Diskussion:Psalm 1: Unterschied zwischen den Versionen

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Brainstorming von Alternativen für "Gottloser": "Gottferner (Gottloser, Verbrecher)", "Gottferner Verbrecher (Gottloser, Übeltäter)"? Vielleicht fällt mir noch was anderes ein. Das schreit nach einer Wortstudie. --[[Benutzer:Ben|Ben]] 18:58, 6. Okt. 2011 (CEST)
Brainstorming von Alternativen für "Gottloser": "Gottferner (Gottloser, Verbrecher)", "Gottferner Verbrecher (Gottloser, Übeltäter)"? Vielleicht fällt mir noch was anderes ein. Das schreit nach einer Wortstudie. --[[Benutzer:Ben|Ben]] 18:58, 6. Okt. 2011 (CEST)
=== Bemerkungen Sebastian Walter ===
Das hier ist die Ausführung von Bens Vorschlägen zur untigen Lesefassungs-diskussion.
Zunächst mal: Ich war mir nicht ganz sicher, ob der Ort, an dem ich meinen Lesefassungs-Vorschlag untergebracht habe (nämlich eben die Diskussionsseite) der richtige ist. Ich habe mich aber nicht getraut, einfach in Patricks Lesefassung hineinzupfuschen, unter Anderem, (1) weil ich weiß, das poetische / poetisierende Übertragungen häufig eher skeptisch gesehen werden und (2) weil ich das bereits gesehen habe, dass die Zielsetzung der Lesefassung bisher eher ungenau ausformuliert worden ist. Falls das zu Unübersichtlichkeit o.Ä. geführt hat, tut mir das Leid - es war eben mein erster Beitrag.
So. Ich werde also meine Vorschläge bündeln, unter die jeweiligen Vers-unter-überschriften. Ich fange aber trotzdem mit einem kleinen Absatz mit allgemeinen Erwägungen an, weil die dann auch Auswirkungen auf die darauf folgenden Vorschläge haben werden.
==== Allgemeine Erwägungen ====
Psalm 1 ist der erste Psalm des Psalters. Das ist trivial, aber es ergibt sich daraus schon eine gewisse Funktion des Textes im Gesamtkomplex des Psalters:
#Psalm 1 als Proömium des Psalters hat Prolegomena-charakter: Gemeinsam mit Psalm 2 hat er einstimmende und hinführende Funktion für den gesamten Textkomplex des Psalters. Das übernimmt ja auch Ben von Waltke in der Fußnote "g". Der "Believers Church Bible Commentary" zu den Psalmen expliziert das recht schön (jaja, ich weiß, das ist kein 100-&ig wissenschaftlicher Kommentar...)(ich übersetze das mal schnell), nämlich so: <code>Als Einleitung plaziert präsentiert der Psalm den Psalter ein ein Studier- und Gebetbuch, das essentiell ist für die Ausrichtung des Lebens an Gottes Willen. (Waltner, James H.: Believers Church Bible Commentary: Psalms. Cottdale u.a., 2006. S. 30)</code>. Psalm 1 ist eine "Rezeptionsanleitung" für die Psalter-Lektüre.
#Psalm 1 ist wahrscheinlich postexilisch (s. z.B. Oxford Bible Commentary, S. 366). Das würde heißen, dass (1) "Gebot" hier zu verstehen ist als "Tora", und (2), da Psalm 1 ja Rezeptionsanleitung ist, dass so auch durch die Fünfgliedrigkeit des Psalters rückverwiesen wird eben auf die Tora. Was dann wiederum aus dem Psalter eine Glaubensantwort Israels auf die Gottesgabe der Tora machen würde - und so schreibt dann auch Janowski: <code>Damit ist ein bestimmtes Gesamtverständnis des Psalters im Blick, das als Antwort Israels auf die von JHWH gegebene Tora die in ihm enthaltenen Einzeltexte und deren jeweilige Entstehungs- und Verwendungssituation übergreift. Im Durchgang durch die fünf Bücher des Psalters durchschreitet der Beter oder Leser die einzelnen Stationen der Glaubensgeschichte Israels und vollzieht sie meditierend nach als Stationen seines eigenen Lebenswegs in der Spannung zwischen erlebtem Unheil und erhofftem Heil." (Janowski: "Die Antwort Israels", in: Bibel und Kirche 1/2001, S. 4).</code>
#Die Thematik von Psalm 1 ist das Anhangen am Gebot Gottes (ws.: der Tora) als dem "rechten Weg". Er propagiert allgemein und übergeschichtlich eine bestimmte Ausprägung des Gottes- und Gebotsbezugs.
# Gleichzeitig, durch seine Stellung im Psalter, ist er aber nicht allein übergeschichtlich. Wenn der Psalter seine Funktion erfüllt anhand der Verdichtung von fünf Stationen der Glaubensgeschichte und die erste Station (Psalm 3-41) die der Etablierung des Königtums ist, Psalm 1 und 2 aber ''vor'' diesem Epoche steht, verursacht dies rückwirkend auf Psalm 1 bei diesem einen Rückbezug auf eine "noch-vorherigere" Epoche. Das sieht man z.B. auch daran, dass Psalm 1 und 2 im Unterschied zu den Folgenden nicht eingeleitet wird mit einem Verweis auf David o.Ä. Es ist gelegentlich gesagt worden, dass diese noch-vorherigere Epoche die Schöpfungserzählung ist. Das liegt beim Proömium deshalb nahe, weil er ebenso wie die biblische Aitiologie "zweifaltig" ist - eine zweifaltige Einleitung eines fünfteiligen Buches. Bei Psalm 1 wird das zusätzlich nahegelegt durch die Motivik, etwa durch das Schildern quasi-paradiesischer Zustände (der niemals welkende Baum und der Mensch, dem automatisch alles gelingt) oder die beiden miteinander korrespondierenden Dialektiken von Gebotstreue vs. eigener "Bilderei" (wie Buber übersetzen würde) und (auch räumlich konfigurierter) Beständigkeit vs. Wankelmut / "Schwank- und Schweifheit". Denn das ist ja eine Leitmotivik der Tora: Verbannung zum Nomadentum als Folge eines Vergehens (Adam und Eva, Kain, die Israeliten...). Psalm 1 wäre also so nicht nur übergeschichtlich zu verstehen, sondern auch als Rekurs auf die Leitmotivik einer bestimmten Geschichts-schilderung.
=> D.h.: Psalm 1 wäre so (1) Rezeptionsanleitung für die (2) rechte Glaubensantwort, (3) die besteht im Anhangen an das Gebot und die (4) verdichtet wird durch Rekurs auf die Motivik der Genesis-aitiologie.
=== Vers 1 und 2 ===
