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Ijob 7

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Lesefassung (Ijob 7)

(kommt später)

Studienfassung (Ijob 7)

1 Ist nicht Frondienst (Kriegsdienst)a dem Menschen auf Erden [beschieden],
Und [sind nicht] wie die Tage eines Tagelöhnersa seine Tage?
2 Wie ein Knecht lechzt er nach Schatten
Und wie ein Tagelöhner wartet er auf seinen Lohn.
3 (So=) Wie diesen wurden mir zugeteilt Monate (Monde) der Nichtigkeit (des Bösen)
Und Nächte der Mühsal wies man (er) mir zu.
4 Wenn ich mich hinlege, spreche ich: ‚Wann kann (werde, darf) ich [endlich wieder] aufstehen!?‘,
Doch (und) der Abend wird sich dehnen b und ich werde gesättigt sein vom Umherwerfen bis zur Morgendämmerung.c


5 Bekleidet ist mein Leibd[mit] Gewürm und Erdklumpen,
Meine Haut wimmelt (verharrscht? spaltet sich?) und löst sich auf (eitert?).e
6 Meine Tage sind schneller als (unbedeutender als, unbedeutend wie)f ein Weberschiffchen (Kettfäden),g
Sie enden ohne Hoffnung (Faden).
7 Denke daran: Wie ein Hauch (Wind) [ist] mein Leben:
Mein Auge wird nicht wieder Gutes sehen,
8 Das Auge des mich Sehenden wird mich nicht [mehr] erspähen,h
[Es werden sein] deine Augen auf mir – und ich [werde sein] nicht (Nichts).i
9 Es endet eine Wolke (Rauch)j und geht.
Ebenso steigt der Herabsteigende zum Scheol nicht [wieder] hinauf.
 10 Nicht (nie) mehr wird er zurückkehren in sein Haus,
Nicht (nie) mehr erkennen wir ihn sein Heim.


  11 Auch (laut)k ich will nicht zügeln meinen Mund,
Will reden in (aus) der Bedrängnis meines Geistes,
Will sprechen in (aus) der Bitterkeit meiner Seele:
12 Bin denn Jam (das Meer) ich oder Tannin (eine/die [See]schlange),l
Dass du aufstellst wider mich eine Wache!?m
13 Als ich sagte: „Trösten soll mich mein Bett,
Mittragen (tragen helfen) mein Klagenn soll meine Liege!“,
14 Erschrecktest du mich mit Träumen
Und durch Visionen ängstigstest du mich
15 Und es zog vor Ersticken meine Seele,
Tod meinen Gebeinen (meine Gebeine, meinen Schmerzen).o
16 Ich vergehe (verachte, [die] ich verachte), ich werde nicht ewig leben!p
Lass ab von mir, denn [nur] ein Hauch [sind ja] meine Tage!


17 Was [ist] das Menschlein, dass du es hoch schätzt (rühmst),
Und dass du auf ihn Acht hast?q
18 Du besuchst (suchst heim) ihn [jeden] Morgen,
[Jeden] Augenblick prüfst (testest) du ihn.r
19 Wie lange willst du [denn noch] weg von mir blicken?
Du lässt [ja] nicht [mal so lange] von mir ab, bis ich meinen Speichel geschluckt habe!s
20 Ich habe gefehlt, [doch] was tat ich dir (Wenn ich gesündigt hätte, ...; Hab ich gefehlt[?] Was könnte ich antun dir),t
Oh Wächter des Menschen!?
Warum machtest du mich zur Zielscheibe dir
Und [warum] bin ich mir (dir)u eine Last (Beschwernis)?
21 Und warum hebst du nicht auf (vergibst du nicht) meine Vergehen
Und lässt vorüberziehen (vergehen) meine Untat?
