Diskussion:Markus 8

Aus Die Offene Bibel

Version vom 8. März 2014, 23:39 Uhr von Ben (Diskussion | Beiträge) (Hintergrund zu 8,34-9,1)
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Checkliste für die Studienfassung Erläuterung (Welche Verse durch wen?)
A. Wer hat welche Verse aus dem Urtext übersetzt? Auf welche Quelle zur Einteilung in Sinnabschnitte wurde zurückgegriffen?
Beispiel: Vers 1–12: Anton
Einteilung nach Wolter 2007, S. 145 (Anton)

B. Wer hat welche Verse noch mal am Urtext überprüft?
Beispiel: Vv. 1-3: Philipp

C. Alternativen: Häufig können Wörter in einem bestimmten Kontext mehrere denkbare Bedeutungen haben. Sind diese Übersetzungsalternativen möglichst vollständig berücksichtigt?
Beispiel: Vv. 1-17: Daniel

1-38: ja (Ben)

D. Manchmal erlauben Textüberlieferung und Satzbau mehrere Übersetzungen,a oder sie sind nicht direkt übersetzbar.b Sind solche Zweifelsfälle mit einer Fußnote dokumentiert, und steht die wahrscheinlichste Deutung im Haupttext?
Beispiel: Vv. 1-12: teilweise (Emil)

1-38: ja (Ben)

E. Ist der Studienfassungstext mit Anmerkungen und Fußnoten für die Zielgruppen verstehbar? Braucht es noch erläuternde Fußnoten/Anmerkungen?
Beispiel: V. 6: „nach dem Fleisch“ ist noch unklar (Friedrich)

F. Für jeden Sinnabschnitt: Wurden zentralen Anliegen (bzw. Gattungen) unterhalb der Studienfassung dokumentiert? (Beispiel für Länge und Stil: Markus 1#Anliegen) Falls hilfreich, können sie hier kurz zusammengefasst eintragen werden.
Beispiel: Vv. 1-13: Ja; Vv. 14-20: Vollmacht wird betont (Vera)

G. Welche wissenschaftlichen Kommentare wurden zur Kontrolle der Punkte A bis F eingesehen?
Beispiel: Vv. 13-17: Bovon 1990 (Heinrich)

Kommentare:

1-38: Adela Yarbro Collins, Mark. A Commentary (Hermeneia), Minneapolis 2007; R. T. France, The Gospel of Mark: A Commentary on the Greek Text (NIGTC), Grand Rapids 2002; Robert A. Guelich, Mark 1–8:26 (WBC), Dallas 1989 bzw. ab. V. 27: Craig A. Evans, Mark 8:27–16:20 (WBC), Dallas 2001.
Wo zitiert: Craig Blomberg, Matthew (New American Commentary). Nashville: Broadman & Holman, 1992; Robert Gundry, Mark: A Commentary on His Apology for the Cross, Chapters 1 - 8. Wm. B. Eerdmans Publishing, 22000; Earl J. Johnson, Mark VIII. 22–26: The Blind Man from Bethsaida, in: New Testament Studies 25/3 1979, 370–383; Rudolf Pesch, Das Markusevangelium. Erster Teil (HthKNT), Freiburg 1976; Rikk E. Watts, Mark, in: Commentary on the New Testament Use of the Old Testament (Hg. Carson/Beale), Grand Rapids 2007, S. 111-250

(Ben)

H. Mit welchen anderen Übersetzungen wurde verglichen, um alternative Deutungen oder ggfs. Urheberrechtsprobleme zu finden?
Beispiel: Vv. 1-17: , NeÜ (Juliett)

1-38: , Lut, REB, NGÜ, GNB, Zür, Menge (Ben)

I. Wann wurden die folgenden Punkte überprüft? - Rechtschreibung; Namen (Loccumer Richtlinien, Gottesname); übrige Kriterien; Detailregelungen; Anführungszeichen; geschlechtergerechte Sprache
Beispiel: Rechtschreibung: 1.1.2015 (Philipp)

J. Welche Arbeitsschritte, Verbesserungen oder Anmerkungen fehlen noch?
Beispiel: Vv. 1-17: Anmerkung fehlt (Ludwig)

az.B. mehrdeutige Tempora oder Präpositionen, Aspekte, manche Partizipien (Zurück zu )
bz.B. Textkorruption, figurae etymologicae, Genitiv- und Dativverbindungen, historisches Präsens, Einleitungsformeln von Satzfolge (Zurück zu )

In dieser Tabelle bitte knapp den aktuellen Stand eintragen. Auf der übrigen Diskussionsseite kann bei Bedarf ausführlicher dokumentiert/diskutiert werden. Siehe auch: Qualität



Status[Bearbeiten]

Mk 8 ist jetzt fertig. Wie bei den vorigen Kapiteln gebe ich eine Woche Zeit für Rückfragen, bevor ich den Status der Studienfassung hochsetze. Nach einem erneuten Review in zwei Monaten würde ich den Status dann auf "fertig" setzen, sofern keine neuen Fragen aufkommen.

Die Erklärung zum letzten Abschnitt erfolgt, wenn ich 9,1 eingestellt habe. (Wahrscheinlich werde ich das alles irgendwann in den Kommentar verschieben.) --Ben 18:28, 8. Mär. 2014 (CET)


Spätere Entscheidungen/Ergänzungen[Bearbeiten]

  • Eine Fußnote zu Betsaida (V. 22), eine zu Cäsarea Philippi (V. 27)
  • Erweiterung der Fußnote bei "Messias" in V. 29. Dabei erklärungen zu "der Gesalbte", weitere AT-Hintegründe und evtl. ein Vergleich der Erwartungen mit Jesu Auftreten. Ein Link auf einen geeigneten Lexikonartikel könnte sich als hilfreich erweisen.
  • Die Entscheidung, ob in V. 24 die momentane Übersetzung oder die Alternative vorgezogen werden sollte.
  • Einige Imperfekte, zu denen es noch mehr zu forschen gibt.
  • Zudem "Menschensohn", was aber nicht auf Kap. 8 beschränkt ist.


