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Aber (und) sie konnten das Rätsel drei Tage [lang] nicht erzählen. | Aber (und) sie konnten das Rätsel drei Tage [lang] nicht erzählen. | ||
{{S|15}} {Und es geschah:} Am vierten (siebten)<ref>'''Textkritik''': Wortlaut z.B. mit BHS; Sicre 2018; LUT 17 nach LXX u.a. Dagegen MT u.a. Textzeugen: „Am ''siebten'' Tag“; das halten z.B. auch BHQ; Spronk 2019 und EÜ 16 für den ursprünglichen Text. S. dazu näher auf der [https://offene-bibel.de/mediawiki/index.php?title=Kommentar:Richter_14 Kommentarseite].</ref> Tag sagten sie zu Simsons Frau: „Betöre deinen Mann, damit er uns das Rätsel erzählt! Sonst werden wir dich und (das Haus=) den Hausstand deines Vaters mit (im) Feuer verbrennen! Habt ihr | {{S|15}} {Und es geschah:} Am vierten (siebten)<ref>'''Textkritik''': Wortlaut z.B. mit BHS; Sicre 2018; LUT 17 nach LXX u.a. Dagegen MT u.a. Textzeugen: „Am ''siebten'' Tag“; das halten z.B. auch BHQ; Spronk 2019 und EÜ 16 für den ursprünglichen Text. S. dazu näher auf der [https://offene-bibel.de/mediawiki/index.php?title=Kommentar:Richter_14 Kommentarseite].</ref> Tag sagten sie zu Simsons Frau: „Betöre deinen Mann, damit er uns das Rätsel erzählt! Sonst werden wir dich und (das Haus=) den Hausstand deines Vaters mit (im) Feuer verbrennen! Habt ihr, um uns arm zu machen (zu enteignen, zu ruinieren),<ref>''arm machen (enteignen, ruinieren)'' - Die Konsonanten dieses Wortes wurden von den Alten unterschiedlich gedeutet: (1) Von MT als Qal von ''jaraš'' „enteignen“; (2a) von Tg als Hifil von ''jaraš'' „um uns zu ruinieren“ wie in [[Exodus 15#s9 |Ex 15,9]]; (2b) wohl von hier aus auch LXX<sup>B</sup>: „um uns zu (unter)drücken“; (3) von LXX<sup>A</sup> schließlich als Hifil von ''ruš'' „arm sein“ > „arm machen“. Fast alle neueren dt. Üss. präferieren dieses „arm machen“. Nach (1) aber z.B. BigS, ELB, H-R: „um uns zu berauben“, B-R, TUR: „um uns auszuerben“. So neuerdings auch einige neue Kommentare: Knauf 2016: „um uns auszunehmen“; Niditch 2008; Nelson 2017; Spronk 2019: „to dispossess us“; Webb 2012: „to rob us“.</ref> uns eingeladen hierher!?“<ref>'''Textkritik''': Wortlaut z.B. mit BHS; Webb 2012; EÜ 16, LUT 17 nach Tg und fünf heb. Handschriften. Dagegen MT hat ein unerklärliches „Habt ihr ... uns eingeladen? Nicht?“, was heute die meisten für ursprünglich halten, aber grammatisch unerklärlich ist. S. dazu näher auf der [https://offene-bibel.de/mediawiki/index.php?title=Kommentar:Richter_14 Kommentarseite].</ref> | ||
{{S|16}} Da (und) weinte Simsons Frau vor (auf, über)<ref>Das kann so verstanden werden, dass sie sich auf ihn warf oder an seiner Schulter weinte. </ref> ihm und sagte: „Du hasst<ref>Das Wort kann auch weniger krass verstanden werden: „Du bist meiner überdrüssig“ (LUT), „Du hast eine Abneigung gegen mich“ (EU). </ref> mich nur, und du liebst mich nicht<ref>Durch die etwas abgesetzte Fortsetzung wurde versucht, die (einen Gegensatz ausdrückende) Satzfolgeunterbrechung zu berücksichtigen. </ref>! Du hast den Söhnen meines Volkes ein Rätsel aufgegeben, aber mir hast du [die Lösung]<ref>In Wirklichkeit bezieht sich das Verb direkt zurück auf das Rätsel. </ref> nicht verraten!“ Da (und) sagte er zu ihr: „Nicht einmal<ref>Idiomatische Wiedergabe von „Siehe“. </ref> meinem Vater und meiner Mutter habe ich [sie] verraten. Sollte ich [sie] da (und) dir verraten?“ | {{S|16}} Da (und) weinte Simsons Frau vor (auf, über)<ref>Das kann so verstanden werden, dass sie sich auf ihn warf oder an seiner Schulter weinte. </ref> ihm und sagte: „Du hasst<ref>Das Wort kann auch weniger krass verstanden werden: „Du bist meiner überdrüssig“ (LUT), „Du hast eine Abneigung gegen mich“ (EU). </ref> mich nur, und du liebst mich nicht<ref>Durch die etwas abgesetzte Fortsetzung wurde versucht, die (einen Gegensatz ausdrückende) Satzfolgeunterbrechung zu berücksichtigen. </ref>! Du hast den Söhnen meines Volkes ein Rätsel aufgegeben, aber mir hast du [die Lösung]<ref>In Wirklichkeit bezieht sich das Verb direkt zurück auf das Rätsel. </ref> nicht verraten!“ Da (und) sagte er zu ihr: „Nicht einmal<ref>Idiomatische Wiedergabe von „Siehe“. </ref> meinem Vater und meiner Mutter habe ich [sie] verraten. Sollte ich [sie] da (und) dir verraten?“ | ||
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Version vom 10. Dezember 2022, 15:11 Uhr
Syntax ungeprüft
Lesefassung (Richter 14)
