Psalm 37

Aus Die Offene Bibel

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Lesefassung (Psalm 37)

(kommt später)

Studienfassung (Psalm 37)

1 Von David (Für David, Aus der Davids-Sammlung)a

[A]b (Brenne=) Zürne Bösewichtern nicht (Wetteifere nicht mitc),d
([und])e Beneide Übeltäter nicht,
2 denn wie {das} Gras werden sie schnell verdorren
Und wie grünes Kraut werden sie eingehen!

3 [B] Vertraue auf JHWH und tue Gutes,
Bewohne das Land (die Erde) und weide (so wirst du weiden können) Treue ((in) Sicherheit, weide treu/sicher, weide dich an seinen Schätzen, strebe nach Treue);f
4 Sei über JHWH entzückt (hab deine Wonne an JHWH),g
Dann wird er dir gewähren die Bitten deines Herzens.

5 [C] Wälze auf JHWH deinen Weg (deine Wege)h
Und vertrau auf ihn, dann wird er handeln: (dann wird er [dies] tun:)
6 Er wird aufstrahlen lassen deine Gerechtigkeit wie {das} Licht
Und dein Recht (deine Gerichtsentscheide)i wie {die} Mittag[shelle].j


7 [D] Schweige vor JHWH und warte auf (tanze vor)k ihm,
(Brenne=) Zürne nicht – wenn sein Weg gelingt –l
Dem Mann, der Intrigen ausführt!

8 [E] Lass ab vom (Brennen=) Zorn und gib auf den Grimm,
(brenne=) zürne nicht, [es führt] nur zum Bösen (gar bis zum Bösen)!m
9 Denn Bösewichter werden abgeschnitten!n
Wer aber auf JHWH hofft, dero wird das Land (die Erde) besitzen (in Besitz nehmen).

10 [F] Nur noch ein Weilchen, und der Frevler wird nicht mehr sein,
[F] Und du wirst (ich werde)p den Ort, wo er war,q untersuchen, aber er wird nicht [da] sein.r
11 [F] Aber die Elenden (Armen) werden das Land (die Erde) besitzen (in Besitz nehmen)
[F] Und entzückt sein über die (ihre Wonne haben an der) Fülle des Friedens (Wohlergehens, Heil-Seins).


12 [G] Der Frevler sinnt gegen den Gerechten
Und knirscht gegen ihn mit den Zähnen.
13 Der Herr (JHWH)s kann über ihn (darüber) [nur] lachen (muss über ihn/darüber lachen),
Denn er sieht (sinnt darauft), dass sein Tagu kommen wird (kommt).v

14 [H] Das Schwert ziehen die Frevler
Und spannen ihren Bogen,
Um zu fällen den Unterdrückten (Demütigen) und Bedürftigen,
([Und])w Um zu schlachten, die (geraden=) rechten (Weges=) Wandels (Herzens)x sind.
15 [H] Ihr Schwert wird dringen in ihr [eigenes] Herz
Und ihre Bögen werden zerbrochen werden.


16 [I] Besser ist ein Bisschen für den Gerechten
Als der der viele Überfluss (Tumult) der Frevler (als der Überfluss der vielen Frevler),y
17 Denn die Armez der Frevler werden zerbrochen werden
Aber es stützt die Gerechten JHWH.

18 [J] Es kennt JHWH die Tage (die Wege)aa der Makellosen
Drum hat ihr Erbteilab für immer [Bestand].
19 Sie werden nicht zuschanden (beschämt) werden zur Zeit des Übels
Und in den Tagen des Hungers werden sie satt werden.ac

20 [K] Denn die Frevler werden umkommen
Und die Feinde (Geliebten)ad Gottes,
[K] Wie {die} (Pracht der Auen=) prächtige [K] Auen (prächtiges Vieh)ae [K] werden sie vergehen,
[K] Wie {der} (Im) Rauch [K] werden sie vergehen.af


21 [L] Leiht sich der Frevler, will (kann) er nicht zurückzahlen,
Der Gerechte aber ist gnädig (mildtätig) und gibt.ag
22 Darum (Denn)ah werden seine Gesegneten (die ihn Segnenden)ai das Land (die Erde) besitzen (in Besitz nehmen),
Aber seine Verfluchten (die ihn Verfluchenden)ai werden abgeschnitten werden.

23 [M] ([Denn])aj Von JHWH werden die Schritte des Mannes gelenkt,ak
Wenn er an dessen Wandel Gefallen hat:
24 Auch, wenn er zu fallen drohte, würfe es ihn nicht hin,
Denn JHWH stützt seinen Arm.

25 [N] Jung war ich, ([und])al bin auch alt geworden,
Aber nie sah ich, dass ein Gerechter verlassen worden wäre,
So dass (und dass) seine Nachkommenschaft Brot suchen müssen hätte:am
26 Den ganzen Tag ist er gnädig (mildtätig) und verleiht,
Und seiner Nachkommenschaft [ist's] zum Segen (seine Nachkommenschaft wird zu einem Segen).an


27 [O] Weiche vom Üblen und tue Gutes
Und wohne für immer:ao
28 Weil JHWH Recht liebt,
Wird er nicht verlassen seine Frommen.

Für immer werden [sie] bewahrt ([P] Übeltäter werden für immer ausradiert)ap
Aber die Nachkommenschaft von Frevlern wird abgeschnitten.
29 Die Gerechten werden besitzen (in Besitz nehmen) das Land (die Erde)
Und für ewigaq wohnen darin.


30 [Q] Der Mund des Gerechten redet (Weisheit=) Weises
Und seine Zunge spricht (Recht=) Rechtes,
31 [Weil] die (torah=) Weisung seines Gottes in seinem Herzen [ist],
[Drum]ar wird sein Schritt nicht wanken.

32 [R] Der Frevler lauert auf den Gerechten
Und versucht, ihn zu töten.
33 JHWH wird ihn nicht seiner (Hand=) Gewalt überlassen
Und nicht verurteilenas lassen, wenn er gerichtet wird.at

34 [S] Hoffe auf JHWH und achte auf seinen Weg,
Dann wird er dich [dazu] erhöhen, zu besitzen (in Besitz zu nehmen) das Land (die Erde).
Wenn abgeschnittenau werden die Frevler, wirst du's sehen (auf das Abgeschnitten-Werden der Frevler wirst zu blicken können).


35 [T]av Ich sah [einmal] einen gewaltigen Frevler,
[Der] aufschoss wie eine Zeder im Saft (der sich entblößte wie ein Angestammter im Saft?)aw
36 Ich ging [wieder] vorüber (und man ging vorüber, und er ging hinüber),ax und, siehe!, er war nicht mehr [da],
Und ich suchte ihn, aber er ließ sich nicht finden.

37 [U] Achte [also] auf den Aufrechten (Aufrichtigkeit) und sieh auf den Integren (strebe nach/weide Integrität),ay
Denn ein Mann des Friedens hat Zukunft (Nachkunft)
38 Aber Sünder werden sämtlich ausradiert,
Die Zukunft (Nachkunft) von Frevlern wird abgeschnitten.

39 [V] {Aber}az Die Rettung der Gerechten [wird kommen] von JHWH,
Ihrer Zuflucht zur Zeit der Bedrängnis,ba
40 Und es wird helfen (hilft) ihnen JHWH und sie befreien (befreit sie),bb
Er wird sie befreien von Frevlern und retten,
Weil sie sich zu ihm geflüchtet haben.

