Markus 13: Unterschied zwischen den Versionen

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Zu ἀλλά vgl. noch [http://www.zeno.org/Pape-1880/A/%E1%BC%80%CE%BB%CE%BB%CE%AC Pape 100]; zu δέ Muraoka, S. 140.</ref> von Kriegen und Kriegsgerüchten hört,<ref>Als Kommunikationssituation des Markus-Evangeliums wird bes. im Zhg. mit Kap. 13 oft rekonstruiert, dass Pseudopropheten und Messiasprätendenten auftraten und die zeitgeschichtlichen Umstände (-> Jüdischer Krieg) als eschatologische Zeichen interpretierten; Markus aber vor diesen Interpretationen warnen und sie „in gemäßigtere Bahnen lenk[en]“ will (Kmiecik 1997, S. 83). Das macht Sinn und es erklärt den Zusammenhang zwischen Vv. 5f und 7: „Gebt acht, dass ihr nicht von Messiasprätendenten in die Irre geführt werdet. Wenn diese behaupten, die Kriege und Kriegsgerüchte seien der Anfang vom Ende, dann erschreckt nicht: Diese Kriege müssen in der Tat eintreten, bevor das Ende naht - aber sie sind noch nicht selbst das Ende.“</ref> erschreckt nicht, [denn]<ref name="gar" /> es muss geschehen, doch [es ist] noch nicht das Ende.
 
Zu ἀλλά vgl. noch [http://www.zeno.org/Pape-1880/A/%E1%BC%80%CE%BB%CE%BB%CE%AC Pape 100]; zu δέ Muraoka, S. 140.</ref> von Kriegen und Kriegsgerüchten hört,<ref>Als Kommunikationssituation des Markus-Evangeliums wird bes. im Zhg. mit Kap. 13 oft rekonstruiert, dass Pseudopropheten und Messiasprätendenten auftraten und die zeitgeschichtlichen Umstände (-> Jüdischer Krieg) als eschatologische Zeichen interpretierten; Markus aber vor diesen Interpretationen warnen und sie „in gemäßigtere Bahnen lenk[en]“ will (Kmiecik 1997, S. 83). Das macht Sinn und es erklärt den Zusammenhang zwischen Vv. 5f und 7: „Gebt acht, dass ihr nicht von Messiasprätendenten in die Irre geführt werdet. Wenn diese behaupten, die Kriege und Kriegsgerüchte seien der Anfang vom Ende, dann erschreckt nicht: Diese Kriege müssen in der Tat eintreten, bevor das Ende naht - aber sie sind noch nicht selbst das Ende.“</ref> erschreckt nicht, [denn]<ref name="gar" /> es muss geschehen, doch [es ist] noch nicht das Ende.
  
{{S|8}}<ref>'''Textkritik''': V. 8 ist von der Textgestalt in den Hss. sehr instabil; vgl. genauer [http://www-user.uni-bremen.de/~wie/TCG/TC-Mark.pdf Wilckens 2014, S. 514-6]. Wir folgen NA28.</ref> Denn erheben wird sich<ref name="Satzspitzenstellung">Verb in Satzspitzenstellung als eine für Prophezeiungen typische emphatische Ausdrucksstellung; vgl. Reiser 1983, S. 94. Dieses Stilmittel parallelisiert Vv. 8.12.19.22, die ohnehin strukturell parallel fungieren (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Markus_13&action=edit&redlink=1 Kommentar]). Im Deutschen sollte dies nicht nachgeahmt, sondern zu einem stilistischen Äquivalent gegriffen werden.</ref> Volk gegen Volk und Reich gegen Reich, Erdbeben werden sein<ref name="Satzspitzenstellung" /> stellenweise (mancherorts), geben wird es<ref name="Satzspitzenstellung" /> Hungersnöte. Dies [ist] der Anfang der Wehen.<ref>apokalyptische Formel, die v.a. in der rabbinischen Literatur gebräuchlich ist. Die ''(Geburts-)wehen'' stehen für die Zeit der Not, die vor dem Einbruch der schönen Endzeit ertragen werden müssen (so fast alle Kommentare).</ref> {{par|Jesaja|19|2}}{{par|Jesaja|26|17}}{{par|Johannes|16|21}}
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{{S|8}}<ref>'''Textkritik''': V. 8 ist von der Textgestalt in den Hss. sehr instabil; vgl. genauer [http://www-user.uni-bremen.de/~wie/TCG/TC-Mark.pdf Wilckens 2014, S. 514-6]. Wir folgen NA28.</ref> Denn erheben wird sich<ref name="Satzspitzenstellung">Verb in Satzspitzenstellung als eine für Prophezeiungen typische emphatische Ausdrucksstellung; vgl. Reiser 1983, S. 94. Dieses Stilmittel parallelisiert Vv. 8.12.19.22, die ohnehin strukturell parallel fungieren (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Markus_13&action=edit&redlink=1 Kommentar]). Im Deutschen sollte dies nicht nachgeahmt, sondern zu einem stilistischen Äquivalent gegriffen werden.</ref> Volk gegen Volk und Reich gegen Reich, Erdbeben werden sein<ref name="Satzspitzenstellung" /> stellenweise (mancherorts), geben wird es<ref name="Satzspitzenstellung" /> Hungersnöte. Dies [ist] der Anfang der Wehen.<ref>apokalyptische Formel, die v.a. in der rabbinischen Literatur gebräuchlich ist. Die ''(Geburts-)wehen'' stehen für die Zeit der Not, die vor dem Einbruch der schönen Endzeit ertragen werden müssen (so fast alle Kommentare).</ref> {{par|2Chronik|15|6}}{{par|Jesaja|13|13}}{{par|Jesaja|19|2}}{{par|Jesaja|26|17}}{{par|Joel|2|10}}{{par|Johannes|16|21}}
  
  
{{S|9}} Seid auf der Hut (blickt/achtet auf euch selbst)<ref name="Hut" />! Man wird euch (sie werden)<ref name="impersonaler Plural">impersonaler Plural; vgl. ''ad loc.'' Turner 1924a, S. 382. Pryke 1978, S. 107 hält es hier für ein Passivsubstitut, aber das ist angesichts der direkt folgenden Passivformen nicht sehr wahrscheinlich.</ref> ausliefern<ref>παραδίδωμι ''ausliefern'' wird im Mk neben den Vorkommen in Mk 13 nur zweimal nicht von der Passion Jesu gesagt; es ist also eine Vokabel aus der Passionstheologie - die Überlieferung der Jünger Jesu wird parallelisiert mit der „eschatologisch[en] Preisgabe des Menschensohns an die Menschen“ (EWNT III, S. 46; vgl. ''ad loc.'' auch Thüsing 2011, S. 111).</ref> an Synhedrien<ref>Das Wort συνέδριον kennt man sonst v.a. aus der Passionserzählung; er bezieht sich dort in der Einzahl auf den Sanhedrin, den jüdischen Hohen Rat. Die hierige Mehrzahl συνέδρια dagegen legt nahe, dass die Rede von kleineren jüdischen Lokalgerichten die Rede ist; vgl. ThW VII, S. 864f. - es wäre also sowohl bei den Synhedrien als auch bei den Synagogen von ''jüdischen'' Instanzen die Rede; es folgten dann in V. 9 auf zwei jüdische Instanzen zwei nicht-jüdische Instanzen.</ref> und Synagogen<ref>εἰς kann in der Koine verwendet werden wie ἔν und umgekehrt; abhängig davon ließe sich der Satz auflösen als (i) „Man wird euch ausliefern, in Synhedrien und Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so z.B. Cranfield 1959, S. 397; Pesch 1977, S. 183; Turner 1924b, S. 19), (ii) „Man wird euch an Synhedrien und Synagogen ausliefern, ihr werdet geprügelt werden“ (so Mateos 1987, S. 236) oder (iii) „Man wird euch ausliefern an Synhedrien, in Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so die Mehrheit). Angesichts der parallelen Konstruktion von εἰς συνέδρια und εἰς συναγωγὰς mit εἰς wird man wohl Mateos (=ii) zustimmen müssen. Dies erleichtert auch das Verständnis vom „Prügeln“, denn obwohl die Prügelstrafe u.a. auch von Lokalgerichten und Synagogen verhängt werden durfte, wäre ein Prügeln ''in'' Synagogen doch eher ungewöhnlich.</ref>, ihr werdet geprügelt werden und ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, ihnen zum Zeugnis<ref>Die Bedeutung dieses Nachsatzes ist etwas unklar. (1) ist nicht klar, ob αὐτοῖς ''ihnen'' sich auf die Statthalter und Könige bezieht oder auf die Auslieferer, Prügler, Statthalter und Könige, (2) lässt sich aus V. 9 allein nicht erkennen, worauf dies ''ihnen zum Zeugnis'' sich eigentlich beziehen soll. Die Mehrheitsmeinung bei der Interpretation von V. 10 ist aber, dass er parenthetisch das ''ihnen zum Zeugnis'' auslegt und ''Zeugnis'' also auf die „Verkündigung“ zu beziehen ist; und da man durch Ausgeliefert-werden und Geprügelt-werden keinen direkten Beitrag zur Verkündigung leistet, bedeuten Vv. 9c.10 wohl sinngemäß: „Ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, um ihnen zu verkündigen; denn erst muss auf der ganzen Welt das Evangelium verkündigt werden.“</ref> -
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{{S|9}} Seid auf der Hut (blickt/achtet auf euch selbst)<ref name="Hut" />! Man wird euch (sie werden)<ref name="impersonaler Plural">impersonaler Plural; vgl. ''ad loc.'' Turner 1924a, S. 382. Pryke 1978, S. 107 hält es hier für ein Passivsubstitut, aber das ist angesichts der direkt folgenden Passivformen nicht sehr wahrscheinlich.</ref> ausliefern<ref>παραδίδωμι ''ausliefern'' wird im Mk neben den Vorkommen in Mk 13 nur zweimal nicht von der Passion Jesu gesagt; es ist also eine Vokabel aus der Passionstheologie - die Überlieferung der Jünger Jesu wird parallelisiert mit der „eschatologisch[en] Preisgabe des Menschensohns an die Menschen“ (EWNT III, S. 46; vgl. ''ad loc.'' auch Thüsing 2011, S. 111).</ref> an Synhedrien<ref>Das Wort συνέδριον kennt man sonst v.a. aus der Passionserzählung; er bezieht sich dort in der Einzahl auf den Sanhedrin, den jüdischen Hohen Rat. Die hierige Mehrzahl συνέδρια dagegen legt nahe, dass die Rede von kleineren jüdischen Lokalgerichten die Rede ist; vgl. ThW VII, S. 864f. - es wäre also sowohl bei den Synhedrien als auch bei den Synagogen von ''jüdischen'' Instanzen die Rede; es folgten dann in V. 9 auf zwei jüdische Instanzen zwei nicht-jüdische Instanzen.</ref> und Synagogen<ref>εἰς kann in der Koine verwendet werden wie ἔν und umgekehrt; abhängig davon ließe sich der Satz auflösen als (i) „Man wird euch ausliefern, in Synhedrien und Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so z.B. Cranfield 1959, S. 397; Pesch 1977, S. 183; Turner 1924b, S. 19), (ii) „Man wird euch an Synhedrien und Synagogen ausliefern, ihr werdet geprügelt werden“ (so Mateos 1987, S. 236) oder (iii) „Man wird euch ausliefern an Synhedrien, in Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so die Mehrheit). Angesichts der parallelen Konstruktion von εἰς συνέδρια und εἰς συναγωγὰς mit εἰς wird man wohl Mateos (=ii) zustimmen müssen. Dies erleichtert auch das Verständnis vom „Prügeln“, denn obwohl die Prügelstrafe u.a. auch von Lokalgerichten und Synagogen verhängt werden durfte, wäre ein Prügeln ''in'' Synagogen doch eher ungewöhnlich.</ref>, ihr werdet geprügelt werden und ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, ihnen zum Zeugnis<ref>Die Bedeutung dieses Nachsatzes ist etwas unklar. (1) ist nicht klar, ob αὐτοῖς ''ihnen'' sich auf die Statthalter und Könige bezieht oder auf die Auslieferer, Prügler, Statthalter und Könige, (2) lässt sich aus V. 9 allein nicht erkennen, worauf dies ''ihnen zum Zeugnis'' sich eigentlich beziehen soll. Die Mehrheitsmeinung bei der Interpretation von V. 10 ist aber, dass er parenthetisch das ''ihnen zum Zeugnis'' auslegt und ''Zeugnis'' also auf die „Verkündigung“ zu beziehen ist; und da man durch Ausgeliefert-werden und Geprügelt-werden keinen direkten Beitrag zur Verkündigung leistet, bedeuten Vv. 9c.10 wohl sinngemäß: „Ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, um ihnen zu verkündigen; denn erst muss auf der ganzen Welt das Evangelium verkündigt werden.“</ref> -{{par|Markus|1|44}}{{par|Markus|6|11}}
  
 
{{S|10}} denn (aber)<ref>Kausales καὶ; vgl. Reiser 1983, S. 127; Wilckens.</ref> zuerst<ref>recht sicher i.S.v. „vor dem Ende“</ref> muss das Evangelium bei ({bei})<ref>εἰς wird hier verwendet wie ἔν; vgl Cranfield 1959, S. 199; Turner 1924b, S. 20</ref> allen Völkern verkündigt werden.
 
{{S|10}} denn (aber)<ref>Kausales καὶ; vgl. Reiser 1983, S. 127; Wilckens.</ref> zuerst<ref>recht sicher i.S.v. „vor dem Ende“</ref> muss das Evangelium bei ({bei})<ref>εἰς wird hier verwendet wie ἔν; vgl Cranfield 1959, S. 199; Turner 1924b, S. 20</ref> allen Völkern verkündigt werden.
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{{S|11}} Und wenn man euch abführt (sie euch abführen)<ref name="impersonaler Plural" />, um euch auszuliefern<ref>final aufgelöstes [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Partizip#Die_Sinnrichtungen adverbiales Partizip], so auch Schenke 2005, S. 290 („zur Auslieferung vorführen“); vgl. auch Mateos 1987, S. 237. Auch Jantzen u.a. Üss. Die Jünger sollen sich ''im Vorfeld'' ihres Ausgeliefert-werdens keine Sorgen machen. So stimmt es ja auch zusammen mit ''προ''μεριμνᾶτε ''sorgt euch nicht im Voraus''.</ref>, sorgt euch nicht im Voraus, was ihr sagen sollt, sondern das, was (was auch immer) euch in jener Stunde eingegeben (gegeben)<ref>theologischer Passiv, eigentlich also besser „das, was Gott euch in jener Stunde eingeben wird“. Vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 151</ref> werden wird, das sagt! Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern der heilige Geist.
 
{{S|11}} Und wenn man euch abführt (sie euch abführen)<ref name="impersonaler Plural" />, um euch auszuliefern<ref>final aufgelöstes [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Partizip#Die_Sinnrichtungen adverbiales Partizip], so auch Schenke 2005, S. 290 („zur Auslieferung vorführen“); vgl. auch Mateos 1987, S. 237. Auch Jantzen u.a. Üss. Die Jünger sollen sich ''im Vorfeld'' ihres Ausgeliefert-werdens keine Sorgen machen. So stimmt es ja auch zusammen mit ''προ''μεριμνᾶτε ''sorgt euch nicht im Voraus''.</ref>, sorgt euch nicht im Voraus, was ihr sagen sollt, sondern das, was (was auch immer) euch in jener Stunde eingegeben (gegeben)<ref>theologischer Passiv, eigentlich also besser „das, was Gott euch in jener Stunde eingeben wird“. Vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 151</ref> werden wird, das sagt! Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern der heilige Geist.
  
{{S|12}} {Und} Ausliefern<ref name="Satzspitzenstellung" /> wird ein Bruder [seinen] Bruder in den Tod und ein Vater [sein] Kind, und erheben werden sich<ref name="Satzspitzenstellung" /> Kinder gegen [ihre] Eltern und töten<ref name="Satzspitzenstellung" /> werden sie sie.  
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{{S|12}} {Und} Ausliefern<ref name="Satzspitzenstellung" /> wird ein Bruder [seinen] Bruder in den Tod und ein Vater [sein] Kind, und erheben werden sich<ref name="Satzspitzenstellung" /> Kinder gegen [ihre] Eltern und töten<ref name="Satzspitzenstellung" /> werden sie sie.{{par|Micha|7|2}}{{par|Micha|7|6}}{{par|Sacharja|13|3}}{{par|Matthäus|10|35}}{{par|Lukas|12|52}}
  
{{S|13}}Und ihr werdet von allen gehasst werden wegen meines Namens (um meinetwillen, wegen mir)<ref>wie im Hebräische dient auch in der Koine ''Name'' als Wechselbegriff für den Namensträger, also ''wegen meinem Namen'' = ''wegen mir''.</ref>. Der aber, der bis zum Ende<ref>(i) Die Mehrheitsmeinung - der auch hier zuzustimmen ist - ist, dass das ''Ende'' sich auf das Eschaton, das Ende der Zeit, bezieht. Daneben hat (ii) Cranfield 1959, S. 401 die Bedeutung ''völlig, komplett'' vorgeschlagen; (iii) Ernst 1963, S. 377f. hält es für doppelsinnig und bezieht es neben dem Eschaton auch auf das Lebensende jedes einzelnen Jüngers. (ii) ist sehr unwahrscheinlich - die Wiederholung der in V.7 deutlich eschatologisch verwendeten Vokabel ist zu auffällig für diese Interpretation. (iii) ist möglich, aber aus dem selben Grund nicht sehr wahrscheinlich.</ref> standhaft bleibt (dies erduldet)<ref>ὑπομένω steht nicht nur für ''ausharren'' i.S.v. ''warten'', sondern - bes. hier - für das Ertragen und Erdulden von Leiden; vgl. EWNT III, S. 968</ref>, wird gerettet werden.“  
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{{S|13}}Und ihr werdet von allen gehasst werden wegen meines Namens (um meinetwillen, wegen mir)<ref>wie im Hebräische dient auch in der Koine ''Name'' als Wechselbegriff für den Namensträger, also ''wegen meinem Namen'' = ''wegen mir''.</ref>. Der aber, der bis zum Ende<ref>(i) Die Mehrheitsmeinung - der auch hier zuzustimmen ist - ist, dass das ''Ende'' sich auf das Eschaton, das Ende der Zeit, bezieht. Daneben hat (ii) Cranfield 1959, S. 401 die Bedeutung ''völlig, komplett'' vorgeschlagen; (iii) Ernst 1963, S. 377f. hält es für doppelsinnig und bezieht es neben dem Eschaton auch auf das Lebensende jedes einzelnen Jüngers. (ii) ist sehr unwahrscheinlich - die Wiederholung der in V.7 deutlich eschatologisch verwendeten Vokabel ist zu auffällig für diese Interpretation. (iii) ist möglich, aber aus dem selben Grund nicht sehr wahrscheinlich.</ref> standhaft bleibt (dies erduldet)<ref>ὑπομένω steht nicht nur für ''ausharren'' i.S.v. ''warten'', sondern - bes. hier - für das Ertragen und Erdulden von Leiden; vgl. EWNT III, S. 968</ref>, wird gerettet werden.“{{par|Daniel|12|12}}
  
  
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(3) ὅπου οὐ δεῖ ''wo er nicht darf'' weiterhin wird meist mit [[Matthäus 24,15 |Mt 24,15]] bezogen auf den Tempel, also sinngemäß: „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht“, was außerdem zusammenstimmt mit [[2Thessalonicher 2,3|2Thess 2,3ff]]: „Zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt.“ (EÜ)<br />
 
(3) ὅπου οὐ δεῖ ''wo er nicht darf'' weiterhin wird meist mit [[Matthäus 24,15 |Mt 24,15]] bezogen auf den Tempel, also sinngemäß: „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht“, was außerdem zusammenstimmt mit [[2Thessalonicher 2,3|2Thess 2,3ff]]: „Zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt.“ (EÜ)<br />
 
Diese Interpretation hat einige Schwierigkeiten; allen voran die der Chronologie: Wenn wahrscheinlich das Mk-Ev und sicher das Mt-Ev die Tempelzerstörung bereits im Blick haben, würde „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht...“ bedeuten, dass der Antichrist bereits aufgetaucht sei, da der Tempel ja schon zerstört ist. In der frühchristlichen Literatur hat sich daher die Tradition entwickelt, dass ''zunächst'' der Tempel wieder erbaut werden und ''dann'' der Antichrist im Tempel auftauchen würde; vgl. z.B. [http://books.google.de/books?id=SFAhILwP7p0C&lpg=PP1&hl=de&pg=PA105#v=onepage&q&f=false Bossuet 1983, S. 105].).<br />
 
