Richter 13

Aus Die Offene Bibel

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Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
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Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Richter 13)

(kommt später)

Studienfassung (Richter 13)

1 {Und} Die (Söhne Israels=) Israeliten taten wieder (weiterhin), was in den Augen JHWHs böse (schlecht) [war].
Da (gab sie JHWH in die Hand der=) lieferte sie JHWH den Philistern aus für 40 Jahre.


2 Es war ein Mann aus Zoraa aus dem Clanb der Daniten. Sein Name war Manoach (=Ruhe, Ruheort, Heimstatt).c Seine Fraud war unfruchtbar und gebar nicht (hatte nicht(s) geboren). 3 Da erschien (ließ sich sehen) ein Bote JHWHs der Frau. Er sagte ihr:

„Siehe doch: du bist unfruchtbar und (Siehe doch, du Unfruchtbare:) du hast nicht geboren
Und wirst [nun aber] empfangen und wirst gebären einen Sohn!
4 So achte nun darauf, nicht zu trinken Wein oder Bier (Alkohol, Grappa, Weinschorle und unverdünnten Wein)e
Und nicht zu essen alles Unreine!

5 Denn siehe: Du wirst schwanger werden (bist schwanger)f und wirst gebären (bist gebärend) einen Sohn.
Ein Schermesser darf nicht an sein Haupt kommen,
Denn ein Nasiräer des Gottes JHWH [wird] der Knabe vom Mutterleib an [sein].
Er ist's, der beginnen wird, zu retten Israel
(aus der Hand der=) Vor den Philistern.“


6 Die Frau kam (bei)g und sagte zu ihrem Mann {wie folgt}: „Ein Mann Gottes ist zu (bei) mir gekommen. Sein Aussehen [glich] dem Aussehen eines Boten Gottes, gar fürchterlich (sehr ansehnlich, mächtig).h Ich habe ihn (nicht)i gefragt, woher er sei, aber (und) nicht [einmal]j seinen Namen hat er mir gesagt. 7 Er sagte:

‚Siehe, du bist unfruchtbar und (du Unfruchtbare:) du wirst gebären einen Sohn.k
So trinke nun kein Wein und Bier
Und iss alles Unreine nicht,
Denn ein Nasiräer des Gottes JHWH [wird] der Knabe [sein] von Mutterleib an
Bis zum Tag seines Todes!‘“

8 Da betete Manoach zu JHWH und sagte: „Bitte, Herr! Der Mann Gottes, den du gesandt hast, komme doch noch einmal zu uns und lehre uns, was wir tun sollen für (an) dem Knaben,l der geboren werden wird (soll)!“


9 Gott (hörte auf die Stimme=) erhörte die Bitte Manoachs. Also kam der Bote Gottes noch einmal zur (bei der) Frau, als diese [gerade] (saß=) sich aufhielt auf dem Feld und ihr Mann Manoach nicht bei ihr war. 10 Da eilte die Frau und rannte und erzählte ihrem Mann. Sie sagte zu ihm: „Siehe, erschienen ist mir der Mann, der gekommen ist (am Tag=) anderntags (?)m zu mir!“n 11 Da erhob sich und ging Manoach hinter seiner Frau her. Als er zum Mann kam, fragte er ihn: „Bist du der Mann, der gesprochen hat zu der Frau?“ Er sagte: „(Ich [bins]=) Ja“.o 12 Manoach sagte: „Dann: [Wenn] eintrifft deine Worte,(Nun möge / Dann: Möge deine Worte eintreffen!)p was soll sein das Gesetz des Knaben und sein Tun (das Tun für ihn)?“q 13 Der Bote JHWHs sagte zu Manoach:

„Auf alles, was ich zur Frau sagte, soll sie achten.
14 Von allem, was aus dem Stock des Weins hervorgeht, soll sie nicht essen;
Wein und Bier darf sie nicht trinken,
Alles Unreine darf sie nicht essen.
Alles, was ich ihr auftrug, soll sie achten.“


