Rut 4

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Lesefassung (Rut 4)

(kommt später)

Studienfassung (Rut 4)

1 Boas aber ging ins Tora hinauf und setzte sich dort hin. Und, siehe da!,b der Löserc kam vorüber, von dem Boas gesprochen hatte. Da sagte er: „Bieg ab!d Setz dich hier irgendwo hin (setz dich hier hin, Soundso)!“e Und dieser bog ab und setzte sich hin. 2 Dann nahm [Boas] sich zehn Männer von den Ältestenf der Stadt und sagte: „Setzt euch hier hin!“ Und sie setzten sich. 3 Dann sagte er zum Löser: „[Das] Feldstück,g das unserem Bruder,h dem Elimelech, [war (gehörte)], verkaufti Noomi, die zurückgekehrt ist aus {dem Gebiet von} (dem Feld von)j Moab. 4 Und ich habe gesagt ([mir] gedacht),k ich will dir folgendes zu Gehör bringen:l Kaufe [es] in Gegenwart der Sitzenden und in Gegenwart der Ältesten meines Volkesm - wenn du lösen willst, dann löse.n Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst),o dann verrate es mir, damit ich es weiß! Denn [es ist (es gibt)] niemanden außer dir, der lösen [könnte].
Und ich [bin (komme)] nach dir.“
Da sagte er: „Ich will lösen“. 5 Da sagte Boas: „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufstp du auch die (kaufe ich die, kaufst du es auch von der, kaufe ich es von der) Moabiterin Rut,q die Frau des Toten, um den Namen des Toten auf seinem Erbbesitz [wieder] aufzurichten.“r 6 Da sagte der Löser: „Ich vermag [es] nicht, {für mich}s zu lösen, sonst verdürbe ich [ja] meinen [eigenen] Erbbesitz. Löse du {für dich}s das [eigentlich] von mir zu Lösende, denn ich vermag es nicht, zu lösen.“ 7 In Israel [war (galt)] früher dies bezüglich Lösung und Tauschgeschäft,t um irgendetwasu Gültigkeit zu verleihen: Man zog seinen Schuh aus und gab ihn dem anderen (man zog seinen seinen Schuh aus und gab ihn einander). Und dies [war (galt)] [dann] in Israel [als] Bezeugung.v 8 Der Löser sprach [also] zu Boas: „Kaufe {für dich}!“s und zog (und dieser zog)w seinen Schuh aus. 9 Da sprach Boas zu den Ältesten und zum ganzen Volk: „Ihr seid heute Zeugen, dass ich von Noomi alles gekauft habe, was dem Elimelech [war (gehörte)] und alles, was dem Kiljon und Machlon [war (gehörte)]. 10 Und auch die Moabiterin Rut, die Frau Machlons, habe ich mir zur Frau gekauft,x um [wieder] aufzurichten den Namen des Toten auf seinem Erbbesitz, so dass nicht ausgerottet werde der Name des Toteny aus dem Volk seiner Brüder und aus dem Tor seines Ortes.z Ihr seid heute Zeugen!“ 11 Und das ganze Volk, das im Tor [war], antwortete, und die Ältesten:aa[Wir sind] Zeugen!

JHWH gebe, [dass] (JHWH mache) diese Frau,
Die in dein Haus kommt,
Wie Rahel und wie Leaab [werde],
Die beideac das Haus Israel erbauten!ad
Vollbringe (erzeuge) Tüchtigesae in Ephratah
Und rufe [einen] Namenaf in Bethlehem!
12 Es sei dein Haus wie das Haus des Perez,ag
Den Tamarab dem Juda gebar
Durch den Nachwuchs,
Den JHWH dir gebeah durch diese junge Frau!“


13 Boas nahm Rut,ai sie wurde seine Frau,aj er ging zu ihr,ak JHWH gab ihr Schwangerschaft, sie gebar einen Sohn 14 und die Frauen sagten zu Noomi:

„Gepriesen sei JHWH,
Deral dir heute einen Löser nicht hat fehlen lassen,
Sein Name werde gerufenam in Israel!
15 Möge er dir (er wird dir) [der] sein, [der] Lebenskraft zurückkehren lässtan
Und [der] dein Alter erhält!
Ja!, (denn)ao deine Schwiegertochter, die dich liebt, hat ihn geboren,
Sie, die besser für dich [ist] als sieben Söhne!“

16 Noomi nahm den Säugling, hob ihn an ihre Brust,ap wurde seine Kinderfrau 17 und die Bürgerinnen (Nachbarinnen) gaben ihm einen Namen (riefen), indem sie sagten (wie folgt): „Ein Sohn ist der Noomi geboren!“, und sie nannten seinen Namen „Obed (Diener)“.aq Dieser war der Vater von Isai, dem Vater Davids.


18 Dies [also] sind die Zeugungen von Perez:ar Perez zeugte den Hezron, 19 Hezron zeugte Ram, Ram zeugte Amminadab, 20 Amminadab zeugte Nachschon, Nachschon zeugte Salmon, 21 Salmon zeugte Boas, Boas zeugte Obed, 22 Obed zeugte Isai, Isai zeugte David.as

