Checkliste für die Studienfassung | Erläuterung (Welche Verse durch wen?) |
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A. Wer hat welche Verse aus dem Urtext übersetzt? Auf welche Quelle zur Einteilung in Sinnabschnitte wurde zurückgegriffen? Beispiel: Vers 1–12: Anton Einteilung nach Wolter 2007, S. 145 (Anton) |
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B. Wer hat welche Verse noch mal am Urtext überprüft? Beispiel: Vv. 1-3: Philipp |
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C. Alternativen: Häufig können Wörter in einem bestimmten Kontext mehrere denkbare Bedeutungen haben. Sind diese Übersetzungsalternativen möglichst vollständig berücksichtigt? Beispiel: Vv. 1-17: Daniel |
1-28: ja (Ben) |
D. Manchmal erlauben Textüberlieferung und Satzbau mehrere Übersetzungen,〈a〉 oder sie sind nicht direkt übersetzbar.〈b〉 Sind solche Zweifelsfälle mit einer Fußnote dokumentiert, und steht die wahrscheinlichste Deutung im Haupttext? Beispiel: Vv. 1-12: teilweise (Emil) |
1-28: ja (Ben) |
E. Ist der Studienfassungstext mit Anmerkungen und Fußnoten für die Zielgruppen verstehbar? Braucht es noch erläuternde Fußnoten/Anmerkungen? Beispiel: V. 6: „nach dem Fleisch“ ist noch unklar (Friedrich) |
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F. Für jeden Sinnabschnitt: Wurden zentralen Anliegen (bzw. Gattungen) unterhalb der Studienfassung dokumentiert? (Beispiel für Länge und Stil: Markus 1#Anliegen) Falls hilfreich, können sie hier kurz zusammengefasst eintragen werden. Beispiel: Vv. 1-13: Ja; Vv. 14-20: Vollmacht wird betont (Vera) |
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G. Welche wissenschaftlichen Kommentare wurden zur Kontrolle der Punkte A bis F eingesehen? Beispiel: Vv. 13-17: Bovon 1990 (Heinrich) |
Kommentare: 1-28: Adela Yarbro Collins, Mark. A Commentary (Hermeneia), Minneapolis 2007;
R. T. France, The Gospel of Mark: A Commentary on the Greek Text (NIGTC), Grand Rapids 2002;
Robert A. Guelich, Mark 1–8:26 (WBC), Dallas 1989 bzw. ab. V. 27: Craig A. Evans, Mark 8:27–16:20 (WBC), Dallas 2001. |
H. Mit welchen anderen Übersetzungen wurde verglichen, um alternative Deutungen oder ggfs. Urheberrechtsprobleme zu finden? Beispiel: Vv. 1-17: EÜ, NeÜ (Juliett) |
1-28: EÜ, Lut, REB, NGÜ, GNB, Zür, Menge (Ben) |
I. Wann wurden die folgenden Punkte überprüft? - Rechtschreibung; Namen (Loccumer Richtlinien, Gottesname); übrige Kriterien; Detailregelungen; Anführungszeichen; geschlechtergerechte Sprache Beispiel: Rechtschreibung: 1.1.2015 (Philipp) |
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J. Welche Arbeitsschritte, Verbesserungen oder Anmerkungen fehlen noch? Beispiel: Vv. 1-17: Anmerkung fehlt (Ludwig) |
a | z.B. mehrdeutige Tempora oder Präpositionen, Aspekte, manche Partizipien (Zurück zu ) |
b | z.B. Textkorruption, figurae etymologicae, Genitiv- und Dativverbindungen, historisches Präsens, Einleitungsformeln von Satzfolge (Zurück zu ) |
In dieser Tabelle bitte knapp den aktuellen Stand eintragen. Auf der übrigen Diskussionsseite kann bei Bedarf ausführlicher dokumentiert/diskutiert werden. Siehe auch: Qualität
Spätere Entscheidungen/Ergänzungen[Bearbeiten]
- Eine Fußnote zu Betsaida (V. 22), eine zu Cäsarea Philippi (V. 27)
- Die Entscheidung, ob in V. 24 die momentane Übersetzung oder die Alternative vorgezogen werden sollte.
- Einige Imperfekte, zu denen es noch mehr zu forschen gibt.
