Krankheit in der Bibel[Bearbeiten]
Schon immer stellten sich Menschen Fragen zu Krankheiten und Behinderungen, fragten, ob hierin vielleicht ein verborgener Sinn liegen könne. Auch die Bibel beschäftigt sich mit diesem Thema. Neben vielen Erklärungen im Bereich des Tun-Ergehens-Zusammenhangs, kennt und entwickelt aber die Bibel über die Jahrhunderte ganz andere Auslegungen. Einige Beispiele:
- Ex. 4,11 - das Erste Testament sieht Krankheit und Gesundheit grundsätzlich als von Gott gegeben an.
- Das Buch Hiob schon ist ein langer Streit um den Tun-Ergehens-Zusammenhang und zeigt, dass es sich bei Krankheiten nicht um eine Strafe Gottes für schlechtes Verhalten handelt. Letztlich gibt es aber keine Antwort auf den Grund für das Unglück.
- Mt. 6,33 - Das Reich Gottes ist ein Reich der Gerechtigkeit, nicht der Gesundheit. Die Blinden und Tauben, die dort sehen und hören können, sind nicht als Behinderte zu verstehen, sondern als Menschen, die sich dem Reich Gottes aktiv verschließen.
- Joh 9,2 streitet Jesus den Tun-Ergehens-Zusammenhang in Bezug auf Krankheit ab.
Damit werden Krankheiten immer deutlicher als Bilder für Gottesferne verstanden.
Zur Interpretation des Textes[Bearbeiten]
Wundererzählungen sind eine bekannte Literaturform, die sich im Umfeld Jesu gebildet hatte. Die Evangelisten bedienen sich ihrer, um ihre Erfahrungen mit Jesus zu beschreiben. Im Zentrum dieser Wundergeschichte steht das Bekenntnis eines Menschen zu Gott, aufgefangen im Blick und die Interpretation der Zuschauer umgewandelt in Literatur.
Was also bedeutet die Heilung in diesem Zusammenhang? Gnilka 1979, Seite 297/299 sieht hierin vor allem eine symbolische Bedeutung: Die vormals Tauben verstehen und bekennen ihren Glauben. Das Wunder ist der Glaube, nicht die Frage nach der Bedeutung der Behinderung. Mehr noch als in anderen Übersetzungen muss diese versteckte Bedeutung bei einer Übersetzung in Leichte Sprache an die Oberfläche geholt werden. Dies verändert bei solchen Erzählungen die Ansprüche an die Übersetzung sehr deutlich, denn nun muss theologisches Wissen direkt in die Übersetzung einfließen und kann nicht als Interpretation in einem Kommentar verbleiben.
Denn es geht um Verständnis dessen, was die Begegnung mit Jesus hier wirklich bedeutet. Jesus grenzt den Mann nicht aus, sondern holt ihn in die Gesellschaft hinein und ist hierin ein gutes Beispiel für seine Jüngerinnen und Jünger. https://www.zedis-ev-hochschule-hh.de/files/bruhn.etal.98.pdf, in DZ 98 14. Seite 394 Hier zeigt sich bei näherer Betrachtung eine deutliche Parallele zur Pfingstgeschichte:[1]
Bei den anderen Menschen im Umfeld dieser Perikope scheint die Kommunikation mit dem Menschen, der mit ihren Worten "taub" ist, nicht zu klappen. Also bringen sie ihn zu Jesus. Und nun wird deutlich: Der Mann ist sehr wohl für Gottes Wort offen. Angelika Strotmann, 23. Sonntag im Jahreskreis (B): Mk 7,31-37, Seite 9. http://www.perikopen.de/Lesejahr_B/23_iJ_B_Mk7_31-37_Strotmann.pdf (abgerufen am 31.08.2021) -- Akelei.
