Psalm 13: Unterschied zwischen den Versionen

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<ref name="Bis wann">''Bis wann (wie lange)'' - Einige Exegeten denken, dass mit „bis wann“ eingeleitete rhetorische Fragen sich in der Bibel besonders in „vorwurfsvoller Rede“ fänden und daher als eine ungeduldigere Variante zum üblichen „Wie lange noch“ aufzufassen sei (so z.B. Gerstenberger 1991, S. 84; Herkenne 1936, S. 75f.; Zenger 1987, S. 75). Auf einige Stellen mag das auch passen, aber vgl. zum vorwurfsvollen „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. [[Josua 18#s3 |Jos 18,3]]; [[Ijob 18#s2 |Ijob 18,2]] vs. [[Psalm 82#s2 |Ps 82,2]]; [[Psalm 94#s8 |94,8]] und zum wohl eher „vorwurfslosen“ und unserem Vers ähnlicheren „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. [[Jeremia 47#s6 |Jer 47,6]]; [[Habakkuk 1#s2 |Hab 1,2]] vs. [[Psalm 6#s4 |Ps 6,4]]; [[Psalm 74#s10 |74,10]]; [[Psalm 80#s5 |80,5]]; [[Psalm 90#s13 |90,13]]; [[Psalm 94#s3 |94,3]] - „Bis wann“ und „Wie lange“ sind daher wohl doch eher schlicht gleichbedeutende Ausdrucksvarianten, die beide sowohl vorwurfsvollen als auch vorwurfslosen Unterton haben können.</ref>,  
 
<ref name="Bis wann">''Bis wann (wie lange)'' - Einige Exegeten denken, dass mit „bis wann“ eingeleitete rhetorische Fragen sich in der Bibel besonders in „vorwurfsvoller Rede“ fänden und daher als eine ungeduldigere Variante zum üblichen „Wie lange noch“ aufzufassen sei (so z.B. Gerstenberger 1991, S. 84; Herkenne 1936, S. 75f.; Zenger 1987, S. 75). Auf einige Stellen mag das auch passen, aber vgl. zum vorwurfsvollen „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. [[Josua 18#s3 |Jos 18,3]]; [[Ijob 18#s2 |Ijob 18,2]] vs. [[Psalm 82#s2 |Ps 82,2]]; [[Psalm 94#s8 |94,8]] und zum wohl eher „vorwurfslosen“ und unserem Vers ähnlicheren „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. [[Jeremia 47#s6 |Jer 47,6]]; [[Habakkuk 1#s2 |Hab 1,2]] vs. [[Psalm 6#s4 |Ps 6,4]]; [[Psalm 74#s10 |74,10]]; [[Psalm 80#s5 |80,5]]; [[Psalm 90#s13 |90,13]]; [[Psalm 94#s3 |94,3]] - „Bis wann“ und „Wie lange“ sind daher wohl doch eher schlicht gleichbedeutende Ausdrucksvarianten, die beide sowohl vorwurfsvollen als auch vorwurfslosen Unterton haben können.</ref>,  
 
JHWH, wirst (willst) du mich [so] gänzlich (für immer, fortwährend)
 
JHWH, wirst (willst) du mich [so] gänzlich (für immer, fortwährend)
<ref>''[so] gänzlich (für immer, fortwährend)'' - Deutung umstritten; s. die [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Psalm_13#note_c Anmerkung zum Text c]. Nach unserem Verständnis hat das Wort superlativische Funktion und soll das „vergessen“ noch zusätzlich steigern; vgl. bes. Ehrlich 1905, S. 25; Thomas 1956; so auch ALB; EÜ; H-R; HER05; Kissane 1953, S. 52; LUT; MEN; NeÜ; Nötscher 1959, S. 34; SLT; STAD; TUR; van Ess; Zenger 1987, S. 73; ZÜR.</ref>  
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<ref>''[so] gänzlich (für immer, fortwährend)'' - Deutung umstritten; s. die [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Psalm_13#note_a Anmerkung zum Text a]. Nach unserem Verständnis hat das Wort superlativische Funktion und soll das „vergessen“ noch zusätzlich steigern; vgl. bes. Ehrlich 1905, S. 25; Thomas 1956; so auch ALB; EÜ; H-R; HER05; Kissane 1953, S. 52; LUT; MEN; NeÜ; Nötscher 1959, S. 34; SLT; STAD; TUR; van Ess; Zenger 1987, S. 73; ZÜR.</ref>  
 