Hintergründe für Weiterübersetzer[Bearbeiten]
Hintergrund zum zweiten Speisungswunder (1-9)[Bearbeiten]
Diese Geschichte ähnlich Joh 8,1-10 fast mehr als dem Speisungswunder aus Mk 6,35-44. Einige Ausleger glauben, dass diese Geschichte auf dieselbe Begebenheit zurückgeht. Zitat Guelich: „Nineham notes the similarities that point to a common story: (a) a deserted setting (6:35; 8:4), (b) the same question about available food (6:38; 8:35), (c) a command to recline (6:39; 8:6), (d) essentially the same words and sequence used for serving loaves (6:41; 8:6), (e) the same result (6:42; 8:8), (f) gathering of leftovers (6:43; 8:9), (g) a dismissal and boat journey (6:45; 8:10). In addition, many interpreters have pointed out the disciples’ surprising lack of understanding in 8:4 should they have previously fed an even larger crowd.“ (Guelich 1989, 401)
Doch es gibt auch Unterschiede zu dem vorigen Bericht, die über die überlieferten Zahlen hinausgehen. Diesmal ist Jesus aktiver, die Jünger passiv. Es fehlen AT-Anspielungen, die Schilderung von Jesu Bewirken des Wunders und die Anordnung der Essenden. In Markus' Erzählung findet das Wunder zudem in einer von Juden wie Nichtjuden bewohnten, vielleicht ganz nichtjüdischen Gegend statt (Guelich 1989, 401-03; vgl. France 2002, 305-7). Das könnte der Hauptgrund dafür sein, dass Jesus überhaupt ein zweites solches Wunder erzählt (France 2002, 305).
France glaubt nicht daran, dass Markus dieselbe Geschichte zweimal erzählt. Zu den Merkmalen mündlicher Überlieferung gehöre es, Zahlen beizubehalten, aber den Hintergrund anzupassen. Da wäre es seltsam, dass die Zahlen hier abgewandelt überliefert wurden und trotzdem so genau erhalten sind. Eine zweite Möglichkeit, dass Markus selbst dieselbe Geschichte einfach in zwei Varianten erzählt, passe weder zu Markus' sonstigem Vorgehen noch zum Kontext (Jesus geht später nochmals auf beide ein). Darum sei es am wahrscheinlichsten, dass zwei getrennte Begebenheiten in der Tradition mit der Zeit recht ähnliche Form gewonnen hätten (France 2002, 305-7). Möglich, dass Markus die Ähnlichkeiten bewusst verstärkt hat.
Die beinahe identische Reaktion der Jünger, die sie hier besonders schwer von Begriff erscheinen lässt, könnte dadurch zu erklären sein, dass diese Geschichte unabhängig von der ersten überliefert wurde (Collins 2007, 377). Eine andere Möglichkeit ist, dass die Jünger in der ersten Geschichte wenigstens die Möglichkeit sahen, irgendwo Nahrung zu besorgen. Hier jedoch ist die Lage (sowohl die geographische als auch die der Menschen) akuter (Gundry, 393–94, zitiert bei France 2002, 308). Oder Markus möchte mit der vertrauten Reaktion Kontinuität zum ersten Ereignis herstellen, vernachlässigt dabei aber die Entwicklung der Geschichte (W. T. Shiner, Follow, 222–26, zitiert bei ebd.). Pesch leitet aus dem Fragewort „Woher“ ab, dass die Jünger nicht wissen, aus welchen Vorräten sie das Brot etwa nehmen sollten (Pesch 1976, 403).
Ab V. 5 (par 6,38) nehmen die wörtlichen Parallelen stark zu, und die Szene wird auch sprachlich zum Déjà-vu des ersten Speisungswunders. Es lohnt sich auch in der Lesefassung, entsprechend zu formulieren. V. 6 par 6,41a, V. 7 par 6,41b. V. 8 par 6,42-43. V. 9a par 6,44.