- Übrigens finde ich, dass Sensibilität für Thesen von Disability Studies u.ä. nicht nur zum Profil der Leichte Sprache-Fassung, sondern auch zum Profil der Lesefassung der Offenen Bibel passt. Wäre vielleicht mal ein Thema für eine nächste Vereinsversammlung. --Sebastian Walter (Diskussion) 21:01, 7. Sep. 2021 (CEST)
Stimmt. Und der Anfang ist ja jetzt gemacht. --Akelei (Diskussion) 17:20, 10. Sep. 2021 (CEST)
Rezeptionsgeschichte[Bearbeiten]
Gesellschaftliches und theologisches Umdenken bezogen auf Menschen mit Behinderungen verändert auch die Anforderungen an die Theologie:
"In Bezug auf Behinderungen ist die Theologie gefordert, über Gott, den Glauben und das Leben so zu reden, dass der Weg für eine Zukunft Gottes geöffnet wird - das kann für uns alle eine Überraschung sein, es kann uns einen und jede menschliche Existenz transzendieren. Ein theologisches Verständnis der Behinderung muss diese Problematik in den Zusammenhang der Geschichte von Gottes Heilsplan stellen, die noch kein Ende hat." (ÖRK, Kirche aller - eine vorläufige Erklärung, https://www.oikoumene.org/de/resources/documents/a-church-of-all-and-for-all-an-interim-statement, Absatz 56)
"38. Andere Definitionen von Heilung unterscheiden theologisch deutlich zwischen Heilung und einer Krankheit. Heilung bezieht sich auf die Beseitigung unterdrückerischer Strukturen, während Behandlung einer Krankheit etwas mit der physiologischen Wiederherstellung des physischen Leibes zu tun hat. Für manche Theologen zielte Jesu Wirken auf Heilung und nicht auf Behandlung einer Krankheit ab.
39. Diese Art von Theologie betrachtet Behinderung als ein soziales Konstrukt und Heilung als die Aufhebung gesellschaftlicher Schranken. Aus dieser Perspektive geht es in den Heilungsgeschichten in den Evangelien vor allem um die Wiedereingliederung von Menschen in ihre Gemeinschaft und nicht um die Heilung ihrer physiologischen Probleme. So geht es beispielsweise dem Aussätzigen in Mk. 1, 40-45 mit seiner Bitte, dass Jesus ihn reinigen möge, vor allem darum, ihn in seine Gemeinschaft zurückzuführen. Ähnlich verhält es sich mit dem Gichtbrüchigen, dem Jesus in Mk. 2, 1-12 begegnete und ihm seine Sünden vergab." (Ebd., Absatz 38/39)
Jesus antwortete auf die Frage nach dem Blindgeborenen:
"Es haben weder die Menschen mit Behinderungen gesündigt noch ihre Familien. Menschen, die eine Behinderung haben, sind jedoch in diese Welt hineingeboren, damit in ihnen die Werke Gottes offenbar werden." (Joh 9, 3 - sinngemäß, ebd. Absatz 64)
"In ihren Bemühungen um Frieden, um die Bewahrung der Umwelt, um Gleichberechtigung von Männern und Frauen, um die Rechte von Kindern und um die Betreuung alter Menschen sollten Kirchen und Christen auch das Ringen der behinderten Menschen um volle Selbstverwirklichung auf ihre Tagesordnung setzen. "Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan" (Mt 25, 40)." (Ebd., Absatz 70)
Weitere Literatur[Bearbeiten]
- http://www.perikopen.de/Lesejahr_B/23_iJ_B_Mk7_31-37_Strotmann.pdf
- https://opus4.kobv.de/opus4-fau/files/1692/AnneKraussDissertation.pdf
Vers 31[Bearbeiten]
Theologischen Hinweis auf Jesu Offenheit für alle Menschen, auch außerhalb des jüdischen Bereichs, in der Formulierung verdeutlicht, damit die wichtigen theologischen Grundsätze verstehbar werden. (markinische Theologie) --Akelei (Diskussion) 11:47, 30. Aug. 2021 (CEST)
Vers 32[Bearbeiten]
Man könnte zur Klärung des Wortes "Segen" ergänzen:
Die Menschen denken:
Jesus legt dem Mann seine Hand auf den Kopf.
der Mann fühlt sich angenommen.