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Anmerkungen

Ri 13-16: Mit Kapitel 13 beginnt eine Sammlung von Erzählungen über Samson, den letzten der großen Richter im Richterbuch. Der letzte Richter überhaupt dagegen wird erst Samuel sein (s. 1 Sam 7,6), der dann das Richteramt abschaffen und Israels ersten König installieren wird. Wie schon seine Vorgänger ist auch Samson keine durchweg positive Figur: Ab Kapitel 14 bedient sich Gott gerade seiner (nach biblischer Vorstellung verwerflichen) Schwäche für philistäische Frauen, um damit zu beginnen, die Israeliten aus der Hand der Philister zu befreien. Damit dies gelingen kann, segnet er ihn gleichzeitig mit übermenschlicher Stärke. Beides zusammen führt dazu, dass die Samson-Saga die unterhaltsamste unter den Erzählungen des Richterbuches ist; sie ist daher z.B. auch regelmäßig die einzige, die in Kinder- und Auswahlbibeln aufgenommen wird.

Kapitel 13 berichtet die Vorgeschichte Samsons. Warum das so ist, wird bisher noch nicht gut verstanden: Das Kapitel ist so deutlich aus 1 Sam 1 und Ri 6 abgeschrieben, dass es sicher erst später den folgenden Kapiteln angefügt wurde, und keiner der anderen Richter hat eine vergleichbare Vorgeschichte. Man müsste also meinen, Kapitel 13 leiste einen besonderen Beitrag zum Anliegen von Ri 14-16 und dies erst habe einen Autoren bewogen, dieses Kapitel zu komponieren. Sehr gut erkennbar ist dieser Beitrag aber nicht.

Vv. 1-5 sind noch relativ unproblematisch: Wie viele Kapitel des Richterbuches beginnt auch Ri 13 in V. 1 mit der „Sündenformel“ und der „Übereignungsformel“ (Groß 2009, S. 648): Weil die Israeliten gesündigt haben, übereignet sie JHWH an die Philister, unter deren Knechtschaft sie 40 Jahre lang zu leben haben.
In V. 2 folgt nicht wie bei den vorigen Stellen, dass die Israeliten darauf zu Gott flehen, sondern ein zweiter Einleitungssatz führt mit Manoach und seiner Frau die beiden Eltern Samsons in die Geschichte ein. Wie viele Mütter wichtiger Figuren der biblischen Heilsgeschichte ist auch die Mutter Samsons unfruchtbar (man denke z.B. an Isaaks Mutter Sara in Gen 16-18, an Jakobs Mutter Rebekka in Gen 25, an Josephs Mutter Rahel in Gen 30, an Samuels Mutter Hannah in 1 Sam 1, an Johannes Mutter Elisabet in Lk 1 und weitere). Samson wird daher ein Geschenk Gottes nicht nur an die Israeliten sein, sondern auch an sie persönlich.
Obwohl untypischerweise weder die Israeliten um Befreiung noch Manoachs Frau um Fruchtbarkeit gebetet haben, erbarmt sich JHWH ihrer – offenbar aus reiner Gnade – und schickt in V. 3 einen Engel zur Frau, um ihr die frohe Botschaft zu bringen: Sie wird einen Sohn empfangen. Dieser wird nach Vv. 4f. nicht nur ein Gottesgeschenk an Frau und Volk sein, sondern darüber hinaus auch noch ein Nasiräer, also ein besonders heiliger Mensch, für den charakteristisch ist, dass er sich besonders Gottes Willen unterordnet und daher auch besondere Reinheitsgebote wie den Verzicht auf Alkohol und die Vermeidung des Kontakts mit Leichen beachtet und sich zu Ehren Gottes außerdem nicht die Haare schneidet. In mehrerlei Hinsicht allerdings unterscheidet sich Samson von „klassischen“ Nasiräern, wie sie bes. in Num 6 beschrieben werden: Er ist nicht einfach nur ein Nasiräer, sondern sogar ein Nasiräer von Mutterleib an, weshalb offenbar das Alkoholverbot sogar schon für seine Mutter zur Zeit ihrer Schwangerschaft gilt. Nur von Samuel wissen wir, dass er den selben Lebensweg gehabt haben soll (s. 1 Sam 1, bes. V. 22). Dagegen das Verbot des Leichenkontakts wird gar nicht erwähnt. Das lässt sich bei Samson auch leicht erklären: Er wird nämlich – so fährt der Engel fort – auch noch Retter seines Volkes sein. Das wäre kaum möglich, wenn er nicht mit Leichen in Kontakt kommen könnte.
Nach diesen Versen wissen Leser:innen also bereits, dass Samson Gottesgeschenk sein wird, „Super-Nasiräer“ und Retter seines Volkes. V. 25 wird dann schließlich ergänzen, dass er dabei auch noch von Gottes Geist geleitet wird. So viele Würden werden in diesem Kapitel also auf Samson gehäuft, dass Leser:innen sich nach Kapitel 13 geradezu einen kleinen Messias erwarten müssten.