vergessen
 
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<ref>''vergessen'' ist nicht wörtlich zu verstehen - als hätte Gott ein schlechtes Gedächtnis. Ähnlich, wie die Rede davon, dass Israel Gott oder seine Gebote „vergisst“, fast stets meint, dass es sich von Gott und seinen Geboten ''abgewandt'' hat, meint auch die Rede von ''Gottes'' „Vergessen“ ein aktives sich-Abwenden Gottes (s. noch [[1Samuel 1#s11 |1Sam 1,11]]; [[Psalm 10#s12 |Ps 10,12]]; [[Psalm 42#s10 |42,10]]; [[Psalm 44#s25 |44,25]]; [[Jesaja 49#s14 |Jes 49,14]]; [[Klagelieder 5#s20 |Klg 5,20]]): Gott entzieht jenem, den er „vergisst“, seine Huld und lässt so zu (vielleicht sogar: sorgt dafür), dass ihm Schlimmes zustößt; vgl. gut Janowski 2001, S. 27f; Wöhrle 2011, S. 228.230.</ref>?<br />  
 
<ref>''vergessen'' ist nicht wörtlich zu verstehen - als hätte Gott ein schlechtes Gedächtnis. Ähnlich, wie die Rede davon, dass Israel Gott oder seine Gebote „vergisst“, fast stets meint, dass es sich von Gott und seinen Geboten ''abgewandt'' hat, meint auch die Rede von ''Gottes'' „Vergessen“ ein aktives sich-Abwenden Gottes (s. noch [[1Samuel 1#s11 |1Sam 1,11]]; [[Psalm 10#s12 |Ps 10,12]]; [[Psalm 42#s10 |42,10]]; [[Psalm 44#s25 |44,25]]; [[Jesaja 49#s14 |Jes 49,14]]; [[Klagelieder 5#s20 |Klg 5,20]]): Gott entzieht jenem, den er „vergisst“, seine Huld und lässt so zu (vielleicht sogar: sorgt dafür), dass ihm Schlimmes zustößt; vgl. gut Janowski 2001, S. 27f; Wöhrle 2011, S. 228.230.</ref>?<br />  
 
: Bis wann (Wie lange)<ref name="Bis wann" /> wirst (willst) du dein Gesicht vor mir verbergen<ref>''dein Gesicht vor mir verbergen'' - Die Rede davon, dass Gott „sein Angesicht vor jemandem verbirgt“, hat exakt die selbe Bedeutung wie die, dass er jemanden „vergisst“ (s.o.; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Psalm_30#note_u FN u] zu [[Psalm 30#s8 |Ps 30,8]]): Gott verbirgt sein Gesicht vor jemandem = Gott schaut jemanden nicht mehr gnädig an (und lässt so zu, dass Unheil über ihn hereinbricht); vgl. ''ad loc.'' gut Kraus 1961, S. 100; Nötscher 1959, S. 34f; Prinsloo 2013, S. 793.</ref>?<br />
 
: Bis wann (Wie lange)<ref name="Bis wann" /> wirst (willst) du dein Gesicht vor mir verbergen<ref>''dein Gesicht vor mir verbergen'' - Die Rede davon, dass Gott „sein Angesicht vor jemandem verbirgt“, hat exakt die selbe Bedeutung wie die, dass er jemanden „vergisst“ (s.o.; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Psalm_30#note_u FN u] zu [[Psalm 30#s8 |Ps 30,8]]): Gott verbirgt sein Gesicht vor jemandem = Gott schaut jemanden nicht mehr gnädig an (und lässt so zu, dass Unheil über ihn hereinbricht); vgl. ''ad loc.'' gut Kraus 1961, S. 100; Nötscher 1959, S. 34f; Prinsloo 2013, S. 793.</ref>?<br />
 
{{S|3}} Bis wann (Wie lange)<ref name="Bis wann" /> muss (werde) ich Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?)
 