Denn nun werde ich [bald] (denn dann könnte ich) liegen im (Staub =) Grab
Und du wirst (würdest) mich suchen, aber ich [werde sein] nicht (Nichts)!v

Anmerkungen

Kapitel 7 überrascht nach der Lektüre von Ijob 6. Erwartet man nach Ijobs Aussage, nach seiner „gestotterten“ Rede in Ijob 3 noch einmal neu und richtiger als seine Freunde und wahrheitsgemäß und frei von Frevel über Gott sprechen zu wollen, wird man enttäuscht: Nachdem man in Vv. 1-2 noch erwarten könnte, dass Leiden ein natürliches Element der Conditio humana sei (s. Ijob 4,17-21; Ijob 5,6f.), bricht Ijob spätestens ab V. 3 erneut in heftigstes Klagen aus, das im Verlaufe des Kapitels dann gar fließend von einer Rede an die Freunde zu einer an Gott gerichteten Rede übergeht:
Vv. 1-4 Menschsein heißt mühselig sein!w Und so wie jedem Menschen geht es mir; Unheil häuft sich auf Unheil und ich finde keinen Trost! Vv. 5-10 Schlimmer noch: Heil(ung) ist nicht in Aussicht. Ich bin dem Tode nahe; schon jetzt bin ich ein lebender Leichnam (V. 5) und bald wird es ganz aus sein mit mir. Und wenn ich denn erst in der Unterwelt bin, wird es zu spät sein für Gottes Wiedergutmachung! Vv. 11-16 Natürlich muss ich da verzweifelt aufschreien! Mir geht es schlecht, Gott! Warum lässt du solches Leid über mich kommen (Vv. 12-14)? Mir geht es so schlecht, dass ich lieber tot wäre, als auf diese Weise leben zu müssen (V. 15)! Und wenn es so weitergeht, bin ich sogar wirklich bald tot, dann ist es zu spät (V. 16)! Vv. 17-21 Warum lässt du überhaupt Leid über den Menschen allgemein und mich speziell kommen (Vv. 17-19)? Was schert es denn dich, was ein kleines Menschlein tut und ich speziell getan habe (Vv. 17.20-21b)? Warum vergibst du das nicht!? Ich sage es noch mal: Tust du es nicht, ist es bald zu spät, mein Unheil wieder gutzumachen; ich bin nicht nur dem Tode nahe, sondern gerade eben bin ich am Sterben (V 21cd)!

aFrondienst (Kriegsdienst) + Tagelöhner - șaba´ in 1a ist häufig und sehr deutlich das „Heer“ und von hier aus auch der „Kriegsdienst“, in diesem Kontext aber eher wie in Jes 40,2; Sir 7,15 allgemeiner die „schwere Arbeit“, das „harte Brot.“
Weil das Wort meist nach seiner häufigeren Bed. als „Kriegsdienst“ übersetzt wird und 1a und 1b so dann zwei unterschiedliche Metaphern verwenden würden (was aber auch leicht möglich wäre), machen viele Üss. den ßakir in 1b spezieller zum „Soldaten“ (da so traditionell, aber ohne guten Grund, auch die ßakirim in Jer 46,21 übersetzt werden), was gut zu diesem „Kriegsdienst“ in 1a passte. Das ist sicher abzulehnen; bes. in Anbetracht der Tatsache, dass die Lohnknechtmetapher sich noch öfter im AT findet, s. Ijob 14,6; Jes 16,14 und vgl. Novick 2011, bes. S. 716-9. (zu v.1)
bTextkritik: Doch er wird sich dehnen - Heb. wmdd. MT lässt sich nur durch Syr stützen: LXX las wmtj („wann“) wie in 4a; außerdem statt mataj ´aqum („Wann kann ich aufstehen“) mataj jom ´aqum, daher: „Ich spreche: ‚Wann wird es Tag?‘ Und wenn ich aufstehe: ‚Wann wird es Abend?‘“. VUL (et ... expecto) las vielleicht w´mdd („ich messe = ich warte“); Tg wohl w´ndd („ich werfe mich umher“) von der selben Wurzel wie nddim („Umherwerfen“); die beiden Verben in der 1. Pers. lassen sich aber recht gut als Assimilationen an die 1. Pers. von ´aqum („ich werde aufstehen“) erklären.