1 Und Simson ging nach Timna und sah dort eine Philisterin, in die er sich verliebte. 2 Da ging er zu seinen Eltern und erzählte ihnen: „Ich habe in Timna eine schöne Philisterin gesehen, die möchte ich heiraten!“ 3 Da sagten seine Eltern zu ihm: „Gefällt dir denn keine der Töchter deiner Brüder oder keine Frau aus dem Volk, dass du eine Frau von den Philistern, den Unbeschnittenen, willst?“ Da sagte Simson zu seinem Vater: „Ich will sie, denn sie gefällt mir.“ 4 Seine Eltern wussten nicht, dass Simsons Wunsch von JHWH kam, denn er suchte einen Grund, etwas gegen die Philister zu tun, die zu der Zeit in Israel herrschten. 5 Daraufhin gingen Simson und seine Eltern nach Timna. Bei den Weinbergen von Timna wurde Simson von einem jungen Löwen angegriffen. 6 Da drang der Geist JHWHs in ihn ein und Simson zerriss den Löwen mit bloßen Händen, wie man ein Böckchen zerreißt. Aber seinen Eltern erzählte er nicht, was er getan hatte. 7 Danach ging er zu der Philisterin und redete mit ihr und war von ihr begeistert. 8 Als er nach einigen Tagen wieder nach Timna ging, um sie zu heiraten, ging er auch zu dem toten Löwen. In dem toten Löwen sah er ein Bienennest mit Honig. 9 Er nahm den Honig und aß ihn beim Weitergehen. Er ging auch zu seinen Eltern und gab ihnen etwas und sie aßen es. Aber er sagte ihnen nicht, dass er den Honig aus dem toten Löwen hatte. 10 Danach ging sein Vater zu der Philisterin, und Simson feierte ein Fest, wie jeder andere. 11 Als einige Philister bemerkten, dass Simson ein Fest feierte, feierten dreißig von ihnen mit. 12 Und Simson sagte zu ihnen: „Ich möchte euch ein Rätsel aufgeben. Wenn ihr es innerhalb der sieben Tage des Festes löst, werde ich euch dreißig Leinenhemden und dreißig Wechselkleider geben. 13 Aber wenn ihr das Rätsel nicht lösen könnt, dann müsst ihr mir dreißig Leinenhemden und dreißig Wechselkleider geben.“ Darauf antworteten sie: „Wir wollen dein Rätsel hören!“ 14 Er sagte zu ihnen: „Vom Fresser kam Nahrung und vom Starken kam Süßes.“ Aber sie konnten das Rätsel drei Tage lang nicht lösen. 15 Am vierten Tag sagten sie zu Simsons Frau: „Verleite deinen Mann, dir dies Lösung des Rätsels zu sagen, sonst verbrennen wir dich und deine Familie. Habt ihr uns eingeladen, um uns arm zu machen?“ 16 Da ging Simsons Frau weinend zu ihm und sagte: „Du hasst mich nur, du liebst mich nicht! Du hast den Söhnen meines Volkes ein Rätsel aufgegeben, aber mir hast du die Lösung nicht verraten!“ Da sagte er zu ihr: „Ich habe sie nicht einmal meinen Eltern verraten. Sollte ich sie da dir verraten?“ 17 Da saß sie sieben Tage bei ihm und weinte, während sie das Fest veranstalteten. Am siebten Tag verriet er ihr die Lösung, weil sie ihn so unter Druck setzte, und sie verriet die Lösung den Söhnen ihres Volkes. 18 Da sagten die Männer der Stadt zu ihm am siebten Tag, bevor die Sonne unterging: „Was ist süßer als Honig? Und was ist stärker als ein Löwe?“ Da sagte er zu ihnen: „Wenn ihr nicht mit meinem Kalb gepflügt hättet, dann hättet ihr das Rätsel nicht lösen können!“ 19 Der Geist JHWHs ging in Simson und Simson ging nach Aschkelon und tötete dort dreißig Männer. Er nahm was sie bei sich hatten und gab die Kleidung denen, die das Rätsel gelöst hatten. Er war sehr zornig und ging zum Haus seines Vaters. 20 Da wurde Simsons Frau die Frau seines Begleiters, der für ihn Brautführer gewesen war.
Anmerkungen
Studienfassung (Richter 14)
1 {Und} Samson ging hinab nach Timna (Timnat, Timnata)〈a〉 und sah eine Frau in Timna unter den Töchtern der Philister. 2 Da ging er [wieder] hinauf und erzählte seinem Vater und seiner Mutter {und sagte}: „Ich habe in Timna eine Frau unter den Töchtern der Philister gesehen. {Und jetzt:}〈b〉 Nehmt sie mir zur Frau!“ ℘ 3 Da sagte[n] sein Vater und [auch] seine Mutter zu ihm: „Gibt es unter den Töchtern deiner Brüder und unter meinem ganzen Volk〈c〉 keine Frau, dass du [hin]gehst, um [dir] eine Frau von den Philistern, den Unbeschnittenen, zu nehmen!?“ Da sagte Simson zu seinem Vater: „Diese nimm mir, denn sie ist recht (schön) in meinen Augen!“ 4 Sein Vater und seine Mutter wussten nicht, dass dies von JHWH [kam], denn er suchte eine Anlass (eine Gelegenheit) von den Philistern.〈d〉 In jener Zeit herrschten nämlich die Philister in Israel.
5 (Und=) Später ging[en] Samson und [auch] sein Vater und seine Mutter hinab nach Timna. Und er kam〈e〉 zu den Weinbergen von Timna. (Und siehe=) Plötzlich [kam] ihm brüllend ein (Junglöwe der Löwen=) reißender Löwe 〈f〉 ([kam] ihm ein brüllender Junglöwe) entgegen.〈g〉
6 Da (und) drang der Geist JHWHs in ihn ein〈h〉 und er zerriss ihn, wie [man] ein Böckchen zerreißt,〈i〉 obwohl (wobei) er nichts in seiner Hand hatte. ℘ ℘ ℘
Und er erzählte seinem Vater und seiner Mutter nicht, was er getan hatte.
7 (Und=) Später ging er hinab und redete mit der Frau,〈j〉 und sie war recht (schön) in Samsons Augen.
8 Nach [einigen] Tagen kam er (zurück=) noch einmal, um sie zu (nehmen=) heiraten. Da bog er ab, um nach dem Kadaver des Löwen zu sehen. (Und siehe=) Da sah er im Körper des Löwen einen Bienen-Gemeinde〈k〉 und Honig.
9 {Und} Er unterwarf〈k〉 ihn auf seine Handflächen und aß im Gehen.〈l〉 Er ging zu seinem Vater und zu seiner Mutter und gab ihnen [etwas Honig], und sie aßen [ihn]. Aber er erzählte ihnen nicht, dass er den Honig aus dem Körper (Kadaver) des Löwen unterworfen hatte.
10 (Und=) Später ging sein Vater zu der Frau.〈m〉 {Und} Samson veranstaltete dort ein Trinkgelage, wie [es] die jungen Männer zu tun pflegten.〈n〉
11 {Und es geschah:} Als sie ihn sahen, (nahmen=) bestimmten sie dreißig Gefährten.〈o〉 [Diese] waren bei ihm.
