Genesis 30

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Lesefassung (Genesis 30)

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Studienfassung (Genesis 30)

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25 {Und es geschah,} Als Rahel den Josef gebar (geboren hatte), sagte Jakob zu Laban: „Lass mich gehen, damit ich an meinen Ort und in mein Land gehen kann! 26 Gib [mir] (Gib heraus)a meine Frau und meine Kinder, für die ich dir gedient habe, damit ich gehen kann! Denn du, du weißt [ja um] meinen Dienst, [mit] dem ich dir gedient habe!“ 27 Da sagte zu ihm Laban: „Wenn ich nur Gefallen in deinen Augen gefunden habe... –b ich hatte gewahrsagt (habe getestet, hatte Pech?, hatte Erfolg?);c dann hat JHWH mich um deinetwillen (mit deiner Ankunft?)d gesegnet!{} 28 {Und er sagte: „}e Bestimme deinen Lohn (auf mir=) den ich zu bezahlen habe, und ich werde ihn geben!“ 29 Er (sagte zu=) antwortete ihm: „Du, du weißt [ja] darum, wie ich dir gedient habe, und darum, was geschah mit deinem Vieh bei mir! 30 Denn wenig [war's], was dein war (vor mir=) vor meiner Ankunft; dann hat sich's ausgebreitet zu einer Menge! JHWH hat dich gesegnet mit (meinem Schritt=) meiner Ankunft (um meinetwillen?)!d (Und nun=) Also: Wann kann auch ichf etwas für meinen Haushalt tun?“ 31 Da (sagte=) fragte (er=) Laban: „Was soll ich dir geben?“
Da (sagte=) erwiderte Jakob: „Du musst mir gar nichts geben, wenn du für mich diese Sache tust: Ich werde (darf) wieder weiden dein Kleinvieh; [es] hüten. 32 Ich werde (am Tag=) heute durch all dein Kleinvieh ziehen, um auszusondern (...ziehen. Sondere aus...!)g jedes gesprenkelte und gefleckteh Tieri und jedes schwarze (braune, ?)j Tier unter den Lämmern und jedes Gefleckte und Gesprenkelte unter den Ziegen, und [es] sei mein Lohn (und [solches] sei mein Lohn; dann wird mir Lohn (werden=) zuwachsen).k 33 Dann wird für mich (mir) (antworten=) zeugen meine Gerechtigkeit am (an einem) kommenden Tag (=morgen?, =in Zukunft?), wenn (weil) du kommen wirst (sie kommen wird, ich kommen werde) über meinen (wegen meinem) Lohn vor (deinem Gesicht=) dir (dich).l Alles, was nicht gesprenkelt und gefleckt [ist] unter den Ziegen und schwarz (braun, ?) unter den Lämmern – [als] gestohlen [gelte] es bei mir!“ 34 Da sagte Laban: „Deal! (Siehe!)m Durchaus geschehe [es] (nach deinem Wort/deinen Worten=), wie du gesagt hast!“


35 Dann sonderte er (an diesem=) am selben Tag die gestreiften und gefleckten Ziegenböcke und alle gesprenkelten und gefleckten Zicken – alles, was weiß an sich [hatte]n und alles Schwarze (Braune, ?)j unter den Lämmern.o Und er gab's in die Hand seiner Söhne 36 und legte eine Weg[strecke] von drei Tagen zwischen sich (zwischen sie?)p und {zwischen} Jakob (Laban).q


{Und} Jakob weidete das übrige Kleinvieh Labans. 37 Dann nahm sich Jakob weißes Geäst: Storax (=Weiß-Baum; Pappel?) und Mandel und Platane (=Nackt-Baum).r Er spalte in sie weiße Spalte (entrindete von ihnen Rinde?),s [derart] das Weiße freilegend, das an den Ästen [war].

