Partizip

Aus Die Offene Bibel

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Diese Seite behandelt das griechische Partizip. Für das hebräische Partizip → Partizip (Hebräisch).
Die Übersetzung der Partizipien behandelt etwas komprimiert auch dieser und die folgenden Abschnitte der Wegweiser zur Studienfassung.
Siebenthal 2011, §227-40; BDR (§411-425)

Das griechische Partizip ist eine Art adjektivische Form eines Verbs. Als Verbalnomen enthält es Elemente sowohl des Verbs – Diathese und Aspekt – als auch des Adjektivs (einer nominalen Wortart) – Deklination und syntaktische Verwendung. (Siebenthal 2011, §227a; vgl. BDR §411) Es kommt anders als das deutsche Partizip in allen Tempora und Diathesen vor.

Das Partizip hat keine inhärente Zeitbedeutung. Das Tempus gibt grundsätzlich den Aspekt an. In Partizipialkonstruktionen kann das abhängige Partizip jedoch im Vergleich zum übergeordneten Verb folgende "konkret gemeinte" Zeitverhältnisse ausdrücken (Siebenthal 2011, §228):

Partizip Präsens gleichzeitig, nachzeitig

weniger häufig: vorzeitig

Partizip Aorist vorzeitig

weniger häufig: gleichzeitig (i.d.R. mit Ind. Aor.)

Partizip Perfekt gleichzeitig
Partizip Futur nachzeitig

Syntaktischer Gebrauch[Bearbeiten]

Siebenthal 2011, §229-40; BDR §412-25

Das Partizip wird auf vielfältige Weise eingesetzt. Die wichtigsten:

  • Wie ein Adjektiv kann es attributiv und adverbial verwendet werden.
  • Dazu kommt der prädikative Gebrauch (wie ein Verb).

Das adverbiale Partizip ist im NT am häufigsten.

Attributives Partizip[Bearbeiten]

Das Partizip wird wie ein Adjektiv attributiv benutzt.

Deutsches Beispiel: In die Offene Bibel wird das Adjektiv offen attributiv verwendet. In die geöffnete Bibel wird dagegen das deutsche Partizip Perfekt von öffnen attributiv gebraucht. In das Offene ist das Adjektiv substantiviert.

Das Partizip als Attribut[Bearbeiten]
Siebenthal 2011, §236; BDR §412

In Verbindung mit einem Bezugswort (im Beispiel oben: das Nomen Bibel) kann es mit und ohne Artikel stehen und "einem Relativsatz gleichwertig" sein.a

Mit Artikel (determiniert) steht es entweder

  • zwischen Artikel und Bezugswort
παρὰ τοῦ διδόντος θεοῦ πᾶσιν ἁπλῶς καὶ μὴ ὀνειδίζοντος – von Gott, der allen großzügig und ohne Vorwürfe gibt (Jak 1,5)

oder

  • hinter dem Bezugswort, wobei dessen Artikel wiederholt wird.
ἡ γραφὴ ἡ λέγουσαdie Schrift, die besagt (Jak 2,23)

Ohne Artikel (nichtdeterminiert) kann es

  • vor oder hinter dem Bezugswort, ohne eigenen Artikel (analog zur determinierten Variante)
Γίνεσθε δὲ ποιηταὶ λόγου καὶ μὴ μόνον ἀκροαταὶ παραλογιζόμενοι ἑαυτούς. – Aber werdet Täter [des] Wortes und nicht nur [seine] Hörer, die sich selbst betrügen! (Jak 1,22; das Partizip hier kann man auch adverbial verstehen)
  • vor oder hinter dem Bezugswort, aber mit Artikel erscheinen. Der Artikel wirkt als Diskursmarker und hebt das attributive Verhältnis hervor. So signalisiert er Bestimmtheit oder Bekanntes.
σὺ δὲ τίς εἶ ὁ κρίνων τὸν πλησίον; – Du aber, wer bist du, der [du deinen] Mitmenschen (Nächsten) verurteilst? (Bestimmtheit; Jak 4,12)