Die Zahlen haben in der Vergangenheit zu Spekulationen über eine mögliche Symbolik geführt, doch lässt sich nichts gesichert feststellen. Markus hält zwar auffällig viele Zahlen genau fest, gibt aber keinen echten Hinweis auf eine mögliche Symbolik. Die sieben Brote (V. 5) und sieben Körbe (V. 8) könnten einfach bedeuten, dass aus jedem Brot genug wurde, um am Ende noch einen ganzen Korb zu füllen. Dass in Kap. 6 dagegen aus fünf Broten zwölf Körbe wurden, könnte jedoch bedeuten, dass zumindest die 12 symbolisch gemeint ist (Guelich 1989, 408; Collins 2007, 380).
Am Ende schickt Jesus die Menschen weg (9a) – durch sein Wunder besteht keine Gefahr mehr, dass sie unterwegs vor Schwäche kollabieren (Guelich 1989, 408). --Ben 00:10, 1. Mär. 2014 (CET)
Hintergrund zum verweigerten Zeichen (10-13)[Bearbeiten]
Zeichen bestätigen im AT immer wieder die Echtheit von Gottes Versprechen oder die Legitimität seiner Diener (Mose, Elija u.a.) (vgl. die Fn in V. 11). Die Pharisäer lassen sich also in dieser Hinsicht nichts zu schulden kommen.
Warum verweigert Jesus das Zeichen? Einige schieben wieder das Messiasgeheimnis vor. Doch die Antwort ist wohl eher im Unglauben seiner Widersacher zu finden. Weil die Pharisäer auch mit einem Zeichen nicht an ihn glauben werden, weil Unglaube nicht behoben werden kann, verweigert Jesus ein Zeichen. Wer Jesus wirklich eine Chance geben wollte, fand in seinem Wirken genug Anhaltspunkte, um nicht noch einen Beweis zu benötigen. Ein weiteres Zeichen zu verlangen, offenbarte ihren Unglauben (Guelich 1989, 415; vgl. France 2002, 312f.). Jesus ordnet „diese Generation“ bei denen außerhalb ein (Kap 3-4), die nicht mit offenen Ohren hinhören, sondern verstockt sind.
Diese Generation (V. 12) lässt sich vielleicht mit der Generation Israels vergleichen, die das Heilige Land nicht betreten durfte und in der Wüste starb (Ex 17,7). Auch damals gab es viele göttliche Zeichen, doch die Israeliten wollten immer mehr. Den Unglauben dieser Generation könnte Jesus im Sinn haben (Collins 2007, 384).
Was ist mit Jesu Aufstöhnen „in seinem Geist“ gemeint? (V. 12) Die Vorsilbe „ana-“ macht aus dem Stöhnen oder Seufzer ein lautes oder Aufstöhnen. „in seinem Geist“ heißt gewöhnlich „innerlich“ und könnte bedeuten, dass der Seufzer ein stummer blieb (France 2002, 312; NSS). Für Gundry modifiziert das Stöhnen dagegen die folgende Aussage und ist in Kombination mit „in seinem Geist“ so zu verstehen, dass Jesus die Aussage mit Macht machte (Gundry 2000, 402). Der Kontext spricht jedoch eher für ein hörbares Stöhnen. Ansonsten müsste man diesen innerlichen Seufzer (den ja nur Jesus selbst mitbekommen haben kann) der lebhaften Fantasie des Evangelisten (oder der seiner Quelle) zuschreiben. Aus linguistischer Sicht stellt sich die Frage, warum Markus eine unhörbare Gemütserregung mit einem Wort beschreiben sollte, das sich auf einen hörbaren Laut bezieht (vielleicht sogar ein Onomatopeion?). Im Deutschen ist das vielleicht vorstellbar, aber das lässt noch keinen Rückschluss auf das Griechische zu. EÜ und NGÜ übersetzen „seufzte tief“, GNB lässt „in seinem Geist“ ganz weg. Viele andere Übersetzungen übersetzen wörtlich.
Das Stöhnen ist bei Pesch noch Ausdruck pneumatischer Erregung (Pesch 1976, 408), könnte aber einfach ein Ausdruck seiner menschlichen Gefühle sein (Collins 2007, 384). Jeffrey Gibson glaubt nach der Analyse der gebrauchten Wendung, es handle sich um einen Ausdruck der durch die Pharisäer geprüften Treue Jesu zu Gott. Es ist für ihn definitiv kein Ausdruck von Zorn oder Ungehaltenheit. Vielmehr wird seine Treue auf die Probe gestellt, und in dieser Herausforderung der Willenskraft entfährt Jesus der Seufzer (Gibson, Another Look, verlinkt hier).