Manche Üss. korrigieren stattdessen den Text zu wmdj („sooft (es Abend [wird])“, z.B. EÜ, HER05, PAT nach BHS). ZÜR 31 (nicht mehr 07) folgt LXX. LUT paraphrasiert wahrscheinlich: „Ich sprach: Wann werde ich aufstehen? Bin ich aufgestanden, so wird mir's lang bis zum Abend.“ (Zurück zu v.4)
cAufteilung von V. 4 in Zeilen gegen die Akzentuierung der Masoreten. Folgte man diesen, müsste man in drei Zeilen aufteilen und deuten: „Wenn ich mich hinlege, spreche ich: / ‚Wann kann ich aufstehen? [Ach,] dass sich doch der Abend dehnte! o. [Wie] sich [doch] der Abend dehnt!‘ / Doch ich bin gesättigt...“ So aber kein Exeget und keine Üs.
4b ist dann außerordentlich lang; die Länge des Abends und der Nacht schlägt sich in der Kolometrie nieder. (Zurück zu v.4)
dBekleidet ist mein Leib - Vielleicht ein Klangspiel: labasch beßari. Zumindest in manchen Dialekten klangen sch und ß fast gleich. (Zurück zu v.5)
ewimmelt aufgrund der Würmer und löst sich auf, weil sie verwest wie in Ijob 13,28; 30,30 (s. auch 19,26): Ijob ist ein wandelnder Leichnam (so wohl richtig Greenstein 2018, S. 43f.). Beide Wörter sind aber umstritten:
Von raga` („wimmeln“) gibt es zwei homonyme Wurzeln: raga` I „rasten, ruhig sein, Ruhe haben“ (z.B. in Dtn 28,65; Jes 34,14) und raga` II „sich bewegen“, sonst noch verwendet für das Meer, das Gott „aufwühlt, sich bewegen lässt“ (Ijob 26,12; Jes 51,15; Jer 31,35), für Kleinvieh, das Gott „fortlaufen lässt“ (Jer 49,19; 50,44) und in den Talmudim für „krabbelnde“ Säuglinge (j.Kid iv 65; j.B.B. iii 13). Die meisten Üss. leiten das Wort allerdings ab von raga´ I, was dann bed. soll „Meine Haut wird ruhig = hört auf zu fließen = hört auf zu bluten = verharrscht, verkrustet“ (z.B. Kaiser 2006, LUT 17, NeÜ, SLT 2000, TUR, van Ess, ZÜR; ähnlich TAF: „sie vernarbt“). Syr übersetzt mit qefad („vor Furcht schrumpfen, eine Gänsehaut bekommen“), VUL das zweite (!) Verb mit contractus est („sie hat sich zusammengezogen“), woraus offenbar andere dt. Üss. das merkwürdige „meine Haut schrumpft“ ableiten (EÜ, MEN, PAT, SLT 51; vgl. ELB; Junker 1959, S. 332: „meine Haut zieht sich zusammen“), wenn der Üs. nicht das veraltete „verschrumpfen“ = „vernarben“ zugrunde liegt. In der jüd. Trad. wird das Substantiv rage`a („Ruheort“) in Ps 35,20 aufgefasst als „Spalten [der Erde]“ und hieraus für raga` die Bed. „etw. spalten“ abgeleitet (so z.B. Ibn Ezra, Berachja, auch Dhorme; Jastrow u.a.): „Meine Haut bricht auf.“