12 Und Simson sagte zu ihnen: „Ich will euch ein Rätsel rätseln. Wenn ihr es mir {erzählend} erzählen könnt [innerhalb der] sieben Tage des Trinkgelages und [es] herausbekommt, dann werde ich euch geben dreißig Leinengewänder und dreißig Wechselkleider (Panzerkleider).〈p〉
13 Aber wenn ihr[s] mir nicht erzählen könnt, dann müsst ihr mir geben dreißig Leinengewänder und dreißig Wechselkleider (Panzerkleider).“ Da sagten sie ihm: „Rätsle uns dein Rätsel, wir wollen es hören (damit wir es hören)!“
14 Da sagte er zu ihnen:
„Vom Fresser geht (ging) Fraß aus
Und vom Starken (Gewaltigen) geht (ging) Süßes aus.“
Aber (und) sie konnten das Rätsel drei Tage [lang] nicht erzählen. 15 {Und es geschah:} Am vierten (siebten)〈q〉 Tag sagten sie zu Simsons Frau: „Betöre deinen Mann, damit er uns das Rätsel erzählt! Sonst werden wir dich und (das Haus=) den Hausstand deines Vaters mit (im) Feuer verbrennen! Habt ihr, um uns arm zu machen (zu enteignen, zu ruinieren),〈r〉 uns eingeladen hierher!?“〈s〉 16 Da (und) weinte Simsons Frau vor (auf, über)〈t〉 ihm und sagte: „Du hasst〈u〉 mich nur, und du liebst mich nicht〈v〉! Du hast den Söhnen meines Volkes ein Rätsel aufgegeben, aber mir hast du [die Lösung]〈w〉 nicht verraten!“ Da (und) sagte er zu ihr: „Nicht einmal〈x〉 meinem Vater und meiner Mutter habe ich [sie] verraten. Sollte ich [sie] da (und) dir verraten?“ 17 Da (und) weinte sie sieben Tage [lang] vor (auf, über)〈y〉 ihm, während〈z〉 sie das Fest veranstalteten. {da geschah es} Am siebten Tag verriet er ihr [die Lösung des Rätsels], weil sie ihn [so] unter Druck setzte (zwang, drängte), und sie verriet [die Lösung] des Rätsels〈aa〉 den Söhnen ihres Volkes. 18 Da (und) sagten die Männer der Stadt zu ihm am siebten Tag, bevor die Sonne unterging〈ab〉:〈ac〉 „Was [ist] süßer als Honig? Und was [ist] stärker als ein Löwe?“ Da (und) sagte er zu ihnen: „Wenn ihr nicht mit meinem Kalb〈ad〉 gepflügt hättet, dann hättet ihr die [die Lösung] des Rätsels〈ae〉 nicht gefunden!〈af〉“ 19 {und} Der Geist JHWHs drang in (auf) ihn ein〈ag〉, {und} er ging {hinab} nach Aschkelon und tötete (erschlug) von ihnen〈ah〉 dreißig Mann〈ai〉. {und} Er nahm ihre Ausrüstung (das, was sie anhatten)〈aj〉 und gab die Wechsel[kleider]〈ak〉 denen, die das Rätsel gelöst (gesagt)〈al〉 hatten〈am〉. {und} Sein Zorn (Gesicht) brannte〈an〉 und er ging {hinauf} zum Haus seines Vaters. 20 Daraufhin (und) wurde Simsons Frau [die Frau] seines Begleiters (Freundes), der für ihn Brautführer (Gefährte) [gewesen war].
Anmerkungen
In Ri 14 beginnt Samson seine Folge von Heldentaten, mit denen er sich Schritt für Schritt ins Zentrum des Philisterreiches vorkämpft. Altorientalische Städte hatten gelegentlich im Stadtkern einen Tempel oder einen Palast; große Orte waren von einer Mauer mit einer großen Toranlage umfriedet. Lag die Stadt im Tal (so hier: Samson „geht nach Timna hinab“), schlossen sich daran in der näheren Umgebung die Felder der Bewohner:innen an; Weingärten dagegen wurden i.d.R. auf künstlichen Terassen auf Bergen angebaut (wo Getreide nicht so gut gedieh, da es weniger natürliche Wasserläufe gab und Regenwasser zu schnell ablief, vgl. z.B. Vogelstein 1894, S. 13). Samson nun vollbringt seine erste Heldentat in einem philistäischen Weingarten, dann vernichtet er in Ri 15 Getreidefelder, verschleppt in Ri 16 zu Beginn eine Toranlage, um am Ende in einer philistäischen Hauptstadt einen Tempelpalast zum Einsturz zu bringen. Nach und nach arbeitet er sich also von außen nach innen vor, und unser Kapitel schildert von dieser Progression den ersten Schritt.
Ein zweiter Zug verbindet alle folgenden Geschichten: Stets ist ihr Ausgang der Umgang Samsons mit einer philistäischen Frau. Wie dies zu bewerten ist, ist nach Ri 3,6f. ohnehin klar. Dass Samson auch noch erklärt, sie sei „recht in seinen Augen“, und damit die zweite entscheidende Sünde der israeliten aus Ri 17,6 und Ri 21,25 vorwegnimmt, unterstreicht es noch zusätzlich. Um es dann aber sogar noch offensichtlicher zu machen, stellt der Autor dem Samson-Zyklus noch Vv. 1-4 als eine Art zweiten Prolog voran: In den Augen rechtschaffener Israeliten ist klar zu verurteilen, wie Samson hier jeweils handelt; von den Frauen fremder Völker – und gerade von den Frauen dieses fremdesten, unbeschnittenen Volks – hat sich ein guter Israelit gefälligst fernzuhalten. Doch V. 4 verrät auch gleich, was weder Manoach noch seine Frau wissen: Dieses Handeln Samsons „kommt von Gott“. Vorausgesetzt ist offenbar, dass auch der Gott JHWH ganz selbstverständlich wie z.B. die Götter Amor oder Eros Menschen dazu bringen können, sich in andere Menschen zu verlieben, weshalb die Liebe im Hohelied gar als „grausame Flamme JHWHs“ bezeichnet werden kann (Hld 8,6).〈ao〉
In Vv. 5f. und Vv. 7-9 folgen zwei Abschnitte, die v.a. das Folgende vorbereiten. Beide beginnen damit, dass Samson „nach Timna hinabgeht“, beide enden damit, dass Samson seinen Eltern „etwas nicht erzählt“. Was er ihnen nicht erzählt, ist im ersten der beiden Abschnitte, dass er einen Löwen getötet hat, im zweiten, dass er ihnen Bienenhonig aus dem Kadaver des Löwen vorgesetzt hat.
Schon Samsons Sieg über den Löwen könnte ein Bruch mit den Nasiräergesetzen sein (s. zu Kap. 13): Nasiräer durften nach Num 6,6 nicht in Kontakt mit „Leichen“ kommen. Galten (1) auch Tiere (2) schon im Moment ihres Todes als „Leichen“ (w. in Num 6,6: „tote Lebewesen“), hätte der Nasiräer Samson den Löwen illegal getötet. Beides ist aber ungewiss. Spätestens aber die Geschehnisse aus Vv. 7-9 sind ein Bruch mit den jüdischen Geboten: Da Bienen ihre Waben in seinem Körper gebaut und sogar bereits Nektar gesammelt haben, ist dieser schon seit längerem tot und damit „Aas“, und selbst, wenn auch „Aas“ nicht als „Leiche“ galt, stand das Essen von Aas-Honig gewiss mindestens im Widerspruch zu den allgemeinen jüdischen Reinheitsgeboten und damit umso mehr mit den noch schärferen nasiräischen (s. z.B. Lev 11,24f.).