Diese Interpretation hat einige Schwierigkeiten; allen voran die der Chronologie: Wenn wahrscheinlich das Mk-Ev und sicher das Mt-Ev die Tempelzerstörung bereits im Blick haben, würde „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht...“ bedeuten, dass der Antichrist bereits aufgetaucht sei, da der Tempel ja schon zerstört ist. In der frühchristlichen Literatur hat sich daher die Tradition entwickelt, dass ''zunächst'' der Tempel wieder erbaut werden und ''dann'' der Antichrist im Tempel auftauchen würde; vgl. z.B. [http://books.google.de/books?id=SFAhILwP7p0C&lpg=PP1&hl=de&pg=PA105#v=onepage&q&f=false Bossuet 1983, S. 105].).<br />
(ii) Pesch 1977, Schenke 2005 und Thüsing 2011 versuchen daher eine andere Interpretation; sie denken bei βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως nicht an den Antichristen, sondern an zeitgeschichtliche Geschehnisse zur Zeit des jüdischen Krieges. Pesch lässt die genaue Referenz offen, da sie nicht genau bestimmt werden könne; Schenke denkt an die Schreckensherrschaft der Zeloten im Tempel ab 65/66 n.Chr. und Thüsing an die römischen Feldzeichen, die die Römer nach der Eroberung Jerusalems im Tempel aufstellten und auf denen Götzenbilder abgebildet seien. Diese Interpretation kommt mit der Chronologie wohl besser zurecht, dafür hat sie aber die grammatische Schwierigkeit die ad-sensum-Konstruktion (s.o. unter (2)); v.a. aber fügt sich diese Interpretation schlecht in den Kontext des Abschnitts, denn spätestens V. 19 macht ja deutlich, dass hier eben nicht an „zeitgeschichtliche Ereignisse gedacht wird“ (Pesch), sondern an apokalyptische Geschehnisse. Weil Interpretation (ii) außerdem noch eine Minderheitenmeinung ist, wird man den Schwierigkeiten zum Trotz dennoch Interpretation (i) den Vorzug geben müssen.</ref> stehen<ref name="V. 14" /> sieht, wo er nicht [stehen] soll<ref name="V. 14" /> – der Leser merke auf!<ref>Diese Parenthese wird meist redaktionsgeschichtlich gedeutet: Der Grundstock von Mk 13 stamme aus einem apokalyptischen Flugblatt und Mk habe diese Anrede an den Leser des Flugblattes einfach in die wörtliche Rede Jesu übernommen. Das ist nicht sehr wahrscheinlich; es wäre sehr schwer begreiflich, wie es dem Verfasser des Mk nicht aufgefallen sein sollte, dass diese Parenthese so verstanden nicht in die wörtliche Rede Jesu passt. Es gab daher diverse Versuche, die Parenthese durch eine andere Interpretation mit der Kommunikationssituation in Einklang zu bringen. Die elaborierteste ist wohl die von Perkins 2006: Dieser verweist (1) darauf, dass Jesus häufiger seine Zuhörer in der 3. Person anspricht (also wie in ''der Leser''), vgl. z.B. [[Markus 4#s9 |Mk 4,9]]. [[Markus 4#s23 |23]]; [[Markus 8#s34 |8,34]]. (2) glaubt er, ein Muster entdeckt zu haben, demgemäß Jesus häufiger in der Diskussion mit Gesprächspartnern auf Schriftstellen aus dem AT referiert, dass demgemäß das ''der Leser'' zu beziehen sei auf seine aktuellen Hörer, „die die Danielstellen, die mit dem „Gräuel der Verwüstung“ zusammenhängen, lesen“ (S. 104) und das ''der Leser merke auf'' demzufolge zu interpretieren sei als ''ihr, die ihr die Danielstellen lest, auf die ich mich gerade bezogen habe: Lest sie verständig im Lichte der Interpretation, die ich gerade geboten habe''. Das ist sehr gezwungen und daher genau so unwahrscheinlich. Wir müssen die Bedeutung dieser Stelle offen lassen.</ref> –, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen<ref>Das Motiv der Flucht ins Gebirge ist ein häufigeres Motiv; vgl. z.B. [[1Makkabäer 2#s28 |1Makk 2,28]] (s. z.B. Gnilka 1978, S. 195f); umgekehrt kennt man auch das Motiv der Flucht aus dem Umland in die Hauptstadt, vgl. z.B. [[Jeremia 4#s1 |Jer 4,1]]ff. (s. z.B. Pesch 1977, S. 292).</ref>;
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(ii) Pesch 1977, Schenke 2005 und Thüsing 2011 versuchen daher eine andere Interpretation; sie denken bei βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως nicht an den Antichristen, sondern an zeitgeschichtliche Geschehnisse zur Zeit des jüdischen Krieges. Pesch lässt die genaue Referenz offen, da sie nicht genau bestimmt werden könne; Schenke denkt an die Schreckensherrschaft der Zeloten im Tempel ab 65/66 n.Chr. und Thüsing an die römischen Feldzeichen, die die Römer nach der Eroberung Jerusalems im Tempel aufstellten und auf denen Götzenbilder abgebildet seien. Diese Interpretation kommt mit der Chronologie wohl besser zurecht, dafür hat sie aber die grammatische Schwierigkeit die ad-sensum-Konstruktion (s.o. unter (2)); v.a. aber fügt sich diese Interpretation schlecht in den Kontext des Abschnitts, denn spätestens V. 19 macht ja deutlich, dass hier eben nicht an „zeitgeschichtliche Ereignisse gedacht wird“ (Pesch), sondern an apokalyptische Geschehnisse. Weil Interpretation (ii) außerdem noch eine Minderheitenmeinung ist, wird man den Schwierigkeiten zum Trotz dennoch Interpretation (i) den Vorzug geben müssen.</ref> stehen<ref name="V. 14" /> sieht, wo er nicht [stehen] soll<ref name="V. 14" /> – der Leser merke auf!<ref>Diese Parenthese wird meist redaktionsgeschichtlich gedeutet: Der Grundstock von Mk 13 stamme aus einem apokalyptischen Flugblatt und Mk habe diese Anrede an den Leser des Flugblattes einfach in die wörtliche Rede Jesu übernommen. Das ist nicht sehr wahrscheinlich; es wäre sehr schwer begreiflich, wie es dem Verfasser des Mk nicht aufgefallen sein sollte, dass diese Parenthese so verstanden nicht in die wörtliche Rede Jesu passt. Es gab daher diverse Versuche, die Parenthese durch eine andere Interpretation mit der Kommunikationssituation in Einklang zu bringen. Die elaborierteste ist wohl die von Perkins 2006: Dieser verweist (1) darauf, dass Jesus häufiger seine Zuhörer in der 3. Person anspricht (also wie in ''der Leser''), vgl. z.B. [[Markus 4#s9 |Mk 4,9]]. [[Markus 4#s23 |23]]; [[Markus 8#s34 |8,34]]. (2) glaubt er, ein Muster entdeckt zu haben, demgemäß Jesus häufiger in der Diskussion mit Gesprächspartnern auf Schriftstellen aus dem AT referiert, dass demgemäß das ''der Leser'' zu beziehen sei auf seine aktuellen Hörer, „die die Danielstellen, die mit dem „Gräuel der Verwüstung“ zusammenhängen, lesen“ (S. 104) und das ''der Leser merke auf'' demzufolge zu interpretieren sei als ''ihr, die ihr die Danielstellen lest, auf die ich mich gerade bezogen habe: Lest sie verständig im Lichte der Interpretation, die ich gerade geboten habe''. Das ist sehr gezwungen und daher genau so unwahrscheinlich. Wir müssen die Bedeutung dieser Stelle offen lassen.</ref> –, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehen<ref>Das Motiv der Flucht ins Gebirge ist ein häufigeres Motiv; vgl. z.B. [[1Makkabäer 2#s28 |1Makk 2,28]] (s. z.B. Gnilka 1978, S. 195f); umgekehrt kennt man auch das Motiv der Flucht aus dem Umland in die Hauptstadt, vgl. z.B. [[Jeremia 4#s1 |Jer 4,1]]ff. (s. z.B. Pesch 1977, S. 292).</ref>;{{par|Genesis|19|17}}{{par|Jeremia|4|29}}{{par|Daniel|9|27}}{{par|Daniel|11|31}}{{par|Daniel|12|11}}{{par|1Makkabäer|1|54}}{{par|1Makkabäer|2|28}}{{par|2Thessalonicher|2|4}}
  
{{S|15}} wer auf dem Dach [ist],<ref>Das altjüdische Haus hatte ein von außen begehbares Dach (eine schöne Darstellung findet sich im [http://books.google.de/books?id=frwjqZSN4oUC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA9#v=onepage&q&f=false Kregel Pictorial Guide to Everyday Life in Bible Times]), das man vor allem in der Freizeit benutzte (z.B. um zu schlafen). Für die LF würde ich „Dachterasse“ vorschlagen (so auch NeÜ; ähnlich KAM: „Terasse“. Gut auch Knoch: „Flachdach“)</ref> soll nicht ({weder})<ref name="mäde">Natürlich muss der auf dem Dach hinabsteigen, um in die Berge fliehen können; μηδὲ hat daher hier negative finale Bedeutung (vgl. Smyth 2193b). Die Satzstruktur lässt sich nicht in die LF übernehmen, man muss zu etwas greifen wie „Wer auf dem Dach ist, soll sich nicht erst noch <s>hinuntersteigen, um</s> hineingehen, um sich etwas aus dem Haus zu holen“</ref> hinabsteigen, um ({noch})<ref name="mäde" /> hineinzugehen (hineingehen), um etwas aus seinem Haus zu holen;
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{{S|15}} wer auf dem Dach [ist],<ref>Das altjüdische Haus hatte ein von außen begehbares Dach (eine schöne Darstellung findet sich im [http://books.google.de/books?id=frwjqZSN4oUC&lpg=PP1&hl=de&pg=PA9#v=onepage&q&f=false Kregel Pictorial Guide to Everyday Life in Bible Times]), das man vor allem in der Freizeit benutzte (z.B. um zu schlafen). Für die LF würde ich „Dachterasse“ vorschlagen (so auch NeÜ; ähnlich KAM: „Terasse“. Gut auch Knoch: „Flachdach“)</ref> soll nicht ({weder})<ref name="mäde">Natürlich muss der auf dem Dach hinabsteigen, um in die Berge fliehen können; μηδὲ hat daher hier negative finale Bedeutung (vgl. Smyth 2193b). Die Satzstruktur lässt sich nicht in die LF übernehmen, man muss zu etwas greifen wie „Wer auf dem Dach ist, soll sich nicht erst noch <s>hinuntersteigen, um</s> hineingehen, um sich etwas aus dem Haus zu holen“</ref> hinabsteigen, um ({noch})<ref name="mäde" /> hineinzugehen (hineingehen), um etwas aus seinem Haus zu holen;{{par|Ezechiel|7|15}}
  
 
{{S|16}} und wer auf dem<ref>Wieder wird εἰς wie ἔν verwendet.</ref> Feld ist, soll nicht zurückkehren<ref>W. ''soll sich nicht zurückwenden nach zurück''; gemeint ist sicher „nach Hause zurückkehren“.</ref>, um sein Obergewand zu holen.
 
{{S|16}} und wer auf dem<ref>Wieder wird εἰς wie ἔν verwendet.</ref> Feld ist, soll nicht zurückkehren<ref>W. ''soll sich nicht zurückwenden nach zurück''; gemeint ist sicher „nach Hause zurückkehren“.</ref>, um sein Obergewand zu holen.
  
{{S|17}} {Aber}<ref name="Konjunktionen" /> Wehe denen<ref>''Wehe denen'': Gattungstypische Einleitung eines apokalyptischen Klagerufs; das Schicksal der „schwächsten Glieder der Fluchtgeneration“ (Ernst 1963, S. 381) - der Schwangeren und Stillenden - wird in Form einer Weheruf-parenthese beklagt. Das beste Äquivalent wäre eine Übertragung ähnlich der von BB („Wie schrecklich wird diese Zeit für die Frauen sein, die gerade ein Kind erwarten oder stillen!“) und NGÜ („Wie schwer werden es die Frauen haben, ...!“).</ref>, die in jenen Tagen<ref name="in jenen Tagen">''in jenen Tagen'': Stereotype alttestamentliche Phrase, die häufig in eschatologischen Kontexten verwendet wird; s. z.B. [[Jeremia 3#s16 |Jer 3,16]].[[Jeremia 3#s18 |18]]; [[Jeremia 31#s29 |31,29]]; [[Jeremia 33#s15 |33,15]]f.; [[Joel 3#s1 |Joel 3,1]]; [[Sacharja 8#s23 |Sach 8,23]] u.ö.</ref> schwanger sind oder stillen!  
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{{S|17}} {Aber}<ref name="Konjunktionen" /> Wehe denen<ref>''Wehe denen'': Gattungstypische Einleitung eines apokalyptischen Klagerufs (vgl. z.B. [[Offenbarung 18#s16 |Offb 18,16]].[[Offenbarung 18#s19 |19]]); das Schicksal der „schwächsten Glieder der Fluchtgeneration“ (Ernst 1963, S. 381) - der Schwangeren und Stillenden - wird in Form einer Weheruf-parenthese beklagt. Das beste Äquivalent wäre eine Übertragung ähnlich der von BB („Wie schrecklich wird diese Zeit für die Frauen sein, die gerade ein Kind erwarten oder stillen!“) und NGÜ („Wie schwer werden es die Frauen haben, ...!“).</ref>, die in jenen Tagen<ref name="in jenen Tagen">''in jenen Tagen'': Stereotype alttestamentliche Phrase, die häufig in eschatologischen Kontexten verwendet wird; s. z.B. [[Jeremia 3#s16 |Jer 3,16]].[[Jeremia 3#s18 |18]]; [[Jeremia 31#s29 |31,29]]; [[Jeremia 33#s15 |33,15]]f.; [[Joel 3#s1 |Joel 3,1]]; [[Sacharja 8#s23 |Sach 8,23]] u.ö.</ref> schwanger sind oder stillen!{{par|Lukas|23|29}}
  
 
{{S|18}} {Und} (Darum) Betet, dass es nicht während des Winters<ref>Der Verweis auf den Winter wird meist darauf bezogen, dass der Winter in Palästina die Regenzeit ist und starke Regenfälle die Flucht erschweren. Vielleicht liegt aber wirklich die Kälte im Fokus: Israel liegt zwar hauptsächlich in einer subtropischen Klimazone, aber in höher gelegenen Regionen - zu denen auch Jerusalem und natürlich erst recht die Berge gehören - kann es winters durchaus so kalt werden, dass es zu Schneefällen kommen kann (2013 gab es sogar einen Ausnahme-Schneesturm, wegen dem selbst in Jerusalem bis zu 50 cm Schnee lagen). Das würde auch erklären, warum V. 16 die Rede vom Mantel ist; vielleicht sollte man daher das δὲ besser als kausales δὲ deuten: ''Darum betet, dass es nicht winters geschieht!''</ref> geschieht!
 
{{S|18}} {Und} (Darum) Betet, dass es nicht während des Winters<ref>Der Verweis auf den Winter wird meist darauf bezogen, dass der Winter in Palästina die Regenzeit ist und starke Regenfälle die Flucht erschweren. Vielleicht liegt aber wirklich die Kälte im Fokus: Israel liegt zwar hauptsächlich in einer subtropischen Klimazone, aber in höher gelegenen Regionen - zu denen auch Jerusalem und natürlich erst recht die Berge gehören - kann es winters durchaus so kalt werden, dass es zu Schneefällen kommen kann (2013 gab es sogar einen Ausnahme-Schneesturm, wegen dem selbst in Jerusalem bis zu 50 cm Schnee lagen). Das würde auch erklären, warum V. 16 die Rede vom Mantel ist; vielleicht sollte man daher das δὲ besser als kausales δὲ deuten: ''Darum betet, dass es nicht winters geschieht!''</ref> geschieht!
  
{{S|19}} Denn es werden sein<ref name="Satzspitzenstellung" /> jene Tage eine derartige Bedrängnis, wie sie seit Beginn der Schöpfung, die Gott geschaffen hat,<ref name="redundant">redundanter Relativsatz. Kein Semitismus oder Septuagintismus (gegen Cranfield 1959, S. 404); die Konstruktion kennt man auch sonst im Griechischen (vgl. z.B. Chariton, Chaireas und Kallirhoe 7,2,4 τῆς Ἀθηναίων δυστυχίας, ἣν ἐδυστύχησαν ἐν τῷ πολέμῳ τῷ Σικελικῷ ''das Leid der Athener, an dem sie litten im sizilischen Krieg''); vgl. auch Kleist 1937, S. 143f. „Redundant“ ist eigentlich ungenau; die Konstruktion dient dazu, das durch den Relativsatz modifizierte Satzglied zu spezifizieren; bei Chariton also etwa ''Der Athener Leid <u>während dem sizilischen Krieg</u>''; Mk 13,19 ''seit Beginn von <u>Gottes</u> Schöpfung''; Mk 13,20 ''um <u>seiner/der von ihm</u> Auserwählten willen''.</ref> bis jetzt nicht geschehen ist und niemals geschehen wird<ref>οὐ μὴ + Aorist Konjunktiv: stärkstmögliche griechische Konstruktion zur Negierung eines zukünftigen Geschehnisses; vgl. Wallace, S. 468. Der Vers verdichtet den Topos des Nochniedagewesenen (Pesch 1977, S. 293); vielleicht sollte man in der LF statt zu einer wörtlichen Üs. besser zu einem Äquivalent greifen wie „eine solche Drangsal, wie sie noch nie geschehen ist - früher nicht, heute nicht und nimmermehr!“ oder einfach „eine Drangsal, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.“</ref>.
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{{S|19}} Denn es werden sein<ref name="Satzspitzenstellung" /> jene Tage eine derartige Bedrängnis, wie sie seit Beginn der Schöpfung, die Gott geschaffen hat,<ref name="redundant">redundanter Relativsatz. Kein Semitismus oder Septuagintismus (gegen Cranfield 1959, S. 404); die Konstruktion kennt man auch sonst im Griechischen (vgl. z.B. Chariton, Chaireas und Kallirhoe 7,2,4 τῆς Ἀθηναίων δυστυχίας, ἣν ἐδυστύχησαν ἐν τῷ πολέμῳ τῷ Σικελικῷ ''das Leid der Athener, an dem sie litten im sizilischen Krieg''); vgl. auch Kleist 1937, S. 143f. „Redundant“ ist eigentlich ungenau; die Konstruktion dient dazu, das durch den Relativsatz modifizierte Satzglied zu spezifizieren; bei Chariton also etwa ''Der Athener Leid <u>während dem sizilischen Krieg</u>''; Mk 13,19 ''seit Beginn von <u>Gottes</u> Schöpfung''; Mk 13,20 ''um <u>seiner/der von ihm</u> Auserwählten willen''.</ref> bis jetzt nicht geschehen ist und niemals geschehen wird<ref>οὐ μὴ + Aorist Konjunktiv: stärkstmögliche griechische Konstruktion zur Negierung eines zukünftigen Geschehnisses; vgl. Wallace, S. 468. Der Vers verdichtet den Topos des Nochniedagewesenen (Pesch 1977, S. 293); vielleicht sollte man in der LF statt zu einer wörtlichen Üs. besser zu einem Äquivalent greifen wie „eine solche Drangsal, wie sie noch nie geschehen ist - früher nicht, heute nicht und nimmermehr!“ oder einfach „eine Drangsal, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.“</ref>.{{par|Exodus|11|6}}{{par|Joel|2|2}}{{par|Daniel|12|1}}{{par|Offenbarung|16|18}}
  
 
{{S|20}} {Und} Wenn der Herr nicht die Tage verkürzt hätte,<ref>zum Motiv der verkürzten Zeit vgl. Ernst 1963, S. 381f.: „Die Verkürzung der Zeit ist ein bekanntes Motiv (vgl. 4Esra 4,26; 2Bar 20,1; 1Hen 80,2; Barn 4,3), dessen Wurzeln im Geschichtsverständnis der Apokalyptik liegen. Der Herr hat den Ablauf in einem Plan festgelegt. Auch die Drangsale der Endzeit unterliegen dem unausweichlichen „es muß geschehen“; der Geschichtsdeterminismus ist freilich durch die Rückführung auf den Willen Gottes, der aus Barmherzigkeit die Drangsale verkürzen kann, relativiert.“</ref> würde absolut niemand<ref>Kombination zweier Septuagintismen; vgl. Cranfield 1959, S. 404; Doudna 1961, S. 105f: W. ''nicht ... jedes Fleisch'' = ''nicht jeder'' i.S.v. ''keiner'' + ''jedes Fleisch'' i.S.v. ''jeder'', also „absolut keiner“. In Mk 13 ist dies die einzige Stelle, die ich für einen eventuellen Semitismus halten würde. Dahin weist auch, dass κύριος im NT nur in AT-Zitaten oder Nachahmungen des Septuaginta-Stils ohne Artikel verwendet wird; vgl. Mateos 1987, S. 287.</ref> gerettet werden, doch um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat,<ref name="redundant" /> hat er die Tage verkürzt.  
 
