Rut 3: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 8. November 2015, 01:28 Uhr

Syntax ungeprüft

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Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
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Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Rut 3)

(kommt später)

Studienfassung (Rut 3)

1 [Eines Tages] sprach Noomi, ihre Schwiegermutter, zu ihr: „Meine Tochter, will ich nichta für dich Ruhe (eine Heimstatt)b suchen, damit (wo) es dir gut geht?c 2 Und weiterd: Ist nichta Boas, bei dessen Mägden du warst, unser Verwandtere (ist nicht Boas unser Verwandter, bei dessen Mägden du warst)? Siehea, dieser wird heute Nacht Gerste auf der Gerstentenne worfelnf. 3 [Daher]g wasche dich, salbe dich, wirf deine Kleider (dein Kleid)h um dich (zieh deine Kleider/dein Kleid an)i und geh zur Tenne hinabj! Lass dich [aber] nicht von dem Mann (von niemandem) erkennen, bis er mit Essen und Trinken fertig ist! 4 Und es soll sein, wenn er sich legt: (Wenn er sich legt,)k merke dir den Ort, wo er liegt (wohin er sich legt), gehe, entblöße seine Beine (seine Scham?, decke den Ort seiner Beine auf? Entblöße dich zu seinen Füßen?)l und lege dichj. Er wird dir dann erzählen, was du tun sollst (musst).“ 5 Da antwortete sie ihr: „Alles, was du ([mir])m sagst (je sagen wirst)n, will ich tun.“


6 Sie ging also hinab zur Tenne und befolgte alleso, was ihr die Schwiegermutter geboten hatte: 7 Boas aß, trank, sein Herz wurde fröhlich,p er kam, um sich am Fuß des Getreidehaufens zu legen; sie kam im Geheimen (sie schlich sich zu ihm), entblößte seine Beineq und legte sich.

8 {Und es war} um Mitternacht zitterter der Mann, tastete [um sich] (sah sich um)s und, siehe da! - eine Frau lag [an] ([bei]) seinen Beinen! 9 Er fragte: „Wer bist du?“ Sie antwortete: „Ich bin Rut, deine Magdt - daher breite deinen Gewandzipfel (deine Decke, deine Flügel)u über deine Magdt, denn du bist Goel!v10 Da sagte er: „Gesegnet [seist] du von JHWHw, meine Tochter! Denn deine spätere Güte hast du besser getan (deine spätere gute Tat ist noch besser) als deine vorige, nicht den jungen Männern nachgelaufenx zu sein (indem du nicht den jungen Männern nachgelaufen bist) - egal, ob arm oder reich.y 11 Nun denn, meine Tochter: Fürchte dich nicht - alles, was du sagst (je sagen wirst), will ich für dich tun, denn es weiß das ganze Tor meines Volkes (mein ganzes Volk)z, dass du eine fähige Frauaa bist. 12 Nun denn... - Ach, [wäre das] wahr! Ach, wenn ich doch Löser [wäre]! Jedochab es gibt (ihr habt) einen Löser, [der euch] näher [verwandt ist] als ich (es gibt einen näheren Löser als michac). 13 Bleibe diese Nacht [hier], und wenn er dich am Morgen lösen wirdad - schön! Dann soll er dich lösen! Doch wenn er [dann] keine Lust hat, dich zu lösen - dann werde ich dich lösen, [so wahr] Gott lebt!ae Liege bis zum Morgen!“ 14 Und sie lag [an] (bei) seinen Beinen ([an] seinem Beinaf) bis zum Morgen. [Doch] noch bevor ein Mann seinen Nächsten (bevor man einander, bevor einer den andern)ag erkennen konnte, stand sie auf.
Er sagte [sich]:ah „Es soll nicht bekannt sein, dass die Frau zur Tenne gekommen ist!“ 15 [Daher]ah sagte er: „Gib den (deinen) Mantel, der um dich [ist] (den du an hast), und halte ihn [gut fest]ai!“ Also hielt sie ihn [fest]ai und er maß ihr sechs der Gersteaj [hinein], lud ihn ihr aufai und kam zur Stadt (und sie kam zur Stadt)ak


16 Und sie kam zur Schwiegermutter, und [diese] fragte: „Wie ist es gelaufen, meine Tochter? (Als was/Wie/Was [bist] du, meine Tochter?, Wer bist du - meine Tochter?)al Da berichtete sie ihr alles, was ihr der Mann getan hatte. 17 Und sie sagte: Diese sechs der Gersteaj hat er mir gegeben, denn er hat ([zu mir]) gesagt: „Du darfst nicht leer zur Schwiegermutter kommen!“am 18 Da sagte sie: „Warte ab, meine Tochter, bis du weißt, wie die Sache ausfallen wird. Denn der Mann wird nich ruhen bis er [noch] heute die Sache beendet hat.“

Anmerkungen

Rut 3 schildert in Vv. 1-5, wie Noomi einen Plan entwickelt, Rut erneut „unter die Haube zu bringen“ und in Vv. 6-15, wie Rut diesen Plan in die Tat umsetzt und wie Boas darauf reagiert.
Wie dieser Plan zu bewerten ist, wird gar nicht expliziert. Es ist aber dennoch klar, da seine Entwicklung in Vv. 1-4 im Leser gewisse Vorerwartungen weckt, indem er drei weitere Bibelstellen einspielt, vor deren Hintergrund Rut 3 gelesen werden muss: Gen 19,30-38 berichtet von der Angst der beiden Töchter Lots, keine Nachkommen mehr bekommen zu können, und wie sie daher ihren Vater betrunken machen, warten, bis er schläft, und dann heimlich zu ihm gehen, um ihn zu vergewaltigen. Die eine der beiden Töchter wird so zur Stammmutter der Moabiter. Auch in Num 25 wird von sexuellen Zügellosigkeit von Mobiterinnen berichtet. Und Gen 38, auf das im Rutbuch noch häufiger angespielt wird, berichtet am Ende davon, wie Tamar sich verkleidet, um ihren Schwiegervater dazu zu bringen, sie zu schwängern. Wenn hier also Noomi der Moabiterin Rut aufträgt, zu warten, bis Boas eingeschlafen ist, sich dann im Schutz der Nacht zu ihm auf die Tenne (s. Hos 9,1: Die Tenne als Ort der Unzucht) zu schleichen, sich aber nicht von ihm erkennen zu lassen, und dann in V. 4 gleich mehrere Anspielungen auf den Geschlechtsakt macht, ist klar, was Noomi vorschwebt: Rut soll Boas durch einen umoralischen „bed trick“ (Harold Fisch) zum Ja-Wort verführen. So unmoralisch ist der Plan, dass Rut nach einer alten jüdischen Überlieferung sogar überzeugt ist, getötet zu werden, wenn sie gemäß Noomis Plan handelt.