Die Bienen im Körper des Löwen sind nicht verwunderlich. In griechischen antiken Texten gibt es einige parallele Stellen: Herodot berichtet in Hist 5.114, Bienen hätten ihre Waben im Schädel des getöteten Onesilus gebaut. Noch relevanter ist die sog. „Bugonie“ (s. Wikipedia), ein breit bezeugter Volksglaube, nach dem Bienen aus den Kadavern von Tieren entstanden (s. z.B. Vergil, Georg. IV 555-558; Philo, SpecLeg I 291; weitere Stellen z.B. bei Merx 1887, Sp. 391f.), wie man ähnlich noch in der frühen Neuzeit z.B. glaubte, Mäuse entstünden aus Schimmel. Wurzel dieses Volksglaubens war wahrscheinlich eine Verwechselung der Honigbiene mit der häufig Kadaver umschwirrenden Mistbiene (vgl. z.B. Osten-Sacken 1894; Engels 2008, S. 26f.). Aber so und so; jedenfalls ist gut erklärlich, wie in einem antiken Text dergleichen berichtet werden konnte.
Mit V. 10 dann beginnt der längste Unter-Abschnitt von Ri 14: Wie dies für altorientalische Hochzeiten noch häufiger belegt ist, begibt sich Samson ins Haus des Brautvaters, um dort bei einem siebentägigen Fest seine Verlobte zu heiraten. Dieses „Fest“ ist wörtlich ein „Trinkgelage“; nach Samsons Kontakt mit der Löwenleiche folgt hier also gleich die nächste Gelegenheit, bei der man mindestens mithören könnte, dass Samsons Handeln nicht dem eines idealen Nasiräers entspricht, für die ja Alkohol verboten war. Hauptthema des Abschnitts ist aber das Rätsel, das Samson in V. 14 seinen 30 philistäischen Trauzeugen aufgibt. Wahrscheinlich muss man diesen Abschnitt so verstehen: Wider Erwarten stellt Samson kein gewöhnliches Rätsel, sondern ein sogenanntes „Vexierrätsel“, das die Philister unmöglich erraten können, weil die Antwort voraussetzt, dass man um Samsons Erlebnis mit dem Löwen (s. Vv. 5f.) und den Honig (s. Vv. 7-9) weiß. Das ist nicht „anständig“, aber regelkonform bei einem Rätselwettstreit. Dass die Philister dann Samsons Frau dazu bringen, ihm die Lösung zu entlocken, ist ebenfalls nicht anständig, aber ebenso regelkonform. Wenig überraschend ziehen diese beiden Unanständigkeiten dann ab V. 19 und v.a. in Ri 15 weitere Folgen nach sich bis dahin, dass Samson letztlich ganz Timna ruiniert.
Aber ganz gewiss ist das nicht; über Samsons Rätsel hat man auch in der Bibelauslegung extrem viel gerätselt. Der Erzählzusammenhang legt durchaus nahe, dass mit diesem Rätsel nach dem Honig im Kadaver (oder „Maul“, s. auf der Kommentarseite zu Vv. 8f.) des toten Löwen gefragt wird, worauf die Philistäer unmöglich selbst kommen können. Ist das Rätsel also „unfair“, wie viele Ausleger:innen meinen? Wegen dieser Merkwürdigkeit sind v.a. fünf unterschiedliche Auslegungen verbreitet; am besten ist die zweite:
(1) Vielleicht ist schon die Grundannahme falsch, Rätsel müssten „fair und daher lösbar“ sein: Sehr viele überlieferte Rätsel sind eo ipso nicht lösbar. In einigen Kulturen gibt es gut bezeugte Rätselwettstreite, wie er ähnlich hier geschildert wird, und auch dort sind die Spielregeln i.d.R. nicht, dass die Rätsel gelöst werden müssen – weil Rätsel eben häufig wirklich gar nicht lösbar sind –, sondern gewonnen hat am Ende schlicht der, der die meisten Rätsel kennt und aufsagen kann (so z.B. bes. stark Slotkin 1990, S. 154f.). Aber hier gilt das ja offensichtlich nicht; Samsons Spielregeln in Vv. 12f. setzen klar voraus, dass man von einem lösbaren und zu lösenden Rätsel ausgehen muss.
(2) In vielen Märchen und Sagen gibt es das Motiv des „Vexierrätsels“: Man geht davon aus, dass Rätsel bei einem Rätselwettstreit lösbar sind, aber der Held zieht sich aus der Bredouille, indem er unerwartet statt einem lösbaren „normalen“ Rätsel ein unlösbares Vexierrätsel stellt. Das heute gewiss bekannteste Beispiel für dieses Motiv ist der Rätselwettstreit zwischen Bilbo und Gollum in Tolkiens „Hobbit“: Nach mehreren gelösten Rätsel (wie: Zweiunddreißig Schimmel auf einem roten Hang – / erst malmen sie, / dann stampfen sie / und warten wieder lang, Antwort: „Zähne“, oder: Schreit ohne Stimme, / fliegt ohne Schwinge, / beißt ohne Zahn, / murmelt und pfeift – / kein Mund hat's getan., Antwort: „Wind“) folgt folgender Abschnitt:
- Bilbo kniff sich und schlug sich vor den Kopf. [...Dann:] „Was habe ich da in meiner Tasche?“, fragte er laut. Er sprach eigentlich zu sich selbst, aber Gollum dachte, es sei ein Rätsel, und war schrecklich aufgeregt.
„Das ist nicht fair!“ zischte er. „Das ist nicht fair, nicht wahr, mein Schatz? Zu fragen, was das da in seiner garsstigen kleinen Taschsche hat? [...] Es muß uns dreimal raten lassen, mein Schatz, dreimal!“
„Gut, schieß los!“ erwiderte Bilbo.
Die Antwort ist: „Einen Ring“. Aber das verrät Bilbo nicht, weshalb nach den drei Versuchen Gollum sich beschwert: „Aber es war keine anständige Frage. ... Kein richtiges Rätsel, Schatz, nein.“ (Tolkien: Der kleine Hobbit. dtv. S. 91f.96)
So wird man auch unseren Abschnitt zu verstehen haben: Dass Samson zu einem Vexierrätsel greift, ist „nicht anständig“, aber regelkonform. Dass die Philister dann ihrerseits nicht fair spielen und Samsons Verlobte dazu bringen, Samson die Lösung zu entlocken, ist ebenfalls nicht anständig – aber ebenfalls regelkonform, denn wie Vv. 18f. zeigt, akzeptiert Samson die Lösung der Philister, gerät darob aber ebenso in Zorn wie Gollum darüber, das Vexierrätsel nicht gelöst zu haben.
