Serubbabel: Unterschied zwischen den Versionen

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=== Serubbabels Rolle ===
 
=== Serubbabels Rolle ===
In den Büchern Esra und Nehemia, die von Serubbabels Ankunft in Jerusalem berichten, hat er keinen Titel. Jedoch wird ihm bei Haggai das Attribut {{Hebr}} פֶּחַה {{Hebr ende}} (''pæchah'') beigefügt und er wird dort fast durchgehend zusammen mit Jeschua, dem [[Lexikon:Hohenpriester|Hohenpriester]], genannt. Da das Buch Haggai unter den bisher genannten Quellen zu Serubbabel (I Chr, Esr, Neh und Sach) als die älteste gilt,<ref>Vgl. Erich Zenger u.a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, 588.</ref> kann es daher als sicher angenommen werden, dass dieses Attribut durchaus historisch ist. Das Wort ''pæchah'' kommt aus dem akkadischen ''pāḫatu'' und bedeutet "Amtsbezirk" oder auch "Provinz" - der Vorsteher eines solchen Bezirkes wird als ''bēl pāḫati'' bezeichnet. In den klassischen deutschen Überstezungen wird der Titel stets mit ''Statthalter'' übersetzt. Die Frage, ob Serubbabel wirklich der Statthalter von Juda war, ist jedoch nicht einfach zu beantworten. Archäologisch betrachtet, liegt der sicherste Fund, der den Titel "Statthalter von Juda" (''pḥt yhwd'') für die Perserzeit nachweist, auf Papyri aus Elephantine vor, die in das Jahr 407 v. Chr. datiert sind.<ref>Vgl. Otto Kaiser (Hg.), TUAT, Bd. I/3, 254.</ref> Zudem ist der Gebrauch des Titels{{Hebr}} פֶּחַה {{Hebr ende}}im Alten Testament recht undifferenziert: er wird im Singular wie im Plural verwendet und auch für verschiedene Rangordnungen (u.a. wird in Esr 5,3 der Satrap Tattenai als{{Hebr}} פֶּחַה {{Hebr ende}}bezeichnet, obgleich Ushtani nachweislich für diese Zeit Satrap war)<ref>Vgl. Reinhard Gregor Kratz, FAT, Bd. XLII, 101.</ref>. Schließlich wird häufig bestritten, dass Juda zur Zeit Serubbabels überhaupt eine eigenständige Provinz war – der Begriff müsse daher etwas anderes gemeint haben. Es gab in der alttestamentlichen Fachliteratur deshalb verschiedene Übersetzungsversuche wie "Reptrariierungskommissar", "Sonderbeauftragter der persischen Zentralregierung", "Regierungskommissar" oder "Kommissar für Juda". Da diese Frage bisher aber nicht eindeutug beantwortet werden kann, kommt die Übertragung mit ''Statthalter'' oder ''Gouverneur'' der eigentlichen Bedeutung des Titels innerhalb der persischen Verwaltungsstrukturen wohl am nächsten.
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In den Büchern Esra und Nehemia, die von Serubbabels Ankunft in Jerusalem berichten, hat er keinen Titel. Jedoch wird ihm bei Haggai das Attribut {{Hebr}} פֶּחַה {{Hebr ende}} (''pæchah'') beigefügt und er wird dort fast durchgehend zusammen mit Jeschua, dem [[Lexikon:Hohenpriester|Hohenpriester]], genannt. Da das Buch Haggai unter den bisher genannten Quellen zu Serubbabel (I Chr, Esr, Neh und Sach) als die älteste gilt,<ref>Vgl. Erich Zenger u.a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, 588.</ref> kann es daher als sicher angenommen werden, dass dieses Attribut durchaus historisch ist. Das Wort ''pæchah'' kommt aus dem akkadischen ''pāḫatu'' und bedeutet "Amtsbezirk" oder auch "Provinz" - der Vorsteher eines solchen Bezirkes wird als ''bēl pāḫati'' bezeichnet. In den klassischen deutschen Übersetzungen wird der Titel stets mit ''Statthalter'' übersetzt. Die Frage, ob Serubbabel wirklich der Statthalter von Juda war, ist jedoch nicht einfach zu beantworten. Archäologisch betrachtet, liegt der sicherste Fund, der den Titel "Statthalter von Juda" (''pḥt yhwd'') für die Perserzeit nachweist, auf Papyri aus Elephantine vor, die in das Jahr 407 v. Chr. datiert sind.<ref>Vgl. Otto Kaiser (Hg.), TUAT, Bd. I/3, 254.</ref> Zudem ist der Gebrauch des Titels{{Hebr}} פֶּחַה {{Hebr ende}}im Alten Testament recht undifferenziert: er wird im Singular wie im Plural verwendet und auch für verschiedene Rangordnungen (u.a. wird in Esr 5,3 der Satrap Tattenai als{{Hebr}} פֶּחַה {{Hebr ende}}bezeichnet, obgleich Ushtani nachweislich für diese Zeit Satrap war)<ref>Vgl. Reinhard Gregor Kratz, FAT, Bd. XLII, 101.</ref>. Schließlich wird häufig bestritten, dass Juda zur Zeit Serubbabels überhaupt eine eigenständige Provinz war – der Begriff müsse daher etwas anderes gemeint haben. Es gab in der alttestamentlichen Fachliteratur deshalb verschiedene Übersetzungsversuche wie "Reptrariierungskommissar", "Sonderbeauftragter der persischen Zentralregierung", "Regierungskommissar" oder "Kommissar für Juda". Da diese Frage bisher aber nicht eindeutig beantwortet werden kann, kommt die Übertragung mit ''Statthalter'' oder ''Gouverneur'' der eigentlichen Bedeutung des Titels innerhalb der persischen Verwaltungsstrukturen wohl am nächsten.
  
