dass ‚Arm‘ das selbe bedeutet wie ‚Hand‘? – Weil es [in Ri 15,14] heißt: ‚~‘. (Zurück zu v.14)
uTextkritik: MT steht allein mit „frisch“. Stattdessen haben LXX und VUL „weggeworfen“ oder „auf den Weg geworfen“, Tg „im Schmutz“ (nicht „schwanger“, wie BHQ nach Smelik übersetzt), Syr „hart“ und VL „riesig“. LXX und VUL leiten dabei aber gewiss ab vom aramäischen statt vom hebräischen ṭarj („werfen“ statt „frisch sein“; richtig Schreiner 1957, S. 109), woraus sich auch Tg's „im Schmutz“ gut erklären lässt – auch LXX ergänzt ja teilweise ähnlich noch zusätzlich „auf dem Weg“. Syr's „hart“ könnte freie Übersetzung von „frisch“ sein, s. auf der Kapitelseite. Unerklärt ist dann nur VL's „riesig“, was man dann aber am besten als freie Eintragung des Übersetzers nimmt: Natürlich muss der Knochen „groß“ sein, wenn damit 1000 Mann erschlagen werden. Oder wurde maxillam („Unterkieferknochen“) zu maximam („sehr groß“) verschrieben und dies dann wiederum stilistisch zu ingentem („riesig“) korrigiert, was dann „weggeworfen“ verdrängte? Beides ist möglich. Ist das richtig, zeugt keine dieser Varianten von einem alternativen heb. Wortlaut. (Zurück zu v.15)
vTextkritik: Zu dieser Stelle wurde das Nötigste bereits auf der Kapitelseite gesagt. Hier ist nur noch zu fragen: Bezeugen wirklich LXX, JosAnt, VL, VUL, Tg und Syr alle die Vokalisation ḥamor ḥimmartim? Dann wäre das ein sehr starkes Argument dafür, auch für den heb. Text von dieser Vokalisierung auszugehen, wie das auch Moore 1900, BHK, BHS, CTAT und BHQ tun. Bei LXX, VL und VUL ist das offensichtlich: LXX hat mit exaleifon exäleipsa („anstreichend strich ich an“ = „auslöschend löschte ich aus“, s. Kapitelseite) zwei Verben, VUL ist frei formulierte Variante von VL, und auch VL hat klar zwei Verben: delens delebo („auslöschend löschte ich aus“). Bei JosAnt ist es unsicher, s. auf der Kapitelseite zu (3e). Bei Tg und Syr schließlich ist es eher nicht so: Tg hat Verb + Nomen, „ich warf zu Haufen“, Syr ähnlich Nomen + Verb: „Zu Haufen häufte ich“. Bei beiden steht das Nomen im Plural; Entsprechung davon ist im Heb. also sehr wahrscheinlich das Dual-Nomen ḥamoratajim. Dann müssen Tg und Syr nur das erste Wort als Infinitiv gesprochen (also ḥāmor statt ḥamor) und als Vollverb gedeutet haben (wie z.B. Pred 4,2), um mit MT zu ihrer Übersetzung zu kommen. Dass Tg und Syr nicht wie MT, sondern wie LXX, VL und VUL vokalisierten, ist also mindestens unwahrscheinlich. Dann stehen hier wieder wie schon häufiger allein in der Simson-Saga MT, Tg und Syr gegen LXX, VL und VUL, und dass sich aus der LXX-Variante sekundär gerade der Dual entwickelt haben soll, so dass von beiden Varianten die von LXX die ursprüngliche wäre, ist fast ausgeschlossen. Präf. daher durchaus mit den meisten Kommentatoren und gegen alle Textkritiker MT.
Anm. d. Üs. (S.W.): Übrigens ist das Hauptargument, das CTAT und dann auch BHQ für die LXX-Variante haben, äußerst schwach. Es lässt sich besser formulieren, wird aber auch dann nicht viel stärker. Es geht so: Es gibt eine Textvariante zu b.Naz 4b (s. gleich). Barthélemy und Fernandez Marcos nehmen an, dass auch die für diese Variante verantwortlichen Schreiber von b.Naz 4b die Vokalisierung gekannt hätten, die hinter der Üs. unserer Stelle durch LXX steht, dass also neben LXX, VL und VUL auch noch diese Schreiber Textzeugen für diese Vokalisierung seien. Die Stelle lautet nämlich wie bei Kap. 14 zitiert wie folgt: „Woher wissen wir, dass Simson durch Kontakt mit Leichen verunreinigt wurde? Daher, dass es heißt: ‚Mit dem Kieferknochen eines Esels erschlug ich 1000 Mann‘ etwa? [Nein:] Vielleicht hat er [schließlich] damit nach ihnen geworfen und so nicht berührt.“ Das ist nach talmudischer Denke ein logischer Vorschlag: Wäre er im Moment ihres Todes mit den feindlichen Kriegern in Kontakt gewesen, hätte er „Leichen berührt“, hätte er den Kieferknochen dagegen als Wurfgeschoss verwendet, wäre das nicht der Fall gewesen. Nun gibt es eine Variante zu diesem Text, statt grwjj („er hat geworfen“) nämlich grdwjj. garad heißt „abschaben, schälen“, z.B. in b.Schab 115a: „sie pflegten, Kürbisse zu schälen“. „Vielleicht hat er sie mit seinem Eselskieferknochen geschält?“ entspricht also dem Vorschlag (3b) auf der Kapitelseite: Man geht mit Michaelis 1792, S. 831 nach dem Arabischen davon aus, dass es im Heb. auch ein Verb ḥamar mit der Bed. „schälen“ gegeben habe, wonach ḥamor ḥimmartim zu übersetzen wäre: „Mit dem Kieferknochen eines Esels habe ich sie schälend geschält“. In der stärkeren Variante dieser Argumentation kann man dann davon ausgehen, dass auch den für die Variante in b.Naz 4b verantwortlichen Schreibern diese Vokalisierung des MT bekannt gewesen ist und sie deshalb das sinnvolle grwjj („er hat geworfen“) zum sinnlosen grdwjj („er hat geschält“) verschrieben haben.
