Psalm 3

Aus Die Offene Bibel

Version vom 9. Juni 2022, 19:55 Uhr von Sebastian Walter (Diskussion | Beiträge)
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Status: Zuverlässige Studienfassung – Die Übersetzung ist vollständig, erfüllt die Übersetzungskriterien und wurde mit einigen Standards der Qualitätssicherung abgesichert. Verbesserungen sind noch zu erwarten.
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Status: Lesefassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett und kann weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.

Lesefassung (Psalm 3)

1 Ein Davidspsalm.
Als er vor seinem Sohn Absalom floh.


2 ⸂Herr⸃ , ich hab so viele Feinde!
So viele Gegner habe ich!
3 So viele spotten über mich:
„Den rettet Gott sicher nicht!“


4 Und dennoch, ⸂Herr⸃ , bist du mir Schutz und Schild,
bist mein Mächtiger und erhöhst mich:
5 Wenn ich zu ⸂Gott⸃ bete
erhört er mich von seinem heiligen Berg;
6 Und schlaf ich auch ein,
wache ich doch stets wieder auf -
Denn ⸂Gott⸃ ist mein Helfer.


7 Die Unzahl an Kriegern fürchte ich nicht,
die mich umzingelt haben.
8 Erhebe dich, ⸂Gott⸃!
Rette mich, Herr!
Zerschlag die Kiefer meiner Feinde,
Zerschmettre die Zähne der Frevler!
9 ⸂Unser Gott⸃ ist der Retter;
dein Segen ruht auf deinem Volk.

Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 3)

1 Ein Psalm (begleitetes Lied) von David (für David, aus der Davidssammlung).a
Während (Als) er floh vor Absalom, seinem Sohn.b


2 JHWH! Wie zahlreich (wie sehr vermehrt) [sind] meine Feinde!
[Wie]c zahlreich (wie sehr vermehrt) [sind] meine Gegner (die, die sich gegen mich erheben)d!
3 [Wie]c zahlreich (wie sehr vermehrt) [sind], die über meine Seele (über mich)e sagen:
„Nicht [ist] (Es gibt keine) Rettung (Hilfe, Sieg)fg für ihn durch (trotz) Gott!“ {Sela}h


4 Doch du, oh JHWH, [bist] ein Schild um mich (bist Schutz für mich, schützt mich)i,
[du bist] mein Mächtiger (mein Herrlicher, mein Ansehen, meine Herrlichkeit)j und der, der meinen Kopf (mich) erhebt (erhöht)k.
5 [Sooft (Wann immer)] ich [mit] meiner Stimmel JHWH anrufe (anrief),
antwortet (antwortete, erhörtem)n er mir von seinem heiligen Berg (vom Berg seiner Heiligkeit).o {Selah}h
6 [Wenn] ich mich hinlege und schlafe ([wenn] ich einschlafe),
erwache ich, denn JHWH hilft mir (unterstützt mich, stützt mich)n!


7 Ich fürchte mich nicht vor [den]p Myriaden von Kriegern,
die sich ringsum niedergelassen haben wider mich.
8 Erhebe dich, JHWH;
rette mich, mein Gott!
{Ja!,}q Zerschlager (Schlage auf)s all meinen Feinden den Kiefer (Backe);
die Zähne der Frevler zerschmettre!
9 Bei JHWH [ist (sei)] die Rettung (Hilfe, Sieg)t;
auf deinem Volk [ist (sei)] dein Segen. {Selah}h

