Markus 1: Unterschied zwischen den Versionen

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{{L|1}} Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes
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{{L|1}} Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes.
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((Johannes der Täufer))
 
{{L|2}} Es steht geschrieben im Buch des Propheten Jesaja: „Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der dir den Weg vorbereiten wird.“
 
{{L|2}} Es steht geschrieben im Buch des Propheten Jesaja: „Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der dir den Weg vorbereiten wird.“
 
{{L|3}} „Es ruft eine Stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn vor; macht seine Pfade gerade.“
 
{{L|3}} „Es ruft eine Stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn vor; macht seine Pfade gerade.“
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{{L|7}} Und er predigte: Nach mir kommt einer, der stärker ist, als ich. Ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen seiner Sandalen zu binden.  
 
{{L|7}} Und er predigte: Nach mir kommt einer, der stärker ist, als ich. Ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen seiner Sandalen zu binden.  
 
{{L|8}} Ich habe euch mit Wasser getauft, er wird euch aber mit dem Heiligen Geist taufen.  
 
{{L|8}} Ich habe euch mit Wasser getauft, er wird euch aber mit dem Heiligen Geist taufen.  
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((Jesu Taufe))
 
{{L|9}} Zu dieser Zeit geschah folgendes: Jesus kam aus Nazareth in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.  
 
{{L|9}} Zu dieser Zeit geschah folgendes: Jesus kam aus Nazareth in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.  
 
{{L|10}} In dem Moment, als er aus dem Wasser stieg, sah er, wie der Himmel geöffnet wurde und der Geist wie eine Taube zu ihm herab kam.  
 
{{L|10}} In dem Moment, als er aus dem Wasser stieg, sah er, wie der Himmel geöffnet wurde und der Geist wie eine Taube zu ihm herab kam.  
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{{L|14}} Nachdem Johannes verhaftet worden war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes
 
{{L|14}} Nachdem Johannes verhaftet worden war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes
 
{{L|15}} und sagte: Der richtige Zeitpunkt ist eingetreten und Gottes Königsherrschaft ist nah. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!
 
{{L|15}} und sagte: Der richtige Zeitpunkt ist eingetreten und Gottes Königsherrschaft ist nah. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!
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((Die Berufung der ersten vier Jünger))
 
{{L|16}} Während er am Meer von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, die grade Netze ins Meer auswarfen. Sie waren nämlich Fischer.  
 
{{L|16}} Während er am Meer von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, die grade Netze ins Meer auswarfen. Sie waren nämlich Fischer.  
 
{{L|17}} Und Jesus sagte zu ihnen: Kommt, folgt mir nach, dann werde ich euch zu Menschenfischern machen.  
 
{{L|17}} Und Jesus sagte zu ihnen: Kommt, folgt mir nach, dann werde ich euch zu Menschenfischern machen.  
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{{L|19}} Und nachdem er ein wenig weitergegangen war, sah er Jakobus, den Sohn von Zebedäus, und seinen Bruder Johannes. Auch sie saßen im Boot und brachten ihre Netze in Ordnung.
 
{{L|19}} Und nachdem er ein wenig weitergegangen war, sah er Jakobus, den Sohn von Zebedäus, und seinen Bruder Johannes. Auch sie saßen im Boot und brachten ihre Netze in Ordnung.
 
{{L|20}} Sofort rief er sie. Und sie ließen ihren Vater mit den bezahlten Arbeitern im Boot zurück und gingen ihm nach.
 
{{L|20}} Sofort rief er sie. Und sie ließen ihren Vater mit den bezahlten Arbeitern im Boot zurück und gingen ihm nach.
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((Jesus lehrt mit Vollmacht))
 
{{L|21}} Daraufhin gingen sie nach Kafernaum. Am Sabbat begann er direkt in der Synagoge zu lehren.
 
{{L|21}} Daraufhin gingen sie nach Kafernaum. Am Sabbat begann er direkt in der Synagoge zu lehren.
 
{{L|22}} Die Leute waren tief beeindruckt von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat und nicht wie die Schriftgelehrten.
 
{{L|22}} Die Leute waren tief beeindruckt von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat und nicht wie die Schriftgelehrten.
{{L|23}} Doch dann war da in ihrer Synagoge ein Man mit einem unreinen Geist, der schrie:  
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{{L|23}} Doch dann war da in ihrer Synagoge ein Mann mit einem unreinen Geist, der schrie:  
 
{{L|24}} Was willst du von uns, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: Du bist der Heilige Gottes.  
 
{{L|24}} Was willst du von uns, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: Du bist der Heilige Gottes.  
 
{{L|25}} Und Jesus befahl ihm: Sei still und komm aus ihm heraus!
 
{{L|25}} Und Jesus befahl ihm: Sei still und komm aus ihm heraus!
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{{L|28}} Bald verbreitete sich Jesu Ruf überall in Galiläa und der ganzen Umgebung.
 
{{L|28}} Bald verbreitete sich Jesu Ruf überall in Galiläa und der ganzen Umgebung.
 
{{L|29}} Sie verließen die Synagoge und gingen zum Haus von Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes.
 
{{L|29}} Sie verließen die Synagoge und gingen zum Haus von Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes.
{{L|30}} Simons Schwiegermutter lag mit Fieber im Bett und sie erzählten im gleich von ihr.
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((Jesus heilt viele Kranke))
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{{L|30}} Simons Schwiegermutter lag mit Fieber im Bett und sie erzählten ihm gleich von ihr.
 
{{L|31}} Er ging zu ihr, nahm ihre Hand und half ihr aufzustehen. Da ging das Fieber weg und sie bewirtete sie.
 
{{L|31}} Er ging zu ihr, nahm ihre Hand und half ihr aufzustehen. Da ging das Fieber weg und sie bewirtete sie.
{{L|32}}
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{{L|32}} Als es Abend geworden und die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und alle Besessenen zu ihm
{{L|33}}
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{{L|33}} und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt.
{{L|34}}
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{{L|34}} Er heilte viele Kranke von verschiedenen Krankheiten und trieb viele Dämonen aus. Die Dämonen ließ er aber nicht zu Wort kommen, weil sie ihn kannten.
{{L|35}}
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{{L|36}}
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((Jesus predigt in ganz Galiläa))
{{L|37}}
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{{L|35}} Früh morgens, als es noch ganz dunkel war, stand er auf, ging hinaus und zog sich an einen abgeschiedenen Ort zurück, wo er betete.
{{L|38}}
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{{L|36}} Simon und die, die bei ihm waren, eilten ihm nach.
{{L|39}}
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{{L|37}} Und als sie ihn gefunden hatten, sagten sie ihm: Alle fragen nach dir!
{{L|40}}
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{{L|38}} Er entgegnete ihnen: Lasst uns lieber anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort predigen kann. Zu diesem Zweck bin ich nämlich gekommen.
{{L|41}}
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{{L|39}} Und er zog durch ganz Galiläa, predigte in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus.
{{L|42}}
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{{L|43}}
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((Ein Geheilter bricht den Schweigebefehl))
{{L|44}}
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{{L|40}} Ein Aussätziger kam zu ihm, der ihn anflehte und auf die Knie fiel. Er rief ihm zu: Wenn du willst, kannst du mich heilen!
{{L|45}}
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{{L|41}} Und Jesus hatte Mitleid. Darum streckte er seine Hand aus, berührte ihn und sagte zu ihm: Ich will, also sei gesund!
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{{L|42}} Sofort verschwand der Aussatz und er wurde geheilt.
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{{L|43}} Jesus schickte ihn auf der Stelle fort und befahl ihm streng:
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{{L|44}} Erzähle niemandem etwas hiervon, sondern geh und zeige dich dem Priester und bringe dann für deine Heilung das Opfer dar, das Mose vorgeschrieben hat. Das soll ein Zeichen für sie sein.
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{{L|45}} Doch der Mann ging weg und fing an, überall davon zu erzählen und die Geschichte zu verbreiten, sodass Jesus nicht länger in der Lage war, unerkannt eine Stadt zu betreten. Stattdessen hielt er sich außerhalb in unbewohnten Gegenden auf. Dennoch kamen die Leute weiterhin von überall her zu ihm.
  
 
{{Bemerkungen}}
 
{{Bemerkungen}}
  
 
{{Studienfassung}}
 
{{Studienfassung}}
{{S|1}} [Der] Anfang
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{{S|1}} [Der] Anfang der frohen Botschaft
<ref>''[Der] Anfang'' Der determinierende Artikel kann bei abstrakten oder eindeutigen Substantiven (Siebenthal 2011, §133a) fehlen, in der Übersetzung wurde er ergänzt. ''Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes'' Hier zeigt der fehlende Artikel am Buchanfang, bei einem Gottestitel als Apposition, Förmlichkeit an (BDR §268.2). </ref>
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<ref>Das Wort [[Evangelium]] (gr. εὐαγγέλιον) steht hier noch nicht als literarische Bezeichnung, sondern für die christliche Heilsbotschaft von Jesus.
des Evangeliums
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<ref>''Evangelium'' (Gr. εὐαγγέλιον) bedeutet etwa „(gute) Neuigkeit“. Hier steht es noch nicht als literarische Bezeichnung, sondern für die christliche Heilsbotschaft von Jesus. Der Ursprung dieses Begriffs liegt nicht im Alten Testament, wo allerdings schon von Boten die Rede ist, die eine gute Nachricht von Gottes Eintreffen und Eingreifen bringen (beispielsweise Jes 40,9; 52,7; 61,1). Wahrscheinlich gebraucht Markus ihn bewusst im direkten Kontext der in V. 2-3 folgenden Zitate, wo Johannes zu dem Boten und Jesus gewissermaßen zum Inhalt der Botschaft wird. <br />
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<br/>''frohe Botschaft von Jesus Christus'' Im Griechischen steht hier ein Genitiv, den man sowohl objektiv (ein Evangelium ''über'' Jesus / das von Jesus handelt) oder subjektiv (ein Evangelium das von Jesus stammt oder von ihm verkündet wird) verstehen kann. Inhaltlich sind beide Deutungen nicht verkehrt (Jesus verkündet es selbst in V. 14-15). Markus meint aber wohl ein Evangelium, das Christus zum Inhalt hat, da Markus Begebenheiten ''über'' Jesus festhält (France 2002, 53). Die gewählte Übersetzung mit ''von'' lässt bewusst beide Deutungsmöglichkeiten offen.
Zur Zeit des Neuen Testaments bedeutete jegliche Nachricht von oder über den Kaiser ein ''Evangelium''. Im Rahmen der Ideologie des römischen Kaiserkults galt der Kaiser als übermenschlich, weshalb seine Verlautbarungen gute Nachrichten sein mussten, die Freude auslösten und Glück und Heil brachten. Auch Nachrichten von der Geburt oder Thronbesteigung des Kaisers waren ''Evangelium''. Im Neuen Testament bezeichnet der Begriff im Kontrast dazu ''die'' frohe Botschaft über die angebrochene Herrschaft ''des einen'' Königs (Friedrich, εὐαγγελίζομαι, εὐαγγέλιον, προευαγγελίζομαι, εὐαγγελιστής, in: TDNT, 707-37; France 2002, 52f.). Allerdings ist unklar, wie groß der Einfluss des Kaiserkults (und damit diese bewusste Parallele) auf die Prägung des christlichen Begriffs war. Er könnte einfach im Rahmen der urchristlichen Verkündigung als Bezeichnung für die Botschaft der Kirche aufgekommen sein (Guelich 1989, 13f.). </ref>
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von Jesus Christus
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<br/>''[Der] Anfang'' Der determinierende Artikel kann bei abstrakten oder eindeutigen Substantiven (Siebenthal 2011, §133a) fehlen, in der Übersetzung wurde er ergänzt. ''Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes'' Hier zeigt der fehlende Artikel Förmlichkeit an, da er am Buchanfang und mit einem Gottestitel als Apposition steht (BDR §268.2). </ref>
<ref>''Evangelium von Jesus Christus'' Im Griechischen steht hier ein Genitiv, den man sowohl objektiv (ein Evangelium ''über'' Jesus, das von Jesus handelt) oder subjektiv (ein Evangelium ''von'' Jesus, also eines, das von Jesus stammt oder verkündet wird) verstehen kann. Inhaltlich sind beide Deutungen nicht verkehrt (Jesus verkündet es selbst in V. 14-15), aber die objektive steht wohl im Vordergrund, da Markus Begebenheiten ''über'' Jesus festhält (France 2002, 53). Die aus stilistischen Gründen gewählte Übersetzung mit ''von'' lässt bewusst beide Deutungsmöglichkeiten offen. </ref>
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(Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes)
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von Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes,
<ref>''Jesus Christus (Jesus Christus, dem Sohn Gottes)'' Der Zusatz „dem Sohn Gottes“ ist möglicherweise eine nachträgliche Einfügung. Die erhaltenen Handschriften geben kein einheitliches Bild ab. Eine spätere Einfügung wäre ebenso denkbar wie die Annahme, dass die beiden Wörter zum ursprünglichen Text gehören. In keinem denkbaren Fall bietet sich eine naheliegende Erklärung für die Entstehung der jeweils anderen Variante an. Viele Kommentare lassen die Frage offen oder tendieren eher zum kürzeren Text. Die meisten Übersetzungen entscheiden sich jedoch dafür, sie als ursprünglich anzusehen. Mit dem Vorzug der kürzeren Lesart in dieser Übersetzung ist keinerlei theologische Aussage beabsichtigt. Es folgt nun eine ausführlichere Besprechung: <br />
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<ref>Dass dem einleitenden Satz eines Buchs ein Verb fehlt, ist nicht ganz ungewöhnlich, wie der Vergleich mit Mt 1,1; Offb 1,1 sowie mehreren atl. Schriften zeigt. Ganz ähnlich beginnt auch Hos 1,2 LXX, doch erst nach der Überschrift („Anfang von JHWHs Botschaft an Hosea“, Gr. ἀρχὴ λόγου κυρίου πρὸς Ωσηε)(France 2002, 51).</ref>
Textkritik: Textkritisch umstritten ist die längere Variante Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ θεοῦ „von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“. υἱοῦ θεοῦ wird bezeugt von 011 B D W Γ sowie allen lateinischen, syrischen und koptischen Zeugen. Nur Ἰησοῦ Χριστοῦ lesen 01* Θ 28 l 2211, einige sahidische Handschriften und Origines; SBLGNT, Tischendorf und WH schließen sich an. Die byzantinischen Zeugen lesen υἱοῦ τοῦ θεοῦ. Die Bezeugung bei den Kirchenvätern ist uneinheitlich, besonders da viele beide Varianten kennen (Willker 2013, 7f). Die kürzere ist bei ihnen jedoch etwas weiter verbreitet, wohingegen die längere nicht vor 400 n. Chr. bezeugt ist (Head 1991, 626). Offenbar sind beide sehr alt, wobei die längere Lesart – rechnet man die byzantinische Unterstützung mit ein – in den Handschriften etwas besser bezeugt ist. Wenn sie ursprünglich ist, hätte ein Abschreiber die beiden (damals im Text mit Anfangs- und Endbuchstaben abgekürzten) Wörter versehentlich weglassen müssen (Homoioteleuton): ...ΟΥΙ̅Υ̅Χ̅Υ̅(Υ̅Υ̅Θ̅Υ̅) (Guelich 1989, 6). Doch so ein Abschreibfehler wäre gerade am Anfang eines Buchs etwas schwerer vorstellbar. Für die kürzere Lesart sprechen einige eindeutige Beispiele, wo im Laufe der Überlieferung Gottestitel ergänzt worden sind – gerade bei Markus ist Jesu Gottessohnschaft zentrales Thema, was zu der Hinzufügung verleiten könnte (Head 1991, 627; Collins 2007, 130; s.a. Pesch 1976, 74, dagegen Wasserman 2010). Dann könnte die kürzere Variante als die schwierigere gelten! Keine der beiden internen Erklärungen ist jedoch ganz befriedigend. So erklärt Metzger sowohl die interne als auch die externe Evidenz für so ausgewogen, dass die Herausgeber von NA keine Entscheidung für oder gegen die längere Variante treffen wollten (Metzger, Textual Commentary <sup>2</sup>1994, 62; vgl. France 2002, 49). Da für die Übersetzung eine Festlegung leider unausweichlich war, haben wir die von der Mehrheit der modernen Exegeten bevorzugte kürzere Lesart vorgezogen, die längere Variante jedoch in der Klammer platziert. </ref>,
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<ref>Dass dem einleitenden Satz eines Buchs ein Verb fehlt, ist nicht ganz ungewöhnlich, wie der Vergleich mit Mt 1,1 und Offb 1,1 und mehreren atl. Schriften zeigt. Ganz ähnlich beginnt auch Hos 1,2 LXX (ἀρχὴ λόγου κυρίου πρὸς Ωσηε). </ref>
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{{S|2}} wie es im [Buch] des Propheten Jesaja heißt (geschrieben steht):
{{S|2}} wie es im [Buch] des Propheten Jesaja
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<ref>''Wie es ... heißt'' Diese Wendung verbindet V. 2-3 entweder mit V. 1 („Der Anfang..., wie es heißt“) oder mit V. 4 („Wie es heißt: ..., trat Johannes auf...“). Anderswo in der Bibel steht diese Zitatformel immer hinter der zu belegenden Aussage. Auch das gr. Wort für ''wie'', καθώς, steht sonst nie am Anfang des Vergleichs (Guelich 1989, 7). Aber in diesem Fall bildet V. 1 einen elliptischen, überschriftartigen Einleitungssatz, der sich vom Rest abhebt. Das könnte der Grund für die Ausnahme sein. Es entspricht ganz Markus’ Stil, dass er nach der kurzen Einleitung rasch fortfährt, ohne noch einmal neu einzusetzen (France 2002, 51). <!-- Hier gibt es noch einzelne weitere Meinungen, die z.B. mit der Redaktion zu tun haben. -->
<ref>''des Propheten Jesaja'' Textkritik: τῷ Ἠσαΐᾳ τῷ προφήτῃ steht u.a. in den Zeugenא B L Δ 33. Dagegen lesen A K P W Γ, der Mehrheitstext und einige andere Zeugen τοῖς προφήταις „den Propheten“, was offensichtlich eine Korrektur ist, weil nur ein Teil des Zitats von Jesaja stammt (s. übernächste Fußnote)(vgl. France 2002, 62). </ref>
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<br/>''des Propheten Jesaja'' – andere Handschriften: „den Propheten“ (Plural)</ref>
heißt (geschrieben steht):
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„Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her
<ref>''Wie es ... heißt'' Diese Wendung verbindet V. 2-3 entweder mit V. 1 („Der Anfang..., wie es heißt“) oder mit V. 4 („Wie es heißt: ..., trat Johannes auf...“). Mit dieser Zitatformel eingeleitete Belege folgen in der Bibel immer auf die zu belegende Aussage, was schon die verwendete Konjunktion καθώς vorauszusetzen scheint (Guelich 1989, 7). Da V. 1 allerdings einen elliptischen, überschriftartigen Einleitungssatz bildet, der sich vom Rest abhebt, könnte man stattdessen eine Verbindung zu V. 4 herstellen. Es entspricht ganz Markus' Stil, dass er nach der kurzen Einleitung rasch fortfährt, ohne noch einmal neu einzusetzen (France 2002, 51). <!-- Hier gibt es noch einzelne weitere Meinungen, die z.B. mit der Redaktion zu tun haben. --></ref>
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<ref>''vor dir her'' Gr. πρὸ προσώπου σου, w. etwa „vor deiner Gegenwart“ (traditionell häufig: „vor deinem Angesicht“). Dabei handelt es sich um einen [[Hebraismus]], der das Gleiche heißt wie „vor (...her)“ (NSS). </ref>,
„Siehe, ich sende meinen Boten vor dir
+
der dir den Weg bereiten (alles für dich vorbereiten) wird.“{{par|Exodus|23|20}}{{par|Maleachi|3|1}}{{par|Matthäus|11|10}}{{par|Lukas|7|27}}
<ref>''vor dir'' Gr. πρὸ προσώπου σου, etwa „vor deiner Gegenwart“ (traditionell häufig: „vor deinem Angesicht“). Dabei handelt es sich um einen Hebraismus, der in diesem Fall einfach wie Gr. πρὸ mit „vor“ übersetzt werden sollte (NSS). </ref>
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{{S|3}} „Stimme eines Rufenden in der Wüste (Wildnis):
her, der dir den Weg bereiten (alles für dich vorbereiten) wird.“{{par|Exodus|23|20}}{{par|Maleachi|3|1}}{{par|Matthäus|11|10}}{{par|Lukas|7|27}}
+
<ref>''Stimme eines Rufenden in der Wüste'' Dass hier kein Verb steht, liegt daran, dass der griechische AT-Text sehr wörtlich aus dem Hebräischen übersetzt ist, wo solche gerafften, verblosen Formulierungen nicht ungewöhnlich sind. </ref>
{{S|3}} „Stimme eines Rufenden in der Wüste (Wildnis): ‚Bereitet den Weg des Herrn vor, macht seine Pfade gerade‘“,{{par|Jesaja|40|3}}
+
‚Bereitet den Weg des Herrn vor, macht seine Pfade gerade‘“,
<ref>Genau genommen stammt nur das Kernstück des Zitats in V. 3 von Jesaja (Jes 40,3 LXX). V. 2b zitiert stattdessen eine thematisch verwandte Prophetie aus Mal 3,1. Jesaja greift in dem zitierten Abschnitt auf die Auszugsgeschichte zurück, wenn er einen ähnlich von Gott geführten Auszug aus dem Exil in Aussicht stellt, der von einem Boten (dem „Rufenden“ angekündigt wird. Gerade die ersten Verse von Jes 40 sind dabei eine Schlüsselstelle für die Hoffnungen der Juden auf die Wiederherstellung alter Größe. In der Wüste (am Sinai) liegen die Anfänge des alten Israel, und in der Wüste verorteten Jesu Zeitgenossen (beispielsweise die Qumran-Gemeinschaft) auch die Anfänge des neuen Israel. <br />
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<ref> Anders als von Markus angeben ist das Zitat eine Zusammenstellung aus Jesaja (Jes 40,3 LXX) und Maleachi 3,1.</ref>
Markus mischt die Botschaft von Jesaja jedoch mit der von Maleachi (V. 2b). Der Prophet geht auf die Enttäuschung ein, die sich in Juda verbreitete, als sich Jesajas Prophetie nach dem Exil nicht verwirklichte. Er findet die Schuld im fortgesetzten Ungehorsam des Volks, der den neuen Exodus verhindert. Dabei spielt wohl schon Mal 3,1 in seiner Ausdrucksweise auf den sehr ähnlich formulierten Vers Ex 23,20 an. Wie beim Auszug aus Ägypten ist auch nach dem Exil der Ungehorsam des Volkes dafür verantwortlich, dass JHWH nicht direkt heilbringend wirkt, sondern erst ein Bote sein Kommen ankündigen muss, damit das Volk Gottes Gericht überlebt. Der Evangelist stellt diesen Zusammenhang heraus, indem er in seinem sonst freien Zitat den Abschnitt „ich sende meinen Boten vor dir her“ Ex 23,20 LXX entnimmt (Mal 3,1 LXX lautet: „Siehe, ich sende meinen Boten, und er wird vor mir den Weg überwachen, und plötzlich wird in seinen Tempel kommen der Herr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, den ihr wollt, ja/siehe, er kommt, spricht der Herr, der Allmächtige“). <br />
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{{par|Jesaja|40|3}}{{par|Matthäus|3|3}}{{par|Lukas|3|4}}{{par|Johannes|1|23}}
Markus sieht den Zeitpunkt nun gekommen, an dem dieser Bote auftritt. Er identifiziert Johannes mit dem angekündigten Boten, der das Volk zur Umkehr bewegen soll, und Jesus als den Gott, der in Mal 3,1 sein Kommen zum Gericht ankündigt hat. Seine Mission scheitert allerdings, was nach dem formalen Eintreffen Gottes in seinem Tempel zu Gericht führt (Mk 11). Am Ende wird Israel als Volk durch Gericht untergehen (Mk 13). Gott erfüllt seinen Plan stattdessen auf andere Weise (Mk 12,9-11), sodass die gute Nachricht von Gottes Kommen in Jesus (Mk 1,1) für die Erwählten, die auf Jesus und seinen Vorboten hören, tatsächlich eine gute ist. (Watts 2007, 113-20; France 2002, 56ff.; Collins 2007, 135-38). </ref>{{par|Matthäus|3|3}}{{par|Lukas|3|4}}{{par|Johannes|1|23}}
 
