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<poem>(Du) Unser Vater {der} im Himmel<ref> | <poem>(Du) Unser Vater {der} im Himmel<ref> | ||
''im Himmel'' - W. „in den Himmeln“, aber „die Himmel“ statt „der Himmel“ ist ein idiomatischer Plural, der sich häufiger im NT findet (wohl ein Semitismus). In der LF sollte mit Einzahl übersetzt werden.</ref><ref>''Unser Vater im Himmel'' - Man geht gemeinhin davon aus, dass die auf Griechisch überlieferten Formen des Vaterunsers auf eine ursprünglich aramäische Überlieferung zurückgehen. Vermutlich liegt [[Matthäus 6#s9 |Mt 6,9]] (''Unser Vater im Himmel'', gr. Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς) und [[Lukas 11#s2|Lk 11,2]] (schlicht „Vater“, gr. Πάτερ) das aramäische und für Jesus typische {{hebr}}אַבָּא{{hebr ende}} ''´Abba'' „Vater“ zugrunde (nicht: „Papa“ oder gar „Papi“, wie öfter zu lesen ist; vgl. Barr 1988). Das bedeutet: Die matthäische Version ist sowohl (1) um ἡμῶν ''unser'' als auch (2) um ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς ''im Himmel'' angereichert. Die Intention dahinter war wohl, das schlichte „Vater“ beizubehalten und gleichzeitig „liturgietauglich“ zu machen: „''Unser'' Vater“ findet sich häufiger in jüdischen Gebeten (s. z.B. das „[http://www.talmud.de/tlmd/avinu-malkenu/ Unser Vater, unser König]“) und war wohl charakteristisch für Gemeindegebete (Grimm 1992, S. 26; Gundry 1994, S. 105; Lambrecht 1984, S. 128f). Ähnliches gilt für „Vater ''im Himmel''“, das sich ebenfalls häufiger in jüdischen Gebeten fand: „Wo immer die Rabbinen von Gott als dem Vater sprachen, führten sie den Zusatz „himmlisch“ ein, weil ihnen die vertraulich-intime Anrede „Vater“ gegenüber Gott zu respektlos erschien.“ (Schnackenburg 1984, S. 111; so fast alle Exegeten).<br /> | ''im Himmel'' - W. „in den Himmeln“, aber „die Himmel“ statt „der Himmel“ ist ein idiomatischer Plural, der sich häufiger im NT findet (wohl ein Semitismus). In der LF sollte mit Einzahl übersetzt werden.</ref><ref>''Unser Vater im Himmel'' - Man geht gemeinhin davon aus, dass die auf Griechisch überlieferten Formen des Vaterunsers auf eine ursprünglich aramäische Überlieferung zurückgehen. Vermutlich liegt [[Matthäus 6#s9 |Mt 6,9]] (''Unser Vater im Himmel'', gr. Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς) und [[Lukas 11#s2|Lk 11,2]] (schlicht „Vater“, gr. Πάτερ) das aramäische und für Jesus typische {{hebr}}אַבָּא{{hebr ende}} ''´Abba'' „Vater“ zugrunde (nicht: „Papa“ oder gar „Papi“, wie öfter zu lesen ist; vgl. Barr 1988). Das bedeutet: Die matthäische Version ist sowohl (1) um ἡμῶν ''unser'' als auch (2) um ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς ''im Himmel'' angereichert. Die Intention dahinter war wohl, das schlichte „Vater“ beizubehalten und gleichzeitig „liturgietauglich“ zu machen: „''Unser'' Vater“ findet sich häufiger in jüdischen Gebeten (s. z.B. das „[http://www.talmud.de/tlmd/avinu-malkenu/ Unser Vater, unser König]“) und war wohl charakteristisch für Gemeindegebete (Grimm 1992, S. 26; Gundry 1994, S. 105; Lambrecht 1984, S. 128f). Ähnliches gilt für „Vater ''im Himmel''“, das sich ebenfalls häufiger in jüdischen Gebeten fand: „Wo immer die Rabbinen von Gott als dem Vater sprachen, führten sie den Zusatz „himmlisch“ ein, weil ihnen die vertraulich-intime Anrede „Vater“ gegenüber Gott zu respektlos erschien.“ (Schnackenburg 1984, S. 111; so fast alle Exegeten).<br /> | ||