Jesus benutzt als Antwort eine Schwurformel (V. 12), die eine besonders negative Reaktion signalisiert. Außerdem bricht er gleich darauf auf, was den Effekt noch verstärkt (Collins 2007, 385). Das zeigt auch, dass Jesus nicht in der Lage (oder willens) war, den Unglauben „dieser Generation“ (der Pharisäer) zu heilen. Stattdessen konzentriert er sich auf die Gruppe seiner Anhänger, die ebenfalls wenig begreifen, aber deren Glaube es ihnen ermöglich zu lernen (Guelich 1989, 416f.). --Ben 23:42, 2. Mär. 2014 (CET)
Hintergrund zur Schelte der Jünger anlässlich ihrer Sorge um Brot (14-21)[Bearbeiten]
Kontext[Bearbeiten]
Jesus nennt in dieser Episode vier Bezugspunkte zu vorherigen Ereignissen: 1. die Pharisäer, 2. Herodes, 3. das erste Speisungswunder und 4. das zweite Speisungswunder. Das zweite Speisungswunder (8,1-9) und ein Ereignis mit Pharisäern (8,10-13) sind unmittelbar vorausgegangen. Dem ersten Speisungswunder (6,30-44) war ein Bericht über Herodes und den Tod von Johannes dem Täufer vorausgegangen (6,14-29) (vgl. Guelich 1989, 419).
Die vorhergehende Heilung des Taubstummen (7,31-37) sowie die folgende Heilung eines Blinden (8,22-29) stehen bei Markus auch symbolisch für den Verständnisprozess der Jünger, die langsam verstehen, dass Jesus damit messianische Prophetien (Jes 29,18-19; 35,6) erfüllt. Zumindest ruft Markus setzt Markus diese Ereignisse sicherlich absichtlich in einen kontextuellen und thematischen Zusammenhang mit Jesu Kritik an Jüngern, die trotz funktionierender Augen und Ohren nichts wahrnehmen (V. 18). Jesus erwartet (mit „versteht ihr noch nicht“, 8,17.21) offenbar, dass die Jünger ihn bald verstehen werden. Die Heilung des Blinden könnte dann nach Markus' Darstellung schließlich dazu beiträgen, dass der Groschen doch noch fällt. Nach Petrus' Ausruf, Jesus sei der Messias (8,27-29), konzentriert sich Jesus weiter darauf, die metaphorische Taub- und Blindheit der Jünger zu heilen (Guelich 1989, 420). Der weitere Verlauf des Evangeliums macht jedoch deutlich, dass die Jünger bis zu Jesu Tod und Auferstehung nicht verstehen, was für eine Art von Messias er ist und mit welchem Zweck er gesandt wurde. Endet das Evangelium mit Mk 16,8, dann bleibt der Ausgang letztlich offener als in den anderen Evangelien. Ist der längere Schluss (Mk 16,9-20) echt dann scheinen die Jünger nach der Auferstehung doch endlich zu begreifen. Ist der ursprüngliche Schluss nicht erhalten, dann könnte man ebenfalls davon ausgehen.
Deutung[Bearbeiten]
Es ist dem Text nicht genau zu entnehmen, wie sie die Diskussion entfaltet und aus welchen Gründen sie sich so entwickelt. Klar ist nur, worauf Jesus ab V. 17 hinauswill. Vielleicht ignoriert Jesus mit seiner Belehrung in V. 15 vor dem Hintergrund der letzten Geschehnisse absichtlich, wie die Jünger sich schon wieder über der Frage der nächsten Mahlzeit in Details verlieren. Wie wir sehen werden, lässt sich V. 15 inhaltlich sehr gut mit der restlichen Perikope verbinden. Darin geht es wahrscheinlich um Jesu Identität als Messias, der auch einmal übernatürlich Nahrung besorgen kann, und den Glauben an ihn. Die Jünger fordert er anlässlich ihrer Sorge um Brot zu diesem Glauben auf und warnt sie davor, diese Wirklichkeit aus dem Blick zu verlieren (und so vom Sauerteig von Jesu Gegnern angesteckt zu werden).