 
{{S|4}} trat Johannes der Täufer in der Wüste (Wildnis) auf
 
{{S|4}} trat Johannes der Täufer in der Wüste (Wildnis) auf
<ref>''trat auf'' Gr. ἐγένετο, Grundform γίνομαι. Dieses Verb funktioniert hier wie das hebräische wayehî und zeigt als erstes Wort im Satz einen Szenenwechsel an (France 2002, 64). Zudem stellt es das Wirken von Johannes dem Täufer als direkte Konsequenz der atl. Verse dar (Guelich 1989, 18). Das Wort heißt eigentlich eher „werden/sein, entstehen“. Die verbreitete Übersetzung „auftreten“ zeigt hier einfach an, dass Johannes „in Erscheinung trat“ oder „in die öffentliche Wahrnehmung rückte“. In diesem Kontext übersetzt Luther einfach „war“, auch „begann zu wirken“ würde gut funktionieren. Vgl. Joh 1,6. </ref>
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<ref>''trat auf'' Gr. ἐγένετο, Grundform γίνομαι. Das Wort heißt eigentlich eher „werden/sein, entstehen“. Es funktioniert hier aber wie ein ähnliches hebräisches Verb; man kann es nur sinngemäß übersetzen. Als erstes Wort im Satz zeigt es einen Szenenwechsel an (France 2002, 64). Zudem verknüpft Markus damit das Wirken von Johannes dem Täufer direkt mit den zitierten Versen aus dem AT (Guelich 1989, 18). Ähnliche Stelle: Joh 1,6. </ref>
 
(trat Johannes auf, der in der Wüste taufte)
 
(trat Johannes auf, der in der Wüste taufte)
<ref>''Johannes der Täufer'' und ''Johannes, der in der Wüste taufte'' Es gibt hier vier relevante Lesarten: Nestle-Aland 28 entscheidet sich mit א, L, Δ und der bohairischen Tradition für <u>ὁ</u> βαπτίζων ἐν τῇ ἐρήμῳ <u>καὶ</u> κηρύσσων. B, 33 und einige bohairische Manuskripte bezeugen <u>ὁ</u> βαπτίζων ἐν τῇ ἐρήμῳ κηρύσσων. Meist byzantinische Zeugen A K P W Γ f1.13 565. 579. 1241. 1424. 2563. l 844 sowie die syrische Übersetzung von Thomas von Heraklea und die sahidische Übersetzung enthalten βαπτίζων ἐν τῇ ἐρήμῳ <u>καὶ</u> κηρύσσων. Einige westliche Handschriften weisen schließlich die glättende Variante ἐν τῇ ἐρήμῳ <u>βαπτίζων καὶ</u> κηρύσσων auf. Die Varianten sind offensichtlich aus Unsicherheit darüber entstanden, wie das [[Partizip]] βαπτίζων zu verstehen sei. Mit Artikel ὁ wäre das Ptz. attributiv und ein relativ ungeläufiger Titel „der Täufer“ (Johannes wird häufiger ὁ βαπτιστής genannt) (2. Lesart). Ohne Artikel wäre es eine adverbiale Näherbestimmung von Johannes' Aktivität und dann modal zu übersetzen, also mit „wobei“, „und“ oder als Relativsatz (3. Lesart). <br />
+
<ref>''Johannes der Täufer'' und ''Johannes, der in der Wüste taufte'': Es gibt an dieser Stelle leicht verschiedene Lesarten in den Handschriften.</ref>
Die 1. Lesart könnte ursprünglich sein, weil aus ihr die beiden anderen hervorgegangen sein könnten. καὶ stellt darin mit dem Artikel auch das folgende Partizip κηρύσσων als attributiv dar (Übersetzung: „der taufte und predigte“), was wenig elegant formuliert ist. Der Leser würde zunächst vermuten, dass ὁ βαπτίζων den festen Beinamen „der Täufer“ bedeutet, anstatt seine taufende Tätigkeit zu beschreiben (so Willker z. St.). <br />
 
Aus internen Erwägungen bietet sich jedoch eher Variante 2 an. Erstens liegt der Fokus hier auf Johannes' Verkündigung, nicht auf seiner Tauftätigkeit (Pesch 1976, 74). Zweitens wäre es guter Stil, Johannes bei seiner ersten direkten Erwähnung mit seinem vollen Namen vorzustellen – ähnlich tut es Markus in V. 9 mit „Jesus aus Nazaret in Galiläa“. Auch später benutzt er zur Klarstellung „Johannes der Täufer“, wenn er die Figur erneut in die Handlung einführt (6,14; 8,28). Das Weglassen des Artikels sowie die Ergänzung von „und“ zeigen dann, dass Abschreiber den Titel ὁ βαπτίζων nicht kannten und den vermeintlich fehlerhaften Text korrigieren wollten (so Pesch; France 2002, 60f.64f.; Guelich 1989, 16 und SBLGNT). <br />
 
Lesart 3 hat zahlenmäßig externes Gewicht und findet sich nicht nur in byzanzinischen, sondern mit 1241 auch in einer „alexandrinischen“ sowie mehreren Handschriften, die zum hypothetischen cäsaräischen Texttyp gehören. Metzger 1994, 62 und Collins 2007, 133 halten sie für ursprünglich. Mit der Einfügung des Artikels hätte ein Abschreiber aus Ἰωάννης βαπτίζων den vollen Namen „Johannes der Täufer“ machen wollen. Obwohl Markus diese Version des Titels auch in 6,14 und 6,24 benutzt, fehlt in dieser Variante ein echtes Motiv, den unmissverständlich von einem taufenden und predigenden Johannes sprechenden Text der Lesart 3 zu korrigieren (France). Hatte der Abschreiber unbewusst Mt 3,1 im Ohr? Dort wird jedoch ähnlich formuliert, aber gerade wieder der andere Johannestitel verwendet! Das führt uns schließlich wieder zu Lesart 2 zurück, die zwar nicht häufig bezeugt ist, aber die Indizien am besten erklärt auch unter den herangezogenen Forschern die meisten Fürsprecher hat. </ref>
 
 
und predigte (verkündete) eine Taufe der Umkehr (Buße; Umkehr-Taufe)
 
und predigte (verkündete) eine Taufe der Umkehr (Buße; Umkehr-Taufe)
<ref>''Taufe der Umkehr'' Der Genitiv zeigt hier die Beschaffenheit der Taufe an (Gen. qualitätis). Die Taufe beinhaltete offensichtlich eine Umkehr. Bei Johannes gehörte beides zusammen, und die Taufe bedeutete offenbar die Anerkennung einer echten Umkehr (Guelich 1989, 19f.).</ref>
+
<ref>''Taufe der Umkehr'' Der Genitiv zeigt hier die Beschaffenheit der Taufe an (Gen. qualitätis): Die Taufe beinhaltete offensichtlich eine Umkehr. Bei Johannes gehörte beides zusammen, und die Taufe bedeutete offenbar die Anerkennung einer echten Umkehr (Guelich 1989, 19f.).</ref>
 
zur Vergebung der Sünden.{{par|Matthäus|3|1|2}}{{par|Lukas|3|2|3}}
 
zur Vergebung der Sünden.{{par|Matthäus|3|1|2}}{{par|Lukas|3|2|3}}
 
{{S|5}} Und das gesamte judäische Gebiet
 
{{S|5}} Und das gesamte judäische Gebiet
<ref>''das gesamte judäische Gebiet'' Hier sind zwei Stilmittel verflochten. Das ''judäische Gebiet'' steht für seine Bewohner (Metonymie des Subjekts). Und dass es alle waren, ist natürlich eine Übertreibung (Hyperbel).</ref>
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<ref>''das gesamte judäische Gebiet'' Hier sind zwei Stilmittel verflochten. Das ''judäische Gebiet'' steht für dessen Bewohner (Metonymie des Subjekts). Und dass es alle waren, ist natürlich eine Übertreibung (Hyperbel).</ref>
 
(Gegend, Land) und alle Jerusalemer begaben sich
 
(Gegend, Land) und alle Jerusalemer begaben sich
 
<ref>''begaben sich hinaus'' Im Griechischen im Sg., als Prädikat zur „gesamten judäischen Region“.</ref>
 
<ref>''begaben sich hinaus'' Im Griechischen im Sg., als Prädikat zur „gesamten judäischen Region“.</ref>
 
(gingen) hinaus zu ihm und ließen sich von ihm im Fluss Jordan taufen
 
(gingen) hinaus zu ihm und ließen sich von ihm im Fluss Jordan taufen
<ref>''ließen sich taufen'' Das gr. Passiv ist hier tolerativ (Siebenthal 2011, §191h). Die gewöhnliche Übersetzung „wurden getauft“ passt hier weniger gut. </ref>
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<ref>Die beiden Imperfekte ''begaben sich hinaus'' und ''ließen sich taufen'' bringen in V. 5 zum Ausdruck, dass Johannes über einen längeren Zeitraum hinweg Menschenmengen anzog. </ref>,
, wobei (und) sie ihre Sünden bekannten.
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wobei (und) sie ihre Sünden bekannten.
<ref>''wobei sie bekannten'' [[Ptz]]. coni., als modaler Nebensatz mit „wobei“ aufgelöst. Gemeinsam mit den beiden vorher benutzten Imperfekten ''begaben sich'' und ''wurden getauft'' kommt in V. 5 klar zum Ausdruck, dass Johannes über einen längeren Zeitraum hinweg Menschenmengen anzog. Aus der Formulierung lässt sich allerdings nicht schlüssig ableiten, in welcher Weise das Bekenntnis geschah oder dass es unmittelbar während der Taufe stattfand. Wie Johannes' Taufe vor sich ging, ist nicht überliefert. Die benutzten Formulierungen und zeitgenössische Beispiele lassen jedoch darauf schließen, dass die Täuflinge ganz unter Wasser getaucht wurden oder tauchten. Zudem scheint Johannes, ganz untypisch, eine sehr aktive Rolle einzunehmen, wogegen bei vergleichbaren Ritualbädern der Täufling sich selbst untertauchte (France 2002, 68; Collins 2007, 142). </ref>{{par|Matthäus|3|5|6}}
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<ref>''wobei sie bekannten'' [[Ptz]]. coni., als modaler Nebensatz mit „wobei“ aufgelöst. Aus der Formulierung lässt sich allerdings nicht schlüssig ableiten, in welcher Weise das Bekenntnis geschah oder dass es unmittelbar während der Taufe stattfand. Wie Johannes’ Taufe vor sich ging, ist nicht überliefert. Die benutzten Formulierungen und zeitgenössische Beispiele lassen jedoch darauf schließen, dass die Täuflinge ganz unter Wasser getaucht wurden oder tauchten. Eine Eigenart von Johannes ist, dass er bei der Taufe eine sehr aktive Rolle einzunehmen scheint, wogegen bei vergleichbaren Ritualbädern der Täufling sich selbst untertauchte (France 2002, 68; Collins 2007, 142). </ref>{{par|Matthäus|3|5|6}}
{{S|6}} Und Johannes pflegte [ein Gewand aus] Kamelhaar
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{{S|6}} Und Johannes pflegte [ein Gewand aus] Kamelhaar und einen Ledergürtel um seine Hüften (Taille) zu tragen{{par|2 Könige|1|18}}
<ref>W. „Haare [des] Kamels“. </ref>
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<ref>''Kamelhaar'' und ''Ledergürtel'', w. „Haare [des] Kamels“ bzw. „ledernen Gürtel“. Durch seine Kleidung gibt sich Johannes als Prophet (Sach 13,4 LXX) und der wiedergekehrte Elia zu erkennen (2Kö 1,8 LXX).</ref> und Heuschrecken und wilden Honig zu essen
und einen Ledergürtel
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<ref>''pflegte ... zu tragen … zu essen'' Die [[Partizip#Die umschreibende Konjugation|periphrastische]] („umschreibende“) Formulierung ἦν ... ἐνδεδυμένος ... ἐσθίων umschreibt hier wohl nicht nur das Plusquamperfekt Passiv und Imperfekt (NSS), sondern drückt auch eine Gewohnheit aus (Guelich 1989, 16). Unsere Übersetzung verdeutlicht das. Andere Übersetzer benutzen den Indikativ, der diese Konnotation nicht so deutlich vermittelt: „trug … aß“. ''tragen'' Das Wort ἐνδύω heißt aktiv „kleiden“, medial „sich ankleiden“. Der Perfekt-Aspekt drückt im Griechischen den Zustand nach der vollzogenen Handlung aus, also heißt das Perfekt Medium „angekleidet sein“ → „(Kleidung) tragen“. </ref>
<ref>W. „ledernen Gürtel“</ref>
 
um seine Hüften (Taille) zu tragen{{par|2 Könige|1|18}}
 
<ref>Durch seine Kleidung gibt sich Johannes als Prophet (Sach 13,4 LXX) und der wiedergekehrte Elia zu erkennen (2Kö 1,8 LXX).</ref> und Heuschrecken und wilden Honig zu essen
 
<ref>''pflegte ... zu tragen … zu essen'' Die [[Partizip#Die umschreibende Konjugation|periphrastische]] („umschreibende“) Verbindung der beiden prädikativen [[Partizip]]ien mit „sein“ zu ἦν ... ἐνδεδυμένος ... ἐσθίων umschreibt hier wohl nicht nur das Plusquamperfekt Passiv und Imperfekt (NSS), sondern drückt auch eine Gewohnheit aus (Guelich 1989, 16). Unsere Übersetzung verdeutlicht das. Andere Übersetzer benutzen den Indikativ, der diese Konnotation nicht so deutlich vermittelt: „trug … aß“. ''tragen'' ist die beste Übersetzung des Ptz. Pf. Med. ἐνδεδυμένος. Das Wort ἐνδύω heißt aktiv „kleiden“, medial „sich ankleiden“. Der Perfekt-Aspekt drückt im Griechischen den Zustand nach der vollzogenen Handlung aus, also heißt das Perfekt Medium „angekleidet sein“ → „(Kleidung) tragen“. </ref>
 
 
.{{par|Matthäus|3|4}}
 
.{{par|Matthäus|3|4}}
 
{{S|7}} Und er predigte (verkündete)
 
{{S|7}} Und er predigte (verkündete)
<ref>''predigte'' Das Imperfekt zeigt an, dass dies über einen längeren Zeitraum hinweg (bzw. immer wieder) geschah. Die in der Überlieferung zweifellos auf's Wesentliche konzentrierte Aussage stellt wohl Johannes' mehrfach oder zu denkwürdiger Gelegenheit geäußerte Position gegenüber Jesus dar. In Joh 1,27-28 macht der Täufer diese Äußerung auf Anfrage prominenter Abgesandter der religiösen Führung in Jerusalem (1,19). </ref>
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<ref>''predigte'' Das [[Imperfekt]] zeigt an, dass dies über einen längeren Zeitraum hinweg (bzw. immer wieder) geschah. Was Johannes hier predigt, ist also die Essenz seiner Botschaft zu Jesus. Er wird sie mehrmals oder zu einer besonderen Gelegenheit vorgetragen haben. Joh 1,27-28 ist ganz ähnlich: Dort spricht Johannes der Täufer von Jesus, weil Abgesandte der religiösen Führung in Jerusalem ihn in V. 19 gefragt haben, ob er selbst der Messias sei. </ref>
{sagend}
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{sagend}: „Es kommt nach mir [einer], der mächtiger (stärker) [ist] als ich.
<ref name="sagend">''{sagend}'' (V. 7.24.25) und ''{wobei sie sagten}'' (V. 27) [[Partizip#Spielarten:_Pleonastisches_und_beschreibendes_Partizip|Pleonastisches Partizip]]. </ref>: „Es kommt nach mir [einer], der mächtiger (stärker) [ist] als ich.
 
 
<ref>''[einer], der mächtiger [ist] als ich'' Gr. ὁ ἰσχυρότερός μου, W. „der Mächtigere als ich“. </ref>
 
<ref>''[einer], der mächtiger [ist] als ich'' Gr. ὁ ἰσχυρότερός μου, W. „der Mächtigere als ich“. </ref>
 
Ich bin es nicht wert (gut genug, würdig), mich zu bücken und (gebückt)
 
Ich bin es nicht wert (gut genug, würdig), mich zu bücken und (gebückt)
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<ref>''ihm'' Eigentlich ein Relativpronomen („dem“), das den Satz vom vorigen abhängig macht: „dem ich nicht würdig bin...“</ref>
 
<ref>''ihm'' Eigentlich ein Relativpronomen („dem“), das den Satz vom vorigen abhängig macht: „dem ich nicht würdig bin...“</ref>
 
die Riemen seiner Sandalen aufzubinden!{{par|Johannes|1|27}}{{par|Matthäus|3|11}}{{par|Lukas|3|16}}
 
die Riemen seiner Sandalen aufzubinden!{{par|Johannes|1|27}}{{par|Matthäus|3|11}}{{par|Lukas|3|16}}
{{S|8}} ''Ich'' habe euch [mit] Wasser
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{{S|8}} ''Ich'' habe euch mit Wasser getauft, ''er'' aber wird euch mit [dem] (im) Heiligem Geist taufen.“{{par|Matthäus|3|11}}{{par|Lukas|3|16}}{{par|Johannes|1|26}}
<ref>''[mit] Wasser'' [[Instrumentaler Dativ]]. </ref>
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getauft, ''er'' aber wird euch mit [dem] (im) Heiligem Geist taufen.“{{par|Matthäus|3|11}}{{par|Lukas|3|16}}{{par|Johannes|1|26}}
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{{S|9}} Und {es geschah}<ref>''Und {es geschah}'' Pleonastische (d.h. eigentlich funktionslose) Formulierung, die entweder hebräischem Erzählstil (Guelich 1989, 29f.; France 2002, 75) entspricht oder möglicherweise einfach griechischen Erzählkonventionen folgt (NSS). Auf Deutsch lässt sich dieses „zweite Prädikat“ schwer wiedergeben, ohne Verwirrung zu stiften. Luther versucht es (ähnlich Menge, Zür): „Und es begab sich zu der Zeit, dass...“</ref> in jenen Tagen kam Jesus aus (von) Nazaret [in] Galiläa<ref>''von (aus) Nazaret'' Guelich 1989 31 glaubt, die Ortsangabe beziehe sich auf den Ursprungsort von Jesu Reise („aus Nazaret“) und sei nicht hier nicht als Beiname („von Nazaret“) zu verstehen. Im letzteren Fall wäre die Verortung von Nazaret in Galiläa nicht nötig. Das ist zwar denkbar, aber die Identifikation Jesu mit seinem genauen Herkunftsort (in „Jesus von Nazaret“ wie ein Nachname gebraucht) passt dazu, wie Markus schon in in V. 4 den Täufer mit Beinamen eingeführt hat. <br />
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{{S|9}} Und {es geschah}
''[in] Galiläa'' [[Genitivus partitivus]], der Nazaret in Galiläa verortet. Johannes wirkte in der Provinz Judäa und erreichte vornehmlich deren Bewohner (V. 5). Als Galiläer ist Jesus aus der Provinz am See Genezaret nach Süden zu Johannes gereist. Zwischen den beiden räumlich getrennten Provinzen herrschte Misstrauen. Gerade in religiöser Hinsicht hatten die Judäer gegenüber den Galiläern Vorbehalte (Joh 1,46) und taten sich schwer, einen galiläischen Propheten zu akzeptieren. Doch nun kommt einer zu Johannes und lässt sich taufen (der Vers ist genau gleich aufgebaut wie V. 5!), und ausgerechnet diesen Galiläer identifiziert Johannes nun als den Stärkeren, der nach ihm kommen soll! Diese Abneigung ist im Markusevangelium immer wieder unterschwellig zu spüren, das Jesu Wirken nur in Galiläa beschreibt. Jerusalem in Judäa ist der Einflussbereich von Jesu Widersachern und der Ort, an dem sie ihm schließlich das Handwerk legen konnten (France 2002, 75f.). </ref>
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<ref>''Und {es geschah}'' Pleonastische (d.h. eigentlich funktionslose) Formulierung, die entweder hebräischem Erzählstil entspricht (Guelich 1989, 29f.; France 2002, 75) oder möglicherweise einfach griechischen Erzählkonventionen folgt (NSS). Auf Deutsch lässt sich dieses „zweite Prädikat“ schwer wiedergeben, ohne Verwirrung zu stiften. Luther versucht es dennoch (ähnlich Menge, Zür): „Und es begab sich zu der Zeit, dass...“</ref>
und ließ sich von Johannes im Jordan taufen
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in jenen Tagen kam Jesus aus (von) Nazaret [in] Galiläa
<ref>''ließ sich taufen'' Das gr. Passiv ist hier tolerativ (Siebenthal 2011, §191h). Die gewöhnliche Übersetzung „wurde getauft“ passt hier weniger gut. </ref>
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<ref>''von (aus) Nazaret'' Guelich vermutet, die Ortsangabe beziehe sich auf den Ursprungsort von Jesu Reise („aus Nazaret“) und sei hier nicht als Beiname („von Nazaret“) zu verstehen. Im letzteren Fall wäre die Verortung von Nazaret in Galiläa nicht nötig (1989, 31). Das ist zwar denkbar, aber die Identifikation Jesu mit seinem genauen Herkunftsort (in „Jesus von Nazaret“ wie ein Nachname gebraucht) passt dazu, wie Markus schon in in V. 4 den Täufer mit Beinamen eingeführt hat. <br />
.{{par|Matthäus|3|13|15}}{{par|Lukas|3|21}}
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''[in] Galiläa'' [[Genitivus partitivus]], also ein Genitiv, der besagt, dass Nazaret in Galiläa liegt. Johannes wirkte in Judäa und erreichte vornehmlich deren Bewohner (V. 5). Als Galiläer ist Jesus aus der Provinz am See Genezaret nach Süden zu Johannes gereist. Zwischen den Bewohnern der beiden räumlich getrennten Provinzen herrschte Misstrauen vor. Gerade in religiöser Hinsicht hatten die Judäer gegenüber den Galiläern Vorbehalte (Joh 1,46) und taten sich schwer, einen galiläischen Propheten zu akzeptieren. Umso merkwürdiger, dass hier einer aus Galiläa zu Johannes kommt und sich taufen lässt (der Vers ist genau gleich aufgebaut wie V. 5!), und ausgerechnet diesen Galiläer identifiziert Johannes nun als den Stärkeren, der nach ihm kommen soll! Diese Abneigung zwischen den beiden Regionen ist im Markusevangelium immer wieder unterschwellig zu spüren, das Jesu Wirken nur in Galiläa beschreibt. Jerusalem in Judäa ist der Einflussbereich von Jesu Widersachern und der Ort, an dem sie ihm schließlich das Handwerk legen konnten (France 2002, 75f.). </ref>
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und ließ sich von Johannes im Jordan taufen.{{par|Matthäus|3|13|15}}{{par|Lukas|3|21}}
 
{{S|10}} Und in dem Moment (gleich), als er aus dem Wasser stieg
 
{{S|10}} Und in dem Moment (gleich), als er aus dem Wasser stieg
<ref>''als … stieg'' [[Partizip]] Präsens aktiv (temporal übersetztes Ptz. conj.).</ref>
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<ref>''als … stieg'' [[Partizip]] Präsens aktiv (temporal übersetztes Ptz. conj.).</ref>,
, sah er, wie (dass) der Himmel
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sah er, wie (dass) der Himmel
 