(3) Von einer dritten Auslegung gibt es viele verschiedene Varianten. Angenommen wird stets, dass tatsächlich das Rätsel gar nicht nach „Honig im Löwenleib“ frage, sondern nach Anderem. Samson hätte dann darüber hinaus, dass er sich mit seinem Rätsel als klüger als die Philister erwiesen hat, auch darin klug gehandelt, dass er sie dann auch noch auf eine falsche Fährte gelockt hätte, indem er seiner Frau von seinem Erlebnis mit dem Löwen berichtete. Welche Antwort das Rätsel „wirklich“ erfordere, ist dann umstritten. Im Folgenden die häufigsten Antwortversuche; die besten sind sicher (3c) und (3d):
(3a) „Sperma“, das die Frau beim oralen Verkehr „isst“ (z.B. Eißfeldt 1910)
(3b) „Erbrochenes“ bei einem Trinkgelage (z.B. Greßmann 1922, S. 244.). Beiden Antwortversuchen haben sich viele jüngere Ausleger:innen angeschlossen. Aber warum sollte bei (3a) der Mann als „Fresser“ bezeichnet werden können? Und gegen (3b) vgl. richtig Torcszyner 1924, S. 132f.: Würde „Aus dem Fresser kam Fraß“ vom Erbrechen sprechen, wäre das doch gar kein Rätsel, sondern „vielmehr schlicht eine korrekte Beschreibung dieses ekelhaften Geschehens.“
(3c) Seit Nel 1985, S. 536f. heißt es häufiger, Gaster 1969, S. 463 habe als Lösung „Honig“ vorgeschlagen. Das ist nicht richtig (s. bei 3e), „Honig der Honigbiene“ wäre aber wirklich gut möglich: Erstens „geht von der Honigbiene“ ja wirklich „Honig aus“. Zweitens wusste man schon in der Antike, dass es bei Bienen einesteils Drohnen im Bienenstock und andernteils Arbeiterbienen außerhalb gab. Die einen wurden d.ö. als „Fresser“ vorgestellt, die anderen d.ö. als „Krieger“. Zur ersten Vorstellung vgl. z.B. Hesiod, Theog. 594-599:
...wie wenn in ihren Stöcken die Arbeiter / die Drohnen füttern, die Partner beim bösen Werk:
[Einerseits] die Arbeiter, die bei Tag fortwährend umhereilen / bis die Sonne sinkt, und das weiße Wachs einsammeln, / [andererseits] jene, die drin bleiben im geschützten Stock, / und die Frucht der Mühe der anderen in ihren Bäuchen sammeln. Die zweite Vorstellung ist noch verbreiteter. Auch im AT ist die Biene daher z.B. stets Paradigma für kriegerische Feinde, s. Dtn 1,44; Ps 118,12. Ähnlich spielen griechische Fabeln über die Biene oft damit, dass ihre Farbe den Bronzerüstungen von Kriegern gleicht (z.B. Aesopica 163) und dass sie mit ihrem Stachel waffentragend sind (Diod. 5.70), weshalb z.B. Seneca zusammenfassend festhalten kann: „Dies zeichnet Bienen vor allem aus: Sie sind höchst wütend und in Relation zu ihrer Körpergröße höchst kriegerisch“ (Clem. 1.19.3). Man kann sich also gut vorstellen, dass unerwartet die Honigbiene als „Fresser“ und als „gewaltig“ beschrieben werden könnte und dass dies der Clou eines Rätsels mit der Antwort „Honig der Honigbiene“ wäre.
(3d) „Samson“. Er isst in V. 9, gibt den Honig ebd. als Speise weiter an seine Eltern, hat sich in Vv. 5f. als sogar noch „stärker / gewaltiger“ als ein Löwe erwiesen, und Honig ist wirklich das Nonplusultra an Süßigkeit (s. bei Schipper 2003, S. 351). Das ist sehr bedenkenswert; diese Deutung erklärt auch am besten, warum zuvor überhaupt eigens berichtet wird, dass Samson den Honig isst und auch an seine Eltern weitergibt.
(4) Etwas komplizierter: Bauer 1912, S. 473 und nach ihm einige weitere (z.B. Gaster 1969, S. 436; Kim 1993, S. 252; Spronk 2019, S. 420) glauben erstens, im Arabischen habe es ein Wort `arj „Honig“ gegeben, und denken zweitens, dieses Wort müsse man auch im Hebräischen voraussetzen, wonach `arj im Hebräischen also nicht nur „Löwe“, sondern auch „Honig“ bedeute. De Moor 1975 hat das noch weiter damit stützen wollen, dass er ein ugaritisches `ar „Tau, Honig“ annahm. Das Rätsel wäre dann also ein phonologisches Rätsel. Sasson 2021, S. 586 FN 17 hat kürzlich eingewandt, dass es aber schon das arabische Wort gar nicht gebe, und es steht auch wirklich nicht in gängigen Lexika. Danach dürfte man auch dann, wenn De Moor Recht hätte (del Olmo Lete etwa hat De Moors Vorschlag in seinem ugaritischen Lexikon nicht akzeptiert), auch nach einem ugaritischen `ar kein hebräisches `arj annehmen. Höchstens müsste man (4) also abwandeln: Barretto 1804, S. 86 listet ein arabisches `ari = „Biene“. Wahrscheinlicher ist das aber ein persisches Wort, da ari auch im Proto-Türkischen „Biene“ bedeutete (s. Wiktionary, s.v. آری). Setzt man dieses persische Wort auch im späten Bibelhebräischen voraus, könnte man immerhin ein Rätsel annehmen, das auf den Gleichklang der hebräischen Worte für „Löwe“ und „Biene“ anspielte. Bei „Vom Starken geht Süßes aus“ etwa müsste man beim „Starken“ an den Löwen und beim „Süßen“ an Honig denken, käme dann auf die Lösung „Honig vom Löwen“, und dies würde dann um die Ecke gleichzeitig „Honig der Biene“ bedeuten, was dann der Clou des Rätsels wäre. Aber das wäre arg kompliziert für ein „gutes“ Rätsel (so richtig schon Groß 2009, S. 695 zur klassischen Variante von 3e).