{{S|3}} Bis wann (Wie lange)<ref name="Bis wann" /> muss (werde) ich Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?)
<ref>''Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?)'' - Bedeutung umstritten; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Psalm_13#note_f Anmerkung zum Text f]. Am Besten ist der Sticho nach der alten Erklärung von Baethgen 1892, S. 34 zu verstehen, „der Sänger mach[e] sich Pläne, wie er den Gefahren[, die in V. 3c genannt werden,] entrinne.“<br />Gelegentlich wurde eingewandt, dass „Pläne“ nicht zu ''nefesch'' (hier traditionell - und ungenau - übersetzt mit: „Seele“) passen würde, weil ''nefesch'' nicht den ''Verstand'' des Menschen, sondern seine ''Emotionen'' bezeichne (zu ''nefesch'' als Sitz der Emotionen vgl. z.B. Wolff 1973, S. 33). Das greift nicht: Wenn - was in der Tat richtig ist - ''nefesch'' den Menschen in seinem Streben und Sehnen beschreibt, heißt das ja nur, dass „Wie lange muss ich noch Pläne in meine ''nefesch'' legen?“ nicht nach dem rationalen Überdenken möglicher Auswege aus der Notsituation fragt, sondern nach dem ''Streben'' nach einem solchen Ausweg; sinngemäß also: „Wie lange muss ich mich noch nach einem Ausweg sehnen?“ Recht gut daher Zenger 1987, S. 73: „Bis wann muß ich mit Gedanken quälen meine Seele?“</ref>  
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<ref>''Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?)'' - Bedeutung umstritten; vgl. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Psalm_13#note_b Anmerkung zum Text b]. Am Besten ist der Sticho nach der alten Erklärung von Baethgen 1892, S. 34 zu verstehen, „der Sänger mach[e] sich Pläne, wie er den Gefahren[, die in V. 3c genannt werden,] entrinne.“<br />Gelegentlich wurde eingewandt, dass „Pläne“ nicht zu ''nefesch'' (hier traditionell - und ungenau - übersetzt mit: „Seele“) passen würde, weil ''nefesch'' nicht den ''Verstand'' des Menschen, sondern seine ''Emotionen'' bezeichne (zu ''nefesch'' als Sitz der Emotionen vgl. z.B. Wolff 1973, S. 33). Das greift nicht: Wenn - was in der Tat richtig ist - ''nefesch'' den Menschen in seinem Streben und Sehnen beschreibt, heißt das ja nur, dass „Wie lange muss ich noch Pläne in meine ''nefesch'' legen?“ nicht nach dem rationalen Überdenken möglicher Auswege aus der Notsituation fragt, sondern nach dem ''Streben'' nach einem solchen Ausweg; sinngemäß also: „Wie lange muss ich mich noch nach einem Ausweg sehnen?“ Recht gut daher Zenger 1987, S. 73: „Bis wann muß ich mit Gedanken quälen meine Seele?“</ref>  
 