Anmerkungen

Was zu Beginn von Kapitel 4 geschieht, lässt sich nicht mehr ganz erschließen, da uns die das nötige Wissen über die rechtlichen Hintergründe fehlt. So viel ist gewiss:
Grundbesitz gehörte im Alten Israel immer untrennbar zu einer Familie. Weil das Land eine Gabe Gottes an seine Besitzer war (s. Lev 25,23), musste es idealiter immer im Besitz dieser Familie bleiben - ihr „Name musste auf diesem Besitz immer aufgerichtet bleiben“ (V. 5) - und konnte daher auch nicht letztgültig verkauft werden (s. dazu näher Bodenrecht (AT) (WiBiLex)).
Zu diesem Zweck war im Alten Israel auch das Erbfolgerecht genau geregelt (s. dazu näher Erbe/Erbrecht (AT) (WiBiLex)); die Erbfolge war: Sohn => Tochter => Bruder d. Vaters => nächste Verwandte (s. Num 27,8-11). Wichtig für das folgende: Witwen waren erst in persischer Zeit erbberechtigt und hatten dies früher wegen der beiden folgenden rechtlichen Hintergründe auch gar nicht nötig.
Trotz dieser genauen Erbfolgeregelungen existierten zwei Gefahren: (1) Eine Familie konnte verarmen und deshalb gezwungen sein ihren Erbbesitz verkaufen zu müssen; (2) eine Familie konnte aussterben. Vor der ersten Gefahr sollte die „Löserinstitution“ schützen, vor der zweiten die „Schwagerehe“.
Die Löserinstitution (s. dazu näher Löser/Loskauf (WiBiLex); gut auch Gordis 1974, S. 252f.) sollte sicherstellen, dass Land nicht auf Dauer verkauft werden musste und auch nur möglichst kurz aus dem Besitz einer Familie geriet. Sie ist geregelt in Lev 25,25-34; eine alternative Anwendung findet sich in Jer 32,7-10. Aus beiden Stellen ergibt sich für der Löserinstitution in etwa, dass im Falle eines zeitweiligen „Verkaufs“ von Land der sog. „Löser“ entweder das Vorkaufsrecht für das Land seines verarmten Verwandten hatte oder bei bereits erfolgtem Verkauf das Recht und die Pflicht hatte, es von den Käufern wieder zurückzuerwerben. Auch die Löser-Reihenfolge ist genau geregelt, sie war: Bruder => Onkel => Cousin => nächster Verwandter (s. Lev 25,48-50).
Die Schwagerehe (s. dazu näher Levirat/Leviratsehe (WiBiLex); gut auch Olanisebe/Oladosu 2014) schließlich sollte sicherstellen, dass eine Familie nicht ausstarb. Sie ist geregelt in Dtn 25,5-10 und besagt dort, dass im Falle des Todes eines kinderlosen Mannes der Bruder dieses Mannes dessen Frau heiraten sollte. Das erste Kind aus dieser Verbindung galt rechtlich dann als Sohn des Verstorbenen, konnte dessen Erbe antreten und damit auch seine Mutter versorgen. In Gen 38 wird außerdem von einer „Schwagerehe“ zwischen Tamar und ihrem Schwiegervater Juda berichtet, und das Rutbuch legt nahe, dass wohl auch noch entferntere Verwandte schwagerehen-berechtigt waren (wie etwa im hethitischen Recht, wo die die Abfolge der Schwagerehen-berechtigten ist: Bruder => Vater => Onkel, s. Hethitisches Gesetz §193).
S. auch noch mal die Zusammenfassung in FN y.

Sicher ist, dass diese rechtlichen Hintergründe irgendwie in Rut 4,1-12 zur Anwendung kommen. Unsicher ist, wie genau.
Exkurs: Einige Unsicherheiten: Überraschend ist schon im ersten Vers das Feld, das sich offenbar in Noomis Besitz befindet - erstens, weil der Besitz eines Feldes wahrscheinlich Ruts Ährenlesen in Kap. 2 „illegal“ gemacht hätte (s. die Anmerkungen zu Kap. 2; so z.B. auch Köhlmoos 2010, S. 72); zweitens, weil nach der obigen Erbfolge Noomi überhaupt kein Feld besitzen dürfte: Witwen waren wie gesagt nicht erbberechtigt. Selbst, wenn sie es gewesen wären, wäre nach dem Tod Elimelechs das Feld zunächst in den Besitz von Machlon und Kiljon und danach in den Besitz von deren Witwen Rut und Orpa übergegangen, und da sie es nicht waren, wäre nach der oben dargestellten Erb- und Löserfolge verrückterweise gerade der Löser der Erbe des Feldes und damit der einzige, der das Feld nicht erst erwerben müsste. Genug: Irgendwie hat Noomi hier ein Feld, das sie gerne verkaufen möchte. Weiter: Wegen Rut 3 und Rut 4,11-17 dürfen wir sicher sein, dass primär von Interesse nicht die Lösung des Feldes, sondern die Schwagerehe Boas mit Rut ist. Die Rolle dieses Feldes ist dann aber unklar; gerade die Schwagerehe ist ja unproblematisch, da der Löser sie ohnehin nicht vollziehen will. Warum geht dann aber der Erzähler den Umweg über das Feld? Warum weiterhin in V. 5 die Lösung an die Schwagerehe gekoppelt zu sein scheint, ist gleichfalls unklar. Und schließlich ist die Antwort des Lösers in V. 6 nicht verständlich: Durch die Schwagerehe mit Rut würde er zweifellos wegen des Unterhalts, den er für Rut und „Machlons“ Sohn zu zahlen hätte, Verlust machen - wie er damit aber seinen Erbbesitz schädigen würde, ist für uns nicht mehr ersichtlich. Auch für die Alten offenbar nicht; TgRut z.B. erfindet einfach eine Hintergrundgeschichte, um sich die Weigerung des Lösers erklären zu können (Der Löser wäre bereits verheiratet gewesen und eine weitere Frau hätte zu Missstimmung in seinem Haus geführt).
Sofern wir dem Text vertrauen können, scheint es sich in etwa so zu verhalten: Aus irgendeinem Grund ist die Lösung von Elimelechs Grundstück tatsächlich an eine Schwagerehe mit Rut gekoppelt und aus irgendeinem Grund ist es für die Schwagerehe von Rut und Boas wichtig, dass der Löser sich zunächst bereit erklärt, Elimelechs Feld zu lösen, und erst dann einen Rückzieher macht.at Und eben dies geschieht hier: Der Löser macht einen Rückzieher; Boas rückt in der Löserfolge nach, löst Elimelechs Feld, geht die Schwagerehe ein und zeugt mit Rut einen Sohn, der rechtlich als Sohn Machlons gilt, dessen Erbe antreten und mithilfe dieses Erbes seine Großmutter Noomi im Alter versorgen kann.