Wäre es nur das Anliegen von Ri 13, die Bedeutung Samsons schon durch den Bericht seiner Vorgeschichte zu unterstreichen, hätte der Verfasser hier aufhören und direkt zu Vv. 24f. überleiten können. Das aber tut er nicht: Erst jetzt beginnt der längste Abschnitt Vv. 6-23 von Ri 13, der überwiegend nicht von Samsons Mutter, sondern von seinem Vater erzählt – genauer nämlich davon, wie erstens Manoahs Frau ihm von der Ankündigung des Engels berichtet und dann zweitens der Engel zunächst dies bestätigen und dann auch noch drittens seine Identität, auf die Manoahs Frau ebenfalls schon angespielt hatte, durch ein Wunder unter Beweis stellen muss.
Der ganze Abschnitt ist recht eigentlich hauptsächlich eine Verwechslungsgeschichte. Angestoßen wird sie dadurch, dass Manoachs Frau den Boten in V. 6 beschreibt als „Mann Gottes, dessen Aussehen dem Aussehen eines Boten Gottes glich, gar fürchterlich“. Um die Wiederkunft dieses „Mannes“ betet dann Manoach in V. 8, und seine Frage danach, ob er besagter „Mann“ sei, bejaht der Engel in V. 11 sogar. Um seine Wiederkunft beten muss Manoach offenbar, weil seine Frau die Botschaft des Engels in V. 7 so sehr verkürzt hat: Ausgespart hat sie in ihrem Bericht, welche Gebote ihr Sohn zu befolgen haben wird – er darf seine Haare nicht schneiden – und welches Schicksal ihm bestimmt ist – er wird Israel retten –, und genau dies sind daher die beiden Aspekte, nach denen Manoach in V. 12 fragen wird.
Die Mehrheit der Ausleger:innen unterstellt Manoach deswegen – weil er den Engel für einen „Mann“ hält und weil er nach „Gesetz und Tun“ Samsons fragt – Begriffsstutzigkeit, da ihm all dies ja bereits seine Frau in Vv. 6f. mitgeteilt habe, aber hält man die entsprechenden Verse nebeneinander, liegt das kaum im Text; jedenfalls nicht in diesen Versen.
In V. 9 erhört Gott in der Tat Manoachs Gebet, sendet seinen Engel aber auch diesmal nicht „zu uns“ (also Manoachs Frau und ihm selbst), sondern nur zu dieser, als diese sich sogar gerade außerhalb der Stadt aufhält.
Warum das so ist, ist unklar. Ausleger:innen, die Manoach negativ lesen, nehmen an, der Engel wolle ihn damit „zurückweisen“. Aber ist es richtig, dass sich im Text gar keine Indizien dafür finden, warum Manoach „zurückweisenswert“ ist, liegt das nicht sehr nahe, und ohnehin ist der Engel nach Manoachs Ankunft ja ohne Umstände bereit, mit ihm zu kommunizieren. Vielleicht ist der Grund schlicht dieser: Den Opferfelsen, auf dem in Vv. 19f. der Engel das Opfer darbringt und gen Himmel emporfährt, gab es wohl wirklich, vgl. Hanauer 1885; Schick 1887, S. 140f.. Ist Samson ein Heros der Daniten, sollte vielleicht schlicht dieser Heros mit dieser Kultstätte verbunden werden, und die abseitige Erscheinung des Engels war das literarische Mittel des Autors, um zu diesem Zweck seinen Vater Manoach zu dieser Stätte zu bringen.
Nachdem seine Frau in Vv. 10f. Manoach geholt hat, stellt dieser seine Frage danach, „was sie für den Knaben tun sollen“ (V. 8). Merkwürdigerweise formuliert er sie in V. 12 so, dass man zunächst meinen müsste, er erkundige sich eigentlich nach Lebensregel und Schicksal des Knaben (was wie gesagt zwar der Engel in V. 5 seiner Frau verraten, diese aber in V. 7 nicht an Manoach weitergegeben hatte); man muss sie gegen den Strich lesen, um sie das Gleiche bedeuten zu lassen wie die Frage in V. 8. Der Engel aber tut in V. 13f. genau das und antwortet präzise auf die Frage in V. 8, kaum aber auf die Frage, wie sie in V. 12 formuliert wurde. Auch hier ist wieder gar nicht klar, welchem Zweck diese auffällige Formulierung dieser Passage hat.

