Markus 1

Aus Die Offene Bibel

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Status: Studienfassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett, aber noch nicht mit den Übersetzungskriterien abgeglichen und nach den Standards der Qualitätssicherung abgesichert worden und sollte weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.
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Anmerkungen


Studienfassung (Markus 1)

1 [Der] Anfang a des Evangeliums b von Jesus Christus c (Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes) d, e 2 wie es im [Buch] des Propheten Jesaja f heißt (geschrieben steht): g „Siehe, ich sende meinen Boten vor dir h her, der dir den Weg bereiten (alles für dich vorbereiten) wird.“ 3 „Stimme eines Rufenden in der Wüste (Wildnis): Bereitet den Weg des Herrn vor, macht seine Pfade gerade“, i 4 trat Johannes der Täufer in der Wüste (Wildnis) auf j (trat Johannes auf, der in der Wüste taufte) k und predigte (verkündete) eine Taufe der Umkehr (Buße; Umkehr-Taufe) l zur Vergebung der Sünden. 5 Und das gesamte judäische Gebiet m (Gegend, Land) und alle Jerusalemer begaben sich n (gingen) hinaus zu ihm und ließen sich von ihm im Fluss Jordan taufen o , wobei (und) sie ihre Sünden bekannten. p 6 Und Johannes pflegte [ein Gewand aus] Kamelhaar q und einen Ledergürtel r um seine Hüften (Taille) zu tragen s und Heuschrecken und wilden Honig zu essen t . 7 Und er predigte (verkündete) u {sagend} v: „Es kommt nach mir [einer], der mächtiger (stärker) [ist] als ich. w Ich bin es nicht wert (gut genug, würdig), ihm x mich zu bücken und (gebückt) y die Riemen seiner Sandalen aufzubinden. 8 Ich habe euch [mit] Wasser z getauft, er aber wird euch mit [dem] (im) Heiligem Geist taufen.“ 9 Und {es geschah}aa in jenen Tagen kam Jesus aus (von) Nazaret [in] Galiläaab und ließ sich von Johannes im Jordan taufen ac . 10 Und sogleich, während (als) er hinausstiegad aus dem Wasser, sah er sich spaltenae (wie sich spalteten) die Himmel und den Geist wie eine Taube herabsteigen auf ihn. 11 Und eine Stimme geschah aus den Himmeln: „Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ 12 Und sogleich treibt der Geist ihn in die Wüste. 13 Und er war in der Wüste vierzig Tage, versucht vom Satan und er war mit den Tieren und die Engel dienten ihm. 14 Nachdem aber übergeben war Johannes, kam Jesus nach Galiläa und verkündeteaf das Evangelium Gottes 15 und sagteag: „Erfüllt ist die Zeit und nahegekommen ist die Köngisherrschaft (das Königreich) Gottes: Kehrt um (tut Buße) und glaubt an das Evangelium.“

16 Und während (als) er entlanggingah, entlang am Meer Galiläas, sah er, wie Simon und Andreas, der Bruder des Simon, auswarfenaiaj auf dem Meer: denn sie waren Fischer. 17 Und es sprach zu ihnen Jesus: Kommt, mir nach! Und ich werde machen, dass ihr werdetak Fischer von Menschen. 18 Und sogleich, verlassend die Netze, folgten sie ihm. 19 Und nachdem er ein wenig weitergegangenal war, sah er Jakobus, den des Zebedäus, und Johannes, dessen Bruder, und wie sie im Boot die Netze bereitetenam, 20 und sogleich rief er sie. Und lassend ihren Vater im Boot mit den Tagelöhnern und gingen sie fort, ihm nach.