ma´as, sonst oft „verachten, verschmähen“ und daher auf den ersten Blick hier „wird verachtet, ist verachtenswert“, ist hier eher eine NF von masas oder das Wort ist statt als wajjimma´es als wajjimma´s mit ´ als Vokalbuchstabe zu vokalisieren und dann ebenfalls abzuleiten von masas (meist „schmelzen“ wie in Ps 97,5; Mi 1,4; auch metaph. vom ängstlichen Herz, z.B. Ps 22,15; Jes 13,7; gelegentlich auch allgemeiner „vergehen“ wie vom „verbrennenden“ Seil in Ri 15,14, vom „vergehenden“=schwächlichen Vieh in 1 Sam 15,9, vom „dahinsiechenden“ Kranken in Jes 10,18; auch Ps 112,10 (|| ´abad, „vergehen, verderben“)), daher die meisten Üss. „meine Haut fließt = nässt = eitert“. Verwendet wird die NF aufgrund eines Wortspiels mit V. 6: Das Wort für „schnell sein“ heißt auch „unbedeutend sein, verachtenswert sein“, was auch wajimma´es auf den ersten Blick zu bedeuten scheint. (Zurück zu v.5)
fKlangspiel: „sind schneller als ... sie enden“: qallu ... (wajji)klu. (Zurück zu v.6)
gWeberschiffchen (Kettfäden) - Trad. „Weberschiffchen“; so ganz einheitlich übersetzt wegen der sehr nahen Parallele Ijob 9,25.
Sehr gut zu rechtfertigen ist das allerdings nicht: Das Wort steht nur noch in Ri 16,14 und bezeichnet dort deutlich die Kettfäden eines Webrahmens oder den gesamten Webrahmen und wird dort so auch von LXX und VUL gedeutet (Syr und Tg vokalisieren stattdessen als „Weber“). Auch hier deuten so Aq, Sym, Theod (alle huphasmatos wie LXX in Ri 16,14), VUL und Tg; Syr hat „abgeschnittene Fäden“, LXX merkwürdigerweise „Geschwätz“. Für die Deutung „Weberschiffchen“ gibt es also sonst keine Belege. Auch 6b passt nicht sehr gut zu dieser Deutung: 6b ist ein Wortspiel; das heb. Wort für „Hoffnung“ heißt auch „Faden“. Ist der Faden zu Ende, „endet“ aber nicht das Weberschiffchen, sondern die Kettfäden, die dann aus dem Webstuhl geschnitten werden wie in Jes 38,12. Als „Weberschiffchen“ erklären aber z.B. auch die Berachja und Kimchi und eine andere Üs. als diese erwägt einzig Szpek 1994, ohne dass sich dem jemand angeschlossen hätte. Möglich aber zumindest theoretisch: „Meine Tage sind unbedeutender als Kettfäden: Sie enden ohne Hoffnung/Faden“ = Wie Kettfäden keinen eigenen Wert haben, wenn es keinen Schussfaden gibt, mit dem sie durchwoben werden können, und ohne diesen einfach abgeschnitten werden (s. Syr!), so ist auch mein Leben nicht bedeutender als bloßer Wind. (Zurück zu v.6)
hKlangspiel: Auch klanglich sind 7b und 8a einander im Heb. noch ähnlicher als im Dt.: lo taschub `ejni lir´ot (tob) - lo-teschureni `ejn ro´i. (Zurück zu v.8)
iKlangspiel: „deine Augen“ – „ich nicht“ = `ejnejka(we)´ejnenni; im Heb. sehr dicht, nur drei Worte: „deine-Augen auf-mir und-nicht-ich“. (Zurück zu v.8)
jTextkritik: MT `anan („Wolke“); so auch die meisten Vrs. Eine MS und Tg aber `aschan („Rauch“); eine schwer erklärliche Differenz, da n und sch weder einander sehr ähnlich sehen noch ähnlich klingen. (Zurück zu v.9)
kauch hier ganz überflüssig; dennoch verwendet wegen Wortspiel: Heb. gam heißt neben „auch“ auch „laut“ (vgl. z.B. Beirne 1963, S. 203; McDaniel 1968, S. 32) und passt so sehr gut zu Ijobs Absichtserklärung, nun nicht mehr schweigen zu wollen. (Zurück zu v.11)
