JHWH

Aus Die Offene Bibel

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Siehe auch die Seite Gottesnamen.

Der hebräische Name יהוה (JHWH) wird im Alten Testament als Eigenname für Gott verwendet. Dieser wird in Ex 3,14 mit einem Wortspiel erläutert: אֶֽהְיֶה אֲשֶׁר אֶֽהְיֶה (Ich bin da [für euch] als Ich-bin-da). Die Verwendung eines konkreten Eigennamens macht deutlich, dass Gott in der Bibel nicht nur als unpersönliches Lebensprinzip oder unerreichbare Wesenheit gesehen wird, sondern als ein persönlicher Gott, der zu den Menschen in Beziehung tritt: nach dem Alten Testament im Bund mit dem Volk Israel, und nach dem Neuen Testament zusätzlich in Jesus Christus.

JHWH und „der HERR“[Bearbeiten]

In den meisten Bibelübersetzungen wird der Gottesname als HERR wiedergegeben. Dies geht zurück auf eine Besonderheit im biblischen Text.

Ketib und Qere[Bearbeiten]

Bereits zu spät-biblischer Zeit war es üblich, den Gottesnamen aus Respekt nicht auszusprechen und statt dessen Ersatzlesungen zu verwenden. In den biblischen Handschriften stehen daher die Buchstaben des Gottesnamens יהוה gemeinsam mit diakritischen Zeichen (Punktierung) für die Ersatzlesungen. Dasselbe Vorgehen wurde von den Tradenten des Bibeltextes angewandt, wenn sie an einer Bibelstelle unsicher waren, welche Lesart die richtige ist. Beim Übersetzen des Bibeltextes muss stets entschieden werden, ob man den Buchstaben („Ketib“: das Geschriebene) oder der Punktierung („Qere“: das Gelesene) folgt.

Biblische Ersatzlesungen[Bearbeiten]

Die häufigste biblische Ersatzlesung ist אֲדֹנָי‎ („Adonai“, mein Herr)a. Sie wird bis heute im jüdischen Gottesdienst verwendet. In ihr spiegelt sich eine Beziehungsaussage: יהוה wird als der Herr bekannt, dem der Leser des Bibeltextes vertrauen kann und der allen menschlichen Herren überlegen istb. Zugleich verweist die biblische Ersatzlesung darauf, dass Gott sich in besonderer Weise als der Herr Israels erweist: „Daß Gott ‚Herr‘ genannt wird, ist folglich Ausdruck der biblisch-theologischen Einsicht, daß Gott nicht anders als in Beziehung zu seinem Volk gesehen werden kann.“c Christen nehmen für sich in Anspruch, ebenfalls in dieser besonderen Beziehung zu Gott zu stehen, wenn sie Gott als den Herrn der Kirche bekennen.

Bei der Ersatzlesung אֲדֹנָי‎ wird das Possesivsuffix der ersten Person („mein“) selbst in der Gottesrede verwendet: „Ich bin יהוה/Mein Herr, dein Gott, der dich herausgeführt hat aus dem Land Ägypten.“ (Dtn 5,6) Die sprachliche Form betont so, dass אֲדֹנָי‎ keine Übersetzung des Namens ist, sondern auf ihn verweist.

An manchen Bibelstellen steht der Gottesname יהוה direkt neben dem Wort אֲדֹן‎ („Adon“, Herr). Um sprachliche Doppelungen zu vermeiden, wird dann in den biblischen Handschriften auf das Wort אֱלֹהִים („Elohim“, Gott) ausgewichend. Auch diese Ersatzlesung wird bis heute im jüdischen Gottesdienst verwendet.

Außerhalb des Gottesdienstes verwenden viele Juden andere Ersatzlesungen. Die bekannteste ist הַשֵׁם („Haschem“, der Name).

Altgriechische Bibel[Bearbeiten]

Die altgriechische Bibel (Septuaginta, Neues Testament) folgt meistens der Tradition der Ersatzlesungen und gibt den Gottesnamen mit ὁ θεός (der Gott)e oder mit ὁ κύριος (der Herr) wieder.

Einzelne griechische Handschriften versuchen eine Umschrift des Gottesnamens wie ΑΩ (AO), Іαουε/Іαουαι (Jaui/Jauai), Іαω (Jao), Іευω (Jeuo) oder Ιαβε (Jabe). Auch eine Nachahmung der hebräischen Schriftzeichen יהוה mit griechischen Buchstaben (ΠΙΠΙ) ist belegt.

