Persönliche Fassung
4 Die Nachkommen von Himmel und Erde, als sie erschaffen waren〈a〉
Am Tag, als GOTT Erde und Himmel machte,
5 war noch kein Kraut auf der Erde
und wuchs noch keine Nutzpflanze,
weil GOTT es über der Erde nicht regnen ließ
und es keinen Erdling gab, um auf dem Erdboden zu dienen,〈b〉
6 indem er Grundwasser〈c〉 aus der Erde hervorholte,
um die ganze Erdoberfläche zu tränken.
7 Da formte GOTT den Erdling:
Staub vom Erdboden.〈d〉
Er hauchte in seine Nase Atem des Lebens,
da wurde der Mensch zum Lebewesen.〈e〉
8 GOTT pflanzte auch im Osten〈f〉 in Lust einen Garten
und setzte dorthin den Erdling, den er geformt hatte.
9 Gott ließ außerden sprießen aus dem Erdboden jeglichen Baum,
begehrenswert anzusehen und gut zu essen.
In der Mitte des Gartens wuchsen der Baum des Lebens
und auch der Baum der Erkenntnis von Gut und Böse.
10 Später ging von Lust ein Fluss aus, um den Garten zu tränken,
und teilte sich von dort aus und wurde zu vier Strömen.
11 Der Name des ersten ist „Pischon“.
Das ist der, der das ganze Sandland umfließt, wo es Gold gibt.
12 Das Gold dieses Landes ist von hoher Qualität,
Dort gibt es auch Weihrauch-Körner und Edelsteine.
13 Der Name des zweiten Stromes ist „Gihon“.
Das ist der, der das ganze Land Kusch umfließt.
14 Der Name des dritten Stromes ist „Tigris“.
Das ist der, der östlich von Assur fließt.
Und der vierte Strom, das ist der Eufrat.〈g〉
15 GOTT bestimmte dem Erdling den Garten Lust zur Wohnung,
damit er darin diene und ihn bewache.〈h〉
16 Und GOTT gebot dem Erdling:
„Von jedem Baum des Gartens darfst du durchaus essen.
17 Vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse allerdings, von dem iss nicht!
Denn sobald du davon isst, musst du durchaus sterben.〈i〉
18 GOTT dachte: „Es ist nicht gut, dass der Erdling allein ist.
ich will ihm einen Beistand machen als sein Gegenüber.“〈j〉
19 Also formte GOTT aus dem Erdboden
alle wilden Tiere und alle Vögel.
Er brachte sie zum Erdling,
um zu sehen, wie er sie nennen würde.
Wie immer der Erdling (als Lebewesen!) sie nennen würde,
das sollte ihr Name sein.
20 Da gab der Erdling Namen
allem Vieh, den Vögeln und allen wilden Tieren.
Aber für Erdlinge fand sich kein Beistand als Gegenüber.
21 Da ließ GOTT einen Tiefschlaf über den Erdling fallen, und dieser schlief ein.
Dann nahm er eine seiner Seiten〈k〉
und verschloss das Fleisch darunter.
22 GOTT baute die Seite, die er vom Erdling genommen hatte, zu einer Frau aus.
Er führte sie zum Erdling,
23 Und der Erdling sprach:
„Diese, diesmal!
Knochen von meinem Knochen
und Fleisch von meinem Fleisch!
Diese soll man Ischa nennen, ‚Frau‘,
denn vom Isch ist diese genommen, vom Mann!“〈l〉
24 Daher kommt's, dass ein Mann sich von seinem Vater und seiner Mutter löst,
sich an seine Frau bindet
und beide ein Fleisch werden.