Zudem kann das attr. Ptz. einem Eigennamen als formelhafte Apposition einen Beinamen beifügen:

Ἰησοῦς ὁ λεγόμενος Χριστός – Jesus, der Christus genannt wird (Mt 1,16)
Das substantivierte Partizip[Bearbeiten]
Siebenthal 2011, §237; BDR §413

Für sich alleine stehend, ohne Bezugswort, ist das attributive Partizip substantiviert. Meist steht es mit Artikel. Es wird wie ein vollwertiges Substantiv behandelt.

ὁ βαπτίζων – Der Täufer (d.h. Johannes) (Mk 1,4)
ὁ ἀγαπῶν τὴν ἑαυτοῦ γυναῖκα ἑαυτὸν ἀγαπᾷ. – Wer seine Frau liebt, [der] liebt sich selbst. (Eph 5,28)
Μακάριος ὁ ἀναγινώσκων καὶ οἱ ἀκούοντες τοὺς λόγους – Wie glücklich [sind] derjenige, der die Worte liest, und diejenigen, die [sie] hören... (Offb 1,3)

Nennenswert ist die häufige Verbindung des subst. Ptz. mit πάς "jeder" zu einer Konstruktion, die wie ein Relativsatz funktioniert.

Das adverbiale Partizip[Bearbeiten]

Siebenthal 2011, §230-32; BDR §417-25, §415

Das adverbiale Partizip macht eine Umstandsangabe bzw. -ergänzung und beschreibt also, unter welchen Umständen die Handlung des übergeordneten Verbs vor sich geht. Es ist sehr häufig und legt im Diskurs mehr Wert auf die Tatsache des Umstands als auf dessen logische Verknüpfung zur Haupthandlung, deren Identifikation es für den Leser dem Kontext überlässt. Darin unterscheidet es sich bspw. von ähnlich aufgebauten mit Konjunktionen eingeleiteten Nebensätzen, deren logische Verknüpfung zum Hauptsatz in der Wahl der Konjunktion zum Ausdruck kommt. Allerdings sind solche Sätze dann auch umständlicher zu formulieren, weswegen das adv. Ptz. in den Schriften des NT wohl auch so beliebt ist. Selten zeigt dabei eine Partikel an, welche Sinnrichtung gemeint ist.

Adverbiale Partizipien steht niemals mit Artikel. Es gibt zwei Arten:

  • Das Participium coniunctum (kurz Ptz. coni. oder p.c.) ist zu einem übergeordneten Ausdruck kongruent (d.h. stimmt in Genus, Numerus und Kasus mit ihm überein), was es mit der übergeordneten verbindet. Es erscheint vor- oder nachgestellt.
  • Der Genitivus absolutus (kurz gen. abs.) besteht immer aus zwei Teilen: 1. dem Partizip

ist zwar syntaktisch unabhängig, aber hat inhaltlich engen Bezug zum Kontext. Nach BDR §423 erscheint er gewöhnlich nur dann, wenn das Bezugswort des Partizips (ein Nomen oder Pronomen aus dem übergeordneten Satz) „im Satz weder als Subjekt noch als ein anderer Satzteil vorkommt“.

Die Sinnrichtungen[Bearbeiten]

Das adverbiale Partizip beschreibt zwar einen mit der übergeordneten Aussage zusammenhängenden Umstand, aber hinterlässt keine syntaktischen oder lexikalischen Hinweise auf deren logische Verknüpfung zur Handlung. Diese Verknüpfung kann daher sehr verschieden gedeutet werden. Wer Altgriechisch sprach, nahm die unterschiedlichen Sinnrichtungen vermutlich meist gar nicht als solche wahr. Im Deutschen ist nur im Ausnahmefall eine ähnlich unbestimmte Aussage möglich, z.B. „Mich sehend, blieb sie stehen.“ (Partizipialsatz mit deutschem Ptz. Präsens aktiv) Daher lässt es sich in der Übersetzung meistens nicht vermeiden, das Partizip in eine sinngleiche deutsche Konstruktion aufzulösen.