21 Und sie gingen nach Kapernaum hinein: Und sogleich, an den Sabbaten gehend in die Synagoge (zur Versammlung), lehrte er (begann er zu lehren). 22 Und sie waren erstaunt über seine Lehre: denn er war lehrend sie, wie einer, der Vollmacht hat und nicht wie die Schriftgelehrten. 23 Und sogleich war in ihrer Synagoge (Versammlung) ein Mensch in unreinem Geist und er schrie auf 24 und sprach: „Was ist mit uns und dir, Jesus Nazarener? Bist du gekommen zu vernichten uns? Ich kenne dich, [weiß] wer du bist; der Heilige Gottes!“ 25 Und es tadelte ihn Jesus und sprach: „Verstumme und komme heraus aus ihm!“ 26 Und es schütteltean ihn der unreine Geist und schreiend mit lauter Stimme kam er heraus aus ihm. 27 Und sie waren alle erstaunt (erschrocken), sodass sie diskutierten miteinander und sprachen: „Was ist dies? Eine neue Lehre in Vollmacht: Und den unreinen Geistern befiehlt er und sie hören auf ihn.“ 28 Und es ging hinaus sein Ruf sogleich überall in die ganze Umgebung Galiläas. 29 Und sogleich, nachdem sie aus der Synagoge herauskamenao, kamen sie in das Haus von Simon und Andreas mit Jakobus und Johannes. 30 Die Schwiegermutter Simons aber lag krank (danieder), fiebernd, und sogleich sagen sie ihm von ihr. 31 Und hinzutretend richtete er sie auf, bei der Hand nehmend: und es verließ sie das Fieber und sie diente ihnen. 32 Als es aber Abend geworden warap, als die Sonne untergegangen war, brachten sie zu ihm alle Schlecht-Habenden (alle, denen es schlecht ging) und die Besessenen: 33 und es war die ganze Stadt versammelt vor der Tür. 34 Und er heilte viele, denen es schlecht ging aufgrund mancherlei Krankheiten und viele Dämonen trieb er aus und nicht ließ er reden die Dämonen, denn sie kannten ihn. 35 Und frühzeitig, ganz nächtens, stand er aufaq, ging hinaus und ging fort an einen einsamen Ort und betete. 36 Und es nacheilte ihm (suchte nach ihm) Simon und die mit ihm waren, 37 und sie fanden ihn und sagen ihm: „Alle suchen dich.“ 38 Und er sagt ihnen: „Lasst uns gehen woandershin in die benachbarten Marktstädte, damit ich auch dort verkündige: zu diesem (dazu) bin ich nämlich hinausgegangen.“ 39 Und er kam, verkündigend, in ihre Synagogen in ganz Galiläa und die Dämonen trieb er ausar.

40 Und es kommt zu ihm ein Aussätziger, ihn anflehend [und auf die Knie fallend] und sagend: „Wenn du willst, kannst du mich rein machen.“ 41 Und bemitleidend streckte er ausas seine Hand, berührte (streckte er aus die Hand, berührte ihn) und sagt ihm: „Ich will, sei gereinigt!“ 42 Und sogleich ging weg von ihm der Aussatz und er wurde gereinigt. 43 Und er ermahnte ihn strengat (ausschimpfte/beschimpfte ihn), sogleich warf er ihn hinaus. 44 Und er sagt ihm: „Sieh, dass niemandem du etwas sagst, sondern geh weg, zeig dich dem Priester und bring dar für deine Reinigung, was geboten hat Moses, ihnen zum Zeugnis!“ 45 Der aber, nachdem er hinausgegangen warau, begann viel zu verkündigen und auszubreiten (herumzuerzählen) das Wort, so dass er nicht länger konnteav offen in die Stadt hineingehen, sondern außerhalb an einsamen Orten war er: und sie kamen zu ihm aus allen Richtungen.

Anmerkungen

  • Anm. I) Akkusativ o. Genitiv mit Partizip bei Verben der unmittelbaren Wahrnehmung können mit wie übersetzt werden.

a[Der] Anfang Der determinierende Artikel kann bei abstrakten oder eindeutigen Substantiven (Siebenthal 2011, §133a) fehlen, in der Übersetzung wurde er ergänzt. Jesus Christus, [dem] Sohn Gottes Hier zeigt der fehlende Artikel am Buchanfang, bei einem Gottestitel als Apposition, Förmlichkeit an (BDR §268.2). (Zurück zu v.1)
bEvangelium (Gr. εὐαγγέλιον) bedeutet etwa „(gute) Neuigkeit“. Hier steht es noch nicht als literarische Bezeichnung, sondern für die christliche Heilsbotschaft von Jesus. Der Ursprung dieses Begriffs liegt nicht im Alten Testament, wo allerdings schon von Boten die Rede ist, die eine gute Nachricht von Gottes Eintreffen und Eingreifen bringen (beispielsweise Jes 40,9; 52,7; 61,1). Wahrscheinlich gebraucht Markus ihn bewusst im direkten Kontext der in V. 2-3 folgenden Zitate, wo Johannes zu dem Boten und Jesus gewissermaßen zum Inhalt der Botschaft wird.