 
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Version vom 5. August 2009, 18:21 Uhr

Serubbabel ist eine Person im Alten Testament. Über ihn ist nur wenig bekannt. Sein Auftreten ist im Alten Testament allein mit der Wiederkehr der Exulanten aus Babylon, dem Wiederaufbau des Tempels und einer Verheißung verbunden.

Der Name Serubbabel

Der Name זְרֻבָּבֶל bedeutet "Spross Babels" oder "Nachkomme von Babel" und besteht daher aus זֶרַב und בָּבֶל. Diese Verbindung (zēr + Ortsname) "ist ein akkadisch belegter Namenstyp"a, der bei neuassyrischen Königsnamen (zum Beispiel zēr Aššur) oder im Spätbabylonischen bei Inschriften unter Darius I. nachgewiesen ist.b Es wird also deutlich, dass Serubbabel wahrscheinlich in Babylon geboren wurde und daher auch zur Gemeinde der Exiljudäer gehörte.

Textbefund

Altes Testament

Der Name Serubbabel wird in den Büchern 1 Chronik, Esra, Nehemia, Haggai und Sacharja erwähnt – insgesamt ist der Name im Masoretischen Text 22-mal zu finden. Bei diesen Textstellen muss zwischen zeitgenössischen Zeugen und historiographischen Verarbeitungen unterschieden werden. Erstere bestehen aus den Worten an Serubbabel (allein oder in Zusammenhang mit anderen) in Hag 1,1; 1,12; 1,14; 2,2; 2,4; 2,21 und 2,23 sowie in Sach 4,6f. und 4,9f. Ob in Sach 3,8 und 6,12f. mit צֶמַח Bezug auf Serubbabel genommen wird, ist fraglich. Die historiographischen Verarbeitungen sind I Chr 3,19; Esr 2,2; 3,2; 3,8; 4,2f. und 5,2 sowie Neh 7,7; 12,1 und 12,47. Die LXX nennt Serubbabel 34-mal (nämlich zusätzlich in III Esr 4,13; 5f. passim und in Sir 49,13).

Neues Testament

Im Neuen Testament wird Serubbabel in Mt 1,12f. und Lk 3,27 genannt

Der geschichtliche Kontext

Als um 520 v. Chr. eine Gruppe von Exulanten nach Jerusalem zurückkehrte, war auch Serubbabel unter ihnen. Serubbabel kam jedoch nicht als Angehöriger eines judäischen Königshauses oder allein als Angehöriger der Exilsgemeinschaft nach Jerusalem, sondern sollte sich vorrangig – wohl durch die persische Regierung beauftragt (sog. Kyros-Edikt) – dem Wiederaufbau des Tempels widmen.