...

aZora - heute = Khirbet Sarra in Palästina. Im AT überwiegend israelitische Stadt im Stammesgebiet von Juda zwischen Jerusalem und dem Gebiet der Schefela am Meer, wo zu Samsons Zeit die Philister siedelten. Hier aber ist Zora noch Wohnort der Daniten. Davon, wie sie u.a. aus Zora ans nördliche Ende Israels umsiedeln, berichtet Ri 18. (Zurück zu v.2)
bClan - Eigentlich sind die Daniten einer der zwölf Stämme Israels, nicht nur ein Clan (also eine soziale Größe zwischen Großfamilie und Stamm). Warum sie hier als „Clan“ bezeichnet werden, ist unklar. Bar 2018, S. 3 fasst gut die vier Positionen zusammen, die aktuell am häufigsten diskutiert werden:
(1) Der Sprachgebrauch könnte unauffällig sein, denn Ri 18,19 könnte man so werten, dass man „Clan“ auch i.S.v. „Stamm“ verwenden konnte (so schon Radak; auch LXXB, L übersetzt mit „Stamm“). Ist das so, kannten aber jedenfalls die Übersetzer von LXXB diesen Sprachgebrauch nicht, die das offenbar schwierige Wort mit zwei unterschiedlichen Begriffen gleichzeitig übersetzten („vom Volk der Familie der Daniten“).
(2) Ist es dennoch wahr, dann vielleicht deshalb: In Num 26 werden die einzelnen Clans der zwölf Stämme aufgezählt. Anders als die anderen Stämme bestand der Stamm Dan nur aus dem Clan der Schuchamiter (Num 26,42), vielleicht konnte deshalb im Falle von Dan „Stamm“ und „Clan“ derart austauschbar verwendet werden können.
(3) Nicht alle Daniten wohnten in Zora; vielleicht werden deshalb diejenigen Daniten, die in Zora wohnten, nur als „Clan“ bezeichnet.
(4) Vielleicht schließlich handelte es sich bei den Danitern, die ja in der direkten Nachbarschaft der Philister lebten, nur noch um einen stark geschrumpften Stamm, und dies soll mit diesem Sprachgebrauch angezeigt werden. Letzteres ist die Mehrheitsmeinung; so z.B. auch Bartusch 2003, S. 168. Sehe ich (S.W.) richtig, gibt es hierfür aber keine Indizien. (Zurück zu v.2)
cManoach - Ein äußerst auffälliger Name für einen Daniten – litten nach Ri 18,1 doch gerade diese darunter, dass einzig sie noch keine endgültige Heimstatt gefunden hatten (so richtig z.B. Webb 2012). Gewiss verweist dieser Name auch bereits voraus auf dieses Kapitel.
Brettler 2002, S. 48, der zu jenen gehört, die glauben, dass Manoach in diesem Kapitel durchweg negativ dargestellt würde, will auch schon den Namen als Kritik lesen: „Mr. Couch-Potato“. Eine schöne Idee, aber haltlos. (Zurück zu v.2)
dDie Frau bleibt das ganze Kapitel hindurch namenlos, daher waren mehrere Traditionen zu ihrem Namen im Umlauf: Laut LAB 224 hieß sie Eluma, Midrasch NumR 10,5 identifiziert sie mit der Hatzlelponi aus 1 Chr 4,3. Auch der Grund für ihre Namenlosigkeit ist unklar. Am sinnvollsten wohl z.B. ALTER und McCann 2002: „Frau“ ist ein Leitwort in Ri 13-16; dass Manoachs Frau hier stets als „Frau“ bezeichnet wird, führt dazu, dass das Wort, das erst ab Ri 14 wirklich bedeutsam werden wird, schon in diesem Kapitel sehr häufig fallen kann. Erwägenswert ist und häufig wiederholt wurde auch die Mutmaßung von Reinhartz 1992, S. 27: Knackpunkt des Kapitels ist u.a., dass auch der gleich auftauchende Engel seinen Namen nicht verrät. Dass damit sowohl Frau als auch Engel namenlos bleiben, nähert die beiden Figuren einander an und steigert so Würde und Bedeutung von Frau Manoach. (Zurück zu v.2)
