Inhalt und historische Einführungen/Persönliche Fassung (Sebastian Walter)

Aus Die Offene Bibel

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Historische Einführung

Der biblische Geschichts-Entwurf: Israel[Bearbeiten]

Die Geschichte Israels nach dem biblischen Geschichtsentwurf ist recht schnell nacherzählt: In Gen 1-3 erschafft Gott die Welt aus einer Ur-Flut. Weil sie sich in Gen 4-5 nicht gut entwickelt, beschließt er, sie in Gen 6-9 mit einer zweiten Flut zu vernichten, nur die fromme Familie eines frommen Mannes zu verschonen und mit dieser ab Gen 10 die Erde neu zu besiedeln. Auch das funktioniert in Gen 11 nicht gut, und so wählt er sich aus den Nachkommen des Flut-Helden wieder nur eine Familie, mit der es besser laufen soll als mit dem Rest der Welt und die er daher gesondert durch das Leben geleiten und begleiten will. Diesen eröffnenden Part der Bibel nennt man die „biblische Urgeschichte“.

In Gen 12-50 schließen sich die „Erzeltern-Erzählungen“ an, die von den Irrungen und Wirrungen dieser Familie berichten: Wie sie zunächst das Land besiedelt, das Gott für sie ausgesucht hat, dann aber wegen einer Hungersnot im Land nach Ägypten auswandert.

In der darauf folgenden „Exodus-Erzählung“ geraten die Nachkommen dieser Familie in Ägypten in die Sklaverei, und so müssen sie in Ex 1-18 von dort befreit und in Num 10,11-14; 16-17; 20-27; 31-36 wieder zurück ins versprochene Heimatland geführt werden. Eingeschaltet sind in Ex 19 - Num 10,10 und noch mehrfach im Buch Numeri dutzende von Texten, in denen Gott Gebote und Bestimmungen erlässt, wie die Israeliten sich „gottgemäß“ zu verhalten haben; in Dtn 4-30 sind weitere Bestimmungen angehängt.

Hierauf folgt in Dtn 1-3, im Buch Josua und in Ri 1-2 die sogenannte „Landnahmeerzählung“, die mehrfach und in unterschiedlichen Varianten davon erzählt, wie das Land wieder erobert wird. Erzählungen über die „Zeit der Richter“ schließen sich an: Die Kapitel Ri 3 - 1 Sam 7 werden dargeboten als Chronik der ersten Jahre im versprochenen Land, während denen ddie Israeliten dort als klassenlose und in mehreren Sippen und Großfamilien organisierte Gesellschaft lebten. Werden sie von umliegenden Völkern bedroht, beruft Gott einzelne Helden – die „Richter:innen“ –, die die Israeliten retten.

So will es Gott auch: Er will Israels König sein; Israels Wunsch nach einem eigenen König wie in den umliegenden Nationen lehnt er daher durchaus ab. Ab 1 Sam 8 allerdings werden die Rufe nach Staat und Herrscher immer lauter. Widerwillig beschließt daher Gott, seinem Volk diesen Wunsch doch zu gewähren. Daher ernennt er um 1000 v. Chr. zunächst Saul und dann stattdessen David und dessen Sohn Salomo zu Königen. David ist äußerst erfolgreich als Heerführer und besiegt eine Nation nach der anderen (2 Sam 8), weshalb nach ihm Salomo das ganze Reich befestigen und Monumentalbauten wie Paläste und insbesondere den Jerusalemer Tempel errichten kann.

Dieses Großreich von David und Salomo nennt man das „vereinte Israel“. Denn da von den militärischen Erfolgen von David und Salomon abgesehen erwartungsgemäß keiner der Könige seinen Job sehr gut macht, zerfällt Israel kurz nach dem Tod Salomos ab 1 Kön 12 in das Nordreich „Israel“ und das Südreich „Juda“. Weil der Jerusalemer Tempel in Juda liegt, gründen daraufhin die Israeliten unter König Jerobeam I v.a. in Dan und Bethel zwei eigene Kult-Orte. Damit hat er erst recht gegen den Willen Gottes verstoßen; nicht lange danach wird daher 722 v. Chr. Israel von den Assyrern erobert, woraufhin die übriggebliebenen Israeliten nach Juda auswandern.

Juda konnte sich noch etwa 150 Jahre länger halten. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zeitraum drei „Kultreformen“ der Könige Asa Anfang des 9. Jhds. (1 Kön 15,12-13), Hiskija Ende des 8. Jhds. (s. 2 Kön 18,4) und Joschija im 7. Jhd. (s. 2 Kön 23,4-20), bei denen jedes Mal ähnliche Kulte abgeschafft und Kultorte neben dem Jerusalemer Tempel aufgelöst werden – in Joschijas Fall deshalb, weil er zufällig das Buch Deuteronomium im Tempel fand und danach feststellte, dass man die ganze Zeit gegen Gottes Willen verstoßen hatte. 587 v. Chr. wird dann aber auch Juda von den Babyloniern besiegt, der Tempel zerstört und werden große Teile der Bevölkerung ins Exil geführt. Von einem Teil dieser Geschichte wird eine zweite Variante dann noch mal in den Büchern der Chronik erzählt.

Zum Glück mussten die Judäer nicht lange im Exil ausharren, denn schon wenige Jahrzehnte später besiegt der persische König Kyros die Babylonier und erlässt, dass die Judäer in ihre Heimat zurückkehren dürfen. Die Bücher Esra und Nehemia schildern, wie diese zurückgekehrten Judäer das heilige Land, das in ihrer Abwesenheit durch Ehen zurückgebliebener Judäer mit ausländischen Frauen verunreinigt wurde – auch nach Juda geflüchtete Israelit:innen gelten als solche „Ausländer:innen“ – „reinigen“, den Tempel wiedererrichten und das Volk neu auf die Gebote Gottes einschwören. Spätestens hier wird das Südreich Juda „Israel“ genannt: Die Judäer sind die „wahren Israeliten“, während die Nachkommen des Nordreichs Israels verachtenswerte Ausländer sind, die einer defizienten und deformierten Variante der Religion ihrer Vorfahren anhängen. Dass auch die anderen umliegenden Völker minderwertig sind, versteht sich von selbst; ähnlich großer Hass wie den Nachfahren des alten Nordreichs schenkt man aber nur noch den Edomitern im Süden Judas, die man nun auch bezichtigt, die einstige Niederlage Judas mit-herbeigeführt zu haben.

Über das 5.-3. Jahrhundert v. Chr. herrscht in der Bibel weitgehendes Stillschweigen. In der Septuaginta und damit in äthiopischen, katholischen, orthodoxen, ... Bibeln finden sich aber noch die beiden Makkabäer-Bücher, die wichtige Ereignisse aus dem 2. Jhd. erzählen: Auch die Perser sind mittlerweile besiegt; über das heilige Land und damit u.a. über die Juda herrschen nun die griechischen Seleukiden, deren politisch wichtigste Gegenspieler die Römer sind. Als der seleukidische König Antiochus IV. Epiphanes es wagt, den neuen Jerusalemer Tempel zu entweihen, kommt es im heiligen Land zu Aufständen. Die Rädelsführer dieses Aufstands – die Makkabäer – schließen einen Pakt mit den Römern, und so gelingt es ihnen mit internationaler Anerkennung, ihr Land von den Seleukiden frei- und ihre Unabhängigkeit zu erkämpfen und den entweihten Tempel wieder zu heiligen.

Auch über das 1. Jhd. v. Chr. herrscht wieder Stillschweigen in der Bibel und damit auch darüber, dass um 63 v. Chr. Rom das heilige Land erobert und zu einem römischen Vasallenstaat gemacht hatte. In dieser historischen Situation spielt das Neue Testament.

Der biblische Geschichtsentwurf in der neueren Wissenschaft und im politischen Diskurs[Bearbeiten]

Während man auch in der akademischen Theologie noch bis in die 50er-Jahre des 20. Jahrhunderts den biblischen Geschichtsentwurf ab Gen 12 und erst recht ab Ex 1 für einigermaßen historisch verlässlich hielt, wurde mit dem Aufkommen der „Neuen Archäologie“ in den 60er-Jahren dieser biblizistischen Geschichtswissenschaft ab den 70er-Jahren ein Schlag um den anderen versetzt: Neue Ausgrabungen und neue Auswertungen älterer Ausgrabungen zeigten, dass die Geschichten von den Erzeltern nicht mit den historischen Realitäten der Bronzezeit zusammenstimmen (Thompson 1974: The Historicity of the Patriarchal Narratives; van Seters 1975: Abraham in History and Tradition; Lemche 1998: Prelude to Israel's Past); dass eine Landnahme, wie sie in der Bibel geschildert wird, nie stattgefunden hatte und damit auch die Exodus-Erzählung unhistorisch ist (Rendtorff 1975: The Historical Moses: A Problem in Historiography; Thompson 1979: The Settlement of Palestine in the Bronze Age; Lemche 1985: Early Israel; Finkelstein 1988: The Archaeology of the Israelite Settlement), und dass es ein vereintes Großreich Davids und Salomos so nie gegeben hat (Thompson 1983: The Mythic Past; van Seters 1997: In Search of History; Finkelstein/Silberman 2001: The Bible Unearthed).

Vor allem die frühen der eben genannten Wissenschaftler:innen – Thompson, Lemche, Davies u.a., die man heute oft „Minimalisten“ nennt – blieben hier nicht stehen, sondern hielten und halten auch die historischen Erzählungen der Bibel mindestens über die Zeit bis zum 6. Jahrhundert für historisch unzuverlässig. Eine gemäßigtere (oder: verwässerte?) Variante dieses Ansatzes hat sich mittlerweile in Theologie, Archäologie und Geschichtswissenschaft europäischer Provenienz als Mainstream etabliert (vgl. Pfoh 2021), wonach sich auch einige neuere Forschungsfragen herauskristallisiert haben. Besonders wichtig: (1) Wenn die alten Israeliten nicht mit Mose aus Ägypten kamen, woher kamen sie denn dann? (2) Wenn sie nicht bereits als ein geeintes Volk aus Ägypten auswanderten, wann und warum wurden sie denn dann zu einem Volk – und wurden sie es überhaupt? (3) Wenn nicht Josua sie auf das ganze Land verteilt hat, wo lebten sie denn dann und wer gehörte zu ihnen? (4) Wenn nicht Saul, David und Salomo über ganz Israel herrschten und wenn Israel nie ein „vereintes Königreich“ war, wie, wann und wo entwickelten sich dann die beiden Königreiche? Und schließlich, hier besonders wichtig: (5) Welches Ziel verfolgten die Verfasser der biblischen Erzählungen, wenn sie die Frühgeschichte Israels so anders darstellten?

Zeitgleich mit dem Aufkommen der „minimalistischen“ Bewegung allerdings wurde diese Forschung massiv ideologisch aufgeladen, weil die Frage nach der Zuverlässigkeit der Bibel schon zuvor mit dem Nahost-Konflikt und der Frage nach dem israelischen „Anrecht auf das heiligen Land“ verquickt war, weil die ersten großen „minimalistischen“ Bücher kurz nach dem Sechstagekrieg von 1967 erschienen, der den israelischen Nationalismus noch stärker aufflammen lassen hatte (vgl. Hallote/Joffe 2002, S. 88f.), und weil archäologische Ausgrabungen d.Ö. als Vorwand für die Enteignung von Palästinenser:innen dienten und daher historische Forschung an der Bibel auch auf deren Seite einen schlechten Leumund hatten (vgl. zu Letzterem z.B. Yahya 2009, S. 67-69; Rjoob 2010; Thelle 2016; Galor 2017; S. 126-131; Taha 2022, S. 24; UNESCO: 38 COM 7A.4; Emek Shaveh.org). Endgültig befeuert wurde die Ideologisierung und Polemisierung der Debatte mit dem Erscheinen von The Invention of Ancient Israel: The Silencing of Palestinian History des „Minimalisten“ Whitelam (1996; vgl. z.B. auch Abu El-Haj 2002; Masalha 2007, S. 240-262; Sherrard 2011).

In der Folge bildeten sich vor allem in der evangelikalen und jüdischen Theologie und Geschichtswissenschaft mehrere Richtungen aus, die man sehr grob zu vier Schulen zusammenfassen kann (ebenso wie „Minimalist“ ist auch keine der folgenden Bezeichnungen eine selbstgewählte, sondern eine polemische Fremdzuschreibung):

  • Die „Maximalisten“ folgen im Gegensatz zu den „Minimalisten“ einem Forschungsprogramm, nach dem nicht die Bibel so lange als historisch unzuverlässige Quelle angesehen wird, bis zeitgenössische Schriftquellen oder archäologische Funde sie stützen, sondern nach dem umgekehrt der Bibel so lange Glauben zu schenken ist, bis sie durch entsprechende Quellen widerlegt wurde.
  • Verwandt sind die „Fundamentalisten“, die teilweise selbst die Erkenntnisse der Archäologie über die Zeit „bis Salomo“ nicht akzeptieren und alternative Interpretationen der archäologischen Funde vornehmen, bis sie wenigstens grob den Auskünften der Bibel entsprechen.
  • Recht eigentlich eine Teilgruppe der „Fundamentalisten“ ist eine weitere Gruppe von Forscher:innen, die man „alternative Chronisten“ nennen könnte und die die historischen Auskünfte der Bibel nur in der Chronologie „verschiebt“: Ein Feldzug von König David etwa kann dann zwar vielleicht nicht ein Feldzug von David gewesen sein, sondern von einem späteren König, und Aufgabe der Forschung ist es, zu entschlüsseln, von welchem König der Bericht über diesen davidischen Feldzug „eigentlich“ erzählt.
  • Verwandt ist schließlich die in den USA recht große Forscher-Gruppe der „Bibelhistoriker“, die nicht die Geschichte Palästinas aus archäologischen Daten rekonstruieren, sondern vorgeblich nur als Forschung am biblischen Text das innerbiblische Geschichts-Modell besser erklären will und Nacherzählungen der Bibel daher auch mit ausgewählten archäologischen Daten anreichert. Dass diese letzte Richtung gar nicht eigentlich eine Rekonstruktion der Geschichte produzieren will, sondern Auslegungen der heiligen Schrift, wird dabei nicht immer klar genug gesagt.

Die Grenzen zwischen diesen vier Gruppen sind nicht trennscharf; ebenso nicht die zwischen diesen vier Gruppen einerseits und den Minimalisten und dem europäischen Mainstream andererseits. Die Zugehörigkeit zur ersten oder zweiten Großgruppe ist auch nicht gleichbedeutend mit „wissenschaftlicher“ vs. „unwissenschaftlicher“ Geschichtswissenschaft. Finkelstein etwa – zweifellos einer der größten lebenden Archäologen Israels – ist in den letzten Jahren zunehmend von den Minimalisten zunächst zu den alternativen Chronisten und dann tendenziell zu den Fundamentalisten gewandert, indem er zunächst statt einem davidischen Großreich ein ähnlich großes „omridisches Großreich“ wenige Jahrzehnte später angenommen hat und neuerdings mit mehreren gänzlich hypothetischen Vorläufern – dem „Sichem-Silo-Reich“ (= Josua), dem „Gibeon-Gibea-Reich“ (= Saul) und dem „Tirza-Reich“ (= Omri) – dieses omridische Großreich wieder bis in die späte Bronzezeit „dehnt“ und so annähernd mit den biblischen Daten in Einklang bringt.
Dennoch wird wird die Forschungsdebatte teilweise recht polemisch geführt. So können Vertreter:innen der ersten Großgruppe die der zweiten insgesamt bezichtigen, „Fundamentalisten“ und „Zionisten“ zu sein, Vertreter:innen der zweiten können die anderen als „Nihilisten“ und „Antisemiten“ beschimpfen (vgl. z.B. Thompson 2001; Davies 2002). Die Existenz der beiden Großgruppen führt auch dazu, dass nicht nur die Geschichte des alten Palästina verworren ist, sondern auch die Erforschung des alten Palästina, und dass daher enorm häufig Ausgrabungsergebnisse „re-interpretiert“ und Interpretationen und Re-Interpretationen neu „synthetisiert“ werden.

Spätestens seit den 70ern ist damit nicht nur ohnehin die Bibel ein eminent politisches Werk, sondern ist auch die historische Forschung an der biblischen Geschichte und jede Aussage darüber eminent politisch und politisiert. Man kann sich dieser Politisierung auch kaum entziehen – schon deshalb, weil man Vorentscheidungen treffen muss wie die, ob man auf die Ergebnisse illegaler „Rettungs-Ausgrabungen“ zurückgreift oder ob man darauf verzichten kann und will.

Es folgt zunächst eine sehr grobe und thesenhafte Nacherzählung der antiken Geschichte Palästinas. Sie steht den Minimalisten sehr nahe. Ich teile auch die politischen Überzeugungen der klassischen Minimalisten; glaube aber unabhängig davon, dass ihre Nacherzählung die Plausibelste ist. Um das zu zeigen, schließt sich dieser Nacherzählung eine breiter entwickelte Rekonstruktion dessen an, was zuvor thesenhaft nacherzählt wurde. Wo dort von einem Ort und dessen Geschichte die Rede ist, aber nichts eigens zitiert wird, habe ich stillschweigend die Interpretationen in der New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land (NEAEH), im Wissenschaftlichen Bibellexikon (WiBiLex), in Orte und Landschaften der Bibel von Keel / Küchler (1982) und in den aktuellen Surveys der einzelnen Regionen Palästinas übernommen.

Ein wissenschaftlicher Geschichtsentwurf: Palästina und Umgebung[Bearbeiten]

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Gründlichere Rekonstruktion für den wissenschaftlichen Geschichtsentwurf[Bearbeiten]

Die Ursprünge Israels[Bearbeiten]

Späte Bronzezeit: Bevölkerung Palästinas vom 15. bis zum 13. Jhd.[Bearbeiten]

AO um 1400.png

Es ist zunächst sicher, dass die Region Palästinas in den Tälern und Ebenen in der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends geprägt war von mehreren voneinander unabhängigen kanaanäischen Stadtstaaten, zu denen jeweils mehrere ihnen zugehörige Satelliten-Dörfer gehörten.

Zuvor waren auch die Gebirgsregionen Palästinas eng besiedelt gewesen; mit Ausgang der mittleren Bronzezeit (16. Jhd. v. Chr.) waren diese Berglandsiedlungen aber massenweise verlassen worden – der Grund dafür ist noch sehr unklar. Oft tippt man vage auf die Ägypter, denn diese hatten ab 1550 zu Beginn der späten Bronzezeit ganz Palästina erobert. Vermutlich ist es diese Herrschaft der Ägypter über Palästina, von der sich Erinnerungen in der Exodus-Erzählung über die Knechtschaft der Israeliten in Ägypten bewahrt haben – eine andere im Land Ägypten selbst und erst recht ein darauf folgender Massen-Auszug von Israeliten aus Ägypten lässt sich weder archäologisch noch durch zeitgenössische Texte belegen.
Konkret bedeutete diese Eroberung durch die und viele folgende (Straf-)Expeditionen der Ägypter, (1) dass diese dabei immer wieder Dörfer und Städte zerstörten, (2) dass ägyptische Regenten die Regierungssitze weiterer Städte okkupierten und die Kanaanäer im Umland die Ägypter dort versorgen mussten, (3) dass die Kanaanäer zu regelmäßigen Tributzahlungen verpflichtet waren – v.a. in Form von Edelmetallen, Holz, Vieh und Sklaven (vgl. z.B. Na'aman 1981) – und (4) dass sie zusätzlich Sonderzahlungen leisten mussten, wenn Ägypter militärische Unternehmungen durchführten. Das geschah in dieser Region auch deshalb besonders häufig, weil mit dem mitannischen und später stattdessen dem hethitischen Reich der stärkste Gegner Ägyptens nördlich direkt an Palästina angrenzte, (5) so dass Palästina von den Kriegen dieser beiden Großmächte oder von Feldzügen der Ägypter gegen revoltierende Kanaanäer aufgerieben wurde, (6) wofür die „treuen“ Kanaanäer dann auch noch Soldaten stellen mussten (vgl. z.B. Morris 2018, S. 153f.). – Die Hand, mit der die Ägypter über Palästina herrschten, war eine harte.