<ref>Gr. im Pl. „die Himmel“</ref>
 
<ref>Gr. im Pl. „die Himmel“</ref>
 
geteilt (geöffnet) wurde
 
geteilt (geöffnet) wurde
<ref>''sah er, wie … geöffnet wurde'' [[Partizip#AcP|AcP]] Präsens passiv, kongruent zu τοὺς οὐρανοὺς. Die meisten Bibeln übersetzen das Passiv aus stilistischen Gründen reflexiv („öffnete sich“). Σχίζω „teilen, spalten“ ist in diesem Zusammenhang ein ungewöhnliches Wort, das so nur in der jüdischen Geschichte von Josef und Asenat 14,1-3 vorkommt (Collins 2007, 148). Verbreiteter war in vergleichbaren Beschreibungen (wenn der Himmel sich in übernatürlicher Weise öffnet, so in den Parallelstellen Lk 3,21; Mt 3,16, aber auch Eze 1,1; Joh 1,51; Apg 7,56; 10,11; Offb 4,1; 19,11) das Wort ἀνοίγω „öffnen“. Vielleicht spielt Markus auf Jes 63,19 MT oder das Reißen des Tempelvorhangs in Mk 15,38 an (France 2002, 77). </ref>
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<ref>''sah er, wie … geöffnet wurde'' Die meisten Bibeln übersetzen das Passiv aus stilistischen Gründen reflexiv („öffnete sich“). Σχίζω „teilen, spalten“ ist in diesem Zusammenhang ein sehr ungewöhnliches Wort (Collins 2007, 148). Verbreiteter war in vergleichbaren Beschreibungen (wenn der Himmel sich in übernatürlicher Weise öffnet, so wie in den Parallelstellen Lk 3,21; Mt 3,16, aber auch Eze 1,1; Joh 1,51; Apg 7,56; 10,11; Offb 4,1; 19,11) das Wort ἀνοίγω „öffnen“. Vielleicht spielt Markus auf Jes 63,19 oder das Reißen des Tempelvorhangs in Mk 15,38 an (France 2002, 77). </ref>
 
und der Geist wie eine Taube in ihn (zu ihm; auf ihn)
 
und der Geist wie eine Taube in ihn (zu ihm; auf ihn)
<ref>''auf ihn (zu ihm, in ihn)'' Die korrekte Übersetzung hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst handelt es sich um eine textkritische Frage. Dann hängt die Übersetzung davon ab, wie (und vor welchem kulturellen Hintergrund) man sich das Herabkommen des Geistes in Taubengestalt vorstellen sollte. Zur Textkritik: Alle modernen Textkritiker und die herangezogenen Kommentatoren halten die Lesart εἰς αὐτόν „zu ihm/in ihn hinein“ für ursprünglich, obwohl sie nur von B, 33 und der Handschriftenfamilie 13 bekannt ist. Die Alternative ἐπʼ αὐτόν „auf ihn“ ist zwar viel breiter bezeugt, aber fast sicher eine (bewusste oder unbewusste) Angleichung an die sehr ähnlich formulierten Parallelberichte in den anderen Evangelien (Mt 3,16; Lk 3,22; Joh 1,32) oder Jes 42,1/61,1 LXX. Im Gegenzug bietet sich keine unmittelbare Erklärung für die Änderung zu εἰς αὐτόν an, sollte ἐπʼ αὐτόν ursprünglich sein. Das etwas wackelige Fundament der externen Bezeugung ist aber stabiler, als es zunächst scheint, weil B, 33 und ''f''13 nicht miteinander verwandt sind und die Lesart also unabhängig voneinander bezeugen. <br />
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<ref>''in ihn (zu ihm; auf ihn)'' Die korrekte Übersetzung hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst handelt es sich um eine textkritische Frage. Weiter ist zu klären, wie (und vor welchem kulturellen Hintergrund) man sich das Herabkommen des Geistes in Taubengestalt vorstellen sollte. Zur Textkritik: Alle modernen Textkritiker und die herangezogenen Kommentatoren halten die Lesart εἰς αὐτόν „zu ihm/in ihn hinein“ für ursprünglich. Die Alternative ἐπʼ αὐτόν „auf ihn“ ist zwar viel breiter bezeugt, aber fast sicher eine (bewusste oder unbewusste) Angleichung an die sehr ähnlich formulierten Parallelberichte in den anderen Evangelien (Mt 3,16; Lk 3,22; Joh 1,32) oder Jes 42,1/61,1 LXX.<br />
Die Frage ist nun, ob εἰς αὐτόν signalisieren soll, dass der Geist ''in'' Jesus hineinfuhr oder nur ''zu'' ihm kam. Einige Exegeten meinen, εἰς signalisiere lediglich eine Bewegung „zu“ Jesus, nicht „in ihn hinein“ (Lohmeyer 1951, 21; Mann 1986, 20). France warnt davor, εἰς zu wörtlich als „in (hinein)“ zu verstehen: „The apparent absurdity of the imagery whereby Jesus sees a bird descending into himself forms a more persuasive argument for taking εἰς here in the wider sense as roughly equivalent to ἐπί.“ Das passe zu Markus' Stil, der εἰς häufig freier benutzt als üblich (France 2002, 78). Auch Pesch sieht an dieser Stelle keinen Gebrauchsunterschied zwischen εἰς „zu/in“ und ἐπʼ, „auf“ (Pesch 1976, 91f.). Dixon 2009, 771f. belegt jedoch, dass die Bedeutung „auf“ oder „zu“ für Markus und das ganze NT unüblich wäre (weshalb ''in'' in unserem Text vor der Klammer steht). <br />
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Die Frage ist nun, ob εἰς αὐτόν signalisieren soll, dass der Geist ''in'' Jesus hineinfuhr oder nur ''zu'' ihm kam. Einige Exegeten meinen, εἰς signalisiere lediglich eine Bewegung „zu“ Jesus, nicht „in ihn hinein“. Andere vertreten die Position, dass die Bedeutung „auf“ oder „zu“ für Markus und das ganze NT unüblich wäre (so z.B. Dixon 2009, 771f). Diesem Argument folgen wir mit unserer Übersetzung.<br />
Dixon stellt weiter deutliche Parallelen vom Vergleich des Geists mit einer Taube zur damals weithin bekannten Ilias Homers (bspw. 15.237–38) und anderen griechischen Göttersagen her. Darin reisen Götter in der Gestalt von Vögeln (auch vom Olymp herab) und nehmen auch menschliche Gestalt an. Er schlägt vor, dass in griechischer Literatur gebildete Leser in Jesus gerade in dieser Szene deutliche Parallelen gesehen und ihn als Gott in menschlicher Gestalt verstanden hätten (vgl. Collins 2007, 149). </ref>
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Dixon stellt weiter deutliche Parallelen vom Vergleich des Geists mit einer Taube zur damals weithin bekannten Ilias Homers (bspw. an der Stelle 15.237–38) und anderen griechischen Göttersagen her. Darin reisen Götter in der Gestalt von Vögeln (auch vom Olymp herab) und nehmen auch menschliche Gestalt an. Er schlägt vor, dass in griechischer Literatur gebildete Leser in Jesus gerade in dieser Szene deutliche Parallelen gesehen und Jesus als Gott in menschlicher Gestalt verstanden hätten (vgl. Collins 2007, 149). </ref>
 
herabkam.{{par|Jesaja|61|1|2}}{{par|Matthäus|3|16}}{{par|Lukas|3|22}}{{par|Johannes|1|32}}
 
herabkam.{{par|Jesaja|61|1|2}}{{par|Matthäus|3|16}}{{par|Lukas|3|22}}{{par|Johannes|1|32}}
 
{{S|11}} Und eine Stimme kam (geschah)
 
{{S|11}} Und eine Stimme kam (geschah)
<ref>''kam (geschah)'' Wieder drückt sich Markus sehr semitisch aus. Im Deutschen ist wieder eine sinngemäße Formulierung nötig. Textkritik: Es gibt etliche Varianten mit unterschiedlichen Prädikaten: Θ, 28, 565 u.e.a. bezeugen ἠκούσθη „hörte“.  01*, D, ff² und ein halbes Dutzend weiterer Zeugen kennen kein Prädikat (wie Mk 1,3). Alle anderen wichtigen alexandrinischen und byzantinischen Zeugen überliefern ἐγένετο. Einzelne Handschriften kennen auch ἰδού vor ''Stimme'', jeweils kombiniert mit einer der anderen Varianten (vgl. Mt 3,17). (Hier ein [http://books.google.com/books?id=fQfcYU2JsskC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA62#v=onepage&q&f=false Überblick über die Bezeugung].) Es liegt nahe, dass alle Varianten als Korrekturen auf das Fehlen des Prädikats zurückzuführen sind, weshalb einzelne Ausleger die prädikatlose Lesart für die beste halten (so [http://books.google.com/books?id=fQfcYU2JsskC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA64#v=onepage&q&f=false Güting 2005, 64]). In diesem Fall ist ἐγένετο aber so gut verbreitet, dass sich eine andere Lösung anbietet. Es ist gut vorstellbar, dass ἐγένετο in einem Teil der Überlieferung früh verlorenging (durch einen Abschreibfehler, eine Textverderbnis oder eine unbewusste Anpassung an eine ähnliche Formulierung) und dann so verbreitet wurde. Die Alternativlesarten entstanden, um den Text auszubessern (so [http://books.google.com/books?id=fQfcYU2JsskC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA63#v=onepage&q&f=false Greeven 2005, 63]; Willker 2013, 24; Metzger 1994, 63; Collins 2007, 134). </ref> aus dem Himmel<ref>''dem Himmel'' Gr. Pl. „den Himmeln“</ref>: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Freude (Gefallen gefunden)<ref>''habe ich Freude (Gefallen gefunden)'' Hier vielleicht auch „auf dich bin ich stolz“. Das Verb steht hier zwar im Aorist, Markus gebraucht es aber wohl zeitlos wie das hebräische gnomische Perfekt (NSS). Vermutlich lässt die Aussage atl. Texte wie Ps 2,7 und Jes 42,1 anklingen, was Jesus unterschwellig sowohl mit dem erwählten König Israels des Psalms als auch mit dem erwählten Knecht des Propheten identifizieren würde (Guelich 1989, 33). Tatsächlich ähnelt der Wortlaut am meisten Gen 22,2 LXX, wo von Abrahams Sohn Isaak die Rede ist (France 2002, 80). </ref>
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<ref>''kam (geschah)'' W. ''geschah'' Wieder drückt sich Markus sehr semitisch aus. Im Deutschen ist wieder eine sinngemäße Formulierung nötig. Textkritik: Andere Handschriften lesen „Und eine Stimme wurde gehört“ oder „Und eine Stimme“.</ref>
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aus dem Himmel
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<ref>''dem Himmel'' Gr. Pl. „den Himmeln“</ref>:
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„Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Freude (Gefallen gefunden)<ref>''habe ich Freude (Gefallen gefunden)'' Hier vielleicht auch mit der Bedeutung „auf dich bin ich stolz“. Das Verb steht hier zwar im Aorist, Markus gebraucht es aber wohl zeitlos wie das hebräische gnomische Perfekt (NSS). Vermutlich lässt die Aussage atl. Texte wie Ps 2,7 und Jes 42,1 anklingen. Markus würde Jesus in diesem Fall unterschwellig sowohl mit dem erwählten König Israels aus Psalms 2 als auch mit dem erwählten Knecht des Propheten aus Jesaja identifizieren (Guelich 1989, 33). Der Text ähnelt am meisten dem Wortlaut von Gen 22,2 LXX, wo von Abrahams Sohn Isaak die Rede ist (France 2002, 80). </ref>
 
!“{{par|Matthäus|3|17}}{{par|Lukas|3|22}}
 
!“{{par|Matthäus|3|17}}{{par|Lukas|3|22}}
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{{S|12}} Und gleich danach brachte (führte; trieb)
 
{{S|12}} Und gleich danach brachte (führte; trieb)
<ref>''brachte'' [[Historisches Präsens]]. Andere übersetzen ἐκβάλλω hier mit ''trieb'', aber aus dem Kontext geht nicht hervor, dass Jesus dagegen war oder dazu gezwungen wurde (LN 15.174, vgl. Joh 10,4; Jak 2,25; auch Mt 9,38; 15,17; s.a. NIV). An anderen Stellen wird das Wort nämlich für Dämonenaustreibungen (z.B. Mk 6,13) oder das Hinauswerfen oder Vertreiben von unwillkommenen Anwesenden benutzt (z.B. Mk 12,8). Jedenfalls ist ἐκβάλλω kräftiger als Lukas' ἄγω oder Matthäus' ἀνάγω (beide „führen“).</ref>
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<ref>''brachte'' oder ''trieb'' An anderen Stellen wird das Wort ἐκβάλλω für Dämonenaustreibungen (z.B. Mk 6,13) oder das Hinauswerfen oder Vertreiben von unwillkommenen Anwesenden benutzt (z.B. Mk 12,8). Andere übersetzen es daher auch hier mit ''trieb'', aber aus dem Kontext geht nicht hervor, dass Jesus dagegen war oder keine Kontrolle hatte (LN 15.174, vgl. Joh 10,4; Jak 2,25; auch Mt 9,38; 15,17; s.a. NIV). ἐκβάλλω ist jedenfalls kräftiger als Lukas’ ἄγω oder Matthäus’ ἀνάγω (beide „führen“).</ref>
 
der Geist ihn in die Wüste (Wildnis).{{par|Matthäus|4|1}}{{par|Lukas|4|1}}
 
der Geist ihn in die Wüste (Wildnis).{{par|Matthäus|4|1}}{{par|Lukas|4|1}}
 
{{S|13}} Und er war (lebte, verbrachte) vierzig Tage in der Wüste (Wildnis) und (während, wobei) wurde vom Satan auf die Probe gestellt (versucht),
 
{{S|13}} Und er war (lebte, verbrachte) vierzig Tage in der Wüste (Wildnis) und (während, wobei) wurde vom Satan auf die Probe gestellt (versucht),
<ref>''und (während/wobei) wurde versucht'' [[Ptz. coni.]], temporal-modal, als Nebensatz aufgelöst. </ref>
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<ref>''und (während/wobei) wurde auf die Probe gestellt'' [[Ptz. coni.]], temporal-modal, als Nebensatz aufgelöst. </ref>
 
und er war (lebte) unter (mit) den Tieren, und die Engel dienten (versorgten, warteten auf) ihm.{{par|Matthäus|4|1|11}}{{par|Lukas|4|1|13}}
 
und er war (lebte) unter (mit) den Tieren, und die Engel dienten (versorgten, warteten auf) ihm.{{par|Matthäus|4|1|11}}{{par|Lukas|4|1|13}}
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{{S|14}} {Aber} Nachdem Johannes verhaftet
 
{{S|14}} {Aber} Nachdem Johannes verhaftet
 
<ref>''verhaftet'' W. „ausgeliefert/übergeben“, was aber schlecht in den Kontext passt. Die Evangelien benutzen das Wort in verschiedenen Fällen für Jesu Verrat, Festnahme und Übergabe an die Autoritäten sowie zur Kreuzigung (zum ersten Mal in Mk 3,19). Markus wählt es hier vielleicht absichtlich, um Parallelen zu Jesu späterem Ergehen herzustellen (9:31; 10:33; 14:21, 41). </ref>
 
<ref>''verhaftet'' W. „ausgeliefert/übergeben“, was aber schlecht in den Kontext passt. Die Evangelien benutzen das Wort in verschiedenen Fällen für Jesu Verrat, Festnahme und Übergabe an die Autoritäten sowie zur Kreuzigung (zum ersten Mal in Mk 3,19). Markus wählt es hier vielleicht absichtlich, um Parallelen zu Jesu späterem Ergehen herzustellen (9:31; 10:33; 14:21, 41). </ref>
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<ref>''verkündete'' Temporal-modales [[Ptz. conj.]] (Partizip Präsens aktiv), durch Beiordnung mit „und“ übersetzt. </ref>
 
<ref>''verkündete'' Temporal-modales [[Ptz. conj.]] (Partizip Präsens aktiv), durch Beiordnung mit „und“ übersetzt. </ref>
 
das Evangelium Gottes
 
das Evangelium Gottes
<ref>''Evangelium Gottes'' Wie in Mk 1,1 ist hier nicht klar zu trennen, ob das Evangelium von Gott initiiert ist oder von Gott handelt. Da der Begriff nicht aus dem Kontext gedeutet wird, schwingt beides mit (vgl. France 2002, 91). Textkritik: Byzantinische und westliche Zeugen erweitern εὐαγγέλιον τοῦ θεοῦ ''Evangelium Gottes'' zu εὐαγγέλιον τῆς βασιλείας τοῦ θεοῦ „Evangelium von der Gottesherrschaft/vom Gottesreich“ (u.a. A D K W Γ Δ ''pm'' lat syp). Die kürzere Lesart ist jedoch vortrefflich bezeugt und viel ungewöhnlicher ist als die längere Formulierung, die an das Evangelium der Herrschaft/des Reichs (εὐαγγέλιον τῆς βασιλείας) aus dem Matthäusevangelium erinnert. Die Variante ist wohl unter dem Einfluss des nächsten Verses oder auch Mt 4,23; 9,35 zustande gekommen. Für eine Auslassung gibt es dagegen keine gute Erklärung (France 2002, 89; Willker 2013, 29). </ref>{{par|Matthäus|4|12}}{{par|Lukas|4|14}}{{par|Johannes|4|1|3}}
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<ref>''Evangelium Gottes'' Wie in Mk 1,1 (s. die Fußnote dort) ist hier nicht klar zu trennen, ob das Evangelium von Gott initiiert ist oder von Gott handelt. Da der Kontext keine Hinweis zum Verständnis gibt, sind beide Möglichkeiten nicht auszuschließen (vgl. France 2002, 91). <br />
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Textkritik: Andere Handschriften lesen „Evangelium von der Gottesherrschaft/vom Gottesreich“</ref>{{par|Matthäus|4|12}}{{par|Lukas|4|14}}{{par|Johannes|4|1|3}}
 
{{S|15}} und sagte
 
{{S|15}} und sagte
 
<ref>''sagte'' Temporal-modales [[Ptz. conj.]] (Partizip Präsens aktiv), das durch und mit dem Partizip ''predigte'' aus dem letzten Vers verbunden ist und auch so aufgelöst wurde. Die Konstruktion weist die folgende direkte Rede als die Kernbotschaft von Jesu Verkündigung aus. </ref>
 
<ref>''sagte'' Temporal-modales [[Ptz. conj.]] (Partizip Präsens aktiv), das durch und mit dem Partizip ''predigte'' aus dem letzten Vers verbunden ist und auch so aufgelöst wurde. Die Konstruktion weist die folgende direkte Rede als die Kernbotschaft von Jesu Verkündigung aus. </ref>
 
{dass}:
 
{dass}:
<ref name="hoti">''{dass}:'' Das [[ὅτι recitativum]] übersetzt man am besten als Doppelpunkt. </ref>
 
 
„Die Zeit ist eingetreten (gekommen, erfüllt)
 
„Die Zeit ist eingetreten (gekommen, erfüllt)
<ref>Die Zeit ist eingetreten (gekommen, erfüllt) Die geläufige Übersetzung ''erfüllt'' ist etwas irreführend, weil es hier nicht um eine Vollendung, sondern um eine heilsgeschichtliche Erfüllung im Sinne des Eintretens des richtigen Zeitpunkts geht (Guelich 1989, 43; vgl. Delling, πληρόω, 294f.). Vgl. GNB „Es ist so weit“, NLB, HfA „Jetzt ist die Zeit gekommen“ (ebenso NIV). Bei den beiden Verben ''eingetreten'' und ''nahegekommen'' handelt es sich um Perfekte. Das Perfekt betont den gegenwärtigen Zustand, man könnte betonen: „Die Zeit ist da, Gottes Herrschaft ist nahe.“ Die beiden Aussagen stehen parallel zueinander und legen einander aus. </ref>
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<ref>''Die Zeit ist eingetreten (gekommen, erfüllt)'' Gemeint ist eine heilsgeschichtliche Erfüllung, also dass ein ganz bestimmter Zeitpunkt eingetreten ist (Guelich 1989, 43; vgl. Delling, πληρόω, 294f.). Vgl. GNB „Es ist so weit“, NLB, HfA „Jetzt ist die Zeit gekommen“ (ebenso NIV). Bei den beiden Verben ''eingetreten'' und ''nahegekommen'' handelt es sich um Perfekte. Das Perfekt betont den gegenwärtigen Zustand, man könnte betonen: „Die Zeit ist da, Gottes Herrschaft ist nahe.“ Die beiden Aussagen stehen parallel zueinander und erhellen einander. </ref>
 
und Gottes Königsherrschaft (Königreich)
 
und Gottes Königsherrschaft (Königreich)
 
<ref>Zu ergänzen</ref>
 
<ref>Zu ergänzen</ref>
 
ist nahegekommen. Kehrt um (tut Buße) und glaubt an das Evangelium!“{{par|Jesaja|61|1|2}}{{par|Matthäus|4|17}}
 
ist nahegekommen. Kehrt um (tut Buße) und glaubt an das Evangelium!“{{par|Jesaja|61|1|2}}{{par|Matthäus|4|17}}
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{{S|16}} Und während (als) er am Meer von Galiläa entlangging,
 
{{S|16}} Und während (als) er am Meer von Galiläa entlangging,
 
<ref>''während … entlangging'' [[Ptz. conj.]] mit temporaler Sinnrichtung (Partizip Präsens aktiv), als Nebensatz mit ''während'' übersetzt (ebenfalls möglich: „als, gerade“).</ref>
 
<ref>''während … entlangging'' [[Ptz. conj.]] mit temporaler Sinnrichtung (Partizip Präsens aktiv), als Nebensatz mit ''während'' übersetzt (ebenfalls möglich: „als, gerade“).</ref>
 
sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, die gerade Wurfnetze (ein Wurfnetz) ins Meer warfen
 
sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, die gerade Wurfnetze (ein Wurfnetz) ins Meer warfen
<ref>''sah er ..., die … warfen'' [[AcP]] (Partizip Präsens aktiv), hier als Relativsatz aufgelöst. Möglich wäre auch: „sah er, wie Simon und Andreas…“. ''Wurfnetze (ein Wurfnetz) werfen'' Das Verb spricht nur von der Tätigkeit, führt aber nicht aus, ob es sich um ein oder mehrere Netze handelt. Es wird auch nicht klar, ob die beiden von einem Boot aus oder im flachen Wasser fischten (allerdings deutet V. 18 auf Ersteres hin). Bei dem Wurfnetz handelte es sich um ein rundes, am Rand beschwertes Netz, das man nach Fischschwärmen warf (Guelich 1989, 50). Schöner wäre vielleicht die Übersetzung „mit Wurfnetzen fischen“, aber die Lokalangabe ''ins Meer'' erfordert ein Objekt. ''ins Meer'' Gr. ἐν τῇ θαλάσσῃ „im Meer“. Nach Guelich 1989, 49 schreibt Markus hier in hellenistischem Dialekt, in dem die Präpositionen ἐν „in“ (wie darin) und εἰς „in (hinein)/zu (hin)“ austauschbar benutzt wurden. </ref>
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<ref>''Wurfnetze (ein Wurfnetz) werfen'' Das Verb spricht nur von der Tätigkeit, führt aber nicht aus, ob es sich um ein oder mehrere Netze handelt. Es wird auch nicht klar, ob die beiden von einem Boot aus oder zu Fuß im flachen Wasser fischten (allerdings wird in V. 19 ein Boot erwähnt). Damals gebräuchliche Wurfnetze waren rund und am Rand beschwert. Man warf sie nach Fischschwärmen (Guelich 1989, 50). Schöner wäre vielleicht die Übersetzung „mit Wurfnetzen fischen“, aber die Lokalangabe ''ins Meer'' erfordert ein Objekt. ''ins Meer'' Gr. ἐν τῇ θαλάσσῃ w. also „im Meer“. Nach Guelich 1989, 49 schreibt Markus hier in hellenistischem Dialekt, in dem die Präpositionen ἐν „in“ (wie darin) und εἰς „in (hinein)/zu (hin)“ austauschbar benutzt wurden. </ref>.
. Sie waren nämlich Fischer.{{par|Matthäus|4|18}}
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Sie waren nämlich Fischer.{{par|Matthäus|4|18}}
 