in meine Seele
 
in meine Seele
 
<ref>''in meine Seele'' - dazu s. vorige FN.</ref> legen,<br />
 
<ref>''in meine Seele'' - dazu s. vorige FN.</ref> legen,<br />
: Wobei ([Bis wann (wie lange)] [wird sein/muss ich legen])<ref>''Wobei Kummer in meinem Herzen ist (Wie lange wird sein/muss ich legen Kummer in meinem Herz)'' - Beide Auflösungen sind hier gleichermaßen möglich; die eingeklammerte erfordert allerdings die Ergänzung (->Brachylogie) von „Wird sein“ und „muss ich legen“ aus dem vorigen Sticho, was aber nicht problematisch ist. Dass dieser Sticho der einzige in Vv. 2f ist, in dem das einleitende „Bis wann“ fehlt, ist aber so auffällig, dass die primäre Übersetzung doch etwas wahrscheinlicher ist.</ref> Kummer in meinem Herzen [ist] [sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]? {am Tag}?)<ref>''[sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]?, <s>am Tag</s>?)'' - Deutung umstritten; s. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Psalm_13#note_h Anmerkung h]. Vermutlich ist das „am Tag“ steigernd zu verstehen: Während die übliche Zeit, zu der man Kummer besonders intensiv „im Herzen“ empfindet, eigentlich die Nacht ist (so schon Olshausen 1853, S. 75), ist der Kummer des Psalmisten besonders groß - so groß ist er, dass er ''sogar'' noch am Tag seinen Kummer gar nicht verdrängen kann (Barthélemy 1982, S. 54; Janowski 2001, S. 26; mit „[sogar]“ übersetzen auch Wöhrle 2011 und Zenger 1987; vielleicht aus diesem Grund auch Deissler 1989, S. 62: „am hellen Tag“).</ref>?<br />
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: Wobei ([Bis wann (wie lange)] [wird sein/muss ich legen])<ref>''Wobei Kummer in meinem Herzen ist (Wie lange wird sein/muss ich legen Kummer in meinem Herz)'' - Beide Auflösungen sind hier gleichermaßen möglich; die eingeklammerte erfordert allerdings die Ergänzung (->Brachylogie) von „Wird sein“ und „muss ich legen“ aus dem vorigen Sticho, was aber nicht problematisch ist. Dass dieser Sticho der einzige in Vv. 2f ist, in dem das einleitende „Bis wann“ fehlt, ist aber so auffällig, dass die primäre Übersetzung doch etwas wahrscheinlicher ist.</ref> Kummer in meinem Herzen [ist] [sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]? {am Tag}?)<ref>''[sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]?, <s>am Tag</s>?)'' - Deutung umstritten; s. [http://www.offene-bibel.de/wiki/index.php5?title=Kommentar:Psalm_13#note_d Anmerkung d]. Vermutlich ist das „am Tag“ steigernd zu verstehen: Während die übliche Zeit, zu der man Kummer besonders intensiv „im Herzen“ empfindet, eigentlich die Nacht ist (so schon Olshausen 1853, S. 75), ist der Kummer des Psalmisten besonders groß - so groß ist er, dass er ''sogar'' noch am Tag seinen Kummer gar nicht verdrängen kann (Barthélemy 1982, S. 54; Janowski 2001, S. 26; mit „[sogar]“ übersetzen auch Wöhrle 2011 und Zenger 1987; vielleicht aus diesem Grund auch Deissler 1989, S. 62: „am hellen Tag“).</ref>?<br />
 
: Bis wann (Wie lange)<ref name="Bis wann" /> wird (darf) sich mein Feind gegen mich erheben?
 
: Bis wann (Wie lange)<ref name="Bis wann" /> wird (darf) sich mein Feind gegen mich erheben?
 
{{S|4}} Schau her, antworte mir, JHWH, mein Gott! Lasse meine Augen leuchten<ref>Die Wendung „die Augen leuchten lassen“ drückt „am Leben lassen“ aus.</ref>, dass ich nicht entschlafe des Todes<ref>Die Formulierung „des Todes entschlafen“ ist unter Angabe von Ps 13,4 im Handwörterbuch von W. Gesenius (17.Auflage) entnommen.</ref>!
 
{{S|4}} Schau her, antworte mir, JHWH, mein Gott! Lasse meine Augen leuchten<ref>Die Wendung „die Augen leuchten lassen“ drückt „am Leben lassen“ aus.</ref>, dass ich nicht entschlafe des Todes<ref>Die Formulierung „des Todes entschlafen“ ist unter Angabe von Ps 13,4 im Handwörterbuch von W. Gesenius (17.Auflage) entnommen.</ref>!