Politische Verhältnisse der frühen Spätbronzezeit. In Grau die Orte, für die Habiru allein durch die Amarna-Briefe belegt sind. Die Schasu scheinen überwiegend östlich und südlich von Kanaan (orange) gelebt zu haben. CC-BY-SA.3.0: Sémhur via Wikimedia

Außer von Kanaanäern und Ägyptern ist in altorientalischen Inschriften, Briefen und Urkunden des 2. Jahrtausends oft die Rede von zwei weiteren Bevölkerungsgruppen: Zum einen im ganzen nahen Osten von den Habiru (s. rechts), zum anderen von den Schasu / Sutu, die östlich und südlich des rechts orange gefärbten Gebiets bezeugt sind (Bottéro 1975, S. 15-21; Kärger/Minx 2012, S. 366f.).a Die Schasu (heb. šasim, „Plünderer“) beschreibt man in der Forschung i.d.R. auch heute noch anders als die Habiru als v.a. Kleinviehzucht treibende Halbnomaden; nachdem nun aber sicher ist, dass sie mit den Sutu (teil-)identisch waren (Miller 2021, S. 89f.; so schon Cazelles 1958; Giveon 1971, S. 5f.; Annus 2018, S. 10; Graham 2021, S. 63), muss man sagen, dass Habiru und Schasu/Sutu eine ähnliche Lebensweise hatten: Beide lebten überwiegend außerhalb der Stadtstaaten und Dörfer und wurden von deren Bewohnern als gesetz- und rechtlose Vagabunden betrachtet. Besonders oft ist davon die Rede, dass sie Städte, Händler und Reisende überfielen und niedermachten, außerdem entweder davon, dass sie umgekehrt als Söldner von Ägyptern und von kanaanäischen Städtern angeworben wurden (s. z.B. den Amarnabrief EA 195,16-32 von Schasu und Habiru, die als Söldner für die Ägyptern gegen die Kanaanäer kämpften) oder als Sklaven in die Städte integriert wurden. Man muss diese Zeugnisse allerdings mit einiger Vorsicht lesen: Da die altorientalischen Schriftquellen v.a. auf die städtische Elite zurückgehen, ist es gut möglich, dass dieses Profil von Habiru und Schasu/Sutu als unheimliche staatsfeindliche Banditen ideologisches Framing war. Es ist gut möglich, dass sie tatsächlich überwiegend beduinisch als Viehzüchter lebten und nur nebenbei in Zeiten der Not, bei günstiger Gelegenheit oder dann, wenn sie als Söldner angeworben worden waren, Ägypter und Kanaanäer überfielen, woher ihr schlechter Leumund rührt (gut Weippert 1974, S. 267.274; Bunimovitz 1994, S. 198f.). Jedenfalls ist klar, dass beide in Palästina als Gegenüber der Ägypter einerseits und der Kanaanäer andererseits verstanden werden müssen und dass sie sie zwar auch bekämpften, gleichzeitig als Beduinen und Banditen aber auf die ackerbauenden und Handel treibenden kanaanäischen Städte und Dörfer angewiesen waren. Vor allem bei den Habiru ist das sicher; ihre Frontstellung gegen das ägyptische Kanaan ist in den Amarnabriefen sprichwörtlich. Im Amarnabrief EA 67,16-18 schreibt daher ein unbekannter Stadtkönig über den König Aziru von Amurru, er habe sich verhalten „wie ein Habiru, wie ein Straßenköter, und so Sumur, die Stadt meines Herrn Pharao, eingenommen“. Ähnlich klagt Stadtkönig Rib-Haddi in EA 74,19-21, all seine Städte in der Berg- und Küstenregion hätten sich „auf die Seite der Habiru geschlagen“ und meint damit, dass sie die ägyptisch-kanaanäische Herrschaft abgeschüttelt hätten (vgl. Waterhouse 2001, S. 32f.).

Pharao Setis Sieg über die Schasu. Im Zentrum fliehen die Schasu in ihre Festung im Gebirge, oben links bei dieser Festung zerbrechen sie besiegt ihre Waffen. Ägyptisches Relief, 13. Jhd. (c) Karnak Great Hypostyle Hall Project

Man beachte, dass hier die Habiru u.a. ins Gebirge verortet werden. Ebenso in EA 292,28-29, einem Brief des Stadtkönigs von Geser: „Vom Gebirge aus herrscht Krieg gegen mich!“ (vgl. ebd., S. 36). Gemeint sind damit die Habiru (vgl. EA 299). Vor allem im Zuge der „Labaju-Affäre“ scheinen sie sogar noch zusätzlich in Besitz von Gebirgsregionen gekommen zu sein (zu den im Folgenden genannten Orten vgl. die Karte unten): Im 14. Jhd. gab es noch einige Stadtstaaten im Raum Palästinas, über ausgedehnte Gebiete herrschten aber nur die Königreiche von Hazor im Norden und Sichem im Zentrum. Sichem, das heutige Nablus, liegt in einer schmalen Senke zwischen der „manassitischen Gebirgsregion“ und der „ephraimitischen Gebirgsregion“, und damit im Zentrum von Palästinas Zentralgebirge, das gleich für die Volkswerdung Israels sehr wichtig werden wird. Einige Amarnabriefe berichten nun davon, dass Sichems König Labaju sich mit den Habiru verbündet hatte (nach EA 254, einem Brief von Labaju, scheint sich sogar einer seiner Söhne den Habiru angeschlossen zu haben), um gemeinsam mit weiteren Verbündeten auf dem größten Teil des Zentralgebirges Eroberungskriege gegen eine andere Koalition von Herrschern von Megiddo und Schunem im Norden bis Geser und Jerusalem im Süden zu führen. Offenbar als Lohn für diese Allianz überließ Labaju den Habiru größere Teile des Staatsgebiets von Sichem (EA 287; 289), wonach Labajus zweiter Sohn sich als Stadtkönig nach Pella östlich des Jordan zurückzog. Auch bei den Schasu/Sutu scheinen die beiden Kerngebiete im Bergland des syrischen Jebel Bischri und südlich von Kanaan im Bergland des Seir-Gebirges gelegen zu haben (vgl. Weippert 1974, S. 271f.; Graham 2021, S. 61-63), zu dem offenbar auch der Berg Sinai gehörte (s. Dtn 33,2; Ri 5,4f.; zur Lage des Gebirges s. auch u. zu den Edomitern).
Schasu und Habiru waren keine homogenen Ethnien, da sich ihnen auch ihre Wohnorte verlassende Kanaanäer anschließen konnten (vgl. z.B. Bottéro 1980, S. 204-206). Zu den Schasu vgl. P.Anastasi I 20,4: „Dein Bräutigam ... nimmt, was ihm noch geblieben ist, und schließt sich den Bösen an, mischt sich unter die Schasu und verkleidet sich als Semit.“ Noch häufiger ist dies von den Habiru belegt. Sogar König Idrimi berichtet im 15. Jhd. von sich selbst, auch er habe sich sieben Jahre lang den Habiru in Kanaan angeschlossen gehabt, bevor er zum König von Alalakh geworden sei (vgl. Edgar 2021). Auch der biblische König David scheint eine ähnliche Biographie gehabt zu haben (s. 1 Sam 22,2). Das Selbe berichtet EA 148,41-42 von König Abdi-Tirschi von Hazor, dem nördlichen der zwei großen palästinischen Königreiche, was eine starke Habiru-Präsenz auch im nördlichen Gebirge Palästinas nahelegt. In altorientalischen Texten werden die Habiru dennoch d.Ö. neben anderen „Völkern“ genannt (vgl. wieder Waterhouse 2001, S. 40f.). Es ist daher gut möglich, dass das traditionelle „Volks“-Konzept nicht auf die Schasu und Habiru passt und dass sie, obwohl sie ethnisch offensichtlich „Mischvölker“ waren, dennoch als „Völker“ aufgefasst wurden.

Kanaanäer bringen den Ägyptern unterwürfig Sklaven und Luxusgüter als Tribute dar. Wandgemälde, um 1400. (c) BM, EA37991

Wir müssen uns das Palästina der späten Bronzezeit insgesamt also vorstellen als eine Region, die von heftigen Tributpflichten gedrückt wurde, immer wieder von Schlachten und Kriegen der benachbarten Großmächte überzogen wurde, in der auch noch die einzelnen kanaanäische Stadtstaaten miteinander im Clinch lagen und die zusätzlich gebeutelt war von den Scharmützeln der Habiru und Schasu, die vielleicht v.a. ungeschützte Reisende und kleinere Dörfer überfielen und sicher von sie anwerbenden Städtern gegen andere Städter in die Schlacht geschickt wurden und so im Laufe der Zeit vor allem immer größere Teile der Gebirge Nord- und Zentralpalästinas erobert haben. Opfer dieser politischen Situation waren v.a. die Bauern der kanaanäischen Satellitendörfer, die erwirtschaften mussten, was dann in Kriegen verbrannt oder von Schasu und Habiru erbeutet wurde, die jederzeit in den Dienst von Soldaten oder Sklaven gezwungen werden konnten, und von denen man daher annehmen darf, dass sie schon zu dieser Zeit immer wieder ihre Dörfer verließen und sich den Habiru anschlossen.

Den Schasu wird deshalb heute große Aufmerksamkeit geschenkt, weil in drei ägyptischen Inschriften des 14. und 13. Jhds. neben dem „Land der Schasu am/im Seir-Gebirge“ auch vom „Land der Schasu des Jahu`“ die Rede ist, was bedeuten könnte, dass diese Gruppe nicht nur schon im frühen 14. Jhd. in Israel lebte, sondern dort sogar schon zu dieser Zeit einen Gott JHWH verehrte (s. z.B. bes. entschieden Kennedy 2019; vorsichtiger z.B. Leuenberger 2017b, S. 169f.). Dass der Gott JHWH aus diesem Gebirge „zum Volk Israel kam“, sagen in mythischer Sprache auch zwei der mutmaßlich ältesten Texte der Bibel (Ri 5,5; vielleicht Hab 3,3).
Ähnlich bei den Habiru: Falls die Habiru Palästinas eine Rolle bei der Geburt des Volkes Israel gespielt haben sollten, wie meist angenommen wird, müsste aus ihrer Bezeichnung das hebräische Wort für „Hebräer“ entstanden sein, was dann nahelegte, dass sie bei diesem Prozess sogar eine wichtige Rolle gespielt hatten. Beide Gruppen dürften daher für die Entstehung der „Israeliten“ relevant sein, lebten aber offenbar schon mindestens ein Jahrhundert, bevor nach biblischer Chronologie der Exodus stattgefunden haben müsste (frühestens 13. Jhd.), in Palästina.
Auf der Merneptah-Stele (1207 v. Chr.) ist schließlich viertens noch die Rede von einer Personengruppe (statt einem Stadtstaat oder einer Region wie sonst im Kontext) namens „Israel“, über die sonst aus dieser Zeit leider nichts Genaueres überliefert ist. Über die MS ist daher viel nachgedacht worden; letztlich kann man sich aus ihr aber nur erschließen, dass es also im späten 13. Jhd. und damit „zur Zeit des Exodus“ in oder in der Nähe von Palästina auch bereits eine Größe namens „Israel“ gab, die groß und bedeutend genug war, um in einem Atemzug mit den Stadtstaaten Aschkelon und Geser genannt zu werden. Eine weitere ägyptische Inschrift, ÄM 21687 auf dem „Berliner Podest“, könnte mit `Išar-`El ebenfalls die Größe „Israel“ bezeugen, die es dann wie die Schasu und die Habiru sogar schon mindestens seit dem 14. Jhd. in dieser Gegend gegeben hätte (vgl. zur Inschrift z.B. Zwickel/van der Veen 2017, S. 129-131) und die bereits zu diesem Zeitpunkt auf einer Ebene mit „Aschkelon“ und „Kanaan“ gestanden wäre. Ob es sich bei dieser Größe „Israel“ um Kanaanäer, um Schasu, um Habiru oder um eine vierte Gruppe handelte, ist aber ungewiss.
Mit diesen frühen Bezeugungen der Schasu, der Habiru und von „Israel“, die alle Vorfahren der späteren Israeliten sein könnten, stimmt wie gesagt zusammen, dass sich eine Massenflucht von Sklaven aus Ägypten im 13./12. Jhd. durch ägyptische Schriftzeugnisse nicht belegen lässt. Aller Wahrscheinlichkeit nach wurden die späteren „Israeliten“ also in Israel geboren, nicht in Ägypten.

Eisenzeit I: Geburt der Israeliten[Bearbeiten]

Vier Umwälzungen der frühen Eisenzeit (1200-1000: EZ I)[Bearbeiten]
Klimawandel in Palästina von der mittleren Bronze- bis zur frühen Eisenzeit. Nach Soto-Berelov u.a. 2015, S. 106.b

Am Übergang von der Bronzezeit zur Eisenzeit ab dem späten 13. Jahrhundert dann – nach dem biblischen Geschichtsentwurf also zur Zeit des Exodus – lassen sich in der Region Palästinas mehrere Entwicklungen feststellen. Erstens zu nennen ist eine längerfristige und großflächigere Entwicklung: Vom Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. bis etwa zum Beginn des 12. Jhds. stieg die durchschnittliche Temperatur u.a. in Palästina kontinuierlich um insgesamt etwa 1,5 °C an und der Niederschlag verringerte sich (und auch danach noch weiter), weshalb besonders vom 14. auf das 13. Jhd. mediterrane Klimagebiete versteppten und Steppen zu Wüsten verdorrten. Am Ende dieses Klimawandels stand eine 300 Jahre währende „Megadürre“ im ganzen Mittelmeerraum, die ihren Höhepunkt zwischen 1250-1100 v. Chr. erreichte (vgl. Kaniewski/van Campo 2017; zu den Auswirkungen speziell auf Palästina z.B. Langgut u.a. 2015; Langgut/Finkelstein 2023, S. 6; Soto-Berelov u.a. 2015, bes. die Grafiken auf S. 104-106) und in deren Zuge mehrere Großreiche in diesem Raum nach und nach untergingen. Speziell in Palästina schwand so zunächst Weideland und Land für Ackerbau und verdorrten Fruchtbäume, von denen sich daher insgesamt deutlich weniger Pollen aus dieser Zeit nachweisen lassen. Palästinische Land- und Viehwirte muss es danach schwerer gefallen sein, sich selbst zu versorgen und erst recht, Gewinn für die Tributzahlungen zunächst an die kanaanäischen Stadtstaat-Herrscher und über diese dann an die ägyptischen Besetzer zu erwirtschaften. Verblüffenderweise lässt sich das auf den ersten Blick aber gerade nicht zeigen; im Gegenteil scheint in dieser Zeit der bewässerungsintensivere Anbau von Weizen, Einkorn, Linsen und Fruchtbäumen (!) sogar zugenommen zu haben (vgl. Karakaya/Riehl 2019, S. 151f.). Man wird sich dies kaum anders erklären können als so, dass als Reaktion auf die Dürre die Ackerbau-Strategien im Alten Palästina an die neuen klimatischen Verhältnisse angepasst wurden. Dazu gleich mehr.

Palästina zur Eisenzeit I / Richterzeit (12.-10. Jhd. v. Chr.). Eingezeichnet sind bei Phöniziern und Philistern nur bedeutendere Städte und Grenzorte.

Die Archäologie bezeugt uns ab dem selben Zeitraum fünf weitere historische Umwälzungen in rascher Folge: Sie zeigt uns zweitens, dass ab Mitte des 13. Jhds. aus dem mykenischen Kulturkreis (s.o.) die aus ägyptischen Schriftquellen als Mittelmeerpiraten bekannten Philister vor allem ägyptisch regierte Städte an der südwestlichen Küste Palästinas eroberten (vgl. Barako 2013, S. 41f.51) und sich von ihren fünf Stadtstaaten Aschdod, Aschkelon und Gaza direkt an der Küste und Ekron und Gat etwas weiter im Landesinneren rasch in alle Richtungen ausbreiteten, und dass sich schon kurz zuvor weiter nördlich das Handelsvolk der Phönizier an der Küste ausgebreitet hatte (vgl. z.B. Killebrew 2019) und dann immer weiter nach Süden expandierte.c Schon im 13. Jhd. war Sidon im heutigen Libanon (s.u.) eine der bedeutendsten Handelsstädte der Gegend; spätestens im 11. Jhd. waren sie bis nach Jatt vorgedrungen; im 10. Jhd., laut biblischer Geschichtsschreibung also zu Beginn der Königszeit Israels, noch weiter, bis bei Tel Michal und Tel Qasile ihre beiden Gebiete aneinander angrenzten.d
Die Philister beherrschten die südliche Küste, bis Ende des 8. Jahrhunderts die Assyrer ganz Palästina eroberten und die Philister so zunächst zu assyrischen und später zu ägyptischen Vasallenkönigreichen degradiert wurden. Um 600 machte der babylonische Nebukadnezzar den philistäischen Stadtstaaten ein Ende, wonach nach der sogenannten „babylonischen [Besiedlungs-]Lücke“ im 6. Jhd. die Phönizier ab ca. 500 v. Chr. noch weiter nach Süden expandierten und neue Hafenstädte in der einstigen Philistäa errichteten (vgl. z.B. Martin/Shalev 2022). Die Phönizier wiederum herrschten noch zwei weitere Jahrhunderte als babylonische und dann als persische Vasallenkönige an der Küste, bis im späten 4. Jhd. die Griechen dem phönizischen Königtum ein Ende machten. Kurioserweise haben damit große Teile vom Gebiet des heutigen Staates Israel zur Zeit jüdischen Bibel nie zu den Königreichen Israel und Juda gehört; vgl. die rechts in rot eingezeichneten aktuellen politischen Landesgrenzen.e

Zerstörung 13 Jhd 2.jpg
Palistin.jpg

Drittens zeigt uns die Archäologie, dass viele der kanaanäischen Städte um das 13./12. Jahrhundert im Laufe von etwa 100 Jahren zerstört und erst später und nur zum Teil wiederrichtet wurden; manchmal nach einer Besiedlungslücke von über einem Jahrhundert (s. rechts; grob nach Millek 2018. Zu Pella und Abu al Kharaz vgl. Halbertsma 2019, S. 55f.). Es fällt auf, dass fast alle um diese Zeit zerstörten Städte erstens in den wirtschaftlich interessantesten Regionen Palästinas lagen, für die aus früherer Zeit daher auch mehrere ägyptische Expeditionen belegt sind – die Küste, das Jezreel-Tal bei Megiddo und das Aijalon-Tal bei Geser –, und dass sie zweitens danach phönizisch (blau) oder philistäisch (grün) sind oder an philistäisches Gebiet angrenzen (Beth-Schemesch, Azekah, Lachisch, Eton, Beit Mirsim). Zu Qaschisch, Jokneam, Megiddo, Beth-Schean, Pella und Abu al-Kharaz s.u.: Offenbar siedelten auch hier außerhalb des philistäischen Kerngebiets Angehörige der Seevölker (Taanach blieb zunächst unbesiedelt). Aussagekräftig ist auch, welche Städte nicht zerstört wurden: In der direkten Nachbarschaft von Beth-Schean etwa blieben Rekesch und Rehob, in denen sich später auch keine Seevölker nachweisen lassen, bestehen. Auch die umgebenden Dörfer scheinen jeweils nicht zerstört und weiterhin bewohnt worden zu sein (s z.B. Gaß 2006, S. 110; Finkelstein 2014, S. 31-34), was ebenfalls für gezielte Eroberungen spricht. Es ist zwar richtig, das sich bei einer noch größeren Zahl der später philistäischen oder phönizischen Städte keine Zerstörung feststellen lässt (Millek 2021), aber die Regelmäßigkeit ist dennoch zu deutlich, um dies gut anders denn als Eroberungen durch die Seevölker deuten zu können – nur Dan, Jin'am, Bethel und auf der anderen Jordanseite Umm ad Dananir fallen aus diesem Muster und müssen anders erklärt werden.f Bethel und Umm ad Dananir sind auch die einzigen um diese Zeit zerstörten Städte, die im Gebirge liegen. Dass man bei vielen der späteren Seevölker-Städte keine Zerstörung feststellen kann, sollte man daher besser damit erklären, dass Eroberungen im Alten Orient häufig in Form von Blockaden geschahen, die die hungernden und dürstenden Bewohner dazu bringen sollten, sich zu ergeben (vgl. Eph´al 2009, S. 35-43). Von solchen Blockaden durch die Philister berichtet die Bibel z.B. in 1 Sam 23,1-5; 28,4; 2 Sam 5,17f. Den Sinn solcher Belagerungen durch siedlerkoloniale Mächte wie die Philister zeigt uns Dtn 20,10f..
Viertens: Nachdem die Philister auch in die ebenfalls unter der Dürre leidenden Reiche der Ägypter und der Hethiter eingefallen waren und auch die Assyrer mehrere Kriege gegen die Hethiter geführt hatten, geht das hethitische Großreich unter. Spätestens dem 12. Jhd. (Kaniewski u.a. 2011) lassen sich stattdessen nördlich von Palästina die Anfänge eines weiteren, Palistin genanntes und noch größeres philistäisches Reich nachweisen, das wohl bis ins 9. Jhd. Bestand hatte (vgl. z.B. Hawkins 2009; Gilan 2013b, S. 63f.; Weeden 2013; Pucci 2020, S. 137f.; ähnlich Emanuel 2015). Ob es östlich wirklich bis Nampigi reichte, ist unklar; die Türkei, Libanon und Syrien sind archäologisch noch weniger gründlich erforscht als Palästina. Relativ sicher ist aber, dass damit Palästina spätestens ab dem 12. Jhd. nicht mehr eingezwängt war zwischen dem hethitischen und dem ägyptischen Großreich, sondern zwischen den palištim („Philistern“) im Südwesten und dem Königreich Palistin im Norden, und dass die Kanaanäer von Philistern und Phöniziern um gut die Hälfte der Fläche ihrer einstigen Herrschaftsgebiete gebracht worden waren.
Dafür schwindet fünftens mit der Zerstörung der kanaanäischen Städte und der ägyptischen Residenzen in diesen Städten nach und nach auch die Präsenz der Ägypter in Palästina. Dass auf der Merneptah-Stele davon gesprochen wird, Merneptah habe Kanaan „gefangen genommen / erbeutet“ (26), wird man so deuten müssen, dass dieser Prozess um 1208 v. Chr. schon weit vorangeschritten war und Merneptah allenfalls noch einmal kurz „das Ruder herumriss“; da in Megiddo und Lachisch aber noch Monumente des in den 1140ern regierenden Pharao Ramses VI gefunden wurden, scheint auch diese Entwicklung gut ein Jahrhundert angedauert zu haben. Manche Forscher gehen außerdem davon aus, dass nach dem Zusammenbruch des Hethiterreiches auch viele flüchtende Hethiter nach Palästina einwanderten. Archäologisch lässt sich das aber nicht nachweisen; es ist daher unwahrscheinlich, dass dies in großem Stil geschah (Gilan 2013).

Das Zentralgebirge[Bearbeiten]
Bergland.jpg

Sechstens aber, und hier am wichtigsten, lässt sich fast zeitgleich in drei Regionen Palästinas eine kleine Völkerwanderung feststellen. Rechts sind diese Regionen hellblau und weiß eingefärbt. Von oben nach unten nennte man die westlich des Jordan für gewöhnlich

  • „galiläisches Bergland“
  • „Bergland Manasses“
  • „Bergland Ephraims“
  • „judäisches Bergland“.