{{S|17}} Und Jesus sagte zu ihnen: „Kommt, [folgt] mir nach, dann werde ich euch [zu] Menschenfischern {werden} machen!“
 
{{S|17}} Und Jesus sagte zu ihnen: „Kommt, [folgt] mir nach, dann werde ich euch [zu] Menschenfischern {werden} machen!“
<ref>W. ein AcI, der sich übersetzen lässt als „dann werde ich machen, dass ihr Fischer [der] Menschen werdet“. Da die griechische Konstruktion kompliziert ist und sich ohnehin nicht direkt übersetzen lässt, haben wir die Übersetzung etwas vereinfacht. Das Griechische würde nämlich auch Sinn ergeben, wenn man  γενέσθαι „werden“ weglässt (wie unsere Übersetzung). Damit folgen wir einer in deutschen Übersetzungen gängigen Praxis (auch REB). </ref>
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<ref>W. ein [[AcI]], der sich übersetzen lässt als „dann werde ich machen, dass ihr Fischer [der] Menschen werdet“. Da die griechische Konstruktion kompliziert ist und sich ohnehin nicht direkt übersetzen lässt, haben wir die Übersetzung etwas vereinfacht. Daher wurde (wie in allen deutschen Übersetzungen) γενέσθαι „werden“ nicht übersetzt. </ref>
 
{{par|Matthäus|4|19}}{{par|Lukas|5|10}}
 
{{par|Matthäus|4|19}}{{par|Lukas|5|10}}
{{S|18}} Und sofort ließen sie [ihre] Netze [liegen] (zurück) und
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{{S|18}} Und sofort ließen sie [ihre] Netze [liegen] und
 
<ref>''ließen sie ... und'' Temporal-modales [[Ptc. coni.]], mit „und“ beigeordnet. </ref>
 
<ref>''ließen sie ... und'' Temporal-modales [[Ptc. coni.]], mit „und“ beigeordnet. </ref>
 
folgten ihm.{{par|Matthäus|4|20}}{{par|Lukas|5|11}}
 
folgten ihm.{{par|Matthäus|4|20}}{{par|Lukas|5|11}}
 
{{S|19}} Und nachdem (als) er ein wenig weitergegangen war,
 
{{S|19}} Und nachdem (als) er ein wenig weitergegangen war,
 
<ref>''nachdem er weitergegangen war'' [[Ptc. coni.]] (Partizip Aorist aktiv), temporal als Nebensatz mit ''nachdem'' übersetzt. </ref>
 
<ref>''nachdem er weitergegangen war'' [[Ptc. coni.]] (Partizip Aorist aktiv), temporal als Nebensatz mit ''nachdem'' übersetzt. </ref>
, sah er Jakobus, den [Sohn] von Zebedäus, und seinen Bruder Johannes. Auch sie [saßen] im Boot [und] brachten [ihre] Netze in Ordnung (setzten instand, besserten aus, flickten),<ref>''sah er …. Auch sie'' Oder: „sah er, wie auch Jakobus und Johannes im Boot ihre Netze in Ordnung brachten“, was aber irreführend formuliert ist. Es handelt sich wie schon in V. 16 um einen [[AcP]], der ähnlich formuliert ist wie dort. Die Ergänzung von ''[saßen]'' und ''[und]'' war notwendig, um anzuzeigen, dass Markus als Gemeinsamkeit zwischen Simon und Andreas sowie Jakobus und Johannes lediglich ausmacht, dass sich beide im Boot befanden (France 2002, 98). ''In Ordnung bringen'' wird häufig mit „ausbessern“ wiedergegeben, könnte aber auch einfach „vorbereiten“ oder „zusammenlegen“ bedeuten (Guelich 1989, 52). </ref>
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sah er Jakobus, den [Sohn] von Zebedäus, und seinen Bruder Johannes. Auch sie [saßen] im Boot [und] brachten [ihre] Netze in Ordnung (setzten instand, besserten aus, flickten),
,{{par|Matthäus|4|21}}{{par|Lukas|5|10}}
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<ref>''sah er …. Auch sie'' Oder: „sah er, wie auch Jakobus und Johannes im Boot ihre Netze in Ordnung brachten“, was aber irreführend formuliert ist. Es handelt sich wie schon in V. 16 um einen [[AcP]], der ähnlich formuliert ist wie dort. Die Ergänzung von ''[saßen]'' und ''[und]'' war notwendig, damit der Leser ''auch sie'' richtig versteht. Alles, was Markus als Gemeinsamkeit zwischen der ersten und der zweiten Gruppe Fischer ausmacht, ist, dass sich beide im Boot befanden (France 2002, 98). <br />
{{S|20}} und er rief sie auf der Stelle (sofort). Und sie ließen ihren Vater mit den bezahlten Arbeitern im Boot zurück und gingen
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''In Ordnung bringen'' wird häufig mit „ausbessern“ wiedergegeben, könnte aber auch einfach „vorbereiten“ oder „zusammenlegen“ bedeuten (Guelich 1989, 52). </ref>
<ref>''gingen'' W. „gingen weg“, doch das drückt im Deutschen schon das erste Verb aus. Es ist auf Deutsch auch nicht so leicht, die Bewegung in zwei Richtungen gleichzeitig auszudrücken. </ref>
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{{par|Matthäus|4|21}}{{par|Lukas|5|10}}
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{{S|20}} und er rief sie umgehend (sofort). Und sie ließen ihren Vater mit den bezahlten Arbeitern im Boot zurück und gingen
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<ref>''gingen'' W. „gingen weg“. </ref>
 
ihm nach.{{par|Matthäus|4|22}}{{par|Lukas|5|11}}
 
ihm nach.{{par|Matthäus|4|22}}{{par|Lukas|5|11}}
{{S|21}} Und (daraufhin) sie begaben sich
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<ref>''sie begaben sich'' [[Historisches Präsens]]. </ref>
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nach Kafarnaum {hinein}. {Und} Dann
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{{S|21}} Und (daraufhin) sie begaben sich nach Kafarnaum {hinein}. {Und} Dann
<ref name="gleich">''Dann'' W. „gleich/sofort“, doch Markus benutzt das Wort nicht um Unmittelbarkeit anzuzeigen, sondern um den nächsten Handlungsschritt einzuführen und die Spannung aufrecht zu erhalten (Guelich 1989, 54; France 2002, 103). </ref>
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<ref name="gleich">''Dann'' W. „gleich/sofort“, doch im Markusevangelium hat das Wort häufig den Sinn von „dann“. Es leitet also den nächsten Abschnitt der Handlung ein und soll die Spannung aufrecht erhalten (Guelich 1989, 54; France 2002, 103). </ref>
, [am] Sabbat
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, [am] Sabbat, begann er in der Synagoge (begab er sich in die Synagoge und
<ref>[am] Sabbat Temporaler Dativ. </ref>
 
, begann er in der Synagoge (begab er sich in die Synagoge und
 
 
<ref>''begab er sich … und'' [[Ptz. conj.]] (Ptz. Aor., temporal-modal), durch Beiordnung mit „und“ aufgelöst. </ref>
 
<ref>''begab er sich … und'' [[Ptz. conj.]] (Ptz. Aor., temporal-modal), durch Beiordnung mit „und“ aufgelöst. </ref>
 
begann)
 
begann)
<ref>''begann er in der Synagoge (begab er sich in die Synagoge und begann) zu lehren'' Die Varianten sind durch eine textkritische Variation bedingt. Textkritik: NA28 liest zusammen mit den meisten Zeugen (einschließlich B, A und Mehrheitstext) <u>εἰσελθὼν</u> εἰς τὴν συναγωγὴν <u>ἐδίδασκεν</u> (die Übersetzung in der Klammer). SBLGNT liest dagegen <u>ἐδίδασκεν</u> εἰς τὴν συναγωγήν wie 01 C L Δ ''f''13, einige syrische und koptische Handschriften sowie Origenes (die Übersetzung im Text). Einige weitere geringe Abweichungen in anderen Handschriften deuten daraufhin, dass die Position der beiden Verben als Problem wahrgenommen wurde. So liest bspw. C ἐδίδασκεν noch vor „am Sabbat“ (und ohne εἰσελθὼν), während 33 <u>εἰσελθὼν ἐδίδασκεν</u> εἰς τὴν συναγωγὴν bezeugt. Nur die zweite Lesart kann deren Entstehung erklären, gleichzeitig passt sie gut zu Markus' Stil. In dieser Variante wird εἰς nämlich wie ἐν gebraucht, was uns in Markus schon mehrmals begegnet ist (vgl. die [[Markus_1#note_au|Fußnote in V. 16]], aber auch εἰς τὸν Ἰορδάνην „im Jordan“ in V. 9). Um das zu korrigieren, veränderte man im Laufe der Überlieferung die Wortstellung und fügte εἰσελθὼν hinzu, damit Jesus zunächst „''in die'' Synagoge ''hinein''“ gehen konnte, anstatt quasi „''in die'' Synagoge“ zu lehren. Als attizierende, stilistisch glättere Lesart wäre die Variante aus NA28 dann sekundär (so Willker 2013, 32f.; Collins 2007, 161; France 2002, 99; Greeven ([http://books.google.com/books?id=fQfcYU2JsskC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA78#v=onepage&q&f=false Güting 2005, 78ff.])). Von dieser markinischen Konstruktion her haben wir uns offenbar dazuzudenken, dass Jesus die Synagoge auch betrat; vgl. die ähnlichen Konstruktionen in Mk 10,10; 13,9 (France 2002, 101). </ref>
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<ref>''begann er in der Synagoge (begab er sich in die Synagoge und begann) zu lehren'' Textkritik: Die Handschriften haben an dieser Stelle unterschiedliche Lesarten, und auch die wissenschaftlichen Urtext-Ausgaben bevorzugen verschiedene Varianten. NA28 liest zusammen mit den meisten Zeugen <u>εἰσελθὼν</u> εἰς τὴν συναγωγὴν <u>ἐδίδασκεν</u> (die Übersetzung in der Klammer). SBLGNT liest dagegen <u>ἐδίδασκεν</u> εἰς τὴν συναγωγήν, was der hier gewählten Übersetzung entspricht.</ref>
 
zu lehren
 
zu lehren
<ref>''begann zu lehren'' [[Inchoatives Imperfekt]] (Siebenthal 2011, §198e). </ref>.{{par|Lukas|4|31}}
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<ref>''begann ... zu lehren'' [[Inchoatives Imperfekt]] (Siebenthal 2011, §198e). </ref>.{{par|Lukas|4|31}}
 
{{S|22}} Und sie waren tief beeindruckt
 
{{S|22}} Und sie waren tief beeindruckt
<ref>''tief beeindruckt'' Dieses Wort benutzen die Evangelisten meist, um die Reaktion der Zuhörer auf Jesu Lehre und Taten zu beschreiben. Sie scheinen verblüfft, ja baff zu sein über das, was sie sehen und hören, und müssen sich an Jesu Art erst gewöhnen (z.B. Mt 19,25; Mk 6,2; 7,32; 10,26). In Lk 2,48 sind seine Eltern verblüfft, Jesus nach langer Suche im Tempel zu finden. In Lk 9,43 beschreibt das Verb die Reaktion der Menge auf eine von Jesu Dämonenaustreibungen. Mk 11,18 zeigt die Menge „fasziniert“ oder „in Bann geschlagen“ von Jesu Lehre. Zür: „überwältigt“, Menge, EÜ: „(sehr) betroffen“, Luther „sie entsetzten sich“, REB „sie erstaunten sehr“. NGÜ, GNB wie OfBi.</ref>
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<ref>''tief beeindruckt'' Dieses Wort benutzen die Evangelisten meist, um die Reaktion der Zuhörer auf Jesu Lehre und Taten zu beschreiben. Sie scheinen verblüfft, ja baff zu sein über das, was sie sehen und hören, und müssen sich an Jesu Art erst gewöhnen (z.B. Mt 19,25; Mk 6,2; 7,37; 10,26). In Lk 2,48 sind seine Eltern verblüfft, Jesus nach langer Suche im Tempel zu finden. In Lk 9,43 beschreibt das Verb die Reaktion der Menge auf eine von Jesu Dämonenaustreibungen. In [[Markus 11#s18|Mk 11,18]] zeigt sich die Menge „fasziniert“ oder „in Bann geschlagen“ von Jesu Lehre. Zür: „überwältigt“, Menge, EÜ: „(sehr) betroffen“, Luther „sie entsetzten sich“, REB „sie erstaunten sehr“. NGÜ, GNB wie OfBi.</ref>
 
von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.{{par|Matthäus|7|28|29}}{{par|Matthäus|13|54}}{{par|Lukas|4|32}}
 
von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten.{{par|Matthäus|7|28|29}}{{par|Matthäus|13|54}}{{par|Lukas|4|32}}
 
{{S|23}} Und dann (plötzlich)
 
{{S|23}} Und dann (plötzlich)
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<ref>''mit einem unreinen Geist'' Gr. ἐν, instr. „mit“, gibt hier, semitisch formulierend, die Präposition {{hebr}}ב{{hebr ende}} wieder (Guelich 1989, 54). Markus benützt diese Formulierung für dämonische Besessenheit, aber auch den Einfluss des Heiligen Geistes (Mk 12,36; vgl. Lk 2,27) (France 2002, 103, der „unter dem Einfluss“ als Übersetzung vorschlägt). NSS, Lut, EÜ, GNB: „besessen von“, NGÜ: „der einen bösen Geist hatte“, REB, Zür, Menge: „mit“. </ref>
 
<ref>''mit einem unreinen Geist'' Gr. ἐν, instr. „mit“, gibt hier, semitisch formulierend, die Präposition {{hebr}}ב{{hebr ende}} wieder (Guelich 1989, 54). Markus benützt diese Formulierung für dämonische Besessenheit, aber auch den Einfluss des Heiligen Geistes (Mk 12,36; vgl. Lk 2,27) (France 2002, 103, der „unter dem Einfluss“ als Übersetzung vorschlägt). NSS, Lut, EÜ, GNB: „besessen von“, NGÜ: „der einen bösen Geist hatte“, REB, Zür, Menge: „mit“. </ref>
 
, und er schrie:{{par|Lukas|4|33}}
 
, und er schrie:{{par|Lukas|4|33}}
{{S|24}} {sagend}
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{{S|24}} {sagend} „Was willst du von uns,
<ref name="sagend" />
 
„Was willst du von uns,
 
 
<ref>''Was willst du von uns?'' W. „Was uns und dir?“ In Mk 5,7; Mt 8,29; Lk 8,28 greifen Besessene gegenüber Jesus zur selben Wendung. Die Frage ist häufig Ausdruck einer ablehnenden Haltung in einer für den Sprecher unangenehmen oder bedrohlichen Situation, in der er sich dennoch fügen muss. So unter dem Eindruck der Bedrohung: „Was habe ich dir angetan?“ (Ri 11,12; 1Kö 17,18; 2Chron 35,21 LXX) Sie kann auch Distanz zum Anliegen eines Bittstellers zum Ausdruck bringen: „Was soll das?“ oder „Lasst das sein!“ (2Sam 16,10; 19,23 LXX), sinngemäß: „Lass mich in Ruhe, finde einen anderen!“ (2Kö 3,13 LXX), oder gleichgültige Distanzierung (Hos 14,9 LXX). Auf der Hochzeit in Kana bittet Jesus seine Mutter Maria mit der gleichen Wendung, sich nicht in seinen messianischen Dienst einzumischen (Joh 2,4) (vgl. France 2002, 103f.; NET Mk 1,24 Fn 48; BA ἐγώ). Im Zusammenhang mit einem bösen Geist, der sich bedroht fühlt, ist (hier und 5,7; Mt 8,29; Lk 8,28) wohl auch das defensive Element vorhanden, sinngemäß könnte man also sagen: „Was haben wir dir getan? Lass uns in Ruhe!“ Zür, REB, GNB: „Was haben wir mit dir zu schaffen?“, Lut, Menge, NGÜ: „Was willst du von uns?“ </ref>
 
<ref>''Was willst du von uns?'' W. „Was uns und dir?“ In Mk 5,7; Mt 8,29; Lk 8,28 greifen Besessene gegenüber Jesus zur selben Wendung. Die Frage ist häufig Ausdruck einer ablehnenden Haltung in einer für den Sprecher unangenehmen oder bedrohlichen Situation, in der er sich dennoch fügen muss. So unter dem Eindruck der Bedrohung: „Was habe ich dir angetan?“ (Ri 11,12; 1Kö 17,18; 2Chron 35,21 LXX) Sie kann auch Distanz zum Anliegen eines Bittstellers zum Ausdruck bringen: „Was soll das?“ oder „Lasst das sein!“ (2Sam 16,10; 19,23 LXX), sinngemäß: „Lass mich in Ruhe, finde einen anderen!“ (2Kö 3,13 LXX), oder gleichgültige Distanzierung (Hos 14,9 LXX). Auf der Hochzeit in Kana bittet Jesus seine Mutter Maria mit der gleichen Wendung, sich nicht in seinen messianischen Dienst einzumischen (Joh 2,4) (vgl. France 2002, 103f.; NET Mk 1,24 Fn 48; BA ἐγώ). Im Zusammenhang mit einem bösen Geist, der sich bedroht fühlt, ist (hier und 5,7; Mt 8,29; Lk 8,28) wohl auch das defensive Element vorhanden, sinngemäß könnte man also sagen: „Was haben wir dir getan? Lass uns in Ruhe!“ Zür, REB, GNB: „Was haben wir mit dir zu schaffen?“, Lut, Menge, NGÜ: „Was willst du von uns?“ </ref>
 
Jesus von Nazaret
 
Jesus von Nazaret
<ref>''Jesus von Nazaret'' W. „Jesus [der] Nazarener“. Hier wurde der bekanntere deutsche Titel für die Übersetzung vorgezogen. </ref>
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<ref>''Jesus von Nazaret'' W. „Jesus [der] Nazarener“. Hier wurde der bekanntere deutsche Name für die Übersetzung gewählt. </ref>?
? Bist du gekommen, [um] uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes
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Bist du gekommen, [um] uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes
<ref>''der Heilige Gottes'' ist kein Titel, der häufig für Jesus benutzt wird (nur Joh 6,69), auch keiner, den das AT dem Messias zuschreibt. Dort wird er lediglich auf Männer mit enger Gottesbeziehung angewandt (Aaron in Ps 106,16; Elisa in 2Kö 4,9; Simson in Ri 16,17). Hier stellt der Titel einen Kontrast her zwischen dem unreinen Geist und dem heiligen Jesus (France 2002, 104). An anderen Stellen nennen Dämonen Jesus den Sohn Gottes (Mk 3,11; 5,7). Möglich, dass der Dämon hier ein Wortspiel zwischen dem hebräischen Wort für Nazaret und dem Wort {{hebr}}נזיר{{hebr ende}} „heilig“ anstellt, wie es bspw. in Ri 13,7 (LXX sowohl ναζιραῖος Θεοῦ als auch ἃγιος Θεοῦ) im Zusammenhang mit Simson vorkommt. Die beiden Wörter klingen ähnlich (Guelich 1989, 57; Pesch 1976, 122). </ref>!“{{par|Lukas|4|34}}
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<ref>''der Heilige Gottes'' ist kein Titel, der häufig für Jesus benutzt wird (sonst nur [[Johannes 6#s69|Joh 6,69]]). Im AT wird er lediglich auf Männer mit enger Gottesbeziehung angewandt (Aaron in Ps 106,16; Elisa in 2Kö 4,9; Simson in Ri 16,17), aber nicht auf den Messias. Der Titel stellt einen Kontrast her zwischen dem unreinen Geist und dem heiligen Jesus (France 2002, 104). An anderen Stellen nennen Dämonen Jesus den Sohn Gottes ([[Markus 3#s11|Mk 3,11]]; [[Markus 5#s7|5,7]]). Möglich, dass der Dämon hier ein Wortspiel zwischen dem hebräischen Wort für Nazaret und dem Wort {{hebr}}נזיר{{hebr ende}} „heilig“ macht, wie es bspw. in Ri 13,7 (LXX sowohl ναζιραῖος Θεοῦ als auch ἃγιος Θεοῦ) im Zusammenhang mit Simson vorkommt. Die beiden Wörter klingen ähnlich (Guelich 1989, 57; Pesch 1976, 122). </ref>!“{{par|Lukas|4|34}}
 
{{S|25}} Und Jesus wies ihn an (unterwarf ihn seiner Kontrolle)
 
{{S|25}} Und Jesus wies ihn an (unterwarf ihn seiner Kontrolle)
<ref>''wies ihn an (unterwarf ihn seiner Kontrolle)'' Gr. ἐπιτιμάω wird häufig mit „wies ihn zurecht“ übersetzt, ist bei Markus aber ein Wort, das das Ausüben göttlicher Kontrolle, also einen unwiderstehlichen Befehl bezeichnet (France 2002, 104f.). Ähnlich macht Jesus es mit mehreren Dämonen in Mk 3,12. Guelich schlägt die Übersetzung ''seiner Kontrolle unterwerfen'' vor (engl. „subdue“; ders. 1989, 57f.). EÜ, NGÜ: „befahl“. Eher unpassend Zür: „schrie ihn an“. </ref>
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<ref>''wies ihn an (unterwarf ihn seiner Kontrolle)'' Gr. ἐπιτιμάω wird häufig mit „wies ihn zurecht“ übersetzt, ist bei Markus aber ein Wort, das das Ausüben göttlicher Kontrolle, also einen unwiderstehlichen Befehl bezeichnet (France 2002, 104f.). Ähnlich verfährt Jesus mit mehreren Dämonen in [[Markus 3#s12|Mk 3,12]]. Guelich argumentiert für die Übersetzung ''seiner Kontrolle unterwerfen'' in der Klammer (engl. „subdue“; ders. 1989, 57f.). EÜ, NGÜ: „befahl“. Eher unpassend Zür: „schrie ihn an“. </ref>
{sagend}
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{sagend}: „Sei still (Schweig, Verstumme) und komm (verlass, fahre) aus ihm heraus!“{{par|Lukas|4|35}}
<ref name="sagend" />:
 
„Sei still (Schweig, Verstumme) und komm (verlass, fahre) aus ihm heraus!“{{par|Lukas|4|35}}
 
 
{{S|26}} Und nachdem (während) der unreine Geist ihn geschüttelt und [mit] lauter Stimme geschrien hatte,
 
{{S|26}} Und nachdem (während) der unreine Geist ihn geschüttelt und [mit] lauter Stimme geschrien hatte,
<ref>''nachdem … geschüttelt … geschrien'' [[Ptz. conj.]] (Partizip Aorist aktiv), temporal-modal, hier vorzeitig verstanden und als Nebensatz mit nachdem aufgelöst. </ref>
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<ref>''nachdem … geschüttelt … geschrien'' [[Ptz. conj.]] (Partizip Aorist aktiv), temporal-modal, hier vorzeitig verstanden und als Nebensatz mit „nachdem“ aufgelöst. </ref>
 
kam (verließ, fuhr) er aus ihm heraus.{{par|Lukas|4|35}}
 
kam (verließ, fuhr) er aus ihm heraus.{{par|Lukas|4|35}}
 
{{S|27}} Und alle waren so entgeistert (erstaunt, erschrocken), dass sie einander fragten
 
{{S|27}} Und alle waren so entgeistert (erstaunt, erschrocken), dass sie einander fragten
 
<ref>''einander fragten'' Oder „miteinander diskutierten“ (vgl. France 2002, 105). Als elegantere deutsche Formulierung für die gesamte Reaktion der Zuhörer wäre „und sie wussten nicht, was sie davon halten sollten“ eine Möglichkeit. <!-- Diese Fußnote ist überflüssig, sobald für die Lesefassung eine gute Möglichkeit gefunden wurde. --></ref>
 