Auf das Kapitel Gen 1, das seine Autoren programmatisch an den Anfang der Bibel gestellt haben, folgt hier eine noch ältere Kosmogonie. Im weitesten Sinne: Gen 2 ist anders als Gen 1 keine voll entwickelte zweite Schöpfungserzählung, sondern nur die Erschaffung dessen wird berichtet, was in Gen 3 eine Rolle spielen wird. Das Hauptinteresse von Gen 2-3 insgesamt gilt also nicht der schieren Tatsache, dass Gott den Menschen geschaffen hat, sondern will einige Bedingungen des menschlichen Daseins erklären, und die Erzählung oben dient fast ausschließlich der Vorbereitung des folgenden Kapitels: Die Erschaffung von Mann, Tieren und Frau ist eine Art Dramatis personae, die Pflanzung des Gartens bereitet die Szenerie, die Ausführungen über die Bäume in der Mitte des Gartens sind die Prämisse für die folgenden Geschehnisse.
Was aber schon hier erklärt wird, ist zweierlei. Erstens: Was ist die Bestimmung des Menschen? – Die Antwort der Bibel: Dem Erdboden zu dienen, also: Landwirt zu sein! Und das gilt auch noch nach Gen 3: Mit der Vertreibung aus dem Gottesgarten ist der Mensch in Gen 3,23 wieder an seinen Ursprung angelangt (s.o., Vv. 7f.), mit dem selben Daseinszweck, für den ihn Gott nach Gen 2,5 überhaupt erst geschaffen hat. Und zweitens: Warum ist die Keimzelle der Gesellschaft eigentlich nicht der einzelne Mensch, sondern die Familie? Die Antwort: Weil der einzelne Mensch nur Fragment ist, Bruchstück. „Der Mensch“ genügt für das, was Gott ihm als Aufgabe zugedacht hat. Aber „der Mensch allein“ – der genügt nicht.
Hingewiesen sei schon hier außerdem noch auf die Verse 16-17, die sowohl in der jüdischen als auch in der christlichen Theologie sehr wichtig sind – siehe näher zu Vers 17.
(Sebastian Walter unter Verwendung von Texten der Offenen Bibel)
a | lit.: Eine Überschrift, die auch in Gen 6,9; 10,1; 11,10 und 11,27 und ähnlich in Gen 5,1 steht und so grob die Urgeschichte gliedert. Durch ihre Formulierung schließt die Überschrift eng an Gen 1,1 an: Am Anfang von Gottes Schöpfung von Himmel und Erde – Nachkommen von Himmel und Erde, als sie erschaffen waren. theol.: An den anderen fünf Stellen wird mit dieser Überschrift eine Aufzählung der oder eine Erzählung über die Nachkommen eines Menschen im Vollsinn eingeleitet. Entsprechend wird hier der Mensch schon durch die Überschrift als „Nachkomme“ von Himmel und Erde gedacht. Was genau das bedeuten soll, zeigen die folgenden Verse: Der Mensch besteht nach Gen 2 aus den irdischen und himmlischen „Anteilen“ Erde und himmlischem „Hauch“ (s. bes. auch Pred 3,21; auch Ijob 34,14; Ps 104,29; 146,4), verdankt so sein Dasein Gott und der Erde und steht damit in einem Familien-Verhältnis zu beiden. (Zurück zu Lesefassung v.4) |
b | lit. + theol.: Wortspiel: Der Erdling, eigentlich „der Mensch“, heißt im Hebräischen `adam, der „Erdboden“ ähnlich `adamah. Schon hierin kommt zum Ausdruck, was die folgende Geschichte zeigen wird: Der Mensch ist erstens aus Erde – in der Formulierung Luthers: ist ein „Erdenkloß“ –, er ist zweitens notwendiges Gegenüber der Erde, weil die Erde dieses „wesensmäßigen Ackerknechts“ bedarf, und Adam ist drittens, wie dies die Überschrift sagt, Sohn von „Frau Adamah“. bed. + theol.: Dass der Mensch Acker-Knecht