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Das hebräische Wort {{Hebr}}אֲדֹנָי{{Hebr ende}} (''Adonāi'') bzw. {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} (''Adonai:'' mein Herr, mein Gebieter)<ref>In den biblischen Handschriften gibt es zwei Varianten zum Wort {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} (''Adonai''): Für Menschen wird fast immer {{Hebr}}אֲדֹנִי{{Hebr ende}} (''Adoni'') verwendet, und für Gott fast immer {{Hebr}}אֲדֹנָי{{Hebr ende}} (''Adonāi''). Wie Martin Rösel aufzeigt, wäre bei dem Wort {{Hebr}}אָדוֹן{{Hebr ende}} (''Herr'', ''Gebieter'') grammatikalisch eigentlich immer die Pluralform {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} (''Adonai'') zu erwarten (Rösel 2000, S. 30). „Daher kann als sicher gelten, daß die Masoreten bewußt die eigentlich zu erwartende Form {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} vermieden haben und stattdessen zur Bezeichnung von Menschen das deutlich anders klingende {{Hebr}}אֲדֹנִי{{Hebr ende}} verwendeten.“ (Rösel 2000, S. 31) Die unterschiedliche Punktierung sei als „sekundärer Versuch“ (S. 31) der Differenzierung zu deuten und es sei davon auszugehen, „daß es im unpunktierten Text keine Differenzierung zwischen den beiden Formen gegeben hat.“ (S. 31) Verschiedene Thesen zu einer anderen Bedeutung der Sonderform {{Hebr}}אֲדֹנָי{{Hebr ende}} (''Adonāi'') konnten bisher nicht überzeugend belegt werden (S. 19–21).</ref> | Das hebräische Wort {{Hebr}}אֲדֹנָי{{Hebr ende}} (''Adonāi'') bzw. {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} (''Adonai:'' mein Herr, mein Gebieter)<ref>In den biblischen Handschriften gibt es zwei Varianten zum Wort {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} (''Adonai''): Für Menschen wird fast immer {{Hebr}}אֲדֹנִי{{Hebr ende}} (''Adoni'') verwendet, und für Gott fast immer {{Hebr}}אֲדֹנָי{{Hebr ende}} (''Adonāi''). Wie Martin Rösel aufzeigt, wäre bei dem Wort {{Hebr}}אָדוֹן{{Hebr ende}} (''Herr'', ''Gebieter'') grammatikalisch eigentlich immer die Pluralform {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} (''Adonai'') zu erwarten (Rösel 2000, S. 30). „Daher kann als sicher gelten, daß die Masoreten bewußt die eigentlich zu erwartende Form {{Hebr}}אֲדֹנַי{{Hebr ende}} vermieden haben und stattdessen zur Bezeichnung von Menschen das deutlich anders klingende {{Hebr}}אֲדֹנִי{{Hebr ende}} verwendeten.“ (Rösel 2000, S. 31) Die unterschiedliche Punktierung sei als „sekundärer Versuch“ (S. 31) der Differenzierung zu deuten und es sei davon auszugehen, „daß es im unpunktierten Text keine Differenzierung zwischen den beiden Formen gegeben hat.“ (S. 31) Verschiedene Thesen zu einer anderen Bedeutung der Sonderform {{Hebr}}אֲדֹנָי{{Hebr ende}} (''Adonāi'') konnten bisher nicht überzeugend belegt werden (S. 19–21).</ref> | ||
ist einer der häufigsten biblischen Gottestitel, vor allem als direkte Anrede an Gott.<ref>„Wichtig ist zunächst, daß die überwältigende Mehrheit der Vorkommen von {{Hebr}}אדון{{Hebr ende}}, {{Hebr}}אדוני{{Hebr | ist einer der häufigsten biblischen Gottestitel, vor allem als direkte Anrede an Gott.<ref>„Wichtig ist zunächst, daß die überwältigende Mehrheit der Vorkommen von {{Hebr}}אדון{{Hebr ende}}, {{Hebr}}אדוני{{Hebr ende}} und {{Hebr}}מרא{{Hebr ende}}, sofern sie sich auf Gott beziehen, in Gebetsanreden oder anderen liturgischen Texten sowie in hymnischen Bezeichnungen Gottes zu finden sind. Die Gottesbezeichnung {{Hebr}}אדוני{{Hebr ende}} hat folglich auch in dieser Zeit ihren Sitz im Leben vor allem in kultisch-liturgischen Zusammenhängen.“ (Rösel 2000, S. 220)</ref> | ||
Die Anrede Gottes als ''Adonai'' betont die besondere Beziehung, die zwischen Israel und dem biblischen Gott besteht. Ihre Verwendung ist eine Vertrauensaussage, die zugleich Gottes Macht betont.<ref>„Gott wird also ‚Herr‘ genannt, weil man ihn als den Mächtigen und dennoch Nahen erlebt hat. Dieses Verständnis drückt sich in Psalmen bei bittenden Anrufungen und Vertrauensaussagen aus. Doch Gott wurde auch als ein eifernder Gott erlebt, dem es – um Zions willen – um gemeinschaftstreues Verhalten ging. Dann wurde er als ‚Herr‘ bezeichnet, wenn die Propheten das fehlerhafte Verhalten der ''menschlichen'' Herren anprangerten, wenn die Mißstände in Jerusalem untragbar geworden waren.“ (Rösel 2000, S. 229)</ref> „Daß Gott ‚Herr‘ genannt wird, ist folglich Ausdruck der biblisch-theologischen Einsicht, daß Gott nicht anders als in Beziehung zu seinem Volk gesehen werden kann.