<ref>''einander fragten'' Oder „miteinander diskutierten“ (vgl. France 2002, 105). Als elegantere deutsche Formulierung für die gesamte Reaktion der Zuhörer wäre „und sie wussten nicht, was sie davon halten sollten“ eine Möglichkeit. <!-- Diese Fußnote ist überflüssig, sobald für die Lesefassung eine gute Möglichkeit gefunden wurde. --></ref>
{wobei sie sagten}<ref name="sagend" />:
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{wobei sie sagten}:
 
„Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht – sogar (selbst, und) den unreinen Geistern befiehlt er, und sie gehorchen ihm!“{{par|Lukas|4|36}}
 
„Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht – sogar (selbst, und) den unreinen Geistern befiehlt er, und sie gehorchen ihm!“{{par|Lukas|4|36}}
 
{{S|28}} Und bald (rasch) verbreitete sich die Kunde von ihm (sein Ruf) überall in der ganzen Umgebung, [in ganz] Galiläa (im ganzen Umland von Galiläa)
 
{{S|28}} Und bald (rasch) verbreitete sich die Kunde von ihm (sein Ruf) überall in der ganzen Umgebung, [in ganz] Galiläa (im ganzen Umland von Galiläa)
<ref>''in der ganzen Umgebung, [in ganz] Galiläa (im ganzen Umland von Galiläa)'' Die Übersetzung hängt davon ab, wie man den Genitiv τῆς Γαλιλαίας versteht. Als epexegetischer [[Genitiv]] ist „die ganze Umgebung, also Galiläa“ gemeint (bzw. „das ganze Umland [von Kafarnaum], also Galiläa“). Ist der Genitiv attributiv gemeint, nimmt Markus das Umland von Galiläa, also die erweiterte Region in den Blick (France 2002, 106; Guelich 1989, 54). </ref>.{{par|Lukas|4|37}}
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<ref>''in der ganzen Umgebung, [in ganz] Galiläa (im ganzen Umland von Galiläa)'' Die Übersetzung hängt davon ab, wie man den Genitiv τῆς Γαλιλαίας versteht. Als epexegetischer [[Genitiv]] ist „die ganze Umgebung, also Galiläa“ gemeint (bzw. „das ganze Umland [von Kafarnaum], also Galiläa“). Ist der Genitiv attributiv gemeint, nimmt Markus das Umland von Galiläa, also die erweiterte Region, in den Blick (France 2002, 106; Guelich 1989, 54). </ref>.{{par|Lukas|4|37}}
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{{S|29}} Und dann
 
{{S|29}} Und dann
<ref>''dann'' W. „gleich/sofort“, doch Markus benutzt das Wort nicht um Unmittelbarkeit anzuzeigen, sondern um den nächsten Handlungsschritt einzuführen und die Spannung aufrecht zu erhalten (Guelich 1989, 54; France 2002, 103). Hier könnte das Wort auch das aufgelöste Partizip ''verließen'' modifizieren, dann könnte die Übersetzung bspw. lauten: „Und sie verließen die Synagoge gleich darauf und...“</ref>
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<ref>''dann'' W. „gleich/sofort“, doch im Markusevangelium hat das Wort häufig den Sinn von „dann“. Es leitet also den nächsten Abschnitt der Handlung ein und soll die Spannung aufrecht erhalten (Guelich 1989, 54; France 2002, 103). Hier könnte das Wort auch das aufgelöste Partizip ''verließen'' modifizieren, dann könnte die Übersetzung bspw. lauten: „Und sie verließen die Synagoge gleich darauf und...“</ref>
 
verließen sie {aus} die Synagoge und
 
verließen sie {aus} die Synagoge und
 
<ref>''verließen … und'' [[Ptz. conj.]] (Aorist), als temporaler Nebensatz übersetzt. Alternativ mit „als“ oder „nachdem“. </ref>
 
<ref>''verließen … und'' [[Ptz. conj.]] (Aorist), als temporaler Nebensatz übersetzt. Alternativ mit „als“ oder „nachdem“. </ref>
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{{S|30}} Simons Schwiegermutter {aber} lag mit Fieber [im Bett]
 
{{S|30}} Simons Schwiegermutter {aber} lag mit Fieber [im Bett]
 
<ref>''lag mit Fieber [im Bett]'' ist durativ ([[Imperfekt]]). ''Mit Fieber'' übersetzt das [[adv. Ptz.]] modal als Präpositionalphrase, alternativ „und hatte Fieber“ oder „fiebernd“, auch eine kausale Sinnrichtung wäre möglich: „lag im Bett, weil sie Fieber hatte“. ''[im Bett]'' wird von vielen Übersetzungen (EÜ, NGÜ, GNB) sinngemäß ergänzt, weil das Griechische ohne Lokalangabe auskommt. Das Bett könnte hier je nach Wohlstand auch aus einem Lager auf einer Binsenmatte bestanden haben (NBD, 489). </ref>
 
<ref>''lag mit Fieber [im Bett]'' ist durativ ([[Imperfekt]]). ''Mit Fieber'' übersetzt das [[adv. Ptz.]] modal als Präpositionalphrase, alternativ „und hatte Fieber“ oder „fiebernd“, auch eine kausale Sinnrichtung wäre möglich: „lag im Bett, weil sie Fieber hatte“. ''[im Bett]'' wird von vielen Übersetzungen (EÜ, NGÜ, GNB) sinngemäß ergänzt, weil das Griechische ohne Lokalangabe auskommt. Das Bett könnte hier je nach Wohlstand auch aus einem Lager auf einer Binsenmatte bestanden haben (NBD, 489). </ref>
, und sie erzählten (berichteten)
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, und sie erzählten (berichteten) ihm gleich von ihr.{{par|Matthäus|8|14}}{{par|Lukas|4|38}}
<ref>''erzählten'' [[Historisches Präsens]]. </ref>
 
ihm gleich von ihr.{{par|Matthäus|8|14}}{{par|Lukas|4|38}}
 
 
{{S|31}} Da (Und) ging er zu [ihr] und
 
{{S|31}} Da (Und) ging er zu [ihr] und
 
<ref>''ging zu … und'' [[Beschreibendes Partizip]] modal-temporaler Sinnrichtung, mit „und“ aufgelöst.</ref>
 
<ref>''ging zu … und'' [[Beschreibendes Partizip]] modal-temporaler Sinnrichtung, mit „und“ aufgelöst.</ref>
half ihr beim Aufstehen (richtete sie auf), indem er ihre Hand nahm (ergriff)<ref>''indem er ihre Hand nahm'' [[Ptz. conj.]], modal als Nebensatz mit „indem“ aufgelöst. </ref>.
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half ihr beim Aufstehen (richtete sie auf), indem er ihre Hand nahm (ergriff)
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<ref>''indem er ihre Hand nahm'' [[Ptz. conj.]], modal als Nebensatz mit „indem“ aufgelöst. </ref>.
 
Da (und) verließ das Fieber sie, und sie begann, sie zu bewirten (bedienen, dienen; bewirtete sie)
 
Da (und) verließ das Fieber sie, und sie begann, sie zu bewirten (bedienen, dienen; bewirtete sie)
 
<ref>''begann, sie zu bedienen'' Vermutlich [[Inchoatives Imperfekt|inchoatives Imperfekt]]. </ref>.{{par|Matthäus|8|15}}{{par|Lukas|4|39}}
 
<ref>''begann, sie zu bedienen'' Vermutlich [[Inchoatives Imperfekt|inchoatives Imperfekt]]. </ref>.{{par|Matthäus|8|15}}{{par|Lukas|4|39}}
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<ref name="Ipf">''brachte'' (V. 32) / ''heilte'' / ''trieb aus'' / ''ließ'' (V. 34) Das [[Imperfekt]] zeigt an, dass es an diesem Abend fortlaufend geschah. </ref>
 
<ref name="Ipf">''brachte'' (V. 32) / ''heilte'' / ''trieb aus'' / ''ließ'' (V. 34) Das [[Imperfekt]] zeigt an, dass es an diesem Abend fortlaufend geschah. </ref>
 
man alle Kranken (denen es schlecht ging)
 
man alle Kranken (denen es schlecht ging)
<ref name="krank">''Kranke(n)'' Unter Auflösung des subst. Ptz. als Relativsatz wäre eine „wörtliche“ Übersetzung: „alle, die es schlecht hatten“. REB: „Leidenden“. </ref>
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<ref name="krank">''alle Kranke(n)'' [[Subst. Ptz.]]. Oder „alle, denen es schlecht ging“. ELB: „Leidenden“. </ref>
 
und [alle] Besessenen zu ihm,{{par|Matthäus|8|16}}{{par|Lukas|4|40}}
 
und [alle] Besessenen zu ihm,{{par|Matthäus|8|16}}{{par|Lukas|4|40}}
{{S|33}} und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt<ref>''war versammelt'' [[Periphrastisches Partizip]]. </ref>.
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{{S|33}} und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt.
 
{{S|34}} Und er heilte viele Kranke (denen es schlecht ging)<ref name="krank" /> von verschiedenen Krankheiten und trieb viele Dämonen aus, aber (und) die Dämonen ließ<ref name="Ipf" /> er nicht sprechen, weil sie ihn kannten.{{par|Matthäus|8|16}}{{par|Lukas|4|40|41}}
 
{{S|34}} Und er heilte viele Kranke (denen es schlecht ging)<ref name="krank" /> von verschiedenen Krankheiten und trieb viele Dämonen aus, aber (und) die Dämonen ließ<ref name="Ipf" /> er nicht sprechen, weil sie ihn kannten.{{par|Matthäus|8|16}}{{par|Lukas|4|40|41}}
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{{S|35}} Und früh morgens, [als es noch] ganz dunkel [war],
 
{{S|35}} Und früh morgens, [als es noch] ganz dunkel [war],
 
<ref>''früh morgens … ganz dunkel'' Oder: „sehr früh morgens, [als es noch] dunkel [war]“. </ref>
 
<ref>''früh morgens … ganz dunkel'' Oder: „sehr früh morgens, [als es noch] dunkel [war]“. </ref>
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<ref>''spürten (eilten) ihm nach'' Das Wort heißt eigentlich meist „nachjagen, verfolgen“ und macht auch hier den Druck greifbar, den die vier Jünger ob der Menschenmenge empfanden (France 2002, 112). Sinngemäß formuliert: „versuchten hektisch/verzweifelt, ihn ausfindig zu machen“. </ref>
 
<ref>''spürten (eilten) ihm nach'' Das Wort heißt eigentlich meist „nachjagen, verfolgen“ und macht auch hier den Druck greifbar, den die vier Jünger ob der Menschenmenge empfanden (France 2002, 112). Sinngemäß formuliert: „versuchten hektisch/verzweifelt, ihn ausfindig zu machen“. </ref>
 
{{S|37}} und fanden ihn. {und} Sie teilten ihm mit (sagten) {dass}:
 
{{S|37}} und fanden ihn. {und} Sie teilten ihm mit (sagten) {dass}:
<ref>''und fanden ihn. {und} Sie teilten ihm mit (sagten) {dass}:'' Oder: „Als sie ihn fanden, teilten sie ihm mit“ (Lut, EÜ, NGÜ). ''teilten mit'' [[Historisches Präsens]]. ''{dass}:'' [[ὅτι recitativum]]. </ref>
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<ref>''und fanden ihn. {und} Sie teilten ihm mit (sagten) {dass}:'' Oder: „Als sie ihn fanden, teilten sie ihm mit“ (Lut, EÜ, NGÜ). </ref>
 
„Alle fragen (suchen, forschen) nach dir!“
 
„Alle fragen (suchen, forschen) nach dir!“
{{S|38}} {und} Er entgegnete (sagte)
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{{S|38}} {und} Er entgegnete (sagte) ihnen: „Gehen wir stattdessen (lasst uns gehen) anderswohin, in die benachbarten Ortschaften (Dörfer), damit ich auch dort predigen (verkündigen) [kann]. Zu diesem Zweck (Dazu) bin ich nämlich aus [der Stadt] gekommen (bin gekommen, ausgezogen)
<ref>entgegnete [[Historisches Präsens]]. </ref>
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<ref>''aus [der Stadt] gekommen (bin gekommen, ausgezogen)'' Gr. ἐξῆλθον „(hin)ausgegangen, herausgekommen, verlassen“. Die Frage ist: Bezieht sich Jesus darauf, dass er die Stadt Kafarnaum ''verlassen'' hat (wie dasselbe Wort in V. 35 anzeigen kann – im Griechischen ist wie beim Synonym „hinausgehen“ kein Objekt nötig), oder dass er dazu ''vom Vater aus'' (bzw. ''aus'' dem Himmel) gekommen ist (wie es Lukas in der Parallelstelle Lk 4,43 meint)? Die meisten Übersetzer entscheiden sich für die zweite Option, die auch im Johannesevangelium eine große Rolle spielt (vgl. Joh 8,42; 13,3; 16,27-28). Vordergründig scheint Jesus sich auf seinen Dienst zu beziehen, der sich von hier an auf ganz Galiläa ausdehnt (so Pesch 1976, 138; Guelich 1989, 70, der die zweite Option daher ganz ausschließt). Eine Variante dieser Interpretation ist, dass Jesus zu diesem Zweck ''ausgezogen'' ist, das Predigen also als seine Mission versteht, ohne aber mit dieser Aussage eine Herkunft vom Vater im Sinn der Parallelstelle bei Lukas andeuten zu wollen (Option 3, so wohl Menge). Es ist jedoch durchaus vorstellbar, dass Markus bewusst zweideutig formuliert, sodass die Aussageabsicht, die Lukas ganz eindeutig macht, hier schon mitschwingt (France 2002, 113; Blight 2012, 81). Option 1 erhält hier den Vorzug, weil es sich um die aus dem Kontext offenkundige Bedeutung handelt. Die meisten Übersetzungen entscheiden sich jedoch für die eher sinngemäße Formulierung „dazu bin ich gekommen“, die auf Option 2 oder Option 3 hindeutet (EÜ, Lut, NGÜ, GNB, Zür, vgl. REB). </ref>.“{{par|Lukas|4|43}}{{par|Markus|1|14}}{{par|Johannes|8|42}}
ihnen: „Gehen wir stattdessen (lasst uns gehen) anderswohin, in die benachbarten Ortschaften (Dörfer), damit ich auch dort predigen (verkündigen) [kann]. Zu diesem Zweck (Dazu) bin ich nämlich aus [der Stadt] gekommen (bin gekommen, ausgezogen)
 
<ref>''aus [der Stadt] gekommen (bin gekommen, ausgezogen)'' Gr. ἐξῆλθον „(hin)ausgegangen, herausgekommen, verlassen“. Die Frage ist: Bezieht sich Jesus darauf, dass er die Stadt Kafarnaum ''verlassen'' hat (wie dasselbe Wort in V. 35 anzeigen kann – im Griechischen ist wie beim Synonym „hinausgehen“ kein Objekt nötig), oder dass er dazu vom Vater ''aus'' (bzw. ''aus'' dem Himmel) gekommen ist (wie es Lukas in der Parallelstelle Lk 4,43 meint)? Die meisten Übersetzer entscheiden sich für die zweite Option, die auch im Johannesevangelium eine große Rolle spielt (vgl. Joh 8,42; 13,3; 16,27-28). Vordergründig scheint Jesus sich auf seinen Dienst zu beziehen, der sich von hier an auf ganz Galiläa ausdehnt (so Pesch 1976, 138; Guelich 1989, 70, der die zweite Option ganz ausschließt). Eine Variante dieser Option ist, dass Jesus zu diesem Zweck ''ausgezogen'' ist, das Predigen also als seine Mission versteht, ohne mit dieser Aussage aber eine johanneische Herkunft vom Vater in den Blick zu nehmen (Option 3, so wohl Menge). Es ist jedoch durchaus vorstellbar, dass er für den kundigen christlichen Leser bewusst zweideutig formuliert, sodass die Aussageabsicht, die Lukas ganz eindeutig macht, hier mitschwingt (France 2002, 113; Blight 2012, 81). Option 1 erhält hier den Vorzug, weil es sich um die aus dem Kontext offenkundige Bedeutung handelt. Die meisten Übersetzungen entscheiden sich jedoch für die eher sinngemäße Formulierung „dazu bin ich gekommen“ (EÜ, Lut, NGÜ, GNB, Zür, vgl. REB), die auf Option 2 oder Option 3 hindeutet. </ref>.“{{par|Lukas|4|43}}{{par|Markus|1|14}}{{par|Johannes|8|42}}
 
 
{{S|39}} Und er zog (kam; war) durch ganz Galiläa, predigte (verkündigte) in ihren Synagogen
 
{{S|39}} Und er zog (kam; war) durch ganz Galiläa, predigte (verkündigte) in ihren Synagogen
<ref>''durch ganz Galiläa … in ihren Synagogen'' In beiden Fällen kommt als Präposition εἰς „zu (hin), in (hinein)“ zum Einsatz. Zum flexiblen Gebrauch der Präposition bei Markus s. die Fußnoten in [[#note_au|V. 16]] und [[#note_be|V. 21]] (France 2002, 113). Wie schon in V. 21 haben Kopisten einiger Manuskripte versucht, die für fehlerhaft gehaltene Lesart zu korrigieren. </ref>
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<ref>''durch ganz Galiläa … in ihren Synagogen'' In beiden Fällen kommt als Präposition εἰς „zu (hin), in (hinein)“ zum Einsatz. Zum flexiblen Gebrauch der Präposition bei Markus s. die Fußnoten in [[#note_ap|V. 16]] und [[#note_ax|V. 21]] (France 2002, 113). Wie schon in V. 21 haben Kopisten einiger Manuskripte versucht, den vermeintlich fehlerhaften Text zu korrigieren. </ref>
 
und trieb die Dämonen aus.
 
und trieb die Dämonen aus.
 
<ref>''predigte und trieb aus'' Temporal-modale [[Ptz. conj.]], als Indikative in einer Satzreihe aufgelöst. </ref>{{par|Matthäus|4|25}}{{par|Lukas|4|44}}
 
<ref>''predigte und trieb aus'' Temporal-modale [[Ptz. conj.]], als Indikative in einer Satzreihe aufgelöst. </ref>{{par|Matthäus|4|25}}{{par|Lukas|4|44}}
{{S|40}} Und ein Aussätziger (Leprakranker) kam
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<ref>kam [[Historisches Präsens]]. </ref>
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zu ihm, der ihn anflehte und auf die Knie fiel
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{{S|40}} Und ein Aussätziger (Leprakranker) kam zu ihm, der ihn anflehte und auf die Knie fiel
<ref>''der anflehte … auf die Knie fiel'' Zwei modal-temporale [[Ptz. conj.]], hier als Relativsatz aufgelöst. Textkritik: In einigen Handschriften (B, D u.a.) fehlt καὶ γονυπετῶν (καὶ) ''und auf die Knie fiel (und)''. (NA28 liest das eingeklammerte „und“, SBLGNT nicht.) Der byzantinische Text liefert die etwas längere Lesart καὶ γονυπετῶν αὐτὸν καὶ. Aus der längeren Variante (entweder von 01 oder von byz) könnten die kürzeren durch einen Auslasser wg. Homoioteleuton entstanden sein. Der doppelnde Stil wäre typisch für Markus. Wenn die Berichte in Matthäus, Markus und Lukas auf einheitlichen Informationen beruhen, dann ist die längere Variante wahrscheinlich ursprünglich – es kommt auch keine spätere Angleichung in Frage, weil die Evangelisten unterschiedlich formulieren. Diese Übersetzung folgt SBLGNT, [http://books.google.com/books?id=fQfcYU2JsskC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA115#v=onepage&q&f=false Greeven/Güting 2005, 114ff.] und Willker 2013, 50ff., indem sie das zweite καὶ als sekundär versteht.</ref>
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<ref>''der anflehte … auf die Knie fiel'' Zwei modal-temporale [[Ptz. conj.]], hier als Relativsatz aufgelöst. Textkritik: In einigen Handschriften (B, D u.a.) fehlt καὶ γονυπετῶν (καὶ) ''und auf die Knie fiel (und)''.</ref>
 
, wobei er ihm zurief (sagte)
 
, wobei er ihm zurief (sagte)
<ref>''wobei er ihm zurief'' [[Ptz. conj.]], hier als modaler Nebensatz aufgelöst. Die Übersetzung hängt auch von der textkritischen Entscheidung ab, die in der vorigen Fußnote angesprochen wird.</ref> {dass}:
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<ref>''wobei er ihm zurief'' [[Ptz. conj.]], hier als modaler Nebensatz aufgelöst. Die Übersetzung hängt auch von der textkritischen Entscheidung ab, die in der vorigen Fußnote angesprochen wird.</ref> {dass}: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen (heilen)!“{{par|Matthäus|8|2}}{{par|Lukas|5|12}}
<ref name="hoti" />
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{{S|41}} Und [Jesus] hatte Mitleid (wurde zornig),
„Wenn du willst, kannst du mich rein machen (heilen)!“{{par|Matthäus|8|2}}{{par|Lukas|5|12}}
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<ref>''hatte Mitleid (wurde zornig)'' Die beiden möglichen Übersetzungen sind auf eine sehr schwierige Variante in der Überlieferung unserer Stelle zurückzuführen. Einzelne antike Handschriften haben die Variante ''wurde zornig''. Der Grund für Jesu Zorn wäre dabei schwer auszumachen. Vermutlich richtet sich der Zorn nicht gegen den Aussätzigen (sonst würde Jesus anders reagieren), sondern am ehesten gegen seine Erkrankung, die die Gefallenheit der Welt und das Wirken des Bösen in ihr vor Augen führt (ebd. 117; Guelich 1989, 74). Eine ähnliche Erklärung bietet sich bspw. bei Mk 7,34 oder Joh 11,33 an.<br>
{{S|41}} Und [Jesus] hatte Mitleid, darum
+
Die wissenschaftlichen Urtext-Ausgaben folgen verschiedenen Varianten.</ref>
<ref>''hatte Mitleid, darum'' [[Ptz. conj.]] (modal-temporal oder kausal), hier kausal als Hauptsatz formuliert, der Jesu folgende Handlung begründet. Die Auflösung als Nebensatz mit „und“, „weil“ wäre alternativ ebenso möglich wie die Präpositionalphrase „voller Mitleid“. NGÜ: „Von tiefem Mitleid ergriffen“. <br />
+
darum
Textkritik: In einigen wenigen Handschriften (D a ff<sup>2</sup> r<sup>1</sup>, auch SBLGNT) steht nicht σπλαγχνισθεὶς ''hatte Mitleid'' (so NA28), sondern ὀργισθείς „wurde zornig“. Diese Lesart ist zwar äußerst schwach bezeugt, aber schwieriger, und plausibel. Sie passt zu Jesu emotionaler Reaktion in V. 43. Sie passt zu ähnlichen Reaktionen Jesu an anderer Stelle (Mk 3,5; 7,34; 10,14; Joh 9,19.23; 11,33.38). Die verbreitetere Lesart könnte zwar Ergebnis einer Abmilderung sein, doch an anderen Stellen hatten Kopisten offensichtlich kein Problem mit ähnlichen Formulierungen. Allerdings könnte die Änderung hier darauf zurückzuführen sein, dass eine Zornesäußerung schwer in die Geschichte passt. Mt 8,3 und Lk 5,13 drücken sich beinahe identisch aus, enthalten jedoch gar kein Partizip – was ebenfalls dafür sprechen könnte, dass das unerklärliche „wurde zornig“ in ihrer Tradition enthalten war, sie es aber wegließen. So sprechen die internen Kriterien ganz für diese Lesart. Viele Ausleger akzeptieren sie daher als die schwierigere Lesart (Guelich 1989, 72; France 2002, 116; Güting 2005, 119-22). Allerdings ist die Lesart zwar alt, aber auch hauptsächlich von westlichen Handschriften bezeugt, die gewöhnlich weniger externes Gewicht erhalten. Sie könnte zudem auch als Angleichung an V. 43 entstanden sein. Wir behalten darum wie NA28 zunächst das deutlich besser überlieferte ''hatte Mitleid'' (vgl. Metzger 1994, 65; so die allermeisten Übersetzungen außer NIV). <br />
+
<ref>''hatte Mitleid, darum'' [[Ptz. conj.]] (modal-temporal oder kausal), hier kausal verstanden, weil dies die folgende Handlung Jesu begründet. Die Auflösung als Nebensatz mit „und“, „weil“ wäre alternativ ebenso möglich wie die Präpositionalphrase „voller Mitleid“. NGÜ: „Von tiefem Mitleid ergriffen“. </ref>
Akzeptiert man die schwach bezeugte Variante, ist der Grund für Jesu Zorn schwer auszumachen. Vermutlich richtet sich der Zorn nicht gegen den Mann (sonst würde Jesus anders reagieren), sondern am ehesten gegen seine Erkrankung, die die Gefallenheit der Welt und das Wirken des Bösen in ihr vor Augen führt (ebd. 117; Guelich 1989, 74). Eine ähnliche Erklärung bietet sich bspw. n Mk 7,34 oder Joh 11,33 an.</ref>
 
 
streckte er seine Hand aus
 
streckte er seine Hand aus
 
<ref>''streckte aus'' [[Ptz. conj.]] (modal-temporal), hier als Indikativ übersetzt und beigeordnet.</ref>
 