Hintergründe für Weiterübersetzer[Bearbeiten]

Hintergrund zum zweiten Speisungswunder (1-9)[Bearbeiten]

Diese Geschichte ähnlich Joh 8,1-10 fast mehr als dem Speisungswunder aus Mk 6,35-44. Einige Ausleger glauben, dass diese Geschichte auf dieselbe Begebenheit zurückgeht. Zitat Guelich: „Nineham notes the similarities that point to a common story: (a) a deserted setting (6:35; 8:4), (b) the same question about available food (6:38; 8:35), (c) a command to recline (6:39; 8:6), (d) essentially the same words and sequence used for serving loaves (6:41; 8:6), (e) the same result (6:42; 8:8), (f) gathering of leftovers (6:43; 8:9), (g) a dismissal and boat journey (6:45; 8:10). In addition, many interpreters have pointed out the disciples’ surprising lack of understanding in 8:4 should they have previously fed an even larger crowd.“ (Guelich 1989, 401)

Doch es gibt auch Unterschiede zu dem vorigen Bericht, die über die überlieferten Zahlen hinausgehen. Diesmal ist Jesus aktiver, die Jünger passiv. Es fehlen AT-Anspielungen, die Schilderung von Jesu Bewirken des Wunders und die Anordnung der Essenden. In Markus' Erzählung findet das Wunder zudem in einer von Juden wie Nichtjuden bewohnten, vielleicht ganz nichtjüdischen Gegend statt (Guelich 1989, 401-03; vgl. France 2002, 305-7). Das könnte der Hauptgrund dafür sein, dass Jesus überhaupt ein zweites solches Wunder erzählt (France 2002, 305).

France glaubt nicht daran, dass Markus dieselbe Geschichte zweimal erzählt. Zu den Merkmalen mündlicher Überlieferung gehöre es, Zahlen beizubehalten, aber den Hintergrund anzupassen. Da wäre es seltsam, dass die Zahlen hier abgewandelt überliefert wurden und trotzdem so genau erhalten sind. Eine zweite Möglichkeit, dass Markus selbst dieselbe Geschichte einfach in zwei Varianten erzählt, passe weder zu Markus' sonstigem Vorgehen noch zum Kontext (Jesus geht später nochmals auf beide ein). Darum sei es am wahrscheinlichsten, dass zwei getrennte Begebenheiten in der Tradition mit der Zeit recht ähnliche Form gewonnen hätten (France 2002, 305-7). Möglich, dass Markus die Ähnlichkeiten bewusst verstärkt hat.

Die beinahe identische Reaktion der Jünger, die sie hier besonders schwer von Begriff erscheinen lässt, könnte dadurch zu erklären sein, dass diese Geschichte unabhängig von der ersten überliefert wurde (Collins 2007, 377). Eine andere Möglichkeit ist, dass die Jünger in der ersten Geschichte wenigstens die Möglichkeit sahen, irgendwo Nahrung zu besorgen. Hier jedoch ist die Lage (sowohl die geographische als auch die der Menschen) akuter (Gundry, 393–94, zitiert bei France 2002, 308). Oder Markus möchte mit der vertrauten Reaktion Kontinuität zum ersten Ereignis herstellen, vernachlässigt dabei aber die Entwicklung der Geschichte (W. T. Shiner, Follow, 222–26, zitiert bei ebd.). Pesch leitet aus dem Fragewort „Woher“ ab, dass die Jünger nicht wissen, aus welchen Vorräten sie das Brot etwa nehmen sollten (Pesch 1976, 403).

Ab V. 5 (par 6,38) nehmen die wörtlichen Parallelen stark zu, und die Szene wird auch sprachlich zum Déjà-vu des ersten Speisungswunders. Es lohnt sich auch in der Lesefassung, entsprechend zu formulieren. V. 6 par 6,41a, V. 7 par 6,41b. V. 8 par 6,42-43. V. 9a par 6,44.

Die Zahlen haben in der Vergangenheit zu Spekulationen über eine mögliche Symbolik geführt, doch lässt sich nichts gesichert feststellen. Markus hält zwar auffällig viele Zahlen genau fest, gibt aber keinen echten Hinweis auf eine mögliche Symbolik. Die sieben Brote (V. 5) und sieben Körbe (V. 8) könnten einfach bedeuten, dass aus jedem Brot genug wurde, um am Ende noch einen ganzen Korb zu füllen. Dass in Kap. 6 dagegen aus fünf Broten zwölf Körbe wurden, könnte jedoch bedeuten, dass zumindest die 12 symbolisch gemeint ist (Guelich 1989, 408; Collins 2007, 380).

Am Ende schickt Jesus die Menschen weg (9a) – durch sein Wunder besteht keine Gefahr mehr, dass sie unterwegs vor Schwäche kollabieren (Guelich 1989, 408). --Ben 00:10, 1. Mär. 2014 (CET)

Hintergrund zum verweigerten Zeichen (10-13)[Bearbeiten]

Zeichen bestätigen im AT immer wieder die Echtheit von Gottes Versprechen oder die Legitimität seiner Diener (Mose, Elija u.a.) (vgl. die Fn in V. 11). Die Pharisäer lassen sich also in dieser Hinsicht nichts zu schulden kommen.