ist, sagt auch das letzte Wort der Zeile. Meist übersetzt man es mit „arbeiten“, was nicht falsch ist. Zunächst heißt das Wort aber „dienen, für jemanden einen Dienst verrichten“; vom Verb abgeleitet ist das hebräische Wort für „Diener, Sklave“. Hintergrund ist eine alte Vorstellung, die man in vielen altorientalischen Schöpfungserzählungen findet: Dass Götter den Menschen deshalb erschaffen, weil er für sie Garten- oder Feldarbeit verrichten soll. Übersetzen könnte man auch: „um dem Erdboden zu dienen“. In V. 15 ist das sogar recht sicher gemeint. lit. + theol.: In V. 5 findet sich außerdem ein Hyperbaton: 5c begründet 5a, 5d begründet 5b. Das zu erkennen ist nicht unwichtig: In welcher Form der Mensch „(auf) dem Erdboden dienen“ soll, sagt gleich V. 6. Der Mensch wird damit aber nicht auch verantwortlich für die wilde Flora; in seinen Zuständigkeitsbereich fallen zunächst die Nutzpflanzen: Es braucht den Menschen als Landwirt, nicht auch als Förster. In Gen 2 ist der Mensch nicht „Herr der Welt“, sondern seine Bestimmung ist es, der Erde dienender Bauer zu sein. (Zurück zu Lesefassung v.5) |
c | lit.: Ein weiteres Wortspiel: „Grundwasser“ hat im Hebräischen die Konsonanten `d, „Erdling“ die Konsonanten `dm, „Erde“ die Konsonanten `dmh. Damit „Grundwasser“ auf den „Erdboden“ kommt, braucht es also hier noch den „Menschen“ als Mittler. bed.: Die Übersetzung mit „indem er Wasser hervorholte“ statt dem gewohnten „aber Wasser kam hervor“ folgt Bea 1933, S. 147ff. Anders macht der Vers wenig Sinn, so dagegen lässt er sich gut erklären: Dass zu Beginn der Weltschöpfung noch nichts wächst, weil kein Grundwasser emporgeschöpft wird, ist auch aus anderen altorientalischen Mythen bekannt. In einem sumerischen Fragment etwa wird der Urzustand geschildert wie folgt: „An, der Herr, erhellte den Himmel. Die Erde dagegen war noch dunkel, in die Unterwelt konnte man noch nicht schauen, aus der Tiefe wurde noch kein Wasser geschöpft, noch war nichts geschaffen...“ (TUAT III/3, S. 353); in einem weiteren sumerischen Text bestimmt eine Göttin nach der Erschaffung der Ur-Stadt Dilmun: „Eine Stadt hast du mir gegeben. Doch was soll ich mit deinem Geschenk? Eine Stadt, die in den Kanälen kein Wasser hat! ... Möge Utu, der am Himmel steht, ... vom Wasser, das in der Erde strömt, dir süßes Wasser aus der Erde kommen lassen...!“ (ebd., S. 367f.). Im Atrahasis-Epos ist es ähnlich Aufgabe des Menschen, „große Bewässerungskanäle [zu graben] für die Hungerstillung der Menschen (338f.)“. (Zurück zu Lesefassung v.6) |
d | lit.: Staub vom Erdboden ist im Hebräischen ungewöhnlich formuliert; erwartet hätte man eigentlich „Staub des Erdbodens“. Sicher soll damit V. 22 vorbereitet werden: Wie der Rohstoff für die Frau „vom Erdling“ genommen werden wird, so hier der Rohstoff für den Menschen „vom Erdboden“. theol.: In der antiken jüdischen Auslegung wurde diese Formulierung aber Basis einer schönen Deutung: Mit „Staub vom Erdboden“ solle gesagt sein, dass Gott Erde aus allen vier Himmelsrichtungen zusammensammelte, um den Menschen zu formen, damit der Mensch bei seinem Tod auch in allen vier Himmelsrichtungen von der Erde wieder aufgenommen werde (so Midrasch Tanchuma, Pekudei 3; auch Raschi u.a.). Nach Gen 2,7 wäre der Mensch so selbst noch im Tod „Weltbürger:in“. Ähnlich übersetzt auch schon Targum Jonathan, der bei dieser Gelegenheit auch noch betont, dass bereits zu dieser Zeit der Mensch mit all seinen Hautfarben geschaffen worden sei: „Er nahm Staub vom Ort des Tempels und aus allen vier Himmelsrichtungen der Welt, außerdem ein Gemisch aus allen Wassern der Welt und schuf ihn rot (=braun), schwarz und weiß.“ (Zurück zu Lesefassung v.7) |