Zur Zeit des Neuen Testaments bedeutete jegliche Nachricht von oder über den Kaiser ein Evangelium. Im Rahmen der Ideologie des römischen Kaiserkults galt der Kaiser als übermenschlich, weshalb seine Verlautbarungen gute Nachrichten sein mussten, die Freude auslösten und Glück und Heil brachten. Auch Nachrichten von der Geburt oder Thronbesteigung des Kaisers waren Evangelium. Im Neuen Testament bezeichnet der Begriff im Kontrast dazu die frohe Botschaft über die angebrochene Herrschaft des einen Königs (Friedrich, εὐαγγελίζομαι, εὐαγγέλιον, προευαγγελίζομαι, εὐαγγελιστής, in: TDNT, 707-37; France 2002, 52f.). Allerdings ist unklar, wie groß der Einfluss des Kaiserkults (und damit diese bewusste Parallele) auf die Prägung des christlichen Begriffs war. Er könnte einfach im Rahmen der urchristlichen Verkündigung als Bezeichnung für die Botschaft der Kirche aufgekommen sein (Guelich 1989, 13f.). (Zurück zu v.1)
cEvangelium von Jesus Christus Im Griechischen steht hier ein Genitiv, den man sowohl objektiv (ein Evangelium über Jesus, das von Jesus handelt) oder subjektiv (ein Evangelium von Jesus, also eines, das von Jesus stammt oder verkündet wird) verstehen kann. Inhaltlich sind beide Deutungen nicht verkehrt (Jesus verkündet es selbst in V. 14-15), aber die objektive steht wohl im Vordergrund, da Markus Begebenheiten über Jesus festhält (France 2002, 53). Die aus stilistischen Gründen gewählte Übersetzung mit von lässt bewusst beide Deutungsmöglichkeiten offen. (Zurück zu v.1)
dJesus Christus (Jesus Christus, dem Sohn Gottes) Der Zusatz „dem Sohn Gottes“ ist möglicherweise eine nachträgliche Einfügung. Die erhaltenen Handschriften geben kein einheitliches Bild ab. Eine spätere Einfügung wäre ebenso denkbar wie die Annahme, dass die beiden Wörter zum ursprünglichen Text gehören. In keinem denkbaren Fall bietet sich eine naheliegende Erklärung für die Entstehung der jeweils anderen Variante an. Viele Kommentare lassen die Frage offen oder tendieren eher zum kürzeren Text. Die meisten Übersetzungen entscheiden sich jedoch dafür, sie als ursprünglich anzusehen. Mit dem Vorzug der kürzeren Lesart in dieser Übersetzung ist keinerlei theologische Aussage beabsichtigt. Es folgt nun eine ausführlichere Besprechung:
Textkritik: Textkritisch umstritten ist die längere Variante Ἰησοῦ Χριστοῦ υἱοῦ θεοῦ „von Jesus Christus, dem Sohn Gottes“. υἱοῦ θεοῦ wird bezeugt von 011 B D W Γ sowie allen lateinischen, syrischen und koptischen Zeugen. Nur Ἰησοῦ Χριστοῦ lesen 01* Θ 28 l 2211, einige sahidische Handschriften und Origines; SBLGNT, Tischendorf und WH schließen sich an. Die byzantinischen Zeugen lesen υἱοῦ τοῦ θεοῦ. Die Bezeugung bei den Kirchenvätern ist uneinheitlich, besonders da viele beide Varianten kennen (Willker 2013, 7f). Die kürzere ist bei ihnen jedoch etwas weiter verbreitet, wohingegen die längere nicht vor 400 n. Chr. bezeugt ist (Head 1991, 626). Offenbar sind beide sehr alt, wobei die längere Lesart – rechnet man die byzantinische Unterstützung mit ein – in den Handschriften etwas besser bezeugt ist. Wenn sie ursprünglich ist, hätte ein Abschreiber die beiden (damals im Text mit Anfangs- und Endbuchstaben abgekürzten) Wörter versehentlich weglassen müssen (Homoioteleuton): ...