* Psalm 1 stellt hier (das "hier" habe ich unten vergessen) nicht zwei Wege einander gegenüber, sondern tut zweierlei: (1) Vollzieht er eine Herleitung eines positiven Zustandes ex negativo aus dem negativen Zustand, um ihn darauf folgend positiv zu bestimmen. (2) Gliedert er diesen positiven Zustand ein in eine zeitliche Struktur: In Vers 1 wird der geschildert, der den falschen Weg nicht betreten hat und deshalb jetzt, in Vers 2, noch auf dem rechten Pfad ist, was - Vers 3 - positive Folgen für die Zukunft hat. Diese Eingliederung ginge verloren, wenn man das Tempus hier missachten oder auch nur als "bloße Überstzungsalternative" anführen würde, deswegen wäre ich sowohl in der Studien- als auch in der Lesefassung für die Beibehaltung der Tempusformen.
* In Vers 1 wird in den Versteilen 2 und 3 mit dem Gegensatz von Aktiv und Passiv gespielt, der (irgendwohin führende) Weg wird kontrastiert mit dem festen Ort des Sitzkreises. Guardini übersetzt in seinem "Deutschen Psalter" das "steht (gestanden hat)" (leider im Präsens) mit "betritt", Buber sogar mit "beschritt". Das Kontrastierung des Aktiven mit dem Passiven oder Dynamischen mit dem Beständigen würde so sehr viel deutlicher. Aber, wie gesagt, ich kann kein Hebräisch (deswegen habe ich auch vorher nicht im Kapitel "Studienfassung", sondern nur in "Lesefassung" kommentiert); ob das Original das hergibt, weiß ich also nicht. Wenn, dann wäre ich für eine dieser beiden Varianten.
* Noch mal: Ich kann kein Hebräisch, aber diverse Übersetzungen lassen mich vermuten, dass "folgt (gefolgt ist)" auch übersetzt werden kann mit "geht / ging", was aus der Kontrastierung von betreten / beschreiten vs. sitzen die von "gegangen sein" - "betreten haben" - "gesessen haben" machen würde. Wenn das Original auch das hergibt, wäre es sinnvoll, das auch in der Übertragung ausdrücklich werden zu lassen.
'''edit''': Ah! Gerade sehe ich: Der Kommentar des Stuttgarter AT schreibt: <code>(V.1 hat im Hebräischen die Wortfolge »gehen – stehen – sitzen« und meint so die Totalität des Lebens [...].</code>
* Schließlich würde ich auf jeden Fall das "Wie" ganz am Anfang herauslassen, aus zwei Gründen: Erstens wird so die Makarismus-Struktur deutlicher - auch Jesu Seligpreisungen werden ja nicht mit "Wie" eingeleitet -, zweitens impliziert ein "Wie" die Einsicht in die "Wie-heit" eines Zustandes ("Wie groß du geworden bist!"). Aber der Vers zielt nicht auf eine Grad-angabe (''so'' glücklich ist er), sondern auf die Preisung der Faktizität eines (evt. nur wünschenswerten) Zustandes. Weil er eventuell "nur" wünschenswert und nicht gegeben, also bloß hypothetisch ist (ich weiß gerade nicht, aus welchem Aufsatz ich das habe - ich schaue morgen noch mal nach), würde ich auch das "ist" weglassen. Deswegen wäre meine Favoriten entweder das "Wohl dem" der Einheitsübersetzung oder mein "O glücklich der".
=== Vers 3 ===
* Das "stehen" des Baumes drückt nicht annähernd die Festigkeit aus, die das "Gepflanzt-sein" des Baumes impliziert. Man könnte in einer kommunikativen Übertragung vielleicht sogar den Ausdruck "wurzeln" / "verwurzelt sein" bedenken. In der Studienfassung übersetzt ihr mit "gepflanzt", Buber mit "verpflanzt" - auch hier finde ich, dass das eine stärkere Verwurzeltheit zum Ausdruck bringt. Das aber wäre Wünschenswert, weil es ja bald darauf gegenübergestellt werden wird mit dem im Winde verwehenden Spreu.
* "verwelken" impliziert durch das Präfix "ver-" schon die Zielgerichtetheit des Vorgangs: Er führt zur "Verwelkung" (vgl. z.B. "verlieben" - zielgerichtet auf den Zustand des Verliebt-seins vs. "lieben" - Zustandsbeschreibung).  Es geht aber hier nicht um das schlimme Ende, sondern gerade um die Nicht-Anfälligkeit für das Enden. Deshalb lieber "welken" statt verwelken.
* Nur interessant für die Lesefassung: Entweder "richtiger Zeitpunkt" oder "rechte Zeit", "richtige Zeit" ist unschön. Und weil es hier nicht um eine punktuelle Bestimmung geht, sondern um eine allgemeine, besser "rechte Zeit".
* s.o.: Auch hier wäre als Tempus das Futur sinnvoll, denke ich.
=== Vers 4 ===
Hier ging es mir v.a. um stilistische Erwägungen. Einzig:
* nur interessant für die Lesefassung: "es wird ergehen" ist hier nicht richtig. Vers 3 ist die Beschreibung eines künftigen Zustands, Vers 4, wie er jetzt ist, würde das kontrastieren mit der Beschreibung eines Vorgangs. "Nicht so die Frevler!" ist schon gut.
=== Vers 5 ===
* Lesefassung: Das "stehen / bestehen" müsste auf jeden Fall erhalten bleiben, weil ja auch hier wieder mit dem Gegensatz von "verweht werden" und "bestehen" gespielt wird - so ginge das verloren.
* Lesefassung: Auch der zweite Versteil müsste erhalten bleiben, denke ich. Denn die Unbestimmtheit des Gerichts mit der darauf folgenden Kontrastierung mit / Ergänzung durch die "Versammlung der Gerechten" lässt ja auf jeden Fall offen, dass es sich hier beim Gericht z.B. um das Endgericht handeln könnte. Die Kontrastierung / Ergänzung wirkt sich auf jeden Fall auf die Lesart des Lesers aus; es wegzulassen wäre quasi eine Verfälschung des Verstehensprozesses.
=== Vers 6 ===
* Bei "JHWH kennt den Weg der Gerechten" sollte Folgendes, finde ich, mindestens als Alternativübersetzung angeführt sein: (ich muss das im Englischen zitieren; hier geht es um die genaue Wortbedeutung): <code>The verb translated 'watches over' in v. 6 is 'knows', with the sense of 'takes care of' [...]." (Barton, John & John Muddiman (Hgs.): The Oxford Bible Commentary. Oxford, 2001. S. 367)</code>
"Gott "kennt" den Weg" heißt auch "umsorgt, behütet".
* "führt ins Verderben" sollte nicht als Hauptbedeutung angegeben werden. Der Witz des Psalms ist ja unter Anderem, dass die ganze Zeit von einem schlechten Weg gesprochen wird - der sich dann plötzlich, im letzten Versteil, als Nicht-Weg herausstellt: Er führt nirgendwo hin, er zerfasert ins Nichts. Er führt nicht zum Falschen, sondern ist ein "Irrweg"; er selbst wird vergehen (New American Standart Bible: "but the way of the wicked will perish").
Das wars erst mal, denke ich.