38 Dann setzte (legte, stellte) er die Äste, die er gespalten hatte, in (an) die Tröge ([Wasser-]Läufe?)t an den Tränkeplätzen des Wassers, zu denen (fürs Wasser-Trinken, wohin)u das Kleinvieh (üblicherweise) kam, um im Angesicht des Kleinviehs zu trinken (um zu trinken – [direkt] vor die Augen des Kleinviehs).
{Und} Sie waren brünstig,v wenn sie zum Trinken kamen, 39 (und=) ergo war das Kleinvieh brünstig (zu den Ästen=) auf die Äste hingewandt, und das Kleinvieh gebar [daher] Gestreiftes, Gesprenkeltes und Geflecktes.w 40 Die Lämmer wiederum separierte Jakob, und machte, [dass] in der Herde Labans die Gesichter des Kleinviehs (zu=) hingewandt auf das Gestreifte und alles Schwarze (Braune, ?)j war.x So stellte er sich eigene Herden auf und stellte sie nicht zum Kleinvieh Labans hinzu. 41 Und {so sollte es geschehen} die ganze Brunst (die ganze Zeit der Brunst)y des starken (gebundenen)z Kleinviehs setzte (stellte, legte)aa Jakob die Äste vor die Augen des Kleinviehs in (an) die Tröge, so dass es bei den Ästen brünstig wurde. 42 Wenn aber schwach war (bedeckt war, verschmachtete)z das Kleinvieh, setzte (stellte, legte) [er sie] nicht [hinein]. So wurden die schwachen (bedeckten, verschmachtenden)z Labans [Tiere] und die starken (gebundenen)z Jakobs [Tiere]. 43 (Der Mann breitete sich sehr, sehr aus=) So breitete sich sein Besitz sehr, sehr aus; (ihm wurden=) er gewann viel Kleinvieh und Mägde und Knechte und Kameleab und Esel.

Anmerkungen

Entweder ist für Jakob die Geburt seines jüngsten Sohnes von seiner Lieblingsfrau in V. 25 das Signal, dass es nun endlich Zeit ist, aufzubrechen, oder der Vers sagt, dass durch glückliche / göttliche Fügung die langersehnte Geburt von Rahels Kind mit dem Ende des vierzehnjährigen Dienstens Jakobs bei Laban zusammenfällt. So und so: Endlich scheint die Zeit zur Rückkehr gekommen zu sein. Zwei Dinge stehen dem aber noch entgegen: Rechtliche Schwierigkeiten und Jakobs Armut. Beide Schwierigkeiten werden im Folgenden behoben werden.

Vv. 26-43 schildern daher die letzten Jahre Jakobs bei Laban und genauer, wie Jakob bei Laban neben reicher Nachkommenschaft auch großen Reichtum erlangt. Der Abschnitt gliedert sich grob in eine Lohnverhandlung in Vv. 26-34, bei der auch besagte rechtliche Schwierigkeiten thematisiert werden, in einen ersten Vertragsbruch Labans in Vv. 35f. und in den Bericht über den Erfolg Jakobs als Viehzüchter in Vv. 35-43.

Vv. 26-31b sind kunstvoll gebaut (das Folgende in Anlehnung an Tröndle 2023, S. 169): Die Lohnverhandlung wird dominiert von einem doppelten Verweis auf Jakobs Dienst, der Laban reich gemacht hat (Vv. 26b.29) und einem Verweis auf Gottes Segen, der auf Jakob liegt (Vv. 27.30). Um diese Vv. 26b-27 und 29-30 herum und dazwischen findet die Verhandlung darüber statt, was Laban Jakob „geben“ soll:

  • V. 26a: „Gib mir meine Frauen und meine Kinder!“
  • Vv. 26b-27: Jakobs Dienst und Gottes Segen
  • V. 28: „Bestimme den Lohn, den ich zu zahlen habe, und ich werde ihn geben
  • Vv. 29-30: Jakobs Dienst und Gottes Segen
  • V. 31: „Was soll ich dir geben?“ – „Du musst mir gar nichts geben, wenn...“,