e | theol.: Lebewesen - im Hebräischen napš ḥajjah, ein stehender Ausdruck für „Lebewesen“. napš allein ist aber ein vieldeutiger Begriff und steht in der Bedeutung „Gemüt“ auch für den Sitz der Empfindungen eines Menschen. Entsprechend übersetzte hier zum Beispiel die Septuaginta: „er wurde zu einer lebendigen Psyche“. Weil es ins Lateinische aber mit anima übersetzt wurde, was neben „Lebewesen“ auch „Seele“ bedeuten kann, wurde der Vers in der christlichen Auslegung oft als ein erster biblischer Beleg dafür genommen, dass der Mensch eine von seinem Körper zu unterscheidende Seele habe. So zum Beispiel Tertullian, Über die Seele 3.4: „Die Seele hat ihren Ursprung im Atem Gottes, nicht in der Materie. Wir folgern dies aus der klaren Aussage der göttlichen Offenbarung, in der erklärt wird: ‚Gott hauchte den Atem des Lebens ins Angesicht des Menschen, und der Mensch wurde zu einer lebendigen Seele‘.“ Zumindest hier ist das sicher noch nicht gemeint. (Zurück zu Lesefassung v.7) |
f | bed.: „Osten“ ist hier vielleicht ungefähr „der Ort, wo der Regenbogen die Erde berührt“, also ein mythisches „In der Ferne“. Aber das ist gar nicht so sicher: Die Verse 11-14 könnten nämlich bedeuten, dass der Garten im heutigen Irak liegt, von Israel aus gesehen also wirklich im Osten. (Zurück zu Lesefassung v.8) |
g | bed.: Vv. 10-14 nennt man die „Paradies-Geographie“. Die ersten beiden Flüsse sind nicht sicher identifizierbar, die anderen beiden gut bekannt. Da Eufrat und Tigris keine gemeinsame Quelle haben, bieten sich zwei Deutungen an: Entweder soll diese Paradies-Geographie gar nicht geographisch sinnvoll sein: Einen Ort, von dem gemeinsam Eufrat und Trigris ausgingen, gibt es nicht. Der Fluss Gihon ist eigentlich nur ein Bächlein in Jerusalem, das mit diesen beiden Strömen gar nichts zu tun hat, und auch nicht mit Kusch, also Äthiopien. Der Pischon schließlich, der ein ganzes Land umfließen soll, das von Kostbarkeiten geradezu überquillt, wäre dann ein rein mythischer Fluss wie der Sabbation (ein Fluss, der nach jüdischer Überlieferung nur sechs Tage die Woche fließt und hinter dem die „verlorenen Stämme“ Israels ähnlich warten, wie in Deutschland Kaiser Rotbart im Kyffhäuser darauf harrt, der Erde Frieden bringen zu können). Oder so: Die sich reimenden Namen Pischon und Gihon sind Kunstnamen, aus denen sich nicht schon erschließen lässt, welche Flüsse gemeint sind: Der eine ist übersetzt der „Springer“, also der „Sprudel-Fluss“, der andere der „Hervorkommer“, also der „Quell-Fluss“. Mit der Fluss geht aus ist nur gemeint, dass er sich vom Garten aus gesehen verzweigt. Dann: Der samaritanische Pentateuch übersetzt den Gihon mit Asqop, gemeint wäre also der Karkeh, der ins selbe Flussdelta mündet wie Eufrat und Tigris (Speiser 1967, S. 25). Das kann