Der Mann ist voller Freude.
Problematisch bleibt für die Übersetzung und die Klarheit der Bezeichnungen, dass die Personen keinen Namen haben. Indem die Bezeichnung "taubstumm" wegfällt, ist es ggf. nicht für alle Lesenden klar, wer gemeint ist. Daher müsste dies im Gespräch immer im Blick bleiben.
--Akelei (Diskussion) 19:25, 23. Aug. 2021 (CEST)
Der "Taubstumme"[Bearbeiten]
Mit Blick auf den Ablauf dieser Heilungsgeschichte und die prophetischen Vorhersagen kann diese Beschreibung nicht ganz ausfallen, wenngleich der Begriff missverständlich ist und daher nicht verwendet werden soll.
Erste Überlegungen gehen in die Richtung einer Formulierung wie: "Und damit ist auch die Zunge von dem Tauben frei. Der Taube traut sich vor anderen zu sprechen." --Akelei (Diskussion) 16:11, 19. Jan. 2020 (CET) Interessant ist auch die Anmerkung zur Studienübersetzung, dass es sich vor allem um jemanden mit einer Sprachstörung gehandelt habe. [2]
Im Duktus der Erzählung ist die Begründung, warum die Menschen den Mann zu Jesus bringen, dass er "taubstumm" ist. Daher wird diese Aussage folgerichtig in die direkte Rede verlegt, die Jesus um einen Segen für diesen Mann bittet.
Vers 33[Bearbeiten]
Hier sind erklärende Zufügungen, die die Interpretationen der Erzählung durch die Tradition kennzeichnen sollen: "Später sagen alle:" ... "Denn so machen es alle großen Heiler." Damit wird auch deutlich, dass es sich hier um einen beobachtenden Blick handelt, der das Geschehen und die Erzählung interpretiert. Nicht um die Innensicht eines Gehörlosen, der Jesus begegnet oder gar um die Innensicht Jesu selbst. --Akelei (Diskussion) 19:25, 23. Aug. 2021 (CEST)
Diese Erklärungen in Klammern finde ich inhaltlich sehr hilfreich. Das ist ein Hinweis, der zum Umdenken in Richtung #Inklusion führen kann. Ich frage mich nur, ob diese Klammern für Leser und Leserinnen der Leichten Sprache nicht ein Hindernis sind. Welche Erfahrungen gibt es da? Für mich sind diese Erklärungen in Klammern eher an Multiplikatoren und Multiplikatorinnen gerichtet, die die Perikope verantwortungsvoll vermitteln. Das geschieht im besten Fall eben nicht dadurch, dass ein Blatt Papier mit dem Text weitergegeben wird, sondern in einem Bibelkreis. --Dorothee J (Diskussion) 08:59, 5. Sep. 2021 (CEST)
Danke für deinen Hinweis auf das gemeinsame Lesen. Das sollten wir nicht unterschätzen, da die Geschichten im Erzählen entstanden und so über einen nicht unbeträchtlichen Zeitraum überliefert wurden. Technisch hätten wir da natürlich auch noch andere Möglichkeiten der Darstellung: Als Erläuterung,
- die beim Hinüberfahren mit der Maus sichtbar würde. Dann kommen wir aber eher zu einer Variante wie den Fußnoten, die ich nicht für so allgemein verständlich halte.
- farblich hervorgehoben.
--Akelei (Diskussion) 16:34, 5. Sep. 2021 (CEST)
Wörtliche Rede ist nun mit Listenpunkten gekennzeichnet. Vielleicht ist das leichter zu durchschauen. Es bleiben die inhaltlichen Erklärungen mit Einrückungen bzw. Klammern, die ich sprachlich noch etwas verändert habe. Ich denke, dass diese Version als eine Grundlage für gemeinsames Lesen, z.B. in einem Gottesdienst dienen kann. Hier wäre die Frage, wie viele der Erklärungen übernommen werden und ob sie ggf. in einer szenischen Lesung verständlicher werden können.--Ilga Bliek (Diskussion) 15:01, 4. Apr. 2024 (CEST)