− | Nach Luz 1985, S. 333 ist die katholische Wortstellung „Vater unser“ (im Unterschied zu „Unser Vater“) „grammatikalisch falsch“. Das ist nicht so, sie ist aber veraltet und irritierend, ohne dabei einen bedeutungsmäßigen Unterschied zu machen und ist daher keine ernsthafte Alternative für die LF. Das größere Problem ist, dass weder „Vater unser“ noch „unser Vater“ als Vokativ verwendet werden können, weil der im Deutschen eigentlich nicht mit einem Pronomen konstruiert werden kann (außer in geprägten Wendungen wie z.B. „Eure Majestät“ und eben „Vater unser“). Ich bin unsicher, wie daher in der LF vorzugehen ist.</ref>,{{par|Weisheit|14|3}}{{par|Jesaja|63|16}}{{par|Jesaja|64|7}}{{par|Jeremia|3|19}}{{par|Markus|11|25}}{{par|Markus|14|36}}{{par|3Makkabäer|6|3}}{{par|3Makkabäer|6|8}} | + | Nach Luz 1985, S. 333 ist die katholische Wortstellung „Vater unser“ (im Unterschied zu „Unser Vater“) „grammatikalisch falsch“. Das ist nicht so, sie ist aber veraltet und irritierend, ohne dabei einen bedeutungsmäßigen Unterschied zu machen und ist daher keine ernsthafte Alternative für die LF. Das größere Problem ist, dass weder „Vater unser“ noch „unser Vater“ als Vokativ verwendet werden können, weil der im Deutschen eigentlich nicht mit einem Pronomen konstruiert werden kann (außer in geprägten Wendungen wie z.B. „Eure Majestät“ und eben „Vater unser“). Ich bin unsicher, wie daher in der LF vorzugehen ist. Vielleicht ist wirklich am sinnvollsten das „unser“ auszusparen, da es im Deutschen ja auch ohne dieses Pronomen ein „liturgietaugliches Gemeindegebet“ wäre.</ref>,{{par|Weisheit|14|3}}{{par|Jesaja|63|16}}{{par|Jesaja|64|7}}{{par|Jeremia|3|19}}{{par|Markus|11|25}}{{par|Markus|14|36}}{{par|3Makkabäer|6|3}}{{par|3Makkabäer|6|8}} |
Möge (Mögest)<ref name="Möge">''Möge'' - In V. 9c.10a.10b verwendet Matthäus den Imperativ Aorist, der im Griechischen standardmäßig für Gebete verwendet wird und keine weitere temporalsemantische Bedeutung hat (Grosvenor/Zerwick u.a.) - wieder greift Mt zurück auf ein „Gebetsidiom“. Vielleicht entspricht dem heute eher das deutsche Gebetsidiom „Wir bitten (dafür), dass...“? B/N zumindest übersetzen sehr gut mit „Lass uns...“</ref> dein Name (du) geheiligt <ref>''Möge dein Name geheiligt werde'' - „Den Namen Gottes heiligen“ ist ein jüdisches Idiom und bedeutet in etwa „Gott als Herrn anerkennen und deshalb seinen Willen tun“; vgl. z.B. [https://archive.org/stream/kommentarzumneue01stra#page/414/mode/2up B/S I, bes. S. 414], auch S. 412; ThWNT I, S. 99; [http://www.jewishencyclopedia.com/articles/9309-kiddush-ha-shem JE: ḲIDDUSH HA-SHEM and ḤILLUL HASHEM]; Oakman 1999, S. 161-164. Vergleiche schon im AT [[Levitikus 22#s31 |Lev 22,31f]]. In späteren jüdischen Schriften taucht es noch häufiger auf. Ein sehr schönes Beispiel ist die jüdische Tradition, derzufolge das Königtum deshalb dem Stamm Juda zugefallen sei, weil Nachschom zur Zeit des Exodus Gottes Befehl, das Meer zu durchziehen, schon befolgte, bevor sich das Meer geteilt hatte und einfach in die Fluten sprang. Darauf spricht Gott: „Jener, der am Meer meinen Namen geheiligt hat, wird kommen und über Israel herrschen“ (Menn 1997, S. 264). Und noch heute hat „jeder Jude, ob groß oder klein, [...] das Recht und die Pflicht, durch sein Verhalten (sowohl in Gegenwart von Juden als auch von Heiden) den Namen Gottes zu heiligen: durch das Studium der Torah, durch das Halten der Gebote, und dadurch, dass er andere freundlich, rücksichtsvoll und ehrlich behandelt.