Jesus warnt zunächst vor metaphorischem Sauerteig (V. 15; dazu s. die Fußnote zum Vers) und kritisiert die Jünger dann für ihr Unverständnis, während die Jünger darüber diskutieren, dass sie nichts zu Essen dabei haben. Die Ausleger unterscheiden sich darin, ob V. 15 im Rahmen der Perikope zu verstehen ist oder nicht.
- Pesch sieht als einzige Gemeinsamkeit von Pharisäern und Herodes ihr Streben nach einem Judenstaat (wobei beide sich in der Umsetzung deutlich von einander unterscheiden). Der einzige Bezug zum Kontext in dieser Tradition ist dann jedoch der thematische zwischen Brot und Sauerteig. Markus, der den Bericht in seine Erzählung einbaut, will dann Jesu Aussage nicht um die Erwähnung von Herodes kürzen, spielt aber nur auf die Zeichenforderung der Pharisäer an, die einen gefährlichen Unglauben offenbart (Pesch 1976, 413f.). Heutzutage würden wenige noch so argumentieren, weil sich mit der Begründung, ein Redaktor (=Markus) habe eine Tradition (=die ursprüngliche Erzählung) so und so verstanden, aber nicht perfekt in den Kontext eingebaut, auch sehr viel in einen Text hineinlesen lässt. Letztlich schiebt dies dem Redaktor den schwarzen Peter für einen schwer verständlichen Text zu.
- France glaubt aber nicht daran, dass der Kontext zur Klärung der Frage nach dem Sauerteig hilfreich ist, und deutet den Sauerteig von Pharisäern und Herodes als Feindseligkeit gegenüber Jesus (ders. 2002, 315f.). Vv. 17-21 versteht er wie wir als Kritik an den Sorgen der Jünger, die 1. seine Macht, Nahrung zu besorgen und 2. auf einer tieferen Ebene auch etwas über seine Identität schon aus dem Brotvermehrungswunder (vgl. 6,52) gelernt haben sollten (ebd. 318).
- Collins listet die Vermutungen einiger anderer (Hoehner: ähnlich Pesch – die Genannten verstehen messianische Königsherrschaft falsch; Deines: die Pharisäer sehen sich als Sauerteig, der die gesamte Gesellschaft heilig macht) und schließt dann aus dem Kontext darauf, dass Sauerteig für Feindseligkeit steht.
- Guelich (ähnlich Watts 2007, 174f., der Joel Marcus 1999 (AB), 410 folgt): Mit seiner Warnung vor dem Sauerteig der Pharisäer und des Herodes warnt Jesus die Jünger davor, denselben Fehlschlüssen zum Opfer zu fallen wie die Genannten und letztlich ohne Glauben dazustehen (Guelich 1989, 423f.). Jesus erwartet offensichtlich, dass die Jünger aus den Speisungswundern gelernt haben, wer er ist (und dass sie sich bei Jesus keine Sorgen um die nächste Mahlzeit zu machen brauchen; Vv. 17-21). Aus dem einen Brot könnte Jesus leicht wieder genug für alle machen (ebd. 421f.; vgl. France 2002, 318). Daher ist die Frage der nächsten Mahlzeit aus der Perspektive des Glaubens an Jesus zweitrangig und unwesentlich. Die eben präsentierten Pharisäer haben ihren Unglauben offen gezeigt, indem sie von Jesus weitere Zeichen forderten. Auch Herodes hat Jesu Wunder nicht verstanden (Mk 6,14-16). Jesus warnt die Jünger davor, sich davon anstecken zu lassen und verstockte Herzen zu haben (V. 17). Stattdessen sollen sie seine göttliche Identität und seinen messianischen Auftrag erkennen (vgl. Watts 2007, 175). Das ist vielleicht die plausibelste Lösung, weil sie a) die Sauerteig-Äußerung mit dem Kontext vereinbaren kann und b) deren Deutung wiederum dem weiteren Kontext entnimmt und c) gut durch die in V. 18 aus dem AT hervorgerufenen Stellen verstärkt wird sowie zu Mk 6,52 passt.