(5) Ähnlich kompliziert: Nel 1985, S. 542 und Slotkin 1990, S. 156f. nehmen an, die Antwort der Philister in V. 18 sei selbst ein bekanntes Rätsel mit der Lösung „die Liebe“ (so noch sehr viele Ausleger:innen). Danach gehen sie weiter davon aus, Samsons Rätsel in V. 14 sei eine Art „Meta-Rätsel“, das als Lösung nicht eine einfache Antwort wie „Sperma“, „Erbrochenes“ oder „Honig“ habe, sondern eben dieses zweite Rätsel in V. 18. Dass V. 18 ein verbreitetes Rätsel war, lässt sich aber natürlich nicht nachweisen.
a | Timna (Timnat, Timnata) - der heutige Tell el-Bataschi, vier Meilen nordwestlich von Beth-Schemesch. Der heb. Name ist unklar. (1) Die Bezeichnung „Timnäer“ z.B. in Ri 15,6 für die Stadtbewohner legt eigentlich nahe, dass die Stadt Timna hieß, wie sie z.B. in Jos 15,10 auch wirklich genannt wird. (2) Nach der Form hier, die z.B. auch LXX und VUL bezeugen, müsste man dagegen meinen, dass ihr Name Timnata war. (3) Seit Moore 1900, S. 14.54 denken daher einige (z.B. noch BHQ *91), vorausgesetzt werde hier und andernorts tatsächlich der Name Timnat, die kanaanäische Variante von Timnah, und dieser sei von den Masoreten und den alten Übersetzern nur falsch als Timnata vokalisiert worden; (4) andere (z.B. HKL III 269a-b) denken ähnlich, diese Formen auf -tah seien die korrekte Entsprechung dieser kanaanäischen Variante. Wie auch immer; interessanter sind ihr Name und ihre Geschichte: Timnah und Timnat bedeuten „Los, Anteil“ und bezeichnen die Landstücke, die den Israeliten bei der Landvergabe zugeteilt wurden. Ebenso wie der Name Manoach („Heimstatt“) in Kapitel 13 unterstreicht also hier der Name gerade dieser Stadt die missliche Lage der Daniten, keine Heimstatt zu haben, weil sie sich den ihnen zugelosten Anteil nicht aneignen konnten (s. Ri 1,35). Dazu, dies zu unterstreichen, eignete sich die Stadt Timnah auch wegen ihrer Geschichte besonders gut: Timnah lag an der Grenze Israels. Laut Jos 19,43 gehörte sie zum „Anteil“ des Stammes Dan; unser Kapitel setzt aber voraus, dass die Stadt noch unter philistäischer Herrschaft stand. Es ist sogar wahrscheinlich, dass der Stamm Dan Timnah nie erobern konnte, denn wie die Städte in Ri 13 wurde auch Timnah später von den Judäern erobert, nachdem Dan in den Norden weitergezogen war. Und gerade in diese Stadt will nun Samson einheiraten und gerade diese Stadt wird er im nächsten Kapitel angreifen. (Zurück zu v.1) |
b | tFN: Und jetzt - Heb. we´attah, eine sog. „Diskurspartikel“, die hier wie oft nur anzeigt, dass die Redeweise z.B. wie hier von Bericht zu Wunsch wechselt. In der Üs. ins Dt. fast stets besser auszusparen. (Zurück zu v.2) |
c | mein ganzes Volk - der Vater ist der Wortführer; von seinem Volk ist hier also die Rede. Gleichzeitig kommt aber schon hierin gut zum Ausdruck, wie sehr Samson sich mit dieser Heirat von seinem Volk distanzieren würde: Sein Vater kann gar nicht mehr gut von „unserem Volk“ sprechen. Zudem bereitet der V. mit dieser Formulierung bereits V. 16 vor: Dort wird sich als grundlegende Problematik herausstellen, dass die Loyalität von Samsons Frau ihrem „meinem Volk“ gehört. (Zurück zu v.3) |
d | Gemeint ist natürlich: Gott will Samson einen Anlass geben, gegen die Philister zu streiten; er selbst braucht dazu nicht erst eine Gelegenheit (vgl. Zapletal 1906, S. 63: „Samson erscheint überall als ein Held, der nur deshalb gegen die Philister kämpft, weil sie ihm dazu Anlaß geben; die Ehe mit der Philisterin wird ihm dazu die erste Gelegenheit bieten.“). Gut ZÜR 31: „Weil er gegenüber den Philistern einen Anlass schaffen wollte“, am besten aber übersetzt man noch freier: „...weil er ihm einen Anlass geben wollte, gegen die Philister zu streiten.“ Samson ist dann vollumfänglich Marionette Gottes: Nicht nur bringt er ihn dazu, sich zu verlieben, sondern dies ist ihm auch noch nur das Mittel, um Samson zu weiterem Handeln anzutreiben. Über diesen Vers dürfte bisher noch zu wenig geforscht worden sein; er hat sehr weitreichende Implikationen für das Gottesbild im Alten Israel. (Zurück zu v.4) |
e | er kam - d.h. er allein machte einen Abstecher, weshalb seine Eltern von der folgenden Begegnung auch nichts mitbekommen. LXXB, SyH und VL verdeutlichen dies, indem sie übersetzen: „er bog ab zu den Weinbergen von Timna“. S. dazu näher auf der Kommentarseite zu V. 5. (Zurück zu v.5) |
f | reißender Löwe - Heb. kepir `arajot, w.: „ein Junglöwe der Löwen“. Die Lösung des Rätsels in V. 18 ist `ari („Löwe“), der Sg. des Plurals `arajot, nicht kepir („Junglöwe“). Erklärungsbedürftig ist dann erstens, warum hier nicht nur vom `ari die Rede ist, und zweitens, warum der alternative Begriff kepir dann doch durch `arajot präzisiert wurde. Letzteres erklärt am besten Spronk 2019 damit, `arajot sei überflüssigerweise hinzugefügt worden, um den Zusammenhang dieses Verses mit V. 18 deutlicher zu machen. Zur ersten Frage hat am ausführlichsten Strawn 2009 geschrieben. Er glaubt, ein kepir sein eine Bezeichnung speziell des allein umherstreifenden nomadischen Löwen, aber dagegen vgl. Ez 19,2. Besser geht man daher mit Hope 1991 davon aus, dass „Junglöwen“ unter den Löwen die aktivsten Jäger sind, so dass man geradezu mit Hope als „Jagdlöwe“ oder „Killer-Löwe“ übersetzen könnte: Ein kepir ist noch gefährlicher als ein durchschnittlicher `ari. Ist die Erklärung des `arajot von Spronk richtig, ist eine solche Präzisierung im Dt. unnötig und wird daher richtig von fast allen dt. Üss. ausgespart. (Zurück zu v.5) |