Warum verweigert Jesus das Zeichen? Einige schieben wieder das Messiasgeheimnis vor. Doch die Antwort ist wohl eher im Unglauben seiner Widersacher zu finden. Weil die Pharisäer auch mit einem Zeichen nicht an ihn glauben werden, weil Unglaube nicht behoben werden kann, verweigert Jesus ein Zeichen. Wer Jesus wirklich eine Chance geben wollte, fand in seinem Wirken genug Anhaltspunkte, um nicht noch einen Beweis zu benötigen. Ein weiteres Zeichen zu verlangen, offenbarte ihren Unglauben (Guelich 1989, 415; vgl. France 2002, 312f.). Jesus ordnet „diese Generation“ bei denen außerhalb ein (Kap 3-4), die nicht mit offenen Ohren hinhören, sondern verstockt sind.

Diese Generation (V. 12) lässt sich vielleicht mit der Generation Israels vergleichen, die das Heilige Land nicht betreten durfte und in der Wüste starb (Ex 17,7). Auch damals gab es viele göttliche Zeichen, doch die Israeliten wollten immer mehr. Den Unglauben dieser Generation könnte Jesus im Sinn haben (Collins 2007, 384).

Was ist mit Jesu Aufstöhnen „in seinem Geist“ gemeint? (V. 12) Die Vorsilbe „ana-“ macht aus dem Stöhnen oder Seufzer ein lautes oder Aufstöhnen. „in seinem Geist“ heißt gewöhnlich „innerlich“ und könnte bedeuten, dass der Seufzer ein stummer blieb (France 2002, 312; NSS). Für Gundry modifiziert das Stöhnen dagegen die folgende Aussage und ist in Kombination mit „in seinem Geist“ so zu verstehen, dass Jesus die Aussage mit Macht machte (Gundry 2000, 402). Der Kontext spricht jedoch eher für ein hörbares Stöhnen. Ansonsten müsste man diesen innerlichen Seufzer (den ja nur Jesus selbst mitbekommen haben kann) der lebhaften Fantasie des Evangelisten (oder der seiner Quelle) zuschreiben. Aus linguistischer Sicht stellt sich die Frage, warum Markus eine unhörbare Gemütserregung mit einem Wort beschreiben sollte, das sich auf einen hörbaren Laut bezieht (vielleicht sogar ein Onomatopeion?). Im Deutschen ist das vielleicht vorstellbar, aber das lässt noch keinen Rückschluss auf das Griechische zu. und NGÜ übersetzen „seufzte tief“, GNB lässt „in seinem Geist“ ganz weg. Viele andere Übersetzungen übersetzen wörtlich.

Das Stöhnen ist bei Pesch noch Ausdruck pneumatischer Erregung (Pesch 1976, 408), könnte aber einfach ein Ausdruck seiner menschlichen Gefühle sein (Collins 2007, 384). Jeffrey Gibson glaubt nach der Analyse der gebrauchten Wendung, es handle sich um einen Ausdruck der durch die Pharisäer geprüften Treue Jesu zu Gott. Es ist für ihn definitiv kein Ausdruck von Zorn oder Ungehaltenheit. Vielmehr wird seine Treue auf die Probe gestellt, und in dieser Herausforderung der Willenskraft entfährt Jesus der Seufzer (Gibson, Another Look, verlinkt hier).

Jesus benutzt als Antwort eine Schwurformel (V. 12), die eine besonders negative Reaktion signalisiert. Außerdem bricht er gleich darauf auf, was den Effekt noch verstärkt (Collins 2007, 385). Das zeigt auch, dass Jesus nicht in der Lage (oder willens) war, den Unglauben „dieser Generation“ (der Pharisäer) zu heilen. Stattdessen konzentriert er sich auf die Gruppe seiner Anhänger, die ebenfalls wenig begreifen, aber deren Glaube es ihnen ermöglich zu lernen (Guelich 1989, 416f.). --Ben 23:42, 2. Mär. 2014 (CET)


Hintergrund zur Schelte der Jünger anlässlich ihrer Sorge um Brot (14-21)[Bearbeiten]

Kontext[Bearbeiten]

Jesus nennt in dieser Episode vier Bezugspunkte zu vorherigen Ereignissen: 1. die Pharisäer, 2. Herodes, 3. das erste Speisungswunder und 4. das zweite Speisungswunder. Das zweite Speisungswunder (8,1-9) und ein Ereignis mit Pharisäern (8,10-13) sind unmittelbar vorausgegangen. Dem ersten Speisungswunder (6,30-44) war ein Bericht über Herodes und den Tod von Johannes dem Täufer vorausgegangen (6,14-29) (vgl. Guelich 1989, 419).

Die vorhergehende Heilung des Taubstummen (7,31-37) sowie die folgende Heilung eines Blinden (8,22-29) stehen bei Markus auch symbolisch für den Verständnisprozess der Jünger, die langsam verstehen, dass Jesus damit messianische Prophetien (Jes 29,18-19; 35,6) erfüllt. Zumindest ruft Markus setzt Markus diese Ereignisse sicherlich absichtlich in einen kontextuellen und thematischen Zusammenhang mit Jesu Kritik an Jüngern, die trotz funktionierender Augen und Ohren nichts wahrnehmen (V. 18). Jesus erwartet (mit „versteht ihr noch nicht“, 8,17.21) offenbar, dass die Jünger ihn bald verstehen werden. Die Heilung des Blinden könnte dann nach Markus' Darstellung schließlich dazu beiträgen, dass der Groschen doch noch fällt. Nach Petrus' Ausruf, Jesus sei der Messias (8,27-29), konzentriert sich Jesus weiter darauf, die metaphorische Taub- und Blindheit der Jünger zu heilen (Guelich 1989, 420). Der weitere Verlauf des Evangeliums macht jedoch deutlich, dass die Jünger bis zu Jesu Tod und Auferstehung nicht verstehen, was für eine Art von Messias er ist und mit welchem Zweck er gesandt wurde. Endet das Evangelium mit Mk 16,8, dann bleibt der Ausgang letztlich offener als in den anderen Evangelien. Ist der längere Schluss (Mk 16,9-20) echt dann scheinen die Jünger nach der Auferstehung doch endlich zu begreifen. Ist der ursprüngliche Schluss nicht erhalten, dann könnte man ebenfalls davon ausgehen.