“ (Eisenberg 2005, S. 12; meine Üs.)<br /> | Möge (Mögest)<ref name="Möge">''Möge'' - In V. 9c.10a.10b verwendet Matthäus den Imperativ Aorist, der im Griechischen standardmäßig für Gebete verwendet wird und keine weitere temporalsemantische Bedeutung hat (Grosvenor/Zerwick u.a.) - wieder greift Mt zurück auf ein „Gebetsidiom“. Vielleicht entspricht dem heute eher das deutsche Gebetsidiom „Wir bitten (dafür), dass...“? B/N zumindest übersetzen sehr gut mit „Lass uns...“</ref> dein Name (du) geheiligt <ref>''Möge dein Name geheiligt werde'' - „Den Namen Gottes heiligen“ ist ein jüdisches Idiom und bedeutet in etwa „Gott als Herrn anerkennen und deshalb seinen Willen tun“; vgl. z.B. [https://archive.org/stream/kommentarzumneue01stra#page/414/mode/2up B/S I, bes. S. 414], auch S. 412; ThWNT I, S. 99; [http://www.jewishencyclopedia.com/articles/9309-kiddush-ha-shem JE: ḲIDDUSH HA-SHEM and ḤILLUL HASHEM]; Oakman 1999, S. 161-164. Vergleiche schon im AT [[Levitikus 22#s31 |Lev 22,31f]]. In späteren jüdischen Schriften taucht es noch häufiger auf. Ein sehr schönes Beispiel ist die jüdische Tradition, derzufolge das Königtum deshalb dem Stamm Juda zugefallen sei, weil Nachschom zur Zeit des Exodus Gottes Befehl, das Meer zu durchziehen, schon befolgte, bevor sich das Meer geteilt hatte und einfach in die Fluten sprang. Darauf spricht Gott: „Jener, der am Meer meinen Namen geheiligt hat, wird kommen und über Israel herrschen“ (Menn 1997, S. 264). Und noch heute hat „jeder Jude, ob groß oder klein, [...] das Recht und die Pflicht, durch sein Verhalten (sowohl in Gegenwart von Juden als auch von Heiden) den Namen Gottes zu heiligen: durch das Studium der Torah, durch das Halten der Gebote, und dadurch, dass er andere freundlich, rücksichtsvoll und ehrlich behandelt.“ (Eisenberg 2005, S. 12; meine Üs.)<br /> | ||
Alternativ gibt es zur Stelle heute recht häufig (1) die Interpretation, dass ''Gott'' das Subjekt der Heiligung seines Namens sei und dass die „Namensheiligung“ meine, dass er gegen die Entweihung seines Namens durch die Menschen vorgehe, indem er sich am Ende der Zeit als der Heilige offenbare, und v.a. in freieren Üss. (2) die Interpretation, dass „Gottes Namen heiligen“ schlicht meine „Gott preisen“. Aber beide Interpretationen berücksichtigen die Vorhandenheit des besagten Idioms nicht genug.<br /> | Alternativ gibt es zur Stelle heute recht häufig (1) die Interpretation, dass ''Gott'' das Subjekt der Heiligung seines Namens sei und dass die „Namensheiligung“ meine, dass er gegen die Entweihung seines Namens durch die Menschen vorgehe, indem er sich am Ende der Zeit als der Heilige offenbare, und v.a. in freieren Üss. (2) die Interpretation, dass „Gottes Namen heiligen“ schlicht meine „Gott preisen“. Aber beide Interpretationen berücksichtigen die Vorhandenheit des besagten Idioms nicht genug.<br /> |
Version vom 13. August 2014, 09:39 Uhr
Syntax ungeprüft
Lesefassung (Matthäus 6)
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Anmerkungen
Studienfassung (Matthäus 6)
1Achtet gut darauf, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht vor den Menschen übt, um von ihnen beobachtet zu werden, sonst werdet ihr keinen Lohn beim Vater eurer haben, dem in den Himmeln.