Im Deutschen würde man statt des Partizipialsatzes eher einen Adverbialsatz formulieren: „Als sie mich sah, blieb sie stehen“ (temporaler Nebensatz), oder „Weil sie mich sah, blieb sie stehen“ (kausaler Nebensatz), je nach Kontext auch „Obwohl sie mich sah, blieb sie stehen“ (konzessiver Nebensatz). Man könnte die Umstandsangabe auch ganz anders formulieren, z.B: „Meiner ansichtig, blieb sie stehen.“ (Adjektivsatz), „Bei meinem Anblick blieb sie stehen.“ (Präpositionalgefüge; Modalbestimmung) oder „Sie sah mich und blieb stehen.“ („und“-Anschluss). Der Vorteil dieser letzten Formulierung: Sie ist fast ebenso unbestimmt wie das griechische adv. Ptz.

Die häufigsten Sinnrichtungen des adverbialen Partizips sind: temporal, modal, kausal, konzessiv, konditional und final.

  • 1. temporal (Wann?). Auflösung z.B. als NS mit als, nachdem, während oder wenn bzw. Präpositionalphrase mit während, nach oder „und“-Anschluss. Möglich: Satzreihe z.B. mit erst, zunächst, dann, danach, daraufhin, worauf, später, weiter, währenddessen, unterdessen.
διδάσκαλε, αὕτη ἡ γυνὴ κατείληπται ἐπ’ αὐτοφώρῳ μοιχευομένη· – Lehrer, diese Frau wurde auf frischer Tat ertappt, als sie gerade Ehebruch beging. (Joh 8,4)

Der Aspekt (gewöhnlich Präsens oder Aorist) ist dabei zusammen mit dem Kontext in der Frage entscheidend, ob das Partizip als gleichzeitig oder vorzeitig übersetzt wird.

  • 2. modal (Unter welchen Umständen? bzw. Wie?). Auflösung z.B. als „und“-Anschluss, Präpositionalphrase mit bei, unter o.ä., oder als NS mit wobei oder indem.
Χριστὸς ἡμᾶς ἐξηγόρασεν ἐκ τῆς κατάρας τοῦ νόμου γενόμενος ὑπὲρ ἡμῶν κατάρα – Christus hat uns freigekauft vom Fluch des Gesetzes, indem er für uns ein Fluch geworden ist (Gal 3,13)

Manchmal muss man das Partizip nicht auflösen, sondern kann es mit einem Partizip übersetzen:

ἐξῆλθεν ὁ τεθνηκὼς δεδεμένος τοὺς πόδας καὶ τὰς χεῖρας κειρίαις – Der Verstorbene kam heraus, an Füßen und Händen mit Binden gebunden... (Joh 11,44)

In vielen Fällen lässt sich kaum unterscheiden, ob die Beiordnung temporal oder modal gemeint ist. Häufig ist die temporale Auflösung jedoch stilistisch etwas schöner.

καὶ παρακύψας βλέπει κείμενα τὰ ὀθόνια, οὐ μέντοι εἰσῆλθεν. – und indem (als) er sich vorbeugte, sah er die Leinentücher daliegen, ging allerdings nicht hinein. (Joh 20,5)

Diese beiden Sinnrichtungen sind ebenfalls regelmäßig anzutreffen:

  • 3. kausal (Warum?, aus welchem Grund?). Auflösung meist als NS mit weil, da; auch als Präpositionalphrase mit aufgrund, wegen, aus. Als nachgeordneter HS mit denn, nämlich. Oder man macht die Angabe der Ursache zum HS, die Folge zum NS: x, deshalb y o.ä.
Διὰ τοῦτο κἀγὼ ἀκούσας τὴν καθ’ ὑμᾶς πίστιν ἐν τῷ κυρίῳ Ἰησοῦ καὶ τὴν ἀγάπην τὴν εἰς πάντας τοὺς ἁγίους οὐ παύομαι εὐχαριστῶν ὑπὲρ ὑμῶν – Deshalb – weil auch ich von eurem Glauben im Herrn Jesus und eurer Liebe für alle Heiligen gehört habehöre ich nicht auf, für euch zu danken (Eph 1,15f)
  • 4. konzessiv (Welchem Umstand zum Trotz?). Auflösung häufig als NS mit obwohl, auch wenn. Mit zwei HS mit trotzdem, dennoch oder zwar ... aber. Als Präpositionalphrase mit trotz.
ἰδοὺ καὶ τὰ πλοῖα τηλικαῦτα ὄντα καὶ ὑπὸ ἀνέμων σκληρῶν ἐλαυνόμενα μετάγεται ὑπὸ ἐλαχίστου πηδαλίου – Seht auch die Schiffe: Obwohl sie so groß sind und von rauen Winden getrieben werden, werden sie von einem winzigen Steuerruder gelenkt (Jak 3,4)

In vielen Fällen muss der Kontext entscheiden, wie stark eine wahrgenommene kausale oder konzessive Sinnrichtung ist. Beide könnten nämlich auch wesentlich deutlicher formuliert werden. In vielen Fällen ist ein solches Verständnis zwar inhaltlich möglich, aber eine schwächere temporale oder modale Lösung ist als Übersetzung des recht „unmarkierten“ adv. Ptz. vorzuziehen. Auch im Deutschen kann z.B. eine temporale Formulierung kontextabhängig kausale oder konzessive Bedeutungselemente enthalten – die aus dem Beschriebenen ersichtlich sind, aber nicht extra dargestellt werden, z.B. „Als ich das sagte, ging er hinaus.“

Relativ selten sind die beiden letzten Sinnrichtungen:

  • 5. konditional (Unter welcher Bedingung?, In welchem Fall?). Auflösung i.d.R. als NS mit wenn, falls, sofern.
ἄχρι γὰρ νόμου ἁμαρτία ἦν ἐν κόσμῳ, ἁμαρτία δὲ οὐκ ἐλλογεῖται μὴ ὄντος νόμου, – Denn bis [zur Zeit des] Gesetzes war [die] Sünde in der Welt, doch [die] Sünde wird nicht angerechnet, wenn es kein Gesetz gibt. (Röm 5,13) (hier ein gen. abs., kein p.c.)

Auch der konditionale Aspekt ist häufig, wenn vorhanden, nicht besonders stark ausgeprägt, sodass sich andere Auflösungen eher anbieten.

  • 6. final (Wozu?, Zu welchem Zweck?). Auflösung, wo passend, mit NS und um (zu (können)); damit (kann); (mit dem Ziel,) dass. Im Deutschen drückt man die finale Sinnrichtung auch gerne als Präpositionalphrase mit zu(r), für aus. Elegant kann, gerade bei der Rede von menschlichen Absichten, auch eine kausale Umformulierung sein, etwa: weil ich möchte, dass oder es war nämlich ihr Plan etc. Ein durch mit dem Ziel/der Absicht eingeleiteter Infinitivsatz kann sich ebenso anbieten.
τοῦτο δὲ ἔλεγον πειράζοντες αὐτόν – Das sagten sie, um ihn in Widersprüche zu verstricken (Joh 8,6)
ἀπέστειλαν πρὸς αὐτὸν καλοῦντες αὐτόν – Sie schickten [jemanden] zu ihm, um ihn zu rufen (Mk 3,31)
Beispiele[Bearbeiten]

Ein schönes Beispiel für adverbiale Partizipien liefert der Anfang von Johannes 13, der zunächst die zweite Hälfte des Evangeliums allgemein und dann die Fußwaschung der Jünger einleitet. Hier seht ihr, wie die Partizipien bestimmt und aufgelöst worden sind.