Deutung[Bearbeiten]

Es ist dem Text nicht genau zu entnehmen, wie sie die Diskussion entfaltet und aus welchen Gründen sie sich so entwickelt. Klar ist nur, worauf Jesus ab V. 17 hinauswill. Vielleicht ignoriert Jesus mit seiner Belehrung in V. 15 vor dem Hintergrund der letzten Geschehnisse absichtlich, wie die Jünger sich schon wieder über der Frage der nächsten Mahlzeit in Details verlieren. Wie wir sehen werden, lässt sich V. 15 inhaltlich sehr gut mit der restlichen Perikope verbinden. Darin geht es wahrscheinlich um Jesu Identität als Messias, der auch einmal übernatürlich Nahrung besorgen kann, und den Glauben an ihn. Die Jünger fordert er anlässlich ihrer Sorge um Brot zu diesem Glauben auf und warnt sie davor, diese Wirklichkeit aus dem Blick zu verlieren (und so vom Sauerteig von Jesu Gegnern angesteckt zu werden).

Jesus warnt zunächst vor metaphorischem Sauerteig (V. 15; dazu s. die Fußnote zum Vers) und kritisiert die Jünger dann für ihr Unverständnis, während die Jünger darüber diskutieren, dass sie nichts zu Essen dabei haben. Die Ausleger unterscheiden sich darin, ob V. 15 im Rahmen der Perikope zu verstehen ist oder nicht.

  • Pesch sieht als einzige Gemeinsamkeit von Pharisäern und Herodes ihr Streben nach einem Judenstaat (wobei beide sich in der Umsetzung deutlich von einander unterscheiden). Der einzige Bezug zum Kontext in dieser Tradition ist dann jedoch der thematische zwischen Brot und Sauerteig. Markus, der den Bericht in seine Erzählung einbaut, will dann Jesu Aussage nicht um die Erwähnung von Herodes kürzen, spielt aber nur auf die Zeichenforderung der Pharisäer an, die einen gefährlichen Unglauben offenbart (Pesch 1976, 413f.). Heutzutage würden wenige noch so argumentieren, weil sich mit der Begründung, ein Redaktor (=Markus) habe eine Tradition (=die ursprüngliche Erzählung) so und so verstanden, aber nicht perfekt in den Kontext eingebaut, auch sehr viel in einen Text hineinlesen lässt. Letztlich schiebt dies dem Redaktor den schwarzen Peter für einen schwer verständlichen Text zu.
  • France glaubt aber nicht daran, dass der Kontext zur Klärung der Frage nach dem Sauerteig hilfreich ist, und deutet den Sauerteig von Pharisäern und Herodes als Feindseligkeit gegenüber Jesus (ders. 2002, 315f.). Vv. 17-21 versteht er wie wir als Kritik an den Sorgen der Jünger, die 1. seine Macht, Nahrung zu besorgen und 2. auf einer tieferen Ebene auch etwas über seine Identität schon aus dem Brotvermehrungswunder (vgl. 6,52) gelernt haben sollten (ebd. 318).
  • Collins listet die Vermutungen einiger anderer (Hoehner: ähnlich Pesch – die Genannten verstehen messianische Königsherrschaft falsch; Deines: die Pharisäer sehen sich als Sauerteig, der die gesamte Gesellschaft heilig macht) und schließt dann aus dem Kontext darauf, dass Sauerteig für Feindseligkeit steht.
  • Guelich (ähnlich Watts 2007, 174f., der Joel Marcus 1999 (AB), 410 folgt): Mit seiner Warnung vor dem Sauerteig der Pharisäer und des Herodes warnt Jesus die Jünger davor, denselben Fehlschlüssen zum Opfer zu fallen wie die Genannten und letztlich ohne Glauben dazustehen (Guelich 1989, 423f.). Jesus erwartet offensichtlich, dass die Jünger aus den Speisungswundern gelernt haben, wer er ist (und dass sie sich bei Jesus keine Sorgen um die nächste Mahlzeit zu machen brauchen; Vv. 17-21). Aus dem einen Brot könnte Jesus leicht wieder genug für alle machen (ebd. 421f.; vgl. France 2002, 318). Daher ist die Frage der nächsten Mahlzeit aus der Perspektive des Glaubens an Jesus zweitrangig und unwesentlich. Die eben präsentierten Pharisäer haben ihren Unglauben offen gezeigt, indem sie von Jesus weitere Zeichen forderten. Auch Herodes hat Jesu Wunder nicht verstanden (Mk 6,14-16). Jesus warnt die Jünger davor, sich davon anstecken zu lassen und verstockte Herzen zu haben (V. 17). Stattdessen sollen sie seine göttliche Identität und seinen messianischen Auftrag erkennen (vgl. Watts 2007, 175). Das ist vielleicht die plausibelste Lösung, weil sie a) die Sauerteig-Äußerung mit dem Kontext vereinbaren kann und b) deren Deutung wiederum dem weiteren Kontext entnimmt und c) gut durch die in V. 18 aus dem AT hervorgerufenen Stellen verstärkt wird sowie zu Mk 6,52 passt.