2Wenn du aus Barmherzigkeit spenden möchtest, dann rede nicht darüber, was (wie viel) du gespendet hast, wie es die Heuchler in den Synagogen und auf den Straßen tun, um {sie} von den Menschen verherrlicht zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben bereits ihren vollen Lohn.
3Du aber, wenn du schon Gaben aus Barmherzigkeit spendest, so lass deine Linke [Hand] nicht wissen, was deine Rechte [Hand] tut,
4damit deine Spenden anonym bleiben, dann wird dein Vater, der verborgen zusieht, dir vergeben (vergelten).
5Und auch beim Beten seid nicht wie die Heuchler, denn sie beten gerne so, dass es jeder sieht, ob stehend in den Synagogen und an Ecken der Hauptstraßen (der breiten Straßen), um von allen gesehen zu werden. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben bereits ihren vollen Lohn erhalten.
6Du hingegen, wenn du betest, geh nach Hause und schließe hinter dir die Tür zu, bete zu deinem Vater, der Verborgen ist, dann wird dein Vater, der im Verborgenen zusieht, dir vergeben (vergelten, deine Gebete erhören)
7 Wenn ihr betet, dann betet nicht immer mit den gleichen Worten (monoton), so wie es die Leute tun aus den Nationen, die denken, dass ihre Gebete erhört werden aufgrund der vielen Worte.
8Tut nicht das Gleiche, bevor ihr anfangt zu beten, denn euer Vater weiß, welche Dinge benötigt werden von jedem Einzelnen.
9 Ihr〈a〉 sollt daher (also) folgendermaßen beten:
(Du) Unser Vater {der} im Himmel〈b〉〈c〉,℘℘℘℘℘℘℘℘
Möge (Mögest)〈d〉 dein Name (du) geheiligt 〈e〉 werden.℘℘℘
10 Möge〈d〉 dein Königtum (Königsherrschaft, Königreich)〈f〉 kommen〈g〉.
Möge〈d〉 dein Wille geschehen - wie im Himmel so auch auf der Erde〈h〉.℘℘℘℘
11Unser Brot (Essen)〈i〉 für den kommenden Tag (unser notwendiges Brot, unser heutiges Brot, unser Brot, das auf uns kommt)〈j〉 gib uns heute ℘
12und vergib uns unsere Schulden (Schuld, Sünden)〈k〉, wie auch wir unseren Schuldnern vergeben haben (vergeben)〈l〉.℘℘℘℘
13Und führe (lass nicht zu, dass wir geraten)〈m〉 uns nicht in Versuchung (Tests)〈m〉,℘℘℘℘℘℘
sondern rette (erlöse) uns von dem Bösen〈m〉.<ref>Textkritik!--LINK'" 0:11--; Did 8,2 („denn dein ist die Macht und die Herrlichkeit, Amen“) und !--LINK'" 0:11--; Did 8,2 („denn dein ist die Macht und die Herrlichkeit, Amen“) und !--LINK'" 0:11--; Did 8,2 („denn dein ist die Macht und die Herrlichkeit, Amen“) und
14Denn wenn ihr den anderen Menschen vergebt, wird auch der himmlische Vater euch vergeben.