Das ostjordanische könnte man entsprechend nennen:

  • „ammonitisch-moabitisches Bergland“.

Am wichtigsten für uns sind zunächst das Bergland Manasses und das Bergland Ephraims. In diesen Regionen explodiert ab der frühen Eisenzeit (ab dem 12. Jhd., s. Bimson 1991, S. 12f.) die Zahl der kleinen Siedlungen im Hochland: Nach einer weitgehenden Siedlungslücke von gut 300 Jahren nimmt ihre Zahl im Laufe der nächsten zwei Jahrhunderte immer mehr zu, bis sie sich im 11. Jhd. in manchen Gegenden verzehnfacht hat und insgesamt auf mehrere hundert Dörfer beläuft. Im judäischen Bergland geschieht dies zeitversetzt erst im 10.-9. Jhd. und in weit kleinerem Stil (auf die anderen zwei Gebirge und auf noch ein sechstes werde ich weiter unten eingehen).
Gleichzeitig werden die wenigen Städte, die zuvor in diesen Regionen lagen, entweder aufgegeben und ebenfalls als kleine Dörfer neu besiedelt oder sie waren schon zuvor und über längere Zeit auf diese Größe zusammengeschrumpft. Einige Beispiele: Nach der häufigsten Interpretation wurde die kanaanäische Stadt Taanach Mitte des 12. Jhd.s zerstört und dann erst um das Jahr 1000 als Dorf neu besiedelt (vgl. allerdings Finkelstein 1998). Hefer war einst kanaanäischer Stadtstaat gewesen und schon im Laufe der Jahrhunderte auf Siedlungsgröße zusammengeschrumpft. Der Kultort / das administrative Zentrum in Ebal wurde Mitte des 12. Jhd.s ganz aufgegeben. Ungefähr zur selben Zeit wurde auch Sichem zerstört und nicht neu besiedelt. Ähnlich wie in Ebal wurde in Silo, wo sich laut 1 Sam 1-4 Samuels Tempel befunden haben soll, das nomadische Heiligtum der Spätbronzezeit aufgegeben; hier wurde stattdessen eine Siedlung errichtet. Bethel war im 14.-13. Jhd. eine große Stadt, in der bekanntlich schon Jakob Mazzebe und Altar errichtet haben soll. Ende der Bronzezeit aber wurde auch diese Stadt zerstört und mit einem kleinen Dorf neu besiedelt. Die weltweit am intensivsten archäologisch erforschte Stadt Jerusalem war schon in der Spätbronzezeit keine Stadt mehr, sondern ein kleines Dörfchen. Im Laufe der frühen Eisenzeit und frühen mittleren Eisenzeit wuchs Jerusalem zwar anscheinend schon wieder zu einem städtischen Mittelzentrum an, Hauptstadt-Status kann man aber frühestens ab dem späten 9. oder eher dem frühen 8. Jhd. annehmen (vgl. z.B. Ben-Ami/Tchekhanovets 2016; Winderbaum 2021, S. 444f.). Von einer Königsstadt Davids und Salomos schon zur Eisenzeit IIa fehlt archäologisch jede Spur. Auch der einstige Stadtstaat Hebron, laut biblischer Geschichte Davids erste Königsstadt, war schon in der mittleren Bronzezeit aufgegeben und in der Spätbronzezeit nur noch als Friedhof genutzt worden, um dann in der frühen Eisenzeit mit einem kleinen Dorf neu besiedelt zu werden. Ähnliches gilt übrigens auch für Sauls Königsstadt Gibea: Welcher Ort damit gemeint ist, ist umstritten; an keinem der diskutierten Orte hat sich zu Sauls Zeit aber eine Stadt befunden. Khirbet Rabud schließlich ist ein Beispiel für die langsamere Entwicklung Südpalästinas: Khirbet Rabud war vom 14.-11. Jhd. eine befestigte Stadt und wurde erst im 10. Jhd. als Dorf neu errichtet. In der Eisenzeit I ist Khirbet Rabud daher wahrscheinlich noch eine kanaanäische Stadt.

Zwei Dorf-Cluster. Rechts im Zentrum: Silo. (c) Miller 2005b, S. 31.
Links: Einige kanaanäische Stadtstaaten Ende der Bronzezeit.g (c) Finkelstein 2014, S. 19.
Rechts: Proto-israelitische Siedlungen im Hochland der Eisenzeit I. (c) Shanks 1992, S. 11
S. auch die sehr schöne Karte in Lehmann 2021, S. 279.

Am Ende dieses Prozesses ist damit das Bergland Palästinas nicht mehr bedeckt von einem Flickenteppich einzelner größerer Stadtstaaten, sondern von einem engmaschigen Netzwerk kleiner Dörfchen, von denen die meisten um die 100-150 und keines mehr als 400 Einwohner fasst. „Netzwerk“ deshalb, weil Miller 2005b und Palmisiano 2013 stark gezeigt haben, dass sich mehrere Dorfgruppen-Cluster mit jeweils einem etwas größeren Dorf im Zentrum feststellen lassen: Offenbar galt ortsweise auch für diese Dorfgesellschaft, dass „man zusammengehörte“ – nun aber nicht mehr als gemeinsame Untertanen eines zentralen Stadtstaates, sondern als Dörfergemeinschaft mit kleinen regionalen Zentren, in denen sich z.B. Schmieden oder Töpfereien befunden haben könnten und in denen vermutlich auch jeweils der Häuptling einer Dorfgruppe wohnte.

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Ökonomisch lässt sich die Besiedelung des Zentralgebirges in der Klimakrise der frühen Eisenzeit gut erklären: Im Bergland Israels gibt es erstens höhere Niederschlagsmengen. Rechts sieht man, wie die fünf Berglandregionen sich überwiegend auf die am stärksten beregneten Gegenden des noch nicht durch Phönizier und Philister dominierten Palästina konzentrieren. Darüber hinaus ist an Hängen der Effekt von Niederschlag größer, weil zusätzlich zum lokalen Niederschlag auch noch Rinnwasser den Boden befeuchtet und weil wegen des felsigen Untergrunds das Wasser langsamer versickert. Durch künstliche Terrassen lässt sich dieser Effekt noch steigern (vgl. zur Technik z.B. Evenary u.a. 1982, S. 109; Hopkins 1985, S. 173-186; Gibson 2015, S. 298-303; Ackermann u.a. 2018). Radiokarbon- und OSL-Datierungen von Terrassen machen wahrscheinlich, dass man Terrassenbau mindestens schon in der frühen Eisenzeit praktizierte (vgl. z.B. Avni u.a. 2012, S. 24; Pola u.a. 2016, S. 92; Bruins/van der Pflicht 2017).h Evenary u.a. haben für den Negev kalkuliert, dass man so mit bis zu vier Fünftel weniger Niederschlag auskommt. Weiters hatte man offenbar erst kurz zuvor die Technik entwickelt, Zisternen in den weichen Kreidestein zu hauen, in denen zusätzliche Wasservorräte gespeichert werden konnten (vgl. Callaway 2009, S. 39f.). Auch solche Zisternen finden sich daher in großer Zahl in ausgegrabenen Hochlandsiedlungen der frühen Eisenzeit. Außerdem gab es in der ausgehenden Bronzezeit mit ihren schwächer sprudelnder Flachlandbrunnen und -Quellen noch eine Reihe natürlicher Gebirgsquellen fern von bereits bewohnten Siedlungen, die noch beansprucht werden konnten und in deren Nähe daher viele der neu errichteten Siedlungen liegen (vgl. z.B. Gal 1992, S. 86; Zertal 1988, S. 343-345).i Höhere Niederschlagsmenge, wassersparende Terrassentechnik, wasserspeichernde Zisternentechnik und frei verfügbares Quellwasser muss das Gebirge in den Zeiten der Dürre zu einem immer attraktiveren Ort für palästinische Viehhirten und Landwirte gemacht haben. Die ökonomischen und ökologischen Hintergründe dieser kleinen Volkswanderung lassen sich also gut erklären. Die politischen Hintergründe dagegen sind sehr umstritten.

Auch, wie insgesamt diese sechs Entwicklungen in kurzem Zeitraum – (1) Megadürre, (2) Ansiedlung von Phöniziern und Philistern an der Küste, (3) Zerstörung vieler kanaanäischer Städte, (4) Zusammenbruch des hethitischen Großreichs, (5) Abzug der Ägypter, (6) Explosion der Bergland-Dörfer – miteinander zusammenhängen, ist unklar, und auch deshalb ist ungewiss, welche Gruppe(n) sich eigentlich aus welchen Gründen im Bergland ansiedelte(n). Dass dies so unklar ist, ist deshalb so ärgerlich, weil es sich mindestens bei einigen von ihnen fast sicher um die späteren Israeliten handelt, da die Bücher Josua und Richter noch deutliche Reflexe einer Eroberung Israels vom Gebirge aus bewahrt haben (und da ohnehin sonst keine Regionen mehr da waren, in denen es sonst geschehen hätte können). Es ist sogar möglich, dass schon diese Dorf-Cluster die Vorläufer der „Stämme“ waren, in die sich später die Gesellschaft Israels gliedern sollte, da zwei der Stämme wahrscheinlich nach den Gebirgen benannt sind, auf denen sie lebten (gut Knauf/Niemann 2021, S. 76: Der Stamm „Efraim“ nach dem gleichnamigen Gebirge, der Stamm „Juda“ nach wahda, dem „Abgrund“ s. DAHPN s.v. Das biblische Zwölf-Stämme-System ist aber gewiss eine späte Entwicklung; vgl. Kallai 1995, 1999; Macchi 1999; Grabbe 2007, S. 106).

Vergleicht man einige charakteristische Züge von Lebensweise und Lebensstil der Bevölkerungsgruppen im palästinischen Raum der frühen Eisenzeit, kann man zumindest fast sicher ausschließen, dass die Bevölkerung der Bergland-Siedlungen sich überwiegend aus Phöniziern, Philistern oder kanaanäischen Städtern speiste. Nicht deshalb, weil die Bergland-Siedlungen sämtlich deutlich kleiner waren als die Städtchen und Städte in den Tälern und Ebenen; auch nicht deshalb, weil die Bevölkerung in diesen Siedlungen überwiegend autark und ärmlich lebte und sich anders als „Städter“ gleichzeitig durch Viehwirtschaft und Getreideanbau auf Terrassen ernährte, und auch nicht deshalb, weil die Bergsiedler fast ausschließlich in Pfeilerhäusern lebten, die wohl gleichzeitig auch als Ställe für das Vieh der Familie dienten, während Kanaanäer überwiegend in Hofhäusern, Phönizier in Hofhäusern und T-förmigen Häusern und Philister in „linearen Häusern“ lebten, die wahrscheinlich nicht als Ställe verwendet wurden (vgl. zum Stall-Haus Dalman, AuS VI S. 280f.; Stager 1985, S. 12; Bilder beim Madain Project; zum Hofhaus v.a. Gilboa u.a. 2014, S. 54.57f.64; zum T-förmigen Haus Edrey 2018, S. 95, zum linearen Haus Aja 2009, S. 262f.; hier eine Grafik) – zu dieser Lebensform zwangen wohl auch die klimatischen Bedingungen und die geographischen Gegebenheiten des Berglands. Sondern wegen der Organisation des öffentlichen und kultischen Lebens, das sich an Ausgrabungen ablesen lässt:

Phönizier Philister Kanaanäer Bergland-Siedler
materielle Kultur: Gemeinsame Infrastruktur und öffentliche Gebäude (=> Lagerhäuser, administrative Bauten, ...). Daher auch Handel untereinander: In phön., phil. und kan. Städten und Gräbern stets auch typisch phön. & phil. Keramik, auch gehandelte oder importierte Luxusgüter Keine öffentlichen Gebäude (außer evt. Silo, so häufig bes. Finkelstein. Aber s. Jericke 2019). Wenig Handelsbeziehungen nachweisbar; stattdessen überwiegend selbstgefertigte Werkzeuge & Keramik (vgl. z.B. Faust 2009, 2016). Importierte oder erhandelte Luxusgüter so selten, dass sie Erbstücke sein können (Listen in Zwingenberger 2001, S. 386-401; Miller 2005b, S. 45-52).
Religion: In mehreren Städten Tempel und Schreine mit Bamah und Altar; in Privathaushalten oft Figurinen (z.B. Phön: Psi-Figurine, Phil: Aschdoda, Kan: Pfeilerfigurine; vgl. z.B. Edrey 2018, S. 112f.124ff.181; Ben-Shlomo 2019). Daneben oft Kleinfunde wie kultische Gefäße, Räucherkästen u.ä. Öffentliche Kultstätten: Nur die „Bull Site“, offenbar ein Clan-Heiligtum von fünf Dörfern (dazu z.B. Wenning/Zenger 1986b, allerdings auch Koenen 2015: kultischer Charakter unsicher; Zertal 1986, S. 114; Miller 2005b, S. 46: falsch datiert. Der Altar (?) auf dem Ebal war spätestens 1140 v. Chr. außer Gebrauch und ist daher irrelevant). Daneben nur vereinzelte Funde möglicherweise kultischer Keramik wie bes. die „Raddana-Schale“ (vgl. Zwingenberger 2001, S. 438-448), keine Figurinen.
Totenkult: multiform. Bei allen nachweisbar: Erdbegräbnis, Kremation, Schachtgrab, (Doppel-)Urnengrab (zu letzterem bei Phil s. Mazow 2014, S. 143f.), bei Phön + Kan außerdem Höhlengrab, Kistengrab und für bes. Wohlhabende Sargbegräbnis (vgl. noch Dixon 2013; Ben-Shlomo 2008), bei Kan ab 10. Jhd. auch Bankgrab. Im Norden vom 12.-9. Jhd. neben Khirbet Nisya gar kein Grabfund (vgl. z.B. Faust 2004; Nabulsi 2017, S. 19f.; zu Tel Dothan und Gibeon s.u.), im Süden Felsengrab und ab 8. Jhd. Bankgrab (Bloch-Smith 1992, S. 39f.52.60f.; Zwingenberger 2001, S. 454-463; Fantalkin 2008; Suriano 2018, S. 57).

Ergänzen könnte man noch, dass bei den Philistern bis zur frühen Eisenzeit Schweinefleisch ortsweise bis zu 25% der tierischen Nahrung ausgemacht hat, was für das Bergland fast gar nicht gilt (vgl. z.B. Sapir-Hen u.a. 2015), obwohl dort in der Bronzezeit sehr wohl Schweinefleisch verzehrt wurde. Das Fehlen von Schweinen im eisenzeitlichen Bergland kann aber auch nur dadurch ökonomisch bedingt sein, dass Schweine und Menschen Nahrungskonkurrenten sind und die Hochländler nicht genug für beide Spezies produzieren konnten (richtig Frevel 2018b, S. 84).
Mit der Lebensweise der Schasu und Habiru lassen sich die genannten Zeugnisse nur schwer vergleichen, da von ihnen qua Beduinen archäologisch nur wenig bekannt ist. Sollten Levy/Adams/Muniz 2004 Recht behalten und der Friedhof am Jabal Hamrat Fidan ist ein Schasu-Friedhof (naheliegend, da als Grabbeigaben anders als sonst üblich gar keine zerbrechlichen Keramikgefäße, sondern ausschließlich hölzerne gefunden wurden, die Nomaden gut transportieren konnten), muss man aber immerhin auch hier einen Gegensatz zwischen den Felsgräbern mit Keramikgefäßen in den südlichen Bergsiedlungen vs. den Kistengräbern mit Holzgefäßen der Schasu statuieren.

Nimmt man das zusammen, lassen sich unterschiedliche historische Entwicklungen annehmen. Die härteren Lebensbedingungen aufgrund des Klimawandels werden gewiss zu Spannungen zwischen Kanaanäern und Ägypten einerseits und kanaanäischen Bauern und Städtern andererseits geführt haben. Sie werden außerdem die Schasu gezwungen haben, ihre Lebensweise und ihren Lebensraum anzupassen, wozu die Ansiedlung der Philister zusätzlich beigetragen haben wird. Der Niedergang des Handels durch die Schwächung Ägyptens und das Ende des hethitischen Großreichs und die geringere Ausbeute in den verarmenden kanaanäischen Dörfern wird auch den Habiru zunehmend Probleme bereitet haben.
Hiernach lässt sich dann theoretisch weiter alles annehmen von friedlichen Umsiedelung von Kanaanäern ins besser zu bewässernde Gebirgsland bis hin zum Bürgerkrieg zwischen Ägyptern, kanaanäischen Herrschern, kanaanäischen Bauern, Habiru, von den Philistern nach Norden verdrängten Schasu, „Israel“ und später auch den Philistern selbst, in dessen Zug aus all diesen verschiedenen Gruppen die Menschen massenweise ins Gebirge geflohen wären.
Geht man von der deutlichen Zerstörungsschicht kanaanäischer Städte und ägyptischer Residenzen darin aus, wird das erste Extrem aber unwahrscheinlich. Und setzt man am unterschiedlichen Profil von Bergland- und Flachland-Kulturen an, sind m.E. der heißeste Kandidat für den Hauptträger dieser Volkswanderung die palästinischen Habiru: Dass diese schon vorher u.a. im Gebirge gelebt hatten, zeigen die Amarna-Briefe, und eine dominante Habiru-Bevölkerung im Gebirge erklärt am plausibelsten das Fehlen von Grab- und Kultstätten (die sie ja auch vorher nicht errichtet haben) und den nur lockeren Zusammenhalt zwischen den einzelnen Siedlungen. Dass in den Habiru-Siedlungen Häuser gebaut und Keramik getöpfert wurde, wie man sie vereinzelt auch aus den kanaanäischen Ebenen kennt, ließe sich dann damit erklären, dass die Habiru – wie ja ebenfalls schon bekannt ist – im Laufe der Zeit immer wieder kanaanäische Siedlungen erobert und sich ihnen immer wieder Kanaanäer angeschlossen hatten.
Am ehesten ist daher anzunehmen, dass (1) infolge der Dürre wirklich immer häufiger Revolten, Aufstände und Kleinkriege ausbrachen, deren Zeuge die zerstörten kanaanäischen Städte sind, dass (2) deshalb und wegen den immer schwerer zu tragenden Tributforderungen von Ägyptern und kanaanäischen Herrschern immer mehr kanaanäische Bauern zu den Habiru überliefen, dass (3) danach und nach dem Zusammenbruch des Handels auch die Habiru Versorgungsprobleme hatten und dass sie sich deshalb (4) nach und nach ganz vom Flachland ins Gebirge zurückzogen, (5) um sich nun aber dort unter Anleitung der Bauern in ihren Reihen selbst zu versorgen. Ähnlich hat diesen Prozess bes. einflussreich etwa bereits Gottwald 1979, S. 210-219 modelliert, der sich dabei allerdings die Habiru insgesamt nach Mendenhall 1973, S. 122-141 als rein revolutionäre Bewegung der aufständischen kanaanäischen Unterschicht vorstellt. Noll 2001, S. 162 hat ein etwas friedlicheres Modell entwickelt: Bauern hätten wegen der hohen Besteuerung ihre Dörfer verlassen und seien dann gemeinsam mit den „Beduinen“ außerhalb der Städte und Dörfer, die nun „wegen der Steuerpolitik der Ägypter“ nicht mehr mit den Kanaanäern handeln konnten, ins Gebirge umgezogen (ähnlich Lehmann 2001, S. 75).j Ähnlich sind auch die Modelle von Stiebing 1989, S. 190f.; Kratz 2017b, S. 13f. und Dever 2017, S. 222-233, wobei Letzterer nur von einem anderen Mengenverhältnis ausgeht: Primär aus ökonomischen Gründen landflüchtige kanaanäische Dorfbewohner, daneben auch Habiru.k

Kanaanäische Enklaven[Bearbeiten]

In der Schefela-Ebene westlich des judäischen Berglands allerdings blieben in der frühen Eisenzeit einige kanaanäischen Kleinstädte bestehen (s.u., Bild 1): Tel Azekah, Tel Burna, Tel Zajit, Tel Eton, Lachisch und im 11. Jhd. auch Tel Jarmuth (vgl. ABD III, S. 645f.) wurden zwar zerstört und zunächst nur Tel Burna als kleine Siedlung und Tel Eton (vgl. Faust/Katz 2015, S. 91f.) als Kleinstadt neu errichtet. Aber Beth-Schemesch, Tel Beit Mirsim und vermutlich auch Keila bestanden als Städte und seltsamerweise auch Khirbet er-Ra'i als kleines Dörfchen fort. Auch Tel Halif bestand weiter; während sich aber in den anderen Städten ab dem 12. Jhd. einige philistäische Keramik findet, gilt das weit weniger für diese Stadt. Wie dies zu deuten ist, ist umstritten: Entweder blieben die Orte der Schefela-Ebene in der frühen Eisenzeit noch kanaanäisch und manche Städte handelten intensiver mit den Philistern als andere (so z.B. Na'aman 2011; Bunimovitz/Lederman 2011, 2014; Faust/Katz 2011; Faust 2020), oder nach einem philistäischen Sieg über die genannten Städte unterwarfen sich die wenigen übrigen kanaanäischen Schefela-Orte bis hinunter nach Tel Beit Mirsim den Philistern, wonach sich dort nach und nach beide Bevölkerungsgruppen vermischten (ähnlich z.B. Fantalkin 2008, S. 31; Lehmann/Niemann 2014; Faust 2019b).
Ich halte die Kanaanäer-Deutung für plausibler. Für die Philisterdeutung spricht zwar erstens, dass bei Tel Eton ein Philistergrab gefunden wurde, und zweitens, dass auf der Nimrud-Platte noch Adad-Nirari III um 800 v. Chr. in Südpalästina neben der Philistäa und Edom kein anderes Reich zu kennen scheint (COS II 276: „Ich unterwarf [alles östlich] des Eufrat-Ufers: ... Das [phönizische] Gebiet von Tyrus, das [phönizische] von Sidon, das Gebiet Humris [=Omris, also das Nordreich Israel], das Gebiet von Edom [=der Negev? S.u.] und das Gebiet der Philistäa, [alles] bis zum großen Meer im Westen.“). Aber die Kanaanäer-Deutung harmoniert besser mit einem weiteren Siedlungsprozess im 10./9. Jhd. Für diesen muss ich etwas weiter ausholen, aber es lohnt sich. Besonders Faust hat häufig gut darüber geschrieben (v.a. in Faust 2013; Faust 2014; Faust 2020). Nachdem nun Daten neuer Radiokarbon-Messungen vorliegen und neuerdings auch Lachisch noch gründlicher ausgegraben wurde, lässt sich der Prozess aber noch etwas genauer in den Blick bekommen:

links: Schefela und Umgebung um 1200. Rechts: im 9. Jhd. Im 12./11. Jhd. sind klar die Philister die dominierende Macht in Südpalästina: Faust 2020, S. 118f. kalkuliert (nach Finkelstein) für den Beginn der Eisenzeit die Einwohnerzahl der Philistäa auf 30.000, die in der Schefela dagegen nur auf 1500 und die im judäischen Bergland auf 7000.