Ob wir allerdings dem Text vertrauen können, ist unsicher - denn neben den rechtlichen Vorgängen selbst liegt der Fokus der Vv. 1-12 gerade darauf, wie völlig korrekt Boas hier vorgeht: Ordnungsgemäß bespricht er die Angelegenheit mit dem Löser im Tor; ordnungsgemäß bestellt er sich dazu auch gleich zehn der Dorfältesten; sämtliche Vorgänge werden von einer Vielzahl von Zeugen abgesegnet. Die Besiegelung ihrer Übereinkunft wird ordnungsgemäß mit dem Schuhritus besiegelt, der zu diesem Zweck in V. 7 sogar extra noch mal erklärt wird. Letztlich haben wohl auch die beiden Ausrufe des Frauenchors in in Vv. 14f. und V. 17 v.a. die Funktion, noch einmal zu betonen, dass das Kind aus der Verbindung von Rut und Boas in der Tat ein ordnungsgemäßes Schwagerehen-Kind ist, und vermutlich soll auch die Verknüpfung dieses Kindes mit dem Stammbaum Davids in V. 17 die Stellung dieses Kindes noch einmal über jeden Zweifel erhaben sein lassen. Gerade vor dem Hintergrund der letzten drei Kapitel macht das diese ersten Verse sehr verdächtig: Offenbar geht auch hier irgend etwas nicht „mit rechten Dingen zu“ - und das wir nicht mehr erkennen können, was das ist, ist ärgerlich.

Mindestens aber geht dies „nicht mit rechten Dingen zu“: Nach wie vor ist ja die Ehe zwischen einem Israeliten und einer Moabiterin untersagt (s. die Anmerkungen zu Kap. 1) - und der größte Teil des Kapitels 4 dient dann dazu, noch einmal zu unterstreichen, dass sie dennoch stattfindet und trotz widersprechender Regelungen rechtens stattfindet: Von allem Volk und von zehn Ältesten wurde sie sozusagen im Gerichtssaal selbst abgesegnet; ihr Kind wird von allen Frauen Bethlehems als rechtmäßiges Schwagerehen-Kind anerkannt, und vor dem Hintergrund, dass aus dieser Verbindung sogar der legendäre König David hervorging, kann diese Verbindung gar nicht illegal sein - ganz gleich, welche Regelungen dem entgegenstehen.

