Markus 13

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Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
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Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Markus 13)

(kommt später)

Studienfassung (Markus 13)

1 {Und} (Und)a als er aus dem Tempel hinausging (hinausgeht)b, sagte (sagt)c einer seinerd Jünger zu ihm: „Lehrer! {Sieh nur!} (Sieh nur!)e Was für Steine und was für Gebäude!f

2 Da (Und) sagte Jesus zu ihm: „Du achtest auf diese großen Gebäude? (Diese Gebäude da?, Siehst/bewunderst du diese großen Gebäude?, Du siehst/bewunderst diese großen Gebäude.)gh Nicht (Keinesfalls)i wird [hier]j gelassen werden Stein auf Stein, der nicht {sicher} (sicher)i zerstört (herausgebrochen) werden wird.k

3 Als er dann (und als) saßl auf dem (den)m Ölberg gegenüber dem Tempel, fragte[n]n ihn Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas alleineo:

4{Sag uns:}p Wann wird diesq sein? Und was [wird sein] das Zeichen [dafür], wann dies allesq bestimmt ist (im Begriff ist)r, zu geschehen (vollendet zu werden, zu enden)s?“


5 Und Jesus sagte zu ihnen ({begann}, zu ihnen zu sagen)t: „Habt acht (seht zu)g, dass euch niemand irreführt!

6 [Denn]u es werden viele unter meinem Namenv kommen und sagen: Ich bin [es]!v, und sie werden viele irreführen.

7 Wenn ihr {aber} (Ihr dagegen: Wenn ihr)w von Kriegen und Kriegsgerüchten hört, erschreckt nicht, [denn]u es muss geschehen, doch [es ist] noch nicht das Ende.

8x Erheben wird sichy nämlich (denn)z Volk gegen Volk und Reich gegen Reich, Erdbeben werden seiny stellenweise (mancherorts), geben wird esy Hungersnöte. [Der] Anfang der Wehenaa [ist] dies.


9 Nehmt euch in Acht (Blickt auf euch selbst)!g Man wird euch (sie werden)ab ausliefernac an Synhedrienad und Synagogenae, ihr werdet geprügelt werden und ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, ihnen zum Zeugnisaf -

10 denn (aber)ag zuerstah muss das Evangelium bei ({bei})ai allen Völkern verkündigt werden.

11 Und wenn man euch abführt (sie euch abführen)ab, um euch auszuliefernaj, sorgt euch nicht im Voraus, was ihr sagen sollt, sondern das, was (was auch immer) euch in jener Stunde eingegeben (gegeben)ak werden wird, das sagt! Denn nicht ihr seid es, die da reden, sondern der heilige Geist.

12 {Und} Auslieferny wird ein Bruder [seinen] Bruder in den Tod und ein Vater [sein] Kind, und erheben werden sichy Kinder gegen [ihre] Eltern und töteny werden sie sie.

13Und ihr werdet von allen gehasst werden wegen meines Namens (um meinetwillen, wegen mir)al. Der aber, der bis zum Endeam standhaft bleibt (dies erduldet)an, wird gerettet werden.“


14 Wenn ihr dann aber den Gräuel der Verwüstungao stehenao seht, wo er nicht [stehen] sollao – der Leser sei aufmerksam!ap –, dann sollen die in Judäa in die Berge fliehenaq;

15 wer auf dem Dach [ist],ar soll nicht ({weder})as hinabsteigen, um ({noch})as hineinzugehen (hineingehen), um etwas aus seinem Haus zu holen;

16 und wer auf demat Feld ist, soll nicht zurückkehrenau, um sein Obergewand zu holen.

17 {Aber}w Wehe denenav, die in jenen Tagenaw schwanger sind oder stillen!

18 {Und} (Darum) Betet, dass es nicht während des Wintersax geschieht!

19 Denn es werden seiny jene Tage eine derartige Bedrängnis, wie sie seit Beginn der Schöpfung, die Gott geschaffen hat,ay bis jetzt nicht geschehen ist und niemals geschehen wirdaz.

20 {Und} Wenn der Herr nicht die Tage verkürzt hätte,ba würde absolut niemandbb gerettet werden, doch um der Auserwählten willen, die er auserwählt hat,ay hat er die Tage verkürzt.


21 {Und} Sagt dann einer zu euch: {Siehe} Hier [ist] der Christus!bc oder {Siehe} dort [ist er]!bc - glaubt [es] nicht,

22 denn aufsteheny werden falsche Christusse und falsche Propheten, und darbietenbd werden siey Zeichen und Wunder,be um – wenn möglich – die Auserwählten irrezuführen (verführen)bf.

23 {Ihr aber} (Ihr dagegen)bg seid achtsam!g Ich habe euch alles vorausgesagt.bh


24 {Aber}w in jenen Tagen,aw nach jener Bedrängnis, wird die Sonne verdunkelt werden (sich verfinstern),bi {und} der Mond wird seinen Schein nicht geben,bj

25 {und} die Stern werden vom Himmel fallen und die Kräftebk in den Himmeln (am Himmel) werden erschüttert werden.

26 Und dann werden sie sehen (wird man sehen, wird erscheinen)bl den in den Wolken kommenden Menschensohnbm, mit großer Machtbn und Herrlichkeitbo.

27 Und dann wird er die Engel aussenden und die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen (Winden)bp vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmelsbq sammeln.


28 Überbr den Feigenbaumbs {aber}w lernt (erfahrt) ein Gleichnis: Sobaldbt seine Zweigebu weich werden bv und Blätter treiben, wisst ihr, dass der Sommer nahebw [ist].

29 So auch ihr:bx wenn ihr diesbx geschehen seht, erkennt, dass er (es)bx nahe vor den Toren (vor der Tür)by ist!

30 Amenbz, ich sage euch: Nicht (Keinesfalls)i wird diese Generation (Geschlecht)bz vergehen, bis dies allesca geschehen sein wird.

31 Der Himmel und die Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehencb.cc


32 Von dem Tag und der Stunde weiß niemand,cd weder die Boten (Engel)ce im Himmel, noch der Sohnbm, allein der Vater.

33 Seit achtsam!g Seid wachsam! - denn ihr wisst nicht, wann der Zeitpunkt (da) ist.

34 [Es ist]cf wie bei einem Mensch auf Reisen, der, als er das Haus verließ und seinen Knechten die Vollmacht gab (ihre Verantwortungen übertrug)cgch - jedem seine [eigene] Aufgabe - {dabei}ci dem Torhüter gebot, dass er wachsam sei (Wache halte).cj

35 Seid also wachsam, denn ihr wisst nicht, wann der Herr des Hauses kommtck - ob am Abend, zur Mitternacht, zum Hahnenschrei oder im Morgengrauencl -

36 damit er, wenn er plötzlich kommtcm, euch nicht schlafend vorfindet.