{{S|20}} {Und} Wenn der Herr nicht die Tage verkürzt hätte,<ref>zum Motiv der verkürzten Zeit vgl. Ernst 1963, S. 381f.: „Die Verkürzung der Zeit ist ein bekanntes Motiv (vgl. 4Esra 4,26; 2Bar 20,1; 1Hen 80,2; Barn 4,3), dessen Wurzeln im Geschichtsverständnis der Apokalyptik liegen. Der Herr hat den Ablauf in einem Plan festgelegt. Auch die Drangsale der Endzeit unterliegen dem unausweichlichen „es muß geschehen“; der Geschichtsdeterminismus ist freilich durch die Rückführung auf den Willen Gottes, der aus Barmherzigkeit die Drangsale verkürzen kann, relativiert.“</ref> würde absolut niemand<ref>Kombination zweier Septuagintismen; vgl. Cranfield 1959, S. 404; Doudna 1961, S. 105f: W. ''nicht ... jedes Fleisch'' = ''nicht jeder'' i.S.v. ''keiner'' + ''jedes Fleisch'' i.S.v. ''jeder'', also „absolut keiner“. In Mk 13 ist dies die einzige Stelle, die ich für einen eventuellen Semitismus halten würde. Dahin weist auch, dass κύριος im NT nur in AT-Zitaten oder Nachahmungen des Septuaginta-Stils ohne Artikel verwendet wird; vgl. Mateos 1987, S. 287.</ref> gerettet werden, doch um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat,<ref name="redundant" /> hat er die Tage verkürzt.  
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{{S|21}} {Und} Sagt dann einer zu euch: {Siehe} Hier [ist] der Christus!<ref name="Siehe">Bailey 2009, S. 360 hat die beiden Ausrufe sehr gut analysiert: Fokalisiert ist in beiden jeweils der Lokativ (''Hier'' + ''dort''); sie sind also konstruiert wie eine Antwort auf die unausgedrückte Frage „Wo ist der Christus?“. ἴδε  fungiert dabei als bloßer Fokuspartikel und sollte im Deutschen ausgespart werden. So jedenfalls wäre der Satz grammatisch zu analysieren. V. 22 macht aber deutlich, dass dieses ''Hier!'' und ''dort!'' auf die verschiedenen Pseudo-christusse verweisen soll; also sinngemäß eher „Dieser hier ist  der Christus!“ und „jener dort ist der Christus!“. Ich denke aber, dass das auch bei wörtlicher Übersetzung klar herauskommt.</ref> oder {Siehe} dort [ist er]!<ref name="Siehe" /> - glaubt [es] nicht,  
 
{{S|21}} {Und} Sagt dann einer zu euch: {Siehe} Hier [ist] der Christus!<ref name="Siehe">Bailey 2009, S. 360 hat die beiden Ausrufe sehr gut analysiert: Fokalisiert ist in beiden jeweils der Lokativ (''Hier'' + ''dort''); sie sind also konstruiert wie eine Antwort auf die unausgedrückte Frage „Wo ist der Christus?“. ἴδε  fungiert dabei als bloßer Fokuspartikel und sollte im Deutschen ausgespart werden. So jedenfalls wäre der Satz grammatisch zu analysieren. V. 22 macht aber deutlich, dass dieses ''Hier!'' und ''dort!'' auf die verschiedenen Pseudo-christusse verweisen soll; also sinngemäß eher „Dieser hier ist  der Christus!“ und „jener dort ist der Christus!“. Ich denke aber, dass das auch bei wörtlicher Übersetzung klar herauskommt.</ref> oder {Siehe} dort [ist er]!<ref name="Siehe" /> - glaubt [es] nicht,  
  
{{S|22}} denn aufstehen<ref name="Satzspitzenstellung" /> werden falsche Christusse und falsche Propheten, und darbieten<ref>Zur Bedeutung „darbieten“ für δίδωμι vgl. Mateos 1987, S. 288. Einige Hss haben ποιήσουσιν statt δώσουσιν, aber die Kombination von σημεῖον mit ποιέω findet sich sonst nirgends in den synoptischen Evangelien (dafür häufiger in Joh); daher und wegen der weit besseren Bezeugung ist δώσουσιν der Vorzug zu geben.</ref> werden sie<ref name="Satzspitzenstellung" /> Zeichen und Wunder,<ref>pleonastischer formelhafter Ausdruck. Das Wort τέρας ''Wunder'' wird von den Synoptikern einzig hier und in der Parallelstelle [[Matthäus 24#s24 |Mt 24,24]] verwendet. Auffällig ist, dass es auch im Joh nur einmal ([[Johannes 4#s48 |Joh 4,48]]), ebenfalls in Verbindung mit σημεῖον und scheinbar ebenfalls in abwertender Weise, verwendet wird - „„Wunder“ sind genau das, was man von Gott nicht erwarten darf. Die heidnischen Griechen verstanden unter τέρας meist ein Staunen und Schrecken erregendes, exorbitantes Wunderzeichen, vor allem kosmischer Art [...].“ (Fuller 1969, S. 23). Vielleicht kann man diese Konnotation des Exorbitanten und des Abwertenden besser übertragen durch etwas wie „Mirakel und Wunderwerke“; vielleicht sogar „Mirakel und Spektakel“, aber das geht wohl einen Schritt zu weit.</ref> um – wenn möglich – die Auserwählten irrezuführen (verführen)<ref>Das Verb ἀποπλανάω hat hier „die Bedeutung eschatologischer Verführung“ (EWNT III, S. 236)</ref>.  
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{{S|22}} denn aufstehen<ref name="Satzspitzenstellung" /> werden falsche Christusse und falsche Propheten, und darbieten<ref>Zur Bedeutung „darbieten“ für δίδωμι vgl. Mateos 1987, S. 288. Einige Hss haben ποιήσουσιν statt δώσουσιν, aber die Kombination von σημεῖον mit ποιέω findet sich sonst nirgends in den synoptischen Evangelien (dafür häufiger in Joh); daher und wegen der weit besseren Bezeugung ist δώσουσιν der Vorzug zu geben.</ref> werden sie<ref name="Satzspitzenstellung" /> Zeichen und Wunder,<ref>pleonastischer formelhafter Ausdruck. Das Wort τέρας ''Wunder'' wird von den Synoptikern einzig hier und in der Parallelstelle [[Matthäus 24#s24 |Mt 24,24]] verwendet. Auffällig ist, dass es auch im Joh nur einmal ([[Johannes 4#s48 |Joh 4,48]]), ebenfalls in Verbindung mit σημεῖον und scheinbar ebenfalls in abwertender Weise, verwendet wird - „„Wunder“ sind genau das, was man von Gott nicht erwarten darf. Die heidnischen Griechen verstanden unter τέρας meist ein Staunen und Schrecken erregendes, exorbitantes Wunderzeichen, vor allem kosmischer Art [...].“ (Fuller 1969, S. 23). Vielleicht kann man diese Konnotation des Exorbitanten und des Abwertenden besser übertragen durch etwas wie „Mirakel und Wunderwerke“; vielleicht sogar „Mirakel und Spektakel“, aber das geht wohl einen Schritt zu weit.</ref> um – wenn möglich – die Auserwählten irrezuführen (verführen)<ref>Das Verb ἀποπλανάω hat hier „die Bedeutung eschatologischer Verführung“ (EWNT III, S. 236)</ref>.{{par|Deuteronomium|13|2}}{{par|Jeremia|6|13}}{{par|Daniel|11|35}}{{par|Offenbarung|13|13|14}}
  
 
{{S|23}} {Ihr aber} (Ihr dagegen)<ref>Auch in V. 23 scheint δὲ nur den Beginn eines neuen Satzes zu markieren. Möglich wäre aber auch dies: Der Einschub εἰ δυνατὸν ''wenn möglich'' in V. 22 könnte theoretisch auch bedeuten ''wo/bei wem immer das möglich ist (=ihnen das gelingt)''; in diesem Fall würde das δὲ in V. 23 die Jünger mit den Erwählten, bei denen das Irreführen gelingt, kontrastieren. In diesem Falle wäre außerdem das πρὸς in V. 22 resultativ zu deuten, also etwa „falsche Christen und Propheten werden Mirakel und Spektakel veranstalten ''und so all jene'' Erwählten verführen, ''bei denen'' es ihnen gelingt. ''Ihr dagegen'': Seid auf der Hut...“ - So aber m.W. niemand und es ist diese Verwendung von εἰ auch eher selten, daher können wir getrost bei der angegebenen Standard-übersetzung bleiben.</ref> seid auf der Hut<ref name="Hut" />! Ich habe euch alles vorausgesagt.<ref>Cranfield 1959, S. 405 wendet gegen die Deutung, die anscheinend den meisten Interpretationen unausgesprochen zugrunde liegt: „Der Satz muss nicht notwendigerweise bedeuten, dass Jesus seinen Jüngern hiermit eine detaillierte Vorhersage der Zukunft geliefert hat - es könnte auch ganz einfach bedeuten: „denn ich habe euch hiermit gewarnt!““ (meine Übersetzung). Wahrscheinlicher scheint mir aber folgendes: Im ganzen Kapitel werden die Pronomina ταῦτα, πάντα und ταῦτα πάντα sehr merkwürdig verwendet; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_p Fußnote p] und [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bx Fußnote bx]. Ich habe dafür keine Erklärung, aber mit Abstand am kohärentesten ist Kap. 13, wenn man jeweils das ταῦτα in Vv. 4.29 (und außerdem das Auftreten des Gräuels der Verwüstung im Tempel V. 13 (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_ao Fußnote ao])) auf die Zerstörung des Tempels bezieht und das πάντα und ταῦτα πάντα (Vv.4.23.30) auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit. Es ist beinahe so, als habe der Redaktor von Mk 13,2-37 eine merkwürdige Scheu davor, „Zerstörung des Tempels“ und „Eschaton“ (das ja auch sonst bloß angedeutet wird mit dem Verweis auf den Zeitpunkt (''Ende'', Vv. 7.13; ''in jenen Tagen'', Vv. 17.24; ähnlich V. 32)) auszusprechen. Entsprechend wäre dann auch hier das πάντα auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeiten zu beziehen, die Jesus seinen Jüngern in Kap. 13 voraussagt.</ref>  
 
{{S|23}} {Ihr aber} (Ihr dagegen)<ref>Auch in V. 23 scheint δὲ nur den Beginn eines neuen Satzes zu markieren. Möglich wäre aber auch dies: Der Einschub εἰ δυνατὸν ''wenn möglich'' in V. 22 könnte theoretisch auch bedeuten ''wo/bei wem immer das möglich ist (=ihnen das gelingt)''; in diesem Fall würde das δὲ in V. 23 die Jünger mit den Erwählten, bei denen das Irreführen gelingt, kontrastieren. In diesem Falle wäre außerdem das πρὸς in V. 22 resultativ zu deuten, also etwa „falsche Christen und Propheten werden Mirakel und Spektakel veranstalten ''und so all jene'' Erwählten verführen, ''bei denen'' es ihnen gelingt. ''Ihr dagegen'': Seid auf der Hut...“ - So aber m.W. niemand und es ist diese Verwendung von εἰ auch eher selten, daher können wir getrost bei der angegebenen Standard-übersetzung bleiben.</ref> seid auf der Hut<ref name="Hut" />! Ich habe euch alles vorausgesagt.<ref>Cranfield 1959, S. 405 wendet gegen die Deutung, die anscheinend den meisten Interpretationen unausgesprochen zugrunde liegt: „Der Satz muss nicht notwendigerweise bedeuten, dass Jesus seinen Jüngern hiermit eine detaillierte Vorhersage der Zukunft geliefert hat - es könnte auch ganz einfach bedeuten: „denn ich habe euch hiermit gewarnt!““ (meine Übersetzung). Wahrscheinlicher scheint mir aber folgendes: Im ganzen Kapitel werden die Pronomina ταῦτα, πάντα und ταῦτα πάντα sehr merkwürdig verwendet; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_p Fußnote p] und [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bx Fußnote bx]. Ich habe dafür keine Erklärung, aber mit Abstand am kohärentesten ist Kap. 13, wenn man jeweils das ταῦτα in Vv. 4.29 (und außerdem das Auftreten des Gräuels der Verwüstung im Tempel V. 13 (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_ao Fußnote ao])) auf die Zerstörung des Tempels bezieht und das πάντα und ταῦτα πάντα (Vv.4.23.30) auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit. Es ist beinahe so, als habe der Redaktor von Mk 13,2-37 eine merkwürdige Scheu davor, „Zerstörung des Tempels“ und „Eschaton“ (das ja auch sonst bloß angedeutet wird mit dem Verweis auf den Zeitpunkt (''Ende'', Vv. 7.13; ''in jenen Tagen'', Vv. 17.24; ähnlich V. 32)) auszusprechen. Entsprechend wäre dann auch hier das πάντα auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeiten zu beziehen, die Jesus seinen Jüngern in Kap. 13 voraussagt.</ref>  
  
  
{{S|24}} {Aber}<ref name="Konjunktionen" /> in jenen Tagen,<ref name="in jenen Tagen" /> nach jener Bedrängnis, wird die Sonne verdunkelt werden (sich verfinstern),<ref>In den Vv. 8.12.19.22 findet sich viermal die für Prophezeiungen charakteristische Verbspitzenstellungen (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_z Fußnote z]. In V. 24f. dagegen findet sich gleich vier Mal die Wortfolge S-O (vgl. Reiser 1983, S. 94)</ref> {und} der Mond wird seinen Schein nicht geben,<ref>Finsternis ist ein stereotyper eschatologischer Topos; vgl. [[Jesaja 13#s19 |Jes 13,19]]f; [[Joel 2#s2 |Joel 2,2]] (z.B. Thüsing 2011, S. 114).</ref>
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{{S|24}} {Aber}<ref name="Konjunktionen" /> in jenen Tagen,<ref name="in jenen Tagen" /> nach jener Bedrängnis, wird die Sonne verdunkelt werden (sich verfinstern),<ref>In den Vv. 8.12.19.22 findet sich viermal die für Prophezeiungen charakteristische Verbspitzenstellungen (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_z Fußnote z]. In V. 24f. dagegen findet sich gleich vier Mal die Wortfolge S-O (vgl. Reiser 1983, S. 94)</ref> {und} der Mond wird seinen Schein nicht geben,<ref>Finsternis ist ein stereotyper eschatologischer Topos; vgl. [[Jesaja 13#s19 |Jes 13,19]]f; [[Joel 2#s2 |Joel 2,2]] (z.B. Thüsing 2011, S. 114).</ref>{{par|Jesaja|13|10}}{{par|Jesaja|24|23}}{{par|Jesaja|34|4}}{{par|Ezechiel|32|7}}{{par|Joel|2|2}}{{par|Joel|2|10}}{{par|Joel|3|4}}{{par|Joel|4|15}}{{par|Amos|8|9}}
  
{{S|25}} {und} die Stern werden vom Himmel fallen und die Kräfte<ref>Die δυνάμεις sind mythische kosmische Mächte. Wahrscheinlich ist diese Vorstellung noch ein Reflex aus der Zeit, als die Himmelskörper auch in Israel als göttlich angesehen wurden. In der nachbiblischen Zeit wurden sie als „Engel“ interpretiert (bes. wichtig: Dionysius Areopagita: [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3689.htm CH 8,1]); heute stellen sie in der Engellehre sozusagen „ganz offiziell“ einen der Neun Englischen Chöre: die ''virtutes'', die dafür verantwortlich sind, in Gottes Auftrag Wunder zu wirken. Vermutlich stammt das Bild noch aus der Apokalypse-Schilderung in [[Jesaja 34#s4 |Jes 34,4]].</ref> in den Himmeln (am Himmel) werden erschüttert werden.
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{{S|25}} {und} die Stern werden vom Himmel fallen und die Kräfte<ref>Die δυνάμεις sind mythische kosmische Mächte. Wahrscheinlich ist diese Vorstellung noch ein Reflex aus der Zeit, als die Himmelskörper auch in Israel als göttlich angesehen wurden. In der nachbiblischen Zeit wurden sie als „Engel“ interpretiert (bes. wichtig: Dionysius Areopagita: [http://www.unifr.ch/bkv/kapitel3689.htm CH 8,1]); heute stellen sie in der Engellehre sozusagen „ganz offiziell“ einen der Neun Englischen Chöre: die ''virtutes'', die dafür verantwortlich sind, in Gottes Auftrag Wunder zu wirken. Vermutlich stammt das Bild noch aus der Apokalypse-Schilderung in [[Jesaja 34#s4 |Jes 34,4]].</ref> in den Himmeln (am Himmel) werden erschüttert werden.{{par|Jesaja|34|4}}{{par|Joel|2|2}}{{par|Offenbarumg|6|13}}
  
{{S|26}} Und dann werden sie sehen (wird man sehen, wird erscheinen)<ref>impersonaler Plural; vgl. z.B. Martin 2009, S. 477; daher besser ''wird <u>man</u> sehen''. Noch besser aber: ὁράω im Medium ist ein formelhafter Offenbarungsterminus, der v.a. im Zhg. mit Christi Auferstehung verwendet wird; daher ''wird erscheinen''. Ähnlich ist ἐρχόμενον in der hierigen Verwendung ein eschatologischer Terminus (s. [[Markus 11#s9 |Mk 11,9]]f; [[Markus  12#s9 |12,9]]; [[Markus 13#s35 |13,35]]; [[Markus 14#s62 |14,62]]; vgl. Kleist 1937, S. 183). Beide beziehen sich also auf die heilbringende Ankunft des Menschensohnes am Ende der Zeit; sehr gut wäre es daher, wenn das Zusammenspiel dieser beiden Vokabeln sich auch lexikalisch in der LF erkennen ließe.</ref> den in den Wolken kommenden Menschensohn<ref name="Menschensohn">Auch ''Menschensohn'' ist ein eschatologischer Terminus. Außer in [[Markus 2#s10 |Mk 2,10]].[[Markus 2#s28 |28]] verwendet Jesus dieses „biographische Ich-Idiom“ (Schenk 1997) ausschließlich, wenn er von seiner Rolle in Gottes Heilsplan spricht, also der, dass er - der Menschensohn - von den Menschen verworfen, ausgeliefert und getötet werden müsse, dann aber in großer Macht und Herrlichkeit wiederkehren werde. Vgl. besonders gut Danove 2003, S. 23-25. ''Sohn'' in V. 32 ist sehr wahrscheinlich nur eine Kurzform von ''Menschensohn''; vgl. z.B. Schenk 1997, S. 84</ref>, mit großer Macht<ref>Im Singular (anders als im Plural, V. 25) ist die δύναμις ein Attribut Gottes/Christi und bezeichnet deren (All)Macht.</ref> und Herrlichkeit<ref>δόξα ist ein Begriff aus den Theophanietraditionen; es handelt sich um ein sichtbares Attribut des sich offenbarenden Gottes. Wo die Text Rückschlüsse auf das Wesen der δόξα zulassen, scheint man sich diese Herrlichkeit als eine Art „Lichtglanz“, „Glorie“ vorstellen zu müssen (vgl. ähnlich EWNT I, S. 836). [[Matthäus 24#s27 |Mt 24,27]] und [[Lukas 17#s24 |Lk 17,24]] explizieren das, indem sie die Parusie des Menschensohnes mit einem Wetterleuchten vergleichen: „Wie der Blitz [...] leuchtet, so wird es mit dem Menschensohn/der Ankunft des Menschensohns sein [...].“ V. 26 bildet es so einen Gegensatz mit der Schilderung der Finsternis in V. 25 und sollte in der LF daher besser mit etwas wie „herrlicher Lichtglanz“ o.Ä. übersetzt werden.</ref>.  
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{{S|26}} Und dann werden sie sehen (wird man sehen, wird erscheinen)<ref>impersonaler Plural; vgl. z.B. Martin 2009, S. 477; daher besser ''wird <u>man</u> sehen''. Noch besser aber: ὁράω im Medium ist ein formelhafter Offenbarungsterminus, der v.a. im Zhg. mit Christi Auferstehung verwendet wird; daher ''wird erscheinen''. Ähnlich ist ἐρχόμενον in der hierigen Verwendung ein eschatologischer Terminus (s. [[Markus 11#s9 |Mk 11,9]]f; [[Markus  12#s9 |12,9]]; [[Markus 13#s35 |13,35]]; [[Markus 14#s62 |14,62]]; vgl. Kleist 1937, S. 183). Beide beziehen sich also auf die heilbringende Ankunft des Menschensohnes am Ende der Zeit; sehr gut wäre es daher, wenn das Zusammenspiel dieser beiden Vokabeln sich auch lexikalisch in der LF erkennen ließe.</ref> den in den Wolken kommenden Menschensohn<ref name="Menschensohn">Auch ''Menschensohn'' ist ein eschatologischer Terminus. Außer in [[Markus 2#s10 |Mk 2,10]].[[Markus 2#s28 |28]] verwendet Jesus dieses „biographische Ich-Idiom“ (Schenk 1997) ausschließlich, wenn er von seiner Rolle in Gottes Heilsplan spricht, also der, dass er - der Menschensohn - von den Menschen verworfen, ausgeliefert und getötet werden müsse, dann aber in großer Macht und Herrlichkeit wiederkehren werde. Vgl. besonders gut Danove 2003, S. 23-25. ''Sohn'' in V. 32 ist sehr wahrscheinlich nur eine Kurzform von ''Menschensohn''; vgl. z.B. Schenk 1997, S. 84</ref>, mit großer Macht<ref>Im Singular (anders als im Plural, V. 25) ist die δύναμις ein Attribut Gottes/Christi und bezeichnet deren (All)Macht.</ref> und Herrlichkeit<ref>δόξα ist ein Begriff aus den Theophanietraditionen; es handelt sich um ein sichtbares Attribut des sich offenbarenden Gottes. Wo die Text Rückschlüsse auf das Wesen der δόξα zulassen, scheint man sich diese Herrlichkeit als eine Art „Lichtglanz“, „Glorie“ vorstellen zu müssen (vgl. ähnlich EWNT I, S. 836). [[Matthäus 24#s27 |Mt 24,27]] und [[Lukas 17#s24 |Lk 17,24]] explizieren das, indem sie die Parusie des Menschensohnes mit einem Wetterleuchten vergleichen: „Wie der Blitz [...] leuchtet, so wird es mit dem Menschensohn/der Ankunft des Menschensohns sein [...].“ V. 26 bildet es so einen Gegensatz mit der Schilderung der Finsternis in V. 25 und sollte in der LF daher besser mit etwas wie „herrlicher Lichtglanz“ o.Ä. übersetzt werden.</ref>.{{par|Daniel|7|13}}{{par|Matthäus|16|27}}
  