eBier (Grappa, Weinschorle und unverdünnten Wein) - heb. šekar, irgendein alkoholisches Getränk. Weil es so regelmäßig in der Fügung „Wein und šekar“ steht, nimmt man meistens an, dass es sich entweder um das zweithäufigste alkoholische Getränk Israels handelt (also Bier), was sich zusätzlich dadurch stützen lässt, dass das babylonische šikaru ebenfalls „Bier“ bezeichnet, oder um irgendein anderes aus der Traube gewonnenes Getränk, z.B. unverdünnten Wein im Gegensatz zum für gewöhnlich verdünnten jajn (so Radak) oder z.B. ein Traubenlikör wie Grappa (so z.B. ALTER). Dt. Üss. übersetzen i.d.R. allgemein mit „Alkohol“ (z.B. LUT; so auch ibn Ezra, der glaubt, dies sei die „wörtliche“ Bed. des Wortes) oder mit „Bier“ (z.B. ). Letzteres ist sinnvoller, da „Wein und Alkohol“ kein gutes Wortpaar bilden, und weil das verwandte Wort im Babylonischen dies ohnehin klar am wahrscheinlichsten macht.
Warum der Frau hier Alkohol verboten wird, ist unklar. Klar ist, dass nach Num 6 auch Nasiräer keinen Alkohol konsumieren durften, und dass die Bezüge zwischen V. 14, wo Manoachs Frau auch der Genuss von Trauben verboten wird, und Num 6,4 sogar noch näher sind.
(1) Wenige ignorieren diese nahen Bezüge und erklären das Alkoholverbot stattdessen damit, dass schon die alten Israelten darum gewusst hätten, dass Alkoholkonsum zur Zeit der Schwangerschaft Embryonen schädigen kann. Aber dafür gibt es neben unserem Vers keine Indizien. In b.Ket 60b-61a wird schwangeren Frauen sogar Weinkonsum empfohlen, weil dies angeblich zu besonders kräftigen Kindern führe. Anders allenfalls b.Yom 82b-83a, wo ein Beispiel dafür geschildert wird, dass die Söhne von Frauen dann moralisch gut geraten, wenn sie während der Schwangerschaft abstinent blieben, und moralisch schlecht geraten, wenn sie es nicht taten (vgl. zur Diskussion Abel 1997).
(2) Weit häufiger erklärt man sich diese Stelle wegen den nahen Bezügen zu Num 6 daher damit, hier würden die eigentlich für Samson geltenden Nasiräer-Vorschriften untypischerweise auf die Mutter übertragen, weil dieser ja zum Nasiräer von Mutterleib an berufen sei. Auch das ist keine ganz einfache Annahme. Erstens spricht die Struktur des Textes in diesem Vers (anders als in V. 7, vgl. auch Exum 1980, S. 49) dagegen: (A) Trink keinen Alkohol und iss nichts Unreines, (B) denn du wirst einen Sohn empfangen und gebären. (A') Diesem dürfen die Haare nicht geschnitten werden, (B') denn er wird ein Nasiräer sein. Folgt man dieser Struktur, hat das Verbot von Alkohol und unreinen Speisen nichts mit Samsons Nasiräertum zu tun, sondern mit der Schwangerschaft der Frau schlechthin. Zweitens ist das Verbot unreiner Speisen gar keine Nasiräer-Vorschrift, sondern galt für alle Israelit:innen. Die Hälfte der Gebote in V. 4 sind also gar keine Nasiräer-Vorschriften. Dennoch ist dies die Deutung, die sich sehr einheitlich in neueren Kommentaren findet.