37 Was ich {aber}w euch sage, sage ichcn allen: Seid wachsam!


Anmerkungen

aOft und als er...; besser aber Als er... - καὶ und hat hier die Funktion, Kap. 13 mit der vorangehenden Szene zu verbinden; vgl. Mateos 1987, S. 80. Im Deutschen setzte man in solchen Fällen keine Konjunktion, daher ist sie in der LF besser auszusparen. (Zurück zu v.1)
bmanchmal als er hinausgeht; besser aber als er hinausging... - Da das Präsens λέγει er sagt(e), zu dem der temporale Genitivus absolutus ἐκπορευομένου als er hinausgeht/hinausging in gleichzeitiger Relation steht, historisches Präsens ist (s. nächste Fußnote), ist die präsentische Wiedergabe überwörtlich und sollte vermieden werden.
Unter Umständen ist dies hier auch symbolisch zu verstehen: Obwohl Jesus gemeinsam mit seinen Jüngern im Tempel war, wird nur von ihm allein berichtet, dass er den Tempel verlässt, obgleich spätestens V. 1b zeigt, dass auch seine Jünger bei ihm sind. Ähnlich sitzt in V. 3 Jesus gemeinsam mit den vier Jüngern auf dem Ölberg, aber nur von ihm allein wird gesagt, dass er gegenüber dem Tempel sitze (die beiden Verse sind ohnehin parallel, da beide mit Genitivus absolutus einsetzen und beide funktional als setting eines folgenden Jesus-Wortes fungieren). Und beide Verse rahmen das Tempelwort Jesu V. 2. Es wäre also möglich, dass man nicht nur in V. 2, sondern Vv. 1-3 eine „Tempelopposition“ Jesu herauslesen kann und das Hinausgehen Jesu aus dem Tempel ebenso wie das Dem-Tempel-gegenüber-Sitzen Jesu gleichzeitig symbolisch als seine Abwendung von dieser jüdischen Institution verstehen muss (Mateos 1987, S. 87; vgl. auch Martin 2009, S. 464f.) (Zurück zu v.1)
cmanchmal sagt, besser aber sagte - Historisches Präsens, vgl. Kmiecik 1997, S. 36; Mateos 1987, S. 81 (Zurück zu v.1)
dnicht übersetzungsrelevant: Das Zahlwort εἷς eins, einer steht hier für das Indefinitpronomen τις jemand, irgendeiner; vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 150. Das ist kein Semitismus; diese Verwendung findet sich z.B. auch bei Aristoteles; vgl. Pape, S. 738. (Zurück zu v.1)
emeist: Sieh nur! Diese Steine...!, wahrscheinlich aber besser Was für Steine! - Der Ausruf insgesamt und das ἴδε sieh nur speziell sind an dieser Stelle merkwürdig, denn sie kommen aus dem Mund eines Jüngers, der schon mindestens drei Tagen in Jerusalem weilt und nicht etwa gerade zum ersten Mal den Tempel sieht, sondern einen Tempelbesuch beendet (Lohmeyer 1967, S. 268). Da ἴδε als Redeeinleitung ein stehender Begriff zum Ausdruck von Verwunderung ist (ad loc z.B. Bailey 2009, S. 346; ähnlich Pesch 1977, S. 270), sollte man ihn hier besser als bloße Fokuspartikel interpretieren und unübersetzt lassen oder zu einem deutschen Äquivalent greifen (Bailey z.B. schlägt vor: „such (wonderful) stones!“ (S. 357)). So ja auch in vielen Üss. in V. 23. (Zurück zu v.1)
fDer Tempel war Teil einer größeren Tempelanlage (für ein Modell vgl. z.B. Reidinger 2004, S. 13; daher Plural. (Zurück zu v.1)
gβλέπω sehen ist in Mk 13 ein Leitwort und wird verwendet in Vv. 2.5.9.23.33. V. 2 wird in der Exegese merkwürdigerweise oft separat von den anderen vier Verwendungen abgehandelt (für eine Übersicht und zu den obigen Alternativübersetzungen vgl. gut Cranfield 1959, S. 391f), aber besser ist dies: Gleich, wie genau Jesu du siehst diese großen Gebäude exakt zu verstehen ist; zusammen mit dem folgenden Kein Stein [des Tempels] wird hier auf dem anderen bleiben steht es auf jeden Fall dem begeisterten Ausruf des Jüngers entgegen. In Vv. 5.9 lenkt Jesus dann die Aufmerksamkeit der Jünger auf andere Dinge als den Tempel: „Seht darauf, dass euch niemand irreführt“ resp. „Seht auf euch selbst [, denn man wird euch anfeinden]“; in V. 33 wird es außerdem in direktem Zusammenhang mit ἀγρυπνέω wachsam sein verwendet. Folgt man der Logik des Textes, sollte man daher besser deuten: V. 2: Achte nicht auf den Tempel, denn kein Stein wird hier auf dem anderen bleiben; V. 5: Habt Acht, dass euch niemand irreführt!, V. 9: Nehmt euch in Acht!; V. 23: Seid achtsam!; V. 33: Seid achtsam! Seid wachsam!. (Zurück zu v.2 / zu v.5 / zu v.9 / zu v.23 / zu v.33)
hDummy-Fußnote (Zurück zu v.2)
iOft: Keinesfalls o.Ä., besser aber nicht o.Ä. - οὐ μὴ ist eine besonders starke Verneinung, sie dient hier aber nur zur Intensivierung, um Jesu Äußerung sprachlich zu markieren als (sichere) Prophezeiung. Das Deutsche verwendet hierfür andere Konstruktionen. (zu v.2 / zu v.30)
jTextkritik: In ein paar Handschriften fehlt das ὧδε hier; wir folgen der textkritischen Mehrheitsmeinung und damit der Lesart mit ὧδε; vgl. auch Mt 24,4. (Zurück zu v.2)
kmeist: der nicht zerstört werden wird. Eventuell auch der nicht herausgebrochen werden wird - Dieser Relativsatz wirkt sprachlich etwas merkwürdig (Pesch 1977, S. 271: „überschießend“, „holprig“); seine Deutung hängt ab von der Übersetzung von καταλύω lösen, herauslösen, zerstören: (i) Von einer großen Mehrheit wird καταλύω gedeutet und übersetzt als „zerstören“. In diesem Fall wäre die Konstruktion in etwa vergleichbar mit einer deutschen Konstruktion à la „Er setzt Stein auf Stein, der groß ist“ - normalerweise würde man nicht erwarten, dass „Stein“ auch noch durch einen Relativsatz erweitert wird. Der Sinn wäre trotzdem klar: Die Aussage, dass kein Stein auf dem anderen gelassen werden würde, wird zusätzlich noch durch die Aussage gesteigert, dass jeder Stein zerstört werden würde. In der LF sollte man dann wohl besser mit zwei Sätzen arbeiten, etwa: „Kein Stein wird hier auf dem anderen bleiben: jeder noch so kleine Stein wird zerstört werden.“ (ii) EWNT II, S. 651 schlägt aber ad loc. vor: „herausbrechen“. In diesem Fall machte der Satz grammatisch mehr Sinn (- ist aber auch dann grammatisch immer noch etwas ungewöhnlich -), denn dann würden sich Hauptsatz und Relativsatz auf den selben Sachverhalt beziehen: „Hier wird keinesfalls gelassen werden Stein auf Stein, der nicht herausgebrochen werden wird“. Es läge dann ein Fall von redundantem Relativsatz vor - eine Konstruktion, die man sonst eher aus dem klassischen Griechisch als der Koine kennt (Kleist 1937, S. 143) und die typisch ist für den markinischen Stil (s. allein in diesem Kapitel noch Vv. 19.20) - der ebenso wie wie οὐ μὴ (s.o.) nur der Intensivierung der Aussage dient, also einfach „Kein einziger Stein wird hier auf dem anderen bleiben!“. Ich persönlich würde Möglichkeit (ii) den Vorzug geben, aber da sie meines Wissens noch nicht vorgeschlagen wurde, wird man sich in der LF doch besser für Möglichkeit (i) entscheiden müssen. (Zurück zu v.2)
ltemporaler Genitivus absolutus (Zurück zu v.3)
mεἰς wird hier verwendet wie ἔν; daher ist es nicht direktional, sondern lokativisch zu übersetzen. Auch dies ist typisch für den markinischen Stil (vgl. ad loc. Turner 1924b, S. 19), aber kein „markinischer Semitismus“, da es sich auch sonst häufiger in der Koine findet (Kleist 1937, S. 225). (Zurück zu v.3)
nTextkritik: Der Singular ἐπηρώτα stößt sich mit der Vierzahl der Fragenden (Pesch 1977, S. 274). Viele Hss haben daher stattdessen den Plural ἐπηρώταν. Dieser Variante ist durchaus der Vorzug zu geben, da das Prinzip praestat difficilior lectio in Fällen, in denen die schwierigere Lesart zu grammatisch falschen Konstruktionen führen würde, keine Gültigkeit hat (West 1973, S. 51). (Zurück zu v.3)
oκατ’ ἰδίαν. Dieser Ausdruck versprachlicht hier das Motiv der Privatoffenbarung / Sonderoffenbarung Jesu an seine Jünger (Witherington 2001, S. 439); in der LF sollte man zu etwas greifen wie „als sie allein/für sich waren“. (Zurück zu v.3)
pDie Redeeinleitung Εἰπὸν ἡμῖν sage uns dient im NT häufiger nur als Bitte um eine Antwort (z.B. Mt 22,17; Lk 20,2; 22,67 u.ö.); im Deutschen entspricht dem funktional eher eine uneingeleitete Frage. (Zurück zu v.4)
qDie Referenz der Demonstrativpronomen ταῦτα dies und ταῦτα πάντα all dies sind in der Exegese umstritten; vgl. dazu den Kommentar; vgl. außerdem noch Fußnote bh (zu v.4)
rμέλλῃ bedeutet sowohl „im Begriff sein“ (als Ausdruck für die nahe Zukunft) als auch „vorherbestimmt sein“ (EWNT II, S. 994: „Schließlich kann μ. die im göttlichen Ratschluß begründete Notwendigkeit eines Geschehens und damit dessen sicheres Eintreten ausdrücken.“). Die Übersetzungen variieren daher; z.B. Jantzen: „wann das alles im Begriff ist, vollendet zu werden“ vs. SLT: „wann dies alles vollendet werden soll.“ Wegen den in der letzten Fußnote beschriebenen Zusammenhängen ist hier die zweite Bedeutung wahrscheinlicher. (Zurück zu v.4)
sσυντελέω vollenden wird meist apokalyptisch gedeutet; s. z.B. EWNT III, S. 742. Matthäus macht dies explizit: Mt 24,3 τί τὸ σημεῖον τῆς σῆς παρουσίας καὶ συντελείας τοῦ αἰῶνος Was [wird sein] das Zeichen für deine Wiederkunft (παρουσία, =Parusie) und für das Ende (συντελεία) der Welt{zeit}?. Rein aus stilistischen Gründen sollte es dennoch nicht mit „enden“ oder „vollenden“ übersetzt werden. Gleich, worauf man „dies alles“ beziehen muss: Weder von der „Zerstörung des Tempels“ noch vom „Ende der Welt“ (so die beiden geläufigsten Interpretationen des „dies alles“) noch vom „Auftreten des Antichristen“ (die im Kommentar entwickelte Interpretation) würde man im Deutschen sagen, sie würden „enden“ oder „sich vollenden“, sondern: sie werden „geschehen“ - und auch dies gehört zur Grundbedeutung von συντελέω; vgl. z.B. LSJ (Zurück zu v.4)
tHöchstwahrscheinlich pleonastisches ἄρχομαι - eine Stileigentümlichkeit des Mk (vgl. Doudna 1961, S. 51ff.; Kleist 1937, S. 205; Pryke 1978, S. 79ff.; Reiser 1983, S. 45): Beginnen wird redundant gesetzt und kann in der Übersetzung ausgespart werden, indem der Infinitiv stilistisch besser als Vollverb übersetzt wird. Vgl. ad loc. Gaston 1970, S. 13; dagegen Dschulnigg 2007, S. 338; allerdings ohne Begründung. (Zurück zu v.5)
uTextkritik: Einige MSS ergänzen in Vv. 6.7 γάρ denn; so dann z.B. auch Tregelles. Es ist in beiden Fällen für unsere Zwecke aber gar nicht nötig, zu einer textkritischen Entscheidung zu kommen, denn dass V. 6 zur Explikation von V. 5 und V. 7c zur Explikation von V. 7b dient, wäre auch ohne diese γάρs klar; „denn“ oder ein Äquivalent sollte daher allein schon aus stilistischen Gründen besser ergänzt werden. Reiser 1983, S. 143 erläutert denn auch die zweite Stelle als „asyndetische Parataxe bei kausalem Verhältnis“. (Zurück zu v.6 / zu v.7)
vAuch diese beiden strittigen Sätzchen werden von Cranfield 1959, S. 395 gut in ihre möglichen Bedeutungen aufgedröselt:

„ἐπὶ τῷ ὀνόματί μου [unter meinem Namen] ist am natürlichsten zu deuten als (i) 'sie berufen sich auf mich als Autorität', aber es kann auch bedeuten (ii) 'Sie schreiben sich selbst den Messias-titel zu, der rechtmäßig mir gebührt.' [...] Die Worte λέγοντες ὅτι Ἐγώ εἰμι [die sagen: Ich bin [es]] sind ähnlich mehrdeutig. Sie könnten bedeuten (a) 'die sagen „Ich bin“' - d.h. sie behaupten, der Messias zu sein (vgl. Joh 4,26 und Matthäus' hierige Ergänzung von ὁ χριστός [=der Christus], Mt 24,5) [...], (b) 'die sagen „Ich bin es“', also ganz ähnlich wie (a), aber mit Fokus auf der Idee der Gegenwart des Messias; (c) 'die sagen, dass ich es sei' - d.h., die sagen, dass ich (Jesus) gekommen wäre [...], (d) 'die sagen, dass ich (Jesus) (der Christus) bin' - das aber kann man ausschließen, denn das wäre ja keine Irreführung; (e) 'die sagen, dass sie ich seien' - in dem Sinne, dass Betrüger behaupten, Jesus zu sein.“

Mit Abstand am wahrscheinlichsten (und auch die Mehrheitsmeinung) ist die Kombination von (ii) und (a): Die beiden Sätze interpretieren sich gegenseitig: die zweite Aussage ist eine Identitätsproklamation („Ich bin X“), und dieses „X“ ist zu füllen durch ἐπὶ τῷ ὀνόματί μου unter meinem Namen, also „unter Inanspruchnahme des Messiastitels, der rechtmäßig mir gebührt“ (vgl. gut Kmiecik 1997, S. 42; Pesch 1977, S. 279). Sinngemäß bedeutet der Vers also: „Denn es werden viele kommen und behaupten, der Messias zu sein - dabei bin das doch in Wirklichkeit ich!“, oder einfach „Viele Messiasprätendenten werden auftreten“. (zu v.6)
wEigentümlich für den markinischen Stil - dennoch aber gut Griechisch (die Konstruktion findet sich z.B. auch bei Plutarch und Thukydides) - ist, dass gelegentlich Konjunktionen nicht in ihrer Konjunktions-bedeutung verwendet werden, sondern bloß als Trennungszeichen von Sätzen und Textabschnitten fungieren (vgl. z.B. Reiser 1983, S. 99f.160f). Diese Konjunktionen und Partikeln sind im Deutschen oft besser auszusparen. Dazu gehören in Kap. 13:
  • V. 7: δέ aber - denn V. 7 ist integraler Bestandteil des Abschnitts Vv.5-8, vgl. Kommentar (gegen Mateos 1987, S. 201f., der denkt, δέ würde hier die vielen, die sich täuschen lassen (V. 6) mit den Jüngern, die sich eben nicht täuschen lassen sollen (V. 7), konstrastieren (daher obige Alternative „ihr dagegen: wenn ihr“). Die kontrastierende Funktion wäre dann wahrscheinlich (und in der Tat eine schöne Deutung), wenn auch ihr in V. 7 durch ein Pronomen ausgedrückt wäre; bei bloßer 2.Person Plural aber nicht).
  • V. 9: δέ aber - Zum Textabschnitte einleitenden δέ vgl. Thrall 1962, S. 59
  • V. 17: δέ aber - V. 17 ist ein apokalyptischer Klageruf, der gattungstypisch semantisch nicht mit dem umliegenden Text zusammenhängt.
  • V. 23: δέ aber - vgl. Fußnote bg.
  • V. 24: ἀλλά - V. 24 wird gern kommentiert mit „Mit „aber“ [...] wird die große Wende eingeleitet“ (Gnilka 1978, S. 200) o.Ä. Es sollte hier aber nicht zu viel von ἀλλά abgeleitet werden - zwar beginnt hier in der Tat ein neuer Textabschnitt (s. Kommentar), aber die Kontinuität mit dem vorangehenden Abschnitt ist doch gewährleistet durch ἐν ἐκείναις ταῖς ἡμέραις in jenen Tagen (schon V. 17) und μετὰ τὴν θλῖψιν nach jener Drangsal (vgl. V. 19). vgl. auch Mateos 1987, S. 331. Ebenso wie δέ in Vv. 14.28 fungiert hier ἀλλά als Abschnittstrenner.
  • V. 28: δέ aber; denn es gibt nichts vorangehendes, womit durch δέ kontrastiert werden könnte. vgl. auch Mateos 1987, S. 374; Thrall 1962, S. 59
  • V. 37: δέ aber hebt den letzten Vers als abschließendes Fazit vom vorangehenden Textteil ab.
Zu ἀλλά vgl. noch Pape 100; zu δέ Muraoka, S. 140. (Zurück zu v.7 / zu v.17 / zu v.24 / zu v.28 / zu v.37)
xTextkritik: V. 8 ist von der Textgestalt in den Hss. sehr instabil; vgl. genauer Wilckens 2014, S. 514-6. Wir folgen NA28. (Zurück zu v.8)
yVerb in Satzspitzenstellung als eine für Prophezeiungen typische emphatische Ausdrucksstellung; vgl. Reiser 1983, S. 94. Dieses Stilmittel parallelisiert Vv. 8.12.19.22, die ohnehin strukturell parallel fungieren (vgl. Kommentar). Im Deutschen sollte dies nicht nachgeahmt, sondern zu einem stilistischen Äquivalent gegriffen werden. (zu v.8 / zu v.12 / zu v.19 / zu v.22)
zMeist: denn erheben wird sich...; besser aber: es wird sich nämlich erheben... - das γὰρ denn ist besser als explikatives γὰρ nämlich zu interpretieren; vgl. Kommentar. (Zurück zu v.8)
aaapokalyptische Formel, die v.a. in der rabbinischen Literatur gebräuchlich ist. Die (Geburts-)wehen stehen für die Zeit der Not, die vor dem Einbruch der schönen Endzeit ertragen werden müssen (so fast alle Kommentare) (Zurück zu v.8)
abimpersonaler Plural; vgl. ad loc. Turner 1924a, S. 382. Pryke 1978, S. 107 hält es hier für ein Passivsubstitut, aber das ist angesichts der direkt folgenden Passivformen nicht sehr wahrscheinlich. (Zurück zu v.9 / zu v.11)
acπαραδίδωμι ausliefern wird im Mk neben den Vorkommen in Mk 13 nur zweimal nicht von der Passion Jesu gesagt; es ist also eine Vokabel aus der Passionstheologie - die Überlieferung der Jünger Jesu wird parallelisiert mit der „eschatologisch[en] Preisgabe des Menschensohns an die Menschen“ (EWNT III, S. 46; vgl. ad loc. auch Thüsing 2011, S. 111). (Zurück zu v.9)
adDas Wort συνέδριον kennt man sonst v.a. aus der Passionserzählung; er bezieht sich dort in der Einzahl auf den Sanhedrin, den jüdischen Hohen Rat. Die hierige Mehrzahl συνέδρια dagegen legt nahe, dass die Rede von kleineren jüdischen Lokalgerichten die Rede ist; vgl. ThW VII, S. 864f. - es wäre also sowohl bei den Synhedrien als auch bei den Synagogen von jüdischen Instanzen die Rede; es folgten dann in V. 9 auf zwei jüdische Instanzen zwei nicht-jüdische Instanzen. (Zurück zu v.9)
aeεἰς kann in der Koine verwendet werden wie ἔν und umgekehrt; abhängig davon ließe sich der Satz auflösen als (i) „Man wird euch ausliefern, in Synhedrien und Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so z.B. Cranfield 1959, S. 397; Pesch 1977, S. 183; Turner 1924b, S. 19), (ii) „Man wird euch an Synhedrien und Synagogen ausliefern, ihr werdet geprügelt werden“ (so Mateos 1987, S. 236) oder (iii) „Man wird euch ausliefern an Synhedrien, in Synagogen werdet ihr geprügelt werden“ (so die Mehrheit). Angesichts der parallelen Konstruktion von εἰς συνέδρια und εἰς συναγωγὰς mit εἰς wird man wohl Mateos (=ii) zustimmen müssen. Dies erleichtert auch das Verständnis vom „Prügeln“, denn obwohl die Prügelstrafe u.a. auch von Lokalgerichten und Synagogen verhängt werden durfte, wäre ein Prügeln in Synagogen doch eher ungewöhnlich. (Zurück zu v.9)
afDie Bedeutung dieses Nachsatzes ist etwas unklar. (1) ist nicht klar, ob αὐτοῖς ihnen sich auf die Statthalter und Könige bezieht oder auf die Auslieferer, Prügler, Statthalter und Könige, (2) lässt sich aus V. 9 allein nicht erkennen, worauf dies ihnen zum Zeugnis sich eigentlich beziehen soll. Die Mehrheitsmeinung bei der Interpretation von V. 10 ist aber, dass er parenthetisch das ihnen zum Zeugnis auslegt und Zeugnis also auf die „Verkündigung“ zu beziehen ist; und da man durch Ausgeliefert-werden und Geprügelt-werden keinen direkten Beitrag zur Verkündigung leistet, bedeuten Vv. 9c.10 wohl sinngemäß: „Ihr werdet meinetwegen vor Statthalter und Könige gestellt werden, um ihnen zu verkündigen; denn erst muss auf der ganzen Welt das Evangelium verkündigt werden.“ (Zurück zu v.9)
agKausales καὶ; vgl. Reiser 1983, S. 127; Wilckens. (Zurück zu v.10)
ahrecht sicher i.S.v. „vor dem Ende“ (Zurück zu v.10)
aiεἰς wird hier verwendet wie ἔν; vgl Cranfield 1959, S. 199; Turner 1924b, S. 20 (Zurück zu v.10)
ajfinal aufgelöstes adverbiales Partizip, so auch Schenke 2005, S. 290 („zur Auslieferung vorführen“); vgl. auch Mateos 1987, S. 237. Auch Jantzen u.a. Üss. Die Jünger sollen sich im Vorfeld ihres Ausgeliefert-werdens keine Sorgen machen. So stimmt es ja auch zusammen mit προμεριμνᾶτε sorgt euch nicht im Voraus. (Zurück zu v.11)
aktheologischer Passiv, eigentlich also besser „das, was Gott euch in jener Stunde eingeben wird“. Vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 151 (Zurück zu v.11)
alwie im Hebräische dient auch in der Koine Name als Wechselbegriff für den Namensträger, also wegen meinem Namen = wegen mir. (Zurück zu v.13)
am(i) Die Mehrheitsmeinung - der auch hier zuzustimmen ist - ist, dass das Ende sich auf das Eschaton, das Ende der Zeit, bezieht. Daneben hat (ii) Cranfield 1959, S. 401 die Bedeutung völlig, komplett vorgeschlagen; (iii) Ernst 1963, S. 377f. hält es für doppelsinnig und bezieht es neben dem Eschaton auch auf das Lebensende jedes einzelnen Jüngers. (ii) ist sehr unwahrscheinlich - die Wiederholung der in V.7 deutlich eschatologisch verwendeten Vokabel ist zu auffällig für diese Interpretation. (iii) ist möglich, aber aus dem selben Grund nicht sehr wahrscheinlich. (Zurück zu v.13)
anὑπομένω steht nicht nur für ausharren i.S.v. warten, sondern - bes. hier - für das Ertragen und Erdulden von Leiden; vgl. EWNT III, S. 968 (Zurück zu v.13)
aoVers 14 ist völlig rätselhaft. Rätselhaft ist (1) der Ausdruck βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως, der standardmäßig übertragen wird mit Gräuel der Verwüstung; etwas rätselhaft ist (2) der Wechsel vom Neutrum βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως zum Maskulinum ἑστηκότα , der steht und rätselhaft ist außerdem (3) auch die Ortsangabe ὅπου οὐ δεῖ, die standardmäßig übertragen wird mit wo er nicht darf.