15Wenn nicht, dann vergibt euer Vater euch auch nicht.
16Macht keine trüben Gesichter wie die Heuchler, wenn ihr fastet, denn deren Gesichter sind verstellt um den Menschen als Fastende zu erscheinen. Wahrlich, ich sage euch: Sie haben bereits ihren vollen Lohn erhalten.
17Du aber, öle deinen Kopf ein und wasche dein Gesicht, wenn du fastest,
18damit du bei den Menschen nicht den falschen Eindruck erweckst, dass du ein Fastender bist, sondern zu deinem verborgenen Vater, der dir im Verborgenen zusieht und dir vergibt (vergeltet).
19Hört auf, euch Schätze auf der Erde zu anzusammeln (aufzuhäufen), die von Motte und Rost vernichtet (verzehrt) und wo Diebe einbrechen und stehlen.
20Häuft euch vielmehr Schätze im Himmel auf, wo weder Motte noch Rost [sie] verzehren und wo Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21Wo dein Schatz (Lagerhaus, Speicher) ist〈n〉, da (dort) wird〈o〉 dein Herz sein.
22Die Lampe des Leibes ist das Auge. Wenn nun dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.
23Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn in Wirklichkeit das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß ist diese Finsternis!
24Niemand kann ein Sklave von zwei Herren sein; denn entweder wird er den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird sich zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Sklaven Gottes und des Materialismus (Reichtums, Kapitalismus, Mammon) sein.
25Deswegen (Darum) sage ich euch: Seid nicht besorgt (beunruhigt) um euer Leben (eure Seele), was ihr essen oder was ihr trinken sollt〈p〉, oder um euren Körper, über das, was ihr anziehen sollt. Bedeutet das Leben (die Seele) nicht mehr als das Essen (die Speise) und der Körper mehr als die Kleidung?
26Seht (Schaut, Beobachtet) [euch] die Vögel des Himmels an, denn sie säen nicht, noch ernten sie, noch sammeln sie [etwas] ([Vorräte]) in Vorratshäuser (Scheunen); aber euer himmlischer Vater ernährt sie. Seid ihr nicht viel mehr wert (wertvoller) als sie?
27Wer von euch kann dadurch, dass er sich sorgt (mit seinem Sorgen), an sein Lebensalter eine Elle anfügen〈q〉?
28Und über die Kleidung (Auch was Die Kleidung betrifft), was sorgt (beunruhigt) ihr euch (warum macht ihr euch Sorgen)? Beobachtet (Lernt von den) die Lilien des Feldes, wie sie wachsen: weder mühen (quälen) sie sich noch spinnen sie;
29{doch} ich sage euch, dass nicht einmal Salomo in all seiner Herrlichkeit (Pracht) wie eine von diesen bekleidet war.
30Wenn {nun (aber)} Gott das Gras des Feldes, das heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird, so kleidet, [wird er] euch nicht viel mehr [kleiden], ihr Kleingläubigen?
31Also (Deswegen) sorgt euch nicht, indem (und) ihr sagt: Was sollen wir essen? oder: Was sollen wir trinken? oder: Was sollen wir anziehen?
32Denn nach allen diesen Dingen streben (suchen, trachten) die Völker (Nationen, Heiden). Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all diese Dinge braucht (nötig habt).