ΟΥΙ̅Υ̅Χ̅Υ̅(Υ̅Υ̅Θ̅Υ̅) (Guelich 1989, 6). Doch so ein Abschreibfehler wäre gerade am Anfang eines Buchs etwas schwerer vorstellbar. Für die kürzere Lesart sprechen einige eindeutige Beispiele, wo im Laufe der Überlieferung Gottestitel ergänzt worden sind – gerade bei Markus ist Jesu Gottessohnschaft zentrales Thema, was zu der Hinzufügung verleiten könnte (Head 1991, 627; Collins 2007, 130; s.a. Pesch 1976, 74, dagegen Wasserman 2010). Dann könnte die kürzere Variante als die schwierigere gelten! Keine der beiden internen Erklärungen ist jedoch ganz befriedigend. So erklärt Metzger sowohl die interne als auch die externe Evidenz für so ausgewogen, dass die Herausgeber von NA keine Entscheidung für oder gegen die längere Variante treffen wollten (Metzger, Textual Commentary 21994, 62; vgl. France 2002, 49). Da für die Übersetzung eine Festlegung leider unausweichlich war, haben wir die von der Mehrheit der modernen Exegeten bevorzugte kürzere Lesart vorgezogen, die längere Variante jedoch in der Klammer platziert. (Zurück zu v.1)
eDass dem einleitenden Satz eines Buchs ein Verb fehlt, ist nicht ganz ungewöhnlich, wie der Vergleich mit Mt 1,1 und Offb 1,1 und mehreren atl. Schriften zeigt. Ganz ähnlich beginnt auch Hos 1,2 LXX (ἀρχὴ λόγου κυρίου πρὸς Ωσηε). (Zurück zu v.1)
fdes Propheten Jesaja Textkritik: τῷ Ἠσαΐᾳ τῷ προφήτῃ steht u.a. in den Zeugenא B L Δ 33. Dagegen lesen A K P W Γ, der Mehrheitstext und einige andere Zeugen τοῖς προφήταις „den Propheten“, was offensichtlich eine Korrektur ist, weil nur ein Teil des Zitats von Jesaja stammt (s. übernächste Fußnote)(vgl. France 2002, 62). (Zurück zu v.2)
gWie es ... heißt Diese Wendung verbindet V. 2-3 entweder mit V. 1 („Der Anfang..., wie es heißt“) oder mit V. 4 („Wie es heißt: ..., trat Johannes auf...“). Mit dieser Zitatformel eingeleitete Belege folgen in der Bibel immer auf die zu belegende Aussage, was schon die verwendete Konjunktion καθώς vorauszusetzen scheint (Guelich 1989, 7). Da V. 1 allerdings einen elliptischen, überschriftartigen Einleitungssatz bildet, der sich vom Rest abhebt, könnte man stattdessen eine Verbindung zu V. 4 herstellen. Es entspricht ganz Markus' Stil, dass er nach der kurzen Einleitung rasch fortfährt, ohne noch einmal neu einzusetzen (France 2002, 51). (Zurück zu v.2)
hvor dir Gr. πρὸ προσώπου σου, etwa „vor deiner Gegenwart“ (traditionell häufig: „vor deinem Angesicht“). Dabei handelt es sich um einen Hebraismus, der in diesem Fall einfach wie Gr. πρὸ mit „vor“ übersetzt werden sollte (NSS). (Zurück zu v.2)
iGenau genommen stammt nur das Kernstück des Zitats in V. 3 von Jesaja (Jes 40,3 LXX). V. 2b zitiert stattdessen eine thematisch verwandte Prophetie aus Mal 3,1. Jesaja greift in dem zitierten Abschnitt auf die Auszugsgeschichte zurück, wenn er einen ähnlich von Gott geführten Auszug aus dem Exil in Aussicht stellt, der von einem Boten (dem „Rufenden“ angekündigt wird. Gerade die ersten Verse von Jes 40 sind dabei eine Schlüsselstelle für die Hoffnungen der Juden auf die Wiederherstellung alter Größe. In der Wüste (am Sinai) liegen die Anfänge des alten Israel, und in der Wüste verorteten Jesu Zeitgenossen (beispielsweise die Qumran-Gemeinschaft) auch die Anfänge des neuen Israel.