(i) Die Standard-Interpretation ist diese: (1) βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως ist ein Verweis auf Dan 9,27; 11,31; Dan 12,11 LXX; 1Makk 1,54. In den alttestamentlichen Texten ist die Entsprechung שִׁקּוּץ שֹׁמֵם. Das hebräische שִׁקּוּץ ist eine verächtliche Bezeichnung für Götzen und Götzenkulte (Ges18, S. 1381f) und שֹׁמֵם ist ein Verbaladjektiv mit der Bedeutung verwüstend (Ges18, S. 1380) - also rein lexikalisch der verwüstende Götze oder der verwüstende Götzenkult. Historisch macht das Sinn, denn in den besagten Texten ist wohl die Rede von der Statue des Zeus, die Antiochus Epiphanes 168 v.Chr. im Tempel aufstellen ließ. Das griechische βδέλυγμα dagegen bezeichnet meist allgemein das, was Gott ein Gräuel ist (EWNT I, S. 502) und das griechische τῆς ἐρημώσεως wäre entsprechend dem Hebräischen zu deuten als Genitiv des Produkts, also das Gräuel, das Verwüstung hervorbringt.
(2) Weil diese von Dan übernommene Neutrum-Phrase modifiziert wird vom maskulinischen Partizip ἑστηκότα , der steht, heißt es meist, dass V. 14a ad sensum konstruiert sei und man deshalb bei βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως wohl an eine Person denken müsse, nämlich den Antichristen - was gut mit der Konnotation „Götze“ des Hebräischen zusammenstimmt.
(3) ὅπου οὐ δεῖ wo er nicht darf weiterhin wird meist mit Mt 24,15 bezogen auf den Tempel, also sinngemäß: „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht“, was außerdem zusammenstimmt mit 2Thess 2,3ff: „Zuerst muss der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit erscheinen, der Sohn des Verderbens, der Widersacher, der sich über alles, was Gott oder Heiligtum heißt, so sehr erhebt, dass er sich sogar in den Tempel Gottes setzt.“ () - Und da die einzige andere Interpretation, auf die ich gestoßen bin, lautet „Hier steht nicht „Tempel“, daher muss irgend ein anderer Ort gemeint sein“, wird man auch hier der Standard-Deutung folgen müssen.
Diese Interpretation hat einige Schwierigkeiten; allen voran die der Chronologie: Wenn wahrscheinlich das Mk-Ev und sicher das Mt-Ev die Tempelzerstörung bereits im Blick haben, würde „Wenn der Antichrist im Tempel auftaucht...“ bedeuten, dass der Antichrist bereits aufgetaucht sei, da der Tempel ja schon zerstört ist. Allerdings war zu Jesu Zeit offenbar die Hoffnung recht verbreitet, dass, da der Tempel ja unrein sei, er notwendig zerstört werden müsse, um dann noch vor der Endzeit in neuem Glanz wiedererbaut zu werden (so z.B. bei den Essenern; vgl. z.B. Gaston 1970, S. 119f). Von daher ist dies wohl keine unlösbare Schwierigkeit.

