Psalm 22

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche

Syntax ungeprüft

SF ungeprüft.png
Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 22)

1 Für den Chorleiter (Dirigenten, Singenden, Musizierenden).a Nach „Hirschkuh der Mörgenröte“ ([Vorzutragen vom] Vorsteher [über das Ritual] „Hirschkuh der Morgenröte“)b Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David


2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen,
[warum] [bist du] fern von meiner Rettung (von meinem Schreien),c [von den] den Worten meiner Klage ([warum] sind die Worte meiner Klage fern von meiner Rettung)?
3 Meine Gottheit, ich rufe Tag - doch du antwortest (erhörst mich)d nicht,
und Nacht - doch [es gibt] nicht Ruhe für mich.e
4 Du aber, Heiliger, thronst auf den Lobgesängen Israels.
5 Auf dich vertrauten unsere Vorfahren, sie vertrauten und du hast sie befreit.
6 Zu dir schrien sie und wurden gerettet, auf dich vertrauten sie und wurden nicht zuschanden.
7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, der Leute Spott und verachtet vom Volk.
8 Alle, die mich sehen, verspotten mich, verziehen den Mund und schütteln den Kopf.
9 Wälze es auf JHWH! Der rette ihn, er befreie ihn, er hat ja Gefallen an ihm.
10 Du bist es, der mich aus dem Mutterschoß zog, der mich sicher barg an der Brust meiner Mutter.
11 Auf dich bin ich geworfen vom Mutterleibe an, von meiner Mutter Schoß an bist du mein Gott.
12 Sei nicht fern von mir, denn die Not ist nahe; keiner ist da, der hilft.
13 Zahlreiche Stiere sind um mich, Baschanbüffel umringen mich.
14 Sie sperren ihr Maul auf gegen mich, ein reißender, brüllender Löwe.
15 Wie Wasser bin ich hingeschüttet und es fallen auseinander meine Gebeine. Wie Wachs ist mein Herz zerflossen in meiner Brust.
16 Trocken wie eine Scherbe ist meine Kraft und meine Zunge klebt mir am Gaumen, in den Staub des Todes legst du mich.
17 Um mich sind Hunde, eine Rotte von Übeltätern umzingelt mich, wie ein Löwe meine Hände und Füße.
18 Zählen kann ich all meine Knochen. Sie aber schauen zu, weiden sich an mir.
19 Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.
20 Du aber, JHWH, sei nicht fern, meine Stärke, eile mir zu Hilfe!
21 Errette vor dem Schwert mein Leben, aus der Gewalt der Hunde meine verlassene Seele!
22 Hilf mir vor dem Rachen des Löwen, vor den Hörnern der Wildstiere! Du hast mich erhört.
23 Ich will deinen Namen meinen Brüdern verkünden, in der Versammlung will ich dich loben!
24 Die ihr JHWH fürchtet, lobt ihn, alle Nachkommen Jakobs, ehret ihn, erschauert vor ihm, alle Nachkommen Israels!
25 Denn er hat nicht verachtet oder (noch) verabscheut das Elend des Elenden, hat sein Angesicht nicht vor ihm verborgen, und als (da) er schrie, erhörte er ihn.
26 Von dir geht mein Lobgesang aus in großer Versammlung, meine Gelübde erfülle ich vor denen, die ihn fürchten.
27 Die Elenden essen und werden satt, es loben JHWH, die ihn suchen. Aufleben soll euer Herz für immer.
28 Alle Enden der Erde werden dessen gedenken und umkehren zu JHWH, und vor dir werden sich niederwerfen alle Sippen der Völker.
29 Denn JHWH ist das Reich und er herrscht über die Völker.
30 Es aßen und warfen sich nieder alle Fetten (= Mächtigen) der Erde, vor ihm beugen sich alle, die in den Staub sinken. Seine Seele aber erhielt er nicht am Leben.
31 Nachkommen werden ihm dienen. Erzählen wird man vom Herrn der Generation,
32 die noch kommt und verkünden seine Gerechtigkeit dem Volk, das noch geboren wird. Er hat es vollbracht.