33 Sucht {aber} zuerst das Reich Gottes (die Gottesherrschaft)〈r〉 und seine Gerechtigkeit, und all dies (andere) wird euch hinzugefügt werden.〈s〉
34 Sorgt euch also nicht um den morgigen Tag (morgen, den nächsten Tag), denn der morgige Tag (morgen, der nächste Tag) wird für sich selbst sorgen (bringt seine eigenen Sorgen mit): [Jeder] Tag hat genug eigenes Schlechtes (Übel).〈t〉
Anmerkungen
a | Ihr - Gr. ὑμεῖς ihr steht hier betont am Ende des Satzes und grenzt so die Jünger von den „plappernden Heuchlern“ ab (Hagner 1993, S. 147): Im Gegensatz zu diesen sollen die Jünger „folgendermaßen beten“. (Zurück zu v.9) |
b | im Himmel - W. „in den Himmeln“, aber „die Himmel“ statt „der Himmel“ ist ein idiomatischer Plural, der sich häufiger im NT findet (wohl ein Semitismus). In der LF sollte mit Einzahl übersetzt werden. (Zurück zu v.9) |
c | Unser Vater im Himmel - Man geht gemeinhin davon aus, dass die auf Griechisch überlieferten Formen des Vaterunsers auf eine ursprünglich aramäische Überlieferung zurückgehen. Vermutlich liegt Mt 6,9 (Unser Vater im Himmel, gr. Πάτερ ἡμῶν ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς) und Lk 11,2 (schlicht „Vater“, gr. Πάτερ) das aramäische und für Jesus typische אַבָּא ´Abba „Vater“ zugrunde (nicht: „Papa“ oder gar „Papi“, wie öfter zu lesen ist; vgl. Barr 1988). Das bedeutet: Die matthäische Version ist sowohl (1) um ἡμῶν unser als auch (2) um ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς im Himmel angereichert. Die Intention dahinter war wohl, das schlichte „Vater“ beizubehalten und gleichzeitig „liturgietauglich“ zu machen: „Unser Vater“ findet sich häufiger in jüdischen Gebeten (s. z.B. das „Unser Vater, unser König“) und war wohl charakteristisch für Gemeindegebete (Grimm 1992, S. 26; Gundry 1994, S. 105; Lambrecht 1984, S. 128f). Ähnliches gilt für „Vater im Himmel“, das sich ebenfalls häufiger in jüdischen Gebeten fand: „Wo immer die Rabbinen von Gott als dem Vater sprachen, führten sie den Zusatz „himmlisch“ ein, weil ihnen die vertraulich-intime Anrede „Vater“ gegenüber Gott zu respektlos erschien.“ (Schnackenburg 1984, S. 111; so fast alle Exegeten). Nach Luz 1985, S. 333 ist die katholische Wortstellung „Vater unser“ (im Unterschied zu „Unser Vater“) „grammatikalisch falsch“. Das ist nicht so, sie ist aber veraltet und irritierend, ohne dabei einen bedeutungsmäßigen Unterschied zu machen und ist daher keine ernsthafte Alternative für die LF. Das größere Problem ist, dass weder „Vater unser“ noch „unser Vater“ als Vokativ verwendet werden können, weil der im Deutschen eigentlich nicht mit einem Pronomen konstruiert werden kann (außer in geprägten Wendungen wie z.B. „Eure Majestät“ und eben „Vater unser“). Ich bin unsicher, wie daher in der LF vorzugehen ist. Vielleicht ist wirklich am sinnvollsten das „unser“ auszusparen, da es im Deutschen ja auch ohne dieses Pronomen ein „liturgietaugliches Gemeindegebet“ wäre. (Zurück zu v.9) |
d | Möge - In V. 9c.10a.10b verwendet Matthäus den Imperativ Aorist, der im Griechischen standardmäßig für Gebete verwendet wird und keine weitere temporalsemantische Bedeutung hat (Grosvenor/Zerwick u.a.) - wieder greift Mt zurück auf ein „Gebetsidiom“. Vielleicht entspricht dem heute eher das deutsche Gebetsidiom „Wir bitten (dafür), dass...“? B/N zumindest übersetzen sehr gut mit „Lass uns...“ (Zurück zu v.9 / zu v.10) |