Πρὸ δὲ τῆς ἑορτῆς τοῦ πάσχα
: εἰδὼς (Ptc. coni., kausal) ὁ Ἰησοῦς ὅτι ἦλθεν αὐτοῦ ἡ ὥρα ἵνα μεταβῇ ἐκ τοῦ κόσμου τούτου πρὸς τὸν πατέρα,
: ἀγαπήσας (Ptc. coni., kausal) τοὺς ἰδίους τοὺς ἐν τῷ κόσμῳ
εἰς τέλος ἠγάπησεν αὐτούς.
Καὶ
: δείπνου γινομένου (Gen. abs., temporal gleichzeitig),
: τοῦ διαβόλου ἤδη βεβληκότος (Gen. abs., temporal vorzeitig) εἰς τὴν καρδίαν ἵνα παραδοῖ αὐτὸν Ἰούδας Σίμωνος Ἰσκαριώτου,
: εἰδὼς (Ptc. coni., kausal) ὅτι πάντα ἔδωκεν αὐτῷ ὁ πατὴρ εἰς τὰς χεῖρας καὶ ὅτι ἀπὸ θεοῦ ἐξῆλθεν καὶ πρὸς τὸν θεὸν ὑπάγει,
ἐγείρεται ἐκ τοῦ δείπνου καὶ τίθησιν τὰ ἱμάτια καὶ
: λαβὼν (Ptc. coni., unbestimmt temporal/modal) λέντιον
διέζωσεν ἑαυτόν·

Vor dem Passafest,
: weil Jesus wusste (Ptc. coni., kausal), dass seine Zeit gekommen war, aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen,
: und weil er die liebte (Ptc. coni., kausal), die in der Welt zu ihm gehören,
zeigte er seine Liebe für sie bis zum Ende.
Und
: während [das] Abendessen stattfand (Gen. abs., temporal gleichzeitig),
: als der Teufel Judas Simon Iskariot bereits [den Plan] ins Herz gegeben hatte (Gen. abs., temporal vorzeitig), [Jesus] zu verraten,
: und da er sich bewusst war (Ptc. coni., kausal), dass ihm der Vater alles in die Hände gegeben hatte und dass er von Gott aus gekommen war und zu Gott gehen würde,
stand er vom Abendessen auf, legte seine Obergewänder ab und
: nahm (Ptc. coni., unbestimmt temporal/modal) ein Handtuch,
[das] er sich um die Hüfte band.

Spielarten: Pleonastisches und beschreibendes Partizip[Bearbeiten]
Siebenthal 2011, §239; BDR §419-20, Runge 2010, 2.7 Redundant Quotative Frames.

Die beiden folgenden Varianten des Participium conjunctum haben als Zitateinleitungen eine textgrammatische Funktion, indem sie das Folgende markieren. Mit ἀποκρίνομαι „antworten“ etwa können sie den Einspruch des Diskurspartners andeuten oder die Reaktion auf ein Ereignis markieren.

Das pleonastisches Partizip (etwa: „überschüssiges“ Partizip) ist ein Ptc. coni., das direkte Rede unmittelbar einleitet. Das besondere Merkmal des pleonastischen Partizips ist es, dass es syntaktisch eigentlich nicht notwendig wäre, weil bereits eine finite Verbform die Rede anzeigt. Seine textgrammatische Funktion ist es, den Beginn des Zitats anzuzeigen und ggfs. seinen Inhalt hervorzuheben:

καί τινες ἀναστάντες ἐψευδομαρτύρουν κατ’ αὐτοῦ λέγοντεςUnd einige standen auf [und] und sagten falsch gegen ihn aus, {wobei sie sagten}: (Mk 14,57)
ἀνοίξας τὸ στόμα αὐτοῦ ἐδίδασκεν αὐτοὺς λέγων· – Er öffnete seinen Mund und lehrte sie {sagend}: (Mt 5,2)

In der Offenbarung sind pleonastische Partizipien oft nicht kongruent zu ihrem Bezugswort.