Jesu Kritik an den Jüngern (Vv. 17-21) bezieht sich wieder auf (Jes 6,,9-10 EU) (und Mk 4,10-13). Mit einer Serie rhetorischer Fragen weist Jesus die Jünger für ihre begrenzte Perspektive zurecht. Wie schon die Pharisäer in 8,11-13 außen vor gelassen wurden, werden nun auch die Jünger wieder in den Zusammenhang der Unverständigen, an denen Gottes Botschaft vorbeigeht (Kap. 4; vgl. 6,52), gerückt (8,17-18) (France 2002, 314). Guelich: „The disciples’ failure to understand first surfaced with the question about “parables” in 4:10–12. Jesus informed them that they had been given the “mystery of the Kingdom” while those “outside” found the parables to be “riddles” according to the prophecy of Isa 6:9–10. Yet in the next verse (4:13) Jesus critically queried the disciples’ failure to understand the parable in question (see Comment on 4:13). We find the same retort again in 7:18 when the disciples fail to grasp the “parable” of things clean and unclean (7:15). Here the reference to the prophets’ indictment of Israel’s failure to see and hear (7:18) sounds dangerously close to what Isa 6:9–10 had to say about “those outside” cited in 4:12 (see Comment on 4:12).“ (Guelich 1989, 420).
In V. 17 bezieht sich seine Kritik sprachlich auf den Kommentar des Verfassers aus 6,52, wonach die Jünger die Bedeutung der Brote nicht verstanden hatten. Hier spricht Jesus das Urteil nun selbst aus (vgl. Collins 2007, 388). Dass er zu dieser Rede ansetzt, hat wohl auch damit zu tun, dass die Jünger seinen Ausspruch in V. 15 nicht verstanden oder beachtet haben (France 2002, 317). Die Frage nach dem verstockten Herzen schafft eine Verbindung zu Mk 3,5-6, wo die verstockten Herzen der Pharisäer zum ersten Mal dazu führen, dass sie Jesus nicht nur in seiner durch Lehre und Wunder offenbarten Rolle ablehnen, sondern auch töten wollen (Guelich 1989, 424).
In V. 18 ruft Jesus Jes 6,9 noch einmal in Erinnerung – mit Worten, die eher an Jer 5,21; Ez 12,2 (oder Ps 115,5-6) erinnern. Doch seine Fragen setzen die Jünger noch nicht direkt mit den „Ungläubigen“ gleich. Vielmehr sollen sie die Jünger wohl zu Besserem animieren (Guelich 1989, 425).
Da Jesus in V. 19-20 noch einmal die Größe der Menschenmengen nennt, könnte darauf hinweisen, dass es sich bei den „5000 Männern“ (6,44) aus dem ersten Wunder tatsächlich nur um Männer handelte (und nicht um eine wesentlich größere Gruppe. S. die „militärische“ Deutung, die dort diskutiert wird), bei der zweiten Gruppe dagegen um eine gemischte Menge. Die beiden Wörter für „Körbe“ entstammen den jeweiligen Berichten (6,43; 8,8). --Ben 17:44, 4. Mär. 2014 (CET)
Hintergrund der ersten Blindenheilung (22-26)[Bearbeiten]
Diese Heilung weist Gemeinsamkeiten mit der Heilung des Taubstummen (7,31-37) auf. France: „We have noted in discussing 7:31–37 how similar that narrative is to this healing story, in its non-Galilean location, its attention to the detail of Jesus’ healing method, its mention of his touching the affected parts of the body and his use of saliva, and the attempt to avoid publicity by taking the patient away from the crowd who had asked for the healing. In discussing 7:31–37 we noticed the significance of the healing of a deaf and dumb man in the light of Is. 35:5–6. That prophecy begins with the opening of the eyes of the blind, a work which is attributed to God also in Ps. 146:8; Is. 29:18. In the light of such OT passages these two pericopes together add up to a very impressive claim with regard to who Jesus is.“ (France 2002, 322)
Dass in der Geschichte auch ein Symbolgehalt mitschwingt, lässt sich daraus ableiten, dass der Blinde (ebenso wie die übertragene Blindheit der Jünger) schrittweise geheilt wird (France 2002, 322f.). So liegt die Vermutung nahe, dass Markus den Vorfall absichtlich an dieser Stelle erzählt, um diesen Prozess zu illustrieren (Collins 2007, 390). Die Jünger brauchen auch nach Petrus' Messiasbekenntnis noch lange, bis sie Jesus ganz verstanden haben. Dessen Aufgabe ist nicht nur die Heilung der echten Blinden, sondern auch der im übertragenen Sinne Blinden (France 2002, 322f.).