Markus mischt die Botschaft von Jesaja jedoch mit der von Maleachi (V. 2b). Der Prophet geht auf die Enttäuschung ein, die sich in Juda verbreitete, als sich Jesajas Prophetie nach dem Exil nicht verwirklichte. Er findet die Schuld im fortgesetzten Ungehorsam des Volks, der den neuen Exodus verhindert. Dabei spielt wohl schon Mal 3,1 in seiner Ausdrucksweise auf den sehr ähnlich formulierten Vers Ex 23,20 an. Wie beim Auszug aus Ägypten ist auch nach dem Exil der Ungehorsam des Volkes dafür verantwortlich, dass JHWH nicht direkt heilbringend wirkt, sondern erst ein Bote sein Kommen ankündigen muss, damit das Volk Gottes Gericht überlebt. Der Evangelist stellt diesen Zusammenhang heraus, indem er in seinem sonst freien Zitat den Abschnitt „ich sende meinen Boten vor dir her“ Ex 23,20 LXX entnimmt (Mal 3,1 LXX lautet: „Siehe, ich sende meinen Boten, und er wird vor mir den Weg überwachen, und plötzlich wird in seinen Tempel kommen der Herr, den ihr sucht, und der Engel des Bundes, den ihr wollt, ja/siehe, er kommt, spricht der Herr, der Allmächtige“).

Markus sieht den Zeitpunkt nun gekommen, an dem dieser Bote auftritt. Er identifiziert Johannes mit dem angekündigten Boten, der das Volk zur Umkehr bewegen soll, und Jesus als den Gott, der in Mal 3,1 sein Kommen zum Gericht ankündigt hat. Seine Mission scheitert allerdings, was nach dem formalen Eintreffen Gottes in seinem Tempel zu Gericht führt (Mk 11). Am Ende wird Israel als Volk durch Gericht untergehen (Mk 13). Gott erfüllt seinen Plan stattdessen auf andere Weise (Mk 12,9-11), sodass die gute Nachricht von Gottes Kommen in Jesus (Mk 1,1) für die Erwählten, die auf Jesus und seinen Vorboten hören, tatsächlich eine gute ist. (Watts 2007, 113-20; France 2002, 56ff.; Collins 2007, 135-38). (Zurück zu v.3)
jtrat auf Gr. ἐγένετο, Grundform γίνομαι. Dieses Verb funktioniert hier wie das hebräische wayehî und zeigt als erstes Wort im Satz einen Szenenwechsel an (France 2002, 64). Zudem stellt es das Wirken von Johannes dem Täufer als direkte Konsequenz der atl. Verse dar (Guelich 1989, 18). Das Wort heißt eigentlich eher „werden/sein, entstehen“. Die verbreitete Übersetzung „auftreten“ zeigt hier einfach an, dass Johannes „in Erscheinung trat“ oder „in die öffentliche Wahrnehmung rückte“. In diesem Kontext übersetzt Luther einfach „war“, auch „begann zu wirken“ würde gut funktionieren. Vgl. Joh 1,6. (Zurück zu v.4)
kJohannes der Täufer und Johannes, der in der Wüste taufte Es gibt hier vier relevante Lesarten: Nestle-Aland 28 entscheidet sich mit א, L, Δ und der bohairischen Tradition für βαπτίζων ἐν τῇ ἐρήμῳ καὶ κηρύσσων. B, 33 und einige bohairische Manuskripte bezeugen βαπτίζων ἐν τῇ ἐρήμῳ κηρύσσων. Meist byzantinische Zeugen A K P W Γ f1.13 565. 579. 1241. 1424. 2563. l 844 sowie die syrische Übersetzung von Thomas von Heraklea und die sahidische Übersetzung enthalten βαπτίζων ἐν τῇ ἐρήμῳ καὶ κηρύσσων. Einige westliche Handschriften weisen schließlich die glättende Variante ἐν τῇ ἐρήμῳ βαπτίζων καὶ κηρύσσων auf. Die Varianten sind offensichtlich aus Unsicherheit darüber entstanden, wie das Partizip βαπτίζων zu verstehen sei. Mit Artikel ὁ wäre das Ptz. attributiv und ein relativ ungeläufiger Titel „der Täufer“ (Johannes wird häufiger ὁ βαπτιστής genannt) (2. Lesart). Ohne Artikel wäre es eine adverbiale Näherbestimmung von Johannes' Aktivität und dann modal zu übersetzen, also mit „wobei“, „und“ oder als Relativsatz (3. Lesart).

