Gen 5/Persönliche Fassung (Sebastian Walter): Unterschied zwischen den Versionen

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''Hanok und Mahujael / Mahalalel haben in beiden Linien ihre Position getauscht; davon abgesehen sind die Entsprechungen aber sehr deutlich. Nachdem mit Sitz und Mensch die Uhr zurückgedreht wurde, stehen Qajn gegen Qenan, Hanok gegen Hanok, Irad gegen Jard, Mahujael gegen Mahalalel, Matuschael gegen Matuschelach, Lamek gegen Lamek und am Ende die drei Lamekssöhne inkl. Tubal-Kauf gegen den Lamekssohn Ruh. Während der erste Lamek in seinem Ausspruch zum Ausdruck gebracht hat, wie sehr sich die Gewalttätigkeit der Qajns-Linie von Qajn bis zu seiner Generation gesteigert hat, prophezeit der zweite Lamek, dass sein Nachkomme dem Fluch Gottes über den Erdboden aus [[Gen_2,25-3,24/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l17 |Gen 3,17]] den Stachel nehmen wird (s. Gen 8,21, wo Gott diesen seinen Fluch zurücknimmt). Während es nach Qajn also immer schlimmer wird, wird es nach Schet nach und nach wieder besser. Schlau wird sogar der Tod erspart, womit auch Gottes Urteilsspruch über Adam teilweise schon zurückgenommen ist.<br />Auch darüber hinaus verweist Gen 5 vielfach auf die vorangehenden vier Kapitel zurück: Der Beginn von Vers 1 entspricht dem Beginn von Gen 2-3 (s. [[Gen_2,4-24/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l4 |Gen 2,4]]), Verse 1b-2b entsprechen Gen 1,26-28 (s. [[Gen_1-2,3/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l26 |Gen 1,26-28]]), die Verse 6-11 entsprechen dem Ende von Gen 4 (s. [[Gen_4,17-26/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l25 |Gen 4,25f.]]). Der auffälligste dieser Rückbezüge ist neben der Prophezeiung von Lamek die Notiz in den Versen 3-5, Schet sei Erdlings „ähnliches Abbild“: Nachdem die Verse 1-2 noch einmal daran erinnert haben, dass der Erdling ursprünglich ''Gottes'' „ähnliches Abbild“ war, wird auch hierüber noch einmal betont, dass die Linie von Schet unbetroffen ist von den Entartungen des Menschengeschlechts im Verlauf der Familiengeschichte von Qajn.''
''Hanok und Mahujael / Mahalalel haben in beiden Linien ihre Position getauscht; davon abgesehen sind die Entsprechungen aber sehr deutlich. Nachdem mit Sitz und Mensch die Uhr zurückgedreht wurde, stehen Qajn gegen Qajnan, Hanok gegen Hanok, Irad gegen Jard, Mahujael gegen Mahalalel, Matuschael gegen Matuschelach, Lamek gegen Lamek und am Ende die drei Lamekssöhne inkl. Tubal-Kauf gegen den Lamekssohn Ruh. Während der erste Lamek in seinem Ausspruch zum Ausdruck gebracht hat, wie sehr sich die Gewalttätigkeit der Qajns-Linie von Qajn bis zu seiner Generation gesteigert hat, prophezeit der zweite Lamek, dass sein Nachkomme dem Fluch Gottes über den Erdboden aus [[Gen_2,25-3,24/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l17 |Gen 3,17]] den Stachel nehmen wird (s. Gen 8,21, wo Gott diesen seinen Fluch zurücknimmt). Während es nach Qajn also immer schlimmer wird, wird es nach Schet nach und nach wieder besser. Schlau wird sogar der Tod erspart, womit auch Gottes Urteilsspruch über Adam teilweise schon zurückgenommen ist.<br />Auch darüber hinaus verweist Gen 5 vielfach auf die vorangehenden vier Kapitel zurück: Der Beginn von Vers 1 entspricht dem Beginn von Gen 2-3 (s. [[Gen_2,4-24/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l4 |Gen 2,4]]), Verse 1b-2b entsprechen Gen 1,26-28 (s. [[Gen_1-2,3/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l26 |Gen 1,26-28]]), die Verse 6-11 entsprechen dem Ende von Gen 4 (s. [[Gen_4,17-26/Persönliche_Fassung_(Sebastian_Walter)#l25 |Gen 4,25f.]]). Der auffälligste dieser Rückbezüge ist neben der Prophezeiung von Lamek die Notiz in den Versen 3-5, Schet sei Erdlings „ähnliches Abbild“: Nachdem die Verse 1-2 noch einmal daran erinnert haben, dass der Erdling ursprünglich ''Gottes'' „ähnliches Abbild“ war, wird auch hierüber noch einmal betont, dass die Linie von Schet unbetroffen ist von den Entartungen des Menschengeschlechts im Verlauf der Familiengeschichte von Qajn.''