Exkurs: Zur Theologie des Rutbuches: Wegen dieser moralischen Fragwürdigkeit muss hier auf eine theologische Eigenart des Rutbuches hingewiesen werden: Das „Verschmelzen des Handelns Gottes und der Menschen(Thompson 1993, S. 203):

  • In Rut 1,6 heißt es, dass JHWH Israel wieder „Brot gegeben“ habe - doch das Brot von Noomi und Rut stammt von Boas.
  • In Rut 2,12 verwendet Boas die sog. „Lohnknecht-Metapher“an und stellt so JHWH als Lohnherrn der Rut vor (JHWH vergelte dein Tun und dein Lohn sei voll von JHWH, dem Gott Israel) - doch auch hier: Der Lohn für die Arbeit Ruts stammt von Boas.ao
  • Zu diesem Phänomen gehört auch die Ambiguität von Rut 2,20, wo unsicher ist, ob der Relativsatz auf Boas oder JHWH zu beziehen ist (s. FN ax).ap
  • Für sein Handeln in Kap. 2 wird Boas in Rut 2,20 von Noomi auch noch gesegnet und sein Handeln durch das Schlüsselwort chesed („Güte“) charakterisiert, das in der Bibel - und auch im Rutbuch, s. Rut 1,8 - den Wesenszug JHWHs schlechthin ausdrückt.aq.
  • Deutlich gehört dazu auch Ruts Bitte in Rut 3,9, mit der sie Boas bittet, seinen „Mantelsaum“ über sie zu breiten: In Rut 2,12 verwendet Boas die selbe Formulierung, als er davon spricht, dass Rut unter JHWHs „Flügeln“ Schutz suchen wolle.ar
  • Ebenso wie Boas in Rut 2,20 wird auch Rut in Rut 3,10 für ihr Handeln in Rut 1 und in unserem Kapitel gesegnet und auch ihr Handeln wird durch das Wort chesed charakterisiert.
  • In Rut 3,12 kündet Boas sein zukünfiges Handeln sogar in Form eines Heilsorakels an („Fürchte dich nicht...“), mit dem sonst heilbringende Handlungen JHWHs vorausgesagt werden.as
  • In Rut 4,15 findet sich eine ganz ähnliche Ambivalenz wie in 2,20 (s. FN am)
  • Auffällig ist schließlich in Rut 4,13f., wie JHWH und die beiden Eheleute bei der Zeugung Obeds zusammenwirken: „Der Nachkomme, den JHWH dir durch diese junge Frau geben wird... [Boas] schlief mit ihr und JHWH gab ihr Schwangerschaft.

Ganz ähnliches ist auch hier der Fall: Noomi hat ihren Schwiegertöchtern in Rut 1,9 gewünscht, dass JHWH ihnen „Ruhe“ - d.h.: eine Heimstatt - geben möge. Doch nun ist es Noomi selbst, die Rut „Ruhe“ verschaffen will, „damit es ihr gut geht“, und ihr deshalb „Gebote gibt“, „denen gemäß Rut handeln“ soll (s. dazu FNn c.o) - auch Noomi wird hier mit JHWH parallelisiert, und das „damit es dir gut geht“ ist hier gerade nicht die Folge von JHWHs Geboten - sondern von Noomis unmoralischem Plan.
Die Parallelisierungen in Rut 1,6 und Rut 2, in Rut 2,12 und Rut 2 und in Rut 2,20 und Rut 2 beziehen sich auf die juristisch problematische Gewährung des Nachleserechts durch Boas; die Parallelisierung in Rut 1,9 und Rut 3,1 auf Noomis moralisch fragwürdigen Plan, Boas zum Ja-Wort zu verführen und die Parallelisierung in Rut 2,20 und Rut 3,9 und die in Rut 4,12f auf Boas rechtswidrige Heirat mit Rut (dazu s. die Anmerkungen zu Kap. 4). Das heißt: gerade dort, wo im Rutbuch Recht gebeugt und gebrochen wird, werden diese Beugungen und Brüche durch die Parallelisierung mit JHWH wieder „theologisch gerechtfertigt“.
Das Rutbuch selbst bietet derart ein „biblisches Modell für die Missachtung des biblischen Rechts(Stahlberg 2008, S. 474; vgl. ähnlich z.B. LaCocque 2004, S. 28-32; Nielsen 1997, S. 31f.): Nicht das streng vom biblischen Recht geleitete Handeln ist im Rutbuch „JHWH-mäßig“ und segenswert, sondern das von „Güte“ geleitete und daher bisweilen auch das biblische Recht brechende Handeln. Ein sehr ähnliches Konzept findet sich noch heute in der Orthodoxen Kirche: Man unterscheidet dort die Grundsätze der akribia und der oikonomia. „Akribia“ meint das kirchenrechtliche Prinzip der strengen Befolgung kirchlicher Gesetze, „oikonomia“ dagegen das der „Aufhebung der uneingeschränkten und strikten Durchsetzung der kanonischen und kirchlichen Ordnung aufgrund äußerster Nachgiebigkeit und Milde in christlichem Geist“ (Alivizatos 1998, S. 44). Man könnte also sagen: Sinn des Rutbuches ist (auch) die Entwicklung eines Vorläufer-modells des oikonomia-Prinzips.