(ii) Exegeten wie Pesch 1977, Schenke 2005 und Thüsing 2011 versuchen dennoch, solche Schwieriegkeiten durch eine andere Interpretation zu umgehen; sie denken bei βδέλυγμα τῆς ἐρημώσεως nicht an den Antichristen, sondern an zeitgeschichtliche Geschehnisse zur Zeit des jüdischen Krieges. Pesch lässt die genaue Referenz offen, da sie nicht genau bestimmt werden könne; Schenke denkt an die Schreckensherrschaft der Zeloten im Tempel ab 65/66 n.Chr. und Thüsing an die römischen Feldzeichen, die die Römer nach der Eroberung Jerusalems im Tempel aufstellten und auf denen Götzenbilder abgebildet seien. Diese Interpretation kommt mit der Chronologie wohl besser zurecht, dafür hat sie aber die grammatische Schwierigkeit die ad-sensum-Konstruktion (s.o. unter (2)); v.a. aber fügt sich diese Interpretation schlecht in den Kontext des Abschnitts, denn spätestens V. 19 macht ja deutlich, dass hier eben nicht an „zeitgeschichtliche Ereignisse gedacht wird“ (Pesch), sondern an apokalyptische Geschehnisse (vgl. auch Kommentar). Weil Interpretation (ii) außerdem noch eine Minderheitenmeinung ist, wird man den Schwierigkeiten zum Trotz dennoch Interpretation (i) den Vorzug geben müssen. (zu v.14)
apDie Bedeutung dieser Parenthese ist in der Exegese umstritten. Die unterschiedlichen Interpretationen hängen v.a. daran, auf wen Leser bezogen wird. Vorgeschlagen wurden, dass es sich beziehe
  1. auf den Leser eines hypothetischen apokalyptischen Flugblattes, das als (eine der) Vorlage(n) von Mk 13 angenommen wird - diese Position ist sehr verbreitet, dennoch sehr unwahrscheinlich. Denn es ist schwer vorstellbar, dass es dem Redaktor des Mk nicht aufgefallen sein sollte, dass sich die Parenthese - die sich an einen Leser und nicht an mehrere Hörer richtet - so überhaupt nicht in die Kommunikationssituation der eschatologischen Mahnrede Jesu fügt.
  2. auf den Hörer bei der öffentlichen Verlesung des Markusevangeliums, dem die Wichtigkeit des Gräuels der Verwüstung noch einmal unterstrichen werden soll - aber dieser Hörer ist ja dann kein „Leser“.
  3. auf den Vorleser des Markusevangeliums bei der öffentlichen Verlesung; die Parenthese sei dann nicht dazu gedacht, laut vorgelesen zu werden, sondern sei eine Notiz für den Vorleser, die eben beschriebene ad-sensum-Konstruktion richtig vorzulesen (vgl. Best 1989, S. 128-30, der die Parenthese dann auch konsequent in seiner Übersetzung ausspart. Dagegen aber gut Collins 2009, S. 545f.)
  4. auf die vier Jünger, die die von Dan 9,27; 11,31; 12,11 übernommene Prophezeiung richtig - d.h. im Lichte der Prophezeiung Jesu (Perkins 2006, S. 104) - verstehen sollen, wenn sie sie lesen.
(4) ist am Wahrscheinlichsten, daher noch einige Worte dazu. Zunächst: „Leser des Danielbuches“ als Bedeutung von „Leser“ liegt schon deshalb nahe, da ἀναγινώσκω im Mk ausschließlich für das Lesen im AT verwendet wird (vgl. z.B. Pryke 1978, S. 57f). Vgl. außerdem die Parallelstelle Mt 24,15, wo der Verweis auf das Danielbuch expliziert wird. Dann: Vergleichbare Aufforderungen finden sich auch in anderen Prophezeiungen; vgl. bes. Dan 9,23.25 (also dem direkten Kontext von Dan 9,27, von wo Jesus mutmaßlich die Prophezeiung des „Gräuels der Verwüstung“ übernommen hat); auch Offb 13,9.18; 17,9 (Stellen nach Pesch 1977, S. 292). Auch ist es nicht (sehr) problematisch, dass die Jünger hier in der 3. Person (der Leser statt ihr Leser) angesprochen werden; es finden sich im Mk häufiger Anreden an Zuhörer, die Jesus in 3. Person angespricht (s. Mk 4,9.23; 8,34; vgl. Perkins 2006, S. 101f). Sinngemäß wäre dann also zu übersetzen: „Ihr Leser, gebt gut acht“ oder „Beim Lesen seid verständig“. (Zurück zu v.14)
aqDas Motiv der Flucht ins Gebirge ist ein häufigeres Motiv; vgl. z.B. 1Makk 2,28 (s. z.B. Gnilka 1978, S. 195f); umgekehrt kennt man auch das Motiv der Flucht aus dem Umland in die Hauptstadt, vgl. z.B. Jer 4,1ff. (s. z.B. Pesch 1977, S. 292). (Zurück zu v.14)
arDas altjüdische Haus hatte ein von außen begehbares Dach (eine schöne Darstellung findet sich im Kregel Pictorial Guide to Everyday Life in Bible Times), das man vor allem in der Freizeit benutzte (z.B. um zu schlafen). Für die LF würde ich „Dachterasse“ vorschlagen (so auch NeÜ; ähnlich KAM: „Terasse“. Gut auch Knoch: „Flachdach“) (Zurück zu v.15)
asNatürlich muss der auf dem Dach hinabsteigen, um in die Berge fliehen können; μηδὲ hat daher hier negative finale Bedeutung (vgl. Smyth 2193b). Die Satzstruktur lässt sich nicht in die LF übernehmen, man muss zu etwas greifen wie „Wer auf dem Dach ist, soll sich nicht erst noch hinuntersteigen, um hineingehen, um sich etwas aus dem Haus zu holen“ (zu v.15)
atWieder wird εἰς wie ἔν verwendet. (Zurück zu v.16)
auW. soll sich nicht zurückwenden nach zurück; gemeint ist sicher „nach Hause zurückkehren“. (Zurück zu v.16)
avWehe denen: Gattungstypische Einleitung eines apokalyptischen Klagerufs (vgl. z.B. Offb 18,16.19); das Schicksal der „schwächsten Glieder der Fluchtgeneration“ (Ernst 1963, S. 381) - der Schwangeren und Stillenden - wird in Form einer Weheruf-parenthese beklagt. Das beste Äquivalent wäre eine Übertragung ähnlich der von BB („Wie schrecklich wird diese Zeit für die Frauen sein, die gerade ein Kind erwarten oder stillen!“) und NGÜ („Wie schwer werden es die Frauen haben, ...!“). (Zurück zu v.17)
awin jenen Tagen: Stereotype alttestamentliche Phrase, die häufig in eschatologischen Kontexten verwendet wird; s. z.B. Jer 3,16.18; 31,29; 33,15f.; Joel 3,1; Sach 8,23 u.ö. (Zurück zu v.17 / zu v.24)
axDer Verweis auf den Winter wird meist darauf bezogen, dass der Winter in Palästina die Regenzeit ist und starke Regenfälle die Flucht erschweren. Vielleicht liegt aber wirklich die Kälte im Fokus: Israel liegt zwar hauptsächlich in einer subtropischen Klimazone, aber in höher gelegenen Regionen - zu denen auch Jerusalem und natürlich erst recht die Berge gehören - kann es winters durchaus so kalt werden, dass es zu Schneefällen kommen kann (2013 gab es sogar einen Ausnahme-Schneesturm, wegen dem selbst in Jerusalem bis zu 50 cm Schnee lagen). Das würde auch erklären, warum V. 16 die Rede vom Mantel ist; vielleicht sollte man daher das δὲ besser als kausales δὲ deuten: Darum betet, dass es nicht winters geschieht! (Zurück zu v.18)
ayredundanter Relativsatz. Kein Semitismus oder Septuagintismus (gegen Cranfield 1959, S. 404); die Konstruktion kennt man auch sonst im Griechischen (vgl. z.B. Chariton, Chaireas und Kallirhoe 7,2,4 τῆς Ἀθηναίων δυστυχίας, ἣν ἐδυστύχησαν ἐν τῷ πολέμῳ τῷ Σικελικῷ das Leid der Athener, an dem sie litten im sizilischen Krieg); vgl. auch Kleist 1937, S. 143f. „Redundant“ ist eigentlich ungenau; die Konstruktion dient dazu, das durch den Relativsatz modifizierte Satzglied zu spezifizieren; bei Chariton also etwa Der Athener Leid während dem sizilischen Krieg; Mk 13,19 seit Beginn von Gottes Schöpfung; Mk 13,20 um seiner/der von ihm Auserwählten willen. (Zurück zu v.19 / zu v.20)
azοὐ μὴ + Aorist Konjunktiv: stärkstmögliche griechische Konstruktion zur Negierung eines zukünftigen Geschehnisses; vgl. Wallace, S. 468. Der Vers verdichtet den Topos des Nochniedagewesenen (Pesch 1977, S. 293); vielleicht sollte man in der LF statt zu einer wörtlichen Üs. besser zu einem Äquivalent greifen wie „eine solche Drangsal, wie sie noch nie geschehen ist - früher nicht, heute nicht und nimmermehr!“ oder einfach „eine Drangsal, wie sie die Welt noch nie gesehen hat.“ (Zurück zu v.19)