Dabei dürfer er allerdings die Schefela unter- und das judäische Bergland massiv überschätzt haben. In der Schefela rechnet er erstens nicht den Ort Keila ein, der zuvor ein bedeutender Ort in dieser Gegend gewesen war. Seine Größe zur frühen Eisenzeit lässt sich heute heute nicht mehr erkennen, weil die Ruinen durch Bauarbeiten verwüstet wurden; die gefundene Keramik macht aber sicher, dass es ihn zur dieser Zeit immerhin gab. Auch Khirbet Rabud rechnet Faust nicht ein, obwohl der Ort zu dieser Zeit wahrscheinlich noch zum kanaanäischen Kulturkreis gehörte (s.o.). Er rechnet auch nicht ein, dass manche spätbronzezeitlichen Orte in der Schefela nur über einen längeren Zeitraum schwanden. Tel Jarmuth z.B. wurde erst im 11. Jhd. zerstört, Khirbet Qeiyafa (s. gleich) im selben Jahrhundert gegründet. Entweder den einen oder den anderen Ort müssen wir also dazurechnen. Außerdem übergeht er die vier „hiwitischen“ Orte um Gibeon, die ich oben noch markiert habe. Die Geschichte von Gibeon am südlichen Rand des Zentralgebirges wird noch nicht gut verstanden; ähnlich wie die des verwandten Orts Tel Dothan am nördlichen Rand. Beide verbindet, (1) dass sie nach Surveys zu urteilen zu je einer Ortsgruppe mit für das Zentralgebirge ungewöhnlich großen Orten gehören – Gibeon wie gesagt zu den anderen drei „hiwitischen“ Orten Kirjat-Jearim (wird gerade erst ausgegraben), Beerot (= Khirbet el-Burj), Kefira und wohl auch noch Beth-Horon (letztere drei noch nicht ausgegraben), Tel Dothan zu den leider sämtlich noch nicht ausgegrabenen anderen Orten el-Khrab, Khirbet Rujjam und dem einstigen Stadtstaat Tel el Muhaffar (= Hefer) im Dothan-Tal. (2) Beide verbindet auch eine ungewöhnliche Siedlungsgeschichte: Wie viele Berglandsiedlungen waren sie sowohl in der mittleren Bronzezeit als auch in der frühen Eisenzeit bebaut, in der späten Bronzezeit aber nicht. Sie unterscheiden sich aber darin von den anderen Berglandsiedlungen, dass sich in beiden Ortsgruppen größere Grabanlagen finden, die dennoch von der mittleren Bronzezeit bis zur frühen Eisenzeit inklusive der späten Bronzezeit in Gebrauch waren – mit Ausnahme von Askar die einzigen überhaupt im Zentralgebirge der frühen Eisenzeit (vgl. Lehmann/Varoner 2018, S. 237.253). (3) Tel Dothan unterscheidet sich auch darin von den anderen Berglanddörfern, dass hier aus der frühen Eisenzeit ein Altar, viele kultische Figurinen und ein administratives Gebäude gefunden wurden (vgl. Miglio/Dutton 2018); Dothan hat also in jeder Hinsicht ein anderes Profil als die üblichen Berglanddörfer im Zentralgebirge. Auch in der Ortsgruppe um Gibeon wird im späten 10. Jhd. mit Motza in der direkten Nachbarschaft von Jerusalem ein Städtchen mit einem eigenen Tempel und mit administrativen Gebäuden erbaut werden (vgl. Kisilevitz/Lipschits 2020; Greenhut 2021), auch hierin ähneln sich also die beiden Ortsgruppen und unterscheiden sich vom Umland.
Scheschonq 2.jpg
(4) Noch ein Weiteres muss bei Gibeon in der frühen Eisenzeit berücksichtigt werden: Als Pharao Scheschonq in den 940er- oder 920er-Jahren seine drei Schneisen in das Land Palästina schlägt, gehören offenbar Gibeon, Beth-Horon und vielleicht Kirjat-Jearim (äg.: kidiataim = kirjataim?) mit Aijalon, Rabbah und eventuell Geser (vgl. Junkkaala 2006, S. 198f.)l zu einer Ortsgruppe zusammen und werden daher gemeinsam erobert, während wiederum Aijalon, Rabbah und Geser bereits zuvor unter die Hoheit der „Schefeliten“ gekommen war (s. gleich). All dies – das mit Ortsgröße, Gräbern, Kultstätten und administrativen Gebäuden andere Profil als die anderen Berglandsiedlungen und die Behandlung gemeinsam mit den Siedlungen im Tal beim Feldzug von Scheschonq – spricht dafür, dass man die Ortsgruppe um Gibeon trotz der Lage im Gebirge nicht zu den Berglandsiedlungen, sondern noch zum Kulturkreis der Schefela rechnen muss, mit der sie schon seit der mittleren Bronzezeit verbunden waren, so dass man nicht nur Keila, Khirbet Rabud und entweder Tel Jarmuth oder Khirbet Qeiyafa militärisch noch zur Schefela rechnen muss, sondern auch noch diese Orte. Das dem Tempel in Motza vorangehende Heiligtum wird man übrigens dann entsprechend nicht als ein zweites judäisches Heiligtum erklären müssen wie die Ausgräber, sondern als das Grenzheiligtum der „Bergland-Schefeliten“ an der symbolischen Grenze des Nahal Besor. Und schließlich rechnet Faust nicht den philistäischen „Synoikismos“ ein: Weil in der Philistäa so viele kleine Orte schwanden und die meisten Orte für das Palästina der frühen Eisenzeit ungewöhnlich groß waren, nimmt man heute häufig an, dass die Philister die kanaanäischen Bewohner dazu zwangen, in ihre Städte umzusiedeln (vgl. z.B. Bunimovitz 1998, S. 107f.; Shavit 2008, S. 160; Faust/Katz 2011, S. 235f.). Auch in Geser und Timna und ohnehin in den Orten um Aijalon werden daher vor allem Kanaanäer gelebt haben, die im gleich beschriebenen Prozess revoltiert haben könnten. Es ist damit gut möglich, dass man die militärische Macht der Schefela-Bewohner in Fausts Kalkulation vervielfachen muss.
Beim judäischen Bergland dagegen rechnet Faust nicht ein, dass die judäischen Berglanddörfchen überwiegend erst im 10./9. zur mittleren Eisenzeit errichtet wurden, so dass man zur frühen Eisenzeit noch nicht mit ihnen rechnen kann. Aber Kalkulationen von Einwohnerzahlen und militärischer Macht sind ohnehin nur approximativ; die Machtverhältnisse sind so und so deutlich: Philistäa war mächtig, Schefela und Bergland weniger. Rechnen wir wie Faust, müssten wir im 11. Jhd. allein für Ekron 6000 und für Gat 5000-7500 Einwohner annehmen. Auch mit Keila, Khirbet Rabud, Jarmuth und den hiwitischen Orten dürfte die Zahl waffenfähiger Schefeliten insgesamt kaum die allein dieser beiden Städte erreicht haben.

Als diese dominierende Macht dringen die Philister im Laufe der frühen Eisenzeit immer weiter in die Schefela vor: In dieser Zeit neu errichtet wurden z.B. Tel Erani, Khirbet Summeily,m Umm al Baqar, Tel Nagila und der kleine Tempel Nahal Patisch. Im 11. Jhd. wird außerdem Beth-Schemesch einmal zerstört, was ebenfalls mit den Philistern zusammenhängen könnte (hauptsächlich sind (1) die zuvor nicht erfolgte Zerstörung, (2) die Zerstörung im 11. Jhd. und (3) die darauf folgenden Entwicklungen der Grund dafür, warum man Beth-Schemesch i.d.R. nicht mit den Städten Geser und Timna mit ähnlicher materieller Kultur als philistäische Grenzstädte zusammenfasst, sondern als kanaanäisch/israelitisch ansieht).
Die Bewohner der Schefela aber rüsten ebenfalls auf (s. die Orte in orange auf Bild 2); vielleicht als Reaktion auf die Zerstörung von Beth-Schemesch: Im 11./10. Jahrhundert entstehen entlang der Grenze mit Tel Scheqef, Tel el-Hesi und Tel Milha kleine Festungen; auch Tel Burna wird zu einer solchen Festung ausgebaut (vgl. Blakely 1981, S. 240f.; Blakely u.a. 2014). Vor allem aber werden Beth-Schemesch und Lachisch als befestigte Städte neu errichtet (zu Lachisch vgl. Garfinkel u.a. 2019; Kang u.a. 2023) und mit Khirbet Qeiyafa wird eine ebenso befestigte Kleinstadt ganz neu aus dem Boden gestampft. Eventuell gehört auch Tel Beit Mirsim in diese Reihe; wann dort die Stadtmauer errichtet wurde, ist aber noch nicht sicher. Charakteristisch ist für die meisten dieser Orte die Kasematten-Bauweise der Mauer (Ausnahmen: Lachisch und Tel el-Hesi mit Stadtmauern älteren Stils). Den selben Mauertyp sieht man im 10. Jahrhundert auch in Timna und auch in Geser, das nach einer Zerstörung um 1000 v. Chr. ebenfalls mit einer solchen Mauer neu errichtet wird. Beide Orte scheinen also nun von den Bewohnern der Schefela kontrolliert worden zu sein (zu Geser vgl. Webster u.a. 2023. Aijalon, Tel el Kokah und Rabbah wurden noch nicht ausgegraben, gehören zu dieser Zeit als Mittelzentren aber klar zum Einzugsgebiet des Oberzentrums Geser. Solange sie noch nicht ausgegraben sind, muss annehmen, dass sie das Schicksal von Geser teilten).

Zeitgleich schrumpfen Ekron und an der Küste auch Aschdod massiv zusammen, während Gat etwas weiter südlich umso stärker anwächst (Ekron von 24 auf 4 ha, Aschdod von 7 auf 1 ha und Gat von 20-30 im 11. Jhd. auf unglaubliche 40-50 ha im 9. Jhd. Aschkelon maß im 8./7. Jhd. sogar 60 ha; wie groß es zur EZ I und EZ IIa war, ist aber nicht klar).n Im 11./10. Jhd. scheinen im Nordosten der Philistäa die Bewohner der Schefela also stärker gewesen zu sein als Ekron.
Diese philistäische Schwäche breitet sich im 9. Jahrhundert noch weiter aus, als der Prozess in eine dritte Phase geht: Die südöstlichen Grenzorte Tel Erani, Khirbet Summeily, Umm al Baqar und Nahal Patisch werden sämtlich zerstört oder aufgegeben. Nur Tel Nagila besteht im Südosten fort, könnte aber von einem anderen Volk bewohnt worden sein (vgl. z.B. Shai u.a. 2011, S. 37f.). Es ist sehr wahrscheinlich, dass dies direkt mit dem Feldzug von Scheschonq zusammenhängt, der kurz zuvor in der direkten Nachbarschaft mindestens in Tel Jemmeh und Tel el-Far'ah westlich von Nahal Patisch und wahrscheinlich auch in den kleinen Gehöften südöstlich davon operiert hat (s.o.).

Ab dieser Zeit im ganzen Land außerhalb der Gebirgsregionen auftauchende ägyptische Stempelsiegel (für eine schöne Karte s. Münger 2018, S. 44), größere Zahlen ägyptischer Grabbeigaben (s. Mumford 2007, S. 168f.) und speziell ägyptischer Keramik (s. Ben-Dor Evian 2011, S. 110) sowie überraschend häufig gefundene Überreste importierten Nilfisches (s. van Neer u.a. 2004, S. 111-117) machen wahrscheinlich, dass hiernach kurze Zeit wieder die Ägypter Kontrolle über weitere Teile des Landes ausübten (Ben-Dor Evian 2017b, S. 35f.). Unter dieser Schirmherrschaft wächst weiter nördlich die Zahl der nicht-philistäischen Siedlungen rasant (s.o.: gelb): Im Bergland etablieren sich neben Khirbet Midja noch el Burj und Khirbet el-Kunnisa als Mittelzentren; auch Scha'albim wird wiederbesiedelt. Um diese Dörfer herum gruppieren sich weitere 29 Dörfchen und Weiler, die alle ab dieser Zeit gegründet worden zu sein scheinen (vgl. Shavit 2000. Zur Erinnerung: Auch im judäischen Bergland tauchen diese Dörfchen überwiegend erst zu dieser Zeit auf). Damit grenzt der Raum der Berglandsiedlungen direkt an die Ebene an, was vielleicht zuvor die Präsenz der Philister verhindert hatte. Die Orte um Gibeon blühen nach der Eroberung von Scheschonq wieder auf; südlich davon wird wie gesagt das Heiligtum in Motza zu einem Städtchen mit zentralen Lagerräumen, administrativem Gebäude und Tempel ausgebaut. Im Aijalontal werden Latrun und Khirbet Ras Abu Murah neu errichtet; in der Schefela werden Tel Azekah, Tel Zajit und wohl auch Tel Jarmutho wieder aufgebaut, Khirbet er-Rasm, Socoh, Tel Goded und Khirbet el-Qom neu gegründet und wird mit dem befestigten Grenzstädtchen Tel Harasim sogar noch tiefer ins philistäische Gebiet vorgestoßen (vgl. auch die Karte in Lehmann/Niemann 2014, S. 82, wo auch noch kleinere Orte verzeichnet sind).

Es ist neuerdings v.a. von Maeir gelegentlich in Frage gestellt worden, ob historisch die Philister und ihre westlichen Nachbarn überhaupt verfeindet waren, und noch grundsätzlicher, ob sich Philister und Kanaanäer überhaupt als klar voneinander zu scheidende Gruppen verstehen lassen (gut z.B. Maeir 2019). Dass man ethnisch und materiell-kulturell eher von einem Kontinuum von philistäisch nach kanaanäisch ausgehen muss, ist gewiss richtig. Vollzieht man aber den eben beschriebenen Prozess nach, lässt sich ein klares Gegeneinander zweier Gruppen für die späte Eisenzeit I und die frühe Eisenzeit II kaum bezweifeln; die Philister führten hier deutlich Grenzstreitigkeiten mit ihren Nachbarn, unterlagen schließlich im frühen 10. Jhd. und Scheschonq schrieb mit seinen Eroberungen im späteren 10. Jhd. nur noch die neugezogenen Grenzen fest.
Wer bei diesen Streitigkeiten aber genau die Gegner der Philister waren, ist umstritten. Um das 10. Jhd. soll laut Bibel König Salomo in Palästina geherrscht haben. Die Verse 1 Kön 19,15-17 berichten, dass Pharao Siamun Geser zerstört und dann Salomo geschenkt habe, als dieser seine Tochter heiratete, und dass dieser daraufhin in Hazor, Megiddo und Geser Mauern [wiederauf]gebaut habe. Das passte zeitlich zum Neubau Gesers mit Kasemattenmauer; wahrscheinlich vor allem aus diesem Grund nehmen noch heute einige (v.a. jüdische und evangelikale) Historiker an, die Bauinitiative von Kasemattenmauern im 10. Jhd. in Geser, Timna, Beth-Schemesch, Khirbet Qeiyafa, Tel Burna, Tel Scheqef und Tel Milha gehe auf das Königreich Juda zurück und sei das einzige archäologische Zeugnis für die Existenz dieses Königreichs schon im 10. Jhd., das dann in dieser Zeit vom judäischen Bergland aus zunächst in die Schefela und dann in die philistäischen Gebiete vorgedrungen sein soll. Aber es ist nur schwer möglich, diese Verse als historisches Zeugnis zu nehmen: In Hazor wurde zwar wirklich ebenfalls die Stadt neu aufgebaut und mit Toranlage und Kasemattenmauer ausgerüstet. Diese Kasemattenmauer unterscheidet sich aber deutlich von denen in Südpalästina (vgl. z.B. Garfinkel u.a. 2016, S. 183) und wahrscheinlicher hat man diesen Neubau eher ins Ende des 10./Anfang des 9. Jhds. zu datieren (z.B. Kleiman 2022, S. 54). Megiddo wurde sicher erst gut ein Jahrhundert nach Salomo befestigt. Die Notiz zu Geser schließlich ist, sofern wirklich Geser in Pharao Scheschonqs Städteliste erwähnt wird, texthistorisch gesehen am wahrscheinlichsten aus einer Erinnerung an dessen Eroberung der Stadt entstanden, ebenfalls nach Salomo (vgl. z.B. gut Schipper 1999, S. 22f.; auch Webster u.a. 2023). Ebenso schwierig ist die Zusatzannahme, der Ausbau der Schefela und des Aijalon-Tals sei vom Gebirge aus geschehen: Vollzieht man die Abfolge des Prozesses genauer nach, sieht man, dass er erstens im Westen der Schefela begann und zweitens gerade mit der Aufrüstung der bereits bestehenden kanaanäischen (i.S.v.: nicht-judäischen) Orte Beth-Schemesch, Burna und Lachisch. Mit Tel Jarmuth, Tel Azekah und Tel Zajit waren drittens auch die Hälfte der im 9. Jhd. neu entstandenen Orte in der Schefela ursprünglich kanaanäische Orte. Blickt man auf die Karte rechts oben, sieht man es auf den ersten Blick: Bewegung in der Siedlungsgeschichte der Schefela war vom 12.-9. Jhd. fast nur im Westen. Zusammengenommen macht das plausibler, den Prozess für eine insgesamt kanaanäische Initiative zu halten. Ist das richtig, waren die Schefela-Ebene, die Hiwiter-Region und das Aijalon-Tal noch im 9. Jhd. kanaanäisch (ähnlich z.B. Fantalkin 2008, S. 31-33; Lehmann/Niemann 2014). Allerdings kein „kanaanäisches Reich“: Noch in der neuen Raumordnung des 9. Jhd. lässt sich keine Hierarchie zwischen den Orten oder gar eine Hauptstadt erkennen, sondern Geser, Aijalon, Timna, Beth Schemesch, Tel Azekah, Tel Goded, Tel Burna, Tel Zajit, Keila, Lachisch, Tel Eton und Tel Beit Mirsim waren alle etwa gleich groß. Am besten versteht man in der Eisenzeit IIA das Aijalon-Tal und die Schefela-Ebene daher als Allianz autonomer kanaanäischer Kleinstädte.