ains Tor - Mit dem „Tor“ ist in biblischen Texten nicht nur die Tür gemeint, die das Innere einer Stadt vom Äußeren einer Stadt abgrenzt, sondern ein größerer Platz, der im Alten Israel die selbe Funktion hatte wie z.B. die griechische Agora: Ein Versammlungsplatz, auf dem Handel getrieben wurde, auf dem die städtische Selbstverwaltung „tagte“ und wo - bes. wichtig für unsere Stelle - v.a. auch Recht gesprochen wurde. Das kleine Dorf Betlehem hatte wahrscheinlich überhaupt keine Tore; dass „Boas zum Tor geht“, ist wohl eine Anspielung auf Dtn 25,7. (Zurück zu v.1)
bsiehe da! - Wie in Rut 2,4 (s. FN m) drückt auch hier das „siehe da!“ aus, dass überraschenderweise genau das richtige passiert. Gut daher OEB: „Just then the [Löser] came along“; „Und zufällig kam just in diesem Moment auch der Löser vorbei...“ (Zurück zu v.1)
cLöser - Zum „Löser“ s. die Anmerkungen. (Zurück zu v.1)
dBieg ab - nämlich auf die Seite zu den auf dem Torplatz stehenden Bänken. Die meisten Üss. übersetzen sinnvoll: „Komm her!“; am besten , HfA, NL: „Komm herüber!“ (Zurück zu v.1)
eirgendwo hin (hier hin, Soundso) - Umstrittener Ausdruck. In der LF sollte er am Besten mit HfA, NL u.a. Üss. ausgespart werden, da er sich nicht wirklich erklären lässt.
W. etwa „bestimmt stumm“. Der Ausdruck findet sich sonst nur noch zweimal in der Bibel und steht dort für einen nicht näher spezifizierten Ort (s. 1 Sam 21,3; 2 Kön 6,8). Vergleichbar ist eine Passage im ägyptischen Archivdokument 17.2, wo in einem Streitgespräch zweier Schreiber der erste den zweiten mit „du leerer, sinnloser Name!“ beschimpft und der zweite Schreiber den ersten mit „Du Wer-ist-es“ beleidigt. Schon LXX, und VL verstanden entsprechend auch hier das peloni almoni („irgendwo / Soundso“) als Bezeichnung des Lösers und übersetzen ho deina („der So-und-So“, so einige LXX-Mss), kruphie („du Verborgener“, so andere LXX-Mss) oder quicumque es („wer auch immer du bist“, VL). Dem folgend wird dann auch hier in allen modernen Kommentaren und Übersetzungen das peloni almoni so verstanden, dass damit der Löser bezeichnet, sein Name aber aus irgendeinem Grund verschwiegen werden solle: „Der und der“, „So-und-so“; „Herr Dingsbums“ (Hajek 1962, S. 77), „mein Lieber“ (diese häufige Übersetzung soll eine freie Übersetzung dieses „So-und-so“ sein, die schwerlich zu rechtfertigen ist). Der Grund dafür ist dann ganz rätselhaft; warum er den Löser gleich zur Eröffnung des Gesprächs beleidigen sollte, ist nicht einzusehen. Man hat also nach anderen Erklärungen zu suchen.
Knight/Levine 2011, S. 115 und Sasson 2012, S. 255f. haben daher kürzlich geleitet von 1 Sam 21,3; 2 Kön 6,8 vorgeschlagen, dass man auch hier den Ausdruck besser als Ortsbezeichnung verstehen und daher besser mit „hier irgendwo“ übersetzen solle; in Ermangelung eines anderen Vorschlags haben wir dies als Primärübersetzung angegeben. (Zurück zu v.1)
fzehn Männer von den Ältesten der Stadt - gemeint sind nicht die ältesten Bürger der Stadt, sondern Familienoberhäupter, die im Alten Israel in derartigen Fällen als eine Art Schöffen fungierten. „Die Zehnzahl ist symbolisch zu verstehen, zumindest gibt es keine Bestimmungen in den Gesetzen des AT, die vorschreiben würden, daß ein Gericht mit genau 10 Ältesten besetzt sein muß. Die Zehnzahl unterstreicht vielmehr die Vollständigkeit des Gerichts am Tor. Boas Vorgehen ist ‚lupenrein‘ und ohne ‚Verfahrensfehler‘ [...].“ (Frevel 1992, S. 129). (Zurück zu v.2)
gFeldstück - s. zum Begriff FN e zu Rut 2,2. (Zurück zu v.3)
hBruder - Hier im Sinne von „Verwandter“; dass gerade „Bruder“ verwendet wird, ist wahrscheinlich eine Anspielung auf Dtn 25,5 (vgl. z.B. Fischer 2001, S. 158; Zakovitch 1999 S. 154). (Zurück zu v.3)
iverkauft - „Verkaufen“ trifft die Rechtslage nicht gut, denn Land war im Alten Israel eigentlich nur für eine begrenzte Zeit „verkäuflich“ und würde dann wieder an die Familie zurückfallen, die es verkauft hat (vgl. z.B. Lipiński 1976, S. 126; ThWAT IV, S. 871). Strenggenommen müsste man hier mit „verpfänden“ o.Ä. übersetzen, doch würde das die LF wohl nur unnötig verkomplizieren; auch fast alle neueren Üss. übersetzen daher mit „verkaufen“. (Zurück zu v.3)
j{dem Gebiet von} (dem Feld von) - Zum Ausdruck s. FN e zu Rut 1,1. (Zurück zu v.3)
kgesagt ([mir] gedacht) - Meist übersetzt als „Ich habe mir gedacht“; naheliegender aber: Frauen wurden im Alten Israel vor Gericht in der Regel durch Männer vertreten; Boas - der ja ganz offensichtlich im Namen von Noomi handelt - gibt also wohl hier kund, dass er ihr diese Rechtsvertretung zugesichert habe: „Ich habe ihr versprochen, dir folgendes zu Gehör zu bringen: ...“ (Zurück zu v.4)
lzu Gehör bringen - Heb. Idiom, s. z.B. 1 Sam 20,2.12f. Außer in Ijob 36,10.15 steht es stets für Privatmitteilungen: Was Boas hier verkünden will, ist speziell für die Ohren des Löser bestimmt, da eben dieser und kein anderer der Löser ist (s. Anmerkungen). (Zurück zu v.4)