{{S|27}} Und dann wird er die Engel aussenden und die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen (Winden)<ref>zur Bedeutung „Himmelsrichtungen“ vgl. EWNT I, S. 231</ref> vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels<ref>Eine schwierige Stelle. (i) Die Übersetzung im Fließtext ist die Standard-Deutung. Daneben hat (ii) Kleist 1937, S. 226 vorgeschlagen, dass es sich hier um das Phänomen der „parallelen Orientierung“ handeln könnte: Zwei zusammenhängende Ortsangaben werden mit der selben Präposition versehen, obwohl sie rein semantisch unterschiedlicher Präpositionen bedürften, also z.B. im Deutschen ''Ich gehe <u>auf</u> die Stadt auf dem Berg'' statt ''Ich gehe <u>zur</u> Stadt auf dem Berg'' und im Falle von Mk 13,27 ''Er wird die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen <u>am</u> Ende der Erde sammeln zum Saum des Himmels''. Diese Konstruktion gibt es wohl wirklich, obwohl ws. nicht alle von Kleist gelisteten Stellen derart zu analysieren sind (neben Mk 13,27 nennt er: [[Markus 1#s28 |Mk 1,28]].[[Markus 1#s38|38]].[[Markus 1#s39 |39]]; [[Markus 5#s1 |5,1]].[[Markus 5#s19 |19]]; [[Markus 6#s45 |6,45]].[[Markus 6#s51 |51]].[[Markus 6#s56 |56]]; [[Markus 9#s43 |9,43]]; [[Markus 11#s1 |11,1]].[[Markus 11#s11 |11]]; [[Markus 12#s2 |12,2]]; [[Markus 14#s3 |14,3]].[[Markus 14#s9 |9]]), aber in diesem Fall sollte man besser Schweizer folgen: (iii) Schweizer 1998, S. 150f erklärt die Formulierung ''vom Rand der Erde bis zum Rand des Himmels'' als „eine etwas unlogische Vermischung der beiden Bilder „von einem Rand des Himmels bis zum andern“ ([[Deuteronomium 30#s4 |Dtn 30,4 LXX]], wo vom Sammeln der versprengten Israeliten die Rede ist) und „von einem Rand der Erde bis zum anderen“ ([[Deuteronomium 13#s8 |Dtn 13,8]]).“; sie ist dann als ein etwas schräger Ausdruck für „auf der ganzen Erde“ aufzufassen. [[Matthäus 24#s31 |Mt 24,31]] hat das geglättet; bei ihm heißt es nur noch wie in Dtn 30,4 „von einem Ende des Himmels bis zum andern“. V. 27 ist dann pleonastisch; ''aus den vier Himmelsrichtungen'' und ''auf der ganzen Erde'' beziehen sich beide darauf, dass der Menschensohn seine Auserwählten ''von überall her'' zusammensammeln wird.</ref> sammeln.  
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{{S|27}} Und dann wird er die Engel aussenden und die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen (Winden)<ref>zur Bedeutung „Himmelsrichtungen“ vgl. EWNT I, S. 231</ref> vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels<ref>Eine schwierige Stelle. (i) Die Übersetzung im Fließtext ist die Standard-Deutung. Daneben hat (ii) Kleist 1937, S. 226 vorgeschlagen, dass es sich hier um das Phänomen der „parallelen Orientierung“ handeln könnte: Zwei zusammenhängende Ortsangaben werden mit der selben Präposition versehen, obwohl sie rein semantisch unterschiedlicher Präpositionen bedürften, also z.B. im Deutschen ''Ich gehe <u>auf</u> die Stadt auf dem Berg'' statt ''Ich gehe <u>zur</u> Stadt auf dem Berg'' und im Falle von Mk 13,27 ''Er wird die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen <u>am</u> Ende der Erde sammeln zum Saum des Himmels''. Diese Konstruktion gibt es wohl wirklich, obwohl ws. nicht alle von Kleist gelisteten Stellen derart zu analysieren sind (neben Mk 13,27 nennt er: [[Markus 1#s28 |Mk 1,28]].[[Markus 1#s38|38]].[[Markus 1#s39 |39]]; [[Markus 5#s1 |5,1]].[[Markus 5#s19 |19]]; [[Markus 6#s45 |6,45]].[[Markus 6#s51 |51]].[[Markus 6#s56 |56]]; [[Markus 9#s43 |9,43]]; [[Markus 11#s1 |11,1]].[[Markus 11#s11 |11]]; [[Markus 12#s2 |12,2]]; [[Markus 14#s3 |14,3]].[[Markus 14#s9 |9]]), aber in diesem Fall sollte man besser Schweizer folgen: (iii) Schweizer 1998, S. 150f erklärt die Formulierung ''vom Rand der Erde bis zum Rand des Himmels'' als „eine etwas unlogische Vermischung der beiden Bilder „von einem Rand des Himmels bis zum andern“ ([[Deuteronomium 30#s4 |Dtn 30,4 LXX]], wo vom Sammeln der versprengten Israeliten die Rede ist) und „von einem Rand der Erde bis zum anderen“ ([[Deuteronomium 13#s8 |Dtn 13,8]]).“; sie ist dann als ein etwas schräger Ausdruck für „auf der ganzen Erde“ aufzufassen. [[Matthäus 24#s31 |Mt 24,31]] hat das geglättet; bei ihm heißt es nur noch wie in Dtn 30,4 „von einem Ende des Himmels bis zum andern“. V. 27 ist dann pleonastisch; ''aus den vier Himmelsrichtungen'' und ''auf der ganzen Erde'' beziehen sich beide darauf, dass der Menschensohn seine Auserwählten ''von überall her'' zusammensammeln wird.</ref> sammeln.{{par|Deuteronomium|30|3}}{{par|Jeremia|32|37}}{{par|Ezechiel|34|13}}{{par|Ezechiel|36|24}}
  
  
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{{S|29}} So auch ihr:<ref name="Gleichnis">Das Gleichnis ist recht merkwürdig. (1) In der Exegese wird das οὕτως καὶ ὑμεῖς merkwürdigerweise gar nicht als problematisch aufgefasst. Es ist es aber doch. ''So auch ihr'' wirkt wie ein fokalisierter Subjektwechsel; gerade so, als ob in V. 28 stünde „Wenn die Zweige des Feigenbaums austreiben, erkennt <u>man</u>, dass der Sommer naht. [<u>So auch ihr</u>:...]“. V. 29 versprachlicht die „Sachhälfte“ des Gleichnisses vom Feigenbaum (-> °Gleichnis°); insofern wäre die Übertragung des Sinngehalts des Gleichnisses auf die Hörer ''normalerweise'' auch zu erwarten - nur sind diese ''ihr'' ja bereits Subjekt von V. 28 und also ist diese Markierung des Subjektwechsels merkwürdig fehl am Platz. Dazu kommen zwei weitere Merkwürdigkeiten: (2) bringt V. 29 gar keine wirkliche Anwendung des Gleichnisses, sondern ergänzt die Bildebene in V. 28 nur durch einen weiteren Aspekt (V. 28: ''dann wisst ihr, dass der Sommer nahe ist'' - V. 29: ''erkennt, dass er nahe vor den Türen ist''); „von „Bild-“ und „Sachhälfte“ läßt sich deshalb an dieser Stelle gar nicht mehr wirklich reden.“ (Hahn 2006, S. 452). Und (3) würde man vom rein grammatischen Standpunkt aus gesehen eigentlich meinen, dass ταῦτα ''dies'' in ''Wenn ihr dies geschehen seht'' pronominal den letztgenannten Sachverhalt vertritt, nämlich eben den, dass die Zweige des Feigenbaumes im Frühling austreiben - und müsste dann das ''dass er nahe vor den Türen ist'' wieder auf das Nahen des Sommers übertragen. Vv. 28f wirken also so, als müsste man sinngemäß übersetzen (ich unterstreiche die Merkwürdigkeiten): ''Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. <u>So auch ihr:</u> Wenn ihr dies (=<u>dass die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen</u>)geschehen seht, erkennt, dass [er] (=<u>der Sommer</u>) nahe vor den Türen ist.''<br />
 
{{S|29}} So auch ihr:<ref name="Gleichnis">Das Gleichnis ist recht merkwürdig. (1) In der Exegese wird das οὕτως καὶ ὑμεῖς merkwürdigerweise gar nicht als problematisch aufgefasst. Es ist es aber doch. ''So auch ihr'' wirkt wie ein fokalisierter Subjektwechsel; gerade so, als ob in V. 28 stünde „Wenn die Zweige des Feigenbaums austreiben, erkennt <u>man</u>, dass der Sommer naht. [<u>So auch ihr</u>:...]“. V. 29 versprachlicht die „Sachhälfte“ des Gleichnisses vom Feigenbaum (-> °Gleichnis°); insofern wäre die Übertragung des Sinngehalts des Gleichnisses auf die Hörer ''normalerweise'' auch zu erwarten - nur sind diese ''ihr'' ja bereits Subjekt von V. 28 und also ist diese Markierung des Subjektwechsels merkwürdig fehl am Platz. Dazu kommen zwei weitere Merkwürdigkeiten: (2) bringt V. 29 gar keine wirkliche Anwendung des Gleichnisses, sondern ergänzt die Bildebene in V. 28 nur durch einen weiteren Aspekt (V. 28: ''dann wisst ihr, dass der Sommer nahe ist'' - V. 29: ''erkennt, dass er nahe vor den Türen ist''); „von „Bild-“ und „Sachhälfte“ läßt sich deshalb an dieser Stelle gar nicht mehr wirklich reden.“ (Hahn 2006, S. 452). Und (3) würde man vom rein grammatischen Standpunkt aus gesehen eigentlich meinen, dass ταῦτα ''dies'' in ''Wenn ihr dies geschehen seht'' pronominal den letztgenannten Sachverhalt vertritt, nämlich eben den, dass die Zweige des Feigenbaumes im Frühling austreiben - und müsste dann das ''dass er nahe vor den Türen ist'' wieder auf das Nahen des Sommers übertragen. Vv. 28f wirken also so, als müsste man sinngemäß übersetzen (ich unterstreiche die Merkwürdigkeiten): ''Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. <u>So auch ihr:</u> Wenn ihr dies (=<u>dass die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen</u>)geschehen seht, erkennt, dass [er] (=<u>der Sommer</u>) nahe vor den Türen ist.''<br />
Das macht natürlich keinen Sinn. Man wird sich daher mit z.B. Dschulnigg 2007, S. 348 und Ernst 1963, S. 389 davon leiten lassen müssen, dass ''Wenn ihr dies geschehen seht'' in V. 29 die Formulierung von V. 14 aufgreift (''Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung stehen seht'') und daher das ''dies'' in V. 29 auf das ''Stehen des Gräuels der Verwüstung'' in V. 14 beziehen (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bh Fußnote bh]) und außerdem das ''[er]'' in ''dass [er] nahe vor den Türen ist'' auf den kommenden Menschensohn V. 26; V. 28f wären dann sinngemäß zu übersetzen: ''Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies (=das Auftreten des Antichristen im Tempel)geschehen seht, erkennt, dass [sie] (=die Wiederkunft des Menschensohns) nahe vor den Türen ist.'' Damit liest man V. 29 zwar grammatisch gewaltig gegen den Strich, aber zumindest gibt er dann mehr Sinn (- auch Lukas hat in diese Richtung geglättet: [[Lukas 21#s31 |Lk 21,31]] ''erkennt, dass das Reich Gottes nahe ist!''). Merkwürdigkeit (1) lässt sich dadurch aber dennoch nicht auflösen.</ref> wenn ihr dies<ref name="Gleichnis" /> geschehen seht, erkennt, dass er (es)<ref name="Gleichnis" /> nahe vor den Toren (vor der Tür)<ref>θύραις Dativ Plural kann auch für die einzelne Tür verwendet werden. Wer sich für „die Tür“ entscheidet lässt den Hörer/Leser eher an die Tür eines Hauses denken. Wird der Plural verwendet, wird das Bild von „Stadttoren“ wachgerufen. Deshalb dann besser „vor den Toren“.</ref> ist!
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Das macht natürlich keinen Sinn. Man wird sich daher mit z.B. Dschulnigg 2007, S. 348 und Ernst 1963, S. 389 davon leiten lassen müssen, dass ''Wenn ihr dies geschehen seht'' in V. 29 die Formulierung von V. 14 aufgreift (''Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung stehen seht'') und daher das ''dies'' in V. 29 auf das ''Stehen des Gräuels der Verwüstung'' in V. 14 beziehen (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bh Fußnote bh]) und außerdem das ''[er]'' in ''dass [er] nahe vor den Türen ist'' auf den kommenden Menschensohn V. 26; V. 28f wären dann sinngemäß zu übersetzen: ''Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies (=das Auftreten des Antichristen im Tempel)geschehen seht, erkennt, dass [sie] (=die Wiederkunft des Menschensohns) nahe vor den Türen ist.'' Damit liest man V. 29 zwar grammatisch gewaltig gegen den Strich, aber zumindest gibt er dann mehr Sinn (- auch Lukas hat in diese Richtung geglättet: [[Lukas 21#s31 |Lk 21,31]] ''erkennt, dass das Reich Gottes nahe ist!''). Merkwürdigkeit (1) lässt sich dadurch aber dennoch nicht auflösen.</ref> wenn ihr dies<ref name="Gleichnis" /> geschehen seht, erkennt, dass er (es)<ref name="Gleichnis" /> nahe vor den Toren (vor der Tür)<ref>θύραις Dativ Plural kann auch für die einzelne Tür verwendet werden. Wer sich für „die Tür“ entscheidet lässt den Hörer/Leser eher an die Tür eines Hauses denken. Wird der Plural verwendet, wird das Bild von „Stadttoren“ wachgerufen. Deshalb dann besser „vor den Toren“.</ref> ist!{{par|Philemon|4|5}}{{par|Offenbarung|3|20}}
  
 
{{S|30}} Amen<ref name="Geschlecht">''Dieses Geschlecht wird nicht vergehen'' heißt höchstwahrscheinlich, dass noch zu Lebzeiten der Zeitgenossen Jesu das Eschaton eintreten wird, denn „dieses Geschlecht“ wird im Mk stets von den Zeitgenossen Jesu gesagt (vgl. [[Markus 8#12 |Mk 8,12]].[[Markus 8#s38 |38]]; [[Markus 9#s19 |9,19]]). Diese mit diesem Begriff bezeichneten Zeitgenossen werden in den obigen Stellen stets negativ beurteilt (so auch Dschulnigg 2007, S. 348; Gnilka 1978, S. 206; Schenke 2005, S. 299); wahrscheinlich wird man daher V. 30 als Drohwort auffassen müssen (vgl. bes. [[Markus 8#s38 |Mk 8,38]]). Das ''Amen, ich sage euch'' (->°Amen°) hätte dann hier eine ähnliche Funktion wie im Deutschen ein Drohungen einleitendes „Ich verspreche dir,...“, „ich sag's dir,...“.<br />
 
{{S|30}} Amen<ref name="Geschlecht">''Dieses Geschlecht wird nicht vergehen'' heißt höchstwahrscheinlich, dass noch zu Lebzeiten der Zeitgenossen Jesu das Eschaton eintreten wird, denn „dieses Geschlecht“ wird im Mk stets von den Zeitgenossen Jesu gesagt (vgl. [[Markus 8#12 |Mk 8,12]].[[Markus 8#s38 |38]]; [[Markus 9#s19 |9,19]]). Diese mit diesem Begriff bezeichneten Zeitgenossen werden in den obigen Stellen stets negativ beurteilt (so auch Dschulnigg 2007, S. 348; Gnilka 1978, S. 206; Schenke 2005, S. 299); wahrscheinlich wird man daher V. 30 als Drohwort auffassen müssen (vgl. bes. [[Markus 8#s38 |Mk 8,38]]). Das ''Amen, ich sage euch'' (->°Amen°) hätte dann hier eine ähnliche Funktion wie im Deutschen ein Drohungen einleitendes „Ich verspreche dir,...“, „ich sag's dir,...“.<br />
 
Weil ganz offensichtlich die Zeitgenossen Jesu bereits tot sind und die Wiederkunft des Menschensohnes dennoch noch nicht stattgefunden hat (diese Verzögerung der prophezeiten Wiederkunft des Menschensohnes bezeichnet man in der Theologie i.d.R. als „Parusieverzögerung“; sie ist ein vielbesprochenes theologisches Problem.) - wenn man nicht die Auferstehung Christi als diese prophezeite Wiederkunft interpretiert -, gab es in der Exegese einige Versuche, das ''dieses Geschlecht'' umzudeuten und so das Problem der Parusieverzögerung abzumildern. Deutlich erkennbar sind diese Bemühungen z.B. bei Cranfield 1959, S. 408f.: „Auf den ersten Blick scheint Jesus hier zu sagen, dass all die in Vv. 5-27 beschriebenen Dinge (inklusive der Parusie) eintreten würden, bevor seine Zeitgenossen gestorben sind. Aber das ist nur eine der möglichen Bedeutungen. [... ] ἡ γενεὰ αὕτη könnte sich auch beziehen (i) auf das gesamte Menschengeschlecht, (ii) die Juden (beide Vorschläge gehen zurück auf Hieronymus; (ii) wird auch von einigen modernen Exegeten akzeptiert, z.B. Schniewind), (iii) die Jünger/Christen (so Chrysostomus, Viktor von Antiochien und Theophylactus) oder (iv) in einem weiteren Sinne: 'solche' (was von Michaelis favorisiert wird, der die Aussage so versteht, dass bis zum Ende Ungläubige existieren würden).“ In der Bibel haben diese Interpretationen keinen wirklichen Halt.</ref>, ich sage euch: Nicht (Keinesfalls)<ref name="u mä" /> wird diese Generation (Geschlecht)<ref name="Geschlecht" /> vergehen, bis dies alles<ref>''dies alles'' ist wahrscheinlich zu Beziehen auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bh Fußnote bh]</ref> geschehen sein wird.
 
Weil ganz offensichtlich die Zeitgenossen Jesu bereits tot sind und die Wiederkunft des Menschensohnes dennoch noch nicht stattgefunden hat (diese Verzögerung der prophezeiten Wiederkunft des Menschensohnes bezeichnet man in der Theologie i.d.R. als „Parusieverzögerung“; sie ist ein vielbesprochenes theologisches Problem.) - wenn man nicht die Auferstehung Christi als diese prophezeite Wiederkunft interpretiert -, gab es in der Exegese einige Versuche, das ''dieses Geschlecht'' umzudeuten und so das Problem der Parusieverzögerung abzumildern. Deutlich erkennbar sind diese Bemühungen z.B. bei Cranfield 1959, S. 408f.: „Auf den ersten Blick scheint Jesus hier zu sagen, dass all die in Vv. 5-27 beschriebenen Dinge (inklusive der Parusie) eintreten würden, bevor seine Zeitgenossen gestorben sind. Aber das ist nur eine der möglichen Bedeutungen. [... ] ἡ γενεὰ αὕτη könnte sich auch beziehen (i) auf das gesamte Menschengeschlecht, (ii) die Juden (beide Vorschläge gehen zurück auf Hieronymus; (ii) wird auch von einigen modernen Exegeten akzeptiert, z.B. Schniewind), (iii) die Jünger/Christen (so Chrysostomus, Viktor von Antiochien und Theophylactus) oder (iv) in einem weiteren Sinne: 'solche' (was von Michaelis favorisiert wird, der die Aussage so versteht, dass bis zum Ende Ungläubige existieren würden).“ In der Bibel haben diese Interpretationen keinen wirklichen Halt.</ref>, ich sage euch: Nicht (Keinesfalls)<ref name="u mä" /> wird diese Generation (Geschlecht)<ref name="Geschlecht" /> vergehen, bis dies alles<ref>''dies alles'' ist wahrscheinlich zu Beziehen auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bh Fußnote bh]</ref> geschehen sein wird.
  
{{S|31}} Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen<ref>'''Textkritik''': Die Textgestalt von οὐ μὴ παρελεύσονται ist in den Hss etwas instabil (vgl. genauer [http://www-user.uni-bremen.de/~wie/TCG/TC-Mark.pdf Wilckens 2014, S. 532]). Auch hier müssen wir uns nicht entscheiden, da alle Varianten grammatisch korrekt sind und alle Varianten das selbe bedeuten - alle nämlich sind Varianten der Konstruktion οὐ μὴ + Aorist Konjunktiv (der stärkstmöglichen griechischen Konstruktion zur Verneinung zukünftiger Ereignisse, die in Mk 13 stets verwendet wird, um Jesu Aussagen auch sprachlich als sichere Prophezeiungen zu markieren). Vgl. auch Wallace, S. 468.</ref>.<ref>Kleist 1937, S. 226 kommentiert wunderbar diesen Vers, indem er seiner Unsicherheit sehr ehrlich Ausdruck verleiht: „''Werden'' oder ''würden'' vergehen? Werden Himmel und Erde tatsächlich vergehen? Oder vielleicht in diesem Sinn: „Selbst wenn Himmel und Erde (von denen man ja eigentlich meinen würde, dass sie unzerstörbar sind) vergehen würde, würden meine Worte nicht vergehen; d.h. sich nicht als falsch erweisen“?“<br />Das ist eine schöne Deutung, aber wohl nicht haltbar, denn sie basiert (1) auf der Annahme, dass das griechische Futur Indikativ auch modal gedeutet werden könnte - was wohl nicht so ist. Und (2) ist die Vorstellung, dass am Ende der Zeit Himmel und Erde vergehen würden, ein häufigerer Topos in der Bibel; vg. TRE 30, S. 290: „Die alttestamentlich-apokalyptische Tradition des Untergangs von Sonne, Mond, Sternen, Himmel und Erde fand in den Gerichtsszenen im Neuen Testament (vgl. [[Markus 13#s24 |Mk 13,24-26]]; [[Apostelgeschichte 6#s12 |Apg 6,12-17]]; [[Hebräer 12#s26 |Heb 12,26f.]] [...]) Wiederhall. [...] Am Tag des Herrn vergehen Himmel, Erde und Grundelemente in einem kosmischen Weltenbrand (vgl. [[2Petrus 3#s10 |2Pet 3,10-13]]). Obwohl die Schöpfung, Himmel und Erde (vgl. [[Lukas 16#s17 |Lk 16,17]] [Q]; [[Markus 13#s31 |Mk 13,31]]), diese Welt (vgl. [[1Korinther 7#31 |1Kor 7,31b]]; [[1Johannes 2#17 |1Joh 2,17]]) vergehen werden, wäre das aber nicht das Ende.“</ref>
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{{S|31}} Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen<ref>'''Textkritik''': Die Textgestalt von οὐ μὴ παρελεύσονται ist in den Hss etwas instabil (vgl. genauer [http://www-user.uni-bremen.de/~wie/TCG/TC-Mark.pdf Wilckens 2014, S. 532]). Auch hier müssen wir uns nicht entscheiden, da alle Varianten grammatisch korrekt sind und alle Varianten das selbe bedeuten - alle nämlich sind Varianten der Konstruktion οὐ μὴ + Aorist Konjunktiv (der stärkstmöglichen griechischen Konstruktion zur Verneinung zukünftiger Ereignisse, die in Mk 13 stets verwendet wird, um Jesu Aussagen auch sprachlich als sichere Prophezeiungen zu markieren). Vgl. auch Wallace, S. 468.</ref>.<ref>Kleist 1937, S. 226 kommentiert wunderbar diesen Vers, indem er seiner Unsicherheit sehr ehrlich Ausdruck verleiht: „''Werden'' oder ''würden'' vergehen? Werden Himmel und Erde tatsächlich vergehen? Oder vielleicht in diesem Sinn: „Selbst wenn Himmel und Erde (von denen man ja eigentlich meinen würde, dass sie unzerstörbar sind) vergehen würde, würden meine Worte nicht vergehen; d.h. sich nicht als falsch erweisen“?“<br />Das ist eine schöne Deutung, aber wohl nicht haltbar, denn sie basiert (1) auf der Annahme, dass das griechische Futur Indikativ auch modal gedeutet werden könnte - was wohl nicht so ist. Und (2) ist die Vorstellung, dass am Ende der Zeit Himmel und Erde vergehen würden, ein häufigerer Topos in der Bibel; vg. TRE 30, S. 290: „Die alttestamentlich-apokalyptische Tradition des Untergangs von Sonne, Mond, Sternen, Himmel und Erde fand in den Gerichtsszenen im Neuen Testament (vgl. [[Markus 13#s24 |Mk 13,24-26]]; [[Apostelgeschichte 6#s12 |Apg 6,12-17]]; [[Hebräer 12#s26 |Heb 12,26f.]] [...]) Wiederhall. [...] Am Tag des Herrn vergehen Himmel, Erde und Grundelemente in einem kosmischen Weltenbrand (vgl. [[2Petrus 3#s10 |2Pet 3,10-13]]). Obwohl die Schöpfung, Himmel und Erde (vgl. [[Lukas 16#s17 |Lk 16,17]] [Q]; [[Markus 13#s31 |Mk 13,31]]), diese Welt (vgl. [[1Korinther 7#31 |1Kor 7,31b]]; [[1Johannes 2#17 |1Joh 2,17]]) vergehen werden, wäre das aber nicht das Ende.“</ref>{{par|Psalmen|89|37|38}}{{par|Jesaja|40|8}}{{par|Jesaja|51|6}}{{par|Jesaja|54|10}}{{par|Matthäus|5|18}}{{par|1Petrus|1|24}}
  