Anmerkungen

Psalm 3 ist ein Vertrauenspsalm in der Form eines Klagepsalms. Die einzelnen Bestandteile der Psalmengattung „Klagepsalm“ sind klar erkennbar:
V. 1 ist die „Psalmüberschrift“. Sie gehörte nicht ursprünglich zum Psalm, sondern diese und andere Psalmüberschriften wurden nachträglich zu den Psalmen hinzugefügt. Über den Sinn dieser Hinzufügungen weiß man oft immer noch nichts Genaueres. Doch da es sich um nachträgliche Hinzufügungen handelt, wirkt sich das glücklicherweise nicht nachteilig auf das Verständnis des Psalms im Ganzen aus.
Mit „JHWH“ in V. 2 setzt der Psalm mit der sog. „Invokation“ ein: Gott wird angerufen, damit er dem folgenden Gebet Gehör schenken möge. Darauf folgt in Vv. 2-3 direkt die „Klage“, in der der Beter sich über das beklagt, was für ihn Anlass zum Beten ist: Er wird von einer Vielzahl von Feinden bedrängt, die mit ihrem Spott darüber hinaus auch noch sein Verhältnis zu Gott angreifen: Gott wird ihn nicht retten.
Hat Gott also den Beter verlassen?
Nein: Dieser Spott wird ihm in Vv. 4-7 zum Anlass für eine längere „Vertrauensäußerung“, wie sie sich häufiger in Klagepsalmen findet: Der Beter leidet zwar aktuell unter Bedrängnissen, kann aber dennoch Vertrauen haben, dass Gott ihn wieder retten wird. Grund für dieses Vertrauen sind ihm nach Vv. 5f. bereits gemachte Erfahrungen, in denen sich Gott ihm als Helfer erwiesen hat. Aus diesem Grund muss er sich auch nun vor den „Myriaden von Kriegern“ nicht fürchten (V. 7). Derartige Vertrauensäußerungen sind in Klagepsalmen nie nur Rede über Gott. Sie dienen auch der Rede zu Gott und haben eine bestimmte Funktion im Gang der Argumentation von Klagepsalmen: Gott soll daran erinnert werden, was für eine Art von Gott er eigentlich ist - nämlich einer, der immer schon geholfen hat und immer wieder hilft. Würde er dem Beter daher nun nicht helfen, würde er sich damit selbst untreu (vgl. gut Broyles 1989, S. 42f.).
Nachdem er sich derart wieder der Vertrauenswürdigkeit seines helfenden Gottes vergewissert und Gott an seine eigentliche Vertrauenswürdigkeit erinnert hat, kann er daher in V. 8 von Neuem von seiner aktuellen Situation zu sprechen anheben, diesmal in Form einer „Bitte“: Gott möge ihm doch auch jetzt helfen, indem er „seinen Feinden Kiefer und Zähne zertrümmert“. Und, ebenfalls noch „beschwingt“ von seinem Vertrauen, dessen er sich eben neu vergewissert hat, kann er in V. 9 schließen mit einem kleinen Hymnus: „Bei JHWH ist die Rettung, auf deinem Volk ist dein Segen.“ Ganz ähnlich wie die Vertrauensäußerung in Vv. 4-7 dient auch ein solcher abschließender Hymnus nie nur der Rede über Gott, sondern auch der Rede zu Gott: Auch der abschließende Preis für den „eigentlichen“ Charakter JHWHs soll diesen noch einmal motivieren, dem Beter beizustehen (vgl. ebd., S. 44). Es macht daher viel Sinn, dass der Beter den letzten Vers mit verblosen Sätzen konstruiert hat, die man daher auch übersetzen könnte: „Bei JHWH sei die Rettung, auf deinem Volk sei dein Segen.“

Im Zentrum des Psalms steht also das berechtigte Vertrauen in Gott trotz aktueller Bedrängnisse. Nicht nur inhaltlich ist das leicht ersichtlich, sondern auch strukturell wird diese Botschaft unterstrichen: Vv. 2f. und Vv. 7-9 sind durch Stichworte miteinander verknüpft und schließen sich so als Rahmen um den zentralen Abschnitt Vv. 4-6, der von Gott als dem immerwährend verlässlichen Helfer handelt, und Vv. 4-6 als das Scharnier zwischen Vv. 2f. und Vv. 7-9 sind der Grund dafür, dass die Aussagen in diesen beiden Abschnitten ganz gegensätzlich sind:

A: Wie zahlreich sind meine Gegner!
B: Wie zahlreich sind, die sich gegen mich erheben!
C: Wie zahlreich sind, die über meine Seele sagen...!
D: Es gibt keine Rettung für ihn durch Gott!
Vertrauensäußerung
A': Ich fürchte mich nicht vor den Myriaden von Kriegern
B': Erhebe dich, JHWH!
C': Zerschlage meinen Feinden Kiefer und Zähne!
D': Bei JHWH ist Rettung!