woran sich in Vv. 31b-34 die Absprache des Deals anschließt, den Jakob und Laban schließlich machen.
Auf den ersten Blick wirkt die Verhandlung damit recht einfach. Tatsächlich werden in ihrem Zuge aber mehrere komplexere rechtliche Streitfragen verhandelt:
Nach V. 26 stehen dem Fortgang von Jakobs Familie nicht nur seine Armut entgegen, sondern auch ein rechtliches Hindernis: Annehmen kann man anscheinend eine Situation, wie sie in Ex 21,2-6 beschrieben wird: Hat ein Dienstherr seinem „Diener“ binnen der sieben Jahre, die dieser bei ihm diente, eine Frau gegeben und hat diese Frau Kinder bekommen, sind de jure Frau und Kinder Eigentum des Dienstherrn und dieser kann sie nach gusto einfach einbehalten. Laban jedenfalls wird dies in Gen 31,43 voraussetzen, auch Jakob selbst rechnet in Gen 31,31 damit, und dies ist gewiss auch der Grund, warum Jakob hier erst die Herausgabe seiner Familie fordern muss. Jakob betont daher, dass er seine Frauen nicht einfach „erhalten“ hat, sondern dass er sie sich mit seinem Dienst verdient hat („du, du weißt ja um meinen Dienst“; vgl. Taschner 2000, S. 98f.). In der Version im Jubiläenbuch ist das noch stärker formuliert: „Gib mir meine Frauen und meine Kinder..., denn ich habe die Jahre vollendet, während denen ich bei dir gedient habe im Austausch für deine zwei Töchter!(Jub 28,25). Gleichzeitig betont er in der biblischen Version mit der dreifachen Rede von seinem „Dienen“ doch auch das Dienst-Verhältnis, in dem er stand. Wahrscheinlich tut er dies, um seinerseits auf rechtliche Regelungen wie die in Dtn 15,13f. anzuspielen (vgl. Gen 31,42 mit Dtn 15,13), wonach ein Dienstherr, bei dem ein Diener gedient hat, diesen nicht mit leeren Händen entlassen darf, sondern ihm sozusagen als Startkapital mit Tieren und Saatgut auszustatten hat (so gut Sarna 2001; Waltke/Fredricks 2001).
Laban wiederum scheint das aber bewusst zu überhören. Überaus höflich hebt er in V. 27 zu einer Antwort an, um Jakob in V. 28 vorgeblich gar einen Blankoscheck auszustellen – aber einen Blankoscheck über Jakobs Lohn: Dass er ihn mit Geschenken nach Hause schickt, steht außer Frage; will Jakob nicht mit leeren Händen zurückkehren, muss er sich seine Habe schon selbst als Lohnknecht verdienen.
Jakobs Worte in V 29 sind danach wohl nicht nur höfliche Floskeln bei einer Verhandlung, sondern durchaus entnervter Vorwurf (gut Cotter 2003): „Du, du weißt ja darum, wie ich dir gedient habe und darum, was mit deinem Vieh bei mir geschah!“, d.h.: Ich habe dich reich gemacht! Und nun sollte ich dennoch noch weiter für dich arbeiten? Nein: Wenn du schon so spielen willst, dann will ich dabei immerhin gleichzeitig etwas ausschließlich für meinen Haushalt tun können (V. 30; gut Goldingay 2020). Jakob fordert also, wie Miller 1993b, S. 33f. und Arnold 2009 richtig gesehen haben, nun immerhin in einem anderen Verhältnis zu Laban weiterarbeiten zu können: Nicht mehr als Diener, sondern als Partner, der endlich auch einmal Gewinn für seinen eigenen Haushalt erwirtschaften kann.
Darauf wird Laban sich gleich auch einlassen, und es sind diese Verhandlungserfolge, die durch die Progression „Gib meine Frauen und Kinder!“ – „Bestimme den Lohn, den ich zu zahlen habe, und ich werde ihn geben.“ – „Was soll ich dir geben?“ markiert wird: Jakob wird erstens seine Frauen und Kinder erhalten, er wird zweitens noch zusätzlichen Lohn erhalten, und er wird sich diesen drittens nicht als Lohnknecht, sondern als Labans Partner verdienen.

Was genau im folgenden Deal abgesprochen wird und was danach geschieht, ist leider nicht sehr gut verständlich. Klar ist, dass Jakob in V. 31c-33 „besonders gefärbte“ Tiere als seinen Lohn einfordert (nicht: „abnorm gefärbt“, s. gleich). Klar ist auch, dass Laban in V. 34 sofort auf diesen Deal eingeht, aber nach Vv. 35f. schon am selben Tag das erste Mal wortbrüchig wird, indem entgegen der Absprache er durch die Herden geht, Jakob um alle oder viele der gefärbten Tiere raubt, diese entführt und den Herden, die er und seine Söhne hüten, zuschlägt (gut Taschner 2000, S. 99f.). Stark Chizkuni: „Laban begann sofort mit seinen Vertragsbrüchen, indem er alle Tiere entfernte, die nach allgemeiner Annahme wahrscheinlich Junge [mit den entsprechenden Färbungen] zeugen oder gebären würden. Dieser Vertragsbruch zwang Jakob, einen anderen Weg zu finden...“ Dieser andere Weg, auch das ist klar, ist es nach Vv. 37-42, kreative, nach antiker Ansicht aber sinnvolle Zuchtmethoden anzuwenden. Mit diesen steigert er einerseits seinen Anteil in dieser Partnerschaft Tier um Tier, andererseits – zum Teil gewiss auch aus Rache für das in Vv. 35f. Erzählte (gut Galambush 2018) – mindert und schwächt er mit ihnen Labans Anteil immer weiter, bis Labans Söhne in Gen 31,1 ihm gar darob zürnen können, dass er „sich alles einverleibt, was unserem Vater gehörte, und sich von dem, was unserem Vater gehörte, Reichtum verschafft“.
Mit dieser Bewertung haben Labans Söhne wohl Recht. Auch Hosea wird später Jakobs Handeln in diesen letzten Versen harsch verurteilen: „Er ist ein Abzocker mit gezinkter Waage in der Hand; er liebt's zu übervorteilen!(Hos 12,8). Gut daher Turner 2000b, S. 135: „Jakobs Zuchtverhalten mag den Buchstaben ihres Vertrags entsprochen haben, seinem Geist aber gewiss nicht.“ Im Codex Hammurapi wäre sein Handeln sogar klar als Rechtsbruch zu gewertet worden: „Wenn ein Hirt, dem Rinder oder Kleinvieh zum WEiden gegeben sind, nachdem er zu seiner Zufriedenheit seinen Lohn erhalten hat, die Rinder verringert, das Kleinvieh verringert und den Nachwuchs weniger werden lässt, so soll er seinen vertraglichen Abmachungen entsprechend Nachwuchs und Ertrag abgeben.(§264, Üs.: TUAT I 73)
So wird hier am Ende also Unrecht mit Unrecht ausgeglichen.