(3) Vielleicht sollte man sich den Vers wegen dieser Schwierigkeiten besser so erklären: Unser Kapitel ist sicher u.a. abgeschrieben von 1 Sam 1 (so alle Redaktionskritiker von Ri 13). Dort wird der Hannah nicht von einem Engel, sondern vom Hohepriester Eli ein Sohn verheißen, der als einziger neben Samson ebenfalls zum Nasiräer vom Mutterleib an bestimmt war – und es wird ihr erst dann in V. 17 verheißen, nachdem sie in V. 15 erklärt hat, sie habe „weder Wein noch šekar getrunken“. Der Verzicht auf „Wein und šekar“ vor Beginn einer Schwangerschaft von Gottes Gnaden kann also leicht nebst anderem aus diesem Kapitel herausgesponnen worden sein, ohne direkt etwas mit Samsons Nasiräertum zu tun zu haben. Sollte das richtig sein, wäre die Nähe von Ri 13,4-5 zu Num 6,3-4 aber ein arg großer Zufall; auch diese Erklärung ist also nicht unproblematisch.
Für den weiteren Verlauf der Geschichte ist das Verbot zum Glück irrelevant und diese Unklarheit wiegt daher nicht schwer. (Zurück zu v.4)
ftFN: Anders als in V. 3, wo sicher futurisch gedeutet werden muss, könnten die drei Klauseln in Vv. 5.7 sowohl futurisch als auch u.a. präsentisch gedeutet werden. Die Präsens-Deutung liegt sehr fern, so aber dennoch einige Kommentare. S. dazu näher auf der Kommentarseite zu V. 5. (Zurück zu v.5)
gkam (bei) - heb. bo` („kommen“) ist auch Euphemismus für Geschlechtsverkehr. Weil Frau Manoach gleich sagen wird, der Engel sei „zu (bei) ihr gekommen“ und weil weiterhin das „du wirst schwanger werden“ in V. 5 auch „du bist schwanger“ bedeuten könnte, nehmen viele Ausleger an, hier solle mindestens angedeutet werden, dass der Engel und die Frau Verkehr hatten und Samson bei diesem Verkehr gezeugt worden sei (z.B. Ackerman 1998, S. 181-207; Bal 1988, S. 73f.; Bartelmus 1979, S. 95f.; Brettler 2002, S. 45-49; Klein 1988, S. 144; ähnlich z.B. Knauf 2016). Dies sei auch der Grund für Samsons Stärke, vgl. Gen 6,1-4. Schon die ältesten Ausleger scheinen diese Vieldeutigkeit gespürt zu haben; Josephus begründet in JosAnt §279 Manoachs Handeln in V. 8 z.B. mit Manoachs Eifersucht. Aber warum Samson so stark ist, wird in Ri 14-15 und Ri 16 ja sogar auf zwei unterschiedliche Weisen begründet; mehr als dieses mehrdeutige Wort und die mehrdeutige Form in Vv. 5.7 lässt sich für diese Deutung also nicht fruchtbar machen. Das macht sie eher unwahrscheinlich. Dagegen sprechen sich daher z.B. auch Butler 2009, Groß 2009, Webb 2012 und Bar 2018, S. 9 aus. (Zurück zu v.6)
hEine merkwürdige Beschreibung. Offensichtlich sah der Bote qua Bote dennoch aus wie ein Mensch (als „Männer Gottes“ werden i.d.R. Menschen beschrieben, s. Dtn 33,1; 9,6-10; 1 Kön 17,18 u.ö.). Aber nicht wie ein gewöhnlicher: „Wie ein Mann, der (1) aussieht wie ein Bote Gottes, also / und außerdem (2) gar fürchterlich“. Wie hat man sich das Aussehen eines solchen Mannes vorzustellen? Auch die alten Übersetzer schienen sich das gefragt zu haben: LXXA leitet nicht ab von jara` („fürchten“), sondern von ra`ah („sehen“, daher „ansehnlich), Tg von mara` („mächtig sein“, daher „mächtig), Syr offenbar von syr. nur („erschrecken“, daher „ich zitterte sehr“).