Jesu Kritik an den Jüngern (Vv. 17-21) bezieht sich wieder auf (Jes 6,,9-10 EU) (und Mk 4,10-13). Mit einer Serie rhetorischer Fragen weist Jesus die Jünger für ihre begrenzte Perspektive zurecht. Wie schon die Pharisäer in 8,11-13 außen vor gelassen wurden, werden nun auch die Jünger wieder in den Zusammenhang der Unverständigen, an denen Gottes Botschaft vorbeigeht (Kap. 4; vgl. 6,52), gerückt (8,17-18) (France 2002, 314). Guelich: „The disciples’ failure to understand first surfaced with the question about “parables” in 4:10–12. Jesus informed them that they had been given the “mystery of the Kingdom” while those “outside” found the parables to be “riddles” according to the prophecy of Isa 6:9–10. Yet in the next verse (4:13) Jesus critically queried the disciples’ failure to understand the parable in question (see Comment on 4:13). We find the same retort again in 7:18 when the disciples fail to grasp the “parable” of things clean and unclean (7:15). Here the reference to the prophets’ indictment of Israel’s failure to see and hear (7:18) sounds dangerously close to what Isa 6:9–10 had to say about “those outside” cited in 4:12 (see Comment on 4:12).“ (Guelich 1989, 420).

In V. 17 bezieht sich seine Kritik sprachlich auf den Kommentar des Verfassers aus 6,52, wonach die Jünger die Bedeutung der Brote nicht verstanden hatten. Hier spricht Jesus das Urteil nun selbst aus (vgl. Collins 2007, 388). Dass er zu dieser Rede ansetzt, hat wohl auch damit zu tun, dass die Jünger seinen Ausspruch in V. 15 nicht verstanden oder beachtet haben (France 2002, 317). Die Frage nach dem verstockten Herzen schafft eine Verbindung zu Mk 3,5-6, wo die verstockten Herzen der Pharisäer zum ersten Mal dazu führen, dass sie Jesus nicht nur in seiner durch Lehre und Wunder offenbarten Rolle ablehnen, sondern auch töten wollen (Guelich 1989, 424).

In V. 18 ruft Jesus Jes 6,9 noch einmal in Erinnerung – mit Worten, die eher an Jer 5,21; Ez 12,2 (oder Ps 115,5-6) erinnern. Doch seine Fragen setzen die Jünger noch nicht direkt mit den „Ungläubigen“ gleich. Vielmehr sollen sie die Jünger wohl zu Besserem animieren (Guelich 1989, 425).

Da Jesus in V. 19-20 noch einmal die Größe der Menschenmengen nennt, könnte darauf hinweisen, dass es sich bei den „5000 Männern“ (6,44) aus dem ersten Wunder tatsächlich nur um Männer handelte (und nicht um eine wesentlich größere Gruppe. S. die „militärische“ Deutung, die dort diskutiert wird), bei der zweiten Gruppe dagegen um eine gemischte Menge. Die beiden Wörter für „Körbe“ entstammen den jeweiligen Berichten (6,43; 8,8). --Ben 17:44, 4. Mär. 2014 (CET)


Hintergrund der ersten Blindenheilung (22-26)[Bearbeiten]

Diese Heilung weist Gemeinsamkeiten mit der Heilung des Taubstummen (7,31-37) auf. France: „We have noted in discussing 7:31–37 how similar that narrative is to this healing story, in its non-Galilean location, its attention to the detail of Jesus’ healing method, its mention of his touching the affected parts of the body and his use of saliva, and the attempt to avoid publicity by taking the patient away from the crowd who had asked for the healing. In discussing 7:31–37 we noticed the significance of the healing of a deaf and dumb man in the light of Is. 35:5–6. That prophecy begins with the opening of the eyes of the blind, a work which is attributed to God also in Ps. 146:8; Is. 29:18. In the light of such OT passages these two pericopes together add up to a very impressive claim with regard to who Jesus is.“ (France 2002, 322)

Dass in der Geschichte auch ein Symbolgehalt mitschwingt, lässt sich daraus ableiten, dass der Blinde (ebenso wie die übertragene Blindheit der Jünger) schrittweise geheilt wird (France 2002, 322f.). So liegt die Vermutung nahe, dass Markus den Vorfall absichtlich an dieser Stelle erzählt, um diesen Prozess zu illustrieren (Collins 2007, 390). Die Jünger brauchen auch nach Petrus' Messiasbekenntnis noch lange, bis sie Jesus ganz verstanden haben. Dessen Aufgabe ist nicht nur die Heilung der echten Blinden, sondern auch der im übertragenen Sinne Blinden (France 2002, 322f.).

Die Parallelen zur Heilung des Taubstummen in Mk 7,31-37: 1. Man bringt Jesus einen Mann, um ihn zu heilen. 2. Jesus nimmt den Mann beiseite. 3. Jesus heilt den Mann mit Speichel und Berührung. 4. Ein Schweigegebot (bzw. eine Maßnahme, die auf Geheimhaltung zielt) zu einem 5. Vorfall, der sich unmöglich verbergen lässt. (Guelich 1989, 429) Dass dies die erste Blindenheilung ist, die Markus explizit erwähnt, macht die Beschreibung noch etwas dramatischer (France 2002, 324).

Wie in der ersten Heilungsgeschichte kann man auch hier magische Elemente sehen, etwa die Verwendung von Speichel, die Berührung oder der Rückzug ins Private. Collins vermutet, dass das Publikum dies so wahrgenommen hätte (dies. 2007, 393). Im Fall des ersten Berichts wurde gemutmaßt, dieser Heilungsbericht entstamme einer eher griechisch geprägten Überlieferung, es wird von beiden Vorfällen angenommen, dass sie in heidnischem Gebiet stattfinden. Markus siedelt die Geschichte auch in Bethsaida an, wo hauptsächlich Nichtjuden lebten. Aufgrund der magischen Elemente der Heilung bietet es sich auch hier wieder an zu vermuten, dass Jesus die Heilung den Heiden damit verständlich macht (Collins 2007, 390f.).