Aussprache[Bearbeiten]

Die Aussprache von יהוה ist völlig unsicherf. Die Vielfalt der frühen Umschriften ist ein Hinweis darauf, dass die Aussprache bereits zur Entstehungszeit der späteren biblischen Schriften nicht mehr zuverlässig bekannt war.

Die Unklarheit über die Aussprache ist möglich, weil in der hebräischen Schrift ursprünglich nur Konsonanten geschrieben wurden. Vokale wurden entweder gar nicht geschrieben oder mit Hilfe der Buchstaben י‎, ו und ה angedeutet. Es ist somit noch nicht einmal sicher, ob die Buchstaben des Gottesnamens als Konsonanten oder als Vokale zu lesen sind. Wegen der letzten Silbe des Wortes „Halleluja“ (Lobt Jah) ist es jedoch sehr wahrscheinlich, dass der Gottesname mit „Jah“ beginnt. Mögliche Ausspachen sind z.B. „Jahweh“, „Jachwäh“, „Jahu“, „Jaho“, „Jahwäh“ und „Jachweh“.

Die Variante „Jehowah “[Bearbeiten]

Im Christentum geriet die besondere Punktierung des Namens יהוה später in Vergessenheit. Man bezog sie nicht mehr auf das eigentlich gemeinte Wort אֲדֹנָי‎ (Adonai), sondern setzte sie in die Buchstaben des Gottesnamens ein. Durch dieses Missverständnis entstand die Variante Jehowah.

Übersetzungen[Bearbeiten]

In den verschiedenen modernen Übersetzungen findet man zahlreiche verschiedene Wege, den Gottesnamen wiederzugeben. Oft finden sich auch mehrere Varianten in derselben Übersetzung. Die Bibel in gerechter Sprache wechselt zwischen fast allen Varianten in männlicher und weiblicher Form.

Umschrift des Gottesnamens (Ketib)[Bearbeiten]

Wieder­gabe Vor- und Nachteile
JHWH

Übersetzungen, die so vorgehen: viele wissenschaftliche Kommentare

Nachteile:

  • ungeeignet zum Vorlesen

Biblische Ableitung: Umschrift der Konsonanten

Vorteile:

  • nicht verwechselbar mit anderen biblischen Gottesanreden
  • funktioniert auch, wo von mehreren Göttern die Rede ist (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8, 1 Könige 18,21)

Nachteile:

  • ohne Erklärung wenig verständlich (Nur wenige deutsche Übersetzungen verzichten auf eine Ersatzlesung.)
Jahwe, …

Übersetzungen, die so vorgehen: viele wissenschaftliche Kommentare, World English Bible, Neue Evangelistische Übersetzung, an Einzelstellen auch Einheitsübersetzung

Nachteile:

  • Die Ergänzung der Vokale ist spekulativ.
  • Die Aussprache ist unklar: Heißt es Ja-weh, Jach-weh, Ja-wäh, Jach-wäh, Ja-we oder Jach-we?

Nachteile:

  • Das Aussprechen des Namens ist liturgisch völlig ungewohnt (Christentum) bzw. unerwünscht (Judentum).
  • Keine Berücksichtigung der alt- und neutestamentlichen Tradition, den Gottesnamen nur schriftlich wiederzugeben, ohne ihn vorzulesen. Es bleibt dem Leser/Hörer der Bibelstelle unklar, dass der Gottesnamens mit Verlust der Aussprache „unaussprechlich” geworden ist.
Jehova

Übersetzungen, die so vorgehen: Unrevidierte Elberfelder, American Standard Version, Neue-​Welt-​Übersetzung (von Jehovas Zeugen)

Nachteile:

  • Die Ergänzung der Vokale ist definitiv falsch.

Übersetzung der biblischen Ersatzlesungen (Qere)[Bearbeiten]

Die meisten Übersetzungen verwenden eine Eindeutschung der biblischen Ersatzlesung. Da die extrem wörtliche Übersetzung von אֲדֹנָי als „mein Herr“ an manchem Bibelstellen sprachlich nicht funktioniert („Ich bin mein Herr, dein Gott“, Dtn 5,6), wird hierbei auf verschiedene Alternativen ausgewichen. Die häufigste Wiedergabe ist der HERR in Anlehung an die altgriechische Bibel.