Anmerkungen

Ps 37 gehört (gemeinsam mit md. Ps 1; 49; 73; 112; 127; 128; 133) zu den sogenannten „Weisheitspsalmen“. Die Funktion dieser Weisheitspsalmen ist ein Rätsel: Offensichtlich ist Ps 37 nicht verfasst worden, damit man ihn bete, sondern ein konkreter Gegenüber wird angesprochen, um ihn mit einer Reihe von Weisheitslehren zu ermahnen, wie sie auch im Buch der Sprichwörter stehen könnten (und zum Teil auch stehen, vgl. oben die Spr-Parallelstellen, die teilweise fast wörtlich einzelnen Zeilen des Psalms entsprechen). Warum eine solche Weisheitslehre aber im Buch der Psalmen und nicht im Buch der Sprichwörter steht, ist schwer erklärlich. Vielleicht ist er nur ins Psalmenbuch aufgenommen worden, weil man schon früh angenommen hat, sein Verfasser sei David gewesen.

Ps 37 kreist besonders um ein Sprichwort, das refrainartig in mehreren Variationen wiederholt wird:

Personengruppe A wird das Land besitzen,
Personengruppe B aber wird abgeschnitten werden! (Vv. 9.11.22.28.29.34.38)

Personengruppe A wird dabei immer wieder bezeichnet als „die Gerechten“ und außerdem wechselnd als „die auf JHWH Hoffenden“ (V. 9), „die Elenden“ (V. 11), „die Unterdrückten und Bedürftigen“ (V. 14a), „die, die rechten Wandels sind“ (V. 14b), „die Makellosen“ (V. 18), „die von Gott Gesegneten“ (V. 22), „Gottes Fromme“ (V. 28), „Männer des Friedens“ (V. 37) und wahrscheinlich als „die Aufrechten“ und „die Integren“ (V. 37), Personengruppe B immer wieder als „die Frevler“ und außerdem wechselnd als „die Bösewichter“ (Vv. 1.9), „die Übeltäter“ (V. 1), „die Intriganten“ (V. 7), „die Feinde Gottes“ (V. 20), „die von Gott Verfluchten“ (V. 22), und „die Sünder“ (V. 38).
Die Grundannahme ist danach schon klar: Wer nicht gottgefällig lebt, den wird dereinst Gott töten und seine Nachkommenschaft ausrotten, wer es dagegen tut, wird dereinst „das Land besitzen“ – weil ja niemand sonst mehr übrig ist.

Der größte Teil des Psalms erklärt sich schon hieraus: In Vv. 1-6 wird der Angesprochene ermahnt, gottgefällig zu leben, weil Gottgefälligkeit von Gott belohnt werden wird. In Vv. 7-8 wird die Mahnung noch einmal wiederholt, die Begründung aber wird in Vv. 9-11 dazu entfaltet, dass Gottgefälligkeit belohnt, Übeltäterei aber bestraft wird, so dass am Ende „der Übeltäter nicht mehr da ist, die Elenden dagegen das Land besitzen“.

In Vv. 12-15 wird entweder ein Beispiel für die Übeltäterei der Frevler herausgegriffen oder aber es wird nun endlich dasjenige genannt, was die Übeltäter eigentlich zu Übeltätern macht. Ersteres ist wahrscheinlicher, s. zu V. 21. Man hat aus diesen Versen ableiten wollen, die konkret gemeinte Übeltat sei Ausbeutung: offenbar würde Personengruppe A von Personengruppe B ausgebeutet – v.a., indem sie ihnen das Land rauben – und der Psalm sei also auch sozialkritisch. Aber das einzige, was das eventuell nahelegen könnte, ist die Bezeichnung „Bedürftige“ in 14c, denn was tatsächlich konkret von Personengruppe B berichtet wird, ist gerade nicht Ausbeutung, sondern ist ein Mordversuch. Und das passt zur Bezeichnung „Bedürftige“: Als solche werden im AT nämlich nicht nur sozial Schwache bezeichnet, sondern häufig „[gelten] als Symptome des ‚Armseins vor Gott‘ [...]: böse Widerfahrnisse (Ps 40,13), Verachtung (Ps 69,9), Verfolgung (Ps 35,1ff.; 109,2ff.), Krankheit (Ps 109,22ff.), Todesverfallenheit (88,4ff.) u.a.“ (THAT I 24). Von anderen Personen bedroht zu werden, liegt genau auf dieser Linie, und dagegen, dass Personengruppe A ausgesprochen arm ist, sprechen ja explizit Vv. 21.26. Personengruppe B ist zwar offensichtlich wirklich reicher als Personengruppe A (V. 16), aber was sich aus Vv. 12-15 herauslesen lässt, ist erst mal nur: Anscheinend wird Personengruppe A von Personengruppe B bedroht, was denn auch deren Zürnen gegen diese (Vv. 1.7) und das Hoffen und Vertrauen auf JHWH (Vv. 3.5) erklärt. Und dieser, so heißt es direkt im Anschluss wird auch wirklich handeln: Nach Vv. 16-20 hat Personengruppe B gar nichts von ihrem Überfluss, denn, wieder: Frevler wird Gott wie Rauch vergehen lassen, Gottgefällige und sogar auch ihre Nachkommen dagegen auf ewig bewahren.
In Vv. 21-26 wird ein weiteres Symptom des Frevler-Seins vs. Gerecht-Seins genannt: Zum Frevler-Sein gehört auch, geliehenes Geld nicht zurückzuzahlen, zum Gerecht-sein auch, sogar mildtätig zu sein, also offenbar: Geld zu verschenken. Das ist sicher nicht das Entscheidende, das einen Frevler zum Frevler und einen Gerechten zum Gerechten macht; offenbar sollen also mit Vv. 12-14 und Vv. 21.26 je ein Beispiel für Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit genannt werden: Mildtätig zu sein einerseits und gewaltbereit zu sein andererseits. Man wähle das eine und meide das andere, denn, wieder: Die einen werden dereinst „das Land besitzen“, die anderen „abgeschnitten werden“. So war es immer und so wird es immer sein, kann der Dichter aus Erfahrung berichten (V. 25).

Spätestens dieser Vers ist schwere Kost in unserer theodizee-geschulten Zeit: Es lässt sich ja leicht überprüfen, dass dem nicht so ist – dass Gerechte immer von Gott gesegnet und Ungerechte immer von Gott bestraft würden. Es lohnt sich, hier eine längere Passage von Goldingay 2006, S. 534 zu zitieren:
„Kommentatoren betonen häufig, dass man Ps 37 mit den weniger optimistischen Texten im Buch Ijob oder den Aussprüchen Jesu zusammenlesen müsse. Das ist ein Code für: Ps 37 ist nicht wahr. Ps 37 soll damit ins Abseits gestellt werden. Und man irrt damit darüber hinaus in mehrerlei Hinsicht: Die Perspektive des Psalms wird durch die Geschichte von Ijob zu Beginn und am Ende ja bestätigt, nicht negiert, und Jesus stützt sie ebenfalls, wenn er die Menschen ermutigt: ‚Strebt zuvorderst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, und all dies – Essen, Trinken, Kleidung, ... – wird euch dann ebenfalls geschenkt werden‘ (Mt 6,33). Jesus übernimmt sogar einen der Segenssprüche in V. 11 [s. Mt 5,5...]. Psalm 37 anerkennt explizit, dass es nicht immer so geschieht – es ist ja sogar so, dass der Psalm gar nicht geschrieben werden müssen hätte, wenn dem nicht so wäre. Aber er besteht darauf, dass negative Erfahrungen den Glaubenden nicht um die Überzeugung bringen dürfen, dass Gott sich dennoch wirklich dafür engagiert, dass die moralische Ordnung der Welt ‚funktioniert‘.“
Psalm 37 ist dann keine theoretische Theodizee, er ist angewandte Theodizee. Warum die moralische Weltordnung nicht immer funktioniert, sagt der Psalm nicht (und sagt auch kein anderer Vers in der Bibel); aber er ermutigt angesichts dieser Problematik: Nichtsdestotrotz gibt es diese moralische Weltordnung, und es gibt das Grundprinzip, dass Gerechte gesegnet und Ungerechte bestraft werden. Sei standhaft und vertraue darauf! (Und man darf mit Kant ergänzen: Was sonst bleibt einem übrig? Ohne die Annahme, gutes Handeln werde einem auch vergolten, fehlt der Moral die entscheidende Triebfeder.)