passen, da mehrere Quellen nahelegen, dass es in dieser Region ein zweites Kusch gegeben hat (Burrell 2020, S. 147-167). Pischon könnte dann entweder den Karun meinen, der auch in sumerischen und akkadischen Mythen häufig erwähnt wird, oder den heute ausgetrocknete „Kuwait-River“, der einst durch das Wadi Batin floss. Danach läge der Garten am irakischen Schatt al-Arab im heutigen Irak nahe Kuwait und nicht weit von der Insel Bahrain, die sehr wahrscheinlich mit dem sumerischen Paradies Dilmun gemeint ist. Warum diese Gegend zum Gottesgarten wurde, wäre auch leicht erklärlich: In diesem Flussdelta liegt ein (aktuell vom Austrocknen bedrohtes) Marschland, wie es in dieser Wüstenregion so selten ist, dass die UNESCO es 2016 zum Welterbe erklärt hat. (Zurück zu Lesefassung v.14) |
h | lit.: Der Vers bereitet schon Gen 3,24 vor. Eigentlich war es die Aufgabe des Menschen, den Garten zu „bewachen“. Nach den Geschehnissen in Kapitel 3 aber muss ein Engel den Garten vor ihm bewachen. bed.: Die Aufgabe, Gärten zu bewachen, gab es im Alten Orient wirklich; s. z.B. Hld 1,6; ähnlich P.Anastasi I 24.2: „Du wirst ein kleines Mädchen finden, das den Garten bewacht.“ Beschützt werden mussten Gärten nach Hld 1,6 vor allem vor wilden Tieren, die den Garten schädigen könnten. (Zurück zu Lesefassung v.15) |
i | bed. + theol.: Die entscheidende Stelle in Gen 2. Und die problematischste: Offensichtlich stirbt der Mensch in Gen 3 ja nicht, obwohl er vom Baum isst. Vier Erklärungen: (1) Gott hat es wirklich so gemeint, wie es hier klingt, in Gen 3 aber ist Gott dann spontan doch gnädig (so z.B. ibn Ezra; heute z.B. Gertz 2018; Goldingay 2020). (2) Gemeint ist: „Ihr werdet sterblich werden“ (so z.B. Chizkuni, heute z.B. Bührer 2014, S. 218). (3) Im Judentum die verbreitetste: „von diesem Tag an seid ihr zum Tod verurteilt“ (so z.B. Targum Jonathan, Saadia, Lekach Tob, Ramban). (4) Im Christentum die verbreitetste: Gemeint ist nicht der leibliche Tod, sondern der Verlust des ewigen Lebens, das Jesus den Christen durch seinen Tod dann wiedergewonnen hat (so wahrscheinlich schon Röm 5,12; sicher z.B. Augustinus, Gottesstaat 13.12; ähnlich noch heute z.B. die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre 16). Wieder lag dies definitiv nicht im Erzählinteresse der alten Autoren. Ich bin sehr sicher, dass die zweite Deutung die richtige ist; Gott spricht davon ja ausdrücklich in Gen 3,19. theol.: Der Vers ist theologisch sehr bedeutsam: Im Talmud wird in b.San 56 angenommen, in diesem Vers würden die sieben „noachidischen Gebote“ grundgelegt, also die göttlichen Gebote, die nicht nur für alle Jüd:innen, sondern für alle Menschen gelten: Mit fast jedem Wort würde auf eines dieser Gebote angespielt, die ausführlicher andernorts in der Bibel ausformuliert seien, und zwar dergestalt, dass Worte verwendet werden, die sich auch in den ersten fünf dieser ausführlicheren Formulierungen finden (vgl. auch Chizkuni, Rabbenu Bahja; andere Autor:innen haben noch weitere Varianten zur folgenden Siebenerreihe vorgeschlagen): (1) Das Gebot der Rechtspflege: es gebot, s. Gen 18,19. (2) Das Verbot der Gotteslästerung: JHWH, s. Lev 24,16. (3) Das Verbot des Götzendienstes: Gott, s. Ex 20,3. (4) Das Verbot des