Version vom 13. Oktober 2014, 23:22 Uhr

Syntax ungeprüft

SF ungeprüft.png
Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Psalm 13)

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Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 13)

1 Für den den Chorleiter (Dirigenten, Singenden, Musizierenden).a
Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David.


2 Bis wann (wie lange) b, JHWH, wirst (willst) du mich [so] gänzlich (für immer, fortwährend) c vergessen d?

Bis wann (Wie lange)b wirst (willst) du dein Gesicht vor mir verbergene?

3 Bis wann (Wie lange)b muss (werde) ich Pläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?) f in meine Seele g legen,

Wobei ([Bis wann (wie lange)] [wird sein/muss ich legen])h Kummer in meinem Herzen [ist] [sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]? {am Tag}?)i?
Bis wann (Wie lange)b wird (darf) sich mein Feind gegen mich erheben?

4 Schau her, antworte mir, JHWH, mein Gott! Lasse meine Augen leuchtenj, dass ich nicht entschlafe des Todesk! 5 Dass nicht sagen kann mein Feind: Ich habe ihn besiegt (überwunden)! Meine Bedränger werden jubeln, wenn (dass) ich wanke. 6 Und ich vertraue auf deine Gnade (Güte) und es jauchzt mein Herz über deine Hilfe, singen will ich JHWH, denn (ja) er tut (vollbringt) an mir [Gutes].