Vv. 1-4 wecken also gewisse Erwartungen im Leser. Er weiß: Rut ist Moabiterin. Möglicherweise hat er also deshalb sogar schon von Anfang an das Vorurteil, bei Rut müsse sich um eine liederliche Frau handeln. Spätestens, nachdem Noomi Rut ihren „bed trick“ vorgestellt hat, hat er jedenfalls entsprechende Erwartungen von der folgenden Handlungen. In Vv. 6-11 aber wird mit diesen Vorurteilen gründlich aufgeräumt:
Zunächst werden die Vorerwartungen des Lesers gleich mehrfach bestärkt: In V. 5 durch das uneingeschränkte Gehorsamkeitsgelöbnis der Rut, in V. 6 durch die Vorwegnahme, dass Rut in der Tat alles so ausführe, wie ihre Schwiegermutter es ihr aufgetragen hatte, und in V. 7 durch die Schilderung dieser Ausführung. V. 8 berichtet dann, wie Boas die Frau bemerkt, als er sich abtastet, und mit all seinen immer mehr bestärkten Vorerwartungen liest der Leser weiter und - wird enttäuscht. Denn was folgt, ist keine Szene der Verführung, sondern ein Heiratsantrag. Und nicht nur das: In V. 9 räumt Boas gleich auch noch sämtliche Vorurteile aus, die noch bestehen bleiben hätten können: Nicht nur hat Rut mit ihm keine Unzucht getrieben, sondern auch zuvor hat sie mit keinem Jungen - ob arm oder reich - angebandelt (V. 10). Und nicht nur dies ist ein Erweis der Rechtschaffenheit Ruts, sondern es ist sogar so, dass das gesamte Volk des Boas ohnehin schon weiß, dass es sich bei Rut um eine „tolle Frau“ handelt - und daher wird er ihrem Wunsch nachkommen und sie ehelichen. Rut 3,1-11 bringt also gleich zwei Gründe, warum Boas trotz geltendem Recht Rut heiraten wird: (1) Es ist das „Gute“ und damit das Richtige; (2) die Gründe, die gegen eine Heirat mit Moabiterinnen sprechen - in diesem Fall ihre Unzüchtigkeit (s. Num 25 und die dortigen Anmerkungen) treffen zumindest im Falle der Rut ohnehin nicht zu.