==Lesefassung==
==Lesefassung==

Version vom 14. Dezember 2011, 23:00 Uhr

Checkliste für die Studienfassung Erläuterung (Welche Verse durch wen?)
A. Wer hat welche Verse aus dem Urtext übersetzt? Auf welche Quelle zur Einteilung in Sinnabschnitte wurde zurückgegriffen?
Beispiel: Vers 1–12: Anton
Einteilung nach Wolter 2007, S. 145 (Anton)

B. Wer hat welche Verse noch mal am Urtext überprüft?
Beispiel: Vv. 1-3: Philipp

C. Alternativen: Häufig können Wörter in einem bestimmten Kontext mehrere denkbare Bedeutungen haben. Sind diese Übersetzungsalternativen möglichst vollständig berücksichtigt?
Beispiel: Vv. 1-17: Daniel

ja (Ben)

D. Manchmal erlauben Textüberlieferung und Satzbau mehrere Übersetzungen,a oder sie sind nicht direkt übersetzbar.b Sind solche Zweifelsfälle mit einer Fußnote dokumentiert, und steht die wahrscheinlichste Deutung im Haupttext?
Beispiel: Vv. 1-12: teilweise (Emil)

ja (Ben)

E. Ist der Studienfassungstext mit Anmerkungen und Fußnoten für die Zielgruppen verstehbar? Braucht es noch erläuternde Fußnoten/Anmerkungen?
Beispiel: V. 6: „nach dem Fleisch“ ist noch unklar (Friedrich)

F. Für jeden Sinnabschnitt: Wurden zentralen Anliegen (bzw. Gattungen) unterhalb der Studienfassung dokumentiert? (Beispiel für Länge und Stil: Markus 1#Anliegen) Falls hilfreich, können sie hier kurz zusammengefasst eintragen werden.
Beispiel: Vv. 1-13: Ja; Vv. 14-20: Vollmacht wird betont (Vera)

G. Welche wissenschaftlichen Kommentare wurden zur Kontrolle der Punkte A bis F eingesehen?
Beispiel: Vv. 13-17: Bovon 1990 (Heinrich)

Kraus, Psalmen 1-63 (BK.AT), Neukirchen-Vluyn 41972; Waltke, The Psalms as Christian Worship. A Historical Commentary, Grand Rapids 2010 (Ben)

H. Mit welchen anderen Übersetzungen wurde verglichen, um alternative Deutungen oder ggfs. Urheberrechtsprobleme zu finden?
Beispiel: Vv. 1-17: , NeÜ (Juliett)

NGÜ, Lut, REB, , NLB, NET, Waltke (Ben)

I. Wann wurden die folgenden Punkte überprüft? - Rechtschreibung; Namen (Loccumer Richtlinien, Gottesname); übrige Kriterien; Detailregelungen; Anführungszeichen; geschlechtergerechte Sprache
Beispiel: Rechtschreibung: 1.1.2015 (Philipp)

J. Welche Arbeitsschritte, Verbesserungen oder Anmerkungen fehlen noch?
Beispiel: Vv. 1-17: Anmerkung fehlt (Ludwig)

az.B. mehrdeutige Tempora oder Präpositionen, Aspekte, manche Partizipien (Zurück zu )
bz.B. Textkorruption, figurae etymologicae, Genitiv- und Dativverbindungen, historisches Präsens, Einleitungsformeln von Satzfolge (Zurück zu )

In dieser Tabelle bitte knapp den aktuellen Stand eintragen. Auf der übrigen Diskussionsseite kann bei Bedarf ausführlicher dokumentiert/diskutiert werden. Siehe auch: Qualität



Studienfassung[Bearbeiten]

Ich hab jetzt mal Zeilenumbrüche hinzugefügt, weil die in der Rohversion vorhanden waren. Allerdings habe ich nicht kontrolliert, ob das auch im Urtext zutrifft.

Insgesamt kommt mir die bisherige SF noch etwas zu Wort-für-Wort vor.--Ben 13:04, 7. Jul. 2010 (UTC)

Habe die Studienfassung jetzt für eine Predigt nochmal übersetzt. Der Vergleich mit der bisher eingestellten Fassung hat einige Flüchtigkeitsfehler ergeben. Insgesamt ist meine Übersetzung schon gründlicher, deswegen hoffe ich, dass die starken Änderungen niemandem etwas ausmachen.

Im Grunde erfüllt der Text damit die Kriterien und kann als fertig gelten. Ich lasse das aber erst noch einmal so stehen. Wenn jemand Zeit hat, kann er ja nochmal eine Rechtschreib-Korrektur machen; ansonsten mache ich das in ein paar Tagen. Dann kann die Studienfassung m.M.n. auch als fertig markiert werden. (Die Textart ergänze ich heute Abend.) --Ben 20:02, 9. Sep. 2011 (CEST)

Ich denke auch, dass der Text im Prinzip als fertig gelten kann. Vier kleine Rückfragen habe ich noch:

  • Wäre es inhaltlich weniger missverständlich, „Gottlose“ durch „Übeltäter (Gottlose)“ zu ersetzen?
  • Für die Seiten- und Spaltenangaben habe ich bisher „S.“ und „Sp.“ verwendet. Das „S.“ wegzulassen, kann durchaus sinnvoll sein. Aber ist „~“ für Spalte verständlich?
  • Welche wissenschaftlichen Ausgaben wurde zum Aufspüren möglicher Textvarianten zu Rate gezogen?
  • Zu der zitierten Literatur wären vollständige bibliographische Angaben z.B. hier auf der Diskussionsseite sinnvoll.

--Olaf 09:48, 10. Sep. 2011 (CEST)

Hi Olaf, danke für die Rückfragen.