Version vom 29. Januar 2023, 15:12 Uhr

Dies ist eine individuell verantwortete Textfassung. Sie ist Teil der Offenen Bibel, stammt aber in dieser Version nicht vom Gesamt-Team.

Persönliche Fassung

6. Die neue Hoffnung

Auf die Genealogie in Gen 4,17-26 folgt eine weitere Genealogie, die nach den Nachfahren des Erdlings aus der Linie von Kauf seine Nachfahren aus der Linie von Sitz aufzählt. Sie reicht bis Ruh und seinen Söhnen, den Helden der gleich folgenden Flutgeschichte, und hat damit eine sehr nahe Parallele in der „sumerischen Königsliste“: Auch in dieser mehrfach und unterschiedlich bezeugten Personenliste werden mehrere Menschen vor der mythischen Flut aufgezählt, die wie die biblischen Figuren übermenschlichen lange gelebt haben sollen und von denen sogar ebenfalls einer „genommen“ und so ins Reich der Götter entrückt worden sein soll. Doch die Aussageabsicht von Gen 5 ist eine sehr andere als die dieser Königsliste: Wie der vorangehende Abschnitt ist auch dieses Kapitel weniger als historisch akkurate Chronik zu verstehen (ohnehin variieren die Zahlen in den unterschiedlichen Textzeugen sehr stark) denn als narrative Theologie: Die Linie von Kauf, auf den an neunter Stelle Tubal-Kauf als „neuer Kauf“ folgt, steht nun gegen die Linie von Sitz, auf den an neunter Stelle Ruh als „neuer Sitz“ folgt (s.u.), der nach dem vorangehenden Kapitel wiederum der „neue Wertlos“ ist. Das die beiden Genealogien zusammen gelesen werden müssen, wird umso klarer, wenn man die Namen der beiden Listen vergleicht. Unten sind die Namen, deren Bedeutungen (vielleicht) bedeutsam sind, übersetzt; hier zum besseren Vergleich in ihrer hebräischen Lautung:

Linie von Kauf
Linie von Sitz
Adam („Erdling“)
Qajn („Kauf“)
Schet („Sitz“)
Enosch („Mensch“)
Qajnan („Erwerb“)
Hanok („Schlau“)
Mahalalel („Lobpreis Gottes“)
Irad („Städter“, eigentlich: „Wildesel“)
xxx×xxx
Jard („Rose“)
Mahujael (?)
Hanok („Schlau“)
Matuschael (?)
Matuschelach (?)
Lamek („Kraftprotz“)
Lamek („Kraftprotz“)
Jabal, Jubal, Tubal-Qajn
Nōḥ („Ruh“)