Die 1. Lesart könnte ursprünglich sein, weil aus ihr die beiden anderen hervorgegangen sein könnten. καὶ stellt darin mit dem Artikel auch das folgende Partizip κηρύσσων als attributiv dar (Übersetzung: „der taufte und predigte“), was wenig elegant formuliert ist. Der Leser würde zunächst vermuten, dass ὁ βαπτίζων den festen Beinamen „der Täufer“ bedeutet, anstatt seine taufende Tätigkeit zu beschreiben (so Willker z. St.).
Aus internen Erwägungen bietet sich jedoch eher Variante 2 an. Erstens liegt der Fokus hier auf Johannes' Verkündigung, nicht auf seiner Tauftätigkeit (Pesch 1976, 74). Zweitens wäre es guter Stil, Johannes bei seiner ersten direkten Erwähnung mit seinem vollen Namen vorzustellen – ähnlich tut es Markus in V. 9 mit „Jesus aus Nazaret in Galiläa“. Auch später benutzt er zur Klarstellung „Johannes der Täufer“, wenn er die Figur erneut in die Handlung einführt (6,14; 8,28). Das Weglassen des Artikels sowie die Ergänzung von „und“ zeigen dann, dass Abschreiber den Titel ὁ βαπτίζων nicht kannten und den vermeintlich fehlerhaften Text korrigieren wollten (so Pesch; France 2002, 60f.64f.; Guelich 1989, 16 und SBLGNT).

Lesart 3 hat zahlenmäßig externes Gewicht und findet sich nicht nur in byzanzinischen, sondern mit 1241 auch in einer „alexandrinischen“ sowie mehreren Handschriften, die zum hypothetischen cäsaräischen Texttyp gehören. Metzger 1994, 62 und Collins 2007, 133 halten sie für ursprünglich. Mit der Einfügung des Artikels hätte ein Abschreiber aus Ἰωάννης βαπτίζων den vollen Namen „Johannes der Täufer“ machen wollen. Obwohl Markus diese Version des Titels auch in 6,14 und 6,24 benutzt, fehlt in dieser Variante ein echtes Motiv, den unmissverständlich von einem taufenden und predigenden Johannes sprechenden Text der Lesart 3 zu korrigieren (France). Hatte der Abschreiber unbewusst Mt 3,1 im Ohr? Dort wird jedoch ähnlich formuliert, aber gerade wieder der andere Johannestitel verwendet! Das führt uns schließlich wieder zu Lesart 2 zurück, die zwar nicht häufig bezeugt ist, aber die Indizien am besten erklärt auch unter den herangezogenen Forschern die meisten Fürsprecher hat. (Zurück zu v.4)
lTaufe der Umkehr Der Genitiv zeigt hier die Beschaffenheit der Taufe an (Gen. qualitätis). Die Taufe beinhaltete offensichtlich eine Umkehr. Bei Johannes gehörte beides zusammen, und die Taufe bedeutete offenbar die Anerkennung einer echten Umkehr (Guelich 1989, 19f.). (Zurück zu v.4)
mdas gesamte judäische Gebiet Hier sind zwei Stilmittel verflochten. Das judäische Gebiet steht für seine Bewohner (Metonymie des Subjekts). Und dass es alle waren, ist natürlich eine Übertreibung (Hyperbel). (Zurück zu v.5)
nbegaben sich hinaus Im Griechischen im Sg., als Prädikat zur „gesamten judäischen Region“. (Zurück zu v.5)
oließen sich taufen Das gr. Passiv ist hier tolerativ (Siebenthal 2011, §191h). Die gewöhnliche Übersetzung „wurden getauft“ passt hier weniger gut. (Zurück zu v.5)