aWill ich nicht...? (V. 1) + Ist nicht...? (V. 2) + Siehe (V. 2) - Die beiden rhetorischen Fragen dienen hier - wie oft (vgl. bes. Moshavi 2011, S. 99f) - zur Begründung der in Vv. 3f folgenden Aufforderung; die Argumentationsstruktur von Vv. 1-4 ist also etwa diese: 1-2a: Hintergründe der Aufforderung in V. 3 - 2b: Information über einen für die folgende Auffordung relevanten Satzverhalts (wie üblich eingeleitet durch hinneh („siehe“)) - 3-4: Die Aufforderung selbst.
Im Dt. würde man das eher etwa so formulieren: „Liebe Tochter, ich würde dir ja gerne eine Heimstatt verschaffen, und Boas - der, bei dessen Mägden du gearbeitet hast - ist ja unser Verwandter, nicht wahr? Dieser nun wird heute Nacht auf der Tenne worfeln; daher pass auf; du machst nun Folgendes:...“. Sehr gut daher ZÜR 1931: „Liebe Tochter, ich muss dir doch ein Heim suchen ... (ähnlich MEN). Nun ist ja Boas ... ein Verwandter von uns (ähnlich , TEX). Siehe...“. (Zurück zu v.1 / zu v.2)
bRuhe (eine Heimstatt) - Heb. manoach, ein Synonym von menuchah in Rut 1,9 (s. dazu FN aa): Noomi will Rut ein Heim verschaffen; d.h. hier: sie will sie „unter die Haube bringen“. (Zurück zu v.1)
cdamit es dir gut geht - häufige Formulierung in der Bibel, die bes. häufig mit dem Halten von JHWHs Geboten zusammenhängt: Hält man sie, „geht es einem gut“ (s. z.B. Dtn 4,40; Dtn 12,28; Jer 7,23; Jer 38,20; Jer 42,6 u.ö.). Für sich genommen wäre das nicht besonders auffällig, aber vgl. noch FN o zu Vers 6: Noomi erlässt hier Gebote (s. die Anmerkungen) (Zurück zu v.1)
dUnd weiter - W.: „und nun“; doch wä`attah dient hier wohl nur zur „Markierung eines neuen Gedankens“ (Ges18, S. 1030); treffender ist daher obiger Übersetzungsvorschlag. (Zurück zu v.2)
eVerwandter - Bed. unsicher (-> Hapax legomenon). Sehr wahrscheinlich bedeutet es ungefähr das selbe wie das ähnliche Wort „Verwandter“ in Rut 2,1 (so fast alle Exegeten). Vom Wortbildungsmuster her scheint das Wort ein Abstraktbegriff zu sein, also eher „Verwandtschaft“; wörtlicher wäre daher vermutlich etwas wie „Gehört nicht Boas zu unserer Verwandtschaft?“ (so z.B. MEN). Da aber auch dies nicht sicher ist, folgen wir in der SF der Standardübersetzung „Verwandter“. (Zurück zu v.2)
fer wird Gerste auf der Gerstentenne worfeln - W. „er wird die Gerstentenne worfeln“; die „Gerstentenne“ steht hier wohl metonymisch für die Gerste auf dieser Tenne (vgl. z.B. Gray 1967, S. 417; Zakovitch 1999, S. 135). Eine „Tenne“ ist der Ort, an dem Getreide gedroschen und geworfelt wird; „Worfeln“ bezeichnet den Arbeitsschritt der Trennung der Getreidekörner von Spreu und Spelzen mithilfe des Windes (vgl. näher Dreschen und worfeln (WiBiLex)), weshalb das Worfeln auch nachts geschehen muss: Der rechte Wind kommt in Israel oft erst gegen Abend auf. Vermutlich muss an eine Gemeinschaftstenne gedacht werden, die von mehreren Grundbesitzern gemeinsam verwendet wurde. Etwas merkwürdig ist allerdings das „Gersten-“ in „Gerstentenne“, da es wohl nicht verschiedene Tennen für verschiedene Getreidearten gab. (Zurück zu v.2)
g[Daher] - Dass die Aufforderung in Vv. 3f aus Vv. 1f abgeleitet wird, wird im Heb. nur durch die Wortform (Weqatal) markiert (eben daher auch Einsatz durch Weqatal statt Yiqtol). (Zurück zu v.3)
hdeine Kleider (dein Kleid) - In der Überlieferung des Textes finden sich beide Versionen: Ketiv und LXX haben Singular, Qere, Syr, VUL und Tg haben Plural. Da Rut am Ende des Kapitels eines ihrer Kleidungsstücke zum Transport der Gerste verwendet und sicher nicht nackt durch Jerusalem läuft, trägt sie sicherlich mehrere Kleidungsstücke; allein schon aus diesem Grund sollte besser mit Plural übersetzt werden. Gemeint sind wohl Ruts „gute“ Kleider (TgRut: „Prachtgewänder“; RutR: „Sabbatkleider“; VUL: „elegante Kleider“; dazu passt auch Syr: „schmücke dich mit deinen Gewändern“) - ein weiteres Indiz dafür, dass Noomi und Rut so arm nicht sein können, da schon der Durchschnittsisraelit nicht mehr als zwei Gewänder besaß; die Angehörigen der armen Bevölkerungsschicht häufig nur eines. Gut schlagen de Waard/Nida 1992, S. 48 vor, zu übersetzen mit „get dressed in your best clothes“ (so viele Üss; z.B. GN, HfA, NeÜ, NL, OEB, T4T). (Zurück zu v.3)
iwasche dich, bade dich und wirf deine Kleider um dich - Es ist umstritten, ob diese Handlungen wie in Ez 16,9f symbolisch als Hochzeitsvorbereitungen gemeint sind (so z.B. Fischer 2001, S. 201; Zenger 1986, S. 66f) oder ob sie wie in Jdt 10,3 v.a. die Verführung eines Mannes erleichtern sollen (so z.B. Gunkel 1913, S. 75f; Wénin 1998, S. 188). V. 1 legt eher ersteres nahe, V. 4 eher letzteres und vermutlich kann man hier an beides denken, da der Weg zum Ja-Wort ja über die Verführung des Boas läuft (s. die Anmerkungen). Vielleicht kann man hier ohnehin nicht zwischen diesen beiden Optionen entscheiden, da nach Mischna Qidduschin 1,1 die Ehe schon durch den Geschlechtsakt als vollzogen galt - wenn dies schon zu biblischer Zeit der Fall war, wäre mit der erfolgreichen Verführung auch gleich die Ehe geschlossen. (Zurück zu v.3)
jgeh hinab (V. 3) + lege dich (V. 4) - Ketiv bietet hier eine Schreibweise, die auf den ersten Blick „ich gehe hinab“ und „ich lege mich“ statt „gehe hinab“ und „lege dich“ zu bedeuten scheint. Diese Form für die 2. Person findet sich noch häufiger in der Bibel; entweder handelt es sich dabei um eine veraltete Form (vgl. z.B. HKL I §20.6; Rendsburg 2013, S. 635) oder einen Aramäismus (vgl. z.B. Zakovitch 1999, S. 136). Besonders häufig findet sich diese Form übrigens in Ez 16, das auch über die Abfolge „waschen, salben und ankleiden“ (Ez 16,9f + Rut 3,3; s. vorige FN) und über die Rede vom „den Gewandsaum über jemanden breiten“ für die Heirat (Ez 16,8 + Rut 3,9) mit unserem Kapitel zusammenhängt. Dass diese Form jeweils nur beim vierten Wort der Vierer-Weqatal-Ketten verwendet wird, macht es sehr wahrscheinlich, dass sie hier nur aus stilistischen Gründen verwendet wird und in der Übersetzung ohne Bedeutungsverlust ignoriert werden kann. (Zurück zu v.3 / zu v.4)