 
{{S|32}} Von dem Tag und der Stunde weiß niemand,<ref>Die Formulierung Περὶ τῆς ἡμέρας ἐκείνης ''von jenem Tag'' (περί + Genitiv ''über'') klingt so, als wollte Jesus sagen, dass niemand etwas ''über'' die Geschehnisse am Ende der Zeit macht - was aber ja keinen Sinn macht, da er gerade lang und breit die Geschehnisse am Ende der Zeit referiert hat. Es muss daher gedeutet werden als ''Den Tag oder die Stunde kennt niemand'', also ''den genauen Zeitpunkt allerdings kennt niemand''. Vgl. ähnlich Schenke 2005, S. 299: „Antithetisch schließt 13,32 die Terminfrage ab: Über das hinaus, was Jesus angekündigt hat, kann niemand etwas zum Termin der Vollendung sagen. Sie wird sicher und noch vor dem Vergehen dieser Generation kommen, doch den genauen Tag oder gar die Stunde kennt außer Gott niemand, und Gott bewahrt ihn bei sich.“ Das Motiv der Unbekanntheit des genauen Zeitpunktes findet sich auch in 2Bar 21,8 („[Gott], der du [...] ganz allein der Zeiten Schluß vor seiner Ankunft kennst [...]“ (Rießler)) (vgl. Gnilka 1978, S. 207 - der noch [[Sacharja 14#s7 |Sach 14,7]] und PsSal 17,23 nennt; doch dort steht nur „[der Tag] ist dem Herrn bekannt“ resp. „Laß ihnen ihren König wiederum erstehen, / den Davidssohn, / zur Zeit, die du erkoren, Gott“ (Riessler)). Vgl. noch V. 33.</ref> weder die Boten (Engel)<ref>Sowohl das hebräische {{hebr}}מַלְאָך{{hebr ende}} als auch das griechische ἄγγελος heißt ursprünglich nur „Bote“, wird aber in der Bibel eher selten von menschlichen Boten verwendet, sondern meist von himmlischen Geistwesen, für die sich im Deutschen die Bezeichnung „Engel“ eingebürgert hat. Da sie hier durch „im Himmel“ spezifiziert werden, ist klar, dass dass es sich hier um letztere handelt. Auch das Motiv des Nichtwissens der Engel findet sich häufiger; vgl. [[1Petrus 1#s12 |1Pet 1,12]]; [[Epheser 3#10 |Eph 3,10]]; 4Esra 4,52 („Er (=der Engel) sprach zu mir: / Zum Teil kann ich die Zeichen dir vermelden, / wonach du fragst. / Doch ward ich nicht gesandt, / von deiner Lebensdauer etwas dir zu sagen. / Ich weiß es selber nicht.“ (Rießler)); vgl. Gnilka 1978, S. 207.</ref> im Himmel, noch der Sohn<ref name="Menschensohn" />, allein der Vater.
 
{{S|32}} Von dem Tag und der Stunde weiß niemand,<ref>Die Formulierung Περὶ τῆς ἡμέρας ἐκείνης ''von jenem Tag'' (περί + Genitiv ''über'') klingt so, als wollte Jesus sagen, dass niemand etwas ''über'' die Geschehnisse am Ende der Zeit macht - was aber ja keinen Sinn macht, da er gerade lang und breit die Geschehnisse am Ende der Zeit referiert hat. Es muss daher gedeutet werden als ''Den Tag oder die Stunde kennt niemand'', also ''den genauen Zeitpunkt allerdings kennt niemand''. Vgl. ähnlich Schenke 2005, S. 299: „Antithetisch schließt 13,32 die Terminfrage ab: Über das hinaus, was Jesus angekündigt hat, kann niemand etwas zum Termin der Vollendung sagen. Sie wird sicher und noch vor dem Vergehen dieser Generation kommen, doch den genauen Tag oder gar die Stunde kennt außer Gott niemand, und Gott bewahrt ihn bei sich.“ Das Motiv der Unbekanntheit des genauen Zeitpunktes findet sich auch in 2Bar 21,8 („[Gott], der du [...] ganz allein der Zeiten Schluß vor seiner Ankunft kennst [...]“ (Rießler)) (vgl. Gnilka 1978, S. 207 - der noch [[Sacharja 14#s7 |Sach 14,7]] und PsSal 17,23 nennt; doch dort steht nur „[der Tag] ist dem Herrn bekannt“ resp. „Laß ihnen ihren König wiederum erstehen, / den Davidssohn, / zur Zeit, die du erkoren, Gott“ (Riessler)). Vgl. noch V. 33.</ref> weder die Boten (Engel)<ref>Sowohl das hebräische {{hebr}}מַלְאָך{{hebr ende}} als auch das griechische ἄγγελος heißt ursprünglich nur „Bote“, wird aber in der Bibel eher selten von menschlichen Boten verwendet, sondern meist von himmlischen Geistwesen, für die sich im Deutschen die Bezeichnung „Engel“ eingebürgert hat. Da sie hier durch „im Himmel“ spezifiziert werden, ist klar, dass dass es sich hier um letztere handelt. Auch das Motiv des Nichtwissens der Engel findet sich häufiger; vgl. [[1Petrus 1#s12 |1Pet 1,12]]; [[Epheser 3#10 |Eph 3,10]]; 4Esra 4,52 („Er (=der Engel) sprach zu mir: / Zum Teil kann ich die Zeichen dir vermelden, / wonach du fragst. / Doch ward ich nicht gesandt, / von deiner Lebensdauer etwas dir zu sagen. / Ich weiß es selber nicht.“ (Rießler)); vgl. Gnilka 1978, S. 207.</ref> im Himmel, noch der Sohn<ref name="Menschensohn" />, allein der Vater.
  
{{S|33}} Seid auf der Hut!<ref name="Hut" /> Seid wachsam! - denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt (da) ist.  
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{{S|33}} Seid auf der Hut!<ref name="Hut" /> Seid wachsam! - denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt (da) ist.{{par|Matthäus|24|42}}{{par|Lukas|12|40}}
  
 
{{S|34}} [Es ist]<ref>vgl. Kleist 1937, S. 226: „ὡς ἄνθρωπος: brachylogical; „it is as when...““. Vielleicht aber besser: Vv. 34f. sind ein °Gleichnis°; V. 34 ist dabei die Bild-, V. 35 die Sachhälfte. Vielleicht könnte man daher das ὡς ... οὖν auch deuten als Versprachlichung der Relation von Bild- und Sachhälfte: ''So wie..., so'' (vgl. Louw/Nida 89.50 zu οὖν: „Resultats-marker; impliziert häufig die Konklusion einer Argumentation“ (meine Übersetzung)). Dann also: ''Ebenso, wie wenn ein Mann auf Reisen geht ... und dem Torhüter aufträgt, wachsam zu sein, so sollt auch ihr wachsam sein ...''. Bisher habe ich aber kein gute Beispiel für ein derart verwendetes οὖν gefunden, daher wird man wohl der Lösung von Kleist den Vorzug geben müssen.</ref> wie bei einem Mensch auf Reisen, der, als er das Haus verließ und seinen Knechten die Vollmacht gab (ihre Verantwortungen übertrug)<ref>meist: „Vollmacht“; es ist aber zweifellos gemeint, dass jedem Knecht eine bestimmte ''Tätigkeit'' zugewiesen wird (so wird es ja im nächsten Teilvers auch näher spezifiziert). ''Verantwortung'' nach Muraoka, S.255 („authoritative responsibility“); so gut auch BB, EÜ, GN, NeÜ, NGÜ, Zink: „Verantwortung übertragen“</ref><ref>[http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Partizip#Die_Sinnrichtungen adverbiale Partizipien] aufgelöst als temporale Nebensätze. So löst auch Kleist 1937 auf und so ist es viel sinnvoller; denn der Fokus liegt bei dem Gleichnis ja nicht darauf, dass der Hausherr seinen Dienern Tätigkeiten zuweist und unter anderem auch dem Torhüter die Tätigkeit des Wachehaltens; sondern allein die Tätigkeit des Wachehaltens steht im Fokus. Diese Auflösung entbindet auch von der Notwendigkeit, das Gleichnis für eine nicht gelungene Verschmelzung zweier verschiedener Quellen zu erklären, wie z.B. [http://www.digi20.digitale-sammlungen.de/en/fontsize.3/object/goToPage/bsb00051853.html?pageNo=161&prox=true&phone=true&start=50&ngram=true&context=Luke&hl=scan&mode=simple&rows=10&fulltext=Luke Weder 1978, S. 163] das tut.</ref> - jedem seine [eigene] Aufgabe - {dabei}<ref>partikularisierendes καὶ: Der Torhüter ist bereits in ''seinen Knechten'' inkludiert; nun wird noch einmal gesondert auf den Torhüter Bezug genommen</ref> dem Torhüter gebot, dass er wachsam sei (Wache halte).<ref>Das altjüdische Haus gehörte i.d.R. zu einem ummauerten Häuserverbund mit gemeinschaftlichen Innenhof, dessen vorderer Teil an die Straße reichte. Viele solcher Häuserverbünde hatten hier einen Torhüter postiert; größere und vornehmere Häuserverbünde sogar ein extra Torhäuschen. vgl. z.B. B/S ''ad loc.''</ref>
 
{{S|34}} [Es ist]<ref>vgl. Kleist 1937, S. 226: „ὡς ἄνθρωπος: brachylogical; „it is as when...““. Vielleicht aber besser: Vv. 34f. sind ein °Gleichnis°; V. 34 ist dabei die Bild-, V. 35 die Sachhälfte. Vielleicht könnte man daher das ὡς ... οὖν auch deuten als Versprachlichung der Relation von Bild- und Sachhälfte: ''So wie..., so'' (vgl. Louw/Nida 89.50 zu οὖν: „Resultats-marker; impliziert häufig die Konklusion einer Argumentation“ (meine Übersetzung)). Dann also: ''Ebenso, wie wenn ein Mann auf Reisen geht ... und dem Torhüter aufträgt, wachsam zu sein, so sollt auch ihr wachsam sein ...''. Bisher habe ich aber kein gute Beispiel für ein derart verwendetes οὖν gefunden, daher wird man wohl der Lösung von Kleist den Vorzug geben müssen.</ref> wie bei einem Mensch auf Reisen, der, als er das Haus verließ und seinen Knechten die Vollmacht gab (ihre Verantwortungen übertrug)<ref>meist: „Vollmacht“; es ist aber zweifellos gemeint, dass jedem Knecht eine bestimmte ''Tätigkeit'' zugewiesen wird (so wird es ja im nächsten Teilvers auch näher spezifiziert). ''Verantwortung'' nach Muraoka, S.255 („authoritative responsibility“); so gut auch BB, EÜ, GN, NeÜ, NGÜ, Zink: „Verantwortung übertragen“</ref><ref>[http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Partizip#Die_Sinnrichtungen adverbiale Partizipien] aufgelöst als temporale Nebensätze. So löst auch Kleist 1937 auf und so ist es viel sinnvoller; denn der Fokus liegt bei dem Gleichnis ja nicht darauf, dass der Hausherr seinen Dienern Tätigkeiten zuweist und unter anderem auch dem Torhüter die Tätigkeit des Wachehaltens; sondern allein die Tätigkeit des Wachehaltens steht im Fokus. Diese Auflösung entbindet auch von der Notwendigkeit, das Gleichnis für eine nicht gelungene Verschmelzung zweier verschiedener Quellen zu erklären, wie z.B. [http://www.digi20.digitale-sammlungen.de/en/fontsize.3/object/goToPage/bsb00051853.html?pageNo=161&prox=true&phone=true&start=50&ngram=true&context=Luke&hl=scan&mode=simple&rows=10&fulltext=Luke Weder 1978, S. 163] das tut.</ref> - jedem seine [eigene] Aufgabe - {dabei}<ref>partikularisierendes καὶ: Der Torhüter ist bereits in ''seinen Knechten'' inkludiert; nun wird noch einmal gesondert auf den Torhüter Bezug genommen</ref> dem Torhüter gebot, dass er wachsam sei (Wache halte).<ref>Das altjüdische Haus gehörte i.d.R. zu einem ummauerten Häuserverbund mit gemeinschaftlichen Innenhof, dessen vorderer Teil an die Straße reichte. Viele solcher Häuserverbünde hatten hier einen Torhüter postiert; größere und vornehmere Häuserverbünde sogar ein extra Torhäuschen. vgl. z.B. B/S ''ad loc.''</ref>
  
{{S|35}} Seid also wachsam, denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt<ref>Der Satz ist spannend, denn er steht sowohl auf der Bildseite als auch auf der Sachseite des Gleichnisses (->°Gleichnis°) und bezieht sich sowohl auf die ''Rückkehr'' des Hausherrn als auch als die eschatologisch zu verstehende (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bl Fußnote bl]) ''Wiederkunft'' des ''Herrn'', also des Menschensohnes.</ref> - ob am Abend, zur Mitternacht, zum Hahnenschrei oder im Morgengrauen<ref>''Abend'', ''Mitternacht'', ''Hahnenschrei'' und ''Morgengrauen'' sind die vier Nachtwachenzeiten der Römer (vgl. Thüsing 2011, S. 115); die Zeitangaben passen also ausgesprochen gut zur Aufgabe des Wache-haltens eines Torwächters.</ref> -  
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{{S|35}} Seid also wachsam, denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommt<ref>Der Satz ist spannend, denn er steht sowohl auf der Bildseite als auch auf der Sachseite des Gleichnisses (->°Gleichnis°) und bezieht sich sowohl auf die ''Rückkehr'' des Hausherrn als auch als die eschatologisch zu verstehende (vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Markus_13#note_bl Fußnote bl]) ''Wiederkunft'' des ''Herrn'', also des Menschensohnes.</ref> - ob am Abend, zur Mitternacht, zum Hahnenschrei oder im Morgengrauen<ref>''Abend'', ''Mitternacht'', ''Hahnenschrei'' und ''Morgengrauen'' sind die vier Nachtwachenzeiten der Römer (vgl. Thüsing 2011, S. 115); die Zeitangaben passen also ausgesprochen gut zur Aufgabe des Wache-haltens eines Torwächters.</ref> -{{par|Lukas|12|38}}
  
{{S|36}} damit er, wenn er plötzlich kommt<ref>[http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Partizip#Die_Sinnrichtungen adverbiales Partizip] aufgelöst als temporaler Nebensatze.</ref>, euch nicht schlafend vorfindet.  
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{{S|36}} damit er, wenn er plötzlich kommt<ref>[http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Partizip#Die_Sinnrichtungen adverbiales Partizip] aufgelöst als temporaler Nebensatze.</ref>, euch nicht schlafend vorfindet.{{par|Matthäus|25|5}}
  
{{S|37}} Was ich {aber}<ref name="Konjunktionen" /> euch sage, sage ich<ref>sehr gut GN: „Was ich euch gesagt habe, gilt für alle“.</ref> allen: Seid wachsam!
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{{S|37}} Was ich {aber}<ref name="Konjunktionen" /> euch sage, sage ich<ref>sehr gut GN: „Was ich euch gesagt habe, gilt für alle“.</ref> allen: Seid wachsam!{{par|Apostelgeschichte|20|31}}{{par|1Korinther|16|13}}{{par|1Petrus|5|8}}
  
  

Version vom 25. Februar 2014, 20:54 Uhr

Syntax ungeprüft

SF ungeprüft.png
Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Markus 13)

(kommt später)

Studienfassung (Markus 13)

1 {Und}a als er aus dem Tempel hinausgingb, sagte (sagt)c einer seinerd Jünger zu ihm: „Lehrer! {Sieh nur!}e Was für Steine und was für Gebäude!f

2 Da (Und) sagte Jesus zu ihm: „Siehst du diese großen Gebäude?g Keinesfallsh wird [hier]i gelassen werden Stein auf Stein, der nicht {sicher}h zerstört (herausgebrochen) werden wird.j

3 Als er dann (und als) saßk auf dem (den)l Ölberg gegenüber dem Tempel, fragte[n]m ihn Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas alleinen:

4{Sag uns:}o Wann wird diesp sein? Und was [wird sein] das Zeichen [dafür], wann dies allesp bestimmt ist (im Begriff ist)q, vollendet zu werden (zu enden)r?“


5 Und Jesus sagte zu ihnen ({begann}, zu ihnen zu sagen)s: „Seid auf der Hut (seht zu)t, dass euch niemand irreführt!

6 [Denn]u es werden viele unter meinem Namenv kommen und sagen: Ich bin [es]!v, und sie werden viele irreführen.

7 Wenn ihr {aber} (Ihr dagegen: Wenn ihr)w von Kriegen und Kriegsgerüchten hört,x erschreckt nicht, [denn]u es muss geschehen, doch [es ist] noch nicht das Ende.

8y Denn erheben wird sichz Volk gegen Volk und Reich gegen Reich, Erdbeben werden seinz stellenweise (mancherorts), geben wird esz Hungersnöte. Dies [ist] der Anfang der Wehen.aa


9 Seid auf der Hut (blickt/achtet auf euch selbst)t! Man wird euch (sie werden)ab ausliefernac an Synhedrienad und Synagogenae, ihr werdet geprügelt werden und ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, ihnen zum Zeugnisaf -

10 denn (aber)ag zuerstah muss das Evangelium bei ({bei})ai allen Völkern verkündigt werden.

11 Und wenn man euch abführt (sie euch abführen)ab, um euch auszuliefernaj, sorgt euch nicht im Voraus, was ihr sagen sollt, sondern das, was (was auch immer) euch in jener Stunde eingegeben (gegeben)ak werden wird, das sagt! Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern der heilige Geist.

12 {Und} Ausliefernz wird ein Bruder [seinen] Bruder in den Tod und ein Vater [sein] Kind, und erheben werden sichz Kinder gegen [ihre] Eltern und tötenz werden sie sie.

13Und ihr werdet von allen gehasst werden wegen meines Namens (um meinetwillen, wegen mir)al. Der aber, der bis zum Endeam standhaft bleibt (dies erduldet)an, wird gerettet werden.“


14 Wenn ihr dann {aber}w den Gräuel der Verwüstungao stehenao sieht, wo er nicht [stehen] sollao – der Leser merke auf!ap –, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehenaq;

15 wer auf dem Dach [ist],ar soll nicht ({weder})as hinabsteigen, um ({noch})as hineinzugehen (hineingehen), um etwas aus seinem Haus zu holen;

16 und wer auf demat Feld ist, soll nicht zurückkehrenau, um sein Obergewand zu holen.

17 {Aber}w Wehe denenav, die in jenen Tagenaw schwanger sind oder stillen!

18 {Und} (Darum) Betet, dass es nicht während des Wintersax geschieht!

19 Denn es werden seinz jene Tage eine derartige Bedrängnis, wie sie seit Beginn der Schöpfung, die Gott geschaffen hat,ay bis jetzt nicht geschehen ist und niemals geschehen wirdaz.

20 {Und} Wenn der Herr nicht die Tage verkürzt hätte,ba würde absolut niemandbb gerettet werden, doch um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat,ay hat er die Tage verkürzt.

21 {Und} Sagt dann einer zu euch: {Siehe} Hier [ist] der Christus!bc oder {Siehe} dort [ist er]!bc - glaubt [es] nicht,

22 denn aufstehenz werden falsche Christusse und falsche Propheten, und darbietenbd werden siez Zeichen und Wunder,be um – wenn möglich – die Auserwählten irrezuführen (verführen)bf.

23 {Ihr aber} (Ihr dagegen)bg seid auf der Hutt! Ich habe euch alles vorausgesagt.bh


24 {Aber}w in jenen Tagen,aw nach jener Bedrängnis, wird die Sonne verdunkelt werden (sich verfinstern),bi {und} der Mond wird seinen Schein nicht geben,bj

25 {und} die Stern werden vom Himmel fallen und die Kräftebk in den Himmeln (am Himmel) werden erschüttert werden.

26 Und dann werden sie sehen (wird man sehen, wird erscheinen)bl den in den Wolken kommenden Menschensohnbm, mit großer Machtbn und Herrlichkeitbo.

27 Und dann wird er die Engel aussenden und die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen (Winden)bp vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmelsbq sammeln.


28 Überbr den Feigenbaumbs {aber}w lernt (erfahrt) ein Gleichnis: Sobaldbt seine Zweigebu weich werden bv und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahebw [ist].

29 So auch ihr:bx wenn ihr diesbx geschehen seht, erkennt, dass er (es)bx nahe vor den Toren (vor der Tür)by ist!

30 Amenbz, ich sage euch: Nicht (Keinesfalls)h wird diese Generation (Geschlecht)bz vergehen, bis dies allesca geschehen sein wird.