<ref>''streckte aus'' [[Ptz. conj.]] (modal-temporal), hier als Indikativ übersetzt und beigeordnet.</ref>
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{{S|42}} Und sofort verschwand (ging weg) der Aussatz (die Lepra) von ihm, und er wurde rein (gereinigt, geheilt).{{par|Matthäus|8|3}}{{par|Lukas|5|13}}{{par|2 Könige|5|14}}
 
{{S|42}} Und sofort verschwand (ging weg) der Aussatz (die Lepra) von ihm, und er wurde rein (gereinigt, geheilt).{{par|Matthäus|8|3}}{{par|Lukas|5|13}}{{par|2 Könige|5|14}}
 
{{S|43}} Und er ermahnte ihn streng (fuhr ihn an, wies ihn zurecht; bedeutete ihm zu schweigen)
 
{{S|43}} Und er ermahnte ihn streng (fuhr ihn an, wies ihn zurecht; bedeutete ihm zu schweigen)
<ref>''ermahnte streng'' [[Ptz. conj.]] (modal-temporal). Das Wort drückt bei Menschen meist wütende Erregung aus (z.B. Joh 11,33.38), allerdings geht es hier um Kommunikation (es steht mit Dativ-Objekt), nicht um Gemütserregung. An anderen, vergleichbaren Stellen ist oft ein feindseliger Unterton zu spüren: In Dan 11,30 LXX scheint von überlegener oder harscher Zurechtweisung oder Bedrohung die Rede zu sein. In Mk 14,5 kommt es vielleicht im Sinn von „jemdn. scharf zurechtweisen/schimpfen“ vor. Wie in Mt 9,30 scheint daher eher etwas im Sinne einer strengen Ermahnung gemeint zu sein (vgl. [http://lsj.translatum.gr/wiki/%E1%BC%90%CE%BC%CE%B2%CF%81%CE%B9%CE%BC%CE%AC%CE%BF%CE%BC%CE%B1%CE%B9 LSJ ἐμβριμάομαι], weil der Kontext nicht verrät, warum Jesus plötzlich so erregt sein sollte (vgl. Collins 2007, 179). Guelich versteht das Wort daher als Beschreibung einer orientalischen Geste, die Schweigen signalisiert (Guelich 1989, 75). Mt 8,4 und Lk 5,14 schwächen die Beschreibung im Vergleich ab. Lut: „drohte“, Zür: „fuhr an“, EÜ: „schärfte ein“, NGÜ: „ermahnte“, GNB: „befahl streng“</ref>
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<ref>''ermahnte streng'' [[Ptz. conj.]] (modal-temporal). Das Wort drückt bei Menschen meist wütende Erregung aus (z.B. Joh 11,33.38), allerdings wird hier keine Gemütserregung, sondern Kommunikation beschrieben. An anderen, vergleichbaren Stellen ist in dem Verb oft ein feindseliger Unterton zu spüren: In Dan 11,30 LXX scheint überlegene oder harsche Zurechtweisung oder Bedrohung mitzuschwingen. In [[Markus 14#s5|Mk 14,5]] kommt es vielleicht im Sinn von „jemdn. scharf zurechtweisen/schimpfen“ vor. Wie in Mt 9,30 scheint daher eher etwas im Sinne einer strengen Ermahnung gemeint zu sein (vgl. [http://lsj.translatum.gr/wiki/%E1%BC%90%CE%BC%CE%B2%CF%81%CE%B9%CE%BC%CE%AC%CE%BF%CE%BC%CE%B1%CE%B9 LSJ ἐμβριμάομαι], weil der Kontext nicht verrät, warum Jesus plötzlich so erregt sein sollte (vgl. Collins 2007, 179). Guelich versteht das Wort daher als Beschreibung einer orientalischen Geste, die Schweigen signalisiert (Guelich 1989, 75). Mt 8,4 und Lk 5,14 benutzen etwas mildere Worte. Lut: „drohte“, Zür: „fuhr an“, EÜ: „schärfte ein“, NGÜ: „ermahnte“, GNB: „befahl streng“</ref>
, schickte ihn auf der Stelle (sofort) weg (warf hinaus){{par|Matthäus|8|4}}{{par|Lukas|5|14}}
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, schickte ihn ohne Umschweife (sofort) weg (warf ihn hinaus){{par|Matthäus|8|4}}{{par|Lukas|5|14}}
{{S|44}} und sagte
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{{S|44}} und sagte zu ihm: „Sieh, dass du niemandem etwas
<ref>''sagte'' [[Historisches Präsens]]. </ref>
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<ref>''niemandem etwas'' Im Griechischen eine doppelte Verneinung, welche die Warnung noch schärfer macht.</ref>
zu ihm: „Sieh, dass du niemandem etwas
 
<ref>''niemandem etwas'' Im Griechischen eine doppelte Verneinung, die Warnung noch schärfer macht.</ref>
 
 
erzählst (sagst), sondern geh [und] zeige dich dem Priester und dann bringe für deine Reinigung (Heilung) [das Opfer] dar, das Mose vorgeschrieben (festgelegt) hat, als Beweis (Nachweis, Zeugnis, Beleg) [für (gegen)] sie
 
erzählst (sagst), sondern geh [und] zeige dich dem Priester und dann bringe für deine Reinigung (Heilung) [das Opfer] dar, das Mose vorgeschrieben (festgelegt) hat, als Beweis (Nachweis, Zeugnis, Beleg) [für (gegen)] sie
<ref>''[für (gegen)] sie'' Dativus commodi (für) oder incommodi (gegen), wobei ''sie'' im Plural steht. Ein Zeugnis oder Nachweis ''gegen'' entspräche dem griechischen Sprachgebrauch und würde sich dann vielleicht gegen solche richten, die Jesu Treue zum Gesetz in Zweifel ziehen (so Guelich 1989, 77). Vgl. EÜ: „Das soll für sie ein Beweis (meiner Gesetzestreue) sein.“, GNB: „Die Verantwortlichen sollen wissen, dass ich das Gesetz ernst nehme.“ Eine andere Deutung: Jesus meint den Beweis ''für sie'', nämlich die Führer des Volkes, dass er tatsächlich Wunder vollbringen kann und somit von Gott kommt (Collins 2007, 179). Die einfachste Interpretation ist freilich, dass es sich bei dem Durchlaufen der in Lev 14,1-32 vorgeschriebenen Reinigungshandlung samt Untersuchung durch einen Priester und Dankopfer um eine „Demonstration“ der Echtheit seiner Heilung gegenüber den Priestern (Pesch 1976, 146) oder dem Volk (France 2002, 120) handelt.</ref>!“{{par|Matthäus|8|4}}{{par|Lukas|5|14}}{{par|Levitikus|14|1|32}}
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<ref>''[für (gegen)] sie'' [[Dativus commodi]] (für) oder [[Dativus incommodi|incommodi]] (gegen), wobei ''sie'' im Plural steht. Ein Zeugnis oder Nachweis ''gegen'' entspräche dem griechischen Sprachgebrauch und würde sich dann vielleicht gegen Kritiker richten, die Jesu Treue zum Gesetz in Zweifel ziehen (so Guelich 1989, 77). Vgl. EÜ: „Das soll für sie ein Beweis (meiner Gesetzestreue) sein.“, GNB: „Die Verantwortlichen sollen wissen, dass ich das Gesetz ernst nehme.“ Eine andere Deutung: Jesus meint den Beweis ''für sie'', nämlich die Führer des Volkes, dass er tatsächlich Wunder vollbringen kann und somit von Gott kommt (Collins 2007, 179). Die einfachste Interpretation ist freilich, dass es sich bei dem Durchlaufen der in Lev 14,1-32 vorgeschriebenen Reinigungshandlung samt Untersuchung durch einen Priester und Dankopfer um eine „Demonstration“ der Echtheit seiner Heilung gegenüber den Priestern (Pesch 1976, 146) oder dem Volk (France 2002, 120) handelt.</ref>!“{{par|Matthäus|8|4}}{{par|Lukas|5|14}}{{par|Levitikus|14|1|32}}
 
{{S|45}} Doch als (nachdem) der [Mann] hinausging,
 
{{S|45}} Doch als (nachdem) der [Mann] hinausging,
<ref>''als er hinausging'' [[Ptz. conj.]], temporal-gleichzeitig übersetzt als Nebensatz mit „als“. Denkbar wäre auch „nachdem er hinausgegangen war“ (vorzeitig) oder „er ging hinaus und“. </ref>
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<ref>''als der [Mann] hinausging'' [[Ptz. conj.]], temporal-gleichzeitig übersetzt als Nebensatz mit „als“. Denkbar wäre auch „nachdem er hinausgegangen war“ (vorzeitig) oder „er ging hinaus und“. </ref>
 
begann er eifrig (überall; viele Dinge) [davon] zu erzählen (predigen, verkündigen)
 
begann er eifrig (überall; viele Dinge) [davon] zu erzählen (predigen, verkündigen)
 
<ref>''[davon] zu erzählen/verkündigen'' Es geht im Kontext zunächst um die Geschichte seiner Heilung. Das Wort κηρύσσειν, das vorher für die Predigten Jesu benutzt wurde, könnte jedoch auch darauf hindeuten, dass der Mann im Rahmen seiner Heilungsgeschichte auch über Jesus und dessen Evangelium predigte (Collins 2007, 179f.). So GNB: „Aber der Mann ging weg und fing überall an, von Jesus und seiner Botschaft zu erzählen und davon, wie er geheilt worden war.“ Ebenfalls möglich ist die Übersetzung „er begann, [über] vieles zu predigen“ (Guelich 1989, 77).</ref>
 
<ref>''[davon] zu erzählen/verkündigen'' Es geht im Kontext zunächst um die Geschichte seiner Heilung. Das Wort κηρύσσειν, das vorher für die Predigten Jesu benutzt wurde, könnte jedoch auch darauf hindeuten, dass der Mann im Rahmen seiner Heilungsgeschichte auch über Jesus und dessen Evangelium predigte (Collins 2007, 179f.). So GNB: „Aber der Mann ging weg und fing überall an, von Jesus und seiner Botschaft zu erzählen und davon, wie er geheilt worden war.“ Ebenfalls möglich ist die Übersetzung „er begann, [über] vieles zu predigen“ (Guelich 1989, 77).</ref>
 
und die Geschichte (Nachricht, das Wort) zu verbreiten,{{par|Markus|5|20}} so dass [Jesus] nicht länger in der Lage war, offen (unerkannt, öffentlich, ohne Aufsehen) eine Stadt zu betreten, sondern sich außerhalb in unbewohnten (abgelegenen) Gegenden (Orten) aufhielt (blieb, war)
 
und die Geschichte (Nachricht, das Wort) zu verbreiten,{{par|Markus|5|20}} so dass [Jesus] nicht länger in der Lage war, offen (unerkannt, öffentlich, ohne Aufsehen) eine Stadt zu betreten, sondern sich außerhalb in unbewohnten (abgelegenen) Gegenden (Orten) aufhielt (blieb, war)
<ref>''sich aufhielt'' ist die sinngemäße Wiedergabe von ''war''.</ref>
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. Dennoch (doch, und) kamen [die Leute] weiter (begannen zu kommen)
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Dennoch (doch, und) kamen [die Leute] weiter (begannen zu kommen)
<ref>''kamen weiter (begannen zu kommen)'' Die Übersetzung gibt das Imperfekt durativ/iterativ wieder, die Klammer inchoativ. Beide Deutungen sind denkbar.</ref>
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Das Markusevangelium versucht zu Beginn eine Traditionslinie herzustellen. Johannes der Täufer wird als der so genannte "Rufer in der Wüste" aus dem Buch des Propheten Jesaja dargestellt und so zu einer Art Vorläufer der irdischen Person Jesus von Nazareth.  Der Beginn des Buches stellt dar, dass Johannes vor allem Buße, d.h. Umkehr, predigte, die Predigt Jesu aber darüber hinaus geht: Er verkündet die "frohe Botschaft" (gr. Evangelium) Gottes. Dass das Markusevangelium Jesus als Überbietung von Johannes dem Täufer einführen will, wird darüber hinaus deutlich in der Verwendung des Sohn-Gottes-Titel.
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'''16-20'''
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In diesem Abschnitt tritt Jesus als beherrschende, beinahe gebieterische Figur auf. Hierbei wird die Kraft herausgestellt, die ein Ruf Jesu an die Menschen hat, sowie die Bedingungslosigkeit einer Nachfolge als Jünger Jesu.
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'''21-28'''
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Die Szene markiert den machtvollen Beginn des öffentlichem Auftretens Jesu mit seiner neuen Lehre. Sie steht in Opposition zu den Schrfitgelehrten, die hinter seiner Kraft zurückbleiben. Mit der Nennung der konkreten Synagoge von Kafernaum will Markus die Geschichte in einen historischen Zusammenhang stellen.
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'''29-34'''
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Diese Verse haben vor allem die Funktion, Jesus als Wundertäter darzustellen, der die Macht besitzt, Krankheiten zu heilen und Dämonen zu vertreiben.
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'''35-39'''
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Drei Anliegen lassen sich in diesem Abschnitt erkennen: Jesu Verkündigung und seine machtvolledien Taten gehören zusammen. Der Ortswechsel macht deutlich, dass dies für das ganze Gebiet Galiläas gilt. Die Jünger Jesu verstehen Jesu Handeln nicht vollständig. 
  
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'''40-45'''
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Die Tatsache, dass der Kranke zu Jesus kommt, verdeutlicht innerhalb des Markusevangeliums, dass die Bekanntheit Jesu bereits einen ersten Höhepunkt erfahren hat. Diese Bekanntheit wird außerdem weiter steigen, wenn der Kranke, wie beschrieben, die Wundertaten Jesu weiter erzählt.
  
 
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Aktuelle Version vom 5. Juli 2017, 00:21 Uhr

Syntax OK

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Status: Sehr gute Studienfassung – Die Übersetzung ist vollständig, erfüllt die Übersetzungskriterien und wurde mit allen Standards der Qualitätssicherung abgesichert. Weitere Verbesserungen dürfen jedoch nach entsprechender Dokumentation auf der Diskussionsseite vorgenommen werden.
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Status: Lesefassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett und kann weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.

Lesefassung (Markus 1)

1 Anfang des Evangeliums Jesu Christi, des Sohnes Gottes.

(Johannes der Täufer)
2 Es steht geschrieben im Buch des Propheten Jesaja: „Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her, der dir den Weg vorbereiten wird.“ 3 „Es ruft eine Stimme in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn vor; macht seine Pfade gerade.“ 4 Johannes der Täufer trat in der Wüste auf und predigte von einer Taufe der Umkehr zur Vergebung der Sünden. 5 Menschen aus dem gesamten judäischen Gebiet und auch die Einwohner Jerusalems gingen zu ihm und ließen sich von ihm im Fluss Jordan taufen. Dabei bekannten sie ihre Sünden. 6 Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaar und einen Ledergürtel um die Hüfte. Er aß Heuschrecken und wilden Honig. 7 Und er predigte: Nach mir kommt einer, der stärker ist, als ich. Ich bin es nicht wert, mich zu bücken und ihm die Riemen seiner Sandalen zu binden. 8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er wird euch aber mit dem Heiligen Geist taufen.

(Jesu Taufe)
9 Zu dieser Zeit geschah folgendes: Jesus kam aus Nazareth in Galiläa und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. 10 In dem Moment, als er aus dem Wasser stieg, sah er, wie der Himmel geöffnet wurde und der Geist wie eine Taube zu ihm herab kam. 11 Und eine Stimme kam aus dem Himmel: Du bist mein geliebter Sohn. An dir habe ich Freude. 12 Gleich danach führte der Geist ihn in die Wüste. 13 Und er lebte vierzig Tage in der Wüste und wurde vom Satan auf die Probe gestellt. Er lebte mitten unter den Tieren. Die Engel dienten ihm. 14 Nachdem Johannes verhaftet worden war, kam Jesus nach Galiläa und predigte das Evangelium Gottes 15 und sagte: Der richtige Zeitpunkt ist eingetreten und Gottes Königsherrschaft ist nah. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!

(Die Berufung der ersten vier Jünger)
16 Während er am Meer von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, die grade Netze ins Meer auswarfen. Sie waren nämlich Fischer. 17 Und Jesus sagte zu ihnen: Kommt, folgt mir nach, dann werde ich euch zu Menschenfischern machen. 18 Sofort ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm. 19 Und nachdem er ein wenig weitergegangen war, sah er Jakobus, den Sohn von Zebedäus, und seinen Bruder Johannes. Auch sie saßen im Boot und brachten ihre Netze in Ordnung. 20 Sofort rief er sie. Und sie ließen ihren Vater mit den bezahlten Arbeitern im Boot zurück und gingen ihm nach.

(Jesus lehrt mit Vollmacht)
21 Daraufhin gingen sie nach Kafernaum. Am Sabbat begann er direkt in der Synagoge zu lehren. 22 Die Leute waren tief beeindruckt von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat und nicht wie die Schriftgelehrten. 23 Doch dann war da in ihrer Synagoge ein Mann mit einem unreinen Geist, der schrie: 24 Was willst du von uns, Jesus von Nazaret? Bist du gekommen, um uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: Du bist der Heilige Gottes. 25 Und Jesus befahl ihm: Sei still und komm aus ihm heraus! 26 Und nachdem der unreine Geist ihn geschüttelt und laut geschrien hatte, kam er aus ihm heraus. 27 Alle waren so erstaunt, dass sie einander fragten: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht – sogar den unreinen Geistern befiehlt er und sie hören auf ihn. 28 Bald verbreitete sich Jesu Ruf überall in Galiläa und der ganzen Umgebung. 29 Sie verließen die Synagoge und gingen zum Haus von Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes.

(Jesus heilt viele Kranke)
30 Simons Schwiegermutter lag mit Fieber im Bett und sie erzählten ihm gleich von ihr. 31 Er ging zu ihr, nahm ihre Hand und half ihr aufzustehen. Da ging das Fieber weg und sie bewirtete sie. 32 Als es Abend geworden und die Sonne untergegangen war, brachte man alle Kranken und alle Besessenen zu ihm 33 und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt. 34 Er heilte viele Kranke von verschiedenen Krankheiten und trieb viele Dämonen aus. Die Dämonen ließ er aber nicht zu Wort kommen, weil sie ihn kannten.

(Jesus predigt in ganz Galiläa)
35 Früh morgens, als es noch ganz dunkel war, stand er auf, ging hinaus und zog sich an einen abgeschiedenen Ort zurück, wo er betete. 36 Simon und die, die bei ihm waren, eilten ihm nach. 37 Und als sie ihn gefunden hatten, sagten sie ihm: Alle fragen nach dir! 38 Er entgegnete ihnen: Lasst uns lieber anderswohin gehen, in die benachbarten Dörfer, damit ich auch dort predigen kann. Zu diesem Zweck bin ich nämlich gekommen. 39 Und er zog durch ganz Galiläa, predigte in ihren Synagogen und trieb die Dämonen aus.

(Ein Geheilter bricht den Schweigebefehl)
40 Ein Aussätziger kam zu ihm, der ihn anflehte und auf die Knie fiel. Er rief ihm zu: Wenn du willst, kannst du mich heilen! 41 Und Jesus hatte Mitleid. Darum streckte er seine Hand aus, berührte ihn und sagte zu ihm: Ich will, also sei gesund! 42 Sofort verschwand der Aussatz und er wurde geheilt. 43 Jesus schickte ihn auf der Stelle fort und befahl ihm streng: 44 Erzähle niemandem etwas hiervon, sondern geh und zeige dich dem Priester und bringe dann für deine Heilung das Opfer dar, das Mose vorgeschrieben hat. Das soll ein Zeichen für sie sein. 45 Doch der Mann ging weg und fing an, überall davon zu erzählen und die Geschichte zu verbreiten, sodass Jesus nicht länger in der Lage war, unerkannt eine Stadt zu betreten. Stattdessen hielt er sich außerhalb in unbewohnten Gegenden auf. Dennoch kamen die Leute weiterhin von überall her zu ihm.

Anmerkungen

Studienfassung (Markus 1)

1 [Der] Anfang der frohen Botschaft a

von Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes, b

2 wie es im [Buch] des Propheten Jesaja heißt (geschrieben steht): c „Siehe, ich sende meinen Boten vor dir her d, der dir den Weg bereiten (alles für dich vorbereiten) wird.“ 3 „Stimme eines Rufenden in der Wüste (Wildnis): e ‚Bereitet den Weg des Herrn vor, macht seine Pfade gerade‘“, f 4 trat Johannes der Täufer in der Wüste (Wildnis) auf g (trat Johannes auf, der in der Wüste taufte) h und predigte (verkündete) eine Taufe der Umkehr (Buße; Umkehr-Taufe) i zur Vergebung der Sünden. 5 Und das gesamte judäische Gebiet j (Gegend, Land) und alle Jerusalemer begaben sich k (gingen) hinaus zu ihm und ließen sich von ihm im Fluss Jordan taufen l, wobei (und) sie ihre Sünden bekannten. m 6 Und Johannes pflegte [ein Gewand aus] Kamelhaar und einen Ledergürtel um seine Hüften (Taille) zu tragen n und Heuschrecken und wilden Honig zu essen o . 7 Und er predigte (verkündete) p {sagend}: „Es kommt nach mir [einer], der mächtiger (stärker) [ist] als ich. q Ich bin es nicht wert (gut genug, würdig), mich zu bücken und (gebückt) r ihm s die Riemen seiner Sandalen aufzubinden! 8 Ich habe euch mit Wasser getauft, er aber wird euch mit [dem] (im) Heiligem Geist taufen.“


9 Und {es geschah} t in jenen Tagen kam Jesus aus (von) Nazaret [in] Galiläa u und ließ sich von Johannes im Jordan taufen. 10 Und in dem Moment (gleich), als er aus dem Wasser stieg v, sah er, wie (dass) der Himmel w geteilt (geöffnet) wurde x und der Geist wie eine Taube in ihn (zu ihm; auf ihn) y herabkam. 11 Und eine Stimme kam (geschah) z aus dem Himmel aa: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Freude (Gefallen gefunden)ab !“


12 Und gleich danach brachte (führte; trieb) ac der Geist ihn in die Wüste (Wildnis). 13 Und er war (lebte, verbrachte) vierzig Tage in der Wüste (Wildnis) und (während, wobei) wurde vom Satan auf die Probe gestellt (versucht), ad und er war (lebte) unter (mit) den Tieren, und die Engel dienten (versorgten, warteten auf) ihm.