kUnd es soll sein, wenn er sich legt: (Wenn er sich legt,) - Schwierige Stelle; übersetze nach dem Alternativvorschlag.
tFN: (1) Das Verb wihi („und es soll sein“) scheint hier ähnlich wie sonst wajähi („und es war“, s. z.B. Rut 1,1 (dazu FN c): „Und es war in den Tagen des Richtens der Richter...“) und wähaja („und es wird sein“, s. z.B. Rut 3,13: „Und es wird sein am Morgen...“) nicht zur story zu gehören, sondern nur zur Markierung einer Zeitangabe zu dienen (vgl. ähnlich Rubinsteins Deutung von HKL III §193b in Rubinstein 1956, S. 76; so wohl auch Holmstedt 2010, S. 154 (?)). Eine ähnliche Verwendung von wihi findet sich sonst nur in 1 Sam 10,5; 2 Sam 5,24 = 1 Chr 14,15 (und in 1 Kön 14,5, wo aber sicher mit LXX wajähi zu lesen ist) und diese Deutung ist allein schon deshalb schwierig, weil die in 1 Sam 10,5 auf wihi folgenden Sätze sich nicht jussivisch verstehen lassen.
(2) Joüon 1993, S. 69 will daher emendieren nach wähaja und erklärt sich unsere Stelle so, dass ein Schreiber fälschlicherweise statt den Konsonanten whjh (=wähaja, „und es wird sein“) wjhj (=wajähi, „und es war“) geschrieben habe, was die Masoreten dann zum „weniger falschen“ wihi vokalisiert hätten (so auch Lambert 1946, S. 157).
(3) Und Niccacci 1995, S. 92 denkt, wihi habe hier seine „normale Funktion, Finalsätze auszudrücken“ (s. z.B. Ex 10,21; Mal 3,10) und übersetzt mit „damit du, wenn er sich legt, dir den Ort merken [kannst]“. Diese „normale Funktion“ erkennt hier aber auch sonst niemand; in den entsprechenden Versen wird wihi nie wie hier und den obigen Stellen impersonal ([Es] soll sein“) verwendet, sondern als Vollverb mit Objekt (Ex 10,21: „Damit Finsternis sei“; Mal 3,10: „Damit Nahrung in meinem Haus sei“) und in 1Sam 10,5 funktioniert auch diese Deutung nicht.
Entweder gehen wir also (nur auf der Basis von unserem Vers und 2 Sam 5,24 = 1 Chr 14,15!) davon aus, dass wihi sich in Aufforderungen in der Tat wie wajähi und wähaja zur Markierung einer Zeitangabe verwenden lässt und in 1 Sam 10,5 auch noch emendiert werden muss, oder wir folgen besser an allen Stellen dem Emendationsvorschlag von Joüon und Lambert. Auf jeden Fall ist am sinnvollsten nach der Alternativübersetzung zu übersetzen und findet sich so auch in fast allen dt. Üss. (Zurück zu v.4)
lentblöße seine Beine (seine Scham?, decke den Ort seiner Beine auf? Entblöße dich zu seinen Füßen?) - „seine Beine/Scham/zu seinen Füßen“ = seltenes Wort; sonst nur noch in Dan 10,6 verwendet, wo es sicher „Beine“ bedeutet; so wohl auch hier (s.u.). Rut, die sich extra aufgehübscht hat, soll im Schutz der Nacht Boas Beine „aufdecken“, sich „legen“ - beide Worte werden häufiger als Euphemismen für den Geschlechtsverkehr verwendet - und sich an die entblößten Beine des Boas schmiegen. Das lässt sich sicher nicht nur als unkonventionelle (und sehr erfolglose - Boas erwacht erst gegen Mitternacht) Weckmethode verstehen; die „sexuellen Konnotationen [in diesem Vers sind] nicht zu überhören“ (Zenger 1986, S. 67).
tFN: Seine Beine (den Ort seiner Beine) - Das Wort margelah wird meist erklärt durch die nominale Wortbildungsform mit der Vorsilbe m- - d.h., ein Nomen wird gebildet, indem die Vorsilbe m- an die Wurzel (hier rgl („Beine, gehen“)) angefügt wird. Diese Wortbildungsform hat häufig lokative Bedeutung und auch unser Wort wird daher gern lokativ gedeutet („der Ort seiner Beine“, d.h. „das Fußende [seines Nachtlagers](so gut Keita/Dyk 2006, S. 20)). Doch wegen Dan 10,6 liegt das recht fern und die Vorsilbe ist eher als instumentales m- zu erklären (dazu vgl. z.B. BL §61 wε): Die margelot sind „das, womit man geht“, nämlich eben die Beine.
Seine Scham - Das mit unserem Wort verwandte regel („Bein“) ist häufiger ein Euphemismus für die menschliche Scham; einige Exegeten glauben deshalb, dass auch margelah diese Bedeutung haben könne und Noomi also Rut dazu auffordert, Boas Unterleib zu entblößen. Doch ob dies so ist, wissen wir nicht und auch mit der wahrscheinlichen wörtlichen Bedeutung „Beine“ ist der Text ja verfänglich genug: „Rut soll sich zum liegenden Boas, nahe an seine aufgedeckten Beine, legen - keuscher ist das Hebräische nicht zu erklären“ (Fischer 2001, S. 203).
Entblöße dich zu seinen Füßen - theoretisch auch möglich. glh („entkleiden“) kann ohne Objekt wohl auch „sich entkleiden“ bedeuten (s. Jes 57,8); wenn man margelot als Ortsangabe versteht („zu seinen Füßen“) , könnte man also Noomis Auforderung auch als „entblöße dich“ deuten (so bes. Nielsen 1985, S. 205-207; Nielsen 1997, S. 68f; van Wolde 1997, S. 443f.; Wénin 1998, S. 188) - doch da die margelot wie gesagt eher „Beine“ als „der Ort der Beine“ bedeutet, ist die Primärübersetzung doch sehr viel wahrscheinlicher. (Zurück zu v.4)
mTextkritik: ([mir]) - Die Überlieferung des heb. Textes bietet beide Versionen; Ketiv und viele LXX- und VUL-Mss haben ohne „mir“; Qere, einige LXX- und VUL-Mss, Tg und Syr mit. Eine Entscheidung ist hier nicht möglich. (Zurück zu v.5)
nsagst (je sagen wirst) - das Verb steht im Yiqtol; d.h.: Rut bezieht sich damit nicht (nur) auf Noomis Aufforderungen in Vv. 3f, sondern auf alles, was diese ihr je sagen wird. (Zurück zu v.5)
obefolgte alles - w. „tat gemäß allem“; wohl kein „Kaf veritatis“ („tat alles genau so“; so viele Üss), das es wohl nicht gibt (so schon GKC §188x) und ohnehin nicht vor alles, sondern eher vor wie stehen würde. Der Ausdruck „etwas tun gemäß allem, was...“ findet sich besonders häufig im Zusammenhang mit dem Befolgen von Geboten (s. z.B. Num 9,3.12; Jos 1,7f; 2 Kön 22,13 = 2 Chr 34,21; Jer 42,5) und passt daher besonders gut zu dieser Stelle, wo Rut befolgt, was ihr Noomi „geboten hatte“ und was auch über das „damit es dir gut geht“ mit den Geboten JHWHs parallelisiert wird (s. Anmerkungen und FN c). (Zurück zu v.6)