bazum Motiv der verkürzten Zeit vgl. Ernst 1963, S. 381f.: „Die Verkürzung der Zeit ist ein bekanntes Motiv (vgl. 4Esra 4,26; 2Bar 20,1; 1Hen 80,2; Barn 4,3), dessen Wurzeln im Geschichtsverständnis der Apokalyptik liegen. Der Herr hat den Ablauf in einem Plan festgelegt. Auch die Drangsale der Endzeit unterliegen dem unausweichlichen „es muß geschehen“; der Geschichtsdeterminismus ist freilich durch die Rückführung auf den Willen Gottes, der aus Barmherzigkeit die Drangsale verkürzen kann, relativiert.“ (Zurück zu v.20)
bbKombination zweier Septuagintismen; vgl. Cranfield 1959, S. 404; Doudna 1961, S. 105f: W. nicht ... jedes Fleisch = nicht jeder i.S.v. keiner + jedes Fleisch i.S.v. jeder, also „absolut keiner“. In Mk 13 ist dies die einzige Stelle, die ich für einen eventuellen Semitismus halten würde. Dahin weist auch, dass κύριος im NT nur in AT-Zitaten oder Nachahmungen des Septuaginta-Stils ohne Artikel verwendet wird; vgl. Mateos 1987, S. 287. (Zurück zu v.20)
bcBailey 2009, S. 360 hat die beiden Ausrufe sehr gut analysiert: Fokalisiert ist in beiden jeweils der Lokativ (Hier + dort); sie sind also konstruiert wie eine Antwort auf die unausgedrückte Frage „Wo ist der Christus?“. ἴδε fungiert dabei als bloßer Fokuspartikel und sollte im Deutschen ausgespart werden. So jedenfalls wäre der Satz grammatisch zu analysieren. V. 22 macht aber deutlich, dass dieses Hier! und dort! auf die verschiedenen Pseudo-christusse verweisen soll; also sinngemäß eher „Dieser hier ist der Christus!“ und „jener dort ist der Christus!“. Ich denke aber, dass das auch bei wörtlicher Übersetzung klar herauskommt. (zu v.21)
bdZur Bedeutung „darbieten“ für δίδωμι vgl. Mateos 1987, S. 288. Einige Hss haben ποιήσουσιν statt δώσουσιν, aber die Kombination von σημεῖον mit ποιέω findet sich sonst nirgends in den synoptischen Evangelien (dafür häufiger in Joh); daher und wegen der weit besseren Bezeugung ist δώσουσιν der Vorzug zu geben. (Zurück zu v.22)
bepleonastischer formelhafter Ausdruck. Das Wort τέρας Wunder wird von den Synoptikern einzig hier und in der Parallelstelle Mt 24,24 verwendet. Auffällig ist, dass es auch im Joh nur einmal (Joh 4,48), ebenfalls in Verbindung mit σημεῖον und scheinbar ebenfalls in abwertender Weise, verwendet wird - „„Wunder“ sind genau das, was man von Gott nicht erwarten darf. Die heidnischen Griechen verstanden unter τέρας meist ein Staunen und Schrecken erregendes, exorbitantes Wunderzeichen, vor allem kosmischer Art [...].“ (Fuller 1969, S. 23). Vielleicht kann man diese Konnotation des Exorbitanten und des Abwertenden besser übertragen durch etwas wie „Mirakel und Wunderwerke“; vielleicht sogar „Mirakel und Spektakel“, aber das geht wohl einen Schritt zu weit. (Zurück zu v.22)
bfDas Verb ἀποπλανάω hat hier „die Bedeutung eschatologischer Verführung“ (EWNT III, S. 236) (Zurück zu v.22)
bgAuch in V. 23 scheint δὲ nur den Beginn eines neuen Satzes zu markieren. Möglich wäre aber auch dies: Der Einschub εἰ δυνατὸν wenn möglich in V. 22 könnte theoretisch auch bedeuten wo/bei wem immer das möglich ist (=ihnen das gelingt); in diesem Fall würde das δὲ in V. 23 die Jünger mit den Erwählten, bei denen das Irreführen gelingt, kontrastieren. In diesem Falle wäre außerdem das πρὸς in V. 22 resultativ zu deuten, also etwa „falsche Christen und Propheten werden Mirakel und Spektakel veranstalten und so all jene Erwählten verführen, bei denen es ihnen gelingt. Ihr dagegen: Achtet auf euch selbst...“ - So aber m.W. niemand und es ist diese Verwendung von εἰ auch eher selten, daher können wir getrost bei der angegebenen Standard-übersetzung bleiben. (Zurück zu v.23)
bhCranfield 1959, S. 405 wendet gegen die Deutung, die anscheinend den meisten Interpretationen unausgesprochen zugrunde liegt: „Der Satz muss nicht notwendigerweise bedeuten, dass Jesus seinen Jüngern hiermit eine detaillierte Vorhersage der Zukunft geliefert hat - es könnte auch ganz einfach bedeuten: „denn ich habe euch hiermit gewarnt!““ (meine Übersetzung). Wahrscheinlicher scheint mir aber folgendes: Im ganzen Kapitel werden die Pronomina ταῦτα, πάντα und ταῦτα πάντα sehr merkwürdig verwendet; vgl. Fußnote p und Fußnote bx. Ich habe dafür keine Erklärung, aber mit Abstand am kohärentesten ist Kap. 13, wenn man jeweils das ταῦτα in Vv. 4.29 (und außerdem das Auftreten des Gräuels der Verwüstung im Tempel V. 13 (vgl. Fußnote ao)) auf die Zerstörung des Tempels bezieht und das πάντα und ταῦτα πάντα (Vv.4.23.30) auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit. Es ist beinahe so, als habe der Redaktor von Mk 13,2-37 eine merkwürdige Scheu davor, „Zerstörung des Tempels“ und „Eschaton“ (das ja auch sonst bloß angedeutet wird mit dem Verweis auf den Zeitpunkt (Ende, Vv. 7.13; in jenen Tagen, Vv. 17.24; ähnlich V. 32)) auszusprechen. Entsprechend wäre dann auch hier das πάντα auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeiten zu beziehen, die Jesus seinen Jüngern in Kap. 13 voraussagt. (Zurück zu v.23)
biIn den Vv. 8.12.19.22 findet sich viermal die für Prophezeiungen charakteristische Verbspitzenstellungen (vgl. Fußnote z. In V. 24f. dagegen findet sich gleich vier Mal die Wortfolge S-O (vgl. Reiser 1983, S. 94) (Zurück zu v.24)
bjFinsternis ist ein stereotyper eschatologischer Topos; vgl. Jes 13,19f; Joel 2,2 (z.B. Thüsing 2011, S. 114). (Zurück zu v.24)
bkDie δυνάμεις sind mythische kosmische Mächte. Wahrscheinlich ist diese Vorstellung noch ein Reflex aus der Zeit, als die Himmelskörper auch in Israel als göttlich angesehen wurden. In der nachbiblischen Zeit wurden sie als „Engel“ interpretiert (bes. wichtig: Dionysius Areopagita: CH 8,1); heute stellen sie in der Engellehre sozusagen „ganz offiziell“ einen der Neun Englischen Chöre: die virtutes, die dafür verantwortlich sind, in Gottes Auftrag Wunder zu wirken. Vermutlich stammt das Bild noch aus der Apokalypse-Schilderung in Jes 34,4. (Zurück zu v.25)
blimpersonaler Plural; vgl. z.B. Martin 2009, S. 477; daher besser wird man sehen. Noch besser aber: ὁράω im Medium ist ein formelhafter Offenbarungsterminus, der v.a. im Zhg. mit Christi Auferstehung verwendet wird; daher wird erscheinen. Ähnlich ist ἐρχόμενον in der hierigen Verwendung ein eschatologischer Terminus (s. Mk 11,9f; 12,9; 13,35; 14,62; vgl. Kleist 1937, S. 183). Beide beziehen sich also auf die heilbringende Ankunft des Menschensohnes am Ende der Zeit; sehr gut wäre es daher, wenn das Zusammenspiel dieser beiden Vokabeln sich auch lexikalisch in der LF erkennen ließe. (Zurück zu v.26)
bmAuch Menschensohn ist ein eschatologischer Terminus. Außer in Mk 2,10.28 verwendet Jesus dieses „biographische Ich-Idiom“ (Schenk 1997) ausschließlich, wenn er von seiner Rolle in Gottes Heilsplan spricht, also der, dass er - der Menschensohn - von den Menschen verworfen, ausgeliefert und getötet werden müsse, dann aber in großer Macht und Herrlichkeit wiederkehren werde. Vgl. besonders gut Danove 2003, S. 23-25. Sohn in V. 32 ist sehr wahrscheinlich nur eine Kurzform von Menschensohn; vgl. z.B. Schenk 1997, S. 84 (Zurück zu v.26 / zu v.32)
bnIm Singular (anders als im Plural, V. 25) ist die δύναμις ein Attribut Gottes/Christi und bezeichnet deren (All)Macht. (Zurück zu v.26)