14 {Aber} Nachdem Johannes verhaftet ae worden war, begab sich (kam) Jesus nach Galiläa und predigte (verkündete) af das Evangelium Gottes ag 15 und sagte ah {dass}: „Die Zeit ist eingetreten (gekommen, erfüllt) ai und Gottes Königsherrschaft (Königreich) aj ist nahegekommen. Kehrt um (tut Buße) und glaubt an das Evangelium!“


16 Und während (als) er am Meer von Galiläa entlangging, ak sah er Simon und Andreas, Simons Bruder, die gerade Wurfnetze (ein Wurfnetz) ins Meer warfen al. Sie waren nämlich Fischer. 17 Und Jesus sagte zu ihnen: „Kommt, [folgt] mir nach, dann werde ich euch [zu] Menschenfischern {werden} machen!“ am 18 Und sofort ließen sie [ihre] Netze [liegen] und an folgten ihm. 19 Und nachdem (als) er ein wenig weitergegangen war, ao sah er Jakobus, den [Sohn] von Zebedäus, und seinen Bruder Johannes. Auch sie [saßen] im Boot [und] brachten [ihre] Netze in Ordnung (setzten instand, besserten aus, flickten), ap 20 und er rief sie umgehend (sofort). Und sie ließen ihren Vater mit den bezahlten Arbeitern im Boot zurück und gingen aq ihm nach.


21 Und (daraufhin) sie begaben sich nach Kafarnaum {hinein}. {Und} Dann ar , [am] Sabbat, begann er in der Synagoge (begab er sich in die Synagoge und as begann) at zu lehren au. 22 Und sie waren tief beeindruckt av von seiner Lehre, denn er lehrte sie wie einer, der Vollmacht hat, und nicht wie die Schriftgelehrten. 23 Und dann (plötzlich) ar war in der dortigen Synagoge ein Mann mit einem unreinen Geist aw , und er schrie: 24 {sagend} „Was willst du von uns, ax Jesus von Nazaret ay? Bist du gekommen, [um] uns zu vernichten? Ich weiß, wer du bist: der Heilige Gottes az!“ 25 Und Jesus wies ihn an (unterwarf ihn seiner Kontrolle) ba {sagend}: „Sei still (Schweig, Verstumme) und komm (verlass, fahre) aus ihm heraus!“ 26 Und nachdem (während) der unreine Geist ihn geschüttelt und [mit] lauter Stimme geschrien hatte, bb kam (verließ, fuhr) er aus ihm heraus. 27 Und alle waren so entgeistert (erstaunt, erschrocken), dass sie einander fragten bc {wobei sie sagten}: „Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht – sogar (selbst, und) den unreinen Geistern befiehlt er, und sie gehorchen ihm!“ 28 Und bald (rasch) verbreitete sich die Kunde von ihm (sein Ruf) überall in der ganzen Umgebung, [in ganz] Galiläa (im ganzen Umland von Galiläa) bd.


29 Und dann be verließen sie {aus} die Synagoge und bf gingen (begaben sich, kamen) zum (in das) Haus von Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes. 30 Simons Schwiegermutter {aber} lag mit Fieber [im Bett] bg , und sie erzählten (berichteten) ihm gleich von ihr. 31 Da (Und) ging er zu [ihr] und bh half ihr beim Aufstehen (richtete sie auf), indem er ihre Hand nahm (ergriff) bi. Da (und) verließ das Fieber sie, und sie begann, sie zu bewirten (bedienen, dienen; bewirtete sie) bj. 32 Als es Abend geworden (wurde) und bk die Sonne untergegangen war (unterging), brachte bl man alle Kranken (denen es schlecht ging) bm und [alle] Besessenen zu ihm, 33 und die ganze Stadt war vor der Tür versammelt. 34 Und er heilte viele Kranke (denen es schlecht ging)bm von verschiedenen Krankheiten und trieb viele Dämonen aus, aber (und) die Dämonen ließbl er nicht sprechen, weil sie ihn kannten.


35 Und früh morgens, [als es noch] ganz dunkel [war], bn stand er auf, bo ging hinaus (verließ [das Haus (die Stadt)]) und ging fort an einen abgeschiedenen Ort, wo er [eine Zeit lang] betete (und betete dort) bp. 36 Und Simon und [jene], die bei ihm waren, spürten (eilten) ihm nach bq 37 und fanden ihn. {und} Sie teilten ihm mit (sagten) {dass}: br „Alle fragen (suchen, forschen) nach dir!“ 38 {und} Er entgegnete (sagte) ihnen: „Gehen wir stattdessen (lasst uns gehen) anderswohin, in die benachbarten Ortschaften (Dörfer), damit ich auch dort predigen (verkündigen) [kann]. Zu diesem Zweck (Dazu) bin ich nämlich aus [der Stadt] gekommen (bin gekommen, ausgezogen) bs.“ 39 Und er zog (kam; war) durch ganz Galiläa, predigte (verkündigte) in ihren Synagogen bt und trieb die Dämonen aus. bu


40 Und ein Aussätziger (Leprakranker) kam zu ihm, der ihn anflehte und auf die Knie fiel bv , wobei er ihm zurief (sagte) bw {dass}: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen (heilen)!“ 41 Und [Jesus] hatte Mitleid (wurde zornig), bx darum by streckte er seine Hand aus bz , berührte [ihn] und sagte zu ihm: „Ich will, sei rein (gereinigt, geheilt)!“ 42 Und sofort verschwand (ging weg) der Aussatz (die Lepra) von ihm, und er wurde rein (gereinigt, geheilt). 43 Und er ermahnte ihn streng (fuhr ihn an, wies ihn zurecht; bedeutete ihm zu schweigen) ca , schickte ihn ohne Umschweife (sofort) weg (warf ihn hinaus) 44 und sagte zu ihm: „Sieh, dass du niemandem etwas cb erzählst (sagst), sondern geh [und] zeige dich dem Priester und dann bringe für deine Reinigung (Heilung) [das Opfer] dar, das Mose vorgeschrieben (festgelegt) hat, als Beweis (Nachweis, Zeugnis, Beleg) [für (gegen)] sie cc!“ 45 Doch als (nachdem) der [Mann] hinausging, cd begann er eifrig (überall; viele Dinge) [davon] zu erzählen (predigen, verkündigen) ce und die Geschichte (Nachricht, das Wort) zu verbreiten, so dass [Jesus] nicht länger in der Lage war, offen (unerkannt, öffentlich, ohne Aufsehen) eine Stadt zu betreten, sondern sich außerhalb in unbewohnten (abgelegenen) Gegenden (Orten) aufhielt (blieb, war) cf. Dennoch (doch, und) kamen [die Leute] weiter (begannen zu kommen) cg von überall her (aus allen Richtungen) zu ihm.

Anliegen des Textes

1-15 Das Markusevangelium versucht zu Beginn eine Traditionslinie herzustellen. Johannes der Täufer wird als der so genannte "Rufer in der Wüste" aus dem Buch des Propheten Jesaja dargestellt und so zu einer Art Vorläufer der irdischen Person Jesus von Nazareth. Der Beginn des Buches stellt dar, dass Johannes vor allem Buße, d.h. Umkehr, predigte, die Predigt Jesu aber darüber hinaus geht: Er verkündet die "frohe Botschaft" (gr. Evangelium) Gottes. Dass das Markusevangelium Jesus als Überbietung von Johannes dem Täufer einführen will, wird darüber hinaus deutlich in der Verwendung des Sohn-Gottes-Titel.

16-20 In diesem Abschnitt tritt Jesus als beherrschende, beinahe gebieterische Figur auf. Hierbei wird die Kraft herausgestellt, die ein Ruf Jesu an die Menschen hat, sowie die Bedingungslosigkeit einer Nachfolge als Jünger Jesu.

21-28 Die Szene markiert den machtvollen Beginn des öffentlichem Auftretens Jesu mit seiner neuen Lehre. Sie steht in Opposition zu den Schrfitgelehrten, die hinter seiner Kraft zurückbleiben. Mit der Nennung der konkreten Synagoge von Kafernaum will Markus die Geschichte in einen historischen Zusammenhang stellen.

29-34 Diese Verse haben vor allem die Funktion, Jesus als Wundertäter darzustellen, der die Macht besitzt, Krankheiten zu heilen und Dämonen zu vertreiben.

35-39 Drei Anliegen lassen sich in diesem Abschnitt erkennen: Jesu Verkündigung und seine machtvolledien Taten gehören zusammen. Der Ortswechsel macht deutlich, dass dies für das ganze Gebiet Galiläas gilt. Die Jünger Jesu verstehen Jesu Handeln nicht vollständig.

40-45 Die Tatsache, dass der Kranke zu Jesus kommt, verdeutlicht innerhalb des Markusevangeliums, dass die Bekanntheit Jesu bereits einen ersten Höhepunkt erfahren hat. Diese Bekanntheit wird außerdem weiter steigen, wenn der Kranke, wie beschrieben, die Wundertaten Jesu weiter erzählt.

aDas Wort Evangelium (gr. εὐαγγέλιον) steht hier noch nicht als literarische Bezeichnung, sondern für die christliche Heilsbotschaft von Jesus.


frohe Botschaft von Jesus Christus Im Griechischen steht hier ein Genitiv, den man sowohl objektiv (ein Evangelium über Jesus / das von Jesus handelt) oder subjektiv (ein Evangelium das von Jesus stammt oder von ihm verkündet wird) verstehen kann. Inhaltlich sind beide Deutungen nicht verkehrt (Jesus verkündet es selbst in V. 14-15). Markus meint aber wohl ein Evangelium, das Christus zum Inhalt hat, da Markus Begebenheiten über Jesus festhält (France 2002, 53). Die gewählte Übersetzung mit von lässt bewusst beide Deutungsmöglichkeiten offen.


[Der] Anfang Der determinierende Artikel kann bei abstrakten oder eindeutigen Substantiven (Siebenthal 2011, §133a) fehlen, in der Übersetzung wurde er ergänzt. Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes Hier zeigt der fehlende Artikel Förmlichkeit an, da er am Buchanfang und mit einem Gottestitel als Apposition steht (BDR §268.2). (Zurück zu v.1)
bDass dem einleitenden Satz eines Buchs ein Verb fehlt, ist nicht ganz ungewöhnlich, wie der Vergleich mit Mt 1,1; Offb 1,1 sowie mehreren atl. Schriften zeigt. Ganz ähnlich beginnt auch Hos 1,2 LXX, doch erst nach der Überschrift („Anfang von JHWHs Botschaft an Hosea“, Gr. ἀρχὴ λόγου κυρίου πρὸς Ωσηε)(France 2002, 51). (Zurück zu v.1)
cWie es ... heißt Diese Wendung verbindet V. 2-3 entweder mit V. 1 („Der Anfang..., wie es heißt“) oder mit V. 4 („Wie es heißt: ..., trat Johannes auf...“). Anderswo in der Bibel steht diese Zitatformel immer hinter der zu belegenden Aussage. Auch das gr. Wort für wie, καθώς, steht sonst nie am Anfang des Vergleichs (Guelich 1989, 7). Aber in diesem Fall bildet V. 1 einen elliptischen, überschriftartigen Einleitungssatz, der sich vom Rest abhebt. Das könnte der Grund für die Ausnahme sein. Es entspricht ganz Markus’ Stil, dass er nach der kurzen Einleitung rasch fortfährt, ohne noch einmal neu einzusetzen (France 2002, 51).
des Propheten Jesaja – andere Handschriften: „den Propheten“ (Plural) (Zurück zu v.2)
dvor dir her Gr. πρὸ προσώπου σου, w. etwa „vor deiner Gegenwart“ (traditionell häufig: „vor deinem Angesicht“). Dabei handelt es sich um einen Hebraismus, der das Gleiche heißt wie „vor (...her)(NSS). (Zurück zu v.2)
eStimme eines Rufenden in der Wüste Dass hier kein Verb steht, liegt daran, dass der griechische AT-Text sehr wörtlich aus dem Hebräischen übersetzt ist, wo solche gerafften, verblosen Formulierungen nicht ungewöhnlich sind. (Zurück zu v.3)
f Anders als von Markus angeben ist das Zitat eine Zusammenstellung aus Jesaja (Jes 40,3 LXX) und Maleachi 3,1. (Zurück zu v.3)
gtrat auf Gr. ἐγένετο, Grundform γίνομαι. Das Wort heißt eigentlich eher „werden/sein, entstehen“. Es funktioniert hier aber wie ein ähnliches hebräisches Verb; man kann es nur sinngemäß übersetzen. Als erstes Wort im Satz zeigt es einen Szenenwechsel an (France 2002, 64). Zudem verknüpft Markus damit das Wirken von Johannes dem Täufer direkt mit den zitierten Versen aus dem AT (Guelich 1989, 18). Ähnliche Stelle: Joh 1,6. (Zurück zu v.4)
hJohannes der Täufer und Johannes, der in der Wüste taufte: Es gibt an dieser Stelle leicht verschiedene Lesarten in den Handschriften. (Zurück zu v.4)
iTaufe der Umkehr Der Genitiv zeigt hier die Beschaffenheit der Taufe an (Gen. qualitätis): Die Taufe beinhaltete offensichtlich eine Umkehr. Bei Johannes gehörte beides zusammen, und die Taufe bedeutete offenbar die Anerkennung einer echten Umkehr (Guelich 1989, 19f.). (Zurück zu v.4)
jdas gesamte judäische Gebiet Hier sind zwei Stilmittel verflochten. Das judäische Gebiet steht für dessen Bewohner (Metonymie des Subjekts). Und dass es alle waren, ist natürlich eine Übertreibung (Hyperbel). (Zurück zu v.5)
kbegaben sich hinaus Im Griechischen im Sg., als Prädikat zur „gesamten judäischen Region“. (Zurück zu v.5)
lDie beiden Imperfekte begaben sich hinaus und ließen sich taufen bringen in V. 5 zum Ausdruck, dass Johannes über einen längeren Zeitraum hinweg Menschenmengen anzog. (Zurück zu v.5)
mwobei sie bekannten Ptz. coni., als modaler Nebensatz mit „wobei“ aufgelöst. Aus der Formulierung lässt sich allerdings nicht schlüssig ableiten, in welcher Weise das Bekenntnis geschah oder dass es unmittelbar während der Taufe stattfand. Wie Johannes’ Taufe vor sich ging, ist nicht überliefert. Die benutzten Formulierungen und zeitgenössische Beispiele lassen jedoch darauf schließen, dass die Täuflinge ganz unter Wasser getaucht wurden oder tauchten. Eine Eigenart von Johannes ist, dass er bei der Taufe eine sehr aktive Rolle einzunehmen scheint, wogegen bei vergleichbaren Ritualbädern der Täufling sich selbst untertauchte (France 2002, 68; Collins 2007, 142). (Zurück zu v.5)
nKamelhaar und Ledergürtel, w. „Haare [des] Kamels“ bzw. „ledernen Gürtel“. Durch seine Kleidung gibt sich Johannes als Prophet (Sach 13,4 LXX) und der wiedergekehrte Elia zu erkennen (2Kö 1,8 LXX). (Zurück zu v.6)
opflegte ... zu tragen … zu essen Die periphrastische („umschreibende“) Formulierung ἦν ... ἐνδεδυμένος ... ἐσθίων umschreibt hier wohl nicht nur das Plusquamperfekt Passiv und Imperfekt (NSS), sondern drückt auch eine Gewohnheit aus (Guelich 1989, 16). Unsere Übersetzung verdeutlicht das. Andere Übersetzer benutzen den Indikativ, der diese Konnotation nicht so deutlich vermittelt: „trug … aß“. tragen Das Wort ἐνδύω heißt aktiv „kleiden“, medial „sich ankleiden“. Der Perfekt-Aspekt drückt im Griechischen den Zustand nach der vollzogenen Handlung aus, also heißt das Perfekt Medium „angekleidet sein“ → „(Kleidung) tragen“. (Zurück zu v.6)
ppredigte Das Imperfekt zeigt an, dass dies über einen längeren Zeitraum hinweg (bzw. immer wieder) geschah. Was Johannes hier predigt, ist also die Essenz seiner Botschaft zu Jesus. Er wird sie mehrmals oder zu einer besonderen Gelegenheit vorgetragen haben. Joh 1,27-28 ist ganz ähnlich: Dort spricht Johannes der Täufer von Jesus, weil Abgesandte der religiösen Führung in Jerusalem ihn in V. 19 gefragt haben, ob er selbst der Messias sei. (Zurück zu v.7)
q[einer], der mächtiger [ist] als ich Gr. ὁ ἰσχυρότερός μου, W. „der Mächtigere als ich“. (Zurück zu v.7)
rmich zu bücken und Adverbiales Partizip Aorist aktiv, hier einmal gleichzeitig übersetzt (modal; vgl. NSS). In der Klammer ist das griechische mit dem deutschen Partizip 2 übersetzt. (Zurück zu v.7)
sihm Eigentlich ein Relativpronomen („dem“), das den Satz vom vorigen abhängig macht: „dem ich nicht würdig bin...“ (Zurück zu v.7)
tUnd {es geschah} Pleonastische (d.h. eigentlich funktionslose) Formulierung, die entweder hebräischem Erzählstil entspricht (Guelich 1989, 29f.; France 2002, 75) oder möglicherweise einfach griechischen Erzählkonventionen folgt (NSS). Auf Deutsch lässt sich dieses „zweite Prädikat“ schwer wiedergeben, ohne Verwirrung zu stiften. Luther versucht es dennoch (ähnlich Menge, Zür): „Und es begab sich zu der Zeit, dass...“ (Zurück zu v.9)
uvon (aus) Nazaret Guelich vermutet, die Ortsangabe beziehe sich auf den Ursprungsort von Jesu Reise („aus Nazaret“) und sei hier nicht als Beiname („von Nazaret“) zu verstehen. Im letzteren Fall wäre die Verortung von Nazaret in Galiläa nicht nötig (1989, 31). Das ist zwar denkbar, aber die Identifikation Jesu mit seinem genauen Herkunftsort (in „Jesus von Nazaret“ wie ein Nachname gebraucht) passt dazu, wie Markus schon in in V. 4 den Täufer mit Beinamen eingeführt hat.
[in] Galiläa Genitivus partitivus, also ein Genitiv, der besagt, dass Nazaret in Galiläa liegt. Johannes wirkte in Judäa und erreichte vornehmlich deren Bewohner (V. 5). Als Galiläer ist Jesus aus der Provinz am See Genezaret nach Süden zu Johannes gereist. Zwischen den Bewohnern der beiden räumlich getrennten Provinzen herrschte Misstrauen vor. Gerade in religiöser Hinsicht hatten die Judäer gegenüber den Galiläern Vorbehalte (Joh 1,46) und taten sich schwer, einen galiläischen Propheten zu akzeptieren. Umso merkwürdiger, dass hier einer aus Galiläa zu Johannes kommt und sich taufen lässt (der Vers ist genau gleich aufgebaut wie V. 5!), und ausgerechnet diesen Galiläer identifiziert Johannes nun als den Stärkeren, der nach ihm kommen soll! Diese Abneigung zwischen den beiden Regionen ist im Markusevangelium immer wieder unterschwellig zu spüren, das Jesu Wirken nur in Galiläa beschreibt. Jerusalem in Judäa ist der Einflussbereich von Jesu Widersachern und der Ort, an dem sie ihm schließlich das Handwerk legen konnten (France 2002, 75f.). (Zurück zu v.9)
vals … stieg Partizip Präsens aktiv (temporal übersetztes Ptz. conj.). (Zurück zu v.10)
wGr. im Pl. „die Himmel“ (Zurück zu v.10)
xsah er, wie … geöffnet wurde Die meisten Bibeln übersetzen das Passiv aus stilistischen Gründen reflexiv („öffnete sich“). Σχίζω „teilen, spalten“ ist in diesem Zusammenhang ein sehr ungewöhnliches Wort (Collins 2007, 148). Verbreiteter war in vergleichbaren Beschreibungen (wenn der Himmel sich in übernatürlicher Weise öffnet, so wie in den Parallelstellen Lk 3,21; Mt 3,16, aber auch Eze 1,1; Joh 1,51; Apg 7,56; 10,11; Offb 4,1; 19,11) das Wort ἀνοίγω „öffnen“. Vielleicht spielt Markus auf Jes 63,19 oder das Reißen des Tempelvorhangs in Mk 15,38 an (France 2002, 77). (Zurück zu v.10)
yin ihn (zu ihm; auf ihn) Die korrekte Übersetzung hängt von mehreren Faktoren ab. Zunächst handelt es sich um eine textkritische Frage. Weiter ist zu klären, wie (und vor welchem kulturellen Hintergrund) man sich das Herabkommen des Geistes in Taubengestalt vorstellen sollte. Zur Textkritik: Alle modernen Textkritiker und die herangezogenen Kommentatoren halten die Lesart εἰς αὐτόν „zu ihm/in ihn hinein“ für ursprünglich. Die Alternative ἐπʼ αὐτόν „auf ihn“ ist zwar viel breiter bezeugt, aber fast sicher eine (bewusste oder unbewusste) Angleichung an die sehr ähnlich formulierten Parallelberichte in den anderen Evangelien (Mt 3,16; Lk 3,22; Joh 1,32) oder Jes 42,1/61,1 LXX.

Die Frage ist nun, ob εἰς αὐτόν signalisieren soll, dass der Geist in Jesus hineinfuhr oder nur zu ihm kam. Einige Exegeten meinen, εἰς signalisiere lediglich eine Bewegung „zu“ Jesus, nicht „in ihn hinein“. Andere vertreten die Position, dass die Bedeutung „auf“ oder „zu“ für Markus und das ganze NT unüblich wäre (so z.B. Dixon 2009, 771f). Diesem Argument folgen wir mit unserer Übersetzung.