lJam (das Meer) + Tannin (eine/die [See]schlange) - Jam, „das Meer“, erscheint in der Bibel noch häufiger als ein mehr oder weniger personenhafter Antagonist JHWHs (z.B. Ps 18,16; 74,13f.; 89,10f.; Jes 51,9f.; Nah 1,4); das Wort jam ist darüber hinaus der Name einer altorientalischen Chaos- und Meeresgottheit. tannin („Schlange“ wie in Ex 7,9-12) steht meist im Pl. und ist dann die Bezeichnung von Meeresungeheuern, die wie hier z.B. auch in den eben zitierten Vv. Ps 74,13 und Jes 51,9 neben jam genannt werden, wenn von Gottes Kampf gegen das Meer die Rede ist. Auch in Ugarit, wo der Meeresgott Jam der Erzfeind Baals ist, gehört zu seinem Gefolge u.a. die mythische Seeschlange Tunnanu, die wohl identisch ist mit Tannin. (Zurück zu v.12)
mDavon, dass Gott bei seinem Kampf gegen das Meer einen Wachtposten wider dasselbe aufgestellt habe, ist in der altorientalischen Mythologie nichts überliefert. Wenn nicht (sehr) metaphorisch von der Grenze die Rede ist, die Gott dem Meer gesetzt hat (vgl. z.B. Diewert 1987, S. 208 zu Ijob 26,10; 38,8-11; Ps 104,9; 148,6; Spr 8,29; Jer 5,22), ist wahrscheinlich nicht gemeint „Bin ich denn Jam oder Tannin, dass du wider mich einen Wachtposten abbestellst [wie du es bei Jam und Tannin getan hast]“, sondern „Bin ich denn [so bedeutend/gefährlich wie] Jam und Tannin, dass du einen Wachtposten gegen mich abbestellen musst!?“ Gemeint ist mit diesem Wachtposten das selbe wie in Vv. 17f. (Zurück zu v.12)
nMein Bett, mittragen mein Klagen - Klangspiel: `arßi jißa´ beßichi. (Zurück zu v.13)
omeinen Gebeinen (meine Gebeine, meinen Schmerzen) - Heb. me`aṣmotaj, „meinen Gebeinen“. Gemeint ist der Leib, in dem er zu seinen Lebzeiten noch einhergehen muss, von dem er aber nach seinem Tod getrennt sein wird. Sehr schön ist dieser Ausdruck nicht; viele Exegeten korrigieren daher den Text zu me`aṣbothaj („meinen Schmerzen“; so z.B. BHK, BHS, Beer, Dhorme, Driver/Gray, Gray, Merx, Pope, Siegfried; auch HER05, Kaiser 2006, R-S, ZÜR 31 (nicht mehr 07)); andere ziehen das m- als Mem encliticum noch zu „Tod“ und verstehen „mein Gebein“, das dann wie noch öfter als Wechselbegriff für „ich“ verwendet würde, als Subjekt des Satzes, wie auch LXX und Syr deuten („Meine Seele zog Ersticken vor, mein Gebein = ich den Tod“; so z.B. Blommerde, Habel, Hartley; Sarna 1955; ähnlich Houtsma 1925, S. 17; auch LUT, STADIJ). (Zurück zu v.15)
pNicht schwierige, aber recht us. gedeutete Zeile. ma´asti („ich vergehe“) ist das selbe Wort wie in V. 6 und wird daher wahrscheinlich hier das selbe bedeuten wie dort, was auch gut zum Rest von V. 16 passt (zu „Ich werde nicht ewig leben“ s. die Anmerkungen).