boδόξα ist ein Begriff aus den Theophanietraditionen; es handelt sich um ein sichtbares Attribut des sich offenbarenden Gottes. Wo die Text Rückschlüsse auf das Wesen der δόξα zulassen, scheint man sich diese Herrlichkeit als eine Art „Lichtglanz“, „Glorie“ vorstellen zu müssen (vgl. ähnlich EWNT I, S. 836). Mt 24,27 und Lk 17,24 explizieren das, indem sie die Parusie des Menschensohnes mit einem Wetterleuchten vergleichen: „Wie der Blitz [...] leuchtet, so wird es mit dem Menschensohn/der Ankunft des Menschensohns sein [...].“ V. 26 bildet es so einen Gegensatz mit der Schilderung der Finsternis in V. 25 und sollte in der LF daher besser mit etwas wie „herrlicher Lichtglanz“ o.Ä. übersetzt werden. (Zurück zu v.26)
bpzur Bedeutung „Himmelsrichtungen“ vgl. EWNT I, S. 231 (Zurück zu v.27)
bqEine schwierige Stelle. (i) Die Übersetzung im Fließtext ist die Standard-Deutung. Daneben hat (ii) Kleist 1937, S. 226 vorgeschlagen, dass es sich hier um das Phänomen der „parallelen Orientierung“ handeln könnte: Zwei zusammenhängende Ortsangaben werden mit der selben Präposition versehen, obwohl sie rein semantisch unterschiedlicher Präpositionen bedürften, also z.B. im Deutschen Ich gehe auf die Stadt auf dem Berg statt Ich gehe zur Stadt auf dem Berg und im Falle von Mk 13,27 Er wird die Auserwählten aus den vier Himmelsrichtungen am Ende der Erde sammeln zum Saum des Himmels. Diese Konstruktion gibt es wohl wirklich, obwohl ws. nicht alle von Kleist gelisteten Stellen derart zu analysieren sind (neben Mk 13,27 nennt er: Mk 1,28.38.39; 5,1.19; 6,45.51.56; 9,43; 11,1.11; 12,2; 14,3.9), aber in diesem Fall sollte man besser Schweizer folgen: (iii) Schweizer 1998, S. 150f erklärt die Formulierung vom Rand der Erde bis zum Rand des Himmels als „eine etwas unlogische Vermischung der beiden Bilder „von einem Rand des Himmels bis zum andern“ (Dtn 30,4 LXX, wo vom Sammeln der versprengten Israeliten die Rede ist) und „von einem Rand der Erde bis zum anderen“ (Dtn 13,8).“; sie ist dann als ein etwas schräger Ausdruck für „auf der ganzen Erde“ aufzufassen. Mt 24,31 hat das geglättet; bei ihm heißt es nur noch wie in Dtn 30,4 „von einem Ende des Himmels bis zum andern“. V. 27 ist dann pleonastisch; aus den vier Himmelsrichtungen und auf der ganzen Erde beziehen sich beide darauf, dass der Menschensohn seine Auserwählten von überall her zusammensammeln wird. (Zurück zu v.27)
brzu Ἀπὸ i.S.v. über vgl. LSJ (Bed. A7) (Zurück zu v.28)
bsDer Feigenbaum eignet sich besonders gut für dieses Gleichnis, weil er (1) anders als die meisten anderen Bäume in Palästina nicht immergrün ist, sondern im Winter sein Laub abwirft, das dann im kurzen Frühling wieder nachwächst und so ein untrügliches Zeichen für den kommenden Sommer ist. (2) ist der Feigenbaum in der Bibel ein „Zeichen kommenden Segens“ (Jeremias 1998, S. 120) und stimmt daher besonders gut zusammen mit der heilsamen Wiederkunft des Menschensohnes in Vv. 26. (Zurück zu v.28)
btzu ὅταν ἤδη i.S.v. sobald vgl. ad loc. Grosvenor/Zerwick. (Zurück zu v.28)
bukollektiver Singular (Zurück zu v.28)
bvsicher i.S.v. Wenn der Saft in die Zweige steigt (so z.B. GN, NGÜ). Sehr schön BB: Wenn seine Zweige frisch austreiben und Blätter bekommen. (Zurück zu v.28)
bwnahe steht zwar auch für die zeitliche Nähe, kann aber auch eschatologisch auf die Nähe der Endzeit referieren (s. EWNT I, S. 898). Diese Bedeutung ist hier mindestens eine Konnotation. (Zurück zu v.28)
bxDas Gleichnis ist recht merkwürdig. (1) In der Exegese wird das οὕτως καὶ ὑμεῖς merkwürdigerweise gar nicht als problematisch aufgefasst. Es ist es aber doch. So auch ihr wirkt wie ein fokalisierter Subjektwechsel; gerade so, als ob in V. 28 stünde „Wenn die Zweige des Feigenbaums austreiben, erkennt man, dass der Sommer naht. [So auch ihr:...]“. V. 29 versprachlicht die „Sachhälfte“ des Gleichnisses vom Feigenbaum (-> °Gleichnis°); insofern wäre die Übertragung des Sinngehalts des Gleichnisses auf die Hörer normalerweise auch zu erwarten - nur sind diese ihr ja bereits Subjekt von V. 28 und also ist diese Markierung des Subjektwechsels merkwürdig fehl am Platz. Dazu kommen zwei weitere Merkwürdigkeiten: (2) bringt V. 29 gar keine wirkliche Anwendung des Gleichnisses, sondern ergänzt die Bildebene in V. 28 nur durch einen weiteren Aspekt (V. 28: dann wisst ihr, dass der Sommer nahe ist - V. 29: erkennt, dass er nahe vor den Türen ist); „von „Bild-“ und „Sachhälfte“ läßt sich deshalb an dieser Stelle gar nicht mehr wirklich reden.“ (Hahn 2006, S. 452). Und (3) würde man vom rein grammatischen Standpunkt aus gesehen eigentlich meinen, dass ταῦτα dies in Wenn ihr dies geschehen seht pronominal den letztgenannten Sachverhalt vertritt, nämlich eben den, dass die Zweige des Feigenbaumes im Frühling austreiben - und müsste dann das dass er nahe vor den Türen ist wieder auf das Nahen des Sommers übertragen. Vv. 28f wirken also so, als müsste man sinngemäß übersetzen (ich unterstreiche die Merkwürdigkeiten): Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies (=dass die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen)geschehen seht, erkennt, dass [er] (=der Sommer) nahe vor den Türen ist.
Das macht natürlich keinen Sinn. Man wird sich daher mit z.B. Dschulnigg 2007, S. 348 und Ernst 1963, S. 389 davon leiten lassen müssen, dass Wenn ihr dies geschehen seht in V. 29 die Formulierung von V. 14 aufgreift (Wenn ihr den Gräuel der Verwüstung stehen seht) und daher das dies in V. 29 auf das Stehen des Gräuels der Verwüstung in V. 14 beziehen (vgl. Fußnote bh) und außerdem das [er] in dass [er] nahe vor den Türen ist auf den kommenden Menschensohn V. 26; V. 28f wären dann sinngemäß zu übersetzen: Wenn die Zweige des Feigenbaumes frisch austreiben und Blätter bekommen, erkennt ihr, dass der Sommer nahe ist. So auch ihr: Wenn ihr dies (=das Auftreten des Antichristen im Tempel)geschehen seht, erkennt, dass [sie] (=die Wiederkunft des Menschensohns) nahe vor den Türen ist. Damit liest man V. 29 zwar grammatisch gewaltig gegen den Strich, aber zumindest gibt er dann mehr Sinn (- auch Lukas hat in diese Richtung geglättet: Lk 21,31 erkennt, dass das Reich Gottes nahe ist!). Merkwürdigkeit (1) lässt sich dadurch aber dennoch nicht auflösen. (zu v.29)
byθύραις Dativ Plural kann auch für die einzelne Tür verwendet werden. Wer sich für „die Tür“ entscheidet lässt den Hörer/Leser eher an die Tür eines Hauses denken. Wird der Plural verwendet, wird das Bild von „Stadttoren“ wachgerufen. Deshalb dann besser „vor den Toren“. (Zurück zu v.29)
bzDieses Geschlecht wird nicht vergehen heißt höchstwahrscheinlich, dass noch zu Lebzeiten der Zeitgenossen Jesu das Eschaton eintreten wird, denn „dieses Geschlecht“ wird im Mk stets von den Zeitgenossen Jesu gesagt (vgl. Mk 8,12.38; 9,19). Diese mit diesem Begriff bezeichneten Zeitgenossen werden in den obigen Stellen stets negativ beurteilt (so auch Dschulnigg 2007, S. 348; Gnilka 1978, S. 206; Schenke 2005, S. 299); wahrscheinlich wird man daher V. 30 als Drohwort auffassen müssen (vgl. bes. Mk 8,38). Das Amen, ich sage euch (->°Amen°) hätte dann hier eine ähnliche Funktion wie im Deutschen ein Drohungen einleitendes „Ich verspreche dir,...“, „ich sag's dir,...“.