g | tFN: [kam] ihm brüllend ein Junglöwe ([kam] ihm ein brüllender Junglöwe) entgegen - W. „Ein Löwe brüllte, ihm begegnend.“ Zur Konstruktion vgl. HKL III § 319s: ihm begegnend ist ein erstarrter Ausdruck, der häufig ohne Verbum movendi verwendet wird, aber ein [und kam] impliziert. S. z.B. Gen 19,1: „Lot stand auf, ihm begegnend“ = „Lot stand auf [und kam] ihm entgegen“; ähnlich 1 Sam 10,10; 2 Sam 16,1; 1 Kön 2,19; 18,7; 2 Kön 5,21; 10,15; Ps 59,5. Diese Konstruktion ist gelegentlich erweitert um eine Präzisierung dieses ausgesparten [und kam]. S. z.B. Ri 15,14 „sie jauchzten ihm begegnend“ = „sie [kamen] ihm jauchzend entgegen“; Ri 19,3 „er freute sich ihm begegnend“ = „er [kam] ihm freudig entgegen“; 1 Sam 16,4 „Die Ältesten der Stadt zitterten ihm begegnend“ = „sie [kamen] ihm zitternd entgegen“; auch 2 Sam 15,32; Spr 7,10. Welche der beiden Konstruktionen hier vorliegt, ist nicht sicher: Entweder ist das Partizip ein verbales Partizip (das Partizip statt Perfekt ist, um nach „und siehe“ die Plötzlichkeit noch weiter zu unterstreichen), dann: „Doch da! Plötzlich kommt ihm brüllend ein Junglöwe entgegen!“ Oder das Partizip ist adjektivisches Paritizip, dann: „Plötzlich kam ihm ein brüllender Junglöwe entgegen“. In deutschen Üss. sind beide Varianten vertreten: Am häufigsten verbal, z.B. LUT: „da kam ein junger Löwe brüllend ihm entgegen“, seltener adjektivisch, z.B. HfA: „da stand ihm plötzlich ein brüllender junger Löwe gegenüber“, manche Üss. kannten auch offenbar die heb. Konstruktion gar nicht, z.B. EÜ: „da brüllte ihm ein junger Löwe entgegen“. In der LF übersetzt man am besten mit der Mehrheitsvariante. (Zurück zu v.5) |
h | drang ein - So THAT II, s.v. צלך. Das Wort bezeichnet hier offenbar ein machtvolles oder „gewaltsames“ Eindringen des Geistes JHWHs in Samson, so dass „[mit Macht]“ ergänzt werden könnte. (Zurück zu v.6) |
i | wie [man] ein Böckchen zerreißt - W.: „gleich dem Zerreißen eines Böckchens“. (1) Entweder wird Samson durch diesen Vergleich mit einem Raubtier gleichgesetzt: „Er zerriß ihn, wie [ein Raubtier] ein Böckchen zerreißt“; Samson wäre dann also sozusagen ein Hyper-Raubtier. So z.B. Boling 1975. (2) Oder Bildspender ist das gebratene Böckchen beim Mahl, daher Gese 1985, S. 265: „er zerriss ihn, wie man ein (gebratenes) Böckchen zerreißt“. Oder schließlich (3), Bildspender ist das in Lev 1,17 geschilderte Opferritual und Samson zerreißt den Löwen so mühelos, wie ein Priester beim Opfer einer Taube die Flügel abreißt (so z.B. Groß 2009 und Nelson 2017). Wie auch immer; auf jeden Fall verbildlicht der Vergleich die Mühelosigkeit von Samsons Sieg. (Zurück zu v.6) |
j | redete mit der Frau - am besten wohl gedeutet von Zapletal 1906, S. 64: „Samson allein bespricht sich nun mit der Philisterin wegen der Ehe.“ Sowohl die Eltern Samsons als auch die der Philisterin werden also bei der Brautwerbung übergangen. (Zurück zu v.7) |
k | Bienen-Gemeinde - vermutlich nicht das gewöhnliche Wort für „Bienenschwarm“ (vgl. z.B. Emmrich 2001, S. 69f.). ´edah ist sonst eigentlich die israelitische Gemeinde derer, die an den Gott JHWH glauben. Die Frucht dieser „Bienengemeinde“ wird dann in V. 9 von Samson „unterworfen“; ebenfalls nicht das erwartbare Wort dafür, dass Samson dem Kadaver Bienenwaben „entnimmt“. Fast sicher wird man daher die beiden Verse mindestens auch symbolisch nehmen müssen: Wie die Philister die Israeliten unterdrücken, so „unterwirft“ hier Samson die „Gemeinde“ der Bienen, wie er später auch die Philister im Tempel übermannen wird. (Zurück zu v.8 / zu v.9) |
l | tFN: aß im Gehen - W. „er ging gehen und essen“, ein sog. pleonastischer Infinitivus absolutus. Vgl. ähnlich z.B. Gen 8,3.5.7; 12,9; Jos 6,9 1Sam 6,12 u.ö. Übersetze am besten wie vorgeschlagen; der pleonastische Inf. abs. ist eine Eigentümlichkeit der heb. Sprache, die offenbar keine besondere Bed. hat. (Zurück zu v.9) |
m | Was Samsons Vater hier soll, ist schwer verständlich. Gewiss ist der Satz literarisch zu erklären: In V. 5 gehen „Samson und auch sein Vater und seine Mutter“ hinab, in V. 7 geht nur „Samson“ hinab, in V. 10 schließlich nur „sein Vater“. Aber was diese Textgestaltung zum Ausdruck bringen soll, hat bisher noch niemand erkennen können. Textkritik: Einige wollen daher ohne Stütze in den alten Versionen sein Vater durch Samson ersetzen (z.B. noch Gese 1985, S. 264). Aber das geht gewiss nicht an; die Anwesenheit seines Vaters beim Hochzeitsfest macht auch erst erklärlich, warum in Vv. 6.9 eigens gesagt werden musste, Samson habe seinen Eltern nichts von dem Löwen erzählt – nur deshalb kann er sich in V. 18 sicher sein, dass seine Verlobte dies den Philistern verraten haben muss. (Zurück zu v.10) |
n | wie es die jungen Männer zu tun pflegen, d.h. entweder: Samson handelt so „wie die jungen Männer“, indem er statt dem Brautvater das Trinkgelage ausrichtet (so Webb 2012; das Trinkgelage zur Hochzeit im Haus des Brautvaters selbst ist breit bezeugt; vgl. z.B. indirekt Gen 29,27f.; klarer Tob 8,20; 10,7; JosAs 21,7 und weitere frühjüdische Schriften). Dann würde Samson hiermit den Brautvater ebenso übergehen, wie er in V. 7 seinen Vater bei den Ehe-Absprachen übergangen hat. Oder: Er handelt „wie [gewöhnliche] junge Männer“ und nicht wie ein Nasiräer, der sich ja Alkohol zu enthalten hatte. (Zurück zu v.10) |