Ähnlich auffällig dann V. 13, wo der Engel Manoachs Frage danach, ob er „der Mann, der mit der Frau gesprochen habe“ sei, bejaht: Offenbar sind Gottesboten nach der Vorstellung des Autoren „Männer“, weshalb man sie leicht mit diesen verwechseln kann. (Zurück zu v.6)
iTextkritik: Wortlaut mit Harlé / Roqueplo 1999, S. 199 und Nelson 2017 z.B. nach LXX. Dagegen MT u.a. Textzeugen: „Ich habe ihn nicht gefragt“. S. dazu näher auf der Kommentarseite.
Das ist eine wichtige Variante. Viele Ausleger:innen wollen daraus, dass gleich Manoach anders als seine Frau die Natur des Engels gar nicht erahnt und dann auch noch nach seinem Namen fragt, ableiten, dass Manoach viel begriffsstutziger als seine Frau sei. Hat schon seine Frau nach dem Namen des Boten gefragt, verliert diese Deutung ihr wichtigstes Fundament. Gleichzeitig lässt sich hierin vielleicht ein Grund für diese Variante erkennen: Vielleicht wollten alte Schreiber die Dummheit Manoachs abmildern und ließen eben deshalb bereits Manoachs Frau nach dem Namen des Boten fragen. Dieses möglicherweise erkennbare Motiv für eine Textänderung verleiht der MT-Variante weiteres Gewicht. Da so bisher aber noch kein:e Ausleger:in argumentiert hat, folgen wir einstweilen der LXX-Variante. (Zurück zu v.6)
j[einmal] - Fokuspartikeln wie „nur“, „selbst“, „nicht einmal“ etc. werden im Heb. häufig auch dort nicht gesetzt, wo das Dt. ihrer bedarf, und müssen daher aus dem Kontext ergänzt werden. S. z.B. zu Ps 17,3; Hld 2,1; Am 4,5. (Zurück zu v.6)
kMan beachte: Der Satz entspricht sehr dem in V. 3, ist aber in jeder Klausel zusammengekürzt: Er sagte mir: Siehe doch, du bist unfruchtbar und hast nicht geboren und wirst nun aber empfangen und gebären einen Sohn. Dass sie gleich noch weitere Elemente aussparen wird (So achte darauf, dass trinke nun kein Wein und Bier und iss alles Unreine nicht, und ein Schermesser darf nicht an sein Haupt kommen, denn ein Nasiräer des Gottes JHWH wird der Knabe von Mutterleib an [bis zum Tag seines Todes] sein.), muss nicht heißen, dass Samsons lange Haare schon hier ein „Geheimnis“ seien (so viele Ausleger:innen): Gerade dies ist ja dennoch schon damit gesagt, dass Samson zum Nasiräer bestimmt ist. (Zurück zu v.7)
lfür den Knaben tun - die meisten neueren Üss. sinnvoll: „wie wir mit ihm umgehen sollen“. Tg und Syr aber: „wie wir ihm dienen können“, was der heb. Wortlaut auch bedeuten kann. Um das offenzulassen, sollte man besser wie oben übersetzen. (Zurück zu v.8)
m(am Tag=) anderntags (?) - unklarer Ausdruck, w. „am Tag“ (so z.B. B-R, de Wette, TUR). Daher z.B. LUT: „heute“, : „damals“, ZÜR: „neulich“. Die meisten Üss. „an jenem Tag“; sie folgen damit nicht MT, sondern LXX, Tg und Syr (s. die Kommentarseite). Beeilt sich die Frau so sehr, dass sie sich in ihrer Hast verhaspelt? Aber übersetze in der LF am besten mit der Mehrheitsübersetzung. (Zurück zu v.10)