Jezreel 2.jpg

Über die ebenfalls umstrittene Ortsgruppe im Jezreeltal traue ich mir kein Urteil zu. Die kleinen Ortsgruppen „Jezreel Nordost“ und „Jezreel Südost“ um Tel Rekesch und Tel Rehob waren gewiss ebenfalls kanaanäische Enklaven. Die größte Ortsgruppe „Jezreel West“ ist aber unklar. Bei Afula, Schunem und Taanach im Zentrum wurden eisenzeitliche Schichten noch kaum oder gar nicht ausgegraben. Angenommen wird aber gemeinhin, dass Taanach im 12./11. Jhd. nur noch ein kleines Dorf war, das dann im 11. Jhd. zerstört wurde. Auch bei Jezreel zeugt nur wenig Keramik von einer spärlichen Besiedlung zu dieser Zeit; das Zentrum der Jezreel-Ebene war in der frühen Eisenzeit also offenbar fast unbewohnt. Ähnliche Keramikfunde in Afula dagegen legen nahe, dass dieser Ort und damit wahrscheinlich auch Schunem zur westlichen Ortsgruppe gehörte. Bei dieser Ortsgruppe handelt es sich in der frühen Eisenzeit überwiegend um größere Dörfer, die wohl wirtschaftlich davon profitierten, dass durch das Jezreel-Tal die wichtigste Handelsroute des Inlands Palästinas verlief – besonders Megiddo, das im 11. Jhd. wieder zur Stadt anwuchs. Tel Risim und Tel Re'ala könnten daneben als Grenzfestungen fungiert haben; beide Orte wurden aber ebenfalls noch nicht ausgegraben. Neben Megiddo war wohl Tel Qiri ein religiöses Zentrum dieser Ortsgruppe (Raban 1991, S. 19). Charakteristisch für all diese Orte ist, dass sich ab dem 11. Jhd. zwar in Jokneam und Megiddo auch phönizische, daneben aber in jedem Ort auch Einiges an philistäischer Keramik findet. Bei Ein Hagit legt auch die Architektur nahe, dass hier auch Seevölker lebten. Raban 1991 und Singer 1994, S. 318f. denken daher, bei diesen Orten handle es sich um eine weitere philistäische Region; Mazar 1994, S. 42 und Stern 2013, S. 20-25 gehen von einem dritten Seevolk neben „Philistern“ und „Phöniziern“ aus; Wolff 1998, S. 453f. schließlich nimmt an, dass auch diese Ortsgruppe eine kanaanäische Enklave war (zur Unsicherheit speziell bei Megiddo vgl. kürzlich noch gut Thomas 2020). Auch Oren 1973, S. 135-138; Emanuel 2015/2016 und Elayi 2018, S. 91 denken an ein drittes Seevolk (die „Denyen“), glauben aber wegen einiger Grabfunde in Beth-Schean, dass sein Gebiet sogar bis Jezreel Südost reichte (vgl. auch Frumin u.a. 2015: Fast ein Drittel der in Beth-Schean gefundenen Pflanzenreste aus der frühen Eisenzeit sind Reste von zu dieser Zeit frisch importierten Pflanzen, keine davon aber „typisch philistäische“ Pflanzen), während Fischer/Bürge 2013 wegen noch deutlicherer Funde östlich des Jordan davon ausgehen, dass einzelne Angehörige dieser Seevölker sogar bis nach Abu al-Kharaz, Tel es-Sa'idiyeh und Tel al-Mazar direkt am anderen Ufer des Jordan gewandert seien (vgl. auch Fischer 2013, S. 477-481).
Die Mehrheit denkt also, dass diese Ortsgruppen mit den Seevölkern zusammenhingen und also nur Rehob und Rekesch und ihre Satellitendörfer „rein kanaanäisch“ blieben. Dem entspricht interessanterweise auch eine biblische Differenzierung: Als Feinde in der Gegend in und um Palästina begegnen in den Büchern Numeri bis Josua überwiegend „Amoriter“ und „Kanaanäer“. „Kanaanäer“ werden dabei genauer verortet an die Küste, ins Jezreel-Tal, ins Aijalon-Tal (Geser) und ins Beerscheba-Arad-Tal (zu Letzterem s.u.), „Amoriter“ dagegen in die Gebirge östlich und westlich des Jordan sowie in die Schefela (s. Num 13,29; 21,13; 22,1-3; Num 32,39; Dtn 1,6-8; Jos 5,1; 13,3; 16,10; 17,11f.). Falls es eine Regel gibt, nach der die einen so und die anderen so bezeichnet werden, scheint diese Regel nicht sein, dass die einen im Gebirge leben und die anderen nicht (so Kenyon 1966, S. 2-4; Fleming 2016, S. 16f.), was ja nicht gut zur Schefela passt – sondern dass die einen mit den Seevölkern an der Küste zusammenhängen und die anderen nicht. Ist das richtig, könnte auch dies für die Annahme sprechen, auch noch Beth-Schean gehöre noch zu den westlichen Orten: Auch dieser Ort ist laut Jos 17,11f. „kanaanäisch“.p

Solange so viele Orte im Jezreel-Tal noch auf ihre Ausgrabung warten, wird die Zugehörigkeit der Ortsgruppe letztlich weiterhin ungewiss bleiben. Klar ist immerhin, dass die Jezreelebene ab dem 9. Jhd. nicht mehr (philisto-)kanaanäisch ist: Jezreel Nordost geht unter; Jezreel West blüht unter israelitischer Herrschaft kurz auf, wird aber kurz darauf mit Jezreel Südost zur umkämpften Grenzregion zwischen Aram und Israel (s.u.; vgl. Niemann 2006), bevor beide gegen Ende des 8. Jhds. von den Assyrern erobert und gemeinsam mit Galiläa im Norden Palästinas zur Provinz Magidu zusammengefasst werden.
Im 12. Jhd. mit den phönizischen und philistäischen Gebieten an der Küste und den drei bis vier kanaanäischen Enklaven im Inland Palästinas befinden wir uns übrigens schon tief in der Richterzeit und hat die Eroberung von ganz Palästina unter Josua (Jos 10,41) angeblich schon lange stattgefunden; im 9. Jhd. mit nur leicht anderer Raumgliederung ist angeblich das Großreich von David und Salomo bereits wieder in Nord- und Südreich zerfallen.

Edom[Bearbeiten]
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Am Schwund der Siedlungen in der Südphilistäa im 10./9. Jhd. könnten neben den Kanaanäern ein drittes Volk indirekt beteiligt gewesen sein: Die Vorfahren der Edomiter.
Als in der Bronzezeit noch Ägypten die im Raum Palästinas alles dominierende Macht war, hatten die Ägypter hauptsächlich zwei Kupferquellen zur Herstellung von Bronze: Importiertes Kupfer aus Zypern zum Einen und eine oder zwei eigene Kupferminen-Gegenden in der Araba-Senke (s. rechts: pink) zum Anderen.q In beiden Gegenden war in der Antike der Kupferabbau schwierig: In der Senke selbst und damit in der südlichen Timna-Gegend herrscht Wüstenklima (braun), in der nördlicheren Khirbet en-Nahas-Gegend saharo-arabisches Klima (gelb), beide mit einem durchschnittlichen Niederschlag von nur 20-40 mm/Jahr. Dauerhaft leben konnten Menschen hier nicht. Die nächsten lebensfähigen Regionen sind (1) theoretisch das ostjordanische Plateau im Osten mit mediterranem Klima, das aber steil auf 1500 Meter ansteigt, (2a) das flachere Negev-Gebirge im Westen der KEN-Gegend mit immerhin 70-100 mm/Jahr Niederschlag (2b) und das Beerscheba-Arad-Tal noch weiter nördlich mit 150-200 mm/Jahr (rosa).
Davon, dass das Negev-Gebirge in der Spätbronzezeit überhaupt besiedelt war, zeugen nur die landwirtschaftlichen Terrassen, die dort nach den Ergebnissen von Radiokarbon- und OSL-Datierungen ab dem 13. Jahrhundert entlang der Wadis entstanden sind (s.o.). Mindestens während der Regenzeit lebten hier also Ackerbau treibende und noch in Zelten wohnende Nomaden. Die Erkenntnisse, die wir durch Ausgrabungen über die frühe Eisenzeit gewonnen haben (s. gleich), legen sehr nahe, dass es vor allem diese waren, die für die Ägypter in der Araba Kupfer abbauten:
Nach dem Abzug der Ägypter aus Palästina im 13./12. Jhd. nämlich entstehen mit der beginnenden frühen Eisenzeit ab dem 12. Jhd. (vgl. bes. Ben-Yosef u.a. 2012) zunächst in der KEN-Gegend noch weitere Kupferminen und Khirbet en-Nahas selbst wird als kleiner Gebäudekomplex mit Kasemattenmauer errichtet. Auch in Timna wird nach einer kurzen Unterbrechung im 12. Jhd. der Betrieb wieder aufgenommen und wohl im 10. Jhd. mit Jotvata ein ähnliches Gebäude wie in Khirbet en-Nahas gebaut.

Negev 3c.jpg

Im BA-Tal entsteht ebenfalls schon im 12. Jhd. mit Tel Masos ein Zusammenschluss aus mehreren solchen Kasemattenmauer-Gebäudekomplexen (vgl. z.B. Herzog 1994, S. 132f.; Herzog/Singer-Avitz 2004, S. 222). Von Tel Masos und Khirbet en-Nahas aus breitet sich dieser Baustil dann im Laufe des 11.-9. Jhds. langsam aus: Im 11. Jhd. entsteht zunächst Tel Esdar als weiterer Kasemattenbau, dann im 10. Jhd. auch noch Beerscheba und Arad, während Tel Masos ausgebaut und auf 6ha erweitert wird. Außerdem wird mit Tel Malhata eine befestigte Stadt errichtet, die ab dem 9. Jhd. das neue Zentrum der Region werden wird. Zudem erscheinen in dieser Zeit die (4,5ha große!) landwirtschaftliche Siedlung Nahal Jattir (vgl. ASI; Tebes 2003, S. 68) und viele weitere „Hazerim“ („Gehöfte“) genannte Farmen, die sich v.a. an den Flüsschen und Bächen bis hinauf in die direkte Nachbarschaft der philistäischen Orte Nahal Patisch und Tel el-Far'ah ziehen (Letzterer ist zu dieser Zeit selbst schon nur noch eine solche Farm). Gazit 2008, S. 77 zählt für das 11. Jhd. allein 36 Hazerim mit einer Größe von mindestens 0,25 ha in der betreffenden Region; hinzu kommen noch viele weitere kleinere Farmen.r Weil sich diese so nahe am Gebiet der Philister befinden, ist unsicher, ob wirklich alle oder auch nur manche überhaupt zur Ortsgruppe im BA-Tal gehören: Lehmann u.a. 2009, S. 24f.; Rosen/Lehmann 2010, S. 173-177; Jericke 2011, Abs. 3 etwa halten sie stattdessen sämtlich für philistäisch. Dass sich diese Farmen aber derart ungeschützt zwischen dem philistäischen Kernland und dem BA-Tal befinden, zeigt mindestens, dass beide Gruppen sich nicht bekriegten und dass die Gruppe im kargeren Negevgebiet von den Philistern weiteres Getreide erhandeln konnten.

(c) Bruins 2015, S. 125.

Vor allem aber erscheinen im selben Zeitraum (vgl. Bruins/van der Pflicht 2005; Gilboa u.a. 2009, S. 88; Boaretto u.a. 2010; Bruins 2022), oft in der Nähe der landwirtschaftlichen Terrassen, gut 60 Kasemattenbauten im Negevgebirge. Von Nord nach Süd lässt ihre Größe nach: Südlich vom 6ha großen Tel Masos hat Tel Esdar nur noch 0,4 ha; Horbat Rahba, Mesad Refed und Mesad Hatira messen durchschnittlich schon nur noch 0,3 ha; noch weiter südlich haben die restlichen Kasemattenmabauten oft nur noch eine Größe von 20x20 m.
Mit diesen Kasemattenmauern erinnern die frühen Siedlungen im BA-Tal und im Negev-Gebirge an die oben beschriebenen Kasematten-Festungen der Schefela, weshalb man sie früher ebenfalls für Festungsanlagen gehalten hat und noch heute oft „Festungen“ nennt. Um zur Befestigung zu dienen, sind die negevitischen Kasemattenmauern anders als die in der Schefela aber zu dünn; die Örtchen im Negevgebirge sind außerdem zu klein, um einer Belagerung standhalten zu können. Weit wahrscheinlicher dienten die Mauern daher als Gehege für Herden, wovon heute noch Dunghaufen in diesen Gebäudekomplexen zeugen (s.u.).
Auch um gut die Hälfte von diesen „Festungen“ gruppieren sich jeweils noch insgesamt über 100 weitere Hazerim; die Wadis münden außerdem oft in Zisternen, die wahrscheinlich ebenfalls zu dieser Zeit und zeitgleich mit den Zisternen in den Gebirgen Zentralpalästinas entstanden sind. Rechts etwa Horbat Haluqim als ein relativ komplexes Beispiel für eine solche Gebäudegruppe ((c) Bruins 2022, S. 125); die „Festung“ unten rechts misst etwa 24x24m.

Nicht nur die einander entsprechende Architektur verbindet die vier Regionen: In allen wurden auch in den Schichten der frühen Eisenzeit ähnliche Keramik-Assemblagen gefunden, die sich aus drei unterschiedlichen Keramiktypen zusammensetzen: Aus (1) zentralpalästinischer scheibengedrehter Keramik, (2) handgetöpferter sog. „Negev-Keramik“ (im Beerscheba-Arad-Tal selten, aber auch dort jeweils vorhanden in Arad, Beerscheba, Tel Masos und sogar noch im Horbat Qitmit des 6. Jhds.; vgl. Tebes 2006, S. 101f.) und (3) bemalter midianischer Keramik aus der Gegend der Großstadt Qurajjah im heutigen Saudiarabien, aus der sich später die edomitische Keramik entwickeln sollte. Martin u.a. 2013 haben kürzlich u.a. den Ton der Negev-Keramik analysiert und dabei erkannt, dass auch dem Ton der im Negevgebirge gefundenen Gefäße Kupferschlacke aus der Araba-Senke beigemischt worden war; die „Negev-Keramik“ ist also eigentlich „Araba-Keramik“ und damit ein drittes Indiz für den politisch-kulturellen Zhg. von BA-Tal, Negevgebirge und den Kupferabbaugegenden in der Araba (vgl. auch Ben-Dor Evian 2017, S. 20). Und schließlich hat kürzlich eine Forschergruppe um Finkelstein einige Dunghaufen aus dem Negevgebirge und Timna analysiert und erstens festgestellt, dass die Tiere im Negevgebirge überwiegend wildwachsende Winter- und Frühlingspflanzen fraßen (vgl. Shahack-Gross/Finkelstein 2008, 2017; Langgut/Finkelstein 2023, S. 20.22), und zweitens, dass die Tiere in Timna vor allem mit Heu und Traubentrester gefüttert wurden, obwohl in der Timna-Gegend weder Getreide noch Weinstöcke wachsen können (vgl. Ben-Yosef u.a. 2017, S. 424; Langgut/Finkelstein 2023, S. 22). In den beiden letztgenannten Aufsätzen wird daher angenommen, das Futter sei vom 100 km entfernten transjordanischen Plateau und/oder aus dem 200 km entfernten Zentralpalästina herbeigeschafft worden, wo es die für Getreide- und Weinbau nötigen 400 mm Niederschlag gibt (s.o.: dunkelgrün). Aber das Plateau war zu dieser Zeit noch fast unbebaut und ist von der Araba-Senke aus wie gesagt schwer zugänglich, 200 km sind sehr weit entfernt. Vgl. außerdem noch einmal das oben zum Terrassenbau Gesagte: Für Acker- und Weinbau auf Terrassen genügen auch die 70-100 mm Niederschlag pro Jahr. Beduinen bauen daher noch heute Getreide auf den antiken Terrassen des Negev an. Dass dort in der Antike auch Weinbau betrieben wurde, ist schon lange bekannt (vgl. kürzlich z.B. wieder Fuks u.a. 2021). Evenari hat auf seiner experimentellen Avdat-Farm mit 68,8 mm/Jahr Niederschlag sogar gezeigt, dass Weinstöcke zu den unter solchen Bedingungen am besten wachsenden Pflanzen gehören (vgl. Evenari u.a. 1975, S. 14.16). Nach der einander entsprechenden Architektur, der einander entsprechenden Zusammensetzung der Keramik und der Araba-Schlacke in der Negev-Keramik muss man daher die Fütterung mit Getreide und Traubentrester eher als ein viertes Indiz für den Zusammenhang von BA-Tal und Negevgebirge einerseits und den Araba-Minen andererseits sehen.

Aus diesen Daten können wir die Entwicklungen dieser Gegend vom 13. bis zum 10. Jhd. ziemlich sicher und genau rekonstruieren: Ursprünglich wurden die beiden Kupferabbau-Gegenden von den Ägyptern betrieben. Die Arbeit leisteten aber überwiegend Nomaden, die im Winter und Frühling auf Terrassen an den Wadis im Negevgebirge Getreide und Wein anbauten und ihre Tiere mit wildwachsenden Pflanzen weideten. Der Überschuss aus dem Getreide- und Obstanbau wurde dann gegen Ende des Frühlings mit den Tieren in die KEN- und Timna-Gegend transportiert: Mit dem Heu und dem Traubentrester wurden dort die Tiere gefüttert, mit dem überschüssigen Getreide versorgten sich die Nomaden, die im Sommer und Herbst im Bergbau, in der Metallverarbeitung und in der Töpferei tätig waren.
Als dann im 13./12. Jhd. die Ägypter sich aus Palästina zurückzogen, blieben Nomaden und Minen zurück, wonach die Nomaden den Kupferabbau in Eigeninitiative fortführten. Mit dem abgebauten und verarbeiteten Kupfer handelten sie auch: Einen Teil transportierten sie von Tel Masos aus durch das Beerscheba-Arad-Tal zu den Philistern, die es wahrscheinlich selbst weiterverarbeiteten und außerdem von Gaza aus weiter nach Ägypten verschifften. Auch vom Hafen Ezion-Geber auf dem Korallenriff nahe Timna und dem heutigen Eilat, der im 10. Jhd. gewiss von der Timna-Gruppe und nicht von König Salomon errichtet wurde (1 Kön 9,26), wurde das Kupfer wahrscheinlich nach Ägypten verschifft. Einen anderen Teil verkauften sie an die arabischen Stämme östlich des Jordan und führten von dort sicher midianitische Keramik und wahrscheinlich auch Gewürze, Weihrauch und Gold ein. Mit einem dritten Teil handelten sie entlang des Ostufers des Jordan mit den Moabitern, Ammonitern und Aramäern, wonach sich im 9. Jhd. entlang dieser sog. „Königsroute“ mehrere der größeren Städte Moabs als Handelsstationen etablierten. Ähnlich werden die Daten z.B. interpretiert von Na'aman 2015, 2021 und von Frevel 2019, S. 364f. Ähnlich rekonstruieren außerdem Zucconi 2007; Ben-Dor Evian 2017; Wöhrle 2019; Finkelstein 2020; Knauf/Niemann 2021, S. 117; Ben-Yosef 2023, S. 240f. – diese Interpretation der Daten entwickelt sich also gerade zur neuen Mehrheitsmeinung.s

Es ist wahrscheinlich, dass vor allem das BA-Tal in den folgenden Wirren der mittleren Eisenzeit, von denen unten noch ausführlicher die Rede sein wird, mehrfach ihre Zugehörigkeit wechselten. Ich werde diesen Abschnitt aus Palästinas Siedlungsgeschichte etwas genauer nacherzählen, da das Ergebnis dieser Geschichte wichtig für das rechte Verständnis vieler Bibelstellen ist.
Zunächst eroberte Ende des 10. Jahrhunderts der ägyptische Pharao Scheschonq weite Teile Palästinas, u.a. besonders in dieser Region (s.o.): In einer zeitgenössischen Inschrift aus der ägyptischen Stadt Bubastis ist die Eroberung zweier Städte namens Arad bezeugt, außerdem die der philistäischen Orte Rafah und wahrscheinlich Gaza, und schließlich ist die Rede von drei Gegenden im Negev und von sieben Orten in der selben Region, die näher als „Haqr / Hagr“ bestimmt werden. Levin 2010, S. 196-198.202f. hat klug vorgeschlagen, dieses „Haqr / Hagr“ mit „Hazer“ gleichzusetzen. Danach hätte Scheschonq Rafah und Gaza an der Westküste, die Hazerim zwischen der Philistäa und dem BA-Tal, die Farmen im Negevgebirge und außerdem zwei Orte namens „Arad“ erobert, unter denen das zweite wahrscheinlich entweder Beerscheba oder Tel Malhata ist. Das stimmt mit dem archäologischen Zeugnis zusammen: Ab dieser Zeit werden die Hazerim nicht mehr weiter bewirtschaftet, obwohl sie nicht zerstört worden zu sein scheinen (in den Negev-Farmen allerdings wird auch danach wieder und noch gut ein Jahrhundert länger Landwirtschaft getrieben). Beerscheba (vgl. NEAEH I, S. 171) und wahrscheinlich Malhata dagegen wurden zerstört.t Auch die größeren landwirtschaftlichen Orte Nahal Jattir und Tel Esdar werden verlassen und Tel Masos beginnt zu schrumpfen. Bei Khirbet en-Nahas wurde zudem ein Skarabäus von Scheschonq gefunden. Scheschonqs Ziele scheinen es also gewesen zu sein, erstens die Kupferminen in der Arabasenke und zweitens die Handelsroute durch das BA-Tal (wie auch die durch das Jezreel-Tal, s.u.) wieder unter ägyptische Kontrolle zu bekommen (vgl. ähnlich Fantalkin/Finkelstein 2006, S. 27f.; Ben-Dor Evian 2017, S. 25; Finkelstein 2022), und dafür drittens die Händler und Minenarbeiter der Region von ägyptischen Getreidelieferungen abhängig zu machen – daher die Zwangs-Umsiedelung (?) der Bewohner der nicht zerstörten Hazerim und der größeren landwirtschaftlichen Orte nach Neu-Malhata, das daraufhin errichtet wird. Der ebenfalls in diese Zeit fallende Neu-Aufbau von Beerscheba zur befestigten Stadt (vgl. Chapman 1995, S. 138) und von Arad zur Festung und vielleicht die Neuerrichtung der Gozal-Festung (9. Jhd.? Vgl. Cohen-Sasson u.a. 2021, S. 120f.) schließlich diente wohl dazu, die Handelsroute gegen die Bewohner der Philistäa und des judäischen Berglands zu sichern, während sie und Neu-Malhata gegen die Siedler im Negev-Gebirge nicht gesichert sind. Das jedenfalls scheint mir die durchaus plausibelste Deutung der Siedlungsgeschichte und der militärstrategischen Planung des BA-Tals mit einer Absicherung nach Nordost und West, aber nicht nach Süd zu sein; sie hat aber weitreichende Implikationen für die Frühgeschichte Judas: Dass es ein Königreich Juda überhaupt schon zum 9. Jhd. gegeben haben soll, wird in der Regel festgemacht (1) an der Befestigung von Beth-Schemesch und Lachisch und dem Neubau von Khirbet Qeiyafa in der Schefela, (2) an der Befestigung von Beerscheba und dem Aufbau von Arad als Festung im BA-Tal (3) und gelegentlich am Ausbau von Jerusalem. (4) Die Ausgräber von Khirbet Summeily führen außerdem noch diesen Ort an, was aber offensichtlich verfehlt ist (s.o.). Zu (3) s.u. Schon hier aber zu (1) und (2): Ist die Deutung der Regionalgeschichte der Schefela (s.o.) und des BA-Tals im 9. Jhd., wie sie hier rekonstruiert wurde, plausibel, lassen sich auch diese fünf Orte nicht als Indizien für die Existenz eines Königreichs Juda schon im 9. Jhd. anführen, dessen Plausibilität dann allein an der Interpretation der Siedlungs- und Baugeschichte Jerusalems hängt.
Ist das richtig, scheint es weiter so zu sein, dass die Schwäche der Philister im 10./9. Jhd. an der Grenze zur Schefela, von der oben die Rede war, vor allem Scheschonq zuzuschreiben war, und dass sie nur Nebenfolge davon war, dass er die beiden wichtigen Handelsrouten in Zentral- und Südpalästina unter Kontrolle bekommen wollte.