  • Inwiefern findest du „Gottlose“ missverständlich? Aber tatsächlich habe ich das auch nur genommen, weil mir nichts Besseres eingefallen ist (Almut hatte keinen einheitlichen Begriff benutzt). Das Problem mit „Übeltäter“ ist, dass es alles und nichts heißen kann. Und es macht nicht klar, dass der „Übeltäter“ ein Krimineller vor dem Gesetz Gottes ist. Dieser Aspekt ist m.M.n. wichtiger als der des Verbrechers. Vor allem klingt „Übeltäter“ aber auch viel wertender als „Gottloser“ (in diesem Fall erhält der Begriff nur durch seine Verwendung eine negative Konnotation). Aber aus der Tatsache, dass im Psalm kein Mittelweg dargestellt wird, wird schon klar, dass hier nicht zwischen Gut und Böse nach Taten getrennt wird, sondern nach Für und Wider in der Beziehung zu Gott. Vielleicht ist am Ende die einzige adäquate Lösung wieder die Benutzung von Klammern, wie du vorgeschlagen hast. Hast du noch eine bessere Idee?
  • Ich finde es auch ziemlich sinnvoll, die Seitenangabe wegzulassen. Tatsächlich wollte ich mit dem Zirkumflex aber das Lexem markieren. Das habe ich mir aus gängigen Wörterbüchern abgeschaut. Wo der erklärte Begriff da in einer Definition noch einmal erwähnt wird, steht immer nur ein Zirkumflex - so lässt sich Platz sparen. Die Zahlen markierten dann den Absatz. Hast du eine bessere Idee? Es hat für mich nicht viel Sinn, jedes Mal noch מִּשְׁפָּט zu ergänzen, aber wenn der Zirkumflex nicht klar ist...
  • Wegen Textvarianten habe ich mal kurz die Besprechung bei Kraus angekuckt und den BHS-Apparat flüchtig nach etwas Wichtigem überflogen (bin darin noch nicht ganz zuhause). Es scheint keine wichtigen Varianten zu geben; auch Kraus, der sonst gerne einmal etwas metri causa ändert (z.B. in Ps 67), hat sich diesmal explizit dagegen entschieden.
  • Ich bin da gerade nicht so drin in unserer Regelung - sollten bei den Kommentaren in der Checkliste vollständige Angaben gemacht werden? Ansonsten hast du natürlich völlig recht. Problem mit bibliographischen Angaben: Wir haben uns immer noch nicht auf eine Syntax geeinigt. Außerdem haben wir noch keine Bibliographie-Seite. Die Wörterbücher könnte man allerdings alle noch in der Literaturliste eintragen (so ist sie ja angelegt). Übrigens, was hältst du von der Idee, auch die Abkürzungen gängiger Wörterbücher mit einem Tooltip zu versehen? (Dann müsste man natürlich offizielle Abkürzungen, etwa nach TRE verwenden.)

Danke nochmal für die Rückmeldung, --Ben 10:42, 10. Sep. 2011 (CEST)

Noch eins: In V. 1 hast du den Hinweis auf das Generische Maskulinum ergänzt. Ich weiß nicht, ob das hier wirklich eines ist. Vielleicht will ich auch nur zu sehr differenzieren. Ein generisches Maskulinum kann beide Bedeutungen haben, benutzt aber die männliche Form. Aber hier steht explizit die männliche Form, gewissermaßen typisiert (weshalb auch eine neutrale Formulierung gewählt wurde). Aber das heißt nicht, dass man dieses Maskulinum auch als "Wie glücklich ist die Frau" lesen kann - es heißt nur, dass der Mann als Typos des Menschen benutzt wurde und Frauen deshalb ganz sicher nicht ausgeschlossen sind. Was sind deine Gedanken dazu? --Ben 13:20, 10. Sep. 2011 (CEST)

Hier habe ich definitiv zu verschraubt gedacht. Bei Waltke habe ich jetzt eine entsprechende, lange Fußnote gefunden (Nachweis in Fußnote nun ergänzt), die beweist, dass du mit der Fußnote natürlich recht hattest. --Ben 23:09, 3. Nov. 2011 (CET)

So, zu den Kommentaren sind die Angaben jetzt vollständig (zumindest nach dem noch etwas kompakteren Schema, das ich auf Diskussion:Bibliographie vorgeschlagen hatte). Gelten die Angaben als vollständig, wenn ich die Lexika noch in der Literaturliste ergänze? Wenn du mir noch die übrigen Fragen beantwortest, kann der Psalm dann fertig sein.

Liebe Grüße, --Ben 18:53, 6. Okt. 2011 (CEST)

Da Olaf momentan sehr eingebunden ist und es sich bei den bisher noch offenen Punkten um Detailfragen handelt, markiere ich den Psalm jetzt als fertige Studienfassung. Evtl. noch notwendige Optimierungen sind damit weiter möglich, doch die Übersetzung als Ganzes kann sicherlich schon als zuverlässig gelten. Ich glaube, damit wird jeder einverstanden sein. --Ben 23:09, 3. Nov. 2011 (CET)

Brainstorming von Alternativen für "Gottloser": "Gottferner (Gottloser, Verbrecher)", "Gottferner Verbrecher (Gottloser, Übeltäter)"? Vielleicht fällt mir noch was anderes ein. Das schreit nach einer Wortstudie. --Ben 18:58, 6. Okt. 2011 (CEST)

Bemerkungen Sebastian Walter[Bearbeiten]

Das hier ist die Ausführung von Bens Vorschlägen zur untigen Lesefassungs-diskussion. Zunächst mal: Ich war mir nicht ganz sicher, ob der Ort, an dem ich meinen Lesefassungs-Vorschlag untergebracht habe (nämlich eben die Diskussionsseite) der richtige ist. Ich habe mich aber nicht getraut, einfach in Patricks Lesefassung hineinzupfuschen, unter Anderem, (1) weil ich weiß, das poetische / poetisierende Übertragungen häufig eher skeptisch gesehen werden und (2) weil ich das bereits gesehen habe, dass die Zielsetzung der Lesefassung bisher eher ungenau ausformuliert worden ist. Falls das zu Unübersichtlichkeit o.Ä. geführt hat, tut mir das Leid - es war eben mein erster Beitrag.

So. Ich werde also meine Vorschläge bündeln, unter die jeweiligen Vers-unter-überschriften. Ich fange aber trotzdem mit einem kleinen Absatz mit allgemeinen Erwägungen an, weil die dann auch Auswirkungen auf die darauf folgenden Vorschläge haben werden.