Weil ganz offensichtlich die Zeitgenossen Jesu bereits tot sind und die Wiederkunft des Menschensohnes dennoch noch nicht stattgefunden hat (diese Verzögerung der prophezeiten Wiederkunft des Menschensohnes bezeichnet man in der Theologie i.d.R. als „Parusieverzögerung“; sie ist ein vielbesprochenes theologisches Problem.) - wenn man nicht die Auferstehung Christi als diese prophezeite Wiederkunft interpretiert -, gab es in der Exegese einige Versuche, das dieses Geschlecht umzudeuten und so das Problem der Parusieverzögerung abzumildern. Deutlich erkennbar sind diese Bemühungen z.B. bei Cranfield 1959, S. 408f.: „Auf den ersten Blick scheint Jesus hier zu sagen, dass all die in Vv. 5-27 beschriebenen Dinge (inklusive der Parusie) eintreten würden, bevor seine Zeitgenossen gestorben sind. Aber das ist nur eine der möglichen Bedeutungen. [... ] ἡ γενεὰ αὕτη könnte sich auch beziehen (i) auf das gesamte Menschengeschlecht, (ii) die Juden (beide Vorschläge gehen zurück auf Hieronymus; (ii) wird auch von einigen modernen Exegeten akzeptiert, z.B. Schniewind), (iii) die Jünger/Christen (so Chrysostomus, Viktor von Antiochien und Theophylactus) oder (iv) in einem weiteren Sinne: 'solche' (was von Michaelis favorisiert wird, der die Aussage so versteht, dass bis zum Ende Ungläubige existieren würden).“ In der Bibel haben diese Interpretationen keinen wirklichen Halt. (zu v.30)
cadies alles ist wahrscheinlich zu Beziehen auf das Gesamt der Geschehnisse am Ende der Zeit; vgl. Fußnote bh (Zurück zu v.30)
cbTextkritik: Die Textgestalt von οὐ μὴ παρελεύσονται ist in den Hss etwas instabil (vgl. genauer Wilckens 2014, S. 532). Auch hier müssen wir uns nicht entscheiden, da alle Varianten grammatisch korrekt sind und alle Varianten das selbe bedeuten - alle nämlich sind Varianten der Konstruktion οὐ μὴ + Aorist Konjunktiv (der stärkstmöglichen griechischen Konstruktion zur Verneinung zukünftiger Ereignisse, die in Mk 13 stets verwendet wird, um Jesu Aussagen auch sprachlich als sichere Prophezeiungen zu markieren). Vgl. auch Wallace, S. 468. (Zurück zu v.31)
ccKleist 1937, S. 226 kommentiert wunderbar diesen Vers, indem er seiner Unsicherheit sehr ehrlich Ausdruck verleiht: „Werden oder würden vergehen? Werden Himmel und Erde tatsächlich vergehen? Oder vielleicht in diesem Sinn: „Selbst wenn Himmel und Erde (von denen man ja eigentlich meinen würde, dass sie unzerstörbar sind) vergehen würde, würden meine Worte nicht vergehen; d.h. sich nicht als falsch erweisen“?“
Das ist eine schöne Deutung, aber wohl nicht haltbar, denn sie basiert (1) auf der Annahme, dass das griechische Futur Indikativ auch modal gedeutet werden könnte - was wohl nicht so ist. Und (2) ist die Vorstellung, dass am Ende der Zeit Himmel und Erde vergehen würden, ein häufigerer Topos in der Bibel; vg. TRE 30, S. 290: „Die alttestamentlich-apokalyptische Tradition des Untergangs von Sonne, Mond, Sternen, Himmel und Erde fand in den Gerichtsszenen im Neuen Testament (vgl. Mk 13,24-26; Apg 6,12-17; Heb 12,26f. [...]) Wiederhall. [...] Am Tag des Herrn vergehen Himmel, Erde und Grundelemente in einem kosmischen Weltenbrand (vgl. 2Pet 3,10-13). Obwohl die Schöpfung, Himmel und Erde (vgl. Lk 16,17 [Q]; Mk 13,31), diese Welt (vgl. 1Kor 7,31b; 1Joh 2,17) vergehen werden, wäre das aber nicht das Ende.“ (Zurück zu v.31)
cdDie Formulierung Περὶ τῆς ἡμέρας ἐκείνης von jenem Tag (περί + Genitiv über) klingt so, als wollte Jesus sagen, dass niemand etwas über die Geschehnisse am Ende der Zeit macht - was aber ja keinen Sinn macht, da er gerade lang und breit die Geschehnisse am Ende der Zeit referiert hat. Es muss daher gedeutet werden als Den Tag oder die Stunde kennt niemand, also den genauen Zeitpunkt allerdings kennt niemand. Vgl. ähnlich Schenke 2005, S. 299: „Antithetisch schließt 13,32 die Terminfrage ab: Über das hinaus, was Jesus angekündigt hat, kann niemand etwas zum Termin der Vollendung sagen. Sie wird sicher und noch vor dem Vergehen dieser Generation kommen, doch den genauen Tag oder gar die Stunde kennt außer Gott niemand, und Gott bewahrt ihn bei sich.“ Das Motiv der Unbekanntheit des genauen Zeitpunktes findet sich auch in 2Bar 21,8 ([Gott], der du [...] ganz allein der Zeiten Schluß vor seiner Ankunft kennst [...](Rießler)) (vgl. Gnilka 1978, S. 207 - der noch Sach 14,7 und PsSal 17,23 nennt; doch dort steht nur „[der Tag] ist dem Herrn bekannt“ resp. „Laß ihnen ihren König wiederum erstehen, / den Davidssohn, / zur Zeit, die du erkoren, Gott“ (Riessler)). Vgl. noch V. 33. (Zurück zu v.32)
ceSowohl das hebräische מַלְאָך als auch das griechische ἄγγελος heißt ursprünglich nur „Bote“, wird aber in der Bibel eher selten von menschlichen Boten verwendet, sondern meist von himmlischen Geistwesen, für die sich im Deutschen die Bezeichnung „Engel“ eingebürgert hat. Da sie hier durch „im Himmel“ spezifiziert werden, ist klar, dass dass es sich hier um letztere handelt. Auch das Motiv des Nichtwissens der Engel findet sich häufiger; vgl. 1Pet 1,12; Eph 3,10; 4Esra 4,52 („Er (=der Engel) sprach zu mir: / Zum Teil kann ich die Zeichen dir vermelden, / wonach du fragst. / Doch ward ich nicht gesandt, / von deiner Lebensdauer etwas dir zu sagen. / Ich weiß es selber nicht.“ (Rießler)); vgl. Gnilka 1978, S. 207. (Zurück zu v.32)
cfvgl. Kleist 1937, S. 226: „ὡς ἄνθρωπος: brachylogical; „it is as when...““. Vielleicht aber besser: Vv. 34f. sind ein °Gleichnis°; V. 34 ist dabei die Bild-, V. 35 die Sachhälfte. Vielleicht könnte man daher das ὡς ... οὖν auch deuten als Versprachlichung der Relation von Bild- und Sachhälfte: So wie..., so (vgl. Louw/Nida 89.50 zu οὖν: „Resultats-marker; impliziert häufig die Konklusion einer Argumentation“ (meine Übersetzung)). Dann also: Ebenso, wie wenn ein Mann auf Reisen geht ... und dem Torhüter aufträgt, wachsam zu sein, so sollt auch ihr wachsam sein .... Bisher habe ich aber kein gute Beispiel für ein derart verwendetes οὖν gefunden, daher wird man wohl der Lösung von Kleist den Vorzug geben müssen. (Zurück zu v.34)
cgmeist: „Vollmacht“; es ist aber zweifellos gemeint, dass jedem Knecht eine bestimmte Tätigkeit zugewiesen wird (so wird es ja im nächsten Teilvers auch näher spezifiziert). Verantwortung nach Muraoka, S.255 („authoritative responsibility“); so gut auch BB, , GN, NeÜ, NGÜ, Zink: „Verantwortung übertragen“ (Zurück zu v.34)
chadverbiale Partizipien aufgelöst als temporale Nebensätze. So löst auch Kleist 1937 auf und so ist es viel sinnvoller; denn der Fokus liegt bei dem Gleichnis ja nicht darauf, dass der Hausherr seinen Dienern Tätigkeiten zuweist und unter anderem auch dem Torhüter die Tätigkeit des Wachehaltens; sondern allein die Tätigkeit des Wachehaltens steht im Fokus. Diese Auflösung entbindet auch von der Notwendigkeit, das Gleichnis für eine nicht gelungene Verschmelzung zweier verschiedener Quellen zu erklären, wie z.B. Weder 1978, S. 163 das tut. (Zurück zu v.34)
cipartikularisierendes καὶ: Der Torhüter ist bereits in seinen Knechten inkludiert; nun wird noch einmal gesondert auf den Torhüter Bezug genommen (Zurück zu v.34)
cjDas altjüdische Haus gehörte i.d.R. zu einem ummauerten Häuserverbund mit gemeinschaftlichen Innenhof, dessen vorderer Teil an die Straße reichte. Viele solcher Häuserverbünde hatten hier einen Torhüter postiert; größere und vornehmere Häuserverbünde sogar ein extra Torhäuschen. vgl. z.B. B/S ad loc. (Zurück zu v.34)
ckDer Satz ist spannend, denn er steht sowohl auf der Bildseite als auch auf der Sachseite des Gleichnisses (->°Gleichnis°) und bezieht sich sowohl auf die Rückkehr des Hausherrn als auch als die eschatologisch zu verstehende (vgl. Fußnote bl) Wiederkunft des Herrn, also des Menschensohnes. (Zurück zu v.35)
clAbend, Mitternacht, Hahnenschrei und Morgengrauen sind die vier Nachtwachenzeiten der Römer (vgl. Thüsing 2011, S. 115); die Zeitangaben passen also ausgesprochen gut zur Aufgabe des Wache-haltens eines Torwächters. (Zurück zu v.35)
cmadverbiales Partizip aufgelöst als temporaler Nebensatze. (Zurück zu v.36)
cnsehr gut GN: „Was ich euch gesagt habe, gilt für alle“. (Zurück zu v.37)