Einige Historiker nehmen weiter an, im späteren 9. Jhd. habe der aramäische König Hazael, der zu dieser Zeit große Teile Nord- und Zentralpalästinas unter seine Kontrolle brachte und dabei wie zuvor Scheschonq u.a. besonders konzentriert in der Region der zentralpalästinischen Handelsroute bei Megiddo operierte (s.u.), seinerseits auch den Kupferhandel ab der Araba unter seine Kontrolle bringen und dann Südpalästina dem jungen und ihm vasallenpflichtigen Königreich Juda anschließen wollen (vgl. bes. Kleiman 2016, S. 64, der Hazael sogar die Zerstörung von Beerscheba und Arad [und Lachisch noch weiter nordöstlich] zuschreibt. Vgl. auch Knauf/Niemann 2021, S. 118; ähnlich z.B. auch Fantalkin/Finkelstein 2006, S. 31; Ben-Yosef/Sergi 2018). Zu den üblichen Datierungen der Zerstörungen von Beerscheba und Arad passt das aber nicht.
Es war wohl auch nicht nötig: Ab dem 9. Jhd. lief der Kupferhandel mit Zypern wieder an, wo Kupfer wegen anderer klimatischer Bedingungen günstiger produziert und über den Seeweg auch günstiger transportiert werden konnte. Wahrscheinlich als Reaktion darauf wurde der Kupferabbau in der Araba unter der ägyptischen Herrschaft zunächst noch weiter intensiviert (Abbau-Mengen in der KEN-Gegend: 12. Jhd.: 1.600 Tonnen, 11. Jhd.: 5.600 Tonnen, 10. Jhd.: 15.600 Tonnen, 9. Jhd.: 23.000 Tonnen; vgl. Luria 2021). Nebenfolge dieser Intensivierung im 9. Jhd. war jedoch Raubbau an der Natur, der schließlich die Kupferproduktion ganz zum Erliegen brachte: An den analysierten Kohleresten lässt sich ablesen, dass mit dem Verlauf der Zeit für den intensivierten Kupferabbau auch immer mehr Holzkohle nötig wurde, die die Region aber nicht bieten konnte. In der letzten Phase des Kupferabbaus musste daher zunehmend schon das schlecht geeignete Holz von Palmen und Sträuchern verfeuert werden, bis im 9. Jhd. dann Kupferabbau und -verarbeitung ganz eingestellt wurde (vgl. z.B. Mattingly u.a. 2007, S. 285; Ben-Yosef 2010, S. 959f.; Cavanagh u.a. 2022). Als Hazael mit seiner Eroberung Palästinas begann, lag die Kupferproduktion in der Araba wahrscheinlich schon in den letzten Zügen.
Die Edomiter scheinen sich daraufhin zunehmend auf den Handel im Osten konzentriert zu haben: Erst jetzt entstanden auch östlich des Jordan entlang der Königsroute hinunter nach Arabien Edoms Hauptstadt Bozra und die anderen Orte, die man noch bis vor Kurzem mehrheitlich als „edomitisches Kernland“ angesehen hat und bei denen die gefundene Keramik sehr sicher macht, dass dort die selben Gruppen lebten wie in Malhata (s. die Karte u.; wie weit nach Osten die Gebiete von Moab und Edom reichten, ist unklar). Auch Kamele scheint man regelmäßig erst ab dieser Zeit für den Handel eingesetzt zu haben; Kamel- und Dromedarknochen häufen sich in der Negev-Region erst ab dem späten 10. Jhd. / frühen 9. Jhd. (vgl. Sapir-Hen/Ben-Yosef 2013). Dafür wird im Westen Beerscheba offenbar nach einem Erdbeben im frühen 9. Jhd. verlassen (zum Erdbeben vgl. Herzog 2016, S. 23f.): Die darauf folgenden Strata III-II des 9.-8. Jhds. folgen einem ganz neuen Bauplan; auch findet sich in Stratum II eine sehr andere Keramik, die nahelegt, dass die zerstörte Stadt nicht von Edomitern, sondern von Philistern wiederaufgebaut wurde.u

Im 8. Jhd. kommt wieder mehr Bewegung in die Siedlungsgeschichte des Beerscheba-Tals. Mit Tel Ira und Aroer werden zwei Orte ganz neu errichtet; in der zweiten Hälfte dieses Jhds. wird außerdem Arad mehrfach zerstört und wiederaufgebaut, westlich davon wird die Gozal-Festung verlassen – und am Ende des Jahrhunderts sind mindestens Aroer und Arad fast sicher judäisch: In Aroer wurden 5 Krughenkel mit lmlk-Aufdruck gefunden, in Arad sogar 9, und man nimmt sehr einheitlich an, dass diese lmlk-Krüge von König Hiskija an judäische Orte verteilt wurden, um sie auf den Feldzug des assyrischen Königs Sennacherib vorzubereiten. Gleichzeitig blieb Beerscheba fast sicher philistäisch und Malhata, das im 10. Jhd. errichtete Tamar im Osten des Negevgebirges und Kadesch-Barnea im Südwesten sicher edomitisch. Weil sich in Beerscheba und Malhata in dieser Zeit keine größere Zerstörung feststellen lässt, nimmt man am besten an, dass Judäer im 9./8. Jhd. nur im Osten des BA-Tals kleine Siege (=> Arad, Gozal-Festung) errungen und vielleicht Aroer und eventuell – wahrscheinlich aber nicht, s. gleich – Tel Ira errichtet haben.
Als dann um 701 v. Chr. Sennacherib, dem zu dieser Zeit die Edomiter bereits treue Vasallen waren, das BA-Tal erreicht, werden Arad und Aroer vernichtet, Malhata aber nicht. Oft geht man davon aus, dass auch Beerscheba und Tel Ira in diesem Zug vernichtet wurden, daher wohl ebenfalls judäisch waren, und so im BA-Tal nur Tel Malhata bestehen blieb. Zu Beerscheba vgl. aber richtig Knauf 2002: Die Keramik spricht gegen eine Zerstörung schon um 701; auch dass in diesem bedeutenden Ort nur ein lmlk-Krug gefunden wurde, spricht gerade dagegen, dass er zu den 46 von Sennacherib zerstörten Städten Judas gehörte. Das Selbe gilt dann entsprechend für Tel Ira in der direkten Nachbarschaft von Malhata mit einer ähnlichen – nur stärker edomitisch als philistäisch geprägten – Keramik-Assemblage wie Beerscheba (vgl. Singer-Avitz 1999, S. 56) und ebenfalls nur einem lmlk-Krug.
Nach dieser Eroberung durch Sennacherib sieht das BA-Tal unter assyrischer Herrschaft ein noch nie dagewesenes Wachstum: Aroer und sogar das alte Tel Masos werden wiedererrichtet, im Süden von Malhata entsteht mit Horbat Qitmit ein edomitisches Kultzentrum (ebenso in Tamar), der Osten wird mit den Festungen Horbat Uza, Horbat Radum, Mizpe Zohar und dem Gorer-Turm befestigt. Diese Orte sind sehr wahrscheinlich edomitisch (vgl. gut Zucconi 2007; ähnlich auch Eph´al 2003; Beit-Arieh 2009) – das legen jedenfalls die Keramik und die eben geschilderten historischen Ereignisse nahe. Dagegen im ebenfalls wiederaufgebauten Arad zeigt ein Brief aus dem 7. Jhd., dass der Ort nach wie vor judäisch war (Arad-Ostracon 24: Lass Malkija ben Qarab`or [Truppen] aus Arad und Kinah ... nach Ramat-Negev senden ..., damit Edom nicht dorthin kommt!), was dann wahrscheinlich auch für die beiden zu dieser Zeit neu entstandenen Festungen Horbat Anim (=Ramat Negev?) und Horbat Tov gilt.

Negev 7.jpg

Legende: Grün: Philistäa mit Südost-Erweiterung; weiß: judäisches Bergland mit Süd-Erweiterung (hellblau: judäisch im 7. Jhd.);
pink: Edom, westjordanisch; orange: edomitisch im 7. Jhd. (dunkelorange: nicht zerstört durch Sennacherib); gelb: moabitisch.

Es ist diese Siedlungs-Situation, die viele biblische Schriften voraussetzen. Unter anderem bietet jede Ursprungslegende Israels und jede Pentateuch-Quelle (s.u.) eine Erklärung dafür, warum im Süden des Landes Kanaan, das Gott doch eigentlich den Nachkommen von Väterchen Gnade versprochen hatte, Edomiter statt Israeliten lebten. Die eleganteste Erklärung findet sich in der Laienquelle mit der Erzählung von Fers: In dieser ist sein Bruder Esau, der Vorfahre der Edomiter, der ältere; eigentlich gehört ihm das ganze Land. Nachdem Fers sich von ihm aber das Erbrecht ergaunert hat, fliehen musste und erst nach vielen Jahren zurückkehrt, um sich mit seinem Bruder zu versöhnen, gibt er ihm ängstlich den ergaunerten „Segen“ zurück und schenkt ihm mehrere „Lager“ – ein Wortspiel; eigentlich steht Wort für Siedlungsplätze – an Vieh (Gen 32; Gen 33,8-11), lässt dann Esau gen Süden zum Gebirge Seir „vorangehen“ (Gen 33,12-14) und hat von da an nur noch einmal zum Begräbnis seines Vaters Kontakt mit ihm.

Die Rede vom „Vorangehen“ setzt dabei offenbar voraus, dass das Gebirge Seir westlich des Jordan und Bethel auf der Strecke von Mahanajim / Sukkot (=Deir Alla) zum Gebirge Seir liegt. Das stimmt überraschenderweise überein mit dem Rest der Konkordanz (vgl. zum Folgenden auch Bartlett 1969; Bartlett 1989, S. 42-44; Zucconi 2007, S. 250; Dykehouse 2008, S. 54; Hensel 2022, S. 2): Sehr deutlich setzt auch Dtn 1 ein westjordanisches Seirgebirge voraus, das genauer zwischen Kadesch-Barnea im Süden und „Horma“ (=Tel Masos) im Norden liegt. In Jos 15,1-4 verläuft die südliche Grenze des versprochenen Lands entlang dem Wadi el-Arisch bis zu ihrem südlichsten Punkt bei Kadesch-Barnea (s.u.). Gleichzeitig ist in Jos 11,17; 12,7 der südlichste Punkt der Berg Halaq, der „ins Gebirge Seir hinaufführt“ – auch hier liegt das Seirgebirge also westjordanisch und östlich von Kadesch-Barnea, ist also entweder identisch mit dem Negev-Gebirge oder der südwestliche Teil davon. In Dtn 33,2 schließlich wird das Gebirge Seir in einem Atemzug genannt mit „Sinai“, „Paran“ und „Kadesch(-Barnea)“, alle wieder westlich des Jordan. Die restlichen Erwähnungen des Gebirges Seir lassen keinen Rückschluss über seine Lage zu. Noch Hieronymus kennt das Seirgebirge westlich des Jordan (s. seinen Kommentar zu Jes 21,11: das Gebirge Seir liegt in Idumäa); die traditionelle Verortung des Seir auf die Ostseite des Jordan ist also nicht einmal klassisch und nur darauf zurückzuführen, dass „Seir“ oft ein Synonym für „Edom“ ist und man Edom überwiegend in Transjordanien vermutet hat.


Die Aufgabe des südlichen Kanaan, von „Lagern“ und von Reichtum ist hier also der Preis dafür, friedlich in Zentralpalästina wohnen zu können. Elegant ist diese Variante, da Gottes Versprechen, den Nachkommen von Väterchen Gnade das Land Kanaan geben zu wollen, natürlich auch dann erfüllt wäre, wenn sowohl Edomiter als auch Israeliten über Esau und Fers von Väterchen Gnade abstammen. Dass schon in Am 1,11 (8. Jhd.) vom „Bruder Edom“ die Rede ist, legt nahe, dass dies auch die älteste Erklärung ist.
Eine Variante dieses Geschichtsentwurfs folgt im priesterschriftlichen Kapitel Gen 36, wo Esau und Fers sich (typisch priesterschriftlich) einvernehmlich auf das Land aufteilen, weil beide zu viel Vieh besitzen, als dass das Land beide ernähren könnte. In den priesterschriftlichen Kapitel Num 20; 34 wird das Gebiet denn auch gar nicht erst in das dem Mose versprochenen Land inkludiert: Westlich des Jordan leben die Edomiter nördlich von Kadesch-Barnea (Num 20,14.16); östlich gehört mindestens die Königsroute zu ihrem Gebiet (Num 20,17). Der „südliche Rand“ des versprochenen Landes nun wird südlich durch die Wüste Zin und östlich durch dieses Land Edom eingegrenzt (Num 36,3a). Der südwestliche Eckpunkt des Randes liegt auf Höhe der Südküste des Toten Meeres und verläuft von dort aus ostsüdöstlich (Num 36,3b: „östlich“) entlang dem Wadi el-Arisch (Num 34,5). Sein südöstlicher Eckpunkt liegt etwas weiter südlich als die Skorpionensteige bei Tamar; er ist nicht eigentlich ein Eckpunkt, sondern eine Kurve (Num 34,4a). Von dort aus nach Westen führt die Grenze wie gesagt entlang der Wüste Zin (Num 34,4b). Die Kurve aber macht sie am besagten südöstlichen Eckpunkt bei Kadesch-Barnea, Azmon und dem Hazer Addar (=Ein Qadeis + Aharoni-Festung? Vgl. odb: Hazar-Addar) (Num 34,4c), die wirklich etwas weiter südlich als die Skorpionensteige liegen, um dann eben entlang der Landesgrenze von Edom nach Norden zu verlaufen. Vgl. sehr ähnlich Jos 15,1-4, wo auch in V. 5 wie in Num 34,12 nicht die Arabasenke, sondern erst weiter nördlich das Tote Meer als östliche Grenze definiert wird.
Auch die nachpriesterschriftlichen Kapitel Dtn 1-2 nennen das Negevgebirge nördlich von Kadesch-Barnea und westlich des Toten Meers (Dtn 1,7.19f.) nicht nur „Bergland der Amoriter“, sondern außerdem übereinstimmend mit der Fers-Legende „das Land eurer Brüder, der Nachkommen Esaus“ (Dtn 2,4). Erklärt wird dort aber anders:

Dtn 1,20 kennzeichnet das „Bergland der Amoriter“ als ein Gebiet, das YHWH den Israeliten zugesprochen („gegeben“) hat. Allerdings verweigern die Israeliten die Inbesitznahme dieses Gebiets (V. 26) und verspielen YHWHs Landgabe durch eine kriegerische Aktion, die sie gegen die ausdrückliche Weisung YHWHs unternehmen und die daher fehlschlägt (V. 41-46). (Jericke 2013c, S. 51)

Hier wurde also Südpalästina nicht einvernehmlich aufgegeben, sondern schuldhaft verspielt.
Die deuteronomistischen Königsbücher schließlich behaupten wie üblich, Südpalästina habe ursprünglich zum legendären Großreich Davids und Salomos gehört und alle historischen Leistungen der Edomiter dort – der Import von Gewürzen und Gold aus Arabien (1 Kön 10,2.10.15), der Export nach Aram und Ägypten (1 Kön 10,28f.), der Seehandel ab Ezion-Geber (1 Kön 9,26; 22,48f.) – seien eigentlich Leistungen Israels gewesen (sogar die sprichwörtliche Weisheit der Edomiter – s. Jer 49,7; Ob 7f. – wird in diesen Kapiteln annektiert und für König Salomo beansprucht); dann aber hätten mehrfach die Edomiter gegen Israel revoltiert und so ihre Freiheit und die Hoheit über diese Gebiete erlangt (1 Kön 11,14-25; 2 Kön 8,20-22; 16,6; vgl. stark Na'aman 2015b).

Auch bei diesen einvernehmlich, schuldhaft oder durch judäische Schwäche entstandenen Grenzen aber sollte es nicht bleiben: Nachdem Juda durch die Babylonier erobert worden war, nachdem weiters zunächst die arabischen Qedarener in Edom eingewandert waren (s. Neh 2,6) und als dann auch noch die Nabatäer in die ostjordanischen Gebiete Edoms einfielen, drangen ihrerseits in der Perserzeit die Edomiter westlich des Jordan gemeinsam mit Qedarenern und Phöniziern aus Gaza noch weiter nach Norden vor, bis spätestens 312 v. Chr. (s. Diodorus Siculus, Bibliotheca Historica xix 94f.98) auch offiziell die Grenze zwischen Juda und dem nun vollständig westjordanischen Edom (gr.: Idoumaia, „Idumäa“) irgenwo zwischen Beth-Zur und Hebron verlief (zu den Grenzen vgl. Bartlett 1999, S. 106-111; Levin 2007, S. 243f.252).
Wahrscheinlich war es dieses Vordringen in einst judäisches Kerngebiet, der zum ausgeprägten Edom-Hass in späten biblischen Texten geführt hat (vgl. z.B. Dicou 1994, S. 187; Assis 2006, S. 4; Becking 2016, S. 3; Tebes 2019, S. 131f.). Verständlicherweise: Bei diesen Gebietsverhältnissen blieb es grosso modo trotz leichten Grenzverschiebungen bis zur Zeitenwende und danach (s. z.B. 1 Makk 4,61; 14,33; für das 1. Jhd. n. Chr. Josephus, Contra Apionem II.9 116: Idumäa liegt an den Grenzen unseres Landes bei Gaza...). Davon zeugen nicht nur zeitgenössische Texte, sondern auch viele epigraphisch überlieferte Personennamen aus der Gegend, in denen der Name des obersten edomitischen Gottes Qos vorkommt (Für zwei Auswahlen s. Porter 2004, S. 382-384; Tebes 2023, S. 126ff.), oder die beiden Qos-Altäre, die der idumäische König Herodes der Große um die Zeitenwende bei Hebron und Mamre errichten ließ (Abbildung z.B. bei Lichtenberger 2007, S. 78).
Historisch gesehen ist Juda also offenbar nie weiter als bis Arad nach Süden vorgedrungen, hat am Ende der biblischen Geschichte auch noch große Teile seines Landes an Edom verloren und wurde zur Zeit Jesu sogar von einem Idumäer und seinen Nachkommen als römischen Vasallenkönigen regiert, die zudem die Kompetenzen des Hohepriesters immer weiter beschnitten – der Edomhass gerade in den nachbiblischen Texten ist wirklich leicht nachzuvollziehen. Frühjüdische Schriften sind daher sogar noch stärker als die biblischen vom judäischen Edom-Hass geprägt. Besonders verbreitet sind Rückeroberungs-Fantasien (vgl. Marciak 2018; Tebes 2019, S. 131-138). So weit blickt die Bibel natürlich noch nicht voraus: Dort wird Süd-Kanaan zwar zum gelobten Land gerechnet. Aber nicht als Israels gelobtes Land – sondern Esaus.


Galiläisches und ammonitisches Bergland[Bearbeiten]
Nord- und Zentralpalästina.jpg

In Südpalästina nimmt der Anstieg an Berglandsiedlungen wie gesagt erst weit später und in geringerem Ausmaß Fahrt auf. Demnach wird dieser sehr ähnliche Prozess andere Hintergründe haben und vielleicht auch von anderen Volkgruppen getragen worden sein.

...

Dagegen wieder schon zur frühen Eisenzeit lässt sich noch ein dritter und ein vierter verwandter Prozess feststellen: östlich des Jordan nimmt zur frühen Eisenzeit ebenfalls die Zahl der Berglandsiedlungen stark zu. Rabbath Ammon, die spätere Hauptstadt der Ammoniter, schrumpft währenddessen allerdings nicht, und es lassen sich daneben noch deutlicher als in Palästina zwei Ortstypen unterscheiden: Größere Dörfer, die wohl als Mittelzentren fungierten und die interessanterweise vor allem im Süden konzentriert waren, vs. kleine Dörfer, wie es auch die meisten in Palästina waren. Das künftige Ammon könnte also schon zu dieser Zeit ein zentral regiertes Königreich gewesen sein, dass sich nur siedlungstechnisch radikal umstrukturierte.
Verwandt ist der Siedlungsprozess in der Region Nordpalästinas, die man meist „galiläisches Bergland“ nennt: Wie die südlicheren Stadtstaaten war auch hier das (80ha!) große Hazor untergegangen, nachdem es im 13. Jhd. zerstört wurde, und wurde daraufhin nur in Dorfgröße neu errichtet. Weiter südlich wuchs dafür aber die Stadt Kinneret weiter an. Tel Jin'am wurde zwar gegen Ende der Bronzezeit ebenfalls zerstört, direkt darauf aber in der selben Form wiedererrichtet, und Tel Rekesch blieb von der mittleren Bronzezeit bis zum Ende der frühen Eisenzeit durchgehend Großstadt – auch hier ging die kanaanäische Stadtkultur also nicht unter, wie auch ganz im Norden in Abel Beth Maacah und in Dan, das sich erst in der frühen Eisenzeit zur größeren Stadt entwickelte. Vor allem aber bestand im Süden des Berglands auch in der frühen Eisenzeit als (10ha große) befestigte Stadt fort – ähnlich wie östlich des Jordan Rabbath Ammon –, und im Norden des Berglands entstand in der frühen Eisenzeit mit Har Adir eine Festung, was sonst keine Parallelen in den früheisenzeitlichen Gebirgen Palästinas hat. Das galiläische Bergland unterscheidet sich vor allem darin vom proto-ammonitischen, dass hier auch in den Bergdörfern größere Mengen an phönizischer Keramik gefunden wurde – anders als in den südlicheren Bergen, wo sich (im Bergland Ephraims) keine phönizische und (im Bergland Manasses und im judäischen Bergland) keine philistäische Keramik findet: Offenbar hat man im untergaliläischen Bergland anders als in den anderen drei Regionen mit den Nachbarn gehandelt. Darüber hinaus wurde im Dorf Tel el Wawijat ein Kultraum mit einer Figurine von Astarte, der höchsten Göttin der Phönizier, gefunden.
Über alle drei Regionen wird weit weniger geforscht als über die beiden im Zentrum Palästinas; die Hintergründe dieser jeweils etwas anderen Siedlungsprozesse – die spätere und kleinere Völkerwanderung im judäischen Bergland, die Besiedlung des Berglands mit Hauptstadt und Oberzentren in Ammon und die Besiedlung des Berglands mit dem Doppelzentrum Har Adir und Hanaton, mit religiösem Kult und mit Handelsbeziehungen an die phönizische Küste – werden daher alle noch nicht gut verstanden.