o | Gefährten - Gemeint sind ironisch gespiegelt schoschbinin, also eine Art jüdische Trauzeugen des Bräutigams. Es ist natürlich möglich, dass die Philister die Hintergedanken hatten, Samson durch dieses „Gefährten“ auch bewachen zu lassen. Gesagt wird es aber nicht, und wichtiger: Die folgende Geschichte schildert eine Entfremdungsgeschichte; aus den „Gefährten“ werden in Vv. 16f. zunächst „Volksgenossen seiner Frau“ und dann in V. 18 nur noch „Männer der Stadt“ (sehr gut Webb 2012, S. 374). Es passt daher sehr gut, dass am Anfang dieser Entwicklung dieses harmonische Wort einen Zustand der Harmonie schildert. (Zurück zu v.11) |
p | Wechselkleider (Panzerkleider) - Heb. ḥalipot begadim, w. offenbar „Wechsel der Kleidung“. I.d.R. erklärt als besondere Gewänder, mit denen man an bestimmten Tagen seine Alltagskleidung tauscht, und daher als „Festgewänder“ oder „Sonntagskleider“ (so schön Knauf 2016). Anm. d. Üs.: Ich (S.W.) zweifle sehr an dieser Erklärung: In V. 19 erbeutet Samson dreißig ḥaliṣot, was nach 2 Sam 2,21 gewiss „Rüstung“ bedeutet, und gibt diese als ḥalipot an die Männer weiter. Danach scheint ḥalipot neben „Wechsel“ mindestens auch „Rüstung“ bedeuten zu können. Das lässt sich etymologisch stützen: Das akkadische ḫalāpu(m) heißt „sich kleiden“ und auch speziell „sich rüsten“; danach ließe sich gut ein hebräisches ḥalipah II „Rüstung“ annehmen. Das Wort steht in ähnlichem Kontext sonst nur noch in Gen 45,22; 2 Kön 5,5.22f.. Dort werden ḥalipot nebst Edelmetallen als Zahlungsmittel verwendet. Auch diese Stellen passen mindestens ebenso gut zu Rüstungen wie zu kostbaren Festtagsgewändern. Lässt man sich hiervon leiten und nimmt wirklich ein ḥalipah II „Rüstung“ an, verspricht Samson „dreißig Leinengewänder und dreißig Panzerkleider“, und in V. 19 „nimmt er ihre Rüstungen und gibt diese Panzer“ an die Gefährten weiter. So deutet bisher aber niemand; einstweilen sollte daher besser auch OfBi bei der klassischen Deutung bleiben. (Zurück zu v.12) |
q | Textkritik: Wortlaut z.B. mit BHS; Sicre 2018; LUT 17 nach LXX u.a. Dagegen MT u.a. Textzeugen: „Am siebten Tag“; das halten z.B. auch BHQ; Spronk 2019 und EÜ 16 für den ursprünglichen Text. S. dazu näher auf der Kommentarseite. (Zurück zu v.15) |
r | arm machen (enteignen, ruinieren) - Die Konsonanten dieses Wortes wurden von den Alten unterschiedlich gedeutet: (1) Von MT als Qal von jaraš „enteignen“; (2a) von Tg als Hifil von jaraš „um uns zu ruinieren“ wie in Ex 15,9; (2b) wohl von hier aus auch LXXB: „um uns zu (unter)drücken“; (3) von LXXA schließlich als Hifil von ruš „arm sein“ > „arm machen“. Fast alle neueren dt. Üss. präferieren dieses „arm machen“. Nach (1) aber z.B. BigS, ELB, H-R: „um uns zu berauben“, B-R, TUR: „um uns auszuerben“. So neuerdings auch einige neue Kommentare: Knauf 2016: „um uns auszunehmen“; Niditch 2008; Nelson 2017; Spronk 2019: „to dispossess us“; Webb 2012: „to rob us“. (Zurück zu v.15) |
s | Textkritik: Wortlaut z.B. mit BHS; Webb 2012; EÜ 16, LUT 17 nach Tg und fünf heb. Handschriften. Dagegen MT hat ein unerklärliches „Habt ihr ... uns eingeladen? Nicht?“, was heute die meisten für ursprünglich halten, aber grammatisch unerklärlich ist. S. dazu näher auf der Kommentarseite. (Zurück zu v.15) |
t | Das kann so verstanden werden, dass sie sich auf ihn warf oder an seiner Schulter weinte. (Zurück zu v.16) |
u | Das Wort kann auch weniger krass verstanden werden: „Du bist meiner überdrüssig“ (LUT), „Du hast eine Abneigung gegen mich“ (EU). (Zurück zu v.16) |
v | Durch die etwas abgesetzte Fortsetzung wurde versucht, die (einen Gegensatz ausdrückende) Satzfolgeunterbrechung zu berücksichtigen. (Zurück zu v.16) |
w | In Wirklichkeit bezieht sich das Verb direkt zurück auf das Rätsel. (Zurück zu v.16) |
x | Idiomatische Wiedergabe von „Siehe“. (Zurück zu v.16) |
y | Das kann so verstanden werden, dass sie sich auf ihn warf oder an seiner Schulter weinte. (Zurück zu v.17) |
z | Wörtlich „[in] denen“ (bezogen auf die Tage). (Zurück zu v.17) |
aa | Wörtlich: „das Rätsel“. (Zurück zu v.17) |
ab | Eigentlich Imperfekt, das aber mit dem vorhergehenden Wort Vergangenheitsbedeutung hat. (Zurück zu v.18) |
ac | Idiom. Im Hebräischen „kommt die Sonne“, wenn sie untergeht (DBL Hebrew 995 בֹּוא, 13.). (Zurück zu v.18) |
ad | Der Begriff bezeichnet ein weibliches Kalb. (Zurück zu v.18) |
ae | Wörtlich: „das Rätsel“. (Zurück zu v.18) |
af | Die irreale Form des Konditionalsatzes wird durch die Konjunktion vorgegeben (vgl. Davidson, Hebrew Syntax, §130). (Zurück zu v.18) |
ag | S. V. 6. (Zurück zu v.19) |
ah | Bezieht sich auf die Stadtbewohner. (Zurück zu v.19) |
ai | Hier steht im Hebräischen tatsächlich ein kollektiver Singular. (Zurück zu v.19) |
aj | Hier im Plural. Gemeint sind die Gegenstände, die ein getöteter Feind bei sich trägt – also etwa seine „Habseligkeiten“(DBL Hebrew, 2723 חֲלִיצָה). Viele verstehen das in diesem Kontext als die „Kleider“, die Simson den Siegern im Rätselwettbewerb geben schuldete. (Zurück zu v.19) |
ak | Oder „Kleidungssätze“, wörtlich „Ersatze“. Details s. Fußnote V. 12. (Zurück zu v.19) |
al | Das hier verwendete Verb bezeichnet die Weitergabe von Informationen oder Inhalten und wird meist im Sinn von „erzählen“ oder „berichten“ verstanden. Im Fall der Lösung eines Rätsels sollte „verraten“ aber ebenso im Bedeutungsumfang enthalten sein. Da hier wörtlich ein „Rätsel verraten“ werden soll, muss im Deutschen mit Hilfskonstruktionen gearbeitet werden. (Zurück zu v.19) |
am | Auflösung eines substantivierten Partizips. (Zurück zu v.19) |
an | Idiom für „Er war zornig“. (Zurück zu v.19) |
ao | Ähnlich leiteten entweder Rabbi Abahu (3.-4. Jhd. n. Chr.) oder Rabbi Aibo (4. Jhd.) aus diesem Vers (und Gen 24,50 und Spr 19,14) ab, dass Gott jedem Menschen den idealen Partner zubestimmte, s. b.B.Q. 18b; Midrasch BerR 68,3; Midrasch Teh 59,2. (Zurück zu ) |