Die Berührung hilft wohl dem Blinden, die Heilung mitzuverfolgen (vgl. France 2002, 324). Ähnliches hatten wir auch schon über Jesu Vorgehensweise bei der Heilung des Taubstummen in 7,31-37 vermutet, wo er deutlich mehr Gesten und einfache Worte benutzt. Hier verzichtet er auf Gesten und heilt so, dass der Blinde haptisch und akustisch miterleben kann. Doch diese Heilung ist dennoch anders als die vorigen. Hat Jesus in Mk bisher häufig mit einem Befehl das Wunder vollbracht (Mk 1,21-28; 41-42; 2,11) heilt Jesus den Blinden hier schrittweise und fragt auch noch nach, ob er nun sehen kann. Den anderen Blinden in Mk 10,52 heilt Jesus dagegen ebenfalls auf der Stelle. Das ist vielleicht ein Grund dafür, dass weder Matthäus noch Lukas diesen Vorfall mit aufgenommen haben (Collins 2007, 394). Guelich glaubt, dass dieser Heilungsprozess Jesus als Arzt darstellt, der seinen Patienten behandelt (ders. 1989, 433).

Am Ende gebietet Jesus diesmal nur dem Geheilten, direkt nach Hause zu gehen (nicht wie in 7,36-37 allen Anwesenden, niemandem davon zu erzählen). Guelich hält das nicht für einen Teil des Messiasgeheimnisses, sondern für ein Stilmittel, das indirekt die Anwesenheit der Menschenmenge in der folgenden Schilderung erklären soll. Die Menschen wären dann zusammengekommen, weil sie trotz Jesu Maßnahmen von der Heilung erfahren hatten (Guelich 1989, 435). Collins vermutet, die Anordnung sei Teil der volksmedizinischen bzw. -magischen Handlungen, mit denen Jesus den Mann geheilt habe (Collins 2007, 395). Gundry glaubt im Gegenteil, dass der Blinde unter normalen Umständen zurück ins Dorf gegangen wäre, um der Beschäftigung aller Blinden nachzugehen: zu betteln. Dass er stattdessen nach Hause gehen soll, sei erst recht eine Demonstration der Heilung (Gundry 2000, 419f.). France hält Jesu Anweisung für zu unklar, um eindeutig auf ein Geheimhaltungsmotiv zu verweisen (anders als bei vorausgegangenen Wundern). Möglich, dass Jesus nur etwas Zeit gewinnen wollte, um weiterziehen zu können (France 2002, 325). Sicher ist, dass wir heute nur noch Mutmaßungen darüber anstellen können. --Ben 23:42, 5. Mär. 2014 (CET)

Hintergrund zu (27-33)[Bearbeiten]

Markus hat lange auf diesen Moment hingearbeitet. Schon von Anfang an waren die Leute verblüfft über seine Lehre und Kräfte. Die Jünger fragen sich schon seit längerem, wem sie da eigentlich als Lehrer folgen (4,41; vgl. 6,51). Der Leser, der ja schon seit dem Beginn des Buchs wenigstens eine Ahnung von Jesu Identität hat, wird immer wieder erstaunt über die Langsamkeit, mit der die Jünger begreifen. Schon im ersten Kapitel brach Jesu ware Identität aus einem Dämon hervor (1,24)! Mit Markus hat der Leser den Kopf geschüttelt über die Menschen von Nazaret, die sich Jesus gegenüber verschlossen, weil sie seine Herkunft zu kennen meinten (6,3). In den letzten festgehaltenen Geschehnissen haben der Evangelist (6,51-52), aber auch Jesus selbst, nun Kritik geübt und den Jüngern vor Augen geführt, dass sie schon sehr viel mehr erkannt haben sollten (8,17-21). Bisher haben sie ihn dann auch nur „Lehrer“ genannt (4,38) – was er mit „Menschensohn“ (2,10.28) gemeint hat, haben sie wohl nicht verstanden. In christologischer Hinsicht bildet dieser Abschnitt den Höhepunkt des Evangeliums. Von jetzt an geht es um die Frage, was es bedeutet, Jesus zu folgen. Von jetzt an geht es auf das Ziel von Jesu Mission zu – V. 31 vermittelt den ersten Eindruck davon. Die Gruppe reist von nun an langsam nach Jerusalem, wo die Geschichte von Jesus ihren Höhepunkt erleben wird (France 2002, 326f.; vgl. Collins 2007, 401f.).

Die Gerüchte (V. 28) verbindet, dass alle Jesus für einen Propheten halten: Ob für Johannes der Täufer, Elija oder einen anderen der alten Propheten aus dem Alten Testament. Schon Herodes hatte Jesus für eine Reinkarnation des hingerichteten Johannes gehalten (6,14-16) – jetzt erfahren wir, dass er damit nicht der einzige war (vgl. France 2002, 328). Elijas Rückkehr wurde aufgrund von Mal 3,23f. erwartet, wie zwischentestamentliche jüdische Schriften zeigen (Evans 2001, 14). Aus heutiger Sicht lässt sich nicht mehr sagen, ob die Leute dies faktisch glaubten oder diese Namen nur metaphorisch auf Jesus anwendeten, um ihn mit jenen Propheten zu vergleichen (vgl. France 2002, 328).

Doch Jesu zweite Frage (V. 29) impliziert, dass die öffentliche Meinung den Kern noch nicht getroffen hat. Die Jünger haben das Geheimnis von Gottes Herrschaft/Reich erhalten (4,11), daher erwartet Jesus von ihnen ein größeres Verständnis (France 2002, 329). Zu Messias s. die Fußnote in V. 29.