Zur Person

Herkunft

Serubbabel war nach atl. Überlieferung der Enkel des judäischen Königs Jojachinc, der nach Babylon deportiert wurde. Die Angaben über Serubbabels Vater sind nicht so eindeutig: zum einen wird Pedajad und zum anderen Schealtiël genannt. Um diesen Widerspruch zu lösen, wird häufig eine Leviratsehe nach Dtn 25,5-10 zur Erklärung herangezogen: die Witwe des kinderlos gebliebenen Schealtiël wird mit dessen Bruder Pedaja verheiratet, der mit ihr Serubbabel zeugt – physisch gesehen gehörte Serubbabel dann zu Pedaja, rechtlich jedoch zu Schealtiël. Ob es sich so zugetragen hat oder nicht, muss offen bleiben. Denn im Grunde ist die Angabe über Serubbabels Großvater bedeutender: als dessen Enkel steht Serubbabel in der Linie der Nachkommen Davids. Auch wenn nur I Chr 3,17-19 davon berichtet und die anderen Quellen explizit nur den Vater nennen, kann die davidische Herkunft Serubbabels durchaus als sicher gelten.

Serubbabels Rolle

In den Büchern Esra und Nehemia, die von Serubbabels Ankunft in Jerusalem berichten, hat er keinen Titel. Jedoch wird ihm bei Haggai das Attribut פֶּחַה (pæchah) beigefügt und er wird dort fast durchgehend zusammen mit Jeschua, dem Hohenpriester, genannt. Da das Buch Haggai unter den bisher genannten Quellen zu Serubbabel (I Chr, Esr, Neh und Sach) als die älteste gilt,e kann es daher als sicher angenommen werden, dass dieses Attribut durchaus historisch ist. Das Wort pæchah kommt aus dem akkadischen pāḫatu und bedeutet "Amtsbezirk" oder auch "Provinz" - der Vorsteher eines solchen Bezirkes wird als bēl pāḫati bezeichnet. In den klassischen deutschen Übersetzungen wird der Titel stets mit Statthalter übersetzt. Die Frage, ob Serubbabel wirklich der Statthalter von Juda war, ist jedoch nicht einfach zu beantworten. Archäologisch betrachtet, liegt der sicherste Fund, der den Titel "Statthalter von Juda" (pḥt yhwd) für die Perserzeit nachweist, auf Papyri aus Elephantine vor, die in das Jahr 407 v. Chr. datiert sind.f Zudem ist der Gebrauch des Titels פֶּחַה im Alten Testament recht undifferenziert: er wird im Singular wie im Plural verwendet und auch für verschiedene Rangordnungen (u.a. wird in Esr 5,3 der Satrap Tattenai als פֶּחַה bezeichnet, obgleich Ushtani nachweislich für diese Zeit Satrap war)g. Schließlich wird häufig bestritten, dass Juda zur Zeit Serubbabels überhaupt eine eigenständige Provinz war – der Begriff müsse daher etwas anderes gemeint haben. Es gab in der alttestamentlichen Fachliteratur deshalb verschiedene Übersetzungsversuche wie "Reptrariierungskommissar", "Sonderbeauftragter der persischen Zentralregierung", "Regierungskommissar" oder "Kommissar für Juda". Da diese Frage bisher aber nicht eindeutig beantwortet werden kann, kommt die Übertragung mit Statthalter oder Gouverneur der eigentlichen Bedeutung des Titels innerhalb der persischen Verwaltungsstrukturen wohl am nächsten.

Anmerkungen

aThomas Willi, TRE, Bd. XXXI, 171. (Zurück zum Text: a)
bVgl. Wolfram von Soden, AHw, Bd. III, 1521f. und vgl. auch Ignace Jay Gelb u.a. (Hg.), CAD, Bd. XXI, 95. (Zurück zum Text: b)
cIn I Chr 3,17 wird er Jechonja genannt. (Zurück zum Text: c)
dVgl. I Chr 3,19. (Zurück zum Text: d)
eVgl. Erich Zenger u.a. (Hg.), Einleitung in das Alte Testament, 588. (Zurück zum Text: e)
fVgl. Otto Kaiser (Hg.), TUAT, Bd. I/3, 254. (Zurück zum Text: f)
gVgl. Reinhard Gregor Kratz, FAT, Bd. XLII, 101. (Zurück zum Text: g)