aVon David (Für David, Aus der Davids-Sammlung) steht in vielen Psalm-Überschriften: in 73 Überschriften der hebräischen Bibel und sogar in 87 Überschriften des LXX-Psalters. Ps 3 ist der erste davon. Am besten deutet man die Angabe so, dass damit David als Verfasser ausgegeben werden soll, nimmt dies aber nicht historisch, sondern z.B. mit Childs 1971 als alte, aber spätere Interpretationen des folgenden Psalms, die für eine adäquate Auslegung desselben ignoriert werden muss.
Genauer: Die Bedeutung des Ausdrucks ist umstritten:
(1) In 11QPsa 27,4-10 wird festgehalten, David habe 3600 Psalmen und Lieder für die Tempelliturgie verfasst und weitere für besondere liturgische Anlässe (wie ähnlich nach 1 Kön 5,12 Salomo 3000 Sprichwörter und 1005 Lieder verfasst haben soll). Ähnlich heißt es in Mk 12,36 und Lk 20,42, David habe „durch den heiligen Geist“ auch die Psalmen gesprochen, die „im Buch der Psalmen“ gesammelt sind (vgl. fast ebenso b.Pes 117a). Die sehr große Mehrheit der Bibelwissenschaftler gehen daher davon aus, dass das leDavid in den Psalmüberschriften Autoren-Angabe sein soll, wie ähnlich šir haširim `ašer leŠelomoh (Hld 1,1) sagen solle, dass das „Lied der Lieder von Salomo“ verfasst worden sei. Das lässt sich gut mit dem Vers Jes 38,9 stützen, der formal fast identisch mit einigen Psalmenüberschriften gebaut ist und in dem miktab leHizqijahu fast sicher „Aufzeichnung von Hizkija“ bedeutet. Es passt auch gut zu den Überschriften von Ps 3; 7; 18; 34; 51; 52; 54,1; 56; 57; 59; 60; 63 und 142, wo diese Angabe (wie in Jes 38,9) erweitert ist um einen Hinweis auf eine bestimmte Situation in Davids Leben: „Lied Davids, als er vor seinem Sohn Absalom floh“ (Ps 3,1) hieße dann also: „Lied, das David anlässlich seiner Flucht vor seinem Sohn Absalom [für die Tempel-Liturgie] verfasst hatte“. Auch dies wurde in LXX noch weiter getrieben; auch Ps 27 etwa hat dort eine solche Situations-Angabe. Ebenso einig ist man sich heute aber in der europäischen und skandinavischen Bibelwissenschaft darüber, dass diese Überschriften nicht historisch zu nehmen sind, sondern später zu den Psalmen hinzugefügt wurden, was im Laufe der Zeit immer weiter getrieben wurde, wie man eben an den zusätzlichen „Davids-Überschriften“ in den Qumran-Handschriften und den alten Versionen sehen kann. Der letzte kritische Kommentar, der davon ausging, dass man sie historisch nehmen könne und dass die Psalmen wirklich von David verfasst worden seien, war daher der von Herkenne 1936. In der Auslegung der USA allerdings gehen immer noch viele v.a. evangelikale Ausleger von der Historizität der Überschriften aus; Skinner z.B. hat noch 2016 eine ganze Dissertation verfasst, in der er u.a. dieselbe nachweisen will.
(2) Sprachlich auch möglich, aber wegen besagten Situations-Angaben weit weniger wahrscheinlich, ist dies: Die Präp. le- kann nicht nur Autorenangaben einleiten, sondern z.B. auch den Empfänger eines gewidmeten Textes (für David“) oder denjenigen, der den Text vorzutragen hatte (wie wahrscheinlich la-mnaṣeaḥ „für den Leiter (des Chors) / Vorsteher (über das Ritual) / ...(?)“, entsprechend also „für David“ = „für den König, der qua König diesen Text im Tempelkult vorzutragen hat“). Beide Deutungen wurden schon im 20. Jhd. kaum vertreten; heute sind beide weitestgehend ausgestorben.
(3) Daneben diskutiert wird Folgendes: Psalmen mit ähnlichen Überschriften stehen v.a. im masoretischen Text oft in Gruppen. Die Psalmen 3-41 im ersten Buch der Psalmen etwa sind fast alle Psalmen leDavid, von den zwölf Psalmen leAsaf folgen elf in Ps 73-83 aufeinander (der zwölfte ist Ps 50) usw. Man hat hiervon ausgehend rückgeschlossen auf mehrere Teil-Sammlungen von Psalmen, die später alle zum „Buch der Psalmen“ zusammengesammelt worden wären. Selten wird dies gestützt durch einen Hinweis auf die ugaritische Praxis, zusammengehörende Tafeln eines Epos zu überschreiben mit l-[Epos]: lKrt etwa bedeutete dann „[Diese Tafel gehört] zum [Epos] Keret“. Entsprechend gehörten dann Ps 3-41 „zur Davids-Sammlung“, Ps 73-83 „zur Asafs-Sammlung“ usw. (vgl. z.B. kürzlich wieder Erbele-Kuster 2013, S. 55f.). Die Frage danach, wie sich hiervon ausgehend das Wachstum des Psalmenbuchs rekonstruieren lässt und ob sich dementsprechend auch aus der Abfolge der Psalmen Rückschlüsse über die (Be-)Deutung der einzelnen Psalmen ziehen lassen, wird v.a. in der deutschen Exegese aktuell intensiver erforscht. Richtig aber Willgren 2016, S. 172-195 und Davage 2020: (a) Aus den Qumran-Handschriften lässt sich ersehen, dass die Abfolge der Psalmen selbst zur Zeitenwende noch nicht feststand; eine „kanonische Auslegung“, bei der z.B. Ps 4 deshalb auf eine bestimmte Weise gedeutet wird, weil er zwischen Ps 3 und Ps 5 steht, wäre anachronistisch. (b) Ebenfalls aus den Qumran-Handschriften und außerdem aus LXX, Tg, Syr und selbst ma. heb. Handschriften lässt sich ersehen, dass auch die Überschriften der Psalmen noch länger nicht fix waren, (c) und schließlich zeigen die Qumran-Handschriften, dass auch Psalmen-Abfolgen sich nicht regelmäßig an ähnlichen Überschriften orientierten. Diese Überschriften sind daher nicht einmal eine verlässliche Basis, um Teil-Sammlungen zu identifizieren. Vgl. darum richtig auch schon das entsprechende Fazit von Gerstenberger 1994, S. 12: „Der Psalter ist ein wunderbarer Korb von den erlesensten, heilsamen und nahrhaften Früchten, die man einzeln genießen muß, es sei denn, man verzichtet auf Originalität und Spezifität und zieht ein Früchtemus oder eine Mehrfruchtmarmelade der frischen Frucht vor.“ Am sinnvollsten nimmt man also leDavid als Autorenangabe, ignoriert sie aber für die Deutung des jeweiligen Psalms. (Zurück zu v.1)