Blutvergießens: dem Erdling , s. Gen 9,6. (5): Das Verbot der Unzucht: besagend, s. Jer 3,1. (6) Das Verbot es Raubes: von allen Bäumen des Gartens. (7) Das Verbot, lebende Tiere zu essen: darfst du essen. In der protestantischen Theologie werden die beiden Verse aus einem anderen Grund diskutiert: In Hos 6,7 und in Sir 14,17 LXX wird dieses Gebot als ein „Bund“ bezeichnet. Danach wäre dies schon vor dem Bund, den Gott mit Noah schließen soll, der erste „Bund“, den Gott mit dem Menschen geschlossen hatte. Zur „Bundes“-Vorstellung siehe näher bei Gen 9; im Lichte dieses Kapitels jedenfalls könnte man ihn etwa so formulieren: „Ich gewähre dir, von allen Pflanzen des Gartens zu essen. Im Gegenzug gebe ich dir ein Gebot – nur eines! –, das du halten musst: Iss nicht vom verbotenen Baum!“. (In den meisten aktuellen Varianten allerdings wird er in etwa so formuliert: „Ich gebe dir ein Gebot, das du halten musst: Iss nicht vom verbotenen Baum! Im Gegenzug darfst du ewig in meinem Garten leben“). Man nennt diesen Bund daher auch den „Werkbund“ (foedus operum), der aber bereits von Adam und Eva stellvertretend für alle Menschen gebrochen worden sei. Dahinter stecken zwei theologische Ideen: Erstens ist die Theorie vom adamitischen Werkbund an sich nur eine legalistische Umformulierung der Erbsündenlehre; in dieser Umformulierung aber wird besonders betont, dass die Gnade der Sünde vorausging: Zuerst hatte Gott mit dem Menschen einen Bund geschlossen, danach hatte der Mensch das erste Mal gesündigt. Zweitens lässt sich mit dieser Idee genauer formulieren, was Christus geleistet habe: Dieser Werkbund sei es gewesen, den Christus dann wieder aufrichtete (s. Röm 5,12-21), nun aber nicht als „Werkbund“, bei dem der Mensch ein bestimmtes Werk tun müsse, sondern als „Gnaden-Bund“ (foedus gratiae), der den an Christus Glaubenden „einfach so“ geschenkt würde. Die Werkbund-Idee wird noch heute v.a. im reformierten und evangelikalen Christentum diskutiert. (Zurück zu Lesefassung v.17) |
j | bed.: Beistand als Gegenüber - Gemeint ist wahrscheinlich, da Gen 2 einzig davon berichtet, wie Gott den Garten und dessen „Ackerknecht“ schafft: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist, weil er sonst seine Arbeit nicht schafft. Dafür schaffe ich ihm einen Beistand“. Vgl. die sehr nahen Parallelen Ex 18,17f.; Num 11,14-17; Dtn 1,9.12 (gut Greenstein 2002, S. 235f.; so bereits Ephräm der Syrer, Sforno u.a.). Vorausgesetzt ist dabei die Situation, dass Mann und Frau als „Werk-Gemeinschaft“ zum Beispiel gemeinsam die Feldarbeit erledigten wie in Rut 2,8f, wo bei der Ernte Männer als Schnitter und Frauen als Garbenbinderinnen tätig sind. Gen 2,18-24 erklären (nicht: bestimmen) dann zwar auch, woher es kommt, dass häufig Mann und Frau heiraten; im Grunde wird aber hauptsächlich erklärt, warum Menschen Mitmenschen brauchen: Weil „zwei besser sind als einer“ (Pred 4,9-12). (Zurück zu Lesefassung v.18) |
k | bed.:
Seite - traditionell übersetzt mit „Rippe“. Das kann das hebräische ṣela´ wahrscheinlich wirklich auch bedeuten (jedenfalls, wenn man sich an verwandten Wörtern in anderen Sprachen orientieren darf); sonst bezeichnet es im Hebräischen aber stets eine Seite oder ein Glied einer Konstruktion, z.B. Ex 25,12: „(Gieße vier Ringe und setze) je zwei Ringe an die eine Seite und je zwei Ringe an die andere Seite“. Entsprechend waren die alten Ausleger uneins. Im Midrasch ist sogar ein Streit über die Frage überliefert, ob hier „Rippe“ oder „Seite“ gemeint sei. Am Ende zogen die meisten westliche Christen die Bedeutung „Rippe“ oder, wie dies die griechische Übersetzung des Worts auch zulässt, die Bedeutung „Flanke“ vor, die meisten jüdischen Ausleger und auch einige syrische und gnostische Christen dagegen „Seite“. Noch im Mittelalter findet man selbst im westlichen Christentum Vertreter der „Seiten“-Deutung; erst in der Neuzeit sollte die „Rippe“ sich endgültig durchsetzen – nur, um heute schon wieder umstritten zu sein; Batto 1992, S. 54 und Ebach 2009, S. 7 etwa präferieren ebenfalls wieder die „Seite“. Diese „Seite“ erklärten sich v.a. jüdische Ausleger meist konkreter so, dass der Ur-Erdling wie der griechische Kugelmensch hälftig aus Mann und Frau bestanden habe und Gott beide dann nur noch trennen musste. Ein jüdisches Beispiel: „Es lässt sich vertreten, dass der Mensch mit zwei Gesichtern geschaffen worden war ...; insofern befähigte das zweite Gesicht Adam durch seinen Beistand dazu, sich fortzupflanzen.“ (Tur). Ein christliches: „Er brachte sie zu Adam, der sowohl eins als auch zwei war: Er war eins, insofern er Adam war, und er war zwei, insofern er männlich und weiblich geschaffen worden war. ... ‚Daher kommt's, dass ein Mann sich von seinem Vater und seiner Mutter löst, sich an seine Frau bindet und beide ein Fleisch werden‘ – ohne Teilung; so, wie sie zu Beginn waren.“ (Ephräm der Syrer, Genesis-Kommentar II 12. Auch heute deutet z.B. Benedikt XVI fast identisch wieder so in Deus Caritas est 11). Es ist auch recht wahrscheinlich, dass dies hier wirklich gemeint ist. Vor allem spricht dafür, dass Gott in V. 22 mit dieser ṣela´ des Erdlings ja genug Rohstoff hat, um neben dem Mann eine ganze Frau zu konstruieren, und dass die Frau laut V. 23 eben nicht nur „Knochen von meinem Knochen“, sondern auch „Fleisch von meinem Fleisch“ ist. Das hätte auch gute Parallelen; zum Beispiel sind schon aus weit vor-biblischen Zeiten aus dem Umfeld Israels Figurinen erhalten, die wirklich solche Wesen darstellen. Rechts ein Beispiel aus Syrien, für viele weitere vgl. Ziffer 2007. Wir kennen ähnliche Vorstellungen z.B. aus dem Bericht des babylonischen Priesters Berossus, der erzählt, in der Urzeit hätten Monster gelebt wie zum Beispiel „menschenähnliche Wesen, einige mit Flügeln, andere mit zwei Gesichtern und beiden Arten von Geschlechtsorganen“ (Verbrugghe / Wickersham 1998, S. 44). Wie auch immer man sich konkret die „Entnahme“ und den „Ausbau“ Evas vorzustellen hat, jedenfalls legt die Logik der Geschichte nahe, dass die klassische jüdische Auslegung sinnvoller ist als die neuere der westlichen Christen und dass im Hebräischen ursprünglich mit ṣela´ die Hälfte des Menschen gemeint war. (Zurück zu Lesefassung v.21) |
l | lit.: Wortspiel: Mann ist im Hebräischen `iš, Frau sieht aus, als wäre es davon das Femininum `iššah. Am Ende hat also Frau Adamah in Adam einen Sohn, und dieser ist nun wiederum zerfallen in die Einheit von Isch und Ischah. (Zurück zu Lesefassung v.23) |