...


Abstrahiert man die biblischen Erzählungen bis zum Buch der Richter ein wenig, lässt sich verblüffend viel vom oben Rekonstruierten in der Bibel wiedererkennen: Zu den Israeliten gehörten ursprünglich vor allem umherziehende Kleingruppen von Nomaden. Sie waren außerdem teilweise als Sklaven nach Ägypten geliefert worden und insgesamt von den Ägyptern unterworfen worden, was zeitlich mit einer Hungersnot zusammenfiel. Dann aber war das ägyptische Militär geschwächt worden, wonach die Israeliten unter häufigem Klagen über Nahrungs- und Wassermangel von einer Wüste zum Gebirge an der Grenze zu Palästina zogen, dort anfanghaft zu einem Volk wurden und danach zunächst ungewöhnlicherweise als Volk ohne Staat, König und Tempel lebten.
Man kann sich gut vorstellen, dass der Grundstock der Erzählungen in Gen 12-35 über die gewitzten Ahnherren Israels, die die Herrscher von Stadtstaaten und reiche Bauern übers Ohr hauten, ursprünglich Lagerfeuergeschichten der Habiru waren, dass die Novelle in Gen 37-50 über den israelitischen Ahnherren, der als Herrscher über die Ägypter durch kluges Handeln einer Dürre Herr wurde, ursprünglich eine Trostgeschichte in einer Zeit der Dürre unter ägyptischer Oberherrschaft war, dass die Geschichte vom Auszug aus Ägypten, durch die Wüste und ins Gebirge des versprochenen Landes eine freie Ausfabulierung der gesellschaftlichen Entwicklungen des 13./12. Jahrhunderts war, und dass die Sagen über die Recken und Helden der Richterzeit, die über die Kanaanäer triumphierten, in den einzelnen Hochland-Clans entstanden. Wie viel von diesen Geschichten aber wirklich schon auf diese Zeit des 12.-9. Jhds. zurückgeht, lässt sich heute nicht mehr erkennen.


Die Königszeit[Bearbeiten]

Auch in dieser Phase der Geschichte Altisraels darf man die biblischen Erzählungen nicht als historische Berichte nehmen. Das ist schon von vornherein offensichtlich beim Richterbuch, in dem keine Chroniken, sondern Heldensagen gesammelt sind, und bei den Abschnitten über König Salomo, die man am ehesten nicht zur Gattung der Historie, sondern zur Gattung Märchen zu rechnen hat, sowie bei den Zeitangaben über die jeweils exakt 40 Jahre Regierungszeit von David und Salomo. In der Chronologie der Aufeinanderfolge von Königen scheinen die biblischen Texte ab Salomo verlässtlich zu sein; viel mehr Vertrauen darf man ihnen aber wohl nicht schenken. Um nur ein Beispiel zu nennen: Dan, wo Jerobeam I. einen der beiden staatlichen Kultorte gegründet haben soll, war zu seiner Zeit gar nicht besiedelt; das selbe gilt für Bet-El, falls es sich dabei wirklich um Beitin handelt.

Auch hier erzählen Archäologie und historische Schriftquellen eine andere Geschichte. Allem voran: Nach biblischer Chronologie hat David etwa von 1010-970 v. Chr. von und sein Sohn Salomo von 970-931 v. Chr. regiert. Befestigungsanlagen und Monumentalbauten wie z.B. die Toranlage von Megiddo müssten danach ab Mitte des 10. Jahrhunderts errichtet worden sein. Radiokarbon-Datierungen jedoch ergeben sehr regelmäßig, dass „israelitische“ Stadtbefestigungen, Monumentalbauten etc. erst ab der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts gebaut wurden (vgl. bes. Sharon u.a. 2007). Archäologen haben grob mit drei Hypothesen auf diesen Befund reagiert:

  • (1) „Lange Chronologie“ – Die Bibel hat doch Recht; König David hat große Teile Palästinas zu einem Reich vereint und Salomo das Reich ausgebaut. Warum das sich archäologisch nicht nachweisen lässt, bleibt entweder unerklärt.v
  • (2) „Stammeskönigtum“ – Dass David durch seine Eroberungen die Gebiete Palästinas zu einem Großreich vereint hat, ist richtig; unrichtig sind nur die Erzählungen von den Bautätigkeiten Salomos. Das „davidisch-salomonische Großreich“ war stattdessen ein Königreich wie Edom, das ohne staatliche Einrichtungen und Monumentalarchitektur auskam und von einem kleinen Königssitz im Gebirge aus regiert wurde.
  • (3) „Kurze Chronologie“ – Die Bibel hat Unrecht; die Erzählungen über die Könige David und Salomo sind überwiegend Sagen. Das Nordreich Israel war nur unter der Herrschaft der Dynastien von Omri und Jehu (882-747 v. Chr.) groß (so z.B. Finkelstein 2005; ),
    • (3a) aber David und Salomo hatten doch einmal über Teile sowohl des Nordreichs Israel als auch des Südreichs Juda als einem vereinten Königreich regiert.
    • (3b) und de facto gab es zur Zeit des Ersten Testaments nie ein vereintes Königreich.w

Hypothese (1) lässt sich nach den klaren archäologischen Befunden kaum mehr aufrechterhalten; abgewogen muss daher vor allem zwischen (2), (3a) und (3b).

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Eisenzeit II / Frühe Königszeit im 10./9. Jhd.[Bearbeiten]

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Die ersten Propheten des 8. Jhds.[Bearbeiten]

Die frühesten gut datierbaren biblischen Texte, die sich mit einiger Vorsicht als historische Quellen auswerten lassen, sind nicht Texte über Könige und Kult, sondern Texte dagegen, nämlich die sozial- und kultkritischen Texte Jes 1-39; Hosea, Amos und Micha.

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Untergang Israels Ende des 8. Jhds.[Bearbeiten]

7.-6. Jhd.: Juda und sein Untergang[Bearbeiten]

Juda konnte sich noch etwa 150 Jahre länger halten. Besonders erwähnenswert sind in diesem Zeitraum drei „Kultreformen“ der Könige Asa Anfang des 9. Jhds. (1 Kön 15,12-13), Hiskija Ende des 8. Jhds. (s. 2 Kön 18,4) und Joschija im 7. Jhd. (s. 2 Kön 23,4-20), bei denen angeblich jedes Mal ähnliche Kulte abgeschafft und Kultorte neben dem Jerusalemer Tempel aufgelöst worden wären – in Joschijas Fall deshalb, weil er zufällig das Buch Deuteronomium im Tempel fand und danach feststellte, dass man die ganze Zeit gegen Gottes Willen verstoßen hatte. 587 v. Chr. wird dann aber auch Juda von den Babyloniern besiegt, der Tempel zerstört und werden große Teile der Bevölkerung ins Exil geführt. Von einem Teil dieser Geschichte wird eine zweite Variante dann noch mal in den Büchern der Chronik erzählt.


Neugründung Israels: Historische Hintergründe und biblische Erzählung[Bearbeiten]

Spätestens nach der Eroberung Judas durch die Babylonier kam in Teilen der Bevölkerung offensichtlich starke Fremdenfeindlichkeit auf. Historisch lässt sich das gut erklären: Im Nord- und im Südreich waren von den Assyrern und Babyloniern gezielt Angehörige anderer eroberter Völker angesiedelt worden, um die beiden Reiche so zusätzlich zu destabilisieren; die ins Exil verschleppten Israeliten und Judäer wiederum mussten als marginalisierte Gruppen in der Fremde leben und konnten ihren Glauben dort nur unter großen Schwierigkeiten ausüben. Wie sich dies in mehreren in und nach dieser Zeit entstandene Texte niederschlug, ist dennoch sehr problematisch:

Erstens entstanden ab dieser Zeit sog. „Diasporanovellen“: Im Buch Ester lebt die namensgebende Protagonistin als Exulantin in der persischen Fremde; der „ausländische Ausländer“ Haman will sie vernichten und der persische König Ahasveros sie durch Heirat assimilieren. Doch Ester bewahrt heroisch ihre Religion und bringt geschickt den König dazu, ihren Feind zu ermorden, und rettet so das judäische Volk. Aus der selben Zeit stammt der erste Teil des Danielbuchs, laut dem Daniel aber angeblich bereits am babylonischen Königshof gelebt hat, sich dort als vorbildlicher Judäer als „besser“ erweist als alle Ausländer, dann mutig dem König dessen Schlechtigkeit vorhält und sich schließlich heldenhaft gegen alle Anfeindungen behaupten kann. Wichtig ist daher das kurze Buch Jona, das gegen diese Haltung anschreibt und in dem der fremdenfeindliche Prophet gerade in die Hauptstadt der ersten Eroberernation Assyrien gesandt wird, woraufhin sich wider Erwarten die Assyrer als vorbildlich und der gottgesandte Prophet als lachhafte Figur erweist.
Zweitens berichten die Bücher Esra und Nehemia, wie ab 539 die Judäer wieder in ihr Land zurückkehren, nachdem das babylonische Reich von den Persern besiegt und Israel und Juda zu den persischen Provinzen „Samaria“ und Juda umgeformt worden waren. Nun endlich können die Judäer ihr Land wieder in Besitz nehmen, den Tempel wiedererrichten und das Volk „reinigen“, indem sie alle Ausländer, zu denen selbst die nach 722 v. Chr. nach Juda eingewanderten Israeliten und angeblich den Tempelbau sabottierenden Israeliten gehören, als marginalisierte Gruppe aus der Gesellschaft ausgrenzen. Ekelhafterweise wird das in diesen Büchern für gut befunden. Auch hierzu ist in der Bibel mit dem Buch Rut zum Glück ein Gegentext überliefert, der programmatisch vor die von der staatlichen Zeit handelnden Bücher der Könige gestellt wurde und der behauptet, dass der sagenumwobene König David von einer schon damals immigrierten und integrierten Moabiterin abstammt.

Aber bei weitem nicht alle zu dieser Zeit entstandene Literatur thematisieren Fremdenfeindlichkeit oder Fremdenfreundlichkeit. Vielmehr entstand um diese Zeit, zu der man aktiv um ein Selbstverständnis als „Volk“ zu ringen hatte, der größte Teil dessen, was wir heute als Erstes Testament kennen. So wurden bspw. wohl zu dieser Zeit die Sprichwörter als Israels ureigenste Weisheitslehre gesammelt.
Ähnlich wurden sehr wahrscheinlich erst zu dieser Zeit die alten Mythen und Sagen in den Büchern Genesis bis Richter sowie die Sagen um Samuel, Elija und Elischa und die Chroniken der Könige in 1 Samuel bis 2 Könige gesammelt und in einen Erzählzusammenhang gebracht. Darüber, wie die Sammlung vor allem der ersten Gruppe von Texten (Gen - Ri) vonstatten ging, werden aktuell unterschiedlichste Modelle diskutiert. Das Folgende orientiert sich überwiegend an den Entwürfen von Schmid 1976; Kaiser 1978, S. 106 und Carr 2010 und ist nur eines von mehreren möglichen Modellen. Danach waren vor allem drei nachexilische Autorenkreise an der Entstehung dieses ersten Teils des Ersten Testaments beteiligt. Auf jede dieser drei Gruppen geht auch eine der drei großen Gesetzessammlungen des Pentateuch zurück:

  1. L(aien): Eine Autorengruppe, die dezidiert gegen die weltliche und klerikale Elite Israels anschrieb. Keiner der Vorfahren Israels war Fürst, Priester oder etwas Ähnliches; stattdessen wird von Bauern, Hirten und Nomaden berichtet, die durchs Land ziehen, dabei munter Heiligtümer und Kultorte gründen, wo immer sie mit Gott in Kontakt kommen, dort Gottesdienste feiern und dafür weder eines staatlichen Kults noch kultischer Priester bedürfen. Begründet werden dabei i.d.R. gerade Kultorte, die historisch mit Jerusalem in Konkurrenz standen; Jerusalem dagegen wird in Gen 35,16-20 offenbar sogar entweiht und der Jerusalemer Altar in Ex 20,18-26 für unzulässig erklärt. Die Vorgeschichte Israels insgesamt wird als Konfliktgeschichte vorgestellt: Immer wieder liegen Verwandte miteinander im Zwist, gründen nebenbei einige der umliegenden Nationen wie insbesondere Edom und Aram, mit denen man also verwandt ist, und versöhnen sich am Ende doch wieder; auch sonst hat man mit den umliegenden Völkern Konflikte, kann sich dann aber letztendlich meistens mit ihnen arrangieren. Der Ur-Vorfahre Vater-Gnade ist ein Weltenwanderer, der überall zurecht kommt; Fers heiratet aramäische Frauen und erlangt auch seinen Reichtum in Aram, Joseph wird Vizekönig in Ägypten: Auch im Ausland können Israeliten gut leben. Sogar gerettet werden die Israeliten aus Ägypten von einem ägyptischen Prinzen, nachdem dieser sich allerdings vom Adeligen zum Hirten bekehrt und dabei den Gott Israels gefunden hat. Buhmann ist dagegen Aaron, der Vorgänger der Hohepriester Jerusalems, der sich immer wieder gegen Gott und gegen Herauszug vergeht.
    Auf diese Gruppe geht auch die kurze Gebotssammlung in Ex 19-24 zurück, die an der Schwelle zum Land Israel für jene, die gerade erst dort einwandern, erlassen wird und programmatisch Israel als „Vasallenvolk Gottes, Königreich von Priestern und heilige Nation“ bestimmt (Ex 19,5f.): König über das israelitische Volk ist Gott allein, das als Ganzes „priesterlich“ ist. Entsprechend sind für den Gottesdienst nach Ex 20,24-26 lediglich ein schnell aus Erde aufgeschütteter oder aus Steinen aufgetürmter Altar nötig, an denen jeder Israelit dann selbst Opfer darbringen kann. Gerichtliche Vollmacht haben natürlich ebenfalls keine Priester; stattdessen hat jeder Ort mit eigenen Richtern selbst die Vollmacht, Urteile zu sprechen. Von staatlichen Abgaben ist keine Rede; die Israeliten sollen vielmehr die Armen, Witwen und Waisen unterstützen und weder diese noch den Immigranten (!) bedrücken, da die Israeliten doch selbst Immigranten waren (Ex 22,20-23,9). Um umliegende und Israel anfeindende Völker dagegen wird Gott sich kümmern, solange nur die Israeliten ihm treu bleiben und sich nicht dazu verführen lassen, anderen Göttern zu dienen (Ex 23,22ff.).
    Die Verfasser der „Laienquelle“ arbeiteten sich bei diesem Geschichtsentwurf u.a. an zwei anderen theologischen Schulen ab, die daraufhin als Reaktion auf L ihrerseits literarisch tätig werden. Bei beiden scheint es sich um zwei verfeindete Gruppen von Priestern am Jerusalemer Tempel gehandelt zu haben:
  2. D(euteronomisten): Eine Autorengruppe, die entweder aus der Bevölkerungsgruppe der „Leviten“ kam oder ihnen nahestand; immer wieder wird daher betont, welche Vorrechte die Leviten zur Zeit des Auszugs aus Ägypten und auch später am Jerusalemer Tempel hatten (Dtn 10,7f.; 17,9f.18; 18,1; 21,5; 24,8: Sie sind „besonders erwählt“ von Gott, darum ist ihnen zunächst der Vertrags-Kasten anvertraut; später sollen sie am Tempel den priesterlichen Dienst verrichten, außerdem das Volk belehren, für sie das Richteramt ausüben und sind dafür nach Dtn 14,29; 16,11.14; Dtn 26,12f.; 27,9; 31,9 auch gemeinsam mit den Armen von der Ortsbevölkerung zu finanzieren).
    Man kann ihr literarisches Wirken sehr grob in drei Perioden einteilen: Die „Früh-Deuteronomisten“ sammelten noch unabhängig von L die Gesetze in Dtn 12-26. Diese ist wahrscheinlich schon vor dem Exil entstanden. Die „Mittel-Deuteronomisten“ verfassten den Grundstock des Texts von 1 Sam - 2 Kön, mit dem das Exil theologisch erklärt werden sollte. Das wichtigste Anliegen von Früh- und Mitteldeuteronomisten war danach, dass allein der biblische Gott verehrt würde – bis dahin, dass dann, wenn in einem Ort jemand des „Götzendienstes“ überführt wurde, dafür der ganze Ort ermordet werden sollte (Dtn 13,13-17). Die Erzählung von den biblischen Königen folgt wegen diesem Grundinteresse auch einem klaren Muster: Manche Könige waren Gott untreu und wurden dafür bestraft – unter anderem eben mit dem Exil –; auf der Regentschaft von gottesfürchtigen Königen dagegen ruhte Gottes Segen. Zur Gottesfurcht gehörte ganz entschieden auch, Gott einzig im Tempel von Jerusalem zu verehren; alle anderen Kultorte waren Gott missfällig und zu vernichten. Insbesondere die Kultorte in Dan und Bethel seien Gott ein Dorn im Auge.
    „Spät-Deuteronomisten“ dagegen sahen offenbar in Ex 19-24 einen Konkurrenten zu „ihrem“ Gesetzeswerk und verfassten daher mit Dtn 5-11; 29-30; 34 und dem Buch Josua eine Fortsetzung der Exoduserzählung. Die erste Textgruppe ist dabei gestaltet im Stil von assyrischen Vasallenverträgen, die zweite im Stil von assyrischen Eroberungsberichten. Dtn 5 setzt ein mit einer alternativen Variante des Vertrags vom Sinai in Ex 19; danach wird in einer weiterführenden Rede des Herauszug zunächst Israel in Dtn 6; 11 auf die Gebote in Dtn 12-26 eingeschworen, die die „richtige“ Auslegung des Vertragstexts vom Sinai seien, in Dtn 7-10 aufgefordert, sich von fremden Völkern abzusondern, und in Dtn 29-30 abschließend noch einmal eingeschworen auf die Gebote, deren Befolgung Gott damit belohnen würde, die Israeliten wieder „aus der Gefangenschaft bei anderen Völkern zurückzusammeln“ (Dtn 30,3): Das Gesetz im Deuteronomium wird so präsentiert als Voraussetzung für die Erlösung aus der Exilssituation.
  3. P(riester): Noch klarer als die Texte der Deuteronomisten sind an Inhalt und v.a. am Stil die Texte der sog. „Priesterschrift“ zu erkennen. Nur wegen diesem klar erkennbaren Stil darf man es überhaupt wagen, eine Priesterschrift in den Büchern Gen - Num zu identifizieren, denn sie ist eine sehr merkwürdige Schrift. Hauptsächlich gehören zu ihr wieder Gebotssammlungen und außerdem Listen und Bauanweisungen ab Gen 25 und bis zum Ende des Buches Numeri. Außerdem aber gehören zu ihr mehrere Erzählungen und v.a. einige Textpassagen im Textbereich von L. Danach hat man sich die Textgeschichte von Gen 1 - Ex 19 offenbar so vorzustellen: Aus einzelnen Mythen und Sagen schreibt L seine Vorgeschichte Israels. Der priesterschriftliche Autorenkreis ist mit vielem in dieser Darstellung nicht einverstanden und verfasst daher eine eigene Variante dieser Erzählung. Wenige Erzählungen werden dabei vollständig übernommen, bei anderen wurde gleichzeitig gekürzt und ergänzt (wie Ex 19,19-25; gestrichen werden sollte wohl in P der widerstreitende V. 13), zu wieder anderen dagegen wurden Gegenerzählungen verfasst, die eigentlich die Vorlage ersetzen sollten (wie offensichtlich Gen 35,9-15). Hinzudenken muss man sich dann noch eine weitere Gruppe von Schreibern (die man manchmal T(ora-Redaktoren) nennt), die schließlich beide Fassungen verglichen und dann aber nicht sinnvoll redigierten, sondern einfach beide Versionen zusammenaddierten. So ist dann zu erklären, dass in Gen 1-3 die Welt zweimal erschaffen wird, Ruh in Gen 6-9 zeimal unterschiedliche Zahlen von Tieren in seinen Schrein bringt, Fers in Gen 28; 35 zweimal getauft wird, die Israeliten in Ex 19 sowohl den Berg besteigen als auch nicht besteigen dürfen usw. Für eine Übersetzung, die besonders zeigen will, wie Texte literarisch funktionieren, sind solche Stellen besonders problematisch. Wo sie sich nicht harmonisch in einen Erzählabschnitt fügen, werde ich sie daher zwar mitübersetzen, die Übersetzung aber in eine mit spätere Ergänzung eingeleitete Fußnote verschieben.
    P ist vor allem kultpolitisch interessiert: Besonderes Augenmerk liegt darauf, wie der der Jerusalemer Tempel zu gestalten ist, wie der tägliche Betrieb und wie religiöse Feiern ebendort abzulaufen haben – wichtig v.a.: die den Deuteronomisten so wichtigen Leviten sind den „Aaroniden“, den „echten“ Priestern, untergeordnet (s. zu Laien, Leviten und Aaroniden bes. Num 16) –, wie religiöse Feste zu begehen sind oder an welche religiösen Regeln sich Israeliten zu halten haben. Selbst die Schöpfung der Welt hat als ihr Ziel die Einsetzung des Sabbat. Politisch dagegen kann man P geradezu als eskapistisch bezeichnen:
    „P denkt im Gegensatz zu D universalistisch und pazifistisch. Kriege [und Konflikte] finden bei P nicht statt! [Der häufigste Anlass für das Verfassen von Gegenerzählungen in Gen - Ex 19]. Das Programm der Völkertafel in Gen 10 – jedes Volk nach seiner Eigenart an seinem Platz als Erfüllung des Schöpfungssegens – könnte einer achämenidischen Königsinschrift entnommen sein... Für P besteht das Proprium Israels nicht in seinem Staat..., sondern in seinem Tempel, in dem der Gott des Himmels und der Erde in der Welt anwesend und ansprechbar ist. P ist antimilitaristisch und antideuteronomistisch: Der priesterschriftliche [Gott] hängt nach der Sintflut ... seinen Bogen in die Wolken und damit an den Nagel (Gen 9,13). Hier wird nicht die Erschaffung des Regenbogens geschildert, sondern [Gott] widerruft seine Rolle als Gott, der Israels Kriege geführt hat ... oder auch die Kriege der Assyrer und Neubabylonier gegen Israel ... ein für allemal.“ (Knauf 1998, S. 123)
  4. Ri: ...