bWährend er floh vor Absalom, seinem Sohn - Die Begebenheit, auf die hier angespielt wird, wird berichtet in 2 Sam 16. (Zurück zu v.1)
ctFN: [Wie] - Brachylogie aus V. 2a (so z.B. Craigie 1983; Dahood 1965, S. 15; Ehrlich 1905, S. 5; Kissane 1953, S. 10; Kselman 1987, S. 574; auch GRAIL; MÜN). (Zurück zu v.2 / zu v.3)
dmeine Gegner (die, die sich gegen mich erheben) - Der verwendete Begriff ist ein stehender Ausdruck für „Gegner“ (vgl. KBL3, S. 1016 und s. Ex 15,7; Dtn 28,7; 2 Sam 18,31; Ps 44,6). W. bedeutet er „die sich gegen mich erhebenden“, so deshalb wohl etwas zu wörtlich viele Üss. (Zurück zu v.2)
eüber meine Seele (über mich) - Heb. nephesch. Die häufige Übersetzung „Seele“ ist fast nie zu empfehlen, weil es im heb. Menschenbild einen Gegensatz von Körper und Seele so nicht gab; nephesch meint hier wie meist den ganzen Menschen und wird daher hier wie häufig als Wechselbegriff für „Ich“ verwendet. (Zurück zu v.3)
fRettung (Hilfe, Sieg) - I.d.R. übersetzt mit dem etwas blassen „Hilfe“. Der Psalm stellt aber den Beter ganz deutlich als von Feinden bedrängt dar; kontextuell angemessener ist daher „Rettung“. So gut auch Alter 2007, MÜN u.a. Die ebenfalls häufiger Übersetzung mit „Heil“ oder gar „Erlösung“ ist kontextuell unpassend. (Zurück zu v.3)
gtFN: Das Suffix תְה- ist in der hebr. Poesie häufig bedeutungslos und dient nur der „poetischen Emphase“; vgl. GKC §90g; ad loc. auch Schmidt 1934, S. 6; Kraus 1961, S. 23. (Zurück zu v.3)
h{Sela} - Die Bedeutung von „Sela“ ist unklar; vgl. Lexikon/Lemma סֶלַה. In der Lesefassung sollte es daher besser gestrichen werden, da es sonst nur ein unverständlicher Fremdkörper im dt. Text wäre. (Zurück zu v.3 / zu v.5 / zu v.9)
iein Schild um mich (bist Schutz für mich, schützt mich) - W. ein Schild um mich. Weil ein Schild aber ja nicht rundherum schützt (vgl. z.B. Gunkel 1968, S. 14: „Ein gewöhnlicher Schild deckt nur von einer, Jahve aber von allen Seiten.“), besser so: Schild wird in der heb. Poesie des Öfteren auch rein metaphorisch für „Schutz“ verwendet (vgl. z.B. Creach 1996, S. 29f.; KBL3, S. 517) und das Heb. ba`ad (meist: „um...herum“) kann auch nur die Relation des Schutz-für-jmdn-Seins angeben (vgl. z.B. KBL3, S. 135): „JHWH ist ein Schild um mich“ = „JHWH ist Schutz für mich“. Der Sinn der beiden Teilverse ist daher: Viele sagen, es gäbe keine Rettung für den Beter von Gott - aber Gott schützt ihn eben doch. (Zurück zu v.4)
jmein Mächtiger (mein Herrlicher, mein Ansehen, meine Herrlichkeit) - W. auf den ersten Blick „meine Herrlichkeit“. Das macht aber nicht viel Sinn (=> *Max ist Moritz' Herrlichkeit). Sinnvoller daher folgende Deutung: (1) kabod („Herrlichkeit“) ist hier wie öfter eine Bezeichnung für Gott, den „Herrlichen“, so dass alle drei aufeinanderfolgenden Aussagen Bezeichnungen für Gott enthalten: „mein Schild/Schutz“, „mein Herrlicher“, „der, der meinen Kopf erhebt“ (so z.B. Christensen 2005.3, S. 1; Dahood 1965, S. 15; Krašovec 1984, S. 60). (2) Brettler weist darauf hin, dass dies kabod im Heb. auch häufig eine Qualität eines Kriegers bezeichne - „Thus, כבוד should probably be translated with a word from the semantic field of strength, possible as „power“.“ (Brettler 1993, S. 140). Beide Aspekte kombiniert ergibt „mein Mächtiger“. (Zurück zu v.4)
kmeinen Kopf (mich) erhebt (erhöht) - W.: „Der, der meinen Kopf erhöht“. „Mein Kopf“ ist im Heb. (ähnlich wie die „Seele“ in V. 3) ein Wechselbegriff für „Ich“ (vgl. z.B. Ryken 1998, S. 185.359f.; Schroer/Stäubli 2001, S. 83); „jmds Kopf erhöhen“ heißt daher hier „jemanden erhöhen“, „jemanden auszeichnen(vgl. KBL3, S. 1124). (Zurück zu v.4)
ltFN: ich [mit] meiner Stimme - Oft analysiert als adverbialer Akkusativ der Art und Weise (vgl. z.B. Ex 24,3); was dann aber zwingen würde, entweder „laut“ zu ergänzen oder gar „Mit meiner Stimme“ als Ausdruck für „laut“ zu lesen; beides ist recht gezwungen. Andere Analysen: Innerer Akkusativ (Houston/Waltke 2010, S. 192: „Ich rufe meine Stimme“) oder doppeltes Subjekt (Baethgen 1892, S. 8; Duhm 1899, S. 12; Gunkel 1968, S. 14: „Meine Stimme [und] ich rufe[n]); was aber ebenso gezwungen ist. Guten Sinn macht die Analyse als Accusativus instumenti (Ehrlich 1905, S. 5; Kraus 1961, S. 27: „Mit meiner Stimme rufe ich“); dies allerdings ergäbe eine merkwürdig redundante Konstruktion. Man wird sich wohl für die letzte Möglichkeit entscheiden müssen; letztendlich bleibt die Stelle aber etwas rätselhaft. (Zurück zu v.5)
mantwortet - Das auf einen Flehruf folgende „Antworten“ Gottes steht in der Bibel fast ausnahmslos für eine Gebetserhörung; so auch hier. (Zurück zu v.5)
ntFN: Die folgenden Verbtempora sind schwierig zu deuten: V. 5: Ich rufe (Yiqtol) - er antwortet (Wayyiqtol) - V. 6: Ich lege mich nieder (Qatal) - ich schlafe (ein) (Wayyiqtol) - Ich erwache (Qatal) - er hilft mir (Yiqtol).