Hanok und Mahujael / Mahalalel haben in beiden Linien ihre Position getauscht; davon abgesehen sind die Entsprechungen aber sehr deutlich. Nachdem mit Sitz und Mensch die Uhr zurückgedreht wurde, stehen Qajn gegen Qajnan, Hanok gegen Hanok, Irad gegen Jard, Mahujael gegen Mahalalel, Matuschael gegen Matuschelach, Lamek gegen Lamek und am Ende die drei Lamekssöhne inkl. Tubal-Kauf gegen den Lamekssohn Ruh. Während der erste Lamek in seinem Ausspruch zum Ausdruck gebracht hat, wie sehr sich die Gewalttätigkeit der Qajns-Linie von Qajn bis zu seiner Generation gesteigert hat, prophezeit der zweite Lamek, dass sein Nachkomme dem Fluch Gottes über den Erdboden aus Gen 3,17 den Stachel nehmen wird (s. Gen 8,21, wo Gott diesen seinen Fluch zurücknimmt). Während es nach Qajn also immer schlimmer wird, wird es nach Schet nach und nach wieder besser. Schlau wird sogar der Tod erspart, womit auch Gottes Urteilsspruch über Adam teilweise schon zurückgenommen ist.
Auch darüber hinaus verweist Gen 5 vielfach auf die vorangehenden vier Kapitel zurück: Der Beginn von Vers 1 entspricht dem Beginn von Gen 2-3 (s. Gen 2,4), Verse 1b-2b entsprechen Gen 1,26-28 (s. Gen 1,26-28), die Verse 6-11 entsprechen dem Ende von Gen 4 (s. Gen 4,25f.). Der auffälligste dieser Rückbezüge ist neben der Prophezeiung von Lamek die Notiz in den Versen 3-5, Schet sei Erdlings „ähnliches Abbild“: Nachdem die Verse 1-2 noch einmal daran erinnert haben, dass der Erdling ursprünglich
Gottes „ähnliches Abbild“ war, wird auch hierüber noch einmal betont, dass die Linie von Schet unbetroffen ist von den Entartungen des Menschengeschlechts im Verlauf der Familiengeschichte von Qajn.


Himmelfahrt Schlaus. Buchmalerei, 12. Jhd. (c) British Library

1 Aufzählung der Nachkommen von Erdling

Als Gott den Erdling schuf,
machte er ihn Gott ähnlich,
2 schuf sie männlich und weiblich,
segnete sie
und nannte ihren Namen „Erdling“,
als er sie schuf.


3-5 Erdling: * 0 • † 930 (930 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern) als ihm ähnliches Abbild:

6-8 Sitz: * 130 • † 1042 (912 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

9-11 Mensch: * 235 • † 1140 (905 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

12-14 Stell: * 325 • † 1235 (910 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

15-17 Mahalalel: * 395 • † 1290 (895 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

18-20 Rose: * 460 • † 1422 (962 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

21.23 Schlau: * 622 – 987 (365 J.)

22.24 Ging mit Gott umher.a
Dann war er nicht mehr,
denn Gott nahm ihn.

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

25-27 Matuschelach: * 687 • † 1656 (969 J.)

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

28-31 Kraftprotz: * 874 • † 1651 (777 J.)

Nannte seinen Sohn „Ruh“,b da er sagte:
„Dieser wird uns trösten von unserem Tun
und von der Mühsal unserer Hände,
vom Erdboden, den JHWH verdammt hat.“

↓ (nebst weiteren Söhnen und Töchtern)

32 Ruh: * 1056

Name, Hitze und Raum: * ab 1556.