Vv. 27-29 wiederholen noch einmal die Grundannahme des Psalms und erweitert sie um die Dimension der Zeit: Gerechte werden gesegnet, – und zwar für immer (27b), für immer (28c) und für ewig (29b).
Vv. 30-34 konkretisieren diese Gerechtigkeit noch ein wenig mehr: Gerecht sein heißt, sich von der Weisheit leiten zu lassen: Weisheit im Mund, Recht auf der Zunge und Weisung Gottes im Herzen zu haben. – Gerechtigkeit ist nicht nur eine Frage des Handelns, sondern auch des Redens und Denkens: Auch dies soll gottgefällig sein; Gott wird es lohnen. Und noch ein letztes Mal wird das selbe in Vv. 35-40 wiederholt: Man achte darauf, wen man sich zum Vorbild nimmt. So gewaltig ein Frevler auch scheinen mag: Allzu schnell kann er dahin sein, wie der kleine Erfahrungsbericht des Dichters in Vv. 35f. lehrt. Man halte sich daher besser Aufrechte, Gerechte und Männer des Friedens, denn solche wird Gott zur Zeit der Bedrängnis „retten, ihnen helfen und sie befreien, wenn sie sich zu ihm flüchten.“

aVon David (Für David, Aus der Davids-Sammlung) steht in vielen Psalm-Überschriften: in 73 Überschriften der hebräischen Bibel und sogar in 87 Überschriften des LXX-Psalters. Am besten deutet man sie als Angabe des Verfassers David, nimmt diese Angabe aber nicht historisch, sondern z.B. mit Childs 1971 als alte, aber spätere Interpretationen des folgenden Psalms, die für eine adäquate Auslegung desselben ignoriert werden muss. S. genauer zu Ps 3.
Textkritik: Wie häufig in den Ps-Überschriften sind auch hier die Zeugnisse in den Überschriften in den alten Vrs. nicht einheitlich: Einige gr. Zeugen ergänzen „Psalm (Davids)“, einige neben leDavid auch la-mnaṣeaḥ („für den Chorleiter / Ritualvorsteher / ...(?)), einige beides. Ursprünglich sind diese Varianzen sicher nicht. (Zurück zu v.1)
bPs 37 ist ein sog. „akrostischer“ Psalm: I.d.R. jede vierte Zeile beginnt in alphabetischer Reihenfolge mit einem neuen Buchstaben. Ewald hat das kongenial im Deutschen nachgeahmt. Einige Unregelmäßigkeiten gibt es bei der Zahl der Zeilen einer solchen alphabetischen Strophe, die einzige größere Unregelmäßigkeit findet sich in V. 28, wo der erwartete Buchstabe nicht steht (s. dort), und evt. in V. 23 und V. 39, wo jeweils manche Versionen einen Text bezeugen, der „nicht ganz“ mit dem korrekten Buchstaben beginnt (s. dort). (Zurück zu v.1)
cTextkritik: Wetteifern - So Hieronymus mit dem selben Wort, mit dem er in VUL das zweite Vb. übersetzt, und Saadja. Vgl. außerdem Tg, Ms M: „begehre nicht nach den Übeltätern“, Syr: „sei nicht neidisch auf Übeltäter“. Vgl. schließlich noch b.Ber 7b: Man solle nicht lesen titḥar („zürne“), sondern teqanne` („wetteifere“). Das könnte einen alternativen Wortlaut nahelegen, aber vergleicht man dann noch die Kommentare von Saadja und ibn Ezra, sieht man, dass es dieses Wort war, dem sie diese Bed. gegeben haben – vielleicht aber ausgehend von der Variante in Tg, Ms M (trgg statt tgrg). (Zurück zu v.1)
dAuslegungsgeschichte: Keine Banalität; in der jüd. Auslegungsgeschichte hat man sogar explizit gegen diesen Vers Einspruch erhoben: b.Meg 6b + b.DER 2,29: „Es ist erlaubt, gegen Übeltäter zu eifern. Sollte dir jemand zuflüstern: ‚Zürne Bösewichtern nicht und beneide Übeltäter nicht‘ – nur, wer sich selbst schuldig fühlt, würde so etwas sagen.“ Jedoch: Gerade das soll der Angesprochene nicht tun, und dies ist gottgefällig. (Zurück zu v.1)
eTextkritik: [und] - So viele MSS; u.a. einige wichtige und alte Handschriften (z.B. G5, G7, G11, G20, KA1; zu den Handschriften-Siglen s. die Seite Wichtige Handschriften). Die alten Vrs. stützen aber L. (Zurück zu v.1)
fTreue weiden - Etwas unklare Metapher. Klar ist immerhin, dass V. 3 mit V. 2 spielt: Wie die Übeltäter „wie Gras“ verschwinden werden, wird der Angesprochene dagegen „weiden“ können. Wahrscheinlich ist dies außerdem ein Wortspiel: re´eh („weide“) klingt im jüngeren Bibelhebräisch fast identisch mit re`eh („sieh“), also „und sieh Treue“ = „und du wirst [Gottes] Treue sehen=erfahren können!“ (vgl. V. 34: „Du wirst's sehen“).
Was näherhin die Bed. angeht, bieten sich vier Deutungen an:
(1) Der Angesprochene erscheint wie in Ps 23 als Schaf, daher: „Friss Treue“ = Gott wird dich in seiner Treue sättigen / mit seiner Treue regelrecht abfüllen. So schon VUL: „Weide dich an der Treue [Gottes]“; Cheung 2015, S. 54: „Graze on faithfulness“; ELB.
(2) Ebenso, daher aber: „Friss in Sicherheit“, weil du dabei nicht mehr von den eingegangenen Übeltätern gestört und bedroht werden wirst. So z.B. Tiquillahuanca 2008, S. 11: „Bewohne das Land und beweide (es) in Sicherheit!“; Ruiz 2015, S. 17: „Weide in Sicherheit!“; z.B. auch HER05, TUR.
(3) Der Angesprochene erscheint als Hirte, die „Treue“ als die Herde, die er „weiden“ = „pflegen“ soll: „Kultiviere deine Treue zu Gott“ = „Werde immer treuer“. So Tg: „Befleißige dich der Treue“; Syr: „Strebe nach Treue“; z.B. auch Witte 2013, S. 415: „Hege Treue!“. So die meisten Üss., z.B. BB, , HfA, LUT, MÜN, NeÜ, NGÜ, SLT, ZÜR.
(4) Duhm 1899 vergleicht gut das häufige Nomen re´ut in Kohelet, das „Streben, Haschen“ zu bedeuten scheint. ra´ah müsste dann entsprechend ebenfalls „streben“ bedeuten können (Duhm: „erstrebe treue“ > „übe Treue“).
Liest man V. 3 mit V. 4 zusammen, ist (1) am wahrscheinlichsten; „friss Gottes Treue“ ≙ „Gott wird dir die Bitten deines Herzens gewähren“. 3b nimmt man dann am besten als Folge-Imperative, also nicht „Bewohne...!“, sondern „dann wirst du bewohnen können“ (richtig von Lengerke 1847, Graetz 1882, Kissane 1953).