Dixon stellt weiter deutliche Parallelen vom Vergleich des Geists mit einer Taube zur damals weithin bekannten Ilias Homers (bspw. an der Stelle 15.237–38) und anderen griechischen Göttersagen her. Darin reisen Götter in der Gestalt von Vögeln (auch vom Olymp herab) und nehmen auch menschliche Gestalt an. Er schlägt vor, dass in griechischer Literatur gebildete Leser in Jesus gerade in dieser Szene deutliche Parallelen gesehen und Jesus als Gott in menschlicher Gestalt verstanden hätten (vgl. Collins 2007, 149). (Zurück zu v.10)
zkam (geschah) W. geschah Wieder drückt sich Markus sehr semitisch aus. Im Deutschen ist wieder eine sinngemäße Formulierung nötig. Textkritik: Andere Handschriften lesen „Und eine Stimme wurde gehört“ oder „Und eine Stimme“. (Zurück zu v.11)
aadem Himmel Gr. Pl. „den Himmeln“ (Zurück zu v.11)
abhabe ich Freude (Gefallen gefunden) Hier vielleicht auch mit der Bedeutung „auf dich bin ich stolz“. Das Verb steht hier zwar im Aorist, Markus gebraucht es aber wohl zeitlos wie das hebräische gnomische Perfekt (NSS). Vermutlich lässt die Aussage atl. Texte wie Ps 2,7 und Jes 42,1 anklingen. Markus würde Jesus in diesem Fall unterschwellig sowohl mit dem erwählten König Israels aus Psalms 2 als auch mit dem erwählten Knecht des Propheten aus Jesaja identifizieren (Guelich 1989, 33). Der Text ähnelt am meisten dem Wortlaut von Gen 22,2 LXX, wo von Abrahams Sohn Isaak die Rede ist (France 2002, 80). (Zurück zu v.11)
acbrachte oder trieb An anderen Stellen wird das Wort ἐκβάλλω für Dämonenaustreibungen (z.B. Mk 6,13) oder das Hinauswerfen oder Vertreiben von unwillkommenen Anwesenden benutzt (z.B. Mk 12,8). Andere übersetzen es daher auch hier mit trieb, aber aus dem Kontext geht nicht hervor, dass Jesus dagegen war oder keine Kontrolle hatte (LN 15.174, vgl. Joh 10,4; Jak 2,25; auch Mt 9,38; 15,17; s.a. NIV). ἐκβάλλω ist jedenfalls kräftiger als Lukas’ ἄγω oder Matthäus’ ἀνάγω (beide „führen“). (Zurück zu v.12)
adund (während/wobei) wurde auf die Probe gestellt Ptz. coni., temporal-modal, als Nebensatz aufgelöst. (Zurück zu v.13)
aeverhaftet W. „ausgeliefert/übergeben“, was aber schlecht in den Kontext passt. Die Evangelien benutzen das Wort in verschiedenen Fällen für Jesu Verrat, Festnahme und Übergabe an die Autoritäten sowie zur Kreuzigung (zum ersten Mal in Mk 3,19). Markus wählt es hier vielleicht absichtlich, um Parallelen zu Jesu späterem Ergehen herzustellen (9:31; 10:33; 14:21, 41). (Zurück zu v.14)
afverkündete Temporal-modales Ptz. conj. (Partizip Präsens aktiv), durch Beiordnung mit „und“ übersetzt. (Zurück zu v.14)
agEvangelium Gottes Wie in Mk 1,1 (s. die Fußnote dort) ist hier nicht klar zu trennen, ob das Evangelium von Gott initiiert ist oder von Gott handelt. Da der Kontext keine Hinweis zum Verständnis gibt, sind beide Möglichkeiten nicht auszuschließen (vgl. France 2002, 91).
Textkritik: Andere Handschriften lesen „Evangelium von der Gottesherrschaft/vom Gottesreich“ (Zurück zu v.14)
ahsagte Temporal-modales Ptz. conj. (Partizip Präsens aktiv), das durch und mit dem Partizip predigte aus dem letzten Vers verbunden ist und auch so aufgelöst wurde. Die Konstruktion weist die folgende direkte Rede als die Kernbotschaft von Jesu Verkündigung aus. (Zurück zu v.15)
aiDie Zeit ist eingetreten (gekommen, erfüllt) Gemeint ist eine heilsgeschichtliche Erfüllung, also dass ein ganz bestimmter Zeitpunkt eingetreten ist (Guelich 1989, 43; vgl. Delling, πληρόω, 294f.). Vgl. GNB „Es ist so weit“, NLB, HfA „Jetzt ist die Zeit gekommen“ (ebenso NIV). Bei den beiden Verben eingetreten und nahegekommen handelt es sich um Perfekte. Das Perfekt betont den gegenwärtigen Zustand, man könnte betonen: „Die Zeit ist da, Gottes Herrschaft ist nahe.“ Die beiden Aussagen stehen parallel zueinander und erhellen einander. (Zurück zu v.15)
ajZu ergänzen (Zurück zu v.15)
akwährend … entlangging Ptz. conj. mit temporaler Sinnrichtung (Partizip Präsens aktiv), als Nebensatz mit während übersetzt (ebenfalls möglich: „als, gerade“). (Zurück zu v.16)
alWurfnetze (ein Wurfnetz) werfen Das Verb spricht nur von der Tätigkeit, führt aber nicht aus, ob es sich um ein oder mehrere Netze handelt. Es wird auch nicht klar, ob die beiden von einem Boot aus oder zu Fuß im flachen Wasser fischten (allerdings wird in V. 19 ein Boot erwähnt). Damals gebräuchliche Wurfnetze waren rund und am Rand beschwert. Man warf sie nach Fischschwärmen (Guelich 1989, 50). Schöner wäre vielleicht die Übersetzung „mit Wurfnetzen fischen“, aber die Lokalangabe ins Meer erfordert ein Objekt. ins Meer Gr. ἐν τῇ θαλάσσῃ w. also „im Meer“. Nach Guelich 1989, 49 schreibt Markus hier in hellenistischem Dialekt, in dem die Präpositionen ἐν „in“ (wie darin) und εἰς „in (hinein)/zu (hin)“ austauschbar benutzt wurden. (Zurück zu v.16)
amW. ein AcI, der sich übersetzen lässt als „dann werde ich machen, dass ihr Fischer [der] Menschen werdet“. Da die griechische Konstruktion kompliziert ist und sich ohnehin nicht direkt übersetzen lässt, haben wir die Übersetzung etwas vereinfacht. Daher wurde (wie in allen deutschen Übersetzungen) γενέσθαι „werden“ nicht übersetzt. (Zurück zu v.17)
anließen sie ... und Temporal-modales Ptc. coni., mit „und“ beigeordnet. (Zurück zu v.18)
aonachdem er weitergegangen war Ptc. coni. (Partizip Aorist aktiv), temporal als Nebensatz mit nachdem übersetzt. (Zurück zu v.19)
apsah er …. Auch sie Oder: „sah er, wie auch Jakobus und Johannes im Boot ihre Netze in Ordnung brachten“, was aber irreführend formuliert ist. Es handelt sich wie schon in V. 16 um einen AcP, der ähnlich formuliert ist wie dort. Die Ergänzung von [saßen] und [und] war notwendig, damit der Leser auch sie richtig versteht. Alles, was Markus als Gemeinsamkeit zwischen der ersten und der zweiten Gruppe Fischer ausmacht, ist, dass sich beide im Boot befanden (France 2002, 98).
In Ordnung bringen wird häufig mit „ausbessern“ wiedergegeben, könnte aber auch einfach „vorbereiten“ oder „zusammenlegen“ bedeuten (Guelich 1989, 52). (Zurück zu v.19)
aqgingen W. „gingen weg“. (Zurück zu v.20)
arDann W. „gleich/sofort“, doch im Markusevangelium hat das Wort häufig den Sinn von „dann“. Es leitet also den nächsten Abschnitt der Handlung ein und soll die Spannung aufrecht erhalten (Guelich 1989, 54; France 2002, 103). (Zurück zu v.21 / zu v.23)
asbegab er sich … und Ptz. conj. (Ptz. Aor., temporal-modal), durch Beiordnung mit „und“ aufgelöst. (Zurück zu v.21)
atbegann er in der Synagoge (begab er sich in die Synagoge und begann) zu lehren Textkritik: Die Handschriften haben an dieser Stelle unterschiedliche Lesarten, und auch die wissenschaftlichen Urtext-Ausgaben bevorzugen verschiedene Varianten. NA28 liest zusammen mit den meisten Zeugen εἰσελθὼν εἰς τὴν συναγωγὴν ἐδίδασκεν (die Übersetzung in der Klammer). SBLGNT liest dagegen ἐδίδασκεν εἰς τὴν συναγωγήν, was der hier gewählten Übersetzung entspricht. (Zurück zu v.21)
aubegann ... zu lehren Inchoatives Imperfekt (Siebenthal 2011, §198e). (Zurück zu v.21)
avtief beeindruckt Dieses Wort benutzen die Evangelisten meist, um die Reaktion der Zuhörer auf Jesu Lehre und Taten zu beschreiben. Sie scheinen verblüfft, ja baff zu sein über das, was sie sehen und hören, und müssen sich an Jesu Art erst gewöhnen (z.B. Mt 19,25; Mk 6,2; 7,37; 10,26). In Lk 2,48 sind seine Eltern verblüfft, Jesus nach langer Suche im Tempel zu finden. In Lk 9,43 beschreibt das Verb die Reaktion der Menge auf eine von Jesu Dämonenaustreibungen. In Mk 11,18 zeigt sich die Menge „fasziniert“ oder „in Bann geschlagen“ von Jesu Lehre. Zür: „überwältigt“, Menge, : „(sehr) betroffen“, Luther „sie entsetzten sich“, REB „sie erstaunten sehr“. NGÜ, GNB wie OfBi. (Zurück zu v.22)
awmit einem unreinen Geist Gr. ἐν, instr. „mit“, gibt hier, semitisch formulierend, die Präposition ב wieder (Guelich 1989, 54). Markus benützt diese Formulierung für dämonische Besessenheit, aber auch den Einfluss des Heiligen Geistes (Mk 12,36; vgl. Lk 2,27) (France 2002, 103, der „unter dem Einfluss“ als Übersetzung vorschlägt). NSS, Lut, , GNB: „besessen von“, NGÜ: „der einen bösen Geist hatte“, REB, Zür, Menge: „mit“. (Zurück zu v.23)
axWas willst du von uns? W. „Was uns und dir?“ In Mk 5,7; Mt 8,29; Lk 8,28 greifen Besessene gegenüber Jesus zur selben Wendung. Die Frage ist häufig Ausdruck einer ablehnenden Haltung in einer für den Sprecher unangenehmen oder bedrohlichen Situation, in der er sich dennoch fügen muss. So unter dem Eindruck der Bedrohung: „Was habe ich dir angetan?“ (Ri 11,12; 1Kö 17,18; 2Chron 35,21 LXX) Sie kann auch Distanz zum Anliegen eines Bittstellers zum Ausdruck bringen: „Was soll das?“ oder „Lasst das sein!“ (2Sam 16,10; 19,23 LXX), sinngemäß: „Lass mich in Ruhe, finde einen anderen!“ (2Kö 3,13 LXX), oder gleichgültige Distanzierung (Hos 14,9 LXX). Auf der Hochzeit in Kana bittet Jesus seine Mutter Maria mit der gleichen Wendung, sich nicht in seinen messianischen Dienst einzumischen (Joh 2,4) (vgl. France 2002, 103f.; NET Mk 1,24 Fn 48; BA ἐγώ). Im Zusammenhang mit einem bösen Geist, der sich bedroht fühlt, ist (hier und 5,7; Mt 8,29; Lk 8,28) wohl auch das defensive Element vorhanden, sinngemäß könnte man also sagen: „Was haben wir dir getan? Lass uns in Ruhe!“ Zür, REB, GNB: „Was haben wir mit dir zu schaffen?“, Lut, Menge, NGÜ: „Was willst du von uns?“ (Zurück zu v.24)
ayJesus von Nazaret W. „Jesus [der] Nazarener“. Hier wurde der bekanntere deutsche Name für die Übersetzung gewählt. (Zurück zu v.24)
azder Heilige Gottes ist kein Titel, der häufig für Jesus benutzt wird (sonst nur Joh 6,69). Im AT wird er lediglich auf Männer mit enger Gottesbeziehung angewandt (Aaron in Ps 106,16; Elisa in 2Kö 4,9; Simson in Ri 16,17), aber nicht auf den Messias. Der Titel stellt einen Kontrast her zwischen dem unreinen Geist und dem heiligen Jesus (France 2002, 104). An anderen Stellen nennen Dämonen Jesus den Sohn Gottes (Mk 3,11; 5,7). Möglich, dass der Dämon hier ein Wortspiel zwischen dem hebräischen Wort für Nazaret und dem Wort נזיר „heilig“ macht, wie es bspw. in Ri 13,7 (LXX sowohl ναζιραῖος Θεοῦ als auch ἃγιος Θεοῦ) im Zusammenhang mit Simson vorkommt. Die beiden Wörter klingen ähnlich (Guelich 1989, 57; Pesch 1976, 122). (Zurück zu v.24)
bawies ihn an (unterwarf ihn seiner Kontrolle) Gr. ἐπιτιμάω wird häufig mit „wies ihn zurecht“ übersetzt, ist bei Markus aber ein Wort, das das Ausüben göttlicher Kontrolle, also einen unwiderstehlichen Befehl bezeichnet (France 2002, 104f.). Ähnlich verfährt Jesus mit mehreren Dämonen in Mk 3,12. Guelich argumentiert für die Übersetzung seiner Kontrolle unterwerfen in der Klammer (engl. „subdue“; ders. 1989, 57f.). , NGÜ: „befahl“. Eher unpassend Zür: „schrie ihn an“. (Zurück zu v.25)
bbnachdem … geschüttelt … geschrien Ptz. conj. (Partizip Aorist aktiv), temporal-modal, hier vorzeitig verstanden und als Nebensatz mit „nachdem“ aufgelöst. (Zurück zu v.26)
bceinander fragten Oder „miteinander diskutierten“ (vgl. France 2002, 105). Als elegantere deutsche Formulierung für die gesamte Reaktion der Zuhörer wäre „und sie wussten nicht, was sie davon halten sollten“ eine Möglichkeit. (Zurück zu v.27)
bdin der ganzen Umgebung, [in ganz] Galiläa (im ganzen Umland von Galiläa) Die Übersetzung hängt davon ab, wie man den Genitiv τῆς Γαλιλαίας versteht. Als epexegetischer Genitiv ist „die ganze Umgebung, also Galiläa“ gemeint (bzw. „das ganze Umland [von Kafarnaum], also Galiläa“). Ist der Genitiv attributiv gemeint, nimmt Markus das Umland von Galiläa, also die erweiterte Region, in den Blick (France 2002, 106; Guelich 1989, 54). (Zurück zu v.28)
bedann W. „gleich/sofort“, doch im Markusevangelium hat das Wort häufig den Sinn von „dann“. Es leitet also den nächsten Abschnitt der Handlung ein und soll die Spannung aufrecht erhalten (Guelich 1989, 54; France 2002, 103). Hier könnte das Wort auch das aufgelöste Partizip verließen modifizieren, dann könnte die Übersetzung bspw. lauten: „Und sie verließen die Synagoge gleich darauf und...“ (Zurück zu v.29)
bfverließen … und Ptz. conj. (Aorist), als temporaler Nebensatz übersetzt. Alternativ mit „als“ oder „nachdem“. (Zurück zu v.29)
bglag mit Fieber [im Bett] ist durativ (Imperfekt). Mit Fieber übersetzt das adv. Ptz. modal als Präpositionalphrase, alternativ „und hatte Fieber“ oder „fiebernd“, auch eine kausale Sinnrichtung wäre möglich: „lag im Bett, weil sie Fieber hatte“. [im Bett] wird von vielen Übersetzungen (, NGÜ, GNB) sinngemäß ergänzt, weil das Griechische ohne Lokalangabe auskommt. Das Bett könnte hier je nach Wohlstand auch aus einem Lager auf einer Binsenmatte bestanden haben (NBD, 489). (Zurück zu v.30)
bhging zu … und Beschreibendes Partizip modal-temporaler Sinnrichtung, mit „und“ aufgelöst. (Zurück zu v.31)
biindem er ihre Hand nahm Ptz. conj., modal als Nebensatz mit „indem“ aufgelöst. (Zurück zu v.31)
bjbegann, sie zu bedienen Vermutlich inchoatives Imperfekt. (Zurück zu v.31)
bkAls es Abend geworden war … und Temporales Gen. abs. (Aorist), temporal-vorzeitig übersetzt, wobei der Nebensatz mit „und“ an den folgenden angeschlossen sowie dessen Konjunktion (als) vorgezogen wurde. Die Leute warteten bis zum Abend, um die Sabbatruhe (vgl. V. 21) zu wahren, die bei Sonnenuntergang endete. (Zurück zu v.32)
blbrachte (V. 32) / heilte / trieb aus / ließ (V. 34) Das Imperfekt zeigt an, dass es an diesem Abend fortlaufend geschah. (Zurück zu v.32 / zu v.34)
bmalle Kranke(n) Subst. Ptz.. Oder „alle, denen es schlecht ging“. ELB: „Leidenden“. (Zurück zu v.32 / zu v.34)
bnfrüh morgens … ganz dunkel Oder: „sehr früh morgens, [als es noch] dunkel [war]“. (Zurück zu v.35)
bostand er auf Modal-temporales Ptz. conj., hier als Indikativ übersetzt und in die Satzkette eingereiht. (Zurück zu v.35)
bp[eine Zeit lang] betete Das Imperfekt zeigt an, dass er eine Weile mit Beten verbrachte – daher die eingefügte Zeitangabe. (Zurück zu v.35)
bqspürten (eilten) ihm nach Das Wort heißt eigentlich meist „nachjagen, verfolgen“ und macht auch hier den Druck greifbar, den die vier Jünger ob der Menschenmenge empfanden (France 2002, 112). Sinngemäß formuliert: „versuchten hektisch/verzweifelt, ihn ausfindig zu machen“. (Zurück zu v.36)
brund fanden ihn. {und} Sie teilten ihm mit (sagten) {dass}: Oder: „Als sie ihn fanden, teilten sie ihm mit“ (Lut, , NGÜ). (Zurück zu v.37)
bsaus [der Stadt] gekommen (bin gekommen, ausgezogen) Gr. ἐξῆλθον „(hin)ausgegangen, herausgekommen, verlassen“. Die Frage ist: Bezieht sich Jesus darauf, dass er die Stadt Kafarnaum verlassen hat (wie dasselbe Wort in V. 35 anzeigen kann – im Griechischen ist wie beim Synonym „hinausgehen“ kein Objekt nötig), oder dass er dazu vom Vater aus (bzw. aus dem Himmel) gekommen ist (wie es Lukas in der Parallelstelle Lk 4,43 meint)? Die meisten Übersetzer entscheiden sich für die zweite Option, die auch im Johannesevangelium eine große Rolle spielt (vgl. Joh 8,42; 13,3; 16,27-28). Vordergründig scheint Jesus sich auf seinen Dienst zu beziehen, der sich von hier an auf ganz Galiläa ausdehnt (so Pesch 1976, 138; Guelich 1989, 70, der die zweite Option daher ganz ausschließt). Eine Variante dieser Interpretation ist, dass Jesus zu diesem Zweck ausgezogen ist, das Predigen also als seine Mission versteht, ohne aber mit dieser Aussage eine Herkunft vom Vater im Sinn der Parallelstelle bei Lukas andeuten zu wollen (Option 3, so wohl Menge). Es ist jedoch durchaus vorstellbar, dass Markus bewusst zweideutig formuliert, sodass die Aussageabsicht, die Lukas ganz eindeutig macht, hier schon mitschwingt (France 2002, 113; Blight 2012, 81). Option 1 erhält hier den Vorzug, weil es sich um die aus dem Kontext offenkundige Bedeutung handelt. Die meisten Übersetzungen entscheiden sich jedoch für die eher sinngemäße Formulierung „dazu bin ich gekommen“, die auf Option 2 oder Option 3 hindeutet (, Lut, NGÜ, GNB, Zür, vgl. REB). (Zurück zu v.38)
btdurch ganz Galiläa … in ihren Synagogen In beiden Fällen kommt als Präposition εἰς „zu (hin), in (hinein)“ zum Einsatz. Zum flexiblen Gebrauch der Präposition bei Markus s. die Fußnoten in V. 16 und V. 21 (France 2002, 113). Wie schon in V. 21 haben Kopisten einiger Manuskripte versucht, den vermeintlich fehlerhaften Text zu korrigieren. (Zurück zu v.39)
bupredigte und trieb aus Temporal-modale Ptz. conj., als Indikative in einer Satzreihe aufgelöst. (Zurück zu v.39)
bvder anflehte … auf die Knie fiel Zwei modal-temporale Ptz. conj., hier als Relativsatz aufgelöst. Textkritik: In einigen Handschriften (B, D u.a.) fehlt καὶ γονυπετῶν (καὶ) und auf die Knie fiel (und). (Zurück zu v.40)
bwwobei er ihm zurief Ptz. conj., hier als modaler Nebensatz aufgelöst. Die Übersetzung hängt auch von der textkritischen Entscheidung ab, die in der vorigen Fußnote angesprochen wird. (Zurück zu v.40)
bxhatte Mitleid (wurde zornig) Die beiden möglichen Übersetzungen sind auf eine sehr schwierige Variante in der Überlieferung unserer Stelle zurückzuführen. Einzelne antike Handschriften haben die Variante wurde zornig. Der Grund für Jesu Zorn wäre dabei schwer auszumachen. Vermutlich richtet sich der Zorn nicht gegen den Aussätzigen (sonst würde Jesus anders reagieren), sondern am ehesten gegen seine Erkrankung, die die Gefallenheit der Welt und das Wirken des Bösen in ihr vor Augen führt (ebd. 117; Guelich 1989, 74). Eine ähnliche Erklärung bietet sich bspw. bei Mk 7,34 oder Joh 11,33 an.
Die wissenschaftlichen Urtext-Ausgaben folgen verschiedenen Varianten. (Zurück zu v.41)
byhatte Mitleid, darum Ptz. conj. (modal-temporal oder kausal), hier kausal verstanden, weil dies die folgende Handlung Jesu begründet. Die Auflösung als Nebensatz mit „und“, „weil“ wäre alternativ ebenso möglich wie die Präpositionalphrase „voller Mitleid“. NGÜ: „Von tiefem Mitleid ergriffen“. (Zurück zu v.41)
bzstreckte aus Ptz. conj. (modal-temporal), hier als Indikativ übersetzt und beigeordnet. (Zurück zu v.41)
caermahnte streng Ptz. conj. (modal-temporal). Das Wort drückt bei Menschen meist wütende Erregung aus (z.B. Joh 11,33.38), allerdings wird hier keine Gemütserregung, sondern Kommunikation beschrieben. An anderen, vergleichbaren Stellen ist in dem Verb oft ein feindseliger Unterton zu spüren: In Dan 11,30 LXX scheint überlegene oder harsche Zurechtweisung oder Bedrohung mitzuschwingen. In Mk 14,5 kommt es vielleicht im Sinn von „jemdn. scharf zurechtweisen/schimpfen“ vor. Wie in Mt 9,30 scheint daher eher etwas im Sinne einer strengen Ermahnung gemeint zu sein (vgl. LSJ ἐμβριμάομαι, weil der Kontext nicht verrät, warum Jesus plötzlich so erregt sein sollte (vgl. Collins 2007, 179). Guelich versteht das Wort daher als Beschreibung einer orientalischen Geste, die Schweigen signalisiert (Guelich 1989, 75). Mt 8,4 und Lk 5,14 benutzen etwas mildere Worte. Lut: „drohte“, Zür: „fuhr an“, : „schärfte ein“, NGÜ: „ermahnte“, GNB: „befahl streng“ (Zurück zu v.43)
cbniemandem etwas Im Griechischen eine doppelte Verneinung, welche die Warnung noch schärfer macht. (Zurück zu v.44)
cc[für (gegen)] sie Dativus commodi (für) oder incommodi (gegen), wobei sie im Plural steht. Ein Zeugnis oder Nachweis gegen entspräche dem griechischen Sprachgebrauch und würde sich dann vielleicht gegen Kritiker richten, die Jesu Treue zum Gesetz in Zweifel ziehen (so Guelich 1989, 77). Vgl. : „Das soll für sie ein Beweis (meiner Gesetzestreue) sein.“, GNB: „Die Verantwortlichen sollen wissen, dass ich das Gesetz ernst nehme.“ Eine andere Deutung: Jesus meint den Beweis für sie, nämlich die Führer des Volkes, dass er tatsächlich Wunder vollbringen kann und somit von Gott kommt (Collins 2007, 179). Die einfachste Interpretation ist freilich, dass es sich bei dem Durchlaufen der in Lev 14,1-32 vorgeschriebenen Reinigungshandlung samt Untersuchung durch einen Priester und Dankopfer um eine „Demonstration“ der Echtheit seiner Heilung gegenüber den Priestern (Pesch 1976, 146) oder dem Volk (France 2002, 120) handelt. (Zurück zu v.44)
cdals der [Mann] hinausging Ptz. conj., temporal-gleichzeitig übersetzt als Nebensatz mit „als“. Denkbar wäre auch „nachdem er hinausgegangen war“ (vorzeitig) oder „er ging hinaus und“. (Zurück zu v.45)
ce[davon] zu erzählen/verkündigen Es geht im Kontext zunächst um die Geschichte seiner Heilung. Das Wort κηρύσσειν, das vorher für die Predigten Jesu benutzt wurde, könnte jedoch auch darauf hindeuten, dass der Mann im Rahmen seiner Heilungsgeschichte auch über Jesus und dessen Evangelium predigte (Collins 2007, 179f.). So GNB: „Aber der Mann ging weg und fing überall an, von Jesus und seiner Botschaft zu erzählen und davon, wie er geheilt worden war.“ Ebenfalls möglich ist die Übersetzung „er begann, [über] vieles zu predigen“ (Guelich 1989, 77). (Zurück zu v.45)
cfsich aufhielt ist die sinngemäße Wiedergabe von war. (Zurück zu v.45)
cgkamen weiter (begannen zu kommen) Die Übersetzung gibt das Imperfekt durativ/iterativ wieder, die Klammer inchoativ. Beide Deutungen sind denkbar. (Zurück zu v.45)