psein Herz wurde fröhlich - heb. Idiom, dass sowohl bedeuten kann, dass Boas (vom Weingenuß) „betrunken wurde“ (s. z.B. 1 Sam 25,36) als auch nur, dass er „gut gelaunt“ war (s. z.B. 1 Kön 8,66). Da es hier als direkte Folge des Essens und Trinkens genannt wird und wegen der Bezüge des Kapitels zu Gen 19,30-38 hätte ein hebräischer Leser zunächst sicher an ersteres gedacht, was vom Autor auch sicher so intendiert war. Doch der folgende Text zeigt dann: Selbst, wenn Boas gegen Abend etwas angeheitert gewesen sein sollte - um Mitternacht war er wieder stocknüchtern. (Zurück zu v.7)
qzu entblößte seine Beine s. FN l zu V. 4. (Zurück zu v.7)
rzitterte - Der Grund für dieses Zittern wird nicht genannt und hat daher zu einigen Spekulationen geführt. Durchaus die wahrscheinlichste Erklärung ist, dass Boas ob seiner aufgedeckten Beine vor Kälte erzittert und daher aufwacht (so auch die meisten). Frevel 1992, S. 98f., Sasson 1979, S. 75-78 und Zenger 1986, S. 70f dagegen glauben aus unerfindlichen Gründen, Boas sei davon überzeugt, die Dämonin Lilith habe sich an seine Beine geschmiegt (richtig Landy 1994, S. 290f: Selbst, wenn es für diese Dämonentheorie Indizien gäbe - warum denn ausgerechnet Lilith, die in der Bibel nur einmal möglicherweise erwähnt wird?). (Zurück zu v.8)
stastete [um sich] (sah sich um) - Heb. lpt; Bed. umstritten; am wahrscheinlichsten: „sich abtasten“.
tFN: Seltenes Wort (sonst nur noch in Ri 16,29 und Ijob 6,18). Abzuleiten ist es entweder vom arabischen talaffata („das Gesicht nach jemands Seite drehen“) und hat die Bedeutung „sich wenden“, „sich umblicken“ (so z.B. Gray 1967, S. 418; Sasson 1979, S. 78-80; Zakovitch 1999, S. 141) oder vom akkadischen lapâtu ((an)fassen, greifen, schlagen“) und heißt dann hier: „sich betasten“ (so z.B. Campbell 1975, S. 122; Halton 2012, S. 32; Loretz 1964). Tg, Syr und VUL helfen wenig, da ihr „und er sah“ wohl nur eine freie Wiedergabe von „und siehe“ ist; RutR aber deutet sehr wahrscheinlich als „tasten“: „Und er jlpt d.i. Ruth umschlang ihn wie eine Hautflechte. Er fing an das Haar zu betassten. Geister, sprach er bei sich, haben keine Haare.“ (Üs. nach Wünsche 1883, S. 47), daher ist dies hier etwas wahrscheinlicher, bleibt aber sehr unsicher. (Zurück zu v.8)
tdeine Magd - Heb. ´amah, ein Synonym von schipchah („Magd“) in Rut 2,13. Wie dort als Höflichkeitsstrategie verwendet (à la „Verehrter Herr: ich bin Rut“ und entsprechend „daher breiten Sie doch bitte Ihren Gewandzipfel über mich“; s. FN ag); hier statt diesem verwendet, da ´amah im Unterschied zu schipchah auch für Ehefrauen verwendet werden kann (vgl. z.B. Fischer 2001, S. 210; Younger 1998, S. 127). (zu v.9)
udeinen Gewandzipfel (deine Decke, deine Flügel) - zur Bed. der „Gewandzipfel“ und zur Alternative „Decke“ s. die nächste FN.
Textkritik: Flügel - Ketiv, LXX, Syr, Tg, VUL haben den Singular „Gewandzipfel“; Qere und einige Mss aber haben das selbe Wort im Dual/Plural („deine (beiden) Flügel“) - wohl nur eine nachträgliche Änderung, um „jegliche sexuelle Konnotation der Szene auszuschließen“ (Zenger 1986, S. 68) oder eine nachträgliche Angleichung an Rut 2,12 (so z.B. Holmstedt 2010, S. 162). (Zurück zu v.9)
vdaher breite deinen Gewandzipfel (deine Decke, deine Flügel) über deine Magd, denn du bist Goel! - Der zentrale Satz in Rut 3. Entsprechend umstritten ist seine Bedeutung. Die verbreitetste und wahrscheinlichste Deutung ist diese: „Breite deinen Gewandzipfel über deine Magd“ verweist auf den Brauch, als Symbol für die Ehe seinen Mantel über die Braut zu breiten (s. FN ae zu Rut 2,12); Rut macht also Boas einen Heiratsantrag. So deutet auch deutlich TgRut: „Mach, dass dein Name über deine Magd genannt werde, indem du mich zur Frau nimmst“ (Üs. nach Levine 1973, S. 89). Als Verbtempus verwendet sie Weqatal (Daher breite“) statt Yiqtol („Breite“), um diesen Heiratsantrag logisch davon abhängig zu machen, dass sie Rut ist (vgl. Holmstedt 2010, S. 161f); und warum der Heiratsantrag logisch davon abhängen kann, dass sie Rut ist, wird im Nachsatz erläutert: „denn du bist Goel“ - d.h. hier: „mein nächster Verwandter, der damit Goel-Rechte hat“. Vom Sinn her also: „Ich bin Rut - und weil das heißt, dass Sie mein Goel sind, bitte ich Sie hiermit um Ihre Hand.“ Sehr gut übersetzen daher de Waard/Nida 1992, S. 52: „‚It's Ruth, sir‘, she answered. ‚[...] You are a close relative, [...] so please marry me.‘“. Für den zweiten Satz in der LF wohl besser nach HfA: „Breite dein Gewand über mich als Zeichen dafür, dass du mich heiraten wirst.“ (ähnlich T4T)
Zur Rechtsinstitution Goel s. die Anmerkungen zu Kap. 4; hier nur so viel: Eigentlich hat diese Institution nichts mit Heirat zu tun, daher ist nicht leicht verständlich, warum Rut erstens ihren Heiratsantrag davon abhängig machen kann, dass sie Rut ist, und zweitens damit begründen kann, dass Boas Goel ist. Eine Lösung dieser Schwierigkeit wird in den Anmerkungen zu Kapitel 4 angeboten werden, für einen alternativen Vorschlag s. Beattie 1978, S. 42f. (Zurück zu v.9)
wZu gesegnet [seist] du von JHWH vgl. FN aw zu Rut 2,20. (Zurück zu v.10)
xnachlaufen hier wohl wie das deutsche „jmdn nachsteigen“ i.S.v. „huren wollen“, s. Jer 2,25 (vgl. V. 24); Hos 2,7.15. TgRut macht das explizit: „Deine letzte gute Tat ist größer als die erste [...], indem du nicht jungen Männern hinterhergehurt hast; seien sie arm oder reich.“ (Üs. nach Levine 1973, S. 90). (Zurück zu v.10)
ySchwieriger Vers, weil er nicht explizit zu machen scheint, worin die „spätere“ und worin die „vorige Güte“ besteht, und man daher anscheinend aus dem Text erschließen muss, worauf sie sich beziehen. Die häufigste Deutung ist diese: Die „spätere Güte“ ist Ruts Heiratsantrag, den sie trotz Boas Alter und unabhängig davon, ob er vermögend ist oder nicht, geäußert hat - sondern nur deshalb, weil sie ihn für ihren Goel hält. Und die „vorige Güte“ ist dann wahrscheinlich, dass Rut nicht nach Moab zurückgekehrt, sondern mit Noomi nach Jerusalem gekommen ist - immerhin hat Boas sie dafür schon einmal gelobt (Rut 2,11; vgl. z.B. gut de Waard/Nida 1992, S. 53; Zakovitch 1999, S. 142).