pwobei sie bekannten Ptz. coni., als modaler Nebensatz mit „wobei“ aufgelöst. Gemeinsam mit den beiden vorher benutzten Imperfekten begaben sich und wurden getauft kommt in V. 5 klar zum Ausdruck, dass Johannes über einen längeren Zeitraum hinweg Menschenmengen anzog. Aus der Formulierung lässt sich allerdings nicht schlüssig ableiten, in welcher Weise das Bekenntnis geschah oder dass es unmittelbar während der Taufe stattfand. Wie Johannes' Taufe vor sich ging, ist nicht überliefert. Die benutzten Formulierungen und zeitgenössische Beispiele lassen jedoch darauf schließen, dass die Täuflinge ganz unter Wasser getaucht wurden oder tauchten. Zudem scheint Johannes, ganz untypisch, eine sehr aktive Rolle einzunehmen, wogegen bei vergleichbaren Ritualbädern der Täufling sich selbst untertauchte (France 2002, 68; Collins 2007, 142). (Zurück zu v.5)
qW. „Haare [des] Kamels“. (Zurück zu v.6)
rW. „ledernen Gürtel“ (Zurück zu v.6)
sDurch seine Kleidung gibt sich Johannes als Prophet (Sach 13,4 LXX) und der wiedergekehrte Elia zu erkennen (2Kö 1,8 LXX). (Zurück zu v.6)
tpflegte ... zu tragen … zu essen Die periphrastische („umschreibende“) Verbindung der beiden prädikativen Partizipien mit „sein“ zu ἦν ... ἐνδεδυμένος ... ἐσθίων drückt eine Gewohnheit aus (Guelich 1989, 16). Unsere Übersetzung verdeutlicht das. Andere Übersetzer benutzen gewöhnlich einfach den Infinitiv, der diese Konnotation enthalten kann, aber hier nicht vermittelt: „trug … aß“. tragen ist die beste Übersetzung des Ptz. Pf. Med. ἐνδεδυμένος. Das Wort ἐνδύω heißt aktiv „(jmdn.) kleiden“, medial „sich ankleiden“. Der Perfekt-Aspekt drückt im Griechischen den Zustand nach der vollzogenen Handlung aus, also heißt das Perfekt Medium „angekleidet sein“ → „(Kleidung) tragen“. (Zurück zu v.6)
upredigte Das Imperfekt zeigt an, dass dies über einen längeren Zeitraum hinweg (bzw. immer wieder) geschah. Die in der Überlieferung zweifellos auf's Wesentliche konzentrierte Aussage stellt wohl Johannes' mehrfach oder zu denkwürdiger Gelegenheit geäußerte Position gegenüber Jesus dar. In Joh 1,27-28 macht der Täufer diese Äußerung auf Anfrage prominenter Abgesandter der religiösen Führung in Jerusalem (1,19). (Zurück zu v.7)
v{sagend} Pleonastisches Partizip. (Zurück zu v.7)
w[einer], der mächtiger [ist] als ich Gr. ὁ ἰσχυρότερός μου, W. „der Mächtigere als ich“. (Zurück zu v.7)
xihm Eigentlich ein Relativpronomen („dem“), das den Satz vom vorigen abhängig macht: „dem ich nicht würdig bin...“ (Zurück zu v.7)
ymich zu bücken und Adverbiales Partizip Aorist aktiv, hier einmal gleichzeitig übersetzt (modal; vgl. NSS). In der Klammer ist das griechische mit dem deutschen Partizip 2 übersetzt. (Zurück zu v.7)
z[mit] Wasser Instrumentaler Dativ. (Zurück zu v.8)
aaUnd {es geschah} Pleonastische (d.h. eigentlich funktionslose) Formulierung, die entweder hebräischem Erzählstil (Guelich 1989, 29f.; France 2002, 75) entspricht oder möglicherweise einfach griechischen Erzählkonventionen folgt (NSS). Auf Deutsch lässt sich dieses „zweite Prädikat“ schwer wiedergeben, ohne Verwirrung zu stiften. Luther versucht es (ähnlich Menge, Zür): „Und es begab sich zu der Zeit, dass...“ (Zurück zu v.9)
abvon (aus) Nazaret Guelich 1989 31 glaubt, die Ortsangabe beziehe sich auf den Ursprungsort von Jesu Reise („aus Nazaret“) und sei nicht hier nicht als Beiname („von Nazaret“) zu verstehen. Im letzteren Fall wäre die Verortung von Nazaret in Galiläa nicht nötig. Das ist zwar denkbar, aber die Identifikation Jesu mit seinem genauen Herkunftsort (in „Jesus von Nazaret“ wie ein Nachname gebraucht) passt dazu, wie Markus schon in in V. 4 den Täufer mit Beinamen eingeführt hat.