Textkritik: Fast alle Vrs. wie in der Primär-Üs., nur LXX + VUL: „Weide dich an seinen Reichtümern“, was statt `emunah („Treue, Sicherheit“) ḥamoneh („seine Menge/Schätze“) voraussetzt. So z.B. H-R: „Dann bleibst du im Land und genießt seine Güter“. Fast sicher soll dies aber nur das etwas schwierige Bild vereinfachen. (Zurück zu v.3)
gAnstatt gegen Übeltäter zu zürnen. Gut Goldingay 2006, S. 520: „The remedy for negative feelings that come from looking at others is to look at Yhwh and let appropriate feelings arise.“ Vgl. aber auch Ijob 34,9, wo sich erkennen lässt, dass das „Entzückt-sein“ über JHWH in der Tat eine Tugend war, die man jemandem auftragen konnte; u.a. sicher, weil man seinem Entzücken Ausdruck verleihen konnte durch Jubel vor dem Altar Gottes u.ä. (s. Ps 43,4). (Zurück zu v.4)
hWälze deinen Weg - Ausdruck dafür, das eigene Schicksal der Fürsorge Gottes anzuvertrauen, auf dass dieser sich darum kümmere; s. noch Ps 22,9; Spr 16,3; 1 Pet 5,7. Sinnvoll BB + NGÜ: „Lass den Herrn deinen Weg bestimmen“, TEX: „Stelle Jahwe dein Geschick anheim“.
Vielleicht ein Wortspiel: Syr übersetzt „Mach deinen Weg gerade“, versteht „wälzen“ also offenbar als „glattwalzen“, was hier sicher nicht primär gemeint ist, aber sprachlich möglich ist. Wer seinen Weg „glattgewalzt“ hat, ist aber identisch mit dem mit „geradem Weg“ in V. 14.
Textkritik: LXX, VUL, Tg lesen gl nicht wie MT, Hier und Syr als gol („Wälze“), sondern als gal („Offenbare“); Tg und einige Mss lesen außerdem die Konsonanten für „deinen Weg“ mit anderen Vokalen als Pl. „deine Wege“; also: „Tu Gott deine(n) Weg(e) kund!“ Was das bedeuten soll, wäre aber unklar; sicher hat es Gott ja nicht nötig, dass man ihm erst „seinen Weg offenbart“. Richtig hält dies auch keine dt. Üss. für ursprünglich. (Zurück zu v.5)
iTextkritik: deine Gerichtsentscheide - so Syr und wenige Mss., die die Konsonanten von MT anders als L und die anderen Vrs. als Pl. vokalisieren. Angezielt war sicher der Sg. (Zurück zu v.6)
jGut Hitzig 1863, S. 206: „Er wird deine Rechtschaffenheit glänzend sich herausstellen lassen durch entsprechendes äußeres Schicksal“. Vgl. ähnlich Jes 62,1, wo nicht nur die Gerechtigkeit als die Ursache des „Strahlens“ genannt wird, sondern etwas verständlicher auch die Segenstat Gottes als die Folge dieser Gerechtigkeit: „bis Jerusalems Gerechtigkeit wie Lichtglanz leuchtet und seine Rettung wie eine lodernde Fackel.“ Vgl. auch Mal 4,2; Ijob 11,14-17; Jes 60,1f. (Zurück zu v.6)
kwarte auf (tanze vor) - Wortspiel durch mehrdeutiges Wort: Leitet man es ab von ḥil II (einer NF von jaḥal, vgl. Kittel 1914; Goldingay 2006; Cheung 2015, S. 54; Witte 2013, S. 416), bed. es „warten auf“, leitet man es ab von ḥil I, heißt es „tanzen vor“. Aufgerufen wird also zu einem sichtbaren Ausdruck der Vorfreude: „Tänzle vor JHWH!“ (Zurück zu v.7)
lwenn sein Weg gelingt - W. „wenn er seinen Weg zum Gelingen bringt“, im Gegensatz zu dir, der du deinen Weg JHWH anheim gestellt hast.
Wortspiel: das Wort heißt auch „brennen“ (s. zu Am 5,6). Auch das Verb zu Beginn der Zeile heißt zunächst „brennen“, und die Konsonanten von `iš („Mann“) sind die selben wie von `eš („Feuer“). Wahrscheinlich soll damit nachgebildet werden – wie es in V. 8 dann auch explizit gesagt wird – dass man sich mit solchem „Entbrennen“ nur dem Übeltäter gemein macht: dem Hitzkopf, der sich durch das Leben brennt. (Zurück zu v.7)
mnur zum Bösen - Schön verständlich Böhler 2021: „sonst tust du gar noch Böses!“ (Zurück zu v.8)
nabgeschnitten - d.i. getötet; erstarrte Metapher, bei der das menschliche Leben als Textilie dargestellt wird (s. zu Ijob 4,21).
Wortspiel: Das Wort für „hoffen“ in 9b heißt auch „binden“ und ist damit der Gegensatz zum „abgeschnitten-Werden“: Wer auf JHWH hofft = bindet, wird nicht abgeschnitten = getötet.
tFN: Heb. jikkaretun statt jikkaretu (wie in Ps 37,22), das -n (ein sog. „paragogisches Nun“) macht das Wort wahrscheinlich noch emphatischer (GKC §47m; JM §44e). Daher oben das Ausrufezeichen. (Zurück zu v.9)
oDer - Heb. hemmah, Wortspiel mit ḥemmah („Grimm“) in V. 8: Nicht der Grimmende wird das Land besitzen, sondern nur derjenige, der sich ganz auf JHWH verlässt.
tFN: hemmah würde man i.d.R. als Signal für den Beginn eines dritten Kolons nehmen; weil seine Existenz sich hier aber literarisch erklären lässt, sollte man V. 9 besser als Bikolon denn als Trikolon deuten. (Zurück zu v.9)
pTextkritik: Alle Vrs. wie MT, nur 4QpPs: „ich werde untersuchen“. Craigie 1983 hält dies für ursprünglich, aber wahrscheinlicher ist dies Assimilation an V. 36, wo 4QpPs ebenfalls anders als MT nicht „er ging vorüber“, sondern „ich ging vorüber“ hat. Dass hier sogar an diese Stelle assimiliert wird, macht noch wahrscheinlicher, dass dort „ich“ ursprünglich ist; s. dort. (Zurück zu v.10)
qden Ort, wo er war - W. „seinen Ort“; in dieser Bed. z.B. auch verwendet in Ps 103,16. (Zurück zu v.10)
rGut erklärt von Ruiz 2015, S. 29: „Nur noch ein Weilchen“ = „es dauert nicht mehr lang“; „und du wirst den Ort untersuchen“ = „auf jeden Fall wird es noch geschehen, während du lebst“. (Zurück zu v.10)
sDer Herr (JHwH) - Die einzige Stelle im Ps., wo explizit gesagt wird, dass Gott am Übeltäter handeln wird; sonst werden sicher bewusst Passiv-Formulierungen u.ä. verwendet (s. die Anmerkungen). Gleichzeitig die einzige Stelle, wo auffällig nicht der Gottesname „JHWH“ verwendet wird, sondern das distanziertere „der Herr“ – sicher nicht zufällig.