Wahrscheinlich aber besser so: „Nicht den jungen Männern nachgestiegen zu sein“ spezifiziert nicht das „deine spätere Güte hast du besser getan“, sondern das direkt davor stehende „die vorige“: „[Rut hält um die Hand des Boas an] - [Diese] deine spätere gute Tat (=dass du um meine Hand angehalten hast) ist noch besser als die vorige gute Tat, [die darin besteht], dass du nicht den jungen Männern nachgestiegen bist.“ Diese Interpretation passt besser zum Text des Verses, entbindet von der Notwendigkeit, über die Referenz der „vorigen Güte“ spekulieren zu müssen und passt gut in den Kontext des gesamten Kapitels (s. Anmerkungen, Abschnitt 3). (Zurück zu v.10)
zZum Tor als Ausdruck für „Volk“, „öffentliche Ansicht“ vgl. bes. Speiser 1956, S. 21). So auch die LXX, VL, Syr („mein Stamm“); VUL („das ganze Volk...“). Viele Üss. daher gut: „Jeder in der Stadt“. (Zurück zu v.11)
aafähige Frau - das selbe Wort wie in Rut 2,1 („mächtiger, fähiger Mann“). Der Ausdruck „fähige Frau“ findet sich sonst nur noch in Spr 12,4 und in Spr 31,10-31, wo ein Tugendkatalog der idealen Frau aufgelistet wird - ein weiteres Indiz dafür, dass „mächtiger, fähiger Man“ in Rut 2,1 nur soviel wie „mächtig starker Typ“ und entsprechend hier „fähige Frau“ soviel wie „tolle Frau“ bedeuten (s. FN b zu 2,1). Rut und Boas sind damit nicht nur jeweils „ideale Menschen“, sondern auch das „ideale Paar“ (Zenger 1986, S. 73). (Zurück zu v.11)
abtFN: Nun denn... - Ach, [wäre das] wahr! Ach, wenn ich doch Löser [wäre]! Jedoch - Meist übersetzt à la „In der Tat ist es wahr, dass ich Löser bin, aber zusätzlich...“. Aber erstens galt im Alten Israel nur der nächste Verwandte als Löser - es machte hier also keinen Sinn, wenn Boas sagte, er sei Löser, obwohl es „zusätzlich einen [weiteren] Löser“ gibt -, zweitens ist man für diese Übersetzung gezwungen, Worte aus dem Text zu streichen (s.u.)
(1)Besser daher: Die beiden ki sind emphatisch („Ach!“; vgl. z.B. Sasson 1978, S. 57), das omnam ist ein verbloser Wunschsatz ([wäre das] wahr!“) und das ´im hat hier die Bedeutung „wenn doch...!“ (vgl. Ges18, S. 70). Diese Deutung als aufgewühlter Ausruf würde dann auch die Wortfülle erklären (Campbell 1975, S. 125: „Das Hebräische ist schwierig, es gibt einfach zu viele einleitende Wörter.“), die z.B. Landy 1994, S. 308f dazu gebracht hat, den Satz als das „rhetorische Äquivalent eines Räusperns“ zu deuten: „Nun ja... Ja... - das stimmt schon... Jaja, ich bin Löser...“. Das einleitende wä`attah („Nun denn“) muss dann wohl so gedeutet werden, dass Boas nun der Rut gemäß der Vorhersage Noomis in V. 4 mitteilen will, wie weiter vorzugehen ist, als ihm plötzlich das Hindernis einfällt: Er ist gar nicht der Löser, denn es gibt da einen, der Rut und Noomi noch näher verwandt ist (Zakovitch 1999, S. 144: „Im Nachdenken kommen Boas Zweifel, ob er Ruts Bitte überhaupt erfüllen kann, denn nun besinnt er sich auf die rechtliche Problematik [...].)“!
(2)Ähnlich argumentieren auch Staples 1937, S. 64f. und Meek 1960, S. 332-334, die stattdessen dass ´im als verneinendes ´im auffassen, was sprachlich möglich, aber nicht sehr naheliegend wäre: „[Es ist] tatsächlich wahr, dass ich nicht Löser bin, sondern...“
(3) Streicht man ´im (so z.B. Holmstedt 2010, S. 166; so auch schon die Masoreten), könnte man auch übersetzen: „[Es ist] tatsächlich wahr, dass ich Löser bin, aber zusätzlich...“
(4) Und streicht man dann auch noch das ki (so z.B. BHQ), wäre auch möglich: „In der Tat [ist das] wahr, [doch] obwohl ich Löser bin, gibt es zusätzlich...“ (Zurück zu v.12)
acZu den Gründen gegen es gibt einen näheren Löser als mich s. die vorige FN. (Zurück zu v.12)
adwenn er dich am Morgen lösen wird - W.: „Und es wird sein am Morgen: Wenn er dich lösen wird...“: wähajah („und es wird sein“) hier wie oft nur zur Markierung einer Zeitangabe. (Zurück zu v.13)
ae[so wahr] JHWH lebt - Häufige Schwurformel. Entspr. im Dt. eher „das schwöre ich bei Gott“. (Zurück zu v.13)
afTextkritik: [an] seinem Bein - so Ketiv, doch das macht keinen Sinn und ist sicher ein Schreibfehler. (Zurück zu v.14)
agbevor ein Mann seinen Nächsten (bevor man einander, bevor einer den andern) - Begriffe wie ´isch („Mann“) und re`a („Nächster“) werden im Heb. häufig nicht in ihrem wörtl. Sinn verwendet, sondern wie unbestimmte Pronomen. „Ein Mann tut seinem Nächsten X“ ist daher eine typische heb. Konstruktion, um unbestimmte reziproke Handlungen auszudrücken: „Man tut einander X“ (vgl. bes. Bar-Asher 2014, S. 352f). Richtig daher z.B. GN: „bevor ein Mensch den andern erkennen konnte“; H-R: „...man einander...“; NeÜ: „...einer den andern...“ (so viele Üss). (Zurück zu v.14)
ahEr sagte [sich] (V. 14) + [Daher] (V. 15) - Nicht: „[denn] er sagte sich“: Das Verb steht im Wayyiqtol und kann daher keinen unmarkierten Kausalsatz regieren. Boas´ besorgte Gedanken werden hier also offenbar nicht als Grund für das frühe Erwachen genannt, sondern als Motivation der folgenden Getreidespende. Gut Köhlmoos 2010, S. 67: „Im Kontext der vorigen Sätze muss diese Gabe dazu dienen, Ruth weiterhin unerkannt zu lassen. Mit einem Sack von 40 kg auf dem Rücken könnte ein zufällig Vorüberkommender Ruth für eine Arbeiterin (oder einen Arbeiter) halten, die abtransportiert, was Boas geworfelt hat.“ Daher auch besser Einfügung eines „daher“ zu Beginn v. V. 15. (Zurück zu v.14 / zu v.15)
aihalte ihn [gut fest] + sie hielt ihn [fest] + er lud ihn ihr auf soll wohl v.a. ausdrücklich machen, wie schwer der Mantel nach seiner Befüllung mit Gerste ist. Sehr gut daher Campbell 1975, S. 116: „Get a good hold on it!“ + „She held it firmly.“ (zu v.15)