Die meisten Exegeten und Üss. aber deuten das Wort überraschenderweise hier anders als in V. 6 (s. dort) als „verachten“ (anders aber z.B. Königsberger 1896b, S. 339; Rosenmüller 1832, S. 105; auch H-R, HER05, LUT 84 + 17, PAT, TAF; so schon Syr und VUL, wo wohl „ich zerfließe“ als Abkürzung von „mein Herz zerfließt“ = „ich verzweifle“ gedeutet wird.), was dann zu einigen eher fern liegenden Erklärungen der Zeile geführt hat: (1) „Ich verachte“ ist Abkürzung für „Ich verachte mein Leben“ wie in Ijob 9,21 (Buttenwieser 1922, S. 177); (2) das Verb gehört noch als unmarkierter Relativsatz zu V. 15: „... mehr als mein Gebein/meine Schmerzen/den Tod, [die/den] ich verachte“ (so z.B. Duhm, Merx, Pope, Siegfried); (3) das Wort wir hier nicht wie üblich verwendet, sondern entsprechend dem aram. und syr. masat („etwas genug haben“): „Ich habe genug!“ (so Gray 2010, S 178; auch ELB, EÜ, Junker 1959, Kaiser 2006, MEN, NeÜ, NL, SLT, STADIJ). (Zurück zu v.16)
qAcht hast - w. „dein Herz auf ihn legst“, eine sehr ähnliche Wendung wie in Ijob 1,8. Statt dem Verb ßum wird hier das gleichbedeutende schit („legen“) und statt der Präp. `al die Präp. ´el verwendet; dennoch, die Nähe in der Formulierung ist unverkennbar. Hier scheint eine der großen Probleme des Ijobbuches auf: Als noch nur Gott sein „Herz auf Ijob legte“, war er gesegnet. Seit dies auch der Satan tat, ist Ijob verflucht, doch der Eindruck, den Ijob bekommen muss, ist natürlich dieser: Dass Gott nun anders als vorher „sein Herz auf Ijob legt“ und Ijob deshalb derart großes Leid widerfährt.
17a ist vielleicht eine Anspielung auf Ps 8,5 und/oder Ps 144,3. Es ist nicht sicher, ob diese Psalmen zur Abfassungszeit des Ijobbuches bereits geschrieben waren, doch wenn dem so ist, spricht auch hieraus bittere Ironie: Dass Gott den Menschen „hoch schätzt“, heißt gerade nicht, dass er ihn „mit Macht und Herrlichkeit krönt“, wie es in Ps 8 heißt, und nicht, dass Gott des Menschen „Burg und Festung und Rettung und Schild“ ist, wie es in Ps 144 heißt – sondern dass er ihm furchtbarstes Leid zuteil werden lässt. (Zurück zu v.17)
rtestest - Eine gängige Vorstellung im alten Judentum: Gott ist es, der Unheil auch und gerade über seine Anhänger bringt – als Tests, in denen sie sich bewähren können, um in der Folge umso mehr gesegnet zu werden (vgl. z. B. Gen 22,1; Ex 16,4; Ri 3,1-4; Ps 26,2; Sir 2,1; Mt 6,13). Von diesen positiven Folgen der göttlichen Tests ist hier aber gerade nicht die Rede. Mehr noch: Der „Morgen“ ist traditionell die Zeit des Heilshandelns Gottes (s. Ps 30,6; 46,6; 90,14; 143,8; Klg 3,22f.; Zef 3,5 und vgl. z.B. Lindblom 1942, S. 12f.; McKay 1979, S. 229). Hier sind die Morgen dagegen gerade die Zeit der unheilvollen Tests, die von denen Gott noch dazu „nicht einen Augenblick ablässt“. (Zurück zu v.18)
smeine Speichel geschluckt - Idiom, sonst nicht überliefert im Heb., aber im Arab. „Ein Speichelschluck“ = „ein Augenblick“, daher ´abli`ni riki („lass mich meinen Speichel schlucken“) = „warte einen Moment!“. Hier also: „nicht für einen Moment!“. Ganz ähnlich Ijob 9,18: „Er erlaubt mir nicht, Atem zu holen“ = „gönnt mir in meinem Leiden nicht mal eine Atempause!“ (Zurück zu v.19)