mder Sitzenden und der Ältesten meines Volkes - Wahrscheinlich entspr. der Interpretation von SLT zu verstehen: „In Gegenwart der hier sitzenden Bürger (die sich inzwischen neugierig am Verhandlungsort niedergelassen haben) und der Ältesten meines Volkes“.
Genauer: Nach V. 2 müsste sich schon „die Sitzenden“ auf die Ältesten beziehen; hier scheinen aber mit den „Sitzenden“ und den „Ältesten“ zwei us. Gruppen gemeint zu sein. Zakovitch 1999, S. 156 denkt daher, das „und“ sei hier als ein sog. Waw explicativum zu verstehen und man müsste übersetzen: „in Gegenart der [hier] Sitzenden, nämlich in Gegenwart der Ältesten meines Volkes“, und Campbell 1975, S. 145 denkt, die „Sitzenden“ meine die zehn Ältesten, die Boas sich in V. 2 „genommen“ hat, die „Ältesten“ dagegen sämtliche Älteste Bethlehems, die hier durch die zehn ausgewählten Ältesten repräsentiert seien. Diese sämtlichen Ältesten sind hier aber eben nicht anwesend und daher nicht gut mit dem „in Gegenart von“ vereinbar und die Deutung als Waw explicativum ist wegen der Wiederholung des neged („in Gegenwart von“) nicht gut möglich, daher meint „die Sitzenden“ wohl das übrige Volk, das sich mittlerweile im Tor niedergelassen hat und das später noch in Aktion treten wird. (Zurück zu v.4)
nwenn du lösen willst, dann löse - Der Nachsatz hat offenbar die Funktion, den „Kauf“ des Lösers speziell als „Lösung“ zu bestimmen, nämlich als pflichtgemäße Inanspruchnahme des Vorverkaufsrechts (s. die Anmerkungen). Einfacher also z.B. nach NL: „Wenn du das Land auslösen willst, dann kaufe es jetzt in der Gegenwart ... . Wenn du es jedoch nicht auslösen willst ...“ (Zurück zu v.4)
oTextkritik: Wenn aber niemand lösen will (wenn du aber nicht lösen willst) - Die besten Handschriften haben hier das Verb in der 3. Pers. Sg.: „Wenn er nicht lösen will“. Viele heb. Handschriften, LXX, VUL und Tg korrigieren daher zu 2. Pers. Sg. und dem folgen alle modernen Üss. und Kommentare: „Wenn du nicht lösen willst“. Wie aber die 3.-Pers.-Version als Schreibfehler entstanden sein sollte, ist nicht erklärlich und daher wahrscheinlich doch die ursprüngliche Version; BHQ belässt daher auch diese Version, die dann mit Niccacci 1995, S. 97 und schon Ibn Ezra als impersonale Konstruktion erklärt werden muss: „Wenn er nicht lösen will“ = „Wenn niemand lösen will“.
Diese Deutung ist sogar effektvoller: Die Lösung wird fast völlig in die Verantwortung des Lösers gestellt, „es gibt niemand außer ihm, der lösen könnte“ (4b); die Alternative dazu, dass der Löser löst, ist also, dass „niemand löst“ (4a). Die Formulierung schlägt offenbar in die selbe Kerbe, in die auch der Ausdruck „zu Gehör bringen“ schlägt (s.o.): Es ist speziell der Löser, der hier in Verantwortung steht. Und erst ganz am Ende seiner langen Rede zeigt Boas eine weitere Alternative auf, die im heb. Text nur aus zwei Worten besteht: „Und-ich nach-dir“. Boas will den Löser anscheinend durch diese Formulierung geradezu zur Zusage „verführen“. (Zurück zu v.4)
pkaufst - Dass nach der Primärübersetzung Rut anscheinend das Objekt eines „Kaufs“ ist, ist unproblematisch; es ist dies ein bloß stilistisches Phänomen: Weil auch zuvor von „kaufen“ die Rede ist, wird hier das „normalerweise“ verwendete Verb (z.B.: „heiraten“) an das vorige Verb angeglichen (vgl. bes. Weiss 1964, S. 247f.; z.B. auch Campbell 1975, S. 147; Levine 1983, S. 101f.). Im Deutschen ist eine wörtliche Übersetzung nicht möglich. Am besten wohl wieder HfA: „Wenn du von Noomi das Grundstück erwirbst, musst du auch die Moabiterin Ruth heiraten.“ (Zurück zu v.5)
qkaufst du auch die (kaufe ich die, kaufst du es auch von der, kaufe ich es von der) Moabiterin Rut - Sehr schwierige und umstrittene Stelle. Wahrscheinlich ist sie so zu verstehen: Aus irgendeinem Grund ist die „Lösung“ von Elimelechs Feld rechtlich gekoppelt an die „Schwagerehe“ des Lösenden mit Rut (zu beidem s. die Anmerkungen). Und unter diesen Umständen - s. den nächsten Vers - ist der Löser nicht mehr zur Lösung bereit.
Genauer: Der heb. Text liegt in zwei Versionen vor: (1) „kaufe ich es von der Moabiterin Rut“, (2) „kaufst du es auch von der Moabiterin Rut“. Da beide Versionen mit „von“ nicht viel Sinn zu machen scheinen, wird meist der Text ume´et ((und) von“) geändert (=> Textkritik) zu we´et oder gam et ((auch) die“). U.U. ist für diese Deutung auch gar keine Textänderung nötig, vgl. z.B. Bush 1996, S. 217; Campbell 1975, S. 146; Korpel 2011, S. 2. Weitere mögliche Übersetzungen sind dann daher (3) „kaufe ich/habe ich die Moabiterin Rut gekauft“ und (4) „kaufst du auch die Moabiterin Rut“. Das ergibt vier mögliche Übersetzungen; einen fünften Vorschlag hat Holmstedt 2010 gemacht:
  1. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufe ich es von der Moabiterin Rut, der Frau des Toten“
  2. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du es auch von der Moabiterin Rut, der Frau des Toten“
  3. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufe ich/habe ich gekauft die Moabiterin Rut, die Frau des Toten“
  4. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi kaufst, kaufst du auch die Moabiterin Rut, die Frau des Toten“
  5. „An dem Tag, an dem du das Feld von Noomi und von der Moabiterin Rut kaufst, kaufe ich die Frau des Toten“
(1) und (2) ergeben nicht viel Sinn, weshalb ja auch in der Regel der Text geändert wird. Holmstedt 2010 muss für Deutung (5) die Akzente des heb. Textes sowie die Tatsache, dass zwei unterschiedliche Präpositionen vor „Noomi“ und „Rut“ verwendet werden, ignorieren. Bleiben daher als ernstzunehmende Alternativen (3) und (4).
Die rechtlichen Zusammenhänge erschließen sich uns nicht mehr vollständig (s. Anmerkungen), daher muss eine Argumentation zunächst einmal unabhängig von diesen Hintergründen laufen. Für (4) sprechen dann zwei Dinge: Erstens ist nur nach dieser Deutung die in Rut 3,13 erwähnte Option, der Löser könne Rut „lösen“, eine reale Option, die auch in Rut 4 eine Rolle spielt (so richtig Zenger 1986, S. 83). Und zweitens und wichtiger: In Rut 4 wird mehrfach deutlich die Textstelle Dtn 25,5-10 zitiert (s. FNn a.h.p), in der von der Verweigerung der Schwagerehe die Rede ist (dazu s. die Anmerkungen). Wenn hier aber der Löser gar nicht die Option hätte, die Schwagerehe mit Rut einzugehen, weil Boas Rut für sich beansprucht oder die Schwagerehe gar schon vollzogen hat, macht diese Zitation keinen Sinn. Der Text ist also sehr wahrscheinlich wie oben gesagt zu verstehen und es ist dies ohnehin die häufigste Übersetzung des Verses. (Zurück zu v.5)
rum den Namen des Toten auf seinem Erbbesitz aufzurichten - Ein Zitat von Dtn 25,7; zu den Hintergründen s. die Anmerkungen. Eine sinngemäße Übersetzung wäre etwas wie „damit der Erbbesitz des Verstorbenen in seiner Familie bleibt“ (ähnlich HfA). (Zurück zu v.5)
stFN: {für mich} + {für dich} - Sog. Dativi ethici; in einer dt. Üs. zu ignorieren. (zu v.6 / zu v.8)
tLösung und Tauschgeschäft - Oder zu verstehen als Hendiadyoin: „bezüglich des Tauschs von Löserechten“ (so Berlin 2010, S. 11; Brichto 1973, S. 18; Bush 1996, S. 234). (Zurück zu v.7)
uirgendetwas - W. „jede Sache“. (Zurück zu v.7)
vEine Abwandlung des in Dtn 25,9 geschilderten Schuhritus. Dieser ist im Judentum noch heute in der Variante von Dtn gebräuchlich und also offensichtlich nicht in Vergessenheit geraten. Außerdem findet er sich gerade an der Dtn-Stelle, die in den ersten Versen dieses Kapitels sehr oft und deutlich zitiert werden; er ist also dem idealen Leser des Rutbuches definitiv bekannt. Dass er hier dennoch erklärt werden muss, heißt dann wohl, dass er hier irregulär angewandt wird, dass diese irreguläre Anwendung als reguläre Anwendung ausgegeben wird und deshalb erklärt wird (so z.B. Berlin 2010, S. 11; Fischer 2001, S. 241) - ein weiteres Indiz dafür, dass offenbar irgend etwas hier nicht mit rechten Dingen zugeht (s. Anmerkungen). In die selbe Richtung weist die alternativer Auslegung von Speiser 1940, der Schuhritus diene regulär speziell dazu, eigentlich illegale Abmachungen legal zu machen. (Zurück zu v.7)
wund zog (und dieser zog) - Wer Subjekt des Schuh-Ausziehens ist, ist nicht ganz klar. Dafür, dass es der Löser ist, spricht aber, dass der Hintergrund des Schuhritus wohl der war, dass der Schuh ein Symbol für Besitz war und das Ausziehen des Schuhs damit ein Symbol für Besitzverzicht (vgl. z.B. gut Thompson/Thompson 1968, S. 92f.). (Zurück zu v.8)
xgekauft - Zu „kaufen“ s. FN o. (Zurück zu v.10)
yum [wieder] aufzurichten den Namen des Toten auf seinem Erbbesitz, so dass nicht ausgerottet werde der Name des Toten - s. hierzu wieder FN r und die Anmerkungen: Weil JHWH es war, der den Israeliten ihr Land gegeben hat, sollte der Status quo der Grundbesitzverhältnisse nach Möglichkeit auf ewig weiterbestehen, das heißt: Familien durften nicht aussterben und ihr Erbbesitz sollte immer in ihrem Besitz bleiben. Dies zu gewährleisten war Aufgabe von Löserinstitution und Schwagerehe, und von beidem ist hier die Rede: Boas kauft (1) das Land von Noomi, damit dieses Land in der Familie bleibt - er fungiert als „Löser“ - und „kauft“ (2) Rut, um mit ihr durch eine „Schwagerehe“ einen Nachkommen Machlons zu zeugen, damit „der Name des Verstorbenen auf seinem Erbbesitz wieder aufgerichtet werde und der Name des Toten nicht ausgerottet wird“, d.h., damit überhaupt Nachkommen Elimelechs und Machlons existieren, die als Erben ihres Familienbesitzes fungieren können. (Zurück zu v.10)