Wieder­gabe Vor- und Nachteile
der HERR

(alternativ:
GOTT oder
der GOTT)

Übersetzungen, die so vorgehen: die meisten Übersetzungen (z.B. Lutherbibel, Zürcher Bibel, Elberfelder Bibel, Einheitsübersetzung)

Nachteile:

  • missverständlich: „Herr“ im Gegensatz zu „Frau“
  • funktioniert nicht gut in der Rede Ungläubiger (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8, 1 Könige 18,21)
  • wird von so vielen Übersetzungen verwendet, dass sehr viele Christen gar nicht mehr wissen, dass es eine Ersatzlesung ist

Biblische Ableitung: Übersetzung einer masoretischen Ersatzlesung

Vorteile:

  • Die Ersatzlesung ist so formuliert, dass sie nicht als Eigenname klingt, und vermeidet so eine Verwechselung mit dem Gottesnamen.
  • Drückt die Konkretheit der Beziehungeng aus, die mit dem Eigennamen JHWH zusammenhängen.

Nachteile:

  • keine Berücksichtigung alttestamentlichen Tradition, im Schriftbild sowohl den Gottesnamen als auch die Ersatzlesung anzudeuten
  • Die Übersetzung macht eine inhaltliche Aussage über Gott, die in den hebräischen Handschriften nur in der Punktierung belegt ist.
  • Die Wörter „Herr“ und „Gott“ werden selbst als biblische Gottesbezeichnungen verwendet. Es ist beim Hören unklar, ob im Urtext JHWH steht oder nicht.
  • Wenn die Ersatzlesung mit „Herr“ bzw. „Gott“ zusammentrifft, dann
    • kommt es zu Doppelungen, oder
    • es muss auf eine alternative Ersatzlesung ausgewichen werden, oder
    • eines der beiden Wörter muss weggelassen werden.
  • Es bleibt für den Leser/Hörer der Bibelstelle unklar, was der Gottesname ist.
°Unser/Euer GOTT°

(alternativ:
°Unser/Euer HERR°)

Übersetzungen, die so vorgehen: nur Amen-online

Biblische Ableitung: Die Bibel selbst verwendet das Wort Elohenu (unser Gott) meistens als Erläuterung des Gottesnamens: JHWH Elohenu (JHWH, unser Gott).

Vorteile:

  • funktioniert auch, wo von mehreren Göttern die Rede ist (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8, 1 Könige 18,21)

Nachteile:

  • Für die Gottesrede und die wörtliche Rede ist eine andere Form nötig (euer statt unser).
  • Das Vorgehen ist unüblich.
der GOTT

(alternativ:
der HERR)

Übersetzungen, die so vorgehen: keine

Zusätzliche Ableitung:

  • wörtliche Übersetzung einer altgriechischen Übersetzung, die auch im Neuen Testament sehr häufig als Gottesbezeichnung verwendet wird

Nachteile:

  • klingt im Deutschen seltsam
  • funktioniert nicht gut, wo von mehreren Göttern die Rede ist (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8, 1 Könige 18,21)
  • Das Vorgehen ist unüblich

Andere Ersatzlesungen[Bearbeiten]

Wieder­gabe Vor- und Nachteile
Gott

Übersetzungen, die so vorgehen: fast alle Kinderbibeln

Biblische Ableitung: wörtliche Übersetzung einer altgriechischen Übersetzung, die auch im Neuen Testament sehr häufig als Gottesbezeichnung verwendet wird

Vorteile:

  • einfach zu verstehen (deshalb für elementarisierende Übersetzungen sehr gut geeignet)
  • fügt der jeweiligen Bibelstelle keine inhaltliche Aussage über Gott hinzu

Nachteile:

  • „Gott“ kann man nicht nur als Gattungsbezeichnung, sondern auch Eigenname hören. Das Wort ist aber nicht identisch mit dem Gottes­namen.
  • Es ist zwar nur eine einzige Form der Ersatzlesung nötig, diese funktioniert aber nur mit Umformulierungen des Bibeltextes:
    • Für JHWH Elohim (JHWH, Gott) braucht man eine Sonderregel wie z.B. das Weglassen des Gottesnamens.
    • funktioniert nur mit sprachlichen Anpassungen des Bibeltextes, wo von mehreren Göttern die Rede ist (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8, 1 Könige 18,21)
  • Es ist beim Hören unklar, ob im Urtext JHWH, Elohim oder El steht.

Nachteile:

  • Jeder Hinweis auf den Gottes­namen ver­schwindet aus der Über­setzung.
ICH, DU, ER

Übersetzungen, die so vorgehen: Buber/Rosenzweig

Ableitung: einige hebräische Handschriftenh; die Religionsphilosophie von Martin Buber

Vorteile:

  • fügt der jeweiligen Bibelstelle keine inhaltliche Aussage über Gott hinzu

Nachteile:

  • keine biblische Ableitung
  • an sehr vielen Bibelstellen nicht zum Vorlesen geeignet: Man hört den Unterschied zwischen „er“ und „ER“ nicht
  • funktioniert nicht, wo von mehreren Göttern die Rede ist (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8, 1 Könige 18,21)
  • bezieht sich im Deutschen nicht eindeutig auf Gott
  • Für Ich, JHWH braucht man eine Alternative.
Ich-Bin-Da

Biblische Ableitung: In Ex 3,14 erfährt der Gottesname eine Namensauslegung. Das Verb הוה (sein, dasein, existieren) spielt dabei eine wichtige Rolle, da es – so legt es die Namensoffenbarung an Mose nahe – im Gottesnamen zu sehen sei.