ajsechs der Gerste - hier fehlt eine Maßangabe, was bes. auffällig ist, da extra das Verb „abmessen“ verwendet wird. Durch Ausschlussverfahren (geht man beim Efa - wie in Rut 2,17, s. FN ar - vom Gewicht von 6-12 kg aus, ergäben sechs Efa 36-70 kg, was Rut zwar tragen, aber sicher nicht in einem Kleidungsstück transportieren können hätte. Auch das Omer scheidet aus, da „Omer“ maskulin, hier „sechs“ aber feminin ist) ist das Sea wahrscheinlich: Ein Sea entspricht dem Drittel eines Efas, also 2-4 kg - mal sechs ergäbe 12-24 kg (so auch wieder Schmidt 2014, S. 15, so schon TgRut). Übersetze daher am Besten entspr. Rut 2,17: „über 10 kg“. (Zurück zu v.15 / zu v.17)
akTextkritik: er kam zur Stadt (sie kam zur Stadt) - in der Überlieferung finden sich beide Versionen. Die besseren hebräischen Mss, die meisten LXX-Mss, TgRut und RutR haben Boas als Subjekt, einige hebräische und griechische Mss, Syr, VUL dagegen Rut. Die ursprüngliche Variante ist daher nicht mehr sicher zu erschließen; da zweimaliges, direkt aufeinander folgendes „sie kam“ mit dem selben Subjekt aber unnatürlich wäre, sollte man sich doch für die Boas-Variante entscheiden (vgl. z.B. Barthélemy 1982, S. 133; BHQ). (Zurück zu v.15)
alWie ist es gelaufen, meine Tochter? (Als was/Wie/Was [bist] du, meine Tochter?, Wer bist du - meine Tochter?) - Merkwürdige Frage: W. übersetzt scheint es heißen zu müssen: „Wer bist du, meine Tochter?“ - was keinen Sinn macht, da das „meine Tochter“ dann ja zeigt, dass Noomi durchaus weiß, mit wem sie da redet. In der Regel wird die Schwierigkeit damit behoben, indem man (1) entweder das „Wer“ als Akkusativ des Zustands deutet (Als wer bist du, meine Tochter?“, so z.B. Rudolph 1962, S. 57), (2) dem Wort nach dem Ugaritischen die Bedeutung „Wie“ (Wie [bist] du, meine Tochter?“, so z.B. Gray 1967, S. 120) oder (3) die Bedeutung „Was“ zuspricht (Was bist du, meine Tochter?“, so z.B. Zakovitch 1999, S. 148). (1)-(3) soll dann jeweils bedeuten: „Wie stehen die Dinge?“
Anm. d. Üs. (S.W.): Ich bin sehr skeptisch. Vgl. zunächst Gen 27,18: „Wer bist du, mein Sohn?“ - Die Frage ist klar eine nach der Identität des Befragten, da Jakob anwortet: „Ich bin Esau, dein Erstgeborener“. So ist die Frage auch an allen anderen Stellen zu verstehen (s. Jos 9,8; 1 Sam 26,14; 2 Sam 1,8; 2 Kön 10,13; Jes 51,12; Sach 4,7; Rut 3,9 (!)). Schon rein statistisch scheint es mir also unwahrscheinlich, dass sie hier eine andere als diese Bedeutung haben sollte. Dazu kommt, dass die i.d.R. angeführten Belegstellen alles andere als eindeutig sind: Zu Ri 13,17 („Wer ist dein Name“) s. Esra 5,4 und vgl. Joüon 1920, S. 365; IBHS §18.2d u.ö.: Der „Name“ steht hier - wie oft - für die Person selbst und wird daher mit „Wer“ konstruiert: „Wer ist dein Name?“ = „Wer bist du?“. Mi 1,5 fragt klar nach einem „Wem“, wie aus den antwortenden rhetorischen Fragen ersichtlich ist: „Wer ist der Frevel Jakobs? - Ist das nicht Samarien? Und wer sind die Höhen Judas? - Ist das nicht Jerusalem?“ Am 7,2.5 schließlich ist die Textüberlieferung unsicher: „Wer [d.h. - angeblich: Wie] kann Jakob bestehen - ist es doch so klein!?“ Aber dort wie hier hat keine einzige Version diese angebliche Bedeutung von mi („wer“) erkannt: LXX, Syr, VUL und auch einige heb. Mss setzen statt מי יקום (mi jaqum, „wer kann bestehen“) den Text מי יקים (mi jaqim, „wer könnte aufrichten“) voraus: „Wer könnte Jakob [wieder] aufrichten - ist es doch so klein!?“ (und impliziert ist natürlich: „Wer könnte Jakob aufrichten, wenn nicht du, Gott“ - worauf Gott sich jeweils Jakobs erbarmt, s. Vv. 3.6). Ähnlich ist hier die textkritische Lage: Syr übersetzt wie üblich: „Wer bist du?“ und ergänzt sogar eine Antwort: „Ich bin Rut“. Einige LXX-Mss streichen einfach die Frage. Andere LXX-Mss haben ebenfalls „Wer bist du“; wieder andere und dann VL haben „Was bist du“, was aber wohl weniger mit einer sonst unbelegten Bedeutung des heb. mi erklärt werden sollte, sondern mit einer alternativen Texttradition, die sich auch im Qumrantext 2Q 16,2 findet: mah attah (Was [bist] du?“) und wohin z.B. Ehrlich 1914, S. 27 schon MT emendieren wollte. (Zu mah attah hier, in Ri 18,8 und im ugaritschen KRT A, i.38 vgl. Ginsberg 1946, S. 35: „Was ist mit dir?, Wie steht es mit dir?“). Wohl hiervon ausgehend VUL: „Was tust du?“. Bei dieser textkritischen Lage aus Am 7,2.5 und unserer Stelle eine sonst ungebräuchliche Verwendung von mi abzuleiten, ist meines Erachtens nicht zulässig; akzeptabler als die obigen drei Erklärungen scheinen mir daher die folgenden Auflösungen zu sein: Gen 27,18: „Wer bist du? Mein Sohn?“ - worauf Jakob antwortet: „Ich bin Esau, dein Erstgeborener“, d.h.: „Ja, ich bin dein erstgeborener Sohn Esau“ (vgl. FN i zu Rut 2,2). Und hier: „Wer bist du? Meine Tochter?“ (so auch CJB), d.h. „Bist du noch meine Tochter [oder hatte mein Plan Erfolg und du bist nunmehr nicht mehr Machlons Frau, sondern die des Boas, und damit nicht mehr Teil meiner Familie]?“ Ähnlich schon RutR: „Kannte denn Noomi die Ruth nicht schon? Gewiss, allein sie wollte durch ihre Frage andeuten: Bist du noch ledig oder das Weib eines Mannes?“ (Üs. nach Wünsche 1883, S. 52). (Zurück zu v.16)
amDass eine derartige Aussage des Boas im Vorfeld nicht berichtet wurde, ist unproblematisch - es entspricht dem hebräischem Erzählstil, wiederzugebende Äußerungen erst bei der Wiedergabe explizit zu machen. S. nur das Jonabuch, wo erst im dritten Kapitel offenbar wird, welche Prophezeiung Gott dem Jona eigentlich aufgetragen hat. (Zurück zu v.17)
anZu dieser vgl. v.a. Novick 2011. (Zurück zum Text: an)
aoVgl. Frevel 1992, S. 79 (Zurück zum Text: ao)
apVgl. Collins 1993, S. 100; Halton 2012, S. 37; Thompson 1993, S. 210 (Zurück zum Text: ap)
aqVgl. Gordis 1974, S. 241 (Zurück zum Text: aq)
arVgl. z.B. Landy 1994, S. 297 (Zurück zum Text: ar)
asVgl. Köhlmoos 2010, S. 63 (Zurück zum Text: as)