Anmerkungen

aGenaue Bedeutung unklar. Die gewählte Übersetzung ist mehr oder weniger Konvention, obwohl es nicht an alternativen Übersetzungsvorschlägen mangelt. (Zurück zu v.1)
bBis wann (wie lange) - Einige Exegeten denken, dass mit „bis wann“ eingeleitete rhetorische Fragen sich in der Bibel besonders in „vorwurfsvoller Rede“ fänden und daher als eine ungeduldigere Variante zum üblichen „Wie lange noch“ aufzufassen sei (so z.B. Gerstenberger 1991, S. 84; Herkenne 1936, S. 75f.; Zenger 1987, S. 75). Auf einige Stellen mag das auch passen, aber vgl. zum vorwurfsvollen „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. Jos 18,3; Ijob 18,2 vs. Ps 82,2; 94,8 und zum wohl eher „vorwurfslosen“ und unserem Vers ähnlicheren „Bis wann“ vs. „Wie lange“ z.B. Jer 47,6; Hab 1,2 vs. Ps 6,4; 74,10; 80,5; 90,13; 94,3 - „Bis wann“ und „Wie lange“ sind daher wohl doch eher schlicht gleichbedeutende Ausdrucksvarianten, die beide sowohl vorwurfsvollen als auch vorwurfslosen Unterton haben können. (zu v.2 / zu v.3)
c[so] gänzlich (für immer, fortwährend) - Deutung umstritten; s. die Anmerkung zum Text a. Nach unserem Verständnis hat das Wort superlativische Funktion und soll das „vergessen“ noch zusätzlich steigern; vgl. bes. Ehrlich 1905, S. 25; Thomas 1956; so auch ALB; ; H-R; HER05; Kissane 1953, S. 52; LUT; MEN; NeÜ; Nötscher 1959, S. 34; SLT; STAD; TUR; van Ess; Zenger 1987, S. 73; ZÜR. (Zurück zu v.2)
dvergessen ist nicht wörtlich zu verstehen - als hätte Gott ein schlechtes Gedächtnis. Ähnlich, wie die Rede davon, dass Israel Gott oder seine Gebote „vergisst“, fast stets meint, dass es sich von Gott und seinen Geboten abgewandt hat, meint auch die Rede von Gottes „Vergessen“ ein aktives sich-Abwenden Gottes (s. noch 1Sam 1,11; Ps 10,12; 42,10; 44,25; Jes 49,14; Klg 5,20): Gott entzieht jenem, den er „vergisst“, seine Huld und lässt so zu (vielleicht sogar: sorgt dafür), dass ihm Schlimmes zustößt; vgl. gut Janowski 2001, S. 27f; Wöhrle 2011, S. 228.230. (Zurück zu v.2)
edein Gesicht vor mir verbergen - Die Rede davon, dass Gott „sein Angesicht vor jemandem verbirgt“, hat exakt die selbe Bedeutung wie die, dass er jemanden „vergisst“ (s.o.; vgl. FN u zu Ps 30,8): Gott verbirgt sein Gesicht vor jemandem = Gott schaut jemanden nicht mehr gnädig an (und lässt so zu, dass Unheil über ihn hereinbricht); vgl. ad loc. gut Kraus 1961, S. 100; Nötscher 1959, S. 34f; Prinsloo 2013, S. 793. (Zurück zu v.2)
fPläne (Auflehnung?, Schmerzen?, Kummer?, Sorgen?) - Bedeutung umstritten; vgl. Anmerkung zum Text b. Am Besten ist der Sticho nach der alten Erklärung von Baethgen 1892, S. 34 zu verstehen, „der Sänger mach[e] sich Pläne, wie er den Gefahren[, die in V. 3c genannt werden,] entrinne.“
Gelegentlich wurde eingewandt, dass „Pläne“ nicht zu nefesch (hier traditionell - und ungenau - übersetzt mit: „Seele“) passen würde, weil nefesch nicht den Verstand des Menschen, sondern seine Emotionen bezeichne (zu nefesch als Sitz der Emotionen vgl. z.B. Wolff 1973, S. 33). Das greift nicht: Wenn - was in der Tat richtig ist - nefesch den Menschen in seinem Streben und Sehnen beschreibt, heißt das ja nur, dass „Wie lange muss ich noch Pläne in meine nefesch legen?“ nicht nach dem rationalen Überdenken möglicher Auswege aus der Notsituation fragt, sondern nach dem Streben nach einem solchen Ausweg; sinngemäß also: „Wie lange muss ich mich noch nach einem Ausweg sehnen?“ Recht gut daher Zenger 1987, S. 73: „Bis wann muß ich mit Gedanken quälen meine Seele?“ (Zurück zu v.3)
gin meine Seele - dazu s. vorige FN. (Zurück zu v.3)
hWobei Kummer in meinem Herzen ist (Wie lange wird sein/muss ich legen Kummer in meinem Herz) - Beide Auflösungen sind hier gleichermaßen möglich; die eingeklammerte erfordert allerdings die Ergänzung (->Brachylogie) von „Wird sein“ und „muss ich legen“ aus dem vorigen Sticho, was aber nicht problematisch ist. Dass dieser Sticho der einzige in Vv. 2f ist, in dem das einleitende „Bis wann“ fehlt, ist aber so auffällig, dass die primäre Übersetzung doch etwas wahrscheinlicher ist. (Zurück zu v.3)
i[sogar] am Tag (täglich?, den ganzen Tag?, Tag [und Nacht]?, am Tag?) - Deutung umstritten; s. Anmerkung d. Vermutlich ist das „am Tag“ steigernd zu verstehen: Während die übliche Zeit, zu der man Kummer besonders intensiv „im Herzen“ empfindet, eigentlich die Nacht ist (so schon Olshausen 1853, S. 75), ist der Kummer des Psalmisten besonders groß - so groß ist er, dass er sogar noch am Tag seinen Kummer gar nicht verdrängen kann (Barthélemy 1982, S. 54; Janowski 2001, S. 26; mit „[sogar]“ übersetzen auch Wöhrle 2011 und Zenger 1987; vielleicht aus diesem Grund auch Deissler 1989, S. 62: „am hellen Tag“). (Zurück zu v.3)
jDie Wendung „die Augen leuchten lassen“ drückt „am Leben lassen“ aus. (Zurück zu v.4)
kDie Formulierung „des Todes entschlafen“ ist unter Angabe von Ps 13,4 im Handwörterbuch von W. Gesenius (17.Auflage) entnommen. (Zurück zu v.4)