Textkritik: 4QpPs und wenige (allerdings wichtige, z.B. G20, KA10, KA27b, KA30, KA36; zu den Handschriften-Siglen s. die Seite Wichtige Handschriften) Mss allerdings auch hier „JHWH“. Doch sicher ist dies nur Angleichung auf den sonstigen Sprachgebrauch des Psalms, der von Gott sonst durchgehend als von „JHWH“ spricht. (Zurück zu v.13)
tsinnt darauf - zu dieser Bed. s. Ps 66,18 u.ö. So hier aber niemand. (Zurück zu v.13)
usein Tag - Entweder „der Tag JHWHs“, also der große Gerichtstag, der eine Zeitenwende einleiten wird, oder „der [schicksalhafte] Tag des Frevlers“ (so explizit Tg). Letztlich kommt hier beides auf das Selbe hinaus, wahrscheinlicher ist hier aber Letzteres, da V. 13 wohl im Gegensatz zu V. 18 stehen soll (richtig Hacham 1979, S. 209; Levine 2003, S. 76). NGÜ + NL: „Der Tag des Gerichts“, BB + GN + HfA + NeÜ: „Der Tag der Abrechnung“; will man den Gegensatz besser erkennbar machen, vielleicht eher: „denn er weiß, dass seine Tage gezählt sind.“ (Zurück zu v.13)
vTextkritik: kommen wird - So MT und alle Vrs.; nur 4QpPs und 5 Mss (darunter KA17b) Qatal: kommt. Am Sinn würde es nichts ändern, darüber hinaus wird man ohnehin auch kj bw` in diesen Mss besser als kj jbw` mit „shared consonant“ erklären. (Zurück zu v.13)
wTextkritik: [und] - So nur 4QpPs. (Zurück zu v.14)
xWortspiel: „Bogen spannen“ = darku, „Weg“ = darek. „Rechten Wandels zu sein“ heißt natürlich, „auf Gottes Pfaden zu wandeln“, also gerecht zu leben.
Textkritik: MT's „Weg“ wird gestützt durch Hier, Tg, Syr; dagegen LXX, VUL und einige (auch: wichtige) Mss bezeugen „Herz“. Für ursprünglich halten das z.B. Buttenwieser 1938 und Zorell 1928, und in der Tat ließe es sich gut erklären als Verschreibung unter Einfluss des darku in 14b. Eher ist die Variante mit „Herz“ aber Angleichung an den üblicheren Ausdruck in Ps 7,11; 11,2; 32,11; 36,11 u.ö., sicher unter Einfluss des im nächsten V. folgenden „Herz“. Das spricht übrigens dafür, dass der Psalm mindestens schon vor der Üs. durch LXX stichisch niedergeschrieben worden ist. (Zurück zu v.14)
yEin sog. țob-Spruch, eine übliche Form heb. Sprichwörter. Nowack 1888 und Herkenne 1936 verweisen schön auf das entspr. dt. Sprichwort „Unrecht Gut gedeiht nicht gut.“
Textkritik: MT's „als der Überfluss der vielen Frevler“ wird gestützt durch 4QpPs, Aq, Sym und Tg. Dagegen LXX, Syr, VUL und Hier setzen statt rbjm voraus: rb, „als der viele Überfluss der Frevler“. Für ursprünglich halten das zB. Wellhausen 1895; BHS; Craigie 1983. Was tatsächlich ursprünglich war, lässt sich kaum entscheiden, poetisch aber macht LXX & Co. mehr Sinn: „der Gerechte“ aus 16a wird hier durch den Plural „die Frevler“ gesteigert, „das Bisschen“ aus 16a durch das „viele“ in „der viele Überfluss“ in 16b. Und rabbim im MT lässt sich leicht als falsche Assimilation an das vorangehende reša´im erklären, eine Änderung von rabbim zu rab dagegen weniger gut. Besser folgt man daher hier BHS als CTAT V, S. 215, wo MT für wahrscheinlicher ursprünglich gehalten wird. (Zurück zu v.16)
zArme - Hier wohl nicht genannt als dasjenige, womit Frevler sich ihren Reichtum erwirtschaften können (so Craigie 1983; Cheung 2015, S. 66), sondern nach den Parallelen Ijob 38,15; Ez 30,21 als dasjenige, womit man kämpfen kann: Die Vernichtung setzt sich fort und mit den Bögen werden auch gleich die Arme der Frevler zerbrochen; ihr eigener Niedergang ist dann eben damit zu erklären, dass sie überhaupt erst die Hand gegen die Gerechten erhoben haben: Eine Umkehrstrafe (Zurück zu v.17)
aaTextkritik: Alle Vrs. wie MT, nur LXX: „die Wege“. Buttenwieser 1938 hält das für ursprünglich, aber sicher richtig Ross 2011: Assimilation an Ps 1,6. (Zurück zu v.18)
abErbteil - Also das Stück Land vom „Land“ Israel, das ihrer Familie einst von JHWH zugesprochen wurde. Hier wichtiges Wort; es zeigt, dass es im Psalm nicht nur um die Frage geht, wem „das Land Israel“ oder gar „die Erde“ gehört oder gehören wird, sondern dass diese große Frage sich im Kleinen realisiert: Darin, ob „den Armen und Elenden“ ihr Land von den ungerechten Reichen geraubt werden wird oder nicht. (Zurück zu v.18)
acKlangspiel: jißba´u („satt werden“) ist fast ein Anagramm von jibošu („zuschanden werden“); in ra´abon („Hunger“) klingt ra´ah („Übel“) an. In 4QpPs ist das sogar noch deutlicher; ra´abon ist dort ra´ab wie in Ps 33,19. (Zurück zu v.19)
adTextkritik: Geliebte - So 4QpPs: `hbj statt `jbj („Feinde“). Sicher sollte damit aber das „die Feinde JHWHs [waren] wie prächtige Auen“, das auf den ersten Blick wie eine Preisung der so Beschriebenen klingt, geglättet werden. Der Parallelismus legt aber sehr nahe, dass gegen die masoretischen Akzente „wie prächtige Auen“ mit dem ersten „werden sie vergehen“ zu verbinden ist (wie schon Syr aufgelöst hat; so auch schon Hupfeld 1858 und Graetz 1882; z.B. auch Craigie 1983; Goldingay 2006; Meynet 2015, S. 108), was diese Textkorrektur von 4QpPs überflüssig macht. (Zurück zu v.20)
aeTextkritik: (1) krjm ist von MT als karim („Auen“) aufgefasst worden, (2) von Sym, Tg und Hier als kerem ([wie die Pracht,] wie das Vieh“)Sym und Hier vereindeutigen witzigerweise zu „wie Einhörner“ –, (3) LXX, VUL und Syr schließlich deuteten stattdessen als kerum und übersetzen mit „als sie geehrt und gerühmt wurden“. (4) 4QpPs hat im Pescher eine Doppelinterpretation („Kleinvieh [=Sym] der Weiden [=MT]). In der Üs. steht dagegen kwrjm. Damit hat man (5) einen Emendationsvorschlag von Wellhausen 1895 stützen wollen (so z.B. noch Seybold 1996), statt kiqar karim („wie prächtige Auen“) sei kiqod kurim („wie das Brennen eines Schmelztiegels“) zu lesen, aber richtig Cheung 2015, S. 56 FN 11: -w- wird hier wie noch öfter in Qumran Mater lectionis für Qameṣ sein und damit ebenfalls MT stützen.