[in] Galiläa Genitivus partitivus, der Nazaret in Galiläa verortet. Johannes wirkte in der Provinz Judäa und erreichte vornehmlich deren Bewohner (V. 5). Als Galiläer ist Jesus aus der Provinz am See Genezaret nach Süden zu Johannes gereist. Zwischen den beiden räumlich getrennten Provinzen herrschte Misstrauen. Gerade in religiöser Hinsicht hatten die Judäer gegenüber den Galiläern Vorbehalte (Joh 1,46) und taten sich schwer, einen galiläischen Propheten zu akzeptieren. Doch nun kommt einer zu Johannes und lässt sich taufen (der Vers ist genau gleich aufgebaut wie V. 5!), und ausgerechnet diesen Galiläer identifiziert Johannes nun als den Stärkeren, der nach ihm kommen soll! Diese Abneigung ist im Markusevangelium immer wieder unterschwellig zu spüren, das Jesu Wirken nur in Galiläa beschreibt. Jerusalem in Judäa ist der Einflussbereich von Jesu Widersachern und der Ort, an dem sie ihm schließlich das Handwerk legen konnten (France 2002, 75f.). (Zurück zu v.9)
acließ sich taufen Das gr. Passiv ist hier tolerativ (Siebenthal 2011, §191h). Die gewöhnliche Übersetzung „wurde getauft“ passt hier weniger gut. (Zurück zu v.9)
adPartizip Präsens aktiv Nominativ maskulin Singular. Temporal übersetzt. (Zurück zu v.10)
aePartizip Präsens passiv Akkusativ maskulin Plural. Kongruent zu τοὺς οὐρανοὺς. (Zurück zu v.10)
afPartizip Präsens aktiv Nominativ maskulin Singular. Durch Beiordnung übersetzt. (Zurück zu v.14)
agPartizip Präsens aktiv Nominativ maskulin Singular. (Zurück zu v.15)
ahPartizip Präsens aktiv Nominativ maskulin Singular. Temporal übersetzt. (Zurück zu v.16)
aiPartizip Präsens aktiv Akkusativ maskulin Plural. S. Anm. I. (Zurück zu v.16)
ajMeint die Netze. (Zurück zu v.16)
akAcI. (Zurück zu v.17)
alPartizip Aorist aktiv Nominativ maskulin Singular. Temporal übersetzt. (Zurück zu v.19)
amS. Anm. I. (Zurück zu v.19)
anPartizip Aorist aktiv Nominativ neutrum Singular. (Zurück zu v.26)
aoPartizip Aorist aktiv Nominativ maskulin Plural. Temporal übersetzt. (Zurück zu v.29)
apPartizip Aorist medium Nominativ feminin Plural. (Zurück zu v.32)
aqPartizip Aorist aktiv Nominativ maskulin Plural. (Zurück zu v.35)
arPartizip Präsens aktiv Nominativ maskulin Singular. (Zurück zu v.39)
asPartizip Aorist aktiv Nominativ maskulin Singular. (Zurück zu v.41)
atPartizip Aorist medium Nominativ maskulin Singular. (Zurück zu v.43)
auPartizip Aorist aktiv Nominativ maskulin Singular. Temporal übersetzt. (Zurück zu v.45)
avAcI. (Zurück zu v.45)