Allgemeine Erwägungen[Bearbeiten]

Psalm 1 ist der erste Psalm des Psalters. Das ist trivial, aber es ergibt sich daraus schon eine gewisse Funktion des Textes im Gesamtkomplex des Psalters:

  1. Psalm 1 als Proömium des Psalters hat Prolegomena-charakter: Gemeinsam mit Psalm 2 hat er einstimmende und hinführende Funktion für den gesamten Textkomplex des Psalters. Das übernimmt ja auch Ben von Waltke in der Fußnote "g". Der "Believers Church Bible Commentary" zu den Psalmen expliziert das recht schön (jaja, ich weiß, das ist kein 100-&ig wissenschaftlicher Kommentar...)(ich übersetze das mal schnell), nämlich so: Als Einleitung plaziert präsentiert der Psalm den Psalter ein ein Studier- und Gebetbuch, das essentiell ist für die Ausrichtung des Lebens an Gottes Willen. (Waltner, James H.: Believers Church Bible Commentary: Psalms. Cottdale u.a., 2006. S. 30). Psalm 1 ist eine "Rezeptionsanleitung" für die Psalter-Lektüre.
  2. Psalm 1 ist wahrscheinlich postexilisch (s. z.B. Oxford Bible Commentary, S. 366). Das würde heißen, dass (1) "Gebot" hier zu verstehen ist als "Tora", und (2), da Psalm 1 ja Rezeptionsanleitung ist, dass so auch durch die Fünfgliedrigkeit des Psalters rückverwiesen wird eben auf die Tora. Was dann wiederum aus dem Psalter eine Glaubensantwort Israels auf die Gottesgabe der Tora machen würde - und so schreibt dann auch Janowski: Damit ist ein bestimmtes Gesamtverständnis des Psalters im Blick, das als Antwort Israels auf die von JHWH gegebene Tora die in ihm enthaltenen Einzeltexte und deren jeweilige Entstehungs- und Verwendungssituation übergreift. Im Durchgang durch die fünf Bücher des Psalters durchschreitet der Beter oder Leser die einzelnen Stationen der Glaubensgeschichte Israels und vollzieht sie meditierend nach als Stationen seines eigenen Lebenswegs in der Spannung zwischen erlebtem Unheil und erhofftem Heil." (Janowski: "Die Antwort Israels", in: Bibel und Kirche 1/2001, S. 4).
  3. Die Thematik von Psalm 1 ist das Anhangen am Gebot Gottes (ws.: der Tora) als dem "rechten Weg". Er propagiert allgemein und übergeschichtlich eine bestimmte Ausprägung des Gottes- und Gebotsbezugs.
  4. Gleichzeitig, durch seine Stellung im Psalter, ist er aber nicht allein übergeschichtlich. Wenn der Psalter seine Funktion erfüllt anhand der Verdichtung von fünf Stationen der Glaubensgeschichte und die erste Station (Psalm 3-41) die der Etablierung des Königtums ist, Psalm 1 und 2 aber vor diesem Epoche steht, verursacht dies rückwirkend auf Psalm 1 bei diesem einen Rückbezug auf eine "noch-vorherigere" Epoche. Das sieht man z.B. auch daran, dass Psalm 1 und 2 im Unterschied zu den Folgenden nicht eingeleitet wird mit einem Verweis auf David o.Ä. Es ist gelegentlich gesagt worden, dass diese noch-vorherigere Epoche die Schöpfungserzählung ist. Das liegt beim Proömium deshalb nahe, weil er ebenso wie die biblische Aitiologie "zweifaltig" ist - eine zweifaltige Einleitung eines fünfteiligen Buches. Bei Psalm 1 wird das zusätzlich nahegelegt durch die Motivik, etwa durch das Schildern quasi-paradiesischer Zustände (der niemals welkende Baum und der Mensch, dem automatisch alles gelingt) oder die beiden miteinander korrespondierenden Dialektiken von Gebotstreue vs. eigener "Bilderei" (wie Buber übersetzen würde) und (auch räumlich konfigurierter) Beständigkeit vs. Wankelmut / "Schwank- und Schweifheit". Denn das ist ja eine Leitmotivik der Tora: Verbannung zum Nomadentum als Folge eines Vergehens (Adam und Eva, Kain, die Israeliten...). Psalm 1 wäre also so nicht nur übergeschichtlich zu verstehen, sondern auch als Rekurs auf die Leitmotivik einer bestimmten Geschichts-schilderung.

=> D.h.: Psalm 1 wäre so (1) Rezeptionsanleitung für die (2) rechte Glaubensantwort, (3) die besteht im Anhangen an das Gebot und die (4) verdichtet wird durch Rekurs auf die Motivik der Genesis-aitiologie.

Vers 1 und 2[Bearbeiten]

  • Psalm 1 stellt hier (das "hier" habe ich unten vergessen) nicht zwei Wege einander gegenüber, sondern tut zweierlei: (1) Vollzieht er eine Herleitung eines positiven Zustandes ex negativo aus dem negativen Zustand, um ihn darauf folgend positiv zu bestimmen. (2) Gliedert er diesen positiven Zustand ein in eine zeitliche Struktur: In Vers 1 wird der geschildert, der den falschen Weg nicht betreten hat und deshalb jetzt, in Vers 2, noch auf dem rechten Pfad ist, was - Vers 3 - positive Folgen für die Zukunft hat. Diese Eingliederung ginge verloren, wenn man das Tempus hier missachten oder auch nur als "bloße Überstzungsalternative" anführen würde, deswegen wäre ich sowohl in der Studien- als auch in der Lesefassung für die Beibehaltung der Tempusformen.
  • In Vers 1 wird in den Versteilen 2 und 3 mit dem Gegensatz von Aktiv und Passiv gespielt, der (irgendwohin führende) Weg wird kontrastiert mit dem festen Ort des Sitzkreises. Guardini übersetzt in seinem "Deutschen Psalter" das "steht (gestanden hat)" (leider im Präsens) mit "betritt", Buber sogar mit "beschritt". Das Kontrastierung des Aktiven mit dem Passiven oder Dynamischen mit dem Beständigen würde so sehr viel deutlicher. Aber, wie gesagt, ich kann kein Hebräisch (deswegen habe ich auch vorher nicht im Kapitel "Studienfassung", sondern nur in "Lesefassung" kommentiert); ob das Original das hergibt, weiß ich also nicht. Wenn, dann wäre ich für eine dieser beiden Varianten.
  • Noch mal: Ich kann kein Hebräisch, aber diverse Übersetzungen lassen mich vermuten, dass "folgt (gefolgt ist)" auch übersetzt werden kann mit "geht / ging", was aus der Kontrastierung von betreten / beschreiten vs. sitzen die von "gegangen sein" - "betreten haben" - "gesessen haben" machen würde. Wenn das Original auch das hergibt, wäre es sinnvoll, das auch in der Übertragung ausdrücklich werden zu lassen.

edit: Ah! Gerade sehe ich: Der Kommentar des Stuttgarter AT schreibt: (V.1 hat im Hebräischen die Wortfolge »gehen – stehen – sitzen« und meint so die Totalität des Lebens [...].