“<ref>Rösel 2000, S. 230</ref> | Die Anrede Gottes als ''Adonai'' betont die besondere Beziehung, die zwischen Israel und dem biblischen Gott besteht. Ihre Verwendung ist eine Vertrauensaussage, die zugleich Gottes Macht betont.<ref>„Gott wird also ‚Herr‘ genannt, weil man ihn als den Mächtigen und dennoch Nahen erlebt hat. Dieses Verständnis drückt sich in Psalmen bei bittenden Anrufungen und Vertrauensaussagen aus. Doch Gott wurde auch als ein eifernder Gott erlebt, dem es – um Zions willen – um gemeinschaftstreues Verhalten ging. Dann wurde er als ‚Herr‘ bezeichnet, wenn die Propheten das fehlerhafte Verhalten der ''menschlichen'' Herren anprangerten, wenn die Mißstände in Jerusalem untragbar geworden waren.“ (Rösel 2000, S. 229)</ref> „Daß Gott ‚Herr‘ genannt wird, ist folglich Ausdruck der biblisch-theologischen Einsicht, daß Gott nicht anders als in Beziehung zu seinem Volk gesehen werden kann.“<ref>Rösel 2000, S. 230</ref> |
Version vom 15. August 2011, 12:40 Uhr
Das hebräische Wort אֲדֹנָי (Adonāi) bzw. אֲדֹנַי (Adonai: mein Herr, mein Gebieter)〈a〉 ist einer der häufigsten biblischen Gottestitel, vor allem als direkte Anrede an Gott.〈b〉
Die Anrede Gottes als Adonai betont die besondere Beziehung, die zwischen Israel und dem biblischen Gott besteht. Ihre Verwendung ist eine Vertrauensaussage, die zugleich Gottes Macht betont.〈c〉 „Daß Gott ‚Herr‘ genannt wird, ist folglich Ausdruck der biblisch-theologischen Einsicht, daß Gott nicht anders als in Beziehung zu seinem Volk gesehen werden kann.“〈d〉
In späterer Zeit wurde Adonāi außerdem als Ersatzlesung für den Gottesnamen JHWH verwendet. Ein Ersatz des Gottesnamen durch einen Herrentitel ist auch in anderen Religionen in der Umwelt Israels zu beobachten.〈e〉
Außerbiblisch wurde das Wort vor allem als Anrede für Menschen verwendet, und zwar sowohl für Höhergestellte als auch Gleichgestellte.〈f〉 Auch in der Bibel ist dieser Gebrauch belegt.〈g〉
Vertiefende Literatur[Bearbeiten]
Rösel, Martin: Adonaj – warum Gott ‚Herr‘ genannt wird, Forschungen zum Alten Testament 29, Tübingen 2000
Lust, Johan: The Divine Titles האדון and אדני in Proto-Isaiah and Ezekiel, in: van der Meer, Michaël N. / van Keulen, Percy S.F. / van Peursen, Wido / ter Haar Romeny, R. Bas (Hrsg.): Isaiah in context. Studies in honour of of Arie van der Kooij on the occasion of his sixty-fifth birthday, Leiden 2010
Anmerkungen[Bearbeiten]
a | In den biblischen Handschriften gibt es zwei Varianten zum Wort אֲדֹנַי (Adonai): Für Menschen wird fast immer אֲדֹנִי (Adoni) verwendet, und für Gott fast immer אֲדֹנָי (Adonāi). Wie Martin Rösel aufzeigt, wäre bei dem Wort אָדוֹן (Herr, Gebieter) grammatikalisch eigentlich immer die Pluralform אֲדֹנַי (Adonai) zu erwarten (Rösel 2000, S. 30). „Daher kann als sicher gelten, daß die Masoreten bewußt die eigentlich zu erwartende Form אֲדֹנַי vermieden haben und stattdessen zur Bezeichnung von Menschen das deutlich anders klingende אֲדֹנִי verwendeten.“ (Rösel 2000, S. 31) Die unterschiedliche Punktierung sei als „sekundärer Versuch“ (S. 31) der Differenzierung zu deuten und es sei davon auszugehen, „daß es im unpunktierten Text keine Differenzierung zwischen den beiden Formen gegeben hat.“ (S. 31) Verschiedene Thesen zu einer anderen Bedeutung der Sonderform אֲדֹנָי (Adonāi) konnten bisher nicht überzeugend belegt werden (S. 19–21). (Zurück zu ) |
b | „Wichtig ist zunächst, daß die überwältigende Mehrheit der Vorkommen von אדון, אדוני und מרא, sofern sie sich auf Gott beziehen, in Gebetsanreden oder anderen liturgischen Texten sowie in hymnischen Bezeichnungen Gottes zu finden sind. Die Gottesbezeichnung אדוני hat folglich auch in dieser Zeit ihren Sitz im Leben vor allem in kultisch-liturgischen Zusammenhängen.“ (Rösel 2000, S. 220) (Zurück zu ) |
c | „Gott wird also ‚Herr‘ genannt, weil man ihn als den Mächtigen und dennoch Nahen erlebt hat. Dieses Verständnis drückt sich in Psalmen bei bittenden Anrufungen und Vertrauensaussagen aus. Doch Gott wurde auch als ein eifernder Gott erlebt, dem es – um Zions willen – um gemeinschaftstreues Verhalten ging. Dann wurde er als ‚Herr‘ bezeichnet, wenn die Propheten das fehlerhafte Verhalten der menschlichen Herren anprangerten, wenn die Mißstände in Jerusalem untragbar geworden waren.“ (Rösel 2000, S. 229) (Zurück zu ) |
d | Rösel 2000, S. 230 (Zurück zu ) |
e | Rösel, S. 45–55. (Zurück zu ) |
f | Rösel 2000, S. 26 (Zurück zu ) |
g | Rösel 2000, S. 27–28 und S. 31. (Zurück zu ) |