31 Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehencb.cc

32 Von dem Tag und der Stunde weiß niemand,cd weder die Boten (Engel)ce im Himmel, noch der Sohnbm, allein der Vater.

33 Seid auf der Hut!t Seid wachsam! - denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt (da) ist.

34 [Es ist]cf wie bei einem Mensch auf Reisen, der, als er das Haus verließ und seinen Knechten die Vollmacht gab (ihre Verantwortungen übertrug)cgch - jedem seine [eigene] Aufgabe - {dabei}ci dem Torhüter gebot, dass er wachsam sei (Wache halte).cj

35 Seid also wachsam, denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommtck - ob am Abend, zur Mitternacht, zum Hahnenschrei oder im Morgengrauencl -

36 damit er, wenn er plötzlich kommtcm, euch nicht schlafend vorfindet.

37 Was ich {aber}w euch sage, sage ichcn allen: Seid wachsam!


Anmerkungen

aκαὶ und hat hier die Funktion, Kap. 13 mit der vorangehenden Szene zu verbinden; vgl. Mateos 1987, S. 80. Im Deutschen setzte man in solchen Fällen keine Konjunktion, daher ist sie in der LF besser auszusparen. (Zurück zu v.1)
btemporaler Genitivus absolutus. Da das Präsens λέγει, zu dem es in gleichzeitiger Relation steht, historisches Präsens ist, ist die häufige präsentische Wiedergabe überwörtlich und sollte vermieden werden.
Unter Umständen ist dies hier auch symbolisch zu verstehen: Obwohl Jesus gemeinsam mit seinen Jüngern im Tempel war, wird nur von ihm allein berichtet, dass er den Tempel verlässt, obgleich spätestens V. 1b zeigt, dass auch seine Jünger bei ihm sind. Ähnlich sitzt in V. 3 Jesus gemeinsam mit den vier Jüngern auf dem Ölberg, aber nur von ihm allein wird gesagt, dass er gegenüber dem Tempel sitze (die beiden Verse sind ohnehin parallel, da beide mit Genitivus absolutus einsetzen und beide funktional als setting eines folgenden Jesus-Wortes fungieren). Und beide Verse rahmen das Tempelwort Jesu V. 2. Es wäre also möglich, dass man nicht nur in V. 2, sondern Vv. 1-3 eine „Tempelopposition“ Jesu herauslesen kann und das Hinausgehen Jesu aus dem Tempel ebenso wie das Dem-Tempel-gegenüber-Sitzen Jesu gleichzeitig symbolisch als seine Abwendung von dieser jüdischen Institution verstehen muss (Mateos 1987, S. 87; vgl. auch Martin 2009, S. 464f.) (Zurück zu v.1)
cHistorisches Präsens, vgl. Kmiecik 1997, S. 36; Mateos 1987, S. 81 (Zurück zu v.1)
dεἷς steht hier für τις; vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 150 (Zurück zu v.1)
eDer Ausruf insgesamt und das ἴδε sieh nur speziell sind an dieser Stelle merkwürdig, denn sie kommen aus dem Mund eines Jüngers, der schon mindestens drei Tagen in Jerusalem weilt und nicht etwa gerade zum ersten Mal den Tempel sieht, sondern einen Tempelbesuch beendet (Lohmeyer 1967, S. 268). Da ἴδε als Redeeinleitung ein stehender Begriff zum Ausdruck von Verwunderung ist (ad loc z.B. Bailey 2009, S. 346; ähnlich Pesch 1977, S. 270), sollte man ihn hier besser als bloße Fokuspartikel interpretieren und unübersetzt lassen oder zu einem deutschen Äquivalent greifen (Bailey z.B. schlägt vor: „such (wonderful) stones!“ (S. 357)). So ja auch in vielen Üss. in V. 23. (Zurück zu v.1)
fDer Tempel war Teil einer größeren Tempelanlage (für ein Modell vgl. z.B. Reidinger 2004, S. 13; daher Plural. (Zurück zu v.1)
gCranfield 1959, S. 391f. hat sehr gut die unterschiedlichen Funktionen aufgedröselt, die dieser Satz hier haben könnte:

(i) Wenn βλέπεις [du siehst] unbetont ist, handelt es sich hier - gleich, ob wir den Satz lesen aus Aussagesatz oder als Frage - einfach um das Äquivalent einer auf den Tempel zeigenden Geste. [Im Deutschen wäre die funktional äquivalenteste Übersetzung dann wahrscheinlich etwas à la „Die Gebäude da? Kein Stein...“.] Ist es dagegen betont, könnte die Bedeutung entweder sein (ii) 'Du siehst diese großen Gebäude [jetzt noch, aber es wird eine Zeit kommen, in der] kein Stein...“ oder (iii) 'Du bestaunst diese großen Gebäude, [aber das solltest du nicht, denn] kein Stein...'“ (Unsere Übersetzung)

Cranfield hält (iii) für die wahrscheinlichste Variante, aber angesichts der Verwendung von ἴδε in V. 1 sollte man sich hier vielleicht doch besser für Variante (i) entscheiden. (Zurück zu v.2)
hοὐ μὴ ist eine besonders starke Verneinung, sie dient hier aber nur zur Intensivierung, um Jesu Äußerung sprachlich zu markieren als (sichere) Prophezeiung. Das Deutsche verwendet hierfür andere Konstruktionen. (zu v.2 / zu v.30)
iTextkritik: In ein paar Handschriften fehlt das ὧδε hier; wir folgen der textkritischen Mehrheitsmeinung und damit der Lesart mit ὧδε; vgl. auch Mt 24,4. (Zurück zu v.2)
jDieser Relativsatz wirkt sprachlich etwas merkwürdig (Pesch 1977, S. 271: „überschießend“, „holprig“); seine Deutung hängt ab von der Übersetzung von καταλύω lösen, herauslösen, zerstören: (i) Von einer großen Mehrheit wird καταλύω gedeutet und übersetzt als „zerstören“. In diesem Fall wäre die Konstruktion in etwa vergleichbar mit einer deutschen Konstruktion à la „Er setzt Stein auf Stein, der groß ist“ - normalerweise würde man nicht erwarten, dass „Stein“ auch noch durch einen Relativsatz erweitert wird. Der Sinn wäre trotzdem klar: Die Aussage, dass kein Stein auf dem anderen gelassen werden würde, wird zusätzlich noch durch die Aussage gesteigert, dass jeder Stein zerstört werden würde. In der LF sollte man dann wohl besser mit zwei Sätzen arbeiten, etwa: „Kein Stein wird hier auf dem anderen bleiben: jeder noch so kleine Stein wird zerstört werden.“ (ii) EWNT II, S. 651 schlägt aber ad loc. vor: „herausbrechen“. In diesem Fall machte der Satz grammatisch mehr Sinn (- ist aber auch dann grammatisch immer noch etwas ungewöhnlich -), denn dann würden sich Hauptsatz und Relativsatz auf den selben Sachverhalt beziehen: „Hier wird keinesfalls gelassen werden Stein auf Stein, der nicht herausgebrochen werden wird“. Es läge dann ein Fall von redundantem Relativsatz vor - eine Konstruktion, die man sonst eher aus dem klassischen Griechisch als der Koine kennt (Kleist 1937, S. 143) und die typisch ist für den markinischen Stil (s. allein in diesem Kapitel noch Vv. 19.20) - der ebenso wie wie οὐ μὴ nur der Intensivierung der Aussage dient, also einfach „Kein einziger Stein wird hier auf dem anderen bleiben!“. Ich persönlich würde Möglichkeit (ii) den Vorzug geben, aber da sie meines Wissens noch nicht vorgeschlagen wurde, wird man sich in der LF wohl doch für Möglichkeit (i) entscheiden müssen. (Zurück zu v.2)
ktemporaler Genitivus absolutus (Zurück zu v.3)
lεἰς wird hier verwendet wie ἔν; daher ist es nicht direktional, sondern lokativisch zu übersetzen. Auch dies ist typisch für den markinischen Stil (vgl. ad loc. Turner 1924b, S. 19), aber kein „markinischer Semitismus“, da es sich auch sonst häufiger in der Koine findet (Kleist 1937, S. 225). (Zurück zu v.3)
mTextkritik: Der Singular ἐπηρώτα stößt sich mit der Vierzahl der Fragenden (Pesch 1977, S. 274). Viele Hss haben daher stattdessen den Plural ἐπηρώταν. Dieser Variante ist durchaus der Vorzug zu geben, da das Prinzip praestat difficilior lectio in Fällen, in denen die schwierigere Lesart zu grammatisch falschen Konstruktionen führen würde, keine Gültigkeit hat (West 1973, S. 51). (Zurück zu v.3)
nκατ’ ἰδίαν. Dieser Ausdruck versprachlicht hier das Motiv der Privatoffenbarung / Sonderoffenbarung Jesu an seine Jünger (Witherington 2001, S. 439); in der LF sollte man zu etwas greifen wie „als sie allein/für sich waren“. (Zurück zu v.3)
oDie Redeeinleitung Εἰπὸν ἡμῖν sage uns dient im NT häufiger nur als Bitte um eine Antwort (z.B. Mt 22,17; Lk 20,2; 22,67 u.ö.); im Deutschen entspricht dem funktional eher eine uneingeleitete Frage. (Zurück zu v.4)
pDie Referenz der Demonstrativpronomen ταῦτα dies und ταῦτα πάντα all dies sind in der Exegese umstritten. (i) Die Mehrheitsmeinung ist, dass das erste sich zurückbezieht auf Jesu Prophezeiung in V. 2, das zweite dagegen mehr umfasst als nur die Tempelzerstörung und sich auf das Ende der Welt bezieht. Dieser Deutung liegt die Annahme zugrunde, dass schon die Jünger (und wahrscheinlich auch die historischen Leser) die Tempelzerstörung automatisch auf das Ende der Welt bezogen haben; vgl. z.B. Schenke 2005, S. 289: „ταῦτα ... πάντα meint mehr als nur die Tempelzerstörung, aber diese eben auch. Die Jünger haben Jesu Ankündigung der vollständigen Tempelzerstörung als Ansage eines Teilsaspektes des Eschatons verstanden, und sehr wahrscheinlich bestand auch für die ersten Leser ein solcher Zusammenhang [...].“
(ii) Daneben gibt es auch die Deutung, dass beide sich auf die Tempelzerstörung beziehen und also diese das einzige ist, wonach die Jünger fragen (- und nicht nach dem Ende der Welt). So z.B. France 2002, S. 506; Martin 2009, S. 465f.

(iii) Die dritte Deutung fanden wir bisher nur in der NET: Weil schon das erste ταῦτα im Plural steht, denken die Autoren, dass bereits das erste Pronomen sich auf mehr beziehe als nur die Tempelzerstörung. Diese kann man getrost zurückweisen; οὗτος ist im Singular und Plural in dieser Verwendung gleichbedeutend (Wallace, S. 333).
Die Frage ist sehr wichtig, denn sie gehört zusammen mit der Frage nach der Referenz von Vv. 5b-24: Auch hier ist die Mehrheitsmeinung, dass Jesus (i) sich auf Dinge bezieht, die (auch) mit dem Eschaton zusammenhängen; daneben gibt es aber auch die Interpretation, dass Vv. 5b-23 (ii) ausschließlich die Tempelzerstörung thematisieren.
Beide Fragen lassen sich wohl nicht letztgültig beantworten, aber für Deutung (i) lassen sich mehrere schwächere Evidenzien kumulativ zusammentragen. (1) Das stärkste Argument gegen Deutung (ii) ist, dass in diesem Fall Jesu Rede vom Ende der Welt - das spätestens V. 24-27 ganz zweifellos Thema seiner Rede ist - unmotiviert bliebe. (2) finden sich schon in diesem Vers mehrere Signale, dass ταῦτα dies und ταῦτα πάντα all dies unterschiedlich zu verstehen sind; vgl. Müller 1998, S. 212: „ταῦτα ... πάντα ist offensichtlich mehr als ταῦτα; und während ταῦτα eintritt (ἔσται), wird sich ταῦτα ... πάντα vollenden. Hinzu kommt als zusätzliche Anfrage, welche Zeichen es für „dies alles“ gibt.“ (meine Kursivierung). (3) wird ταῦτα ... πάντα noch öfter verwendet als formelhafte Wendung für das Eschaton (Pesch 1977, S. 275; vgl. noch Dan 12,7; Mk 13,30; Mt 5,18; 23,36; Lk 21,36). (4) gibt es in 5b-23 mehrere Motive, die sich nur sehr gezwungen auf die Tempelzerstörung beziehen lassen; so vielleicht die Messiasprätendenten Vv. 6.21f (vgl. Lohmeyer 1967, S. 271) und die Rede vom „Ende“ Vv. 7.13. V. 8 birst regelrecht vor typisch apokalyptischer Motivik (s. Parallelstellen; bes. die formelhafte Wendung ἀρχὴ ὠδίνων Anfang der Wehen); ebenso V. 12. V. 14 ist wohl auf den Antichristen zu beziehen, s. dort. Auch das Motiv der Noch-nie-Dagewesenheit V. 19 ist typisch eschatologisch; ebenso das Motiv der abgekürzten Zeit V. 20.

Aus all diesen Gründen ist Deutung (ii) doch sehr unwahrscheinlich. Darauf, dass Jesus in 5b-23 in erster Linie auf die zweite Frage antwortet, weist weiterhin das Textmerkmal, dass er in diesem Redeabschnitt dreimal dass Fragewort ὅταν aufgreift (Vv. 7.11.14; vgl. auch das ἐάν in V. 21), mit denen die Jünger die zweite, nicht aber die erste Frage einleiten.
Vgl. außerdem noch Fußnote bh (zu v.4)
qμέλλῃ bedeutet sowohl „im Begriff sein“ (als Ausdruck für die nahe Zukunft) als auch „vorherbestimmt sein“ (EWNT II, S. 994: „Schließlich kann μ. die im göttlichen Ratschluß begründete Notwendigkeit eines Geschehens und damit dessen sicheres Eintreten ausdrücken.“). Die Übersetzungen variieren daher; z.B. Jantzen: „wann das alles im Begriff ist, vollendet zu werden“ vs. SLT: „wann dies alles vollendet werden soll.“ Wegen den in der letzten Fußnote beschriebenen Zusammenhängen ist hier die zweite Bedeutung wahrscheinlicher. (Zurück zu v.4)
rσυντελέω vollenden ist hier apokalyptisch zu verstehen (EWNT III, S. 742). Matthäus macht dies explizit: Mt 24,3 τί τὸ σημεῖον τῆς σῆς παρουσίας καὶ συντελείας τοῦ αἰῶνος Was [wird sein] das Zeichen für deine Wiederkunft (παρουσία, =Parusie) und für das Ende (συντελεία) der Welt{zeit}? (Zurück zu v.4)
sHöchstwahrscheinlich pleonastisches ἄρχομαι - eine Stileigentümlichkeit des Mk (vgl. Doudna 1961, S. 51ff.; Kleist 1937, S. 205; Pryke 1978, S. 79ff.; Reiser 1983, S. 45): Beginnen wird redundant gesetzt und kann in der Übersetzung ausgespart werden, indem der Infinitiv stilistisch besser als Vollverb übersetzt wird. Ad loc. dagegen Dschulnigg 2007, S. 338; allerdings ohne Begründung. (Zurück zu v.5)
tβλέπω sehen, achtgeben ist in diesem Kapitel ein Leitwort (Vv. 5.9.23.33). Es ist ein übliches paränetisches Motiv (=üblicher Bestandteil von „Mahnreden“) und dient hier dazu, die Hörer/Leser zum richtigen Verhalten in der (vor-)eschatologischen Zeit aufzurufen (z.B. Schenke 2005, S. 291). Als Leitwort sollte es in den vier Versen am Besten je gleich übersetzt werden; die beste Formulierung, die mir dazu einfällt und die sich in jedem Vers verwenden lässt, ist „seid auf der Hut!“. (Zurück zu v.5 / zu v.9 / zu v.23 / zu v.33)
uTextkritik: Einige MSS ergänzen in Vv. 6.7 γάρ denn; so dann z.B. auch Tregelles. Es ist in beiden Fällen für unsere Zwecke aber gar nicht nötig, zu einer textkritischen Entscheidung zu kommen, denn dass V. 6 zur Explikation von V. 5 und V. 7c zur Explikation von V. 7b dient, wäre auch ohne diese γάρs klar; „denn“ oder ein Äquivalent sollte daher allein schon aus stilistischen Gründen besser ergänzt werden. Reiser 1983, S. 143 erläutert denn auch die zweite Stelle als „asyndetische Parataxe bei kausalem Verhältnis“. (Zurück zu v.6 / zu v.7)
vAuch diese beiden strittigen Sätzchen werden von Cranfield 1959, S. 395 gut in ihre möglichen Bedeutungen aufgedröselt:

„ἐπὶ τῷ ὀνόματί μου [unter meinem Namen] ist am natürlichsten zu deuten als (i) 'sie berufen sich auf mich als Autorität', aber es kann auch bedeuten (ii) 'Sie schreiben sich selbst den Messias-titel zu, der rechtmäßig mir gebührt.' [...] Die Worte λέγοντες ὅτι Ἐγώ εἰμι [die sagen: Ich bin [es]] sind ähnlich mehrdeutig. Sie könnten bedeuten (a) 'die sagen „Ich bin“' - d.h. sie behaupten, der Messias zu sein (vgl. Joh 4,26 und Matthäus' hierige Ergänzung von ὁ χριστός [=der Christus], Mt 24,5) [...], (b) 'die sagen „Ich bin es“', also ganz ähnlich wie (a), aber mit Fokus auf der Idee der Gegenwart des Messias; (c) 'die sagen, dass ich es sei' - d.h., die sagen, dass ich (Jesus) gekommen wäre [...], (d) 'die sagen, dass ich (Jesus) (der Christus) bin' - das aber kann man ausschließen, denn das wäre ja keine Irreführung; (e) 'die sagen, dass sie ich seien' - in dem Sinne, dass Betrüger behaupten, Jesus zu sein.“