Klar ist nach diesen Varianten, dass der ursprüngliche Konsonantentext krm war, und angezielt wird in diesem Kontext damit wie in MT karim gewesen sein: V. 2 „sie werden wie Gras verdorren, wie grünes Kraut eingehen“ – V. 20 „wie prächtige Weiden werden sie vergehen“ – Vv. 35f. „Er war wie eine belaubte Zeder; dann ging ich wieder vorbei und er war nicht mehr da“.
Übrigens vokalisiert auch von Lengerke 1847 als „Vieh“, deutet dann aber auch dies auf die Weiden: „die Pracht der Schafe“ = „ihre Weiden“ – selbst dann also, wenn ursprünglich wirklich kerem angezielt gewesen sein sollte, würde man dies hier als einen Ausdruck für Wiesen deuten wollen. (Zurück zu v.20)
afKlangspiel: Nicht nur 20a beginnt hier mit dem Konsonanten k, sondern in 20cd jedes Wort: kiqar karim kalu ke´ašan kalu.
Textkritik: So jedenfalls in 4QpPs, LXX, Sym, VUL, Hier, Syr und vielen Mss (CTAT V, S. S. 217 ist schlicht irreführend: „Cependant les témoins habituels du texte tibérien classique appuient la leçon בעשן“ – aber was soll das schon heißen, der „klassische tiberische Text“ ist ja nur ein Teil von einer von mehreren masoretischen Textfamilien?). L und Tg dagegen haben nicht „wie Rauch“ mit כ, sondern „im Rauch“ mit ב, wahrscheinlich entweder ein reiner Schreibfehler oder Angleichung an Ps 102,4. Dort ist das „im Rauch“ auch gut erklärlich: „Meine Tage schwinden im Rauch“ weil „meine Gebeine wie ein Feuerbrand glühen“. Hier gilt das auch dann kaum, wenn in 20c „Pracht des Viehs“ zu lesen und als „[zu verbrennendes] Fett der Opferschafe“ zu deuten wäre; auch dies vergeht nach israelitischem Verständnis ja nicht „im Rauch“, sondern steigt „als Rauch (und Duft)“ in die Nase Gottes. (Zurück zu v.20)
agVb. 1, 3 und 4 sind Partizipien. Nicht also: „Sie werden gnädig sein und geben können“ o.Ä.: V. 21b ist sicher keine Verheißung (wie Dtn 28,12.44), sondern Charakterisierung des aktuellen Tuns der Gerechten. V. 21a könnte eine Warnung sein („er wird nicht zurückzahlen [können]), ist dann aber in diesem Kontext wohl ebenfalls Charakterisierung. Die entscheidenden Aussagen sind dann: Der eine will nicht zurückzahlen, der andere ist gnädig. So und so richtig Croft 1997, S. 59: Vv. 21.25 zeigen, dass man sich den „Armen“ aus Vv. 14.16 nicht tatsächlich als materiell arm vorstellen darf; „arm“ sind die Gerechten in diesem Psalm nur insofern, als sie sich nicht bereichern. (Zurück zu v.21)
ahDarum (denn) - ist das richtig, was in der vorigen FN gesagt wurde, muss ki hier wie häufig, aber wie sonst nicht mehr in diesem Ps, „darum“ bedeuten. (Zurück zu v.22)
aiTextkritik: seine Gesegneten (die ihn Segnenden) + seine Verfluchten (die ihn Verfluchenden) - Die beiden Partizipien in V. 22 werden von den Vrs. unterschiedlich vokalisiert: Von MT, Tg und Hier beide passiv („gesegnet, verflucht“), von LXX und VUL beide aktiv („segnend, verfluchend“), von Syr nach den meisten Mss merkwürdigerweise das erste aktiv, das zweite passiv (in 8a1c und 12t1.4 aber auch Syr wie MT). Fast alle Neueren folgen hier der Deutung von MT. (zu v.22)
ajTextkritik: [Denn] - So merkwürdigerweise 4QpPs, wonach auch hier die Strophe nicht mit dem zu erwartenden Buchstaben begänne. (Zurück zu v.23)
akJHWH lenkt die Schritte eines Mannes, d.i., er entscheidet über sein Schicksal, vgl. deutlich die Parallelstellen. D.h. hier natürlich wieder: Denjenigen, der gottgefällig lebt, segnet er. Kontraintuitiver Weise sind also die „Schritte“ eines Menschen nicht das, worüber ein Mensch selbst verfügen könnte. (Zurück zu v.23)
alTextkritik: MT wird nur durch Hier gestützt: 4QpPs, LXX, VUL, Tg, Syr und einige Mss haben vor auch zusätzlich und, wie dies hier auch erwartbar wäre. Gerade deshalb wird MT und Hier aber der ursprüngliche Wortlaut sein. (Zurück zu v.25)
amEin ganz schwieriger Vers. Exakt vom Gegenteil sprechen z.B. Ijob 9,23f.; Pred 7,15, und die Entsprechung in der Parallelstelle Ijob 4,7 wird danach abgetan als das „Traumgesabbel“ von Elifaz. Es lässt sich nicht weg-diskutieren: Ps 37,25 spricht sich derart stark für den (selbst intergenerationellen) Tun-Ergehens-Zusammenhang aus, dass selbst parallele biblische Texte hier nicht mitgehen können. (Zurück zu v.25)
anSo sinnvoll Stolz 1983, S. 61: „Seiner Nachkommenschaft gereicht es zum Segen.“. So auch Bernfeld, ELB, GN, HER05, HfA; am besten NGÜ: „Noch seine Nachkommen werden durch ihn gesegnet sein“. So auch schon LXX, VUL, Hier, Syr, Raschi. Radak gibt zwei Erklärungen: (1) Weil Gesegnete wie der Angesprochene ihren Segen weiterzugeben pflegen (eine Art trickle-down-Effekt des Segens), (2) weil andere, die von ihm Gutes erfuhren, ihrerseits um seintwillen seine Nachkommenschaft segnen werden (Letzteres auch bei ibn Ezra). Sonst stets wie in der Alternative. (Zurück zu v.26)
aoWieder Folge-Imperativ: „So wirst du für immer wohnen können“.
Textkritik: Hier, Tg und Syr wie MT. Dagegen LXX und VUL setzen voraus: „auf immer und ewig“. Metrisch würde man das hier auch erwarten; für ursprünglich halten das daher auch Kittel 1914 und wahlweise Witte 2013, S. 417. (Zurück zu v.27)
apHier erwartet man eine Zeile, die mit dem Buchstaben ´Ajin beginnt. Der MT dagegen beginnt mit der Präp. Lamed, erst darauf folgt der erwartete Buchstabe. Viele Ausleger haben daher einen anderslautenden Text aus LXX rekonstruieren wollen (s.u.). Aber die vorgeschlagene Textkorrektur geht wohl nicht an. Vielleicht daher so: Mit `Ajin beginnt auch das Wort für „Übeltat“ in V. 1c; möglicherweise soll im fehlenden `Ajin also das gänzliche Fehlen der „Nachkommenschaft der Frevler“ und ihrer Übeltaten zum Ausdruck gebracht werden.