e | Möge dein Name geheiligt werde - „Den Namen Gottes heiligen“ ist ein jüdisches Idiom und bedeutet in etwa „Gott als Herrn anerkennen und deshalb seinen Willen tun“; vgl. z.B. B/S I, bes. S. 414, auch S. 412; ThWNT I, S. 99; JE: ḲIDDUSH HA-SHEM and ḤILLUL HASHEM; Oakman 1999, S. 161-164. Vergleiche schon im AT Lev 22,31f. In späteren jüdischen Schriften taucht es noch häufiger auf. Ein sehr schönes Beispiel ist die jüdische Tradition, derzufolge das Königtum deshalb dem Stamm Juda zugefallen sei, weil Nachschom zur Zeit des Exodus Gottes Befehl, das Meer zu durchziehen, schon befolgte, bevor sich das Meer geteilt hatte und einfach in die Fluten sprang. Darauf spricht Gott: „Jener, der am Meer meinen Namen geheiligt hat, wird kommen und über Israel herrschen“ (Menn 1997, S. 264). Und noch heute hat „jeder Jude, ob groß oder klein, [...] das Recht und die Pflicht, durch sein Verhalten (sowohl in Gegenwart von Juden als auch von Heiden) den Namen Gottes zu heiligen: durch das Studium der Torah, durch das Halten der Gebote, und dadurch, dass er andere freundlich, rücksichtsvoll und ehrlich behandelt.“ (Eisenberg 2005, S. 12; meine Üs.) Alternativ gibt es zur Stelle heute recht häufig (1) die Interpretation, dass Gott das Subjekt der Heiligung seines Namens sei und dass die „Namensheiligung“ meine, dass er gegen die Entweihung seines Namens durch die Menschen vorgehe, indem er sich am Ende der Zeit als der Heilige offenbare, und v.a. in freieren Üss. (2) die Interpretation, dass „Gottes Namen heiligen“ schlicht meine „Gott preisen“. Aber beide Interpretationen berücksichtigen die Vorhandenheit des besagten Idioms nicht genug. |
f | Königtum (Königsherrschaft, Königreich) - traditionell „Reich“, aber die Wendung „Reich Gottes“ hat seltenst räumliche Bedeutung, sondern meint das Faktum der Herrschaft Gottes; das dynamische Königtum Gottes im Vollzug (Jeremias 1971, S. 101; ad loc. Lambrecht 1984, S. 130 u.v.a.). Arichea 1980, S. 227 schlägt als kommunikative Üss. daher vor: (1) „Mögest du über uns herrschen“, (2) „Mögest du unser König sein“, (3) „Mögest du über alle Menschen herrschen“. V. 10a meint damit genau das selbe wie 9c. (Zurück zu v.10) |
g | kommen - In der Exegese geht man heute zumeist davon aus, dass Jesus das Königtum Gottes als mit seinem Auftreten bereits angebrochen, aber noch nicht vollends realisiert verstand (in der Theologie spricht man hier von der „Spannung von schon-jetzt und noch-nicht“). So muss wohl das „kommen“ erklärt werden: Der Beter soll um die völlige Realisierung der bereits angebrochenen Herrschaft Gottes bitten. (Zurück zu v.10) |
h | wie im Himmel so auch auf der Erde - Cullmann 1997 und schon einige vor ihm haben erwogen, ob sich „wie im Himmel, so auch auf der Erde“ auch deuten ließe als „sowohl im Himmel als auch auf der Erde“; dagegen aber Lohfink 1989, S. 123. (Zurück zu v.10) |
i | Brot (Essen) - „Brot“ steht in der Bibel häufig pars pro toto für Nahrung i.A., da das Gros der Mahlzeiten im Alten Israel nur aus Brot und Wasser bestand. So auch hier, vgl. ad loc. Arichea 1980, S. 221; Luz 1985, S. 347; Schürmann 1958, S. 63; Schweizer 1981, s. 97 (Zurück zu v.11) |