zTor seines Ortes - d.h. von innerhalb seiner Stadttore. Die ersten beiden Begriffe haben eine soziale, die zweiten beiden eine lokale Ausrichtung: Machlons Familie soll nicht ausgerottet werden „aus seinem Volk und aus seinem Ort“. Recht gut daher : „damit sein Name unter seinen Verwandten und innerhalb der Mauern seiner Stadt nicht erlischt.“; NeÜ: „So wird der Name des Verstorbenen in seiner Sippe und in seinem Heimatort nicht vergessen werden.“ (obwohl „vergessen werden“ eher unglücklich ist) (Zurück zu v.10)
aadas ganze Volk, das im Tor [war], antwortete, und die Ältesten - eine sog. „gespaltene Koordination“; sinngemäß wäre die Üs. „Das ganze Volk, das im Tor war, und die Ältesten antworteten:...“ Der Erzähler greift deshalb hier zu dieser Konstruktion, um zu betonen, dass tatsächlich das ganze Volk, das sich dort aufhielt, die vorigen Vorgänge für rechtmäßig erklärten. (Zurück zu v.11)
abRahel, Lea und Tamar sind drei der „Erzmütter“, die nach biblischer Vorstellung Vorfahrinnen des ganzen Volkes Israel waren - Tamar übrigens ebenso wie Rut infolge einer Schwagerehe. Spätestens in diesem Segensspruch wird also Rut endgültig vom „ganzen Volk“ in die „Gemeinde des Herrn“ aufgenommen (s. die Anmerkungen zu Kap. 1). (Zurück zu v.11 / zu v.12)
actFN: beide - Eine seltene Dualform, wie sie sich häufiger auch im 1. Kapitel fand (s. dort FN w). (Zurück zu v.11)
addas Haus Israel Israel erbauten - D.h., auf deren Nachkommen sich nach bib. Vorstellung ganz Israel zurückführt. Sinngemäß gut daher HfA: „von denen alle Israeliten abstammen“; NeÜ: „von denen das Volk Israel abstammt“; NL: „aus denen das ganze Volk Israel hervorgegangen ist“ (Zurück zu v.11)
aeVollbringe Tüchtiges - Eigentlich ein Idiom für „siegen, mächtig werden“ oder „Reichtum erlangen“; beides wird auch hier oft als Übersetzung gewählt. Besser aber: (1) Das verwendete Substantiv ist chajil, das in Rut 2,1 den Boas und in 3,11 die Rut näher charakterisierte. Rut und Boas sollen hier also etwas „erzeugen“, was so ist, wie sie sind. (2) Dass direkt davor und direkt danach vom Nachwuchs, der Rut und Boas gewünscht wird, die Rede ist, macht es wahrscheinlich, dass auch hier das chajil ein Ausdruck für Nachwuchs sein soll. Wahrscheinlich also zu verstehen als abstractum pro concreto: „Erzeuge Tüchtiges“ = „Erzeuge tüchtige Nachkommen“ (vgl. ähnlich Holmstedt 2010, S. 203; sinngemäß auch Köhlmoos 2010, S. 78). In die selbe Richtung geht der Deutungsvorschlag von Campbell 1975, S. 152; Labuschagne 1967, S. 365f. und Parker 1976, S. 23f., chajil habe hier die Bedeutung „Fortpflanzungskraft“: „Vollbringe Fortpflanzungskraft“ = „Pflanze dich kräftig fort“. (Zurück zu v.11)
afrufe [einen] Namen - sonst ungebräuchlicher Ausdruck im Heb.; demgemäß umstritten ist die Bed. Früher wurde häufig der Text korrigiert, z.B. bei Rudolph 1962, S. 60: „Dein Name werde gerufen“ (=„Mögest du gefeiert werden“); offenbar noch heute Köhlmoos 2010, S. 69. Aus den selben Gründen wie in der vorigen Zeile geht es aber wohl hier um Nachwuchs (so z.B. auch Parker 1976, S. 24, FN 3; Zakovitch 1999, S. 165); daher besser: „Rufe Namen“ = „Werde Namens-geber“, d.h. „Zeuge viel Nachwuchs, denen du dann Namen geben kannst“ (so Campbell 1975, S. 153f.; Labuschagne 1967, S. 366). Die alternative Erklärung, „Name“ habe hier die Bedeutung „Nachwuchs“, taugt nicht viel, da Boas ja dann dennoch aufgefordert würde, seinen Nachwuchs zu „rufen“ - und was das bedeuten soll, ist nur schwer verständlich. (Zurück zu v.11)
agEs sei dein Haus wie das Haus des Perez - bajit („Haus“) hat hier wie häufig die Bedeutung „Familie“; sinngemäß daher „mögest du so viele Nachkommen haben, wie Perez sie hatte.“ Richtig z.B. wieder NeÜ: „Durch die Nachkommen, die Jahwe dir von dieser jungen Frau geben wird, soll deine Familie so werden wie die des Perez...“ (Zurück zu v.12)
ahDen JHWH dir gebe - Eine sog. „Inclusio“; der Segensspruch wird eröffnet und geschlossen durch die selbe Formulierung: „JHWH gebe“ - ein schöner Kontrapunkt zu Rut 1,21, wo Noomi JHWH beschuldigt hatte, dass er sie ihrer Kinder beraubt habe. (Zurück zu v.12)
aiBoas nahm Rut - d.h., er heiratete sie. (Zurück zu v.13)
ajBoas nahm Rut, sie wurde seine Frau - Doppelausdruck, der wohl (wie auch in Gen 24,67) einfach nur bedeutet: Boas heiratete sie (daher lassen etwa einige LXX-Handschriften und Äth den zweiten Satz ganz weg und einige Syr-Handschriften ziehen zusammen zu „Boas nahm Rut zur Frau“). Hier statt einer kürzeren Alternative verwendet, um den Staccato-Eindruck dieses Verses noch zu steigern: Was geschieht, kommt Schlag auf Schlag, und ohnehin lassen sich die Ereignisse hier schnell übergehen, denn der Hauptfokus dieses Abschnitts liegt klar auf den beiden Äußerungen des Frauenchors. (Zurück zu v.13)
akging zu ihr - heb. Idiom für Geschlechtsverkehr, vgl. z.B. Schorch 2000, S. 96. (Zurück zu v.13)
alGepriesen sei JHWH, der ist eine Formel für „Gott sei dafür gedankt, dass...“ (vgl. Lande 1949, S. 106f.). (Zurück zu v.14)