Textkritik: Die meisten Textzeugen stützen MT. Allerdings mehrere LXX-Gruppen, Sym und VUL haben hier eine fünfte Zeile; MT's „Für immer wird [dieser] bewahrt, aber die Nachkommenschaft von Frevlern wird abgeschnitten“ entspricht dort „für immer werden sie bewahrt, Gesetzlose aber werden gejagt/verjagt, und die Nachkommen der Frevler werden ausgerottet.“ Daraus haben viele ein ursprüngliches „Übeltäter werden für immer ausradiert“ rekonstruiert: ´wl(j)m l´wlm nšmdw: ´wl(j)m wäre wegen der Ähnlichkeit mit l´wlm übersehen worden und die Verschreibung von Resch mit Dalet ist ein sehr häufiger Schreibfehler. Die Übersetzung des ursprünglichen Wortlauts wäre dann also als Konflation zusätzlich zur Übersetzung des fehlerhaften Texts in die LXX geraten. So z.B. schon Houbigant 1777; auch Wellhausen 1895; BHK, BHS; Seybold 1996; Broyles 1999; Fokkelman 2000, S. 139 FN 54; Witte 2013, S. 417; ähnlich Jones 2019, S. 174 FN 20: ´wlm l´wlm nṣmtw nach Ps 69,5; 101,5 wie schon Rahlfs. Aber das kritische Wort ist gerade ´awalim „Übeltäter“; richtig nämlich Graetz 1882: Das heb. Wort ist als Entsprechung des gr. Wortes nirgends belegt. nšmdw ist gleichfalls keine belegte und auch keine sehr naheliegende Entsprechung des gr. Verbs (richtig Cheung 2015, S. 56; Böhler 2021), weshalb Jones 2019 seinen alternativen Vorschlag macht, der aber graphisch dann doch recht weit von MT entfernt ist. Darüber hinaus, dass die Vorlage von LXX nur so schwach bezeugt ist, ist LXX also auch gar keine gute Basis, um auf ihr die erwünschte Textrekonstruktion aufruhen zu lassen. Wahrscheinlicher ist es, dass in einer Handschrift wegen der Ähnlichkeit von 28d mit 38b hier 38a ergänzt wurde.
Ps 37,28 in 4QpPs. (c) Deadseascrolls.org.
Einige haben u.a. wohl daher behauptet, immerhin nšmdw statt nšmrw würde auch durch 4QpPs gestützt, aber richtig CTAT V 223: Anders als z.B. in DJD V 45 transkribiert, steht in 4QpPs sicher wie im MT nšmrw, vgl. auf dem Foto rechts den fraglichen Buchstaben mit dem Resch im direkt folgenden Wort. 4QpPs könnte mit LXX enger verwandt sein als mit MT, s. in V. 20 k´šn in 4QpPs, LXX, VUL, Syr vs. MT's b´šn, in V. 25 wgm in 4QpPs und LXX vs. MT's gm und in V. 35 `´bwr in 4QpPs, LXX, VUL, Syr vs. MT's wj´br. Dann wäre das Zeugnis besagter LXX-Textgruppen in diesem Vers umso schwächer. Man wird aber doch fragen müssen: Wie soll der Wortlaut von LXX denn sonst entstanden sein? Er ist sicher als Konflation zu erklären, und Textkorrekturen, wie diese eine wäre – poetische Verbesserungen, um z.B. wie hier ein Akrostichon lyrisch zu glätten –, sind mir (S.W.) sonst gar nicht bekannt.
Die externe Evidenz mit nur einigen LXX-Zeugen ist also ziemlich schwach, die interne Evidenz – ein mit ´Ajin beginnendes Wort wäre hier so sehr zu erwarten, und der LXX-Wortlaut lässt sich kaum anders erklären denn mit einem heb. Original – dagegen ist sehr stark. Textkritisch lassen sich beide Optionen begründet vertreten; wir folgen daher hier der Mehrheits-Position in dt. Üss. und damit dem MT.
En passant sei noch darauf hingewiesen, dass CTAT's Argument für MT, „der Poet habe ja schließlich auch kein Problem damit gehabt, die T-Strophe mit w-t... statt t... zu beginnen“, sicher nicht angeht; die Konjunktion wird man kaum „dem Poeten“ zuschreiben dürfen (so aber schon de Wette 1829; Maurer 1838; von Lengerke 1847; z.B. auch Böhler 2021). Ebenso wenig richtig dürfte ebd. sein, dass wir nur die Option haben zwischen „für immer wird dieser bewahrt“ und „Sünder werden ausradiert“, nicht aber „Sünder werden für immer ausradiert“, weil in LXX nur die Zwei-Wort-Variante belegt sei: LXX würde zwei Ein-Wort-Konflationen bezeugen; die gesamte Zeile muss man daraus rekonstruieren, und l´wlm wird man hier weit eher mit-rekonstruieren, weil dies Wort erst Grund für den Ausfall von ´wlm gewesen wäre. (Zurück zu v.28)
aqfür ewig - eine Art break up-Parallelismus: Die häufige Fügung le´olam wa´ed („für immer und ewig“) wird aufgebrochen und als „für immer“ und „für ewig“ auf 28c und 29b verteilt, so dass sie das erste und vorletzte Wort dieser Strophe sind. Bemerkenswert ist außerdem, dass „für immer“ bereits in 27b stand, dort ebenfalls mit dem Vb. „wohnen“: „Wohne für immer“ (V. 27) – „für immer werden sie bewahrt“ (V. 28) – „und sie werden wohnen für ewig darin“ (V. 29). Dass ist zu auffällig, als dass es Zufall sein könnte, und die mittlere Klausel ist darüber hinaus gerade jene, wegen der V. 28c nicht mit `Ajin beginnt (s. vorige FN) – was mit dieser Formulierung zum Ausdruck gebracht werden soll, verstehe ich (S.W.) aber nicht. (Zurück zu v.29)
arTextkritik: [Drum] - So nach LXX, Sym, VUL, Syr, Saadja, 1 Ms. Dagegen 4QpPs, Tg und Hier stützen MT. Für ursprünglich halten die Variante mit w- z.B. auch Herkenne 1936; Craigie 1983; Ross 2011. Es ist aber gar nicht notwendig, dass w- ursprünglich zum Text gehörte; der vlS in 31 kann auch ohne w- Protasis von 31b gewesen sein und ist sicher so gedacht, da man Vv. 30f. sonst als Trikolon + Monokolon analysieren müsste. (Zurück zu v.31)
asverurteilen - Wortspiel mit 32a: „verurteilen“ ist w. „zum Frevler machen=erklären“. Böhler 2021 sinngemäß richtig: „er wird nicht zulassen, dass man ihn für Frevels schuldig erklärt“, was als Übersetzung der Zeile aber ja ganz den Witz nimmt. (Zurück zu v.33)