Jesu Schweigegebot an die Jünger (V. 30) ist der einzige Vers in Mk, wo das Messiasgeheimnis faktisch ein Geheimnis über den Messias ist. Nur hier geht es darum, Jesu Identität als der Messias Israels geheim zu halten. Jesus bricht das Schweigen erst vor dem Hohen Rat in Mk 14,61-62. Die nächstliegende Erklärung ist, dass Jesus sich vor Missverständnissen (und wohl auch Bedrohungen vor der richtigen Zeit) schützen möchte. Jesus hat bereits als Prophet eine unheimliche Anziehungskraft und Beliebheit entwickelt. In 6,31-44 hatte sich möglicherweise eine Menschenmenge aufgemacht, um Jesus zu ihrem militärischen Anführer zu machen. Und Herodes Antipas hatte schon den allzu mächtigen Johannes. Mit dem Titel „Messias“ waren die verschiedensten eschatologischen Erwartungen verknüpft. Ab V. 31 offenbart Jesus jedoch, was das eigentliche Ziel des Messias ist. Die allgemeinen Erwartungen der Menschen wären dazu eher hinderlich gewesen (France 2002, 330f.; Evans 2001, 15f.).
Collins 2007 findet in einigen zwischentestamentlichen Schriften (Henoch 37-71 und 2 Esdras 13) Hinweise darauf, dass der Messias zumindest gelegentlich mit dem Menschensohn aus Dan 7,13 gleichgesetzt wurde – genau wie es Markus und Jesus offenbar tun (V. 29 Messias, V. 31 Menschensohn). Dieser Menschensohn sollte für Gott das eschatologische Gericht halten.

V. 31: Jesus ergänzt den Titel „Messias“ um den des Menschensohns, mit dem er sich besonders zu identifizieren scheint. Die Passionsvorhersage erscheint in ähnlicher Form nochmals in MK 9,31 und 10,33-34. Evans hält die Passionsvorhersagen für echt, glaubt aber, dass Jesus sie ursprünglich erst innerhalb Jerusalems gemacht hat. Markus hat die Aussagen dann an diese Stelle vorgezogen. So ließe sich der weitere Verlauf der Handlung besser erklären (Evans 2001, 11). Auch Collins glaubt, Jesus könne solche Erwartungen gehabt haben, wenn Markus sie auch im Lichte der späteren Ereignisse wiedergibt (Collins 2007, 403). Die Notwendigkeit von Jesu Leiden, Tod und Auferstehung wird in Mk 9,21; 14,21.49 mit Schriftzitaten belegt (France 2002, 334). Die Beschreibung, was mit dem Menschensohn geschehen müsse, bezieht Jesus wohl auf Gottes umfassenden Plan mit der Welt, als Teil der Erfüllung endzeitlicher Prophezeiungen (Collins 2007, 403).

Die Vorstellung, dass der Menschensohn abgelehnt werden muss, entstammt wohl dem von den Bauleuten abgelehnten Stein, der zum Eckstein wird, aus Ps 118:22 (Ps 117:22 LXX). Diesen Psalm zitiert Jesus später in einem Gleichnis mit ganz ähnlichem Sinn (Mk 12,10f.). Die ablehnende Rolle der Ältesten, Hohen Priester und Schriftgelehrten zeichnet Markus in Mk 11,27; 14,43.53 und 15,1 nach (Evans 2001, 17; Collins 2007, 404). Dass der Menschensohn, der in Dan 7,13-14 ultimative Macht erhält, nun abgelehnt und getötet werden muss, macht Jesu Vorhersagen zu einem deutlichen Gegensatz dazu, was man zu seiner Zeit vom Menschensohn erwartet hätte (France 2002, 333f.). Die drei Tage könnten ein sinngemäßes Zitat aus Hos 6,2 darstellen (Evans 2001, 17f.; Collins 2007, 404f.).

Jesus spricht offen zu den Jüngern (V. 32), denen das Geheimnis des Reichs Gottes gegeben wurde (Mk 4,11). Zu Petrus' Rüffel und Jesu Reaktion (32b-33) s. die Fußnoten in V. 32b und 33. --Ben 23:14, 7. Mär. 2014 (CET)


Hintegrund zu 8,34-9,1[Bearbeiten]

In diesem Abschnitt beschreibt Jesus den Preis, aber auch den Ertrag der Nachfolge. Wer ohne Rücksicht auf sein eigenes Leben die Nachfolge in den Mittelpunkt seines Lebens stellt, wird ewiges Leben gewinnen und auch im Endgericht (oder bei Jesu Rückkehr) bestand haben. Wer das nicht tut, sich wegen Jesus schämt, gerät in Gefahr, dieses ewige Leben zu verlieren. Ein wahrer Jünger muss bereit sein, gegebenenfalls Jesu Schicksal zu teilen. Daneben erfahren wir, dass Jesus diese Ereignisse aus Sicht der Menschensohn-Prophetie aus Daniel 7,13-14 sieht und dass dieser Menschensohn (mit dem Jesus sich identifiziert) der Sohn Gottes ist.

Jesus ruft offenbar eine Menschenmenge herbei, um dem Leser zu bedeuten, dass die folgenden Worte sich nicht nur an die 12 Jünger richten (Evans 2001, 25). Zu V. 34 s. die Fußnoten. V. 35 bildet wohl ein Wortspiel mit dem Wort ψυχή, das sowohl (ewiges oder irdisches) Leben als auch Seele bedeuten kann. Gemeint ist wohl, das irdische Leben aufzugeben und für gering zu erachten und möglicherweise zu verlieren, um dann ewiges Leben zu erhalten (bzw. seine Seele zu bewahren), anstatt die umgekehrte Priorität zu setzen und dabei das ewige Leben (bzw. die eigene Seele) zu verlieren.