Anmerkungen

aChorleiter - Heb. menatseach; genaue Bedeutung unklar. Die Primärübersetzung „Chorleiter“ ist mehr oder weniger Konvention. S. noch nächste FN. (Zurück zu v.1)
bNach „Hirschkuh der Morgenröte“ ([Vorzutragen vom] Vorsteher [über das Ritual] „Hirschkuh der Morgenröte“) - Ein weiterer Begriff mit unbekannter Bedeutung. Für gewöhnlich werden diese und ähnliche Angaben in anderen Psalmen so verstanden, dass damit die Melodie eines bekannten Liedes genannt werde, nach der auch dieser Psalm zu singen sei, zu übersetzen wäre also etwa: „[vorzutragen] nach [der Melodie] ‚Hirschkuh der Morgenröte‘“.
Einen wahrscheinlicheren Vorschlag zum Verständnis der sog. „Psalmenüberschriften“ hat 1970 John Sawyer gemacht (s. Sawyer 2011b): In akkadischen Ritualtexten gibt es ähnliche Angaben wie in den Psalmüberschriften; u.a. wird dort häufig spezifiziert, wer den folgenden Text vorzutragen hat und welches Ritual Anlass des jeweiligen Ritualtextes ist. Entsprechend wäre dann in den Psalmen der menatseach nicht der „Chorleiter“ und die „Hirschkuh der Morgenröte“ nicht die Melodie, sondern der menatseach wäre Vorsteher über das Ritual mit dem Namen „Hirschkuh der Morgenröte“, bei dem der Psalm vorzuträgen wäre. Doch ist auch dies nur ein „educated guess“ und „Chorleiter“ und „[nach der Melodie]“ sind in dt. Üss. so etabliert, dass die LF doch besser den Primärüss. folgen sollte. (Zurück zu v.1)
cfern von meiner Rettung (von meinem Schreien) - Eine häufige biblische Metapher: Not wird erfahren als Abwesenheit Gottes; Gott hilft dem Notleidenden nicht, sondern „hat ihn verlassen“ und „hält sich fern“ von ihm - ist gar zu entfernt, um seine Klageworte zu empfangen und helfend darauf zu reagieren (s. ähnlich Ps 10,1; 35,22; 38,22; 71,12; Jes 59,9.11 u.ö.; vgl. z.B. TWAT II, Sp. 770).
Die Worte „von meiner Rettung“ (Heb. 'mischu`ati) werden häufig korrigiert (=> Textkritik) zu „von meinem Schreien“ (Heb. mischaw`ati) (so z.B. BHS; Deissler 1981, S. 102; Kselman 1982, S. 173-5); daher erklärt sich z.B. die Übersetzung „Warum bist du fern von meinem Flehen“ von und HER05. Doch das ist ganz unnötig.
In der LF muss dieser Vers wohl freier übersetzt werden; gut z.B. GN: „Warum hilfst du nicht, wenn ich schreie, warum bist du so fern?“; ähnlich NL. (Zurück zu v.2)
dAntworten ist in Zhgg. wie diesem fast stets ein stehender Begriff für die Gebetserhörungen Gottes. (Zurück zu v.3)
edoch [es gibt] nicht Ruhe für mich - Überraschend schwierige Stelle: Meist verstanden à la „Ich finde keine Ruhe = Das Leid, das mich bedrängt, wird nicht beseitigt.“ (z.B. TEXT: „ohne daß ich Beruhigung fände“). dumijah („Ruhe“) findet sich im hierigen Sinne aber nur noch in Ps 39,3, wo vom Verstummen des Psalmisten - nicht vom Verstummen des Leids - die Rede ist. dumijah als Ausdruck für die Freiheit von Leiden wäre also singulär und in jedem Falle nicht idiomatisch; Kissane 1953, S. 98 und Zorell 1926, S. 311 wollen daher dumijah („Ruhe“) sogar korrigieren (=> Textkritik) nach dimita („du denkst nicht an mich“). Das ist wohl unnötig, denn wahrscheinlich ist der Vers als „meristisches Hyperbaton“ zu verstehen (wie z.B. auch Ps 19,14 (dazu s. FN aq) und Ps 4,5 (dazu s. FN p)): Ähnlich, wie offensichtlich das „Ich rufe Tag“ und das „und Nacht“ zusammengehören, gehören eigentlich auch das „du antwortest nicht“ und das „es gibt keine Ruhe für mich“ zusammen, beide Paare sind aber aus poetischen Gründen in zwei Zeilen aufgeteilt worden. Die Bedeutung wäre dann: „Ich rufe Tag und Nacht, aber du antwortest nicht und [also] ist es mir nicht vergönnt, mit dem Rufen aufhören zu können“. S. auch R-S: „Stillschweigen ist mir nicht vergönnt“; T4T: „but I am not able to rest“; Weiser 1959: „und ich kann doch nicht schweigen“ u.ö. (Zurück zu v.3)