Mit Abstand am wahrscheinlichsten (und auch die Mehrheitsmeinung) ist die Kombination von (ii) und (a): Die beiden Sätze interpretieren sich gegenseitig: die zweite Aussage ist eine Identitätsproklamation („Ich bin X“), und dieses „X“ ist zu füllen durch ἐπὶ τῷ ὀνόματί μου unter meinem Namen, also „unter Inanspruchnahme des Messiastitels, der rechtmäßig mir gebührt“ (vgl. gut Kmiecik 1997, S. 42; Pesch 1977, S. 279). Sinngemäß bedeutet der Vers also: „Denn es werden viele kommen und behaupten, der Messias zu sein - dabei bin das doch in Wirklichkeit ich!“, oder einfach „Viele Messiasprätendenten werden auftreten“. (zu v.6)
wEigentümlich für den markinischen Stil - dennoch aber gut Griechisch (die Konstruktion findet sich z.B. auch bei Plutarch und Thukydides) - ist, dass gelegentlich Konjunktionen nicht in ihrer Konjunktions-bedeutung verwendet werden, sondern bloß als Trennungszeichen von Sätzen und Textabschnitten fungieren (vgl. z.B. Reiser 1983, S. 99f.160f). Diese Konjunktionen und Partikeln sind im Deutschen oft besser auszusparen. Dazu gehören in Kap. 13:
  • V. 7: δέ aber - denn V. 7 ist integraler Bestandteil des Abschnitts Vv.5-8, vgl. Kommentar (gegen Mateos 1987, S. 201f., der denkt, δέ würde hier die vielen, die sich täuschen lassen (V. 6) mit den Jüngern, die sich eben nicht täuschen lassen sollen (V. 7), konstrastieren (daher obige Alternative „ihr dagegen: wenn ihr“). Die kontrastierende Funktion wäre dann wahrscheinlich (und in der Tat eine schöne Deutung), wenn auch ihr in V. 7 durch ein Pronomen ausgedrückt wäre; bei bloßer 2.Person Plural aber nicht).
  • V. 14: δέ aber; vgl Mateos 1987, S. 374; Thrall 1962, S. 59
  • V. 17: δέ aber - V. 17 ist ein apokalyptischer Klageruf, der gattungstypisch semantisch nicht mit dem umliegenden Text zusammenhängt.
  • V. 23: δέ aber - vgl. Fußnote bg.
  • V. 24: ἀλλά - V. 24 wird gern kommentiert mit „Mit „aber“ [...] wird die große Wende eingeleitet“ (Gnilka 1978, S. 200) o.Ä. Es sollte hier aber nicht zu viel von ἀλλά abgeleitet werden - zwar beginnt hier in der Tat ein neuer Textabschnitt (s. Kommentar), aber die Kontinuität mit dem vorangehenden Abschnitt ist doch gewährleistet durch ἐν ἐκείναις ταῖς ἡμέραις in jenen Tagen (schon V. 17) und μετὰ τὴν θλῖψιν nach jener Drangsal (vgl. V. 19). vgl. auch Mateos 1987, S. 331. Ebenso wie δέ in Vv. 14.28 fungiert hier ἀλλά als Abschnittstrenner.
  • V. 28: δέ aber; denn es gibt nichts vorangehendes, womit durch δέ kontrastiert werden könnte. vgl. auch Mateos 1987, S. 374; Thrall 1962, S. 59
  • V. 37: δέ aber hebt den letzten Vers als abschließendes Fazit vom vorangehenden Textteil ab.
Zu ἀλλά vgl. noch Pape 100; zu δέ Muraoka, S. 140. (Zurück zu v.7 / zu v.14 / zu v.17 / zu v.24 / zu v.28 / zu v.37)
xAls Kommunikationssituation des Markus-Evangeliums wird bes. im Zhg. mit Kap. 13 oft rekonstruiert, dass Pseudopropheten und Messiasprätendenten auftraten und die zeitgeschichtlichen Umstände (-> Jüdischer Krieg) als eschatologische Zeichen interpretierten; Markus aber vor diesen Interpretationen warnen und sie „in gemäßigtere Bahnen lenk[en]“ will (Kmiecik 1997, S. 83). Das macht Sinn und es erklärt den Zusammenhang zwischen Vv. 5f und 7: „Gebt acht, dass ihr nicht von Messiasprätendenten in die Irre geführt werdet. Wenn diese behaupten, die Kriege und Kriegsgerüchte seien der Anfang vom Ende, dann erschreckt nicht: Diese Kriege müssen in der Tat eintreten, bevor das Ende naht - aber sie sind noch nicht selbst das Ende.“ (Zurück zu v.7)
yTextkritik: V. 8 ist von der Textgestalt in den Hss. sehr instabil; vgl. genauer Wilckens 2014, S. 514-6. Wir folgen NA28. (Zurück zu v.8)
zVerb in Satzspitzenstellung als eine für Prophezeiungen typische emphatische Ausdrucksstellung; vgl. Reiser 1983, S. 94. Dieses Stilmittel parallelisiert Vv. 8.12.19.22, die ohnehin strukturell parallel fungieren (vgl. Kommentar). Im Deutschen sollte dies nicht nachgeahmt, sondern zu einem stilistischen Äquivalent gegriffen werden. (zu v.8 / zu v.12 / zu v.19 / zu v.22)
aaapokalyptische Formel, die v.a. in der rabbinischen Literatur gebräuchlich ist. Die (Geburts-)wehen stehen für die Zeit der Not, die vor dem Einbruch der schönen Endzeit ertragen werden müssen (so fast alle Kommentare). (Zurück zu v.8)
abimpersonaler Plural; vgl. ad loc. Turner 1924a, S. 382. Pryke 1978, S. 107 hält es hier für ein Passivsubstitut, aber das ist angesichts der direkt folgenden Passivformen nicht sehr wahrscheinlich. (Zurück zu v.9 / zu v.11)
acπαραδίδωμι ausliefern wird im Mk neben den Vorkommen in Mk 13 nur zweimal nicht von der Passion Jesu gesagt; es ist also eine Vokabel aus der Passionstheologie - die Überlieferung der Jünger Jesu wird parallelisiert mit der „eschatologisch[en] Preisgabe des Menschensohns an die Menschen“ (EWNT III, S. 46; vgl. ad loc. auch Thüsing 2011, S. 111). (Zurück zu v.9)
adDas Wort συνέδριον kennt man sonst v.a. aus der Passionserzählung; er bezieht sich dort in der Einzahl auf den Sanhedrin, den jüdischen Hohen Rat. Die hierige Mehrzahl συνέδρια dagegen legt nahe, dass die Rede von kleineren jüdischen Lokalgerichten die Rede ist; vgl. ThW VII, S. 864f. - es wäre also sowohl bei den Synhedrien als auch bei den Synagogen von jüdischen Instanzen die Rede; es folgten dann in V. 9 auf zwei jüdische Instanzen zwei nicht-jüdische Instanzen. (Zurück zu v.9)
aeεἰς kann in der Koine verwendet werden wie ἔν und umgekehrt; abhängig davon ließe sich der Satz auflösen als (i) „Man wird euch ausliefern, in Synhedrien und Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so z.B. Cranfield 1959, S. 397; Pesch 1977, S. 183; Turner 1924b, S. 19), (ii) „Man wird euch an Synhedrien und Synagogen ausliefern, ihr werdet geprügelt werden“ (so Mateos 1987, S. 236) oder (iii) „Man wird euch ausliefern an Synhedrien, in Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so die Mehrheit). Angesichts der parallelen Konstruktion von εἰς συνέδρια und εἰς συναγωγὰς mit εἰς wird man wohl Mateos (=ii) zustimmen müssen. Dies erleichtert auch das Verständnis vom „Prügeln“, denn obwohl die Prügelstrafe u.a. auch von Lokalgerichten und Synagogen verhängt werden durfte, wäre ein Prügeln in Synagogen doch eher ungewöhnlich. (Zurück zu v.9)
afDie Bedeutung dieses Nachsatzes ist etwas unklar. (1) ist nicht klar, ob αὐτοῖς ihnen sich auf die Statthalter und Könige bezieht oder auf die Auslieferer, Prügler, Statthalter und Könige, (2) lässt sich aus V. 9 allein nicht erkennen, worauf dies ihnen zum Zeugnis sich eigentlich beziehen soll. Die Mehrheitsmeinung bei der Interpretation von V. 10 ist aber, dass er parenthetisch das ihnen zum Zeugnis auslegt und Zeugnis also auf die „Verkündigung“ zu beziehen ist; und da man durch Ausgeliefert-werden und Geprügelt-werden keinen direkten Beitrag zur Verkündigung leistet, bedeuten Vv. 9c.10 wohl sinngemäß: „Ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, um ihnen zu verkündigen; denn erst muss auf der ganzen Welt das Evangelium verkündigt werden.“ (Zurück zu v.9)
agKausales καὶ; vgl. Reiser 1983, S. 127; Wilckens. (Zurück zu v.10)
ahrecht sicher i.S.v. „vor dem Ende“ (Zurück zu v.10)
aiεἰς wird hier verwendet wie ἔν; vgl Cranfield 1959, S. 199; Turner 1924b, S. 20 (Zurück zu v.10)
ajfinal aufgelöstes adverbiales Partizip, so auch Schenke 2005, S. 290 („zur Auslieferung vorführen“); vgl. auch Mateos 1987, S. 237. Auch Jantzen u.a. Üss. Die Jünger sollen sich im Vorfeld ihres Ausgeliefert-werdens keine Sorgen machen. So stimmt es ja auch zusammen mit προμεριμνᾶτε sorgt euch nicht im Voraus. (Zurück zu v.11)
aktheologischer Passiv, eigentlich also besser „das, was Gott euch in jener Stunde eingeben wird“. Vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 151 (Zurück zu v.11)
alwie im Hebräische dient auch in der Koine Name als Wechselbegriff für den Namensträger, also wegen meinem Namen = wegen mir. (Zurück zu v.13)
am(i) Die Mehrheitsmeinung - der auch hier zuzustimmen ist - ist, dass das Ende sich auf das Eschaton, das Ende der Zeit, bezieht. Daneben hat (ii) Cranfield 1959, S. 401 die Bedeutung völlig, komplett vorgeschlagen; (iii) Ernst 1963, S. 377f. hält es für doppelsinnig und bezieht es neben dem Eschaton auch auf das Lebensende jedes einzelnen Jüngers. (ii) ist sehr unwahrscheinlich - die Wiederholung der in V.7 deutlich eschatologisch verwendeten Vokabel ist zu auffällig für diese Interpretation. (iii) ist möglich, aber aus dem selben Grund nicht sehr wahrscheinlich. (Zurück zu v.13)
anὑπομένω steht nicht nur für ausharren i.S.v. warten, sondern - bes. hier - für das Ertragen und Erdulden von Leiden; vgl. EWNT III, S. 968 (Zurück zu v.13)
aoVers 14 ist völlig rätselhaft. Rätselhaft ist (1) der Ausdruck βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως, der standardmäßig übertragen wird mit Gräuel der Verwüstung; etwas rätselhaft ist (2) der Wechsel vom Neutrum βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως zum Maskulinum ἑστηκότα , der steht und rätselhaft ist außerdem (3) auch die Ortsangabe ὅπου οὐ δεῖ, die standardmäßig übertragen wird mit wo er nicht darf.

(i) Die Standard-Interpretation ist diese: (1) βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως ist ein Verweis auf Dan 9,27; 11,31; Dan 12,11 LXX; 1Makk 1,54. In den alttestamentlichen Texten ist die Entsprechung שִׁקּוּץ שֹׁמֵם. Das hebräische שִׁקּוּץ ist eine verächtliche Bezeichnung für Götzen und Götzenkulte (Ges18, S. 1381f) und שֹׁמֵם ist ein Verbaladjektiv mit der Bedeutung verwüstend (Ges18, S. 1380) - also rein lexikalisch der verwüstende Götze oder der verwüstende Götzenkult. Historisch macht das Sinn, den in den besagten Texten ist wohl die Rede von der Statue des Zeus, die Antiochus Epiphanes 168 v.Chr. im Tempel aufstellen ließ. Das griechische βδέλυγμα dagegen bezeichnet meist allgemein das, was Gott ein Gräuel ist (EWNT I, S. 502) und das griechische τῆς ἐρημώσεως wäre entsprechend dem Hebräischen zu deuten als Genitiv des Produkts, also das Gräuel, das Verwüstung hervorbringt.
(2) Weil diese übernommene Neutrum-Phrase modifiziert wird vom maskulinischen Partizip ἑστηκότα , der steht, heißt es meist, dass V. 14a ad sensum konstruiert sei und man deshalb bei βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως wohl an eine Person denken müsse, nämlich den Antichristen - was gut mit der Konnotation „Götze“ des Hebräischen zusammenstimmt.
(3) ὅπου οὐ δεῖ wo er nicht darf weiterhin wird meist mit Mt 24,15 bezogen auf den Tempel, also sinngemäß: „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht“, was außerdem zusammenstimmt mit 2Thess 2,3ff: „Zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt.“ ()
Diese Interpretation hat einige Schwierigkeiten; allen voran die der Chronologie: Wenn wahrscheinlich das Mk-Ev und sicher das Mt-Ev die Tempelzerstörung bereits im Blick haben, würde „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht...“ bedeuten, dass der Antichrist bereits aufgetaucht sei, da der Tempel ja schon zerstört ist. In der frühchristlichen Literatur hat sich daher die Tradition entwickelt, dass zunächst der Tempel wieder erbaut werden und dann der Antichrist im Tempel auftauchen würde; vgl. z.B. Bossuet 1983, S. 105.).