Vorteile:

  • Drückt die Konkretheit der Beziehungeng aus, die mit dem Eigennamen JHWH zusammenhängen.

Nachteile:

  • Funktioniert an vielen Bibelstellen nicht.
  • fügt der jeweiligen Bibelstelle eine inhaltliche Aussage über Gott hinzu

Vorteile:

  • nicht ver­wech­sel­bar mit der Über­setzung anderer bibli­scher Gottes­anreden
  • Man kommt mit einer einzigen Gottes­bezeich­nung aus.

Nachteile:

  • Die Ersatz­lesung klingt so, als wäre sie der Gottes­name
der Ewige/

Lebendige/
Eine

Übersetzungen, die so vorgehen: Tur-Sinai

Nachteile:

  • keine biblische Ableitung
  • funktioniert nicht in der Rede Ungläubiger (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8)
  • fügt der jeweiligen Bibelstelle eine inhaltliche Aussage über Gott hinzu
Adonai/

Ha-Schem/
Ha-Makom/
Schechina

Ableitung:

  • Umschrift einer hebräischen Ersatzlesung

Nachteile:

  • keine biblische Ableitung
  • Klingt im Deutschen wie ein Eigenname.
  • ohne Erklärung unverständlich
  • Leute mit Hebräisch-Kenntnissen hören die Ersatzlesung und nicht den Gottesnamen.
  • funktioniert nicht in der Rede Ungläubiger (z.B. Jona 1, Jeremia 2,8)

Vertiefende Literatur[Bearbeiten]

  • Martin Rösel: Adonaj – warum Gott ‚Herr‘ genannt wird, Forschungen zum Alten Testament 29, Tübingen 2000
  • Wolfram Kinzig: Eigenart und Aussprache des Tetragramms bei den Kirchenvätern, in: Heinrich Assel / Hans-Christoph Askani (Hrsg.): Sprachgewinn. Festschrift für Günter Bader, Arbeiten zur Historischen und Systematischen Theologie, Band 11, Berlin / Münster 2008, S. 202–233 (Pressemitteilung hierzu)
  • Bob Becking, Jahwe, in: Wibilex, Stuttgart 2006

Fußnoten[Bearbeiten]

aDie biblischen Handschriften unterscheiden zwischen den beiden Wortformen Adonai und Adoni. Diese Unterscheidung ist jedoch vermutlich sekundär und beides ist gleich zu übersetzen: Es ist „davon auszugehen, daß es im unpunktierten Text keine Differenzierung zwischen den beiden Formen gegeben hat.“ (M.Rösel 2000, 31) (Zurück zu )
bM.Rösel 2000, S. 229 (Zurück zu )
cM.Rösel 2000, S. 230 (Zurück zu )
dDie in Qumran gefundenen hebräischen Handschriften verwenden häufig ganz generell die Ersatzlesung אֱלֹהִים für den Gottesnamen. (M.Rösel 2000, 2009) (Zurück zu )
eSiehe M.Rösel 2000, 210. (Zurück zu )
fW.Kinzig 2008 (Zurück zu )
gDie biblische Ersatzlesung Adonai (mein Herr) wurde „außerhalb wie innerhalb der biblischen Schriften […] zur Bezeichnung eines besonderen Verhältnisses zwischen Gott und Mensch verwendet“ (M.Rösel 2000, 227). „Gott wird also ‚Herr‘ genannt, weil man ihn als den Mächtigen und dennoch Nahen erlebt hat. Dieses Verständnis drückt sich in Psalmen bei bittenden Anrufungen und Vertrauensaussagen aus. Doch Gott wurde auch als ein eifernder Gott erlebt, dem es – um Zions willen – um gemeinschaftstreues Verhalten ging. Dann wurde er als ‚Herr‘ bezeichnet, wenn die Propheten das fehlerhafte Verhalten der menschlichen Herren anprangerten, wenn die Mißstände in Jerusalem untragbar geworden waren. […] Ambivalenz von persönlicher Nähe und herrscherlicher Macht“ (M.Rösel 2000, 229) (zu )
hM.Rösel 2000, 208 (Zurück zu )