V. 35 bildet einen erklärenden Parallelismus zu V. 34: Sich selbst verleugnen und sein Kreuz zu tragen hängt damit zusammen, sein Leben nicht retten zu wollen und es zu verlieren. Nachzufolgen heißt, soweit zu gehen und selbst sein (irdisches) Leben aufs Spiel zu setzen und für unwichtig zu erachten (d.h. zu verleugnen), um dafür (ewiges) Leben zu erhalten (vgl. Collins 2007, 409; France 2002, 340f.). Jesus selbst wird dies vorleben (France).

Zu V. 36 s. die Fußnoten. V. 37 spitzt Jesu Argumentation als rhetorische Frage zu. Die implizierte Antwort: Natürlich gibt es keinen angemessenen Gegenwert zum (ewigen) Leben (bzw. der Seele), deshalb sollte jeder Mensch dessen Erhalt die höchste Priorität einräumen (vgl. Evans 2001, 26).

V. 38 überträgt das Verhalten, das Jesus von seinen Nachfolgern erwartet, nun auf Scham und Ehre. Wie die meisten Kulturen auf der Erde (abgesehen vom modernen Westen, wo die Schuld-Kultur dominant ist) war die damalige Kultur eine Scham-Kultur. Wer in einer Scham-Kultur sein Gesicht verliert, beschämt nicht nur sich selbst, sondern schädigt auch dem Ansehen seiner Familie. Davon hängt auch der Wert eines Menschen in der Gesellschaft ab. Jesus stellt der Ehre hier auf Erden die Ehre nach dem Kommen des Menschensohns gegenüber. Wer sich in einer Generation, die sich von Gott abgewandt hat (s. Fußnote in V. 38), wegen Jesus und seiner Botschaft schämt, wird auch nach dem Kommen Gottes keine Ehre erhalten (vgl. France 2002, 341).

Das Kommen des Menschensohns bezieht sich auf das Endgericht, das der Menschensohn nach Dan 7 (=Jesus) halten wird. Auch die Beschreibung vom Kommen Gottes auf die Erde zum Gericht „mit allen seinen Heiligen“ aus Sach 14,5 schwingt hier möglicherweise mit (France 2002, 342f.). Dass der Menschensohn (hier gegen Bultmann eindeutig mit Jesus gleichgesetzt) hier durch die Erwähnung seines Vaters (=Gottes) indirekt als dessen Sohn bezeichnet wird, ist eine wichtige christologische Aussage. Schon in V. 29-31 hat Jesus die Titel „Messias“ und „Menschensohn“ (beide auf ihn bezogen) gleichgesetzt (Collins 2007, 411f.; vgl. France 2002, 343).

Mit der untreuen und sündigen Generation (s. Fußnote) sind nur jene Zeitgenossen im Blick, die Jesus abgelehnt haben, nicht die, die zu ihm stehen. Dem Kontext könnte man zudem entnehmen, dass die Generation auch deshalb als sündhaft und treulos bezeichnet wird, weil sie Jesu Nachfolger verfolgt (Collins 2007, 411).

Zwischen dem kommenden Reich Gottes (9,1) und dem kommenden Menschensohn besteht zumindest der Zusammenhang, dass beide für die Zukunft erwartet sind. Welcher Zusammenhang darüber hinaus besteht, ist letztlich nicht klar. Eine nahe liegende Möglichkeit ist, die beiden „Kommen“ gleichzusetzen, sodass sowohl das kommende Reich Gottes als auch das Kommen des Menschensohns sich auf Jesu Rückkehr beziehen. Im Zusammenhang mit Mk 13,26, das vom kommenden Menschensohn „mit großer Macht und Herrlichkeit“ spricht, scheint das nicht abwegig, denn diese Stelle scheint Mk 8,38 und 9,1 zu kombinieren. Die Aussage hätte sich dann nicht (in dieser Form) erfüllt (Collins 2007, 413).

(France glaubt, weder das Kommen des Menschensohns noch das Kommen des Reiches Gottes sind identisch mit Jesu Rückkehr auf die Erde (2002, 341-46).)

Welches Ereignis ansonsten zu Lebzeiten der Jünger mit dem Kommen von Gottes Reich bzw. Herrschaft in Verbindung gesetzt werden könnte, ist unsicher. Unter anderem wurden Jesu Tod am Kreuz, Pfingsten oder ähnliche bedeutende Ereignisse vorgeschlagen. Andere beziehen die Aussage direkt auf die folgende Verklärung. In jedem Fall müsste man berücksichtigen, dass die Entwicklung, die Markus im Sinn hat, in zumindest einer gewissen zeitlichen Ferne liegen muss, um der Formulierung „einige von den Anwesenden werden nicht sterben (d.h. einige werden es noch miterleben)“ gerecht zu werden (France 2002, 344f.). Gleichzeitig sagt Jesus mehrmals, das Reich Gottes sei schon anwesend – woraus man schließen könnte, dass Jesus hier nur von dessen vollständigem Eintreffen spricht, etwa Mk 1,15 (Evans 2001, 29).

Ich selbst könnte mich damit anfreunden, dass es sich eher allgemein um die „mächtige“ Ausbreitung des christlichen Glaubens nach Jesu Tod und Auferstehung handelt. France: „In any or all of these ways, and no doubt in others too, those with eyes to see could have perceived before they died that God had powerfully taken control of events and was working out his purpose in history. Even if some of them were to die before this was clearly visible, the process had begun, and the mustard seed was growing. That is all that the wording of 9:1 requires. To classify this, as is sometimes done, as a failed prediction of an immediate parousia and end of the world is surely perverse: if that was what Mark intended, he has chosen a very obscure way to express it.“ (2002, 345) --Ben 23:39, 8. Mär. 2014 (CET)