(ii) Pesch 1977, Schenke 2005 und Thüsing 2011 versuchen daher eine andere Interpretation; sie denken bei βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως nicht an den Antichristen, sondern an zeitgeschichtliche Geschehnisse zur Zeit des jüdischen Krieges. Pesch lässt die genaue Referenz offen, da sie nicht genau bestimmt werden könne; Schenke denkt an die Schreckensherrschaft der Zeloten im Tempel ab 65/66 n.Chr. und Thüsing an die römischen Feldzeichen, die die Römer nach der Eroberung Jerusalems im Tempel aufstellten und auf denen Götzenbilder abgebildet seien. Diese Interpretation kommt mit der Chronologie wohl besser zurecht, dafür hat sie aber die grammatische Schwierigkeit die ad-sensum-Konstruktion (s.o. unter (2)); v.a. aber fügt sich diese Interpretation schlecht in den Kontext des Abschnitts, denn spätestens V. 19 macht ja deutlich, dass hier eben nicht an „zeitgeschichtliche Ereignisse gedacht wird“ (Pesch), sondern an apokalyptische Geschehnisse. Weil Interpretation (ii) außerdem noch eine Minderheitenmeinung ist, wird man den Schwierigkeiten zum Trotz dennoch Interpretation (i) den Vorzug geben müssen. (zu v.14)
apDiese Parenthese wird meist redaktionsgeschichtlich gedeutet: Der Grundstock von Mk 13 stamme aus einem apokalyptischen Flugblatt und Mk habe diese Anrede an den Leser des Flugblattes einfach in die wörtliche Rede Jesu übernommen. Das ist nicht sehr wahrscheinlich; es wäre sehr schwer begreiflich, wie es dem Verfasser des Mk nicht aufgefallen sein sollte, dass diese Parenthese so verstanden nicht in die wörtliche Rede Jesu passt. Es gab daher diverse Versuche, die Parenthese durch eine andere Interpretation mit der Kommunikationssituation in Einklang zu bringen. Die elaborierteste ist wohl die von Perkins 2006: Dieser verweist (1) darauf, dass Jesus häufiger seine Zuhörer in der 3. Person anspricht (also wie in der Leser), vgl. z.B. Mk 4,9. 23; 8,34. (2) glaubt er, ein Muster entdeckt zu haben, demgemäß Jesus häufiger in der Diskussion mit Gesprächspartnern auf Schriftstellen aus dem AT referiert, dass demgemäß das der Leser zu beziehen sei auf seine aktuellen Hörer, „die die Danielstellen, die mit dem „Gräuel der Verwüstung“ zusammenhängen, lesen“ (S. 104) und das der Leser merke auf demzufolge zu interpretieren sei als ihr, die ihr die Danielstellen lest, auf die ich mich gerade bezogen habe: Lest sie verständig im Lichte der Interpretation, die ich gerade geboten habe. Das ist sehr gezwungen und daher genau so unwahrscheinlich. Wir müssen die Bedeutung dieser Stelle offen lassen. (Zurück zu v.14)
aqDas Motiv der Flucht ins Gebirge ist ein häufigeres Motiv; vgl. z.B. 1Makk 2,28 (s. z.B. Gnilka 1978, S. 195f); umgekehrt kennt man auch das Motiv der Flucht aus dem Umland in die Hauptstadt, vgl. z.B. Jer 4,1ff. (s. z.B. Pesch 1977, S. 292). (Zurück zu v.14)
arDas altjüdische Haus hatte ein von außen begehbares Dach (eine schöne Darstellung findet sich im Kregel Pictorial Guide to Everyday Life in Bible Times), das man vor allem in der Freizeit benutzte (z.B. um zu schlafen). Für die LF würde ich „Dachterasse“ vorschlagen (so auch NeÜ; ähnlich KAM: „Terasse“. Gut auch Knoch: „Flachdach“) (Zurück zu v.15)
asNatürlich muss der auf dem Dach hinabsteigen, um in die Berge fliehen können; μηδὲ hat daher hier negative finale Bedeutung (vgl. Smyth 2193b). Die Satzstruktur lässt sich nicht in die LF übernehmen, man muss zu etwas greifen wie „Wer auf dem Dach ist, soll sich nicht erst noch hinuntersteigen, um hineingehen, um sich etwas aus dem Haus zu holen“ (zu v.15)
atWieder wird εἰς wie ἔν verwendet. (Zurück zu v.16)
auW. soll sich nicht zurückwenden nach zurück; gemeint ist sicher „nach Hause zurückkehren“. (Zurück zu v.16)
avWehe denen: Gattungstypische Einleitung eines apokalyptischen Klagerufs (vgl. z.B. Offb 18,16.19); das Schicksal der „schwächsten Glieder der Fluchtgeneration“ (Ernst 1963, S. 381) - der Schwangeren und Stillenden - wird in Form einer Weheruf-parenthese beklagt. Das beste Äquivalent wäre eine Übertragung ähnlich der von BB („Wie schrecklich wird diese Zeit für die Frauen sein, die gerade ein Kind erwarten oder stillen!“) und NGÜ („Wie schwer werden es die Frauen haben, ...!“). (Zurück zu v.17)
awin jenen Tagen: Stereotype alttestamentliche Phrase, die häufig in eschatologischen Kontexten verwendet wird; s. z.B. Jer 3,16.18; 31,29; 33,15f.; Joel 3,1; Sach 8,23 u.ö. (Zurück zu v.17 / zu v.24)
axDer Verweis auf den Winter wird meist darauf bezogen, dass der Winter in Palästina die Regenzeit ist und starke Regenfälle die Flucht erschweren. Vielleicht liegt aber wirklich die Kälte im Fokus: Israel liegt zwar hauptsächlich in einer subtropischen Klimazone, aber in höher gelegenen Regionen - zu denen auch Jerusalem und natürlich erst recht die Berge gehören - kann es winters durchaus so kalt werden, dass es zu Schneefällen kommen kann (2013 gab es sogar einen Ausnahme-Schneesturm, wegen dem selbst in Jerusalem bis zu 50 cm Schnee lagen). Das würde auch erklären, warum V. 16 die Rede vom Mantel ist; vielleicht sollte man daher das δὲ besser als kausales δὲ deuten: Darum betet, dass es nicht winters geschieht! (Zurück zu v.18)
ayredundanter Relativsatz. Kein Semitismus oder Septuagintismus (gegen Cranfield 1959, S. 404); die Konstruktion kennt man auch sonst im Griechischen (vgl. z.B. Chariton, Chaireas und Kallirhoe 7,2,4 τῆς Ἀθηναίων δυστυχίας, ἣν ἐδυστύχησαν ἐν τῷ πολέμῳ τῷ Σικελικῷ das Leid der Athener, an dem sie litten im sizilischen Krieg); vgl. auch Kleist 1937, S. 143f. „Redundant“ ist eigentlich ungenau; die Konstruktion dient dazu, das durch den Relativsatz modifizierte Satzglied zu spezifizieren; bei Chariton also etwa Der Athener Leid während dem sizilischen Krieg; Mk 13,19 seit Beginn von Gottes Schöpfung; Mk 13,20 um seiner/der von ihm Auserwählten willen. (Zurück zu v.19 / zu v.20)
azοὐ μὴ + Aorist Konjunktiv: stärkstmögliche griechische Konstruktion zur Negierung eines zukünftigen Geschehnisses; vgl. Wallace, S. 468. Der Vers verdichtet den Topos des Nochniedagewesenen (Pesch 1977, S. 293); vielleicht sollte man in der LF statt zu einer wörtlichen Üs. besser zu einem Äquivalent greifen wie „eine solche Drangsal, wie sie noch nie geschehen ist - früher nicht, heute nicht und nimmermehr!“ oder einfach „eine Drangsal, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.“ (Zurück zu v.19)
bazum Motiv der verkürzten Zeit vgl. Ernst 1963, S. 381f.: „Die Verkürzung der Zeit ist ein bekanntes Motiv (vgl. 4Esra 4,26; 2Bar 20,1; 1Hen 80,2; Barn 4,3), dessen Wurzeln im Geschichtsverständnis der Apokalyptik liegen. Der Herr hat den Ablauf in einem Plan festgelegt. Auch die Drangsale der Endzeit unterliegen dem unausweichlichen „es muß geschehen“; der Geschichtsdeterminismus ist freilich durch die Rückführung auf den Willen Gottes, der aus Barmherzigkeit die Drangsale verkürzen kann, relativiert.“ (Zurück zu v.20)
bbKombination zweier Septuagintismen; vgl. Cranfield 1959, S. 404; Doudna 1961, S. 105f: W. nicht ... jedes Fleisch = nicht jeder i.S.v. keiner + jedes Fleisch i.S.v. jeder, also „absolut keiner“. In Mk 13 ist dies die einzige Stelle, die ich für einen eventuellen Semitismus halten würde. Dahin weist auch, dass κύριος im NT nur in AT-Zitaten oder Nachahmungen des Septuaginta-Stils ohne Artikel verwendet wird; vgl. Mateos 1987, S. 287. (Zurück zu v.20)
bcBailey 2009, S. 360 hat die beiden Ausrufe sehr gut analysiert: Fokalisiert ist in beiden jeweils der Lokativ (Hier + dort); sie sind also konstruiert wie eine Antwort auf die unausgedrückte Frage „Wo ist der Christus?“. ἴδε fungiert dabei als bloßer Fokuspartikel und sollte im Deutschen ausgespart werden. So jedenfalls wäre der Satz grammatisch zu analysieren. V. 22 macht aber deutlich, dass dieses Hier! und dort! auf die verschiedenen Pseudo-christusse verweisen soll; also sinngemäß eher „Dieser hier ist der Christus!“ und „jener dort ist der Christus!“. Ich denke aber, dass das auch bei wörtlicher Übersetzung klar herauskommt. (zu v.21)
bdZur Bedeutung „darbieten“ für δίδωμι vgl. Mateos 1987, S. 288. Einige Hss haben ποιήσουσιν statt δώσουσιν, aber die Kombination von σημεῖον mit ποιέω findet sich sonst nirgends in den synoptischen Evangelien (dafür häufiger in Joh); daher und wegen der weit besseren Bezeugung ist δώσουσιν der Vorzug zu geben. (Zurück zu v.22)
bepleonastischer formelhafter Ausdruck. Das Wort τέρας Wunder wird von den Synoptikern einzig hier und in der Parallelstelle Mt 24,24 verwendet. Auffällig ist, dass es auch im Joh nur einmal (Joh 4,48), ebenfalls in Verbindung mit σημεῖον und scheinbar ebenfalls in abwertender Weise, verwendet wird - „„Wunder“ sind genau das, was man von Gott nicht erwarten darf. Die heidnischen Griechen verstanden unter τέρας meist ein Staunen und Schrecken erregendes, exorbitantes Wunderzeichen, vor allem kosmischer Art [...].“ (Fuller 1969, S. 23). Vielleicht kann man diese Konnotation des Exorbitanten und des Abwertenden besser übertragen durch etwas wie „Mirakel und Wunderwerke“; vielleicht sogar „Mirakel und Spektakel“, aber das geht wohl einen Schritt zu weit. (Zurück zu v.22)
bfDas Verb ἀποπλανάω hat hier „die Bedeutung eschatologischer Verführung“ (EWNT III, S. 236) (Zurück zu v.22)
bgAuch in V. 23 scheint δὲ nur den Beginn eines neuen Satzes zu markieren. Möglich wäre aber auch dies: Der Einschub εἰ δυνατὸν wenn möglich in V. 22 könnte theoretisch auch bedeuten wo/bei wem immer das möglich ist (=ihnen das gelingt); in diesem Fall würde das δὲ in V. 23 die Jünger mit den Erwählten, bei denen das Irreführen gelingt, kontrastieren. In diesem Falle wäre außerdem das πρὸς in V. 22 resultativ zu deuten, also etwa „falsche Christen und Propheten werden Mirakel und Spektakel veranstalten und so all jene Erwählten verführen, bei denen es ihnen gelingt. Ihr dagegen: Seid auf der Hut...“ - So aber m.W. niemand und es ist diese Verwendung von εἰ auch eher selten, daher können wir getrost bei der angegebenen Standard-übersetzung bleiben. (Zurück zu v.23)
bhCranfield 1959, S. 405 wendet gegen die Deutung, die anscheinend den meisten Interpretationen unausgesprochen zugrunde liegt: „Der Satz muss nicht notwendigerweise bedeuten, dass Jesus seinen Jüngern hiermit eine detaillierte Vorhersage der Zukunft geliefert hat - es könnte auch ganz einfach bedeuten: „denn ich habe euch hiermit gewarnt!““ (meine Übersetzung). Wahrscheinlicher scheint mir aber folgendes: Im ganzen Kapitel werden die Pronomina ταῦτα, πάντα und ταῦτα πάντα sehr merkwürdig verwendet; vgl. Fußnote p und Fußnote bx. Ich habe dafür keine Erklärung, aber mit Abstand am kohärentesten ist Kap. 13, wenn man jeweils das ταῦτα in Vv. 4.29 (und außerdem das Auftreten des Gräuels der Verwüstung im Tempel V. 13 (vgl. Fußnote ao)) auf die Zerstörung des Tempels bezieht und das πάντα und ταῦτα πάντα (Vv.4.23.30) auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit. Es ist beinahe so, als habe der Redaktor von Mk 13,2-37 eine merkwürdige Scheu davor, „Zerstörung des Tempels“ und „Eschaton“ (das ja auch sonst bloß angedeutet wird mit dem Verweis auf den Zeitpunkt (Ende, Vv. 7.13; in jenen Tagen, Vv. 17.24; ähnlich V. 32)) auszusprechen. Entsprechend wäre dann auch hier das πάντα auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeiten zu beziehen, die Jesus seinen Jüngern in Kap. 13 voraussagt. (Zurück zu v.23)
biIn den Vv. 8.12.19.22 findet sich viermal die für Prophezeiungen charakteristische Verbspitzenstellungen (vgl. Fußnote z. In V. 24f. dagegen findet sich gleich vier Mal die Wortfolge S-O (vgl. Reiser 1983, S. 94) (Zurück zu v.24)
bjFinsternis ist ein stereotyper eschatologischer Topos; vgl. Jes 13,19f; Joel 2,2 (z.B. Thüsing 2011, S. 114). (Zurück zu v.24)
bkDie δυνάμεις sind mythische kosmische Mächte. Wahrscheinlich ist diese Vorstellung noch ein Reflex aus der Zeit, als die Himmelskörper auch in Israel als göttlich angesehen wurden. In der nachbiblischen Zeit wurden sie als „Engel“ interpretiert (bes. wichtig: Dionysius Areopagita: CH 8,1); heute stellen sie in der Engellehre sozusagen „ganz offiziell“ einen der Neun Englischen Chöre: die virtutes, die dafür verantwortlich sind, in Gottes Auftrag Wunder zu wirken. Vermutlich stammt das Bild noch aus der Apokalypse-Schilderung in Jes 34,4. (Zurück zu v.25)
blimpersonaler Plural; vgl. z.B. Martin 2009, S. 477; daher besser wird man sehen. Noch besser aber: ὁράω im Medium ist ein formelhafter Offenbarungsterminus, der v.a. im Zhg. mit Christi Auferstehung verwendet wird; daher wird erscheinen. Ähnlich ist ἐρχόμενον in der hierigen Verwendung ein eschatologischer Terminus (s. Mk 11,9f; 12,9; 13,35; 14,62; vgl. Kleist 1937, S. 183). Beide beziehen sich also auf die heilbringende Ankunft des Menschensohnes am Ende der Zeit; sehr gut wäre es daher, wenn das Zusammenspiel dieser beiden Vokabeln sich auch lexikalisch in der LF erkennen ließe. (Zurück zu v.26)
bmAuch Menschensohn ist ein eschatologischer Terminus. Außer in Mk 2,10.28 verwendet Jesus dieses „biographische Ich-Idiom“ (Schenk 1997) ausschließlich, wenn er von seiner Rolle in Gottes Heilsplan spricht, also der, dass er - der Menschensohn - von den Menschen verworfen, ausgeliefert und getötet werden müsse, dann aber in großer Macht und Herrlichkeit wiederkehren werde. Vgl. besonders gut Danove 2003, S. 23-25. Sohn in V. 32 ist sehr wahrscheinlich nur eine Kurzform von Menschensohn; vgl. z.B. Schenk 1997, S. 84 (Zurück zu v.26 / zu v.32)
bnIm Singular (anders als im Plural, V. 25) ist die δύναμις ein Attribut Gottes/Christi und bezeichnet deren (All)Macht. (Zurück zu v.26)
boδόξα ist ein Begriff aus den Theophanietraditionen; es handelt sich um ein sichtbares Attribut des sich offenbarenden Gottes. Wo die Text Rückschlüsse auf das Wesen der δόξα zulassen, scheint man sich diese Herrlichkeit als eine Art „Lichtglanz“, „Glorie“ vorstellen zu müssen (vgl. ähnlich EWNT I, S. 836). Mt 24,27 und Lk 17,24 explizieren das, indem sie die Parusie des Menschensohnes mit einem Wetterleuchten vergleichen: „Wie der Blitz [...] leuchtet, so wird es mit dem Menschensohn/der Ankunft des Menschensohns sein [...].“ V. 26 bildet es so einen Gegensatz mit der Schilderung der Finsternis in V. 25 und sollte in der LF daher besser mit etwas wie „herrlicher Lichtglanz“ o.Ä. übersetzt werden. (Zurück zu v.26)
bpzur Bedeutung „Himmelsrichtungen“ vgl. EWNT I, S. 231 (Zurück zu v.27)
bqEine schwierige Stelle. (i) Die Übersetzung im Fließtext ist die Standard-Deutung. Daneben hat (ii) Kleist 1937, S. 226 vorgeschlagen, dass es sich hier um das Phänomen der „parallelen Orientierung“ handeln könnte: Zwei zusammenhängende Ortsangaben werden mit der selben Präposition versehen, obwohl sie rein semantisch unterschiedlicher Präpositionen bedürften, also z.B. im Deutschen Ich gehe auf die Stadt auf dem Berg statt Ich gehe zur Stadt auf dem Berg und im Falle von Mk 13,27 Er wird die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen am Ende der Erde sammeln zum Saum des Himmels. Diese Konstruktion gibt es wohl wirklich, obwohl ws. nicht alle von Kleist gelisteten Stellen derart zu analysieren sind (neben Mk 13,27 nennt er: Mk 1,28.38.39; 5,1.19; 6,45.51.56; 9,43; 11,1.11; 12,2; 14,3.9), aber in diesem Fall sollte man besser Schweizer folgen: (iii) Schweizer 1998, S. 150f erklärt die Formulierung vom Rand der Erde bis zum Rand des Himmels als „eine etwas unlogische Vermischung der beiden Bilder „von einem Rand des Himmels bis zum andern“ (Dtn 30,4 LXX, wo vom Sammeln der versprengten Israeliten die Rede ist) und „von einem Rand der Erde bis zum anderen“ (Dtn 13,8).“; sie ist dann als ein etwas schräger Ausdruck für „auf der ganzen Erde“ aufzufassen. Mt 24,31 hat das geglättet; bei ihm heißt es nur noch wie in Dtn 30,4 „von einem Ende des Himmels bis zum andern“. V. 27 ist dann pleonastisch; aus den vier Himmelsrichtungen und auf der ganzen Erde beziehen sich beide darauf, dass der Menschensohn seine Auserwählten von überall her zusammensammeln wird. (Zurück zu v.27)
brzu Ἀπὸ i.S.v. über vgl. LSJ (Bed. A7) (Zurück zu v.28)
bsDer Feigenbaum eignet sich besonders gut für dieses Gleichnis, weil er (1) anders als die meisten anderen Bäume in Palästina nicht immergrün ist, sondern im Winter sein Laub abwirft, das dann im kurzen Frühling wieder nachwächst und so ein untrügliches Zeichen für den kommenden Sommer ist. (2) ist der Feigenbaum in der Bibel ein „Zeichen kommenden Segens“ (Jeremias 1998, S. 120) und stimmt daher besonders gut zusammen mit der heilsamen Wiederkunft des Menschensohnes in Vv. 26. (Zurück zu v.28)
btzu ὅταν ἤδη i.S.v. sobald vgl. ad loc. Grosvenor/Zerwick. (Zurück zu v.28)
bukollektiver Singular (Zurück zu v.28)
bvsicher i.S.v. Wenn der Saft in die Zweige steigt (so z.B. GN, NGÜ). Sehr schön BB: Wenn seine Zweige frisch austreiben und Blätter bekommen. (Zurück zu v.28)
bwnahe steht zwar auch für die zeitliche Nähe, kann aber auch eschatologisch auf die Nähe der Endzeit referieren (s. EWNT I, S. 898). Diese Bedeutung ist hier mindestens eine Konnotation. (Zurück zu v.28)
bxDas Gleichnis ist recht merkwürdig. (1) In der Exegese wird das οὕτως καὶ ὑμεῖς merkwürdigerweise gar nicht als problematisch aufgefasst. Es ist es aber doch. So auch ihr wirkt wie ein fokalisierter Subjektwechsel; gerade so, als ob in V. 28 stünde „Wenn die Zweige des Feigenbaums austreiben, erkennt man, dass der Sommer naht. [So auch ihr:...]“. V. 29 versprachlicht die „Sachhälfte“ des Gleichnisses vom Feigenbaum (-> °Gleichnis°); insofern wäre die Übertragung des Sinngehalts des Gleichnisses auf die Hörer normalerweise auch zu erwarten - nur sind diese ihr ja bereits Subjekt von V. 28 und also ist diese Markierung des Subjektwechsels merkwürdig fehl am Platz. Dazu kommen zwei weitere Merkwürdigkeiten: (2) bringt V. 29 gar keine wirkliche Anwendung des Gleichnisses, sondern ergänzt die Bildebene in V. 28 nur durch einen weiteren Aspekt (V. 28: dann wisst ihr, dass der Sommer nahe ist - V. 29: erkennt, dass er nahe vor den Türen ist); „von „Bild-“ und „Sachhälfte“ läßt sich deshalb an dieser Stelle gar nicht mehr wirklich reden.“ (Hahn 2006, S. 452). Und (3) würde man vom rein grammatischen Standpunkt aus gesehen eigentlich meinen, dass ταῦτα dies in Wenn ihr dies geschehen seht pronominal den letztgenannten Sachverhalt vertritt, nämlich eben den, dass die Zweige des Feigenbaumes im Frühling austreiben - und müsste dann das dass er nahe vor den Türen ist wieder auf das Nahen des Sommers übertragen. Vv. 28f wirken also so, als müsste man sinngemäß übersetzen (ich unterstreiche die Merkwürdigkeiten): Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies (=dass die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen)geschehen seht, erkennt, dass [er] (=der Sommer) nahe vor den Türen ist.
Das macht natürlich keinen Sinn. Man wird sich daher mit z.B. Dschulnigg 2007, S. 348 und Ernst 1963, S. 389 davon leiten lassen müssen, dass Wenn ihr dies geschehen seht in V. 29 die Formulierung von V. 14 aufgreift (Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung stehen seht) und daher das dies in V. 29 auf das Stehen des Gräuels der Verwüstung in V. 14 beziehen (vgl. Fußnote bh) und außerdem das [er] in dass [er] nahe vor den Türen ist auf den kommenden Menschensohn V. 26; V. 28f wären dann sinngemäß zu übersetzen: Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies (=das Auftreten des Antichristen im Tempel)geschehen seht, erkennt, dass [sie] (=die Wiederkunft des Menschensohns) nahe vor den Türen ist. Damit liest man V. 29 zwar grammatisch gewaltig gegen den Strich, aber zumindest gibt er dann mehr Sinn (- auch Lukas hat in diese Richtung geglättet: Lk 21,31 erkennt, dass das Reich Gottes nahe ist!). Merkwürdigkeit (1) lässt sich dadurch aber dennoch nicht auflösen. (zu v.29)
byθύραις Dativ Plural kann auch für die einzelne Tür verwendet werden. Wer sich für „die Tür“ entscheidet lässt den Hörer/Leser eher an die Tür eines Hauses denken. Wird der Plural verwendet, wird das Bild von „Stadttoren“ wachgerufen. Deshalb dann besser „vor den Toren“. (Zurück zu v.29)
bzDieses Geschlecht wird nicht vergehen heißt höchstwahrscheinlich, dass noch zu Lebzeiten der Zeitgenossen Jesu das Eschaton eintreten wird, denn „dieses Geschlecht“ wird im Mk stets von den Zeitgenossen Jesu gesagt (vgl. Mk 8,12.38; 9,19). Diese mit diesem Begriff bezeichneten Zeitgenossen werden in den obigen Stellen stets negativ beurteilt (so auch Dschulnigg 2007, S. 348; Gnilka 1978, S. 206; Schenke 2005, S. 299); wahrscheinlich wird man daher V. 30 als Drohwort auffassen müssen (vgl. bes. Mk 8,38). Das Amen, ich sage euch (->°Amen°) hätte dann hier eine ähnliche Funktion wie im Deutschen ein Drohungen einleitendes „Ich verspreche dir,...“, „ich sag's dir,...“.
Weil ganz offensichtlich die Zeitgenossen Jesu bereits tot sind und die Wiederkunft des Menschensohnes dennoch noch nicht stattgefunden hat (diese Verzögerung der prophezeiten Wiederkunft des Menschensohnes bezeichnet man in der Theologie i.d.R. als „Parusieverzögerung“; sie ist ein vielbesprochenes theologisches Problem.) - wenn man nicht die Auferstehung Christi als diese prophezeite Wiederkunft interpretiert -, gab es in der Exegese einige Versuche, das dieses Geschlecht umzudeuten und so das Problem der Parusieverzögerung abzumildern. Deutlich erkennbar sind diese Bemühungen z.B. bei Cranfield 1959, S. 408f.: „Auf den ersten Blick scheint Jesus hier zu sagen, dass all die in Vv. 5-27 beschriebenen Dinge (inklusive der Parusie) eintreten würden, bevor seine Zeitgenossen gestorben sind. Aber das ist nur eine der möglichen Bedeutungen. [... ] ἡ γενεὰ αὕτη könnte sich auch beziehen (i) auf das gesamte Menschengeschlecht, (ii) die Juden (beide Vorschläge gehen zurück auf Hieronymus; (ii) wird auch von einigen modernen Exegeten akzeptiert, z.B. Schniewind), (iii) die Jünger/Christen (so Chrysostomus, Viktor von Antiochien und Theophylactus) oder (iv) in einem weiteren Sinne: 'solche' (was von Michaelis favorisiert wird, der die Aussage so versteht, dass bis zum Ende Ungläubige existieren würden).“ In der Bibel haben diese Interpretationen keinen wirklichen Halt. (zu v.30)
cadies alles ist wahrscheinlich zu Beziehen auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit; vgl. Fußnote bh (Zurück zu v.30)
cbTextkritik: Die Textgestalt von οὐ μὴ παρελεύσονται ist in den Hss etwas instabil (vgl. genauer Wilckens 2014, S. 532). Auch hier müssen wir uns nicht entscheiden, da alle Varianten grammatisch korrekt sind und alle Varianten das selbe bedeuten - alle nämlich sind Varianten der Konstruktion οὐ μὴ + Aorist Konjunktiv (der stärkstmöglichen griechischen Konstruktion zur Verneinung zukünftiger Ereignisse, die in Mk 13 stets verwendet wird, um Jesu Aussagen auch sprachlich als sichere Prophezeiungen zu markieren). Vgl. auch Wallace, S. 468. (Zurück zu v.31)
ccKleist 1937, S. 226 kommentiert wunderbar diesen Vers, indem er seiner Unsicherheit sehr ehrlich Ausdruck verleiht: „Werden oder würden vergehen? Werden Himmel und Erde tatsächlich vergehen? Oder vielleicht in diesem Sinn: „Selbst wenn Himmel und Erde (von denen man ja eigentlich meinen würde, dass sie unzerstörbar sind) vergehen würde, würden meine Worte nicht vergehen; d.h. sich nicht als falsch erweisen“?“
Das ist eine schöne Deutung, aber wohl nicht haltbar, denn sie basiert (1) auf der Annahme, dass das griechische Futur Indikativ auch modal gedeutet werden könnte - was wohl nicht so ist. Und (2) ist die Vorstellung, dass am Ende der Zeit Himmel und Erde vergehen würden, ein häufigerer Topos in der Bibel; vg. TRE 30, S. 290: „Die alttestamentlich-apokalyptische Tradition des Untergangs von Sonne, Mond, Sternen, Himmel und Erde fand in den Gerichtsszenen im Neuen Testament (vgl. Mk 13,24-26; Apg 6,12-17; Heb 12,26f. [...]) Wiederhall. [...] Am Tag des Herrn vergehen Himmel, Erde und Grundelemente in einem kosmischen Weltenbrand (vgl. 2Pet 3,10-13). Obwohl die Schöpfung, Himmel und Erde (vgl. Lk 16,17 [Q]; Mk 13,31), diese Welt (vgl. 1Kor 7,31b; 1Joh 2,17) vergehen werden, wäre das aber nicht das Ende.“ (Zurück zu v.31)
cdDie Formulierung Περὶ τῆς ἡμέρας ἐκείνης von jenem Tag (περί + Genitiv über) klingt so, als wollte Jesus sagen, dass niemand etwas über die Geschehnisse am Ende der Zeit macht - was aber ja keinen Sinn macht, da er gerade lang und breit die Geschehnisse am Ende der Zeit referiert hat. Es muss daher gedeutet werden als Den Tag oder die Stunde kennt niemand, also den genauen Zeitpunkt allerdings kennt niemand. Vgl. ähnlich Schenke 2005, S. 299: „Antithetisch schließt 13,32 die Terminfrage ab: Über das hinaus, was Jesus angekündigt hat, kann niemand etwas zum Termin der Vollendung sagen. Sie wird sicher und noch vor dem Vergehen dieser Generation kommen, doch den genauen Tag oder gar die Stunde kennt außer Gott niemand, und Gott bewahrt ihn bei sich.“ Das Motiv der Unbekanntheit des genauen Zeitpunktes findet sich auch in 2Bar 21,8 ([Gott], der du [...] ganz allein der Zeiten Schluß vor seiner Ankunft kennst [...](Rießler)) (vgl. Gnilka 1978, S. 207 - der noch Sach 14,7 und PsSal 17,23 nennt; doch dort steht nur „[der Tag] ist dem Herrn bekannt“ resp. „Laß ihnen ihren König wiederum erstehen, / den Davidssohn, / zur Zeit, die du erkoren, Gott“ (Riessler)). Vgl. noch V. 33. (Zurück zu v.32)
ceSowohl das hebräische מַלְאָך als auch das griechische ἄγγελος heißt ursprünglich nur „Bote“, wird aber in der Bibel eher selten von menschlichen Boten verwendet, sondern meist von himmlischen Geistwesen, für die sich im Deutschen die Bezeichnung „Engel“ eingebürgert hat. Da sie hier durch „im Himmel“ spezifiziert werden, ist klar, dass dass es sich hier um letztere handelt. Auch das Motiv des Nichtwissens der Engel findet sich häufiger; vgl. 1Pet 1,12; Eph 3,10; 4Esra 4,52 („Er (=der Engel) sprach zu mir: / Zum Teil kann ich die Zeichen dir vermelden, / wonach du fragst. / Doch ward ich nicht gesandt, / von deiner Lebensdauer etwas dir zu sagen. / Ich weiß es selber nicht.“ (Rießler)); vgl. Gnilka 1978, S. 207. (Zurück zu v.32)
cfvgl. Kleist 1937, S. 226: „ὡς ἄνθρωπος: brachylogical; „it is as when...““. Vielleicht aber besser: Vv. 34f. sind ein °Gleichnis°; V. 34 ist dabei die Bild-, V. 35 die Sachhälfte. Vielleicht könnte man daher das ὡς ... οὖν auch deuten als Versprachlichung der Relation von Bild- und Sachhälfte: So wie..., so (vgl. Louw/Nida 89.50 zu οὖν: „Resultats-marker; impliziert häufig die Konklusion einer Argumentation“ (meine Übersetzung)). Dann also: Ebenso, wie wenn ein Mann auf Reisen geht ... und dem Torhüter aufträgt, wachsam zu sein, so sollt auch ihr wachsam sein .... Bisher habe ich aber kein gute Beispiel für ein derart verwendetes οὖν gefunden, daher wird man wohl der Lösung von Kleist den Vorzug geben müssen. (Zurück zu v.34)
cgmeist: „Vollmacht“; es ist aber zweifellos gemeint, dass jedem Knecht eine bestimmte Tätigkeit zugewiesen wird (so wird es ja im nächsten Teilvers auch näher spezifiziert). Verantwortung nach Muraoka, S.255 („authoritative responsibility“); so gut auch BB, , GN, NeÜ, NGÜ, Zink: „Verantwortung übertragen“ (Zurück zu v.34)
chadverbiale Partizipien aufgelöst als temporale Nebensätze. So löst auch Kleist 1937 auf und so ist es viel sinnvoller; denn der Fokus liegt bei dem Gleichnis ja nicht darauf, dass der Hausherr seinen Dienern Tätigkeiten zuweist und unter anderem auch dem Torhüter die Tätigkeit des Wachehaltens; sondern allein die Tätigkeit des Wachehaltens steht im Fokus. Diese Auflösung entbindet auch von der Notwendigkeit, das Gleichnis für eine nicht gelungene Verschmelzung zweier verschiedener Quellen zu erklären, wie z.B. Weder 1978, S. 163 das tut. (Zurück zu v.34)
cipartikularisierendes καὶ: Der Torhüter ist bereits in seinen Knechten inkludiert; nun wird noch einmal gesondert auf den Torhüter Bezug genommen (Zurück zu v.34)
cjDas altjüdische Haus gehörte i.d.R. zu einem ummauerten Häuserverbund mit gemeinschaftlichen Innenhof, dessen vorderer Teil an die Straße reichte. Viele solcher Häuserverbünde hatten hier einen Torhüter postiert; größere und vornehmere Häuserverbünde sogar ein extra Torhäuschen. vgl. z.B. B/S ad loc. (Zurück zu v.34)
ckDer Satz ist spannend, denn er steht sowohl auf der Bildseite als auch auf der Sachseite des Gleichnisses (->°Gleichnis°) und bezieht sich sowohl auf die Rückkehr des Hausherrn als auch als die eschatologisch zu verstehende (vgl. Fußnote bl) Wiederkunft des Herrn, also des Menschensohnes. (Zurück zu v.35)
clAbend, Mitternacht, Hahnenschrei und Morgengrauen sind die vier Nachtwachenzeiten der Römer (vgl. Thüsing 2011, S. 115); die Zeitangaben passen also ausgesprochen gut zur Aufgabe des Wache-haltens eines Torwächters. (Zurück zu v.35)
cmadverbiales Partizip aufgelöst als temporaler Nebensatze. (Zurück zu v.36)
cnsehr gut GN: „Was ich euch gesagt habe, gilt für alle“. (Zurück zu v.37)