In der Übersetzung klammern wir das pleonastische Partizip wie in den Beispielen mit geschweiften Klammern ein (aufgelöst oder unaufgelöst). Ähnlich gehen wir in gleichwertigen Fällen vor, wo etwa zwei Indikative gedoppelt sind („Jesus antwortete {und sagte zu ihm}“). Eventuelle Objektspronomina („zu ihm“ o.ä.) können je nach Erfordernis ebenfalls unübersetzt bleiben. Nur in ungewöhnlichen Fällen ist dabei noch eine Fußnote nötig.


Siebenthal 2011, §238

Das beschreibende Partizip („participium graphicum“) ist ein idiomatisches Ptz. coni., das dem Hauptverb einer beschriebenen Handlung vorgestellt ist und „eine meist selbstverständliche (im Deutschen gewöhnlich unerwähnte) Vorstufe oder Begleiterscheinung zum Inhalt des übergeordneten Verbs“ liefert (Siebenthal 2011, §238).

ἀνοίξας τὸ στόμα αὐτοῦ ἐδίδασκεν αὐτοὺς λέγων· – Er öffnete seinen Mund und lehrte sie {sagend}: (Mt 5,2)

Das beschreibende Partizip ist i.d.R. relativ unbestimmter, temporal-modaler Sinnrichtung. Meist übersetzen wir es wie im Beispiel am besten mit „und“-Anschluss. Eine Fußnote bestimmt dabei (wie immer) das Partizip.

Das prädikative Partizip[Bearbeiten]

Siebenthal 2011, §233-35; BDR §414.416 („Das ergänzende Partizipium“)

Das prädikative Partizip erscheint in drei Formen: 1. als AcP, 2. mit modifizierenden Verben und 3. in der umschreibenden Konjugation mit (einer finiten Form von) εἰμί.

AcP[Bearbeiten]
Siebenthal 2011, §233; BDR §413

Das prädikative Partizip kommt v.a. im AcP (accusativus cum participio) vor. Dabei übernimmt ein artikelloses Partizip Akk. die Rolle eines Prädikats in einem abhängigen Nebensatz. Es modifiziert im NT Verben des Sehens und Hörens oder Wissens (im klassischen Griechisch auch des Zeigens) als Akkusativobjekt. Das Subjekt der durch das AcP beschriebenen Handlung steht neben dem Partizip selbst im Akkusativ.

Der AcP wird im Deutschen als HS+Infinitivsatz oder HS+NS mit dass oder wie übersetzt. Auch Relativsätze oder Partizipialattribute kommen in Frage.

Beispiele:

Ἰησοῦς οὖν ὡς εἶδεν αὐτὴν κλαίουσαν καὶ τοὺς συνελθόντας αὐτῇ Ἰουδαίους κλαίοντας, ἐνεβριμήσατο τῷ πνεύματι καὶ ἐτάραξεν ἑαυτὸν – Als Jesus daraufhin sah, wie (dass) sie laut weinte, und wie (dass) die [bei] ihr versammelten Juden laut weinten, war er innerlich sehr aufgebracht und erschüttert (Joh 11,33)
καὶ εἶδον ἄγγελον ἰσχυρὸν κηρύσσοντα ἐν φωνῇ μεγάλῃ· – Und ich sah, wie (dass) ein starker Engel mit lauter Stimme verkündete: (Offb 5,2)
Prädikatives Partizip bei modifizierenden Verben[Bearbeiten]
Siebenthal 2011, §234; BDR §414-15.435

Bei dieser Form des prädikativen Partizips bilden Angehörige einer bestimmten Verbgruppe zusammen mit einem damit verbundenen Partizip ein mehrteiliges Prädikat. Dabei macht das Partizip die eigentliche Aussage, die durch das modifizierende Verb modifiziert wird.