  • Schließlich würde ich auf jeden Fall das "Wie" ganz am Anfang herauslassen, aus zwei Gründen: Erstens wird so die Makarismus-Struktur deutlicher - auch Jesu Seligpreisungen werden ja nicht mit "Wie" eingeleitet -, zweitens impliziert ein "Wie" die Einsicht in die "Wie-heit" eines Zustandes ("Wie groß du geworden bist!"). Aber der Vers zielt nicht auf eine Grad-angabe (so glücklich ist er), sondern auf die Preisung der Faktizität eines (evt. nur wünschenswerten) Zustandes. Weil er eventuell "nur" wünschenswert und nicht gegeben, also bloß hypothetisch ist (ich weiß gerade nicht, aus welchem Aufsatz ich das habe - ich schaue morgen noch mal nach), würde ich auch das "ist" weglassen. Deswegen wäre meine Favoriten entweder das "Wohl dem" der Einheitsübersetzung oder mein "O glücklich der".

Vers 3[Bearbeiten]

  • Das "stehen" des Baumes drückt nicht annähernd die Festigkeit aus, die das "Gepflanzt-sein" des Baumes impliziert. Man könnte in einer kommunikativen Übertragung vielleicht sogar den Ausdruck "wurzeln" / "verwurzelt sein" bedenken. In der Studienfassung übersetzt ihr mit "gepflanzt", Buber mit "verpflanzt" - auch hier finde ich, dass das eine stärkere Verwurzeltheit zum Ausdruck bringt. Das aber wäre Wünschenswert, weil es ja bald darauf gegenübergestellt werden wird mit dem im Winde verwehenden Spreu.
  • "verwelken" impliziert durch das Präfix "ver-" schon die Zielgerichtetheit des Vorgangs: Er führt zur "Verwelkung" (vgl. z.B. "verlieben" - zielgerichtet auf den Zustand des Verliebt-seins vs. "lieben" - Zustandsbeschreibung). Es geht aber hier nicht um das schlimme Ende, sondern gerade um die Nicht-Anfälligkeit für das Enden. Deshalb lieber "welken" statt verwelken.
  • Nur interessant für die Lesefassung: Entweder "richtiger Zeitpunkt" oder "rechte Zeit", "richtige Zeit" ist unschön. Und weil es hier nicht um eine punktuelle Bestimmung geht, sondern um eine allgemeine, besser "rechte Zeit".
  • s.o.: Auch hier wäre als Tempus das Futur sinnvoll, denke ich.

Vers 4[Bearbeiten]

Hier ging es mir v.a. um stilistische Erwägungen. Einzig:

  • nur interessant für die Lesefassung: "es wird ergehen" ist hier nicht richtig. Vers 3 ist die Beschreibung eines künftigen Zustands, Vers 4, wie er jetzt ist, würde das kontrastieren mit der Beschreibung eines Vorgangs. "Nicht so die Frevler!" ist schon gut.

Vers 5[Bearbeiten]

  • Lesefassung: Das "stehen / bestehen" müsste auf jeden Fall erhalten bleiben, weil ja auch hier wieder mit dem Gegensatz von "verweht werden" und "bestehen" gespielt wird - so ginge das verloren.
  • Lesefassung: Auch der zweite Versteil müsste erhalten bleiben, denke ich. Denn die Unbestimmtheit des Gerichts mit der darauf folgenden Kontrastierung mit / Ergänzung durch die "Versammlung der Gerechten" lässt ja auf jeden Fall offen, dass es sich hier beim Gericht z.B. um das Endgericht handeln könnte. Die Kontrastierung / Ergänzung wirkt sich auf jeden Fall auf die Lesart des Lesers aus; es wegzulassen wäre quasi eine Verfälschung des Verstehensprozesses.

Vers 6[Bearbeiten]

  • Bei "JHWH kennt den Weg der Gerechten" sollte Folgendes, finde ich, mindestens als Alternativübersetzung angeführt sein: (ich muss das im Englischen zitieren; hier geht es um die genaue Wortbedeutung): The verb translated 'watches over' in v. 6 is 'knows', with the sense of 'takes care of' [...]." (Barton, John & John Muddiman (Hgs.): The Oxford Bible Commentary. Oxford, 2001. S. 367)

"Gott "kennt" den Weg" heißt auch "umsorgt, behütet".

  • "führt ins Verderben" sollte nicht als Hauptbedeutung angegeben werden. Der Witz des Psalms ist ja unter Anderem, dass die ganze Zeit von einem schlechten Weg gesprochen wird - der sich dann plötzlich, im letzten Versteil, als Nicht-Weg herausstellt: Er führt nirgendwo hin, er zerfasert ins Nichts. Er führt nicht zum Falschen, sondern ist ein "Irrweg"; er selbst wird vergehen (New American Standart Bible: "but the way of the wicked will perish").

Das wars erst mal, denke ich.

Lesefassung[Bearbeiten]

Ich habe mich mal an der Lesefassung des ersten Psalms versucht. Aber die Übertragungsweise, die ich hier verwendet habe, ist nicht ganz gebräuchlich, deswegen wollte ich meine Vorschläge hier mal zur Diskussion stellen. Ich führe meinen Vorschlag hier "zwei-gliedrig" an:

(1)stelle ich zuoberst das vorläufige "Endprodukt" meiner Überlegungen, (2) will ich die Entscheidungen, die mich hier geleitet haben, erläutern, indem ich einige Erwägungen anführe, die mich einer bestimmten Variante hinneigen ließen, und ineins damit peu à peu die Verse übertragen.

Übertragung

1 O glücklich der, der nicht gefolgt der Frevler Rat,

der nicht betrat der Sünder Pfad,

nicht saß im Kreis der Spötter,

2 der sich vielmehr der Weisung Gottes freut

und sie bedenket Tag und Nacht.

3 Er wird sein wie ein Baum,

der nah dem Wasser wurzelt,

der Früchte bringen wird zur rechten Zeit

und dessen Blätter welken nicht.

Und was er tut, wird gut geraten.

4 Nicht so die Frevler!

Wie Spreu sind sie, die jeder Wind verweht

5 Daher der Frevler im Gerichte nicht besteht

und Sünder nicht in der Versammlung der Gerechten.

6 Gerechter Weg: von Gott umhegt,

der Frevler Weg jedoch vergeht.