Die Parallelen zur Heilung des Taubstummen in Mk 7,31-37: 1. Man bringt Jesus einen Mann, um ihn zu heilen. 2. Jesus nimmt den Mann beiseite. 3. Jesus heilt den Mann mit Speichel und Berührung. 4. Ein Schweigegebot (bzw. eine Maßnahme, die auf Geheimhaltung zielt) zu einem 5. Vorfall, der sich unmöglich verbergen lässt. (Guelich 1989, 429) Dass dies die erste Blindenheilung ist, die Markus explizit erwähnt, macht die Beschreibung noch etwas dramatischer (France 2002, 324).
Wie in der ersten Heilungsgeschichte kann man auch hier magische Elemente sehen, etwa die Verwendung von Speichel, die Berührung oder der Rückzug ins Private. Collins vermutet, dass das Publikum dies so wahrgenommen hätte (dies. 2007, 393). Im Fall des ersten Berichts wurde gemutmaßt, dieser Heilungsbericht entstamme einer eher griechisch geprägten Überlieferung, es wird von beiden Vorfällen angenommen, dass sie in heidnischem Gebiet stattfinden. Markus siedelt die Geschichte auch in Bethsaida an, wo hauptsächlich Nichtjuden lebten. Aufgrund der magischen Elemente der Heilung bietet es sich auch hier wieder an zu vermuten, dass Jesus die Heilung den Heiden damit verständlich macht (Collins 2007, 390f.).
Die Berührung hilft wohl dem Blinden, die Heilung mitzuverfolgen (vgl. France 2002, 324). Ähnliches hatten wir auch schon über Jesu Vorgehensweise bei der Heilung des Taubstummen in 7,31-37 vermutet, wo er deutlich mehr Gesten und einfache Worte benutzt. Hier verzichtet er auf Gesten und heilt so, dass der Blinde haptisch und akustisch miterleben kann. Doch diese Heilung ist dennoch anders als die vorigen. Hat Jesus in Mk bisher häufig mit einem Befehl das Wunder vollbracht (Mk 1,21-28; 41-42; 2,11) heilt Jesus den Blinden hier schrittweise und fragt auch noch nach, ob er nun sehen kann. Den anderen Blinden in Mk 10,52 heilt Jesus dagegen ebenfalls auf der Stelle. Das ist vielleicht ein Grund dafür, dass weder Matthäus noch Lukas diesen Vorfall mit aufgenommen haben (Collins 2007, 394). Guelich glaubt, dass dieser Heilungsprozess Jesus als Arzt darstellt, der seinen Patienten behandelt (ders. 1989, 433).
Am Ende gebietet Jesus diesmal nur dem Geheilten, direkt nach Hause zu gehen (nicht wie in 7,36-37 allen Anwesenden, niemandem davon zu erzählen). Guelich hält das nicht für einen Teil des Messiasgeheimnisses, sondern für ein Stilmittel, das indirekt die Anwesenheit der Menschenmenge in der folgenden Schilderung erklären soll. Die Menschen wären dann zusammengekommen, weil sie trotz Jesu Maßnahmen von der Heilung erfahren hatten (Guelich 1989, 435). Collins vermutet, die Anordnung sei Teil der volksmedizinischen bzw. -magischen Handlungen, mit denen Jesus den Mann geheilt habe (Collins 2007, 395). Gundry glaubt im Gegenteil, dass der Blinde unter normalen Umständen zurück ins Dorf gegangen wäre, um der Beschäftigung aller Blinden nachzugehen: zu betteln. Dass er stattdessen nach Hause gehen soll, sei erst recht eine Demonstration der Heilung (Gundry 2000, 419f.). France hält Jesu Anweisung für zu unklar, um eindeutig auf ein Geheimhaltungsmotiv zu verweisen (anders als bei vorausgegangenen Wundern). Möglich, dass Jesus nur etwas Zeit gewinnen wollte, um weiterziehen zu können (France 2002, 325). Sicher ist, dass wir heute nur noch Mutmaßungen darüber anstellen können. --Ben 23:42, 5. Mär. 2014 (CET)