Bei den modifizierenden Verben kann es sich z.B. um solche handeln, die Aussagen zu Beginn, Ende, Dauer, Wahrscheinlichkeit o.ä. einer Handlung machen (im Deutschen durch ein Adverb ausgedrückt). Dazu kommen Verben, die hinsichtlich der handelnden Person eine Handlung bewerten oder eine innere Haltung ihr gegenüber ausdrücken.

Beispiele:

ὡς δὲ ἐπέμενον ἐρωτῶντες αὐτόν, ἀνέκυψεν καὶ εἶπεν αὐτοῖς· ὁ ἀναμάρτητος ὑμῶν πρῶτος ἐπ’ αὐτὴν βαλέτω λίθον. – Weil sie nicht aufhörten (w. fortfuhren) zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: „Derjenige [von] euch, der sündlos ist, soll [als] erster einen Stein auf sie werfen!“ (Joh 8,7)
τί ποιεῖτε λύοντες τὸν πῶλον; – „Was macht ihr [da], dass ihr das Fohlen losbindet?“ (Mk 11,5)

In der Übersetzung formulieren wir eine normale deutsche Konstruktion, wobei das Partizip gewöhnlich als Infinitiv oder Indikativform im Nebensatz übersetzt wird.

Das periphrastische Partizip[Bearbeiten]
Siebenthal 2011, §235; BDR §352-355

Die dritte Form des prädikativen Partizips ist ihr Auftreten in Verbindung mit Formen von εἰμί „sein“ (Siebenthal: „umschreibende Konjugation“, verbreiteter ist „periphrastisches Partizip“). Dabei bildet das Partizip ein mehrteiliges Prädikat, indem es (eine finite Form von) εἰμί modifiziert. Das NT umschreibt so einerseits fehlende grammatische Formen wie das Futur Perfekt oder den Konjunktiv Perfekt, aber auch „verhältnismäßig häufig“ Perfekt Passiv und Plusquamperfekt Passiv (BDR §352). Als Alternative zu einer gewöhnlichen, tatsächlich vorhandenen Zeitform dient die umschreibende Formulierung der rhetorischen Ausdruckskraft dienen.

Dieser Autor vermutet, dass die umschreibende Formulierung des Imperfekts mit dem Imperfekt von εἰμί + Ptz. Präs. häufig dessen durative Aspektbedeutung (bspw. deren unmittelbare „Gleichzeitigkeit“ bzw. „Gegenwärtigkeit“ oder eine Gepflogenheit) etwas stärker in den Vordergrund rücken soll als das gewöhnliche Imperfekt. Das ist besonders im Markus- und Lukasevangelium aufgefallen. Beispiele: Mk 1,6; 2,6.18; 4,38; (5,5;) 5,11; Lk 1,10.21.22; 2,33; 4,20.31.44; 5,1.15.17.29; 6,12

In der Übersetzung nehmen wir die abweichende Form in einer Fußnote zur Kenntnis und formulieren eine gewöhnliche deutsche Zeitform. Je nach Kontext lassen sich z.B. temporale Adverben (z.B. „gerade“ wie Mk 5,11) oder eine Wendung wie „die Angewohnheit haben“ ergänzen (z.B. Mk 2,18). In manchen Kontexten, gerade wenn es beispielsweise um die „Gleichzeitigkeit“ eines im periphrastischen Imperfekt beschriebenen Geschehens geht, bietet sich auch eine Übersetzung mit "war/befand sich"+Nebensatz an (z.B. Mk 2,6; 4,38). In der Fußnote erklären wir die sinngemäße Übersetzung.

Verwendete Literatur[Bearbeiten]

  • von Siebenthal, Heinrich, Griechische Grammatik zum Neuen Testament, Gießen 2011
  • Blass, Friedrich/Debrunner, Albert/Rehkopf, Friedrich, Grammatik des neutestamentlichen Griechisch, 16. Aufl. Göttingen 1984

Fußnoten[Bearbeiten]

aBDR §412 1. (Zurück zum Text: a)