Gen 4,17-26 <= | => Gen 6,1-4
aging umher wie Gott in Gen 3,8 im Garten „umherging“ und wie in Gen 6,9 auch gleich Ruh „mit Gott umhergehen“ wird. In Mi 6,8; Mal 2,6 ist dies „mit Gott umhergehen“ ein Ausdruck für eine besonders gottgefällige Lebensweise. So verstehen den Ausdruck hier auch die meisten alten Kommentatoren. So kurz nach Gen 3 muss der Ausdruck in unserem Kontext jedoch so wirken, als habe Gott hier zwei Spazier-Kumpanen gefunden.
Das folgende zunächst so unauffällige Sätzchen ist ein Spitzensatz christlicher und verwandter Glaubensrichtungen; für Luther (Genesis-Vorlesung, z.St.) „gehört er (daher) in Goldlettern geschrieben“; ähnlich hält ihn Daniélou 1957, S. 45 für den wichtigsten biblischen Satz überhaupt, wenn man nach dem Schicksal von Nicht-Christen frage. Dass bei Schlau anders als bei den anderen Personen in diesem Kapitel nicht von seinem Tod die Rede ist, sondern davon, dass Gott ihn „genommen“ habe, heißt nämlich fast sicher, dass Gott ihn ähnlich wie den oben erwähnten sumerischen König und wie auch später Elija in 2 Kön 2 zu sich nahm – dass Schlau also „entrückt“ wurde, statt zu sterben. So verstanden und verstehen den Satz auch fast alle Ausleger (ich kenne nur drei Ausnahmen; s. gleich) und so findet es sich bereits in der Bibel, s. Sir 49,14(; äthHen 70,1-4; Jub 4,17-25); Heb 11,5(; 1 Clem 9,3); ebenso z.B. im Targum Jonathan („Er diente vor Gott in Wahrhaftigkeit und ... fuhr zum Himmel auf nach dem Wort Gottes, wurde dann ‚Metatron‘ genannt und war der große Schreiber“). Ähnliches wird im Frühjudentum außer von Schlau und Elija nur noch von Mose (JosAnt §326; Sifre Dtn §357; b.Sot 13b); Esra (4 Esra 14,9) und Baruch (Bar 13,3; 76,12) berichtet; im frühen Christentum außerdem von Philippus (Apg 8,39); Jesus setzt Ähnliches für Abraham voraus (Lk 16,23ff.; vgl. 4 Makk 13,17).
Das hatte erstens zur Folge, dass sich im frühen Judentum eine Richtung ausbildete, die die Bedeutsamkeit von Schlau extrem hoch ansetzte. Der oben zitierte Targum Jonathan ist dafür ein Beispiel, im äthiopischen Henochbuch erscheint Schlau gar als der zweite in der himmlischen Rangordnung direkt nach Gott. Viele weitere Beispiele hat z.B. Zwiep 1997, S. 45-58 zusammengetragen. Im rabbinischen Judentum wurde daher gegen diese Richtung häufiger entschieden betont, dass der Satz eben doch besage, dass Schlau gestorben sei; der Targum Onkelos etwa paraphrasiert: „Schlau ging den Herrn verehrend einher, dann war er nicht mehr, denn der Herr hatte ihn sterben lassen.“. Zweitens widersprechen die Fälle von Schlau und Elija (und Abraham und Mose und Esra und Baruch) dem Vers Joh 3,13; auch einige evangelikale Christen verstehen den Vers daher so, dass Schlau doch gestorben sein müsse (Beispiele für verschiedene Erklärungsansätze in diese Richtung finden sich z.B. hier). Und schließlich gehen einige christliche und verwandte Glaubensrichtungen davon aus, dass Jesus den Menschen durch seinen Kreuzestod erst mehr oder weniger magisch „vom Tod freikaufen“ musste, bevor dieser zum ewigen Leben befreit war, woraus dann zum einen abgeleitet wird, dass die Urgeschichte historisch genommen werden müsse (da es ja sonst „Jesu nicht bedurft habe“ – so z.B. die römisch-katholische Kirche, s. KKK 389-390), zum anderen, dass dann aber in dieser Urgeschichte unser Vers nicht von einer Entrückung von Schlau schon vor Christus sprechen dürfe. Die Zeugen Jehovas etwa nehmen daher „Gott nahm ihn“ i.S.v. „Gott nahm ihn sanft hinweg“, d.h. „ließ ihn einschlafen und dann im Schlaf sterben“; Pohle / Preuss 2006, S. 8f. verweisen sinnvoller auf Offb 11,3 und nehmen danach an, der Tod von Schlau und Elija sei nur aufgeschoben.
Liest man unseren Vers in seinem Kontext, ist es fast ausgeschlossen, dass der Satz damit richtig verstanden ist. Nimmt man die biblischen Texte beim Wort, sterben Schlau und Elija wirklich nicht – was zumindest ein „hartes“ „keine Rettung außer durch Christus“ unbiblisch macht. (Zurück zu Lesefassung v.22.24)
bRuh - Hebräisch Nōḥ. Der Name bedeutet eigentlich „Ruhe, Ruheort“ und klingt damit gut zusammen mit Schet („Sitz“, „[Gott hat] gesetzt“) im Gegensatz zum wankenden und wandernden Qajn mit seinen beiden Nachkommen Jabal („er fließt / bringt“) und Jubal („er wird geschwemmt / gebracht“). Hier wird er aber so erklärt, als sei er abgeleitet vom Verb naḥam („trösten“), wie kurz zuvor ähnlich Qajn „falsch“ mit einer Volksetymologie von qanah („kaufen“) abgeleitet wurde. „Ruh“ ist mein Versuch, beides in Nōḥs Namen durchklingen zu lassen. (Zurück zu Lesefassung v.28-31)