tEine der spannendsten Fragen des Ijobbuches: Welcherart muss ein Gott ein, dass er unendlich erhaben ist über alle Menschen und dennoch so sehr Anstoß nimmt an einzelnen Sünden derselben, dass er direkt zur Vergeltung schreitet? In der Welt des Alten Testaments war diese Gottesvorstellung eine Selbstverständlichkeit, doch selbst diese stellt Ijob hier in seiner Verzweiflung infrage. (Zurück zu v.20)
uWarum bin ich mir eine Last - Zum Ausdruck vgl. Ps 38,5; zur Idee auch Klg 1,14. Gefragt wird: „Warum fügst du mir Leid zu (20c), warum muss mir aufgrund meiner Handlungen Leid zugefügt werden (20d)?“
Textkritik: mir (dir) - Dieses Wort wir trad. zu den sog. „Tiqqune Sopherim“ gerechnet, eine schon im alten Judentum zusammengetragene Liste von 18 „Schreiberkorrekturen“, die Schreiber vorgenommen haben sollen, um theologisch anstößige Aussagen und Ausdrücke zu eliminieren: Statt „mir“ soll hier ursprünglich „dir“ gestanden haben (vgl. dann ähnlich Jer 23,33f.), wie man es nach wie vor in 1 MS findet und auch LXX vorgelegen hat. So z.B. Raschi, Ibn Ezra, für eine Liste vieler T.S. s. z.B. Midrasch Tanchuma, Beschalach 16. Ob diese Textkorrekturen wirklich so zu bewerten sind und demgemäß z.B. hier in der Tat „dir“ urspünglich und „mir“ eine nachträgliche Korrektur ist, ist zweifelhaft; in der neueren Textkritik wird dies eher bestritten (z.B. bei Tov 1992, S. 65-7.). Viele Exegeten und einige Üss. halten dennoch auf dieser Grundlage „dir“ für ursprünglich; daher „dir“ in EÜ 80 (nicht mehr 16), H-R, HER05, Kaiser 2006, NL, PAT, ZÜR 31 (nicht mehr 07). Ursprünglich ist eher „mir“. Dafür spricht die externe Evidenz (Tg, Syr, VUL), dafür sprechen außerdem die Normen biblischer Poetik, die erwarten lassen, dass hier eine Zeile folgt, die parallel geht mit 20c. Mit „dir“ würde 20d dagegen noch mal an 20a anknüpfen: Was kann ich dir antun, wie könnte ich dir eine Last sein? (Zurück zu v.20)
vEher nicht: „Denn dann dürfte ich mich legen...“ (so B-R, EÜ 80, PAT): Ijob zieht nach V. 15 zwar [selbst (!)] den Tod seinem Leiden vor, aber recht eigentlich sterben will er doch wohl nicht, sondern lieber noch wieder Heil erfahren. Ganz merkwürdig EÜ 17: „Nun denn – zum Staub bette ich mich“, was weder psychologisch noch kontextuell sehr passend ist. (Zurück zu v.21)
wIjob verwendet zum Ausdruck dieser Mühsal die sog. „Lohnknecht-metapher“. Diese gehört zu den komplexen Metaphern in der Bibel: In Rut 2,12; 2 Chr 15,7 (vgl. auch Sir 2,7f.; 11,18-22; 36,21; Spr 11,17f.; auch Gen 15,1f.; 30,18; 127,3; Jes 40,10) dient sie dazu, auszudrücken, dass sich Aufwand und Mühen lohnen, weil Gott diese Mühen zurückzahlen wird (vgl. Novick 2011, S. 708f.), wie man es ähnlich auch aus den Aussagen von Elifas in Ijob 5,17f. heraushören kann. Nicht so bei Ijob: Er ist ein Lohnknecht, der vergeblich auf seinen Lohn wartet. (Zurück zum Text: w)