nMan beachte die beiden eigentlich überflüssigen „mir“. Umso stärker wird damit betont, dass der Engel, um den Manoach gebetet hatte, gerade nicht ihm erschienen ist, sondern ein weiteres Mal nur der Frau. (Zurück zu v.10)
oEntgegen der Auskunft vieler Kommentare kein ungewöhnlicher Dialog. Dass Manoach sich zur Gesprächseröffnung der Identität seines Gesprächspartners versichert, ist im Hebräischen üblich; s. bes. offensichtlich 1 Kön 18,7 und z.B. auch Gen 27,24; 2 Sam 2,20; 9,2; 20,17; 1 Kön 13,14 u.ö. und vgl. Lande 1949, S. 39. Und auf die Frage „Bist du's?“ ist „ich“ nicht auffällig knapp, sondern die (abgewandelte) Wiederholung einer Phrase aus einer Anrede ist im Bibelhebräischen die gewöhnliche Weise, „Ja“ zu sagen (vgl. Greenstein 1989). „Bist du's?“ – „Ich.“ entspricht also: „Guten Tag. Wie ich höre, haben Sie neulich mit meiner Frau gesprochen?“ – „Guten Tag. Ja, hab ich.“ Das muss ins Dt. frei übersetzt werden. (Zurück zu v.11)
pDann: [Wenn] eintrifft (nun möge eintreffen) deine Worte - Das dann (w. „nun“), das wohl nur markieren soll, dass es nach der Rede von „dem Tag“ in V. 11 nun ans aktuell Anstehende geht, ist im heb. Stil ungewöhnlich. Auch das zweite Wort ist merkwürdig: Ein Singular-Verb regiert ein Plural-Objekt (zu beidem s. näher auf der Kommentarseite). Beide grammatischen Phänomene sind bisher unerklärt. Verhaspelt sich nun nach seiner Frau auch Manoach selbst? (Zurück zu v.12)
qsein Gesetz und Tun - Schwer zu übersetzen. Der Witz an dieser Frage ist, dass sie sich theoretisch schon so verstehen ließe, dass Manoach danach fragt, „was sie für den Knaben tun sollen“ (V. 8): „Was wird sein die Ordnung für ihn und das Tun an ihm?“ Chisholm 2013 paraphrasiert daher den ersten Teil mit „How should the child be raised?“, Houtman 2004, S. 2 den zweiten Teil mit „... und wie sollen wir ihn behandeln?“; ähnlich schon Tg und NumR 10. Aber natürlicher ist die Frage so zu verstehen, dass Manoach nach dem Schicksal des Knaben fragt: „Was wird seine Ordnung und sein Tun sein?“ Gut Stipp 1995, S. 350: „Was wird die Lebensordnung des Knaben und seine Tätigkeit sein?“; Nelson 2017: „What is to be the boy's rule of life and what is he to do?“ Der Engel folgt sozusagen den Deutungen von Chisholm und Houtman und spart daher sogar noch mehr von seiner ursprünglichen Botschaft aus, als es die Frau in V. 7 tat. Dass er mit dieser Antwort Manoach zurückweisen würde, wie es in vielen Kommentaren heißt (Boling 1975: „He ignores Manoah's question“; Schneider 2000: „He was almost rebuffed by the messenger“; Stipp 1995, S. 350: „Die Auskunft hat mit Manoachs Frage gar nichts zu tun“ u.ö.), lässt sich aber wirklich nicht sagen.
Witzigerweise und sicher nicht zufällig deutet schon Manoach selbst an, was eigentlich Antwort auf seine Frage in diesem Vers wäre: mišpat („das Gesetz“) leitet sich ab von šapat („richten, ordnen“), von dem auch šopet („Richter“) abgeleitet ist. Aber gerade und selbst dies lässt der Engel hier ganz unerwähnt. (Zurück zu v.12)