Von der Verbfolge Yiqtol - Wayyiqtol in V. 5 heißt es gelegentlich, dass in diesem Kontext Wayyiqtol auch die regelmäßige Folge eines regelmäßigen Geschehens angeben könne (vgl. z.B. GKC §111.4; zur Stelle z.B. auch Beyerlin 1970, S. 79; Kissane 1953, S. 11). Das ist wohl nicht so, deswegen sollte das Wayyiqtol וַיַּנֵנִי besser mit Craigie, Gunkel, Kraus, Kselman, Zuber u.a. umpunktiert werden zum WeYiqtol וְיַּנֵנִי (=> Textkritik). V. 5 ist dann ein unmarkierter temporaler Nebensatz (=>unmarkierter Nebensatz) mit zwei durch Waw apodoseos verknüpften iterativen Yiqtol-Verben: „Wann immer ich rufe antwortet er mir.“
V. 6 wird gerne gedeutet als Bericht über ein einmaliges vergangenes Geschehen: „Ich legte mich hin und schlief / ich erwachte wieder, denn JHWH hilft mir.“ Das wäre theoretisch möglich, aber dann wäre eigentlich zu erwarten, dass auch „erwachen“ im Wayyiqtol steht. Daher ist V. 6 besser zu deuten als unmarkierter Konditionalsatz (=> unmarkierter Nebensatz): „Wenn ich mich hinlege und schlafe / erwache ich wieder: JHWH schützt mich (habituelles Yiqtol)“.