atwenn er gerichtet wird - nämlich vor dem Gericht, vor das der Frevler ihn offenbar stellen will (so z.B. Hitzig 1863; Herkenne 1936; Kissane 1953). Das scheint zu bedeuten, dass „Gerechte“ nie zu Unrecht verurteilt werden und ist dann ähnlich schwer zu akzeptieren wie V. 25. Ross 2011 versucht, den Vers zu retten mit der Deutung, gemeint sei: „Auch, wenn er zu Unrecht verurteilt wird, sieht ihn immerhin JHWH nie als verurteilenswert an.“ (vgl. VUL, Hier: „Er wird ihn nicht verdammen, auch, wenn über ihn geurteilt wird“. Vgl. auch Röm 8,33f.). Aber, böse gefragt: Was soll das bringen? Was durch den ganzen Psalm hindurch versprochen wird, ist ja innerweltliches Heil; auch hier muss man dann erwarten, dass von einem solch „weltlichen“ Segen die Rede ist. (Zurück zu v.33)
auabgeschnitten - Wieder das selbe Wortspiel wie in V. 9: „Binde dich an = Hoffe auf JHWH“ vs. „die Frevler werden abgeschnitten = getötet werden“. (Zurück zu v.34)
avKlangspiel: Im Heb. beginnt der V. wie erwartet mit r. Dieser Konsonant durchzieht aber den ganzen Vers, gemeinsam mit dem Konsonanten `Ajin: ra`iti raša´ ´ariṣ / umit´areh ke`erez hara´anan. Ist der Ps sehr jung, könnte auch Alef in ra`iti und ke`erez ähnlich wie ´Ajin geklungen haben. Resch und ´Ajin sind die Konsonanten für ra´ („Übles, Böses“): Wie die ausladenden Äste einer Zeder hat sich hier der Böse über den ganzen Vers ausgebreitet und alles mit seinen Wurzeln durchdrungen. (Zurück zu v.35)
awtFN: der aufschoss (der sich entblößte) - Heb. mit´areh, auf den ersten Blick: „der sich entblößte“. Rhotatizismus für mit´aleh („der aufschoss“), das auch in Jes 55,13; Ez 47,12 von Bäumen gesagt wird (vgl. Fitzgerald 1978, S. 486; Craigie 1983).
Textkritik: Zeder im Saft (Angestammter im Saft) - Für das `ezraḥ ra´anan („Angestammter im Saft“) in MT, Hier lies nach LXX, VUL ke`erez hara´anan („Zeder im Saft“, vgl. אזרח רענן mit ארז הרענן). So z.B. auch Wellhausen 1895; Terrien 2003; Perdue 1977, S. 334; Stolz 1983, S. 62; Gies 2018, S. 2018. Noch weit mehr wollen ganz LXX und VUL folgen und „Zedern des Libanon“ lesen (z.B. Seybold 1996; Broyles 1999; Witte 2013, S. 418), aber das wäre graphisch weit von MT entfernt und „Zedern des Libanon“ ist eine leicht erklärliche stilistische Variante von „Zedern im Saft“, da Libanon-Zedern berühmt und der Libanon bekannt für seine Fruchtbarkeit waren (s. bes. klar Ez 31,3, auch 1 Kön 4,33; Ps 29,5; 92,13; 104,16; Jes 2,13; 37,24).
Tg und Syr sind nicht eindeutig zuzuordnen: Beide übersetzen mit „Bäume“ (Tg: „fest gepflanzter Baum mit dichter Krone“, Syr: „Bäume im Wald“). Viele Neuere nehmen an, dass „Angestammter“ auch ein Ausdruck für heimische Bäume sein könne (z.B. Cheung 2015, S. 64: „per Wortspiel“; besser Maurer 1838, der auf einen verwandten arabischen Sprachgebrauch verweist). Ist das wahr, könnten Tg und Syr auch MT bezeugen. Aber wahrscheinlich ist es nicht; für einen solchen Sprachgebrauch im Hebräischen fehlt jede Parallele. (Zurück zu v.35)
axTextkritik: MT's wj`br („und man/er ging vorüber“) wird nur von Sym und Tg gestützt; dagegen 4QpPs, LXX, VUL, Hier (!) und Syr haben alle `´br („ich ging vorüber“). 4QpPs hat wahrscheinlich sogar V. 10 an diese Stelle angeglichen. Eine Änderung von wj`br nach `´br ließe sich zwar leicht als Angleichung an das Vb. in 36b erklären; ebenso gut aber eine umgekehrte Änderung als Angleichung an 35b. Die neuesten Kommentatoren und Üss. folgen überwiegend MT (z.B. Terrien 2003; Goldingay 2006; Ross 2011; Böhler 2021; Tiquillahuanca 2008, S. 18; Witte 2013, S. 418; Cheung 2015, S. 57; Ruiz 2015, S. 19), aber das Zeugnis für 1. Prs. ist hier zu stark.
4QpPs und VUL haben außerdem beide noch eine ähnliche, unerklärliche Ergänzung: 4QpPs: „ich zog vor ihm vorüber“, VUL: „sein Ort ließ sich nicht finden“. Könnte VUL lepanajw mit „sein Ort“ übersetzt haben? Dann bezeugten beide das selbe Plus. Noch einmal nachweisen lässt sich dies aber nicht. (Zurück zu v.36)
ayTextkritik: Aufrechter (Aufrichtigkeit) + Integrer (Integrität) - Variante 1 jeweils nach MT, Tg, Syr, Variante 2 jeweils nach LXX, VUL, Hier; jeweils werden nur die selben Konsonanten unterschiedlich vokalisiert. Wählt man Variante 2, nimmt man „auf etwas schauen“ besser i.S.v. „streben nach“, oder man nimmt mit Syr r`h („sehen“) als NF von r´h („weiden“; ähnlich z.B. Broyles 1999: „shepherd faithfulness“), vgl. V. 3b. Die NF würde natürlich verwendet für das Wortspiel, dass dann „weiden“ gleichzeitig als „sehen“ parallel ginge mit dem vorangehenden „im Blick behalten“.
Var 2 z.B. LUT: „Bleibe fromm und halte dich recht“ (auch H-R, PAT, TUR, van Ess, ZÜR 31 [nicht mehr ZÜR 07]); Var 1 z.B. : „Achte auf den Lauteren und sieh auf den Redlichen“ (so die meisten Üss.). Schön BB: „Halte dich an den, der vorbildlich lebt! Schau auf den, der sich aufrichtig verhält!“ So schon Raschi: „Nimm den Unschuldigen genau in Blick, um von seinen Taten zu lernen“. (Zurück zu v.37)
azTextkritik: MT, LXX, VUL und Tg haben oder setzen alle ein w- („aber“) zu Versbeginn voraus. Dann begänne auch dieser Vers nicht mit dem zu erwartenden Buchstaben. Hier, Syr und wenige Mss aber haben dieses w- nicht; für ursprünglich halten diese Variante z.B. auch Wellhausen 1895, BHS, Witte 2013, S. 418. (Zurück zu v.39)
baBedrängnis - Wortspiel: ṣarah („Bedrängnis“) klingt sehr ähnlich wie zera´ („Nachkommenschaft“). Für den Frommen schimmert selbst in der Bedrängnis die heilvolle Zukunft durch. (Zurück zu v.39)
bbTextkritik: MT hat 2x Wayyiqtol, was nur für Vergangenheit oder Gegenwart verwendet werden kann und schlecht mit Yiqtol im folgenden Vers zusammenstimmt, was aber auch von Syr gestützt wird. Besser vokalisiert man mit LXX, VUL, Hier und den meisten Tg-Mss beide Male als WeYiqtol; so richtig Zuber 1986. (Zurück zu v.40)