Übertragung mit Erwägungen:

Zum Gesamten Psalm:

Der Psalter wird in der neueren Exegese ja zumeist gesehen als die "Antwort Israels auf die Tora". (Janowski: "Damit ist ein bestimmtes Gesamtverständnis des Psalters im Blick, das als Antwort Israels auf die von JHWH gegebene Tora die in ihm enthaltenen Einzeltexte und deren jeweilige Entstehungs- und Verwendungssituation übergreift. Im Durchgang durch die fünf Bücher des Psalters durchschreitet der Beter oder Leser die einzelnen Stationen der Glaubensgeschichte Israels und vollzieht sie meditierend nach als Stationen seines eigenen Lebenswegs in der Spannung zwischen erlebtem Unheil und erhofftem Heil." (Janowski: "Die Antwort Israels", in: Bibel und Kirche 1/2001, S. 4). Diese Heils- und Unheilsgeschichte setzt aber in Psalm 3 erst ein mit der Etablierung des Königtums Davids und Salomons. Die Funktionen von Psalm 1 und 2 sind in diesem Kontext daher v.a. zweierlei:

  • (1) sind sie als Proömium Hinführung zum Textkomplex des Psalters, die den Rezipienten auf den Psalter einstimmen sollen,
  • (2) Nehmen die beiden Psalmen Bezug auf das vor der Königtums-etablierung liegende, bzw. das Allgemeine und Übergeschichtliche dieser Heils- und Unheilsgeschichte.

Das ist auch leicht zu sehen: Psalm 1 ist die Lobpreisung "des rechten Pfades", auf dem der schreitet, der Gottes Geboten anhangt. Dieser wird gegenübergestellt einem Pfad, der der ist derjenigen, die auszeichnet, dass sie "wie Spreu sind im Wind" sind, und der also einer ist, der sich "verliert" (statt "ins Verderben führt") ("verliert" z.B. Buber, "vergeht" in der Elberfelder). Wir wissen damit:

  • Erstens: Der Psalm ist Teil einer Reaktion auf die Tora, und als erster Psalm liegt hier die Anknüpfung an Genesis nahe. Und in der Tat werden hier Genesis-motive aufgegriffen, nämlich v.a. in der Konfiguration der Gegensatzpaare von Beständigkeit des den Geboten Gott Anhangenden und Wankelmut des Sünders (z.B.: Im Anfang leben Adam und Eva an einem festen Ort, dem Paradies; aus ihrem Verstoß folgend werden sie daraus aber verstoßen (und der niemals welkende Baum am Wasser und der Mensch, dem alles, was er anpackt, (scheinbar mühelos) gelingt, verbildlicht ja auch quasi-paradiesische Zustände); das Nomadentum Israels wird häufig dargestellt als Folge auf einen Verstoß, und die Bestrafung des Ursünders Kain ist ja in der Tat die, dass er "schwank und schweif" auf der Erde umherziehen muss).
  • Zweitens: Der Psalm ist Proömium zur Reaktion auf die Tora, und ist ein(e Art) Gebetsbuch. Die im Kontext eines Gebetsbuch naheliegende Reaktion auf die Tora ist natürlich das Anhangen und befolgen, und dies ist ja auch der "gute Weg", der hier zum Ausdruck kommt.

Der erste Psalm stellt also (1) der geschichtlichen Unheilserzählung des Abfalls in Genesis eine hypothetische Heilserzählung des Anhangens gegenüber und wird so (2) zur Einstimmung der richtigen Psalmenlesart: Der Psalter ist die Reaktion Israels auf die Tora, und die rechte Reaktion ist die Beständigkeit im Anhangen an das Gebot Gottes. Darauf muss der Psalm den Leser also einstimmen.

Ein letztes: Ich finde, man sollte ruhig soviel Respekt vor der Textgattung haben, dass man die Psalmen auch in Versen überträgt, damit zumindest optisch der Text gleich erkennbar wird als ein poetischer.

Vers 1 + 2 Psalm 1 stellt nicht wirklich zwei Wege einander gegenüber, wie häufig gesagt wird. Vielmehr stellt er eine "zweigleisige" Bestimmung des rechten Weges dar: (1) die Herleitung ex negativo und (2) die daraus folgende positive Bestimmung. Der Zeitwechsel von Vergangenheit und Gegenwart in Vers 1 und 2 macht deshalb durchaus Sinn: Der Glückliche ist der, der sich nicht hat beeinflussen lassen von Sündern und Frevlern und aus diesem Grunde jetzt Gottes Geboten anhangt. Aus diesem Grunde ist auch "folgen" die bessere Übertragungsalternative als "hören". Zudem ist in Vers 1 Sinnabschnitt 2 und 3 ein Spiel mit dem Motiv der aktiven und passiven Beeinflussung durch Sünder: Der Beeinflusste betrat den Weg (aktiv) und saß in ihrem Rund (passiv), deswegen sollte das "zusammen sitzt" schon wörtlicher übersetzt werden.

Weiterhin muss auf jeden Fall das "Wie" raus, erstens, damit der Vers strukturell besser erkennbar wird als eine Seligpreisung (eine "begründete Seligpreisung (Makarismus)", wie der Psalm im Kommentar des Stuttgarter AT genannt wird) - denn z.B. auch Jesu´ Seligpreisungen werden ja nicht mit "Wie" eingeleitet -, und zweitens, weil ein "Wie" Einsicht in die "Wie-heit" des Glückes des Gerechten impliziert. Darauf zielt aber der Vers nicht, sondern ist die Preisung der Faktizität der Glückshaftigkeit. Deswegen übersetzt Buber z.B. dies mit "O Glück", Elberfelder und lassen "Wie" oder "O" gleich ganz weg. Worüber man darüber hinaus noch nachdenken könnte, wäre die Übertragung von "Glück" mit "Heil", wie es z.B. Riessler tut - immerhin handelt es sich hier um eine hypothetische Heilsgeschichte (Bei Riessler heißt es sogar in der Tat "Heil sei dem Manne"). Also:

O glücklich der, der nicht gefolgt der Frevler Rat,

der nicht betrat der Sünder Pfad,

nicht saß im Kreis der Spötter,

der sich vielmehr der Weisung Gottes freut

und sie bedenket Tag und Nacht.

Vers 3: Das "stehen" des Baumes drückt nicht annähernd die Festigkeit aus, die das "Gepflanzt-sein" des Baumes impliziert. Man könnte in einer kommunikativen Übertragung vielleicht sogar den Ausdruck "wurzeln" / "verwurzelt sein" bedenken.

"Richtige Zeit" ist nicht schön, gebräuchlich ist eher entweder "rechte Zeit" oder "richtiger Zeitpunkt". Da aber "Zeitpunkt" eben punktuell ist, dies aber eine allgemeine Aussage ist, neige ich der "rechten Zeit" zu.

"verwelken" schließlich ist ein "teleologischer" Ausdruck, der schon auf das Ergebnis des Welkens hinweist. "Welken" ist da besser und wohl deshalb auch die gebräuchlichere Übertragung.

Und auch hier ist die Zukunft sinnvoll; es geht hier um das Resultat des Anhangens: Die Beständigkeit und Glückseligkeit des Gelingens. Also:

Er wird sein wie ein Baum,

der nah dem Wasser wurzelt,

der Früchte bringen wird zur rechten Zeit

und dessen Blätter welken nicht.