j | kommend (notwendig, heutig, das auf uns kommt) - Das griechische Wort ἐπιούσιος ist umstritten. Es findet sich nur hier, in der lk Parallelstelle Lk 11,3 und wahrscheinlich auf einem alten Papyrus, der überdies mittlerweile wieder verloren gegangen ist. Als Ableitungen wurden vorgeschlagen:
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k | Schulden (Schuld, Sünden) - ὀφειλήματα sind im Griechischen eigentlich nur die Geldschulden. Es ist dies ein Aramäismus: das aramäische חוׂבָא meint sowohl Geldschulden als auch Sünden (so fast alle Exegeten). Arichea 1980, S. 222 empfiehlt die Übersetzung der Good News: „Die Fehler, die wir getan haben... denen, die an uns gefehlt haben“. (Zurück zu v.12) |
l | vergeben haben (vergeben) - Einigen Exegeten scheint es merkwürdig, dass hier die Vergebung durch die Menschen offenbar zur Bedingung der Vergebung Gottes gemacht wird; sie gehen daher davon aus, dass hinter diesem Aorist ein semitisches Perfekt gestanden habe, das sowohl Vergangenheits- als auch Gegenwartsbedeutung haben kann (Grimm 1992, S. 93; Jeremias 1971, S. 195; Kistemaker 1978, S. 324; Luz 1985, S. 348; Stöger 1980b, S. 102). Das ist abzulehnen; Vv. 14f machen klar, dass in diesem Kontext die Vergebung der Menschen tatsächlich als Bedingung für die Vergebung Gottes gedacht wird (Hagner 1993, S. 150f; Lambrecht 1984, S. 137). (Zurück zu v.12) |
m | führe (lass nicht zu, dass wir geraten), Versuchung (Tests), Bösen - Bei V. 13 arbeitet die Exegese sich v.a. an der Ambivalenz der beiden Ausdrücke (1) εἰσενέγκῃς εἰς πειρασμόν und (2) ἀπὸ τοῦ πονηροῦ ab. (1a) πειρασμός heißt meist „Versuchung“ und bezieht sich dann auf das Streben Satans, den Gläubigen von seinem Glauben und seine Rechtschaffenheit abzubringen. Oder, (1b): Nach altjüdischer Vorstellung bringt Gott immer wieder Unheil über den gläubigen Menschen, damit dieser sich in diesen „Tests“ als rechter Gottesdiener bewähren kann (vgl. z.B. Gen 22,1; Ex 16,4; Ri 3,1-4; Ps 26,2; Sir 2,1); alternativ könnte sich πειρασμός auf diese „Tests“ beziehen (vgl. EWNT III, S. 153: „Je nach Intention differenziert sich der Test positiv als Bewährungsprobe, negativ als Verleiten zum Fall. [...] Überwiegend ist eine Belastung und Bedrohung durch Menschen oder Mächte (vgl. „Drangsal, Verfolgung, Fallstricke“ usw.) gemeint [...].“). Damit hängt zusammen die richtige Deutung von πονηρός: Hier könnte πονηρός sowohl (2a) als Maskulinum gedeutet werden und dann „den Bösen“ meinen - also den Teufel, oder aber (2b) als Neutrum und dann „das Böse“=Unheil meinen.
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n | ἐστιν: 3.Sg. Präsenz akt. (Zurück zu v.21) |
o | ἔσται: 3.Sg. Futur med. (Zurück zu v.21) |
p | In manchen Handschriften fehlt das Trinken (ἢ τί πίητε), das SBLGNT lässt es weg, NA27 setzt es in Klammern. (Zurück zu v.25) |
q | D.h. „sein Leben auch nur ein bisschen verlängern“. (Zurück zu v.27) |
r | Hier sind sich die Quellen uneinig: Einige Quellen lesen hier βασιλείαν τοῦ θεοῦ (die gewählte Übersetzung), andere lassen τοῦ θεοῦ weg, wieder andere lesen βασιλείαν των ουρανων (also „Himmelreich“). (Zurück zu v.33) |
s | Frei übersetzt: „dafür werden euch alle anderen Dinge gegeben werden“ (Zurück zu v.33) |
t | Der Versuch, einer wörtlicheren Wiedergabe: „Das dem [einzelnen] Tag zugehörige Schlechte ist genug.“ (Zurück zu v.34) |