amSein Name werde gerufen - D.h. „er werde verehrt“: „Name“ ist hier wie oft (bes. wenn von Gott „im Menschenmund“ die Rede ist) Wechselbegriff für den Namensträger selbst. (Zurück zu v.14)
anLebenskraft zurückkehren lässt - heb. Idiom für Wiederbelebung, Lebensrettung und am-Leben-Erhaltung; sicher ist hier Letzteres gemeint, s. nächste Zeile. Fast stets ist JHWH das Subjekt dieses Ausdrucks (1 Kön 17,21f; Ijob 33,30; Ps 23,3; 35,17; Klg 1,19). Wir haben also eine ähnliche Ambivalenz wie in Rut 2,20 (s. FN ax und die Anmerkungen zu Kap. 3) vor uns: Wegen V. 14 und diesem Ausdruck sollte man meinen, dass hier und in der nächsten Zeile noch von JHWH die Rede ist und erst in der vorletzten Zeile wird klar, dass tatsächlich von Ruts Kind die Rede ist. (Zurück zu v.15)
aoJa!, (denn) - Ein sog. „exklamatives ki“, das hier wie öfter den Abschluss eines Preises einleitet (wie z.B. auch in Ps 100,5, so aber offenbar nur Brichto 1973, S. 21). Im Dt. am besten auszusparen.
Der Minihymnus des Frauenchors schließt mit einem durch das ki und durch die Verslänge hervorgehobenen Lobpreis auf die (Moabiterin!) Rut, die „besser ist als sieben Söhne“. (Zurück zu v.15)
aphob ihn an ihre Brust - sicher nicht im Sinn von „säugte ihn“, sd. i.S.v. „nahm ihn auf den Arm (wie eine liebende Großmutter das nun mal so tut)“, s. 1 Kön 3,20 (wo das Kind ja wohl nicht von einer Schlafenden gestillt wird) und 17,19 (wo doch wohl die Mutter nicht vor den Augen des Elija ihr Kind stillt); auch Frauen, Männer, Brüder, Neffen, Nichten und sogar Schafe können „an jemandes - auch eines Mannes - Brust“ sein, s. Gen 16,5; Dtn 13,7; 28,54.56; 2 Sam 12,3.8; 1 Kön 1,2; Est 2,7; Jes 40,11). Einige denken wg. V. 17, dass es sich hier um einen Adoptionsgestus handelt, aber das wäre eine überwörtliche Interpretation des Folgeverses und würde doch sehr viel in diese Geste hineinlesen (so auch Rudolph 1962, S. 71; Zakovitch 1999, S. 170; Zenger 1986, S. 97). (Zurück zu v.16)
aqEin weiterer umstrittener Vers. Dass offenbar die Bürgerinnen das Kind benennen, ist gar nicht so problematisch, s. Lk 1,58. Alternativ, aber weniger wahrscheinlich, könnte man dies mit Bush 1996b, S. 12 auch einfach so verstehen, dass die Bürgerinnen mit ihrem Ausruf Anlass für den Namen des Kindes waren und ihm in diesem Sinne „einen Namen gaben“.
Schwierig ist aber, dass es zunächst so scheint, als wäre der Name des Kindes „Ein Sohn ist der Noomi geboren!“. Entweder ist mit Würthwein 1969, S. 20 das erste „Name“ zu streichen, so dass der Text lauten würde „Und die Bürgerinnen riefen über ihn: ‚Ein Sohn ist der Noomi geboren!‘, und sie nannten...“ oder das „wie folgt (indem sie sagten)“ wird so verstanden, dass es gar nicht den Namen einleitet, sondern die „Begleitumstände“ der Namensgabe, so dass man übersetzen müsste: „Und die Bürgerinnen gaben ihm einen Namen, indem sie sagten: ‚Ein Sohn ist der Noomi geboren!‘ - und der Name, den sie ihm gaben, war ‚Obed‘“ (so viele Üss., daher in der LF vorzuziehen). Gut dann z.B. NL: „Die Nachbarinnen sagten: ‚Jetzt hat Noomi endlich wieder einen Sohn!‘ Und sie nannten ihn Obed.“
Der Zusammenhang zwischen dem Ausruf der Bürgerinnen und dem Namen „Obed“, also „Diener“, ist wohl der, dass Noomi nun mit ihrem Enkel eine „Altersvorsorge“ hat (s. die Anmerkungen), Obeds Geburt also der Noomi „dienlich“ ist (vgl. Bush 1996b, S. 13). (Zurück zu v.17)
ardies sind die Zeugungen von Perez - Übliche Einleitung für einen Stammbaum; gut z.B. GN, T4T: „Dies ist die Liste der Nachkommen von Perez“. (Zurück zu v.18)
asDe Waard/Nida 1992, S. 78 haben einen sehr guten Vorschlag für eine zeitgemäße Übersetzung gemacht: „Dies [also] ist die Abstammungslinie von Perez bis zu David: Perez, Hezron, Ram, Amminadab, Nachschon, Salmon, Boaz, Obed, Jesse, David.“ (Zurück zu v.22)
atVorstellbar wäre z.B., dass zur Zeit der Abfassung des Rutbuchs erstens die Rollen von Löser und Schwager doch miteinander verbunden waren (s. Rut 3,9 und dazu FN v) und zweitens ein Löser die Optionen hatte, a) seine Löserrolle wahrzunehmen, b) seine Löserrolle nicht wahrzunehmen, aber nicht auf sie zu verzichten (wie evt. in Gen 38,11, wo Juda den Vollzug der Schwagerehe nur aufschiebt), und c) auf seine Löserrolle zu verzichten, so dass nach ihm der nächste in der Reihe der potentiellen Löser lösen musste/konnte. In diesem Fall hätte der Löser mit seiner Aussage, das Feld lösen zu wollen, vor versammelten Zeugen Option b) ausgeschlossen, sodass ihm, als die Rede dann auf Rut kommt, doch nur noch Optionen a) und c) bleiben - und da a) für ihn nicht in Frage kommt, greift c) und nur dank der zunächst gegebenen Erklärung des Lösers, lösen zu wollen, geht auch die Rolle des Levirs über an Boas. Doch ist diese Rekonstruktion vollkommen hypothetisch. (Zurück zum Text: at)