Und was er tut, wird gut geraten.

Vers 4 + 5: "es wird ergehen" ist hier nicht richtig. Vers 3 ist die Beschreibung eines künftigen Zustands, Vers 4, wie er jetzt ist, würde das kontrastieren mit der Beschreibung eines Vorgangs. "Nicht so die Frevler!" ist schon gut. Und weil ich gerade oben einen Sprachrhythmus bemerke, finde ich auch Riesslers Übersetzung des zweiten Abschnittes gut: "Sie sind wie Spreu, die jeder Wind verweht" - das ist metrisch schön (ohnehin ist das ja der Hauptgrund, warum ich Riessler mag). Zudem muss es idealiter so übersetzt werden, dass das "verwehen" / "wegblasen" deutlich dem "Stehen" vor Gottes Gericht gegenübersteht - wie gesagt, Wankelmut vs. Beständigkeit. Also:

Nicht so die Frevler!

Wie Spreu sind sie, die jeder Wind verweht

Daher der Frevler im Gerichte nicht besteht

und Sünder nicht in der Versammlung der Gerechten.

Vers 6 Der Vers ist überhaupt erst der Vers, der mich glauben gemacht hat, dass die aktuelle Übertragung nicht die Beste ist. Die Leitmotivik des ersten Psalms wird ja hier gar nicht spürbar. Weil meine Übertragung so ganz anders ist als die Studienfassung und die Lesefassung, führe ich einfach mal 4 Versionen an, aus denen meine Übertragung mehr oder weniger kombiniert ist:

  • Buber:

Denn ER kennt den Weg der Bewährten,

aber der Weg der Frevler verliert sich

  • Guardini:

Der Herr umsorgt den Gerechten,

der Weg der Gottlosen aber führt in den Untergang

  • Elberfelder:

Denn der HERR kennt den Weg der Gerechten,

aber der Gottlosen Weg vergeht

  • Riessler:

Der Frommen Weg: Des Herren Sorge,

der Frevler Weg: der Untergang

Also:

Gerechter Weg: von Gott umhegt,

der Frevler Weg jedoch vergeht.

--Sebastian Walter 11:01, 14. Dez. 2011 (CET)


Lieber Sebastian (oder Herr Walter?),

zunächst einmal: Willkommen bei der Offenen Bibel und danke für diesen sehr ausführlichen ersten Beitrag! Ich bin begeistert und freue mich, wenn wir die Übersetzung damit noch verbessern können. Einige Bemerkungen zum Verständnis vorweg:

  1. Die Diskussion über die Prinzipien für die Lesefassung ist bisher ergebnislos verlaufen. Klar ist bislang nur, dass die Lesefassung a) kommunikativ sein und b) den Entscheidungen der Studienfassung folgen sowie klar von ihr abgeleitet entstehen sollte. (Das letzte Kriterium ist auch wieder sehr subjektiv interpretierbar - wohl überhaupt der Grund, warum wir nicht sehr weit gekommen sind bisher.)
  2. Die von Patrick erstellte Lesefassung interpretiere ich also zunächst als einen ersten Versuch, die Studienfassung kommunikativer zu gestalten. Er hat dabei sicherlich Mühe investiert; Weiteres wird er uns selbst sagen müssen. Beim Lesen merke ich jedoch, dass die Lesefassung stellenweise anders interpretiert als die Studienfassung. Meiner Meinung nach sollte die Lesefassung den exegetischen Entscheidungen (etwa zum Tempus) der Studienfassung folgen. Findet der Verfasser der Lesefassung einen überzeugenden Grund für eine Abweichung, sollte er den dokumentieren und zur Diskussion stellen; das Ergebnis sollte dann in beide Fassungen einfließen.

Ich selbst hatte für die Finalisierung der Studienfassung, wie sich aus der Checkliste erkennen lässt, nicht besonders tief geschürft: Einige Kommentare, einige Wortstudien, Übersetzungsvergleiche - eine gewöhnliche Exegese eben, aber auch nichts Tieferes. Aufsätze etwa habe ich, glaube ich, nicht verwendet. (Die Erstübersetzung war wohl auch nicht so sorgfältig gewesen.) Von daher gibt es sicherlich noch Verbesserungsbedarf in Wortwahl und exegetischer Dokumentation. Alles, was in der SF noch nicht enthalten ist, muss dann natürlich auch in der LF noch fehlen.

Ich finde die vorgeschlagene Lesefassung sehr interessant und schön ausformuliert. Die Versteile reimen sich sogar! Ich finde es auch unheimlich wohltuend, dass sich ein Übersetzer auch einmal viele Gedanken über den Kontext des Textes macht, die in die Übersetzung miteinfließen. Es wird Zeit, dass die bereits angedachte Funktion verschiedener Benutzer-Lesefassungen (neben der offiziellen Lesefassung) zu Ende gedacht und implementiert wird. Dafür wäre deine/Ihre Version ein hervorragender Kandidat. Die offizielle Lesefassung sollte nach allgemeinem Konsens jedoch moderne Alltagssprache verwenden und gut verständlich sein - was bei diesem (allerdings spannenden) poetischen Ansatz nur bedingt gegeben ist.

Dennoch wäre es sehr sinnvoll, wenn wir die angebrachten Kritikpunkte diskutieren! Das sollte aber zunächst an der Studienfassung geschehen, damit sich nicht zwei (nicht-)parallele Übersetzungen mit unterschiedlichen exegetischen Entscheidungen entwickeln. Deshalb würde ich Folgendes vorschlagen:

  1. Der Diskutierbarkeit halber bündelst du/bündeln Sie am besten für jeden Vers alle vorhandenen Verbesserungsvorschläge weiter oben im Abschnitt Studienfassung, und zwar mit Unterüberschriften je Vers. So lässt sich jeder Vorschlag nach Bedarf einzeln diskutieren.
  2. Ergebnisse fließen dann in die Studienfassung ein.
  3. Die Lesefassung schreiben wir dann aufgrund der Ergebnisse um.

Ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit, wie wir das alles einarbeiten können. Wäre das eine gute Lösung? Gruß, --Ben 15:22, 14. Dez. 2011 (CET)

Hey, ich finde es super genial wie hier gerade weitergearbeitet wird. Zur Frage was ich mir bei meiner Fassung gedacht habe. Erstmal ist mein Eintrag genau wie von Ben richtig erkannt ein Versuch. Also bitte keine Hemmungen zu verbessern / ändern. :-) Übersetzungserfahrung habe ich selbst keine und habe hier mehr nach Gefühl als irgend einer Logik folgend übertragen. Von daher kann ich größten Teils auch nicht begründen warum ich so übersetzt habe. --Patrick 22:25, 14. Dez. 2011 (CET)