Das ist nicht die Argumentation von Barthélemy und Fernandez Marcos: Sie bleiben hier nicht stehen, sondern verweisen weiter auf Mi 7,11, wo LXX angeblich das Nomen gader („Mauern“) mit dem selben Verb „anstreichen, auslöschen“ übersetzt hat wie hier, glauben deshalb, dort habe einmal stattdessen garad („schälen“) gestanden, weil sie annehmen, dass das gr. exaleifo („anstreichen, auslöschen“), das Barthélemy mit „schinden“ und Fernandez Marcos merkwürdigerweise mit „zerschmettern“ übersetzen, davon eine erwartbare Übersetzung wäre, wonach B. anders als F. sogar noch weiter argumentiert, offenbar sei also in b.Naz 4b das „vielleicht hat sie damit ja geschält“ eine midraschische Auslegung von unserem Vers.
Von hinten nach vorne: „Vielleicht hat er sie ja damit geschält?“ in b.Naz 4b ist gewiss keine Auslegung von unserem Vers, sondern ein in diesem Kontext offensichtlich sinnloser Schreibfehler. Die Übersetzung „zerschmettern“ von ''exaleifo ist schlicht falsch. exaleifo („anstreichen, ausradieren“) ist auch keine erwartbare Übersetzung von garad („schälen“) und auch nicht von ḥamar, wenn man auch dafür die Bed. „schälen“ annimmt; in Mi 7,11 ist es besser erklärt via ḥaqaq („schneiden, eingravieren“; s. dort: jirḥaq-ḥoq; ähnlich z.B. BHS). Wie CTAT und BHQ weiter-argumentieren, liegt also ganz fern.
Könnte man dann immerhin annehmen, dass wenigstens hinter einem Schreibfehler grdwjj für grwjj die Vokalisierung ḥamor ḥimmartim stand? Nur dann, wenn man wirklich mit Michaelis neben den sicheren Verben ḥamar I („rot sein“), ḥamar II („brennen, kochen“) und dem wahrscheinlichen ḥamar III („aufhäufen“) ein viertes (!) Verb ḥamar mit der Bed. „schälen“ annimmt, wonach das erste LXX und das zweite grdwjj in b.Naz 4b erklärte. Aber dagegen richtig Moore 1900, S. 57: „[Wenn man Mi 7,11 nicht veranschlagt,] gibt es im Hebräischen [sonst] keine Spur für eine solche Bedeutung.“ Auch in der stärkeren Variante liegt es also äußerst fern, auch b.Naz 4b als Textzeugen für besagte Vokalisierung zu nehmen. (Zurück zu v.16)
wTextkritik: In zwei LXXL-Mss fehlt „großer“, VL hat zusätzlich „Durst bis zum Tod“. LXXL insgesamt hat außerdem ein zusätzliches „Samson“, das im Heb. an der selben Stelle wie „groß“ gestanden hätte (fehlt alles in BHQ). Das könnte man insgesamt so werten, dass LXXL nur „Er hatte Durst“ vorliegen hatte, was dann unterschiedlich zu „Samson hatte Durst“, „Er hatte großen Durst“ und „Er hatte Durst bis zum Tod“ ergänzt worden wäre. Aber das direkte Zeugnis für die kürzeste Variante ist sehr schwach. (Zurück zu v.18)
xTextkritik: LXXR wie Variante 1: euodosas („du führtest“). LXXB wie Variante 2: eudokäsas („du hattest Gefallen“; beides fehlt in BHQ). Variante 1 ließe sich auch gut aus dem Heb. erklären: נחת statt נתת (gut Schreiner 1957, S. 122). Aber spätestens Variante 2 ist gewiss nur innergriechische Korruption daraus oder aus edokas („du gabst“; vgl. ebd., S. 132). (Zurück zu v.18)