Gleichzeitig stammen aus dieser Zeit, in der man einige der schönsten Früchte der biblischen Literatur.

Weitere Entwicklungen: Historische Hintergründe und biblische Erzählungen[Bearbeiten]

Auch das Perserreich währte nicht lange; etwa 200 Jahre später wurde es seinerseits um 333 v. Chr. vom Griechen Alexander dem Großen erobert. Nachdem dessen Großreich geteilt wurde, fielen Israel und Samaria um 300 v. Chr. an die Ptolemäer, die vom hellenistischen Ägypten aus regierten. Die nächsten 100 Jahre herrscht Frieden; in dieser Zeit entstanden daher z.B. die eher philosophischen Bücher Kohelet und Jesus Sirach, die sich mit griechischen und ägyptischen Texten auseinandersetzten.

Einführungen ins Erste Testament[Bearbeiten]

Der Pentateuch[Bearbeiten]

Gen 1-11: Ursprungsmythen[Bearbeiten]

Gen 12-50: Die Vorfahren Israels[Bearbeiten]

Ex 1-18: Auszug aus Ägypten[Bearbeiten]

Ex 19 - Num 10,10: Am Sinai[Bearbeiten]

Num 10,11 - Num 36[Bearbeiten]

Das Deuteronomium[Bearbeiten]

Bücher der Geschichte[Bearbeiten]

Josua: Die Eroberung Israels[Bearbeiten]

Richter - 1 Sam 7: Vorstaatliche Zeit[Bearbeiten]

1 Sam 8 - 1 Kön 11: Saul, David und Salomo[Bearbeiten]

1 Kön 12 - 2 Kön 25; Chroniken[Bearbeiten]

hintere Propheten[Bearbeiten]

Die Schriften[Bearbeiten]

aDass die Schasu schon im 14. Jhd. auch in den Süden Palästinas zu verorten seien, ist verschiedentlich bestritten worden; z.B. jüngst von Frevel 2021, Abs. 17. Dass sich das aus den Texten des 14. Jhds. nicht klar herauslesen lässt, ist richtig; aus denen des 13./12. aber schon. Dass die Schasu wenige Jahrzehnte zuvor ausschließlich in anderen Regionen gelebt hätten, ist daher eine weit gewagtere Annahme als die, dass sie auch im 14. Jhd. in die selben Gegenden zu verorten sind. (Zurück zum Text: a)
bDie Jahresdurchschnittstemperatur der letzten Jahre lag übrigens bei 26,4 °C (laenderdaten.info), der Jahresdurchschnittsniederschlag bei 392 mm/Jahr (National Rainfall Index). (Zurück zum Text: b)
cDie Invasion der Philister wird oft etwas später datiert, aber für einige neuere Radiokarbon-Daten vgl. Asscher u.a. 2015; Boaretto u.a. 2018; dazu auch Maeir 2019, S. 152. Alles andere wäre auch überraschend: Die Amarna-Briefe EA 81, 122 und 123 bezeugen uns die Präsenz des Seevolks der Scherden bereits für das 14. Jhds. in Byblos, nur wenig nördlich von Palästina. (Zurück zum Text: c)
dEigentlich sind beide „Völker“ nicht homogen, sondern sowohl „Philister“ als auch „Phönizier“ sind Sammelbezeichnung jeweils mehrerer kleinerer Gruppen. Wir kennen die Namen einzelner dieser Gruppen; einige neuere Historiker versuchen daher, diese Namen sauber auf die Küste Palästinas zu verteilen (z.B. Peckham 2014, S. 47: Akko: Scherden; Dor: Sikalaju; Aschkelon, Aschdod, Gaza, Gat: Philister; Ekron, Timna, Beth Schemesch: Dananu). Darüber hinaus, dass in Dor im 12. Jhd. wirklich einmal die Sikalaju gelebt haben, wissen wir aber nichts sicher; unter Peckhams vier Gruppen lassen sich auch Scherden und Sikalaju einerseits und Philister und Dananu andererseits jedenfalls nicht an einer unterschiedlichen materiellen Kultur erkennen. Für die biblische Geschichte ist hierbei zum Glück nur wichtig, ob man die Philister dennoch als ein vielleicht nicht genetisch verwandtes, aber kulturell und politisch zusammengehöriges Volk betrachten kann, wie sie in der Bibel geschildert werden. Und das ist sehr wahrscheinlich der Fall: Man kann im Verlauf der frühen und mittleren Eisenzeit mehrmals Migrationen mindestens zwischen Aschdod, Gat und Ekron feststellen, die daher sehr wahrscheinlich wirklich „irgendwie zusammengehörten“. (Zurück zum Text: d)
eNur Dor und Tel Mevorakh scheinen im späten 9. Jhd. einmal kurz unter israelitischer Herrschaft gestanden zu haben (wahrscheinlich eine Spätfolge von Scheschonqs Überfall auf die Gegend um Jatt [s.u.], der Dor und Mevorakh zu Grenzstädten gemacht und sie so den Israeliten preisgegeben hatte), bevor sie im 8. Jhd. zu assyrischen Zentren wurden. Gerade in der israelitischen Phase wurde Dor aber nicht als Hafenstadt genutzt (vgl. Gilboa u.a. 2015; Arie 2020). Offenbar hatte Altisrael also nie eine eigene bedeutende Hafenstadt (zu Elath s.u.). (Zurück zum Text: e)
fDie Zerstörung von Jin'am und auch von Geser und Aschkelon nimmt Pharaoh Merneptah für sich in Anspruch. Aber in Aschkelon lässt sich archäologisch gar keine Eroberung in der fraglichen Zeit feststellen (s. die neuere Stratigraphie von Stager u.a. 2008, S. 216f.257, wo auch die ägyptische Mauer lange vor Merneptah datiert wird); Geser war nach der einzigen Zerstörung, die zeitlich zu einer Eroberung durch Merneptah passen würde, philistäisch, was eher für eine philistäische als eine ägyptische Eroberung spricht. Wie viel Vertrauen man dann Merneptahs Behauptung schenken darf, er habe Jin'am „zu Nichts gemacht“ (und ganz Kanaan in die Gefangenschaft geführt), ist sehr unklar. Die ägyptischen Funde des 12. Jhds. in Megiddo könnten es stützen, dass Merneptah wirklich schon Ende des 13. Jhds. im Jezreel-Tal operierte. (Zurück zum Text: f)
gExemplarisch zu verstehen. Mehrere Stadtstaaten fehlen auf Finkelsteins Karte; die meisten Staaten waren daher kleiner. So etwa der von Jerusalem: Im Nord(west)en wurde er mindestens durch Ajalon begrenzt, im Süd(west)en reichte der Staat von Hebron mindestens bis nach Keila, im Osten beginnt knapp 10km weiter der unfruchtbare und daher unbesiedelte Jordangraben. Richtiger als Finkelstein hat daher z.B. Alt Jerusalem als „Zwergstaat“ verstanden. (Zurück zum Text: g)
hJedenfalls ostjordanisch und im Negev. OSL-Datierungen von Terrassen im cisjordanischen Zentralgebirge ergeben regelmäßig jüngere Daten, was aber nur wenig überraschend bedeutet, dass Terrassen dort auch später noch erneuert wurden (vgl. z.B. Davidovich u.a. 2012; Beckers u.a. 2013; zur Einordnung aber z.B. Gibson/Lewis 2017, S. 256f.261, die auch zeigen, wie man zuvor auch ohne Terrassenbau im Gebirge Ackerbau mit „natürlichen Terassen“ getrieben haben könnte). (Zurück zum Text: h)
iDie umgekehrte Auskunft von Gaß 2006, S. 105, die meisten neuen Orte der Eisenzeit I hätten in größerer Entfernung von Wasserquellen errichtet werden müssen, verstehe ich nicht. Rechnen wir nur mit seiner Statistik zur manassitischen Gebirgsregion, waren von den 125 in der EZ I neugegründeten Orten 83 (= 66%) weniger als 3km von Wasserquellen entfernt, nur ein Drittel also zwischen 3 und 10km. (Zurück zum Text: i)
jEin noch friedlicheres Modell hat kürzlich Gadot 2019 vorgeschlagen. Gadot setzt daran an, dass in allen vier Hochlandsiedlungs-Clustern der Abstand zur nächsten benachbarten Stadt nur sehr gering ist. Ich ergänze: In den drei südlichen Clustern liegen jeweils ja sogar (stark geschrumpfte) kanaanäische Städte mitten in diesen Clustern. Die Bergdörfler ließen also die kanaanäischen Städte nicht etwa weit hinter sich, sondern ließen sich in ihrer direkten Nachbarschaft nieder. Daraus leitet Gadot ab, dass man entgegen den biblischen Erzählungen gar keine Gegnerschaft zwischen kanaanäischen Städten und proto-israelitischen Bergsiedlungen annehmen darf, sondern annehmen muss, dass beide Orts-Arten ein ähnlich symbiotisches Verhältnis hatten wie zuvor die kanaanäischen Städte und die kanaanäischen Dörfer. Danach könnte man weiter annehmen, dass die Bergdörfler überwiegend kanaanäische Bauern waren, die nur deshalb keine eigenen Grabstätten, Kultorte oder öffentlichen Gebäude hatten, weil sie die der kanaanäischen Städte, denen sie zugeordnen waren, weiterhin mitbenutzten. Das ist ein guter Vorschlag und überzeugender als der von Noll, erklärt aber wie gesagt die Zerstörung vieler kanaanäischer Städte in kurzer Zeit nicht ist darüber hinaus noch so sehr Sondermeinung, dass er mir noch nur Fußnoten- und nicht Fließtext-Status zu haben scheint. (Zurück zum Text: j)
kDaneben sind viele andere Modelle zur Erklärung der Berglandsiedlungen verbreitet: Bunimovitz 1994, S. 199-202 etwa setzt sein Wettgeld allein auf die Habiru, die als ursprünglich viehzüchtende Beduinen nun sesshaft wurden, weil die Ägypter sie nicht mehr durch die Ebenen ziehen ließen. Ähnlich geht Finkelstein 1988, S. 341-348 davon aus, dass das Bergland schon die ganze Zeit von Beduinen besiedelt gewesen sei, die qua Beduinen nur archäologisch unsichtbar sind, und die sich nun niederließen, nachdem sie nicht mehr mit den untergegangenen kanaanäischen Städten handeln konnten. Fritz 1996, S. 120 und Knauf/Niemann 2021, S. 78 setzen ihr Wettgeld auf Habiru nebst Schasu, Weippert 1974, S. 280; Rendsburg 2021, S. 64 ihres allein und Redford 1992, S. 278 seines hauptsächlich auf die Schasu, Rainey 2008a, 2008b setzt seines ebenfalls auf Schasu, die bei ihm aber merkwürdigerweise vom Nordosten her eingewandert sein sollen, Gaß 2006, S. 111 setzt seines auf Nomaden und Migranten; Lemche 1998b, S. 74 setzt seines trotz unterschiedlicher Kultur speziell auf die kanaanäischen Städter, die einer übermäßigen Besteuerung durch die Ägypter entkommen wollten, Stone 2014, S. 156-159 seines auf die Kanaanäer nebst hethitischen Immigranten, Na'aman 1994, S. 239-247 seines hauptsächlich auf diese Immigranten usw. Wegen der vielen so unterschiedlichen Vorschläge hat nun Killebrew 2006, 2020, S. 88f. (so auch Matthews 2018, S. 72; Schipper 2019, S. 17) sogar als Kompromiss ihren „mixed multitudes“-Vorschlag gemacht: Bei den Hochländlern handle es sich um einen Mix aus mehreren Gruppen von Habiru, Schasu, Angehörigen von „Israel“, ehemaligen kanaanäischen Stadtstaat-Städtern und -Bauern und etwaigen weiteren immigrierenden Gruppen, die sich eher zufällig alle zur selben Zeit im Bergland angesiedelt hätten. Einen schön konzisen Überblick über einige dieser aktuell verbreiteten Modelle zur Erklärung gibt Mullins 2015. (Zurück zum Text: k)
lIch folge Junkkaala bei der Identifikation der meisten oben abgebildeten Orte. Für einige ältere Vorschläge s. die praktische Zusammenschau von Ibrahim. (Zurück zum Text: l)
mIch halte Khirbet Summeily für sicher philistäisch und nicht wie die Ausgräber für judäisches Städtchen mehr als 100 Jahre vor der Zeit des Königreichs Juda. Schon wegen ebendiesem Anachronismus; darüber hinaus lassen sich alle „Besonderheiten“ von Khirbet Summeily leichter als gewöhnliche Merkmale philistäischer Orte erklären: Anikonische Stempelsiegel sind in mehreren philistäischen Städten gefunden worden, Löwenköpfe und Prunkgefäße sind gerade typisch für philistäische Städte. Dagegen das Fehlen von Schweinefleisch-Konsum kann man heute nicht mehr als typisch für Philisterstädte werten; außer in der Pentapolis fehlen Schweineknochen in vielen philistäischen Orten (z.B. Tel Qasile und Qubur al-Walajida, vgl. Sapir-Hen u.a. 2015), während sie sich umgekehrt in kleinerer Zahl auch in einigen klar kanaanäischen Orten finden (z.B. Izbet Sartah und Rehob, vgl. ebd.). Doughnut-Webgewichte statt typisch philistäischen zylinderförmigen Webgewichten hat man auch in Tel Qasile gefunden; auch das ist nicht mehr indikativ. Ägyptische Skarabäen schließlich hat man in ganz Palästina gefunden – nur im judäischen Gebirge nicht (s.u.). Geographisch liegt Khirbet Summeily noch hinter Tel Erani, Umm al Baqar und Tel Nagila, geschichtlich teilt es das Schicksal dieser Orte. Khirbet Summeily zu einem Kronzeugen für die Existenz des Königreichs Juda zu machen, ist eine äußerst merkwürdige Interpretation dieser Daten. (Zurück zum Text: m)
nZu Aschdod und Ekron vgl. Niemann 2002, S. 75. Die Zahlen zu Gat sind die neueren von Gats Ausgräber Maeir, die zeigen, dass auch Gat schon zur EZ I eine Großmacht an der östlichen Grenze der Philistäa war. Wahrscheinlich darf man danach Gat aber nicht sofort als überwältigende militärische Macht verstehen, wie es Maeir öfter tut: Der starke Wachstum der Stadt ist sicher zurückzuführen auf flüchtende Philister und kanaanäische Kollaborateure aus Ekron, Geser und Timna (und vielleicht Aijalon, Rabbah und el-Kokah). Dass derart starke Flüchtlingsströme nicht sofort Macht und Reichtum, sondern zunächst vor allem wirtschaftliche und infrastrukturelle Probleme bedeuten, wissen wir ja heute nur zu gut. (Zurück zum Text: n)
oNur noch Keramik zeugt von einer erneuten Besiedlung in der Eisenzeit II, s. Ben Tor 1975, S. 73; Jasmin 2020. Jasmin datiert diese Keramik auf Ende der Eisenzeit I / Anfang Eisenzeit II, was gerade noch passen würde. (Zurück zum Text: o)
pIst das richtig, könnte dieser Sprachgebrauch übrigens Propaganda sein: Als „Kanaanäer“ würden in Kanaan dann gerade die eingewanderten Seevölker bezeichnet werden, während die angestammten Bewohner mit der assyrischen Bezeichnung „Amoriter“ (von assyr. amurru) „ge-othert“ wurden. Die einzigen mit uraltem Anspruch auf das Land Kanaan wären dann natürlich die Israeliten, die hier schon zur Zeit von Väterchen Gnade, Lach und Fers gelebt haben sollen. (Zurück zum Text: p)
qIn der südlichen Timna-Gegend wurde zu dieser Zeit sicher schon Kupfer abgebaut. Radiokarbon-Messungen machen wahrscheinlich, dass es außerdem in kleinerem Stil auch schon zu dieser Zeit in der Khirbet en-Nahas-Gegend weiter nördlich geschah (Ben-Yosef u.a. 2010, S. 743). (Zurück zum Text: q)
rDie oben mit kleinen Punkten markierten Hazerim sind also nur exemplarisch; ich habe nur jene markiert, von denen Dorsey annimmt, dass sie auch den Verlauf von Handelsstraßen markieren. (Zurück zum Text: r)
sDie ältere, die auch immer noch vertreten wird, geht ungefähr so: Der Negev wird ab dem 12. Jhd. von Nomaden besiedelt, die auch Tel Masos bauen. Andere Nomaden leben auf dem edomitischen Plateau östlich des Jordan und betreiben die Kupferminen. Beide Gruppen handeln untereinander, haben aber sonst nicht viel miteinander zu tun – und auch nicht mit den Judäern, die es dann gewesen sein sollen, die in einer ersten geplanten Aktion des Staats ab dem 10. Jhd. Beerscheba und Arad befestigen. Die negevitische, midianitische und später edomitische Keramik ist dadurch zu erklären, dass gleichzeitig durch das judäische BA-Tal die Reiseroute der Handel treibenden Negev-Nomaden verläuft. – Dies ungefähr ist aktuell immer noch die Mehrheitsmeinung; die Archäologie erzählt mittlerweile aber wirklich mit großer Sicherheit eine andere Geschichte. (Zurück zum Text: s)
tZu Malhata s. NEAEH III, S. 935f. Neuerdings wurde der Übergang von Malhata V zu Malhata IV ins 9./8. statt ins 10./9. Jhd. datiert. Basis dieser Datierung ist, wenn ich richtig sehe, aber nur die Keramik in M IV, die ins 8. Jhd. passt (Freud 2015, S. 233). Daraus lässt sich aber ja nicht ableiten, dass Malhata IV deshalb auch erst im 8. Jhd. gebaut wurde. Da Scheschonqs Eroberungszug Auswirkungen auf sämtliche Orte in diesem Tal hatte (zu Tel Masos vgl. allerdings Fantalkin/Finkelstein 2006, S. 20), liegt es näher, es bei der Datierung der Zerstörung von Malhata V ins späte 10. Jhd. und des Neubaus ins 10./9. Jhd. zu belassen. (Zurück zum Text: t)
uDass im 8. Jhd. in Beerscheba Philister siedelten, ist überraschenderweise ein neuer Vorschlag. Aber die Keramik spricht eine deutliche Sprache: 12,5% der Alltagskeramik ist nun philistäisch (vgl. Singer-Avitz 1999, S. 3.12.56f.). Das vergleiche man mit den 4% in Geser und Timna im Norden! Auch Gen 20,15; 21,22-31 kennt Beerscheba noch als Teil des philistäischen Gebiets. Sollte dieser Erzählzug nicht reine Fantasie sein, müsste er Erinnerungen an diese Zeit bewahrt haben – zu keiner anderen Zeit wird in der Archäologie philistäische Präsenz im Beerscheba-Tal selbst angenommen. (Zurück zum Text: u)
vDie „Modified Conventional Chronology“ von Mazar ist nur ein so fauler Kompromiss, dass ich sie dem Leser erspare. (Zurück zum Text: v)
wDie Frage ist auch politisch leicht brisant: Im Nahostkonflikt beziehen sich Israelis bei ihren Ansprüchen auf das Land Palästina regelmäßig zurück auf das davidisch-salomonische Großreich: Es ist Salomos Königreich, das „von Dan bis Beerscheba“ (2 Kön 5,5) oder sogar „vom Fluss [Euphrat] bis zur Grenze Ägyptens“ (2 Kön 5,1) gereicht haben soll. Extreme Zionisten wünschen sich daher noch heute von hier aus nicht nur ganz Palästina, sondern außerdem Syrien und Teile Ägyptens als Staatsgebiet Israels innerhalb der „gelobten Grenzen“. Dass diese Ansprüche sich bibelhistorisch kaum begründen lassen, sahen wir schon oben im Abschnitt über die phönizischen und philistäischen Gebiete, die vor der Zeit der Hasmonäer nie zum Königreich Israel gehörten. Hat es auch sonst zuvor kein vereintes Königreich gegeben, lässt sich diese Begründungsfigur in dieser Form auch für weitere Regionen noch schwieriger durchhalten. Es ist daher wenig überraschend, dass israelitische Archäologen häufiger Hypothese (1) oder (2) und vor allem westliche Archäologen Hypothese (3) vertreten. (Zurück zum Text: w)