Ein Weiteres: Im Hebräischen kann eine Handlung auch nach dem Muster von hinlegen und schlafen durch zwei Verben ausgedrückt werden, was häufig ausdrückt, dass mit einer Handlung begonnen wird. Zum Beispiel kann ein Mensch im Hebräischen „aufstehen und gehen“=„losgehen“; „anheben und sprechen“=„das Wort ergreifen“ etc. Entsprechend könnte man hier „sich hinlegen und schlafen“ auch nur als „einschlafen“ übersetzen. (Zurück zu v.5 / zu v.6)
oMit dem heiligen Berg (dem Berg seiner Heiligkeit) ist der Jerusalemer Berg Zion gemeint, auf dem der Tempel Gottes erbaut war. Nach altheb. Vorstellung wohnte Gott (zumindest „teilweise“) in seinem Tempel auf dem Zion (s. näher z.B. Zion / Zionstheologie (WiBiLex)); ein Gebet musste daher zuerst zum Tempel in Zion dringen (s. z.B. Jon 2,8), um dann vom Tempel in Zion aus erhört werden zu können. (Zurück zu v.5)
ptFN: [den] - Auch ohne Artikel determiniert durch Relativsatz. (Zurück zu v.7)
qtFN: {Ja!,} - Emphatisches כִּי; in der LF besser auszusparen. (Zurück zu v.8)
rtFN: Zerschlage - W. auf den ersten Blick „du zerschlägst/hast zerschlagen“, was aber dazu zwingen würde, zwischen der Äußerung von Vv. 8ab (der Bitte) und 8c (Der Erfüllung der Bitte) eine ganze Kriegshandlung vergehen lassen zu müssen (so aber dennoch z.B. Beyerlin 1970; Kraus 1961). Besser: Prekatives Qatal; das Qatal wird aus poetischen Gründen wie ein Imperativ verwendet (so z.B. Buttenwieser 1938, S. 397; Dahood 1965, S. 20; Houston/Waltke 2010, S. 193; Kselman 1987, S. 578). (Zurück zu v.8)
sZerschlage (Schlage auf) - Die Parallelität von 8c zu 8d zeigt, dass wir hier durchaus nicht an Backpfeifen und Ohrfeigen zu denken haben, wie das die Mehrzahl der Exegeten und Üss. will. Daher nicht: „Schlage meinen Feinden auf die Backe“, sondern „Zerschlage meinen Feinden den Kiefer“. Unter Umständen spielt der Psalmist mit diesem Ausdruck auf eine alte Rechtspraxis an: Im Alten Orient war v.a. für Vertragsbruch die Strafe verbreitet, dem Übeltäter die Zähne zu zerbrechen (vgl. Hackett/Huehnergard 1984). (Zurück zu v.8)
tBei JHWH ist Rettung - d.h.: „JHWH ist es, der rettet“ (ein sog. „Lamed der Zuständigkeit“: „Für die Rettung ist JHWH zuständig“). (Zurück zu v.9)