Unklar ist aber zweierlei: Erstens klingt das Ende von V. 31 so, als sollten nur diejenigen besonders gefärbten Tiere Jakobs Lohn sein, die es zum Zeitpunkt der Absprache in Labans Herde gibt ([es] = das eben genannte Auszusondernde sei mein Lohn“). Das machte es umso verwerflicher, wie Laban in Vv. 35f. handelt. Dagegen steht aber die Logik der Erzählung von Gen 30,37-31,2, die klar voraussetzt, dass auch die ab Absprache geborenen besonders gefärbten Tiere Jakob gehören, und der Vers Gen 31,18, der explizit erklärt, dass es sich wirklich so verhält. Warum dann aber die Formulierung in V. 31?
Noch weiter verkompliziert wird die Sachlage dadurch, dass zum einen Gen 31,7f.41 auf einmal von noch weiteren Absprachen zwischen Jakob und Laban sprechen werden, und dass zum anderen Laban in Gen 31,43 erklären wird, die Herde, die Jakob bei sich hat, gehöre ihm. Wahrscheinlich sind diese Spannungen teilweise auch mit unterschiedlichen Autoren zu erklären (s. zum nächsten Kapitel). Wollen wir aber beide Kapitel als kohärente Erzählung lesen, müssen wir entweder davon ausgehen, dass „und mein Lohn sei's“ ohne Parallelen etwas wie „dieses und solches sei mein Lohn“ bedeutet und dass Laban in Gen 31,43 die Unwahrheit spricht, oder davon, dass Jakob ungeschickterweise unpräzise gesprochen hat und dass Laban dies erstens sogleich ausnutzt, indem er doch ganz gemäß dieser so formulierten Absprache die Tiere aus Jakobs Herde entfernt, mit denen Jakob eigentlich gerechnet hat, und danach zweitens wirklich nicht zu Unrecht behaupten kann, die Tiere, die Jakob bei sich habe, gehörten ihm (V. 34: „Es geschehe nach deinem Wort“ = „Genau so, wie du es gesagt hast, soll's geschehen!“). Ich (S.W.) präferiere diese zweite Deutung.

Gepunktete und gestreifte Ziegen, schwarzes Schaf. (c) 1: BM EA10016,1; 2: Ryder 1983; 3: Wikimedia

Es ist zweitens gar nicht klar, ob Jakob in Vv. 31b-33 eigentlich einen außergewöhnlich geringen Anteil fordert, weshalb Laban denn auch sofort einschlägt, oder einen außergewöhnlich großen. Am fraglichsten ist dies bei den Schafen: Jakob fordert entweder die „braunen“ oder die „schwarzen“ Schafe (s. zum Wort in V. 19). Beide waren im Alten Israel aber mitnichten selten: Schwarze Schafe waren zu Jakobs Zeit keine „Freaks of Nature“, die nur durch Zufall geboren wurden, sondern eine eigene Rasse: In babylonischen Texten unterschied man hauptsächlich zwischen sumerischen Schafen, Fettschwanzschafen, Bergschafen und eben „Schwarz-Schafen“. Diese Rassen wurden auch wirklich teilweise in unterschiedlichen Herden gehütet, weil auch an bestimmten Tempeln, bestimmten Göttern oder zu bestimmten Ritualen nur bestimmte Schafrassen geopfert wurden (der Göttin Inana z.B. wurden nur schwarze Schafe geopfert, s. YOS 4,237 und vgl. z.B. Sallaberger 2014, S. 104f.). Aus der Tatsache, dass es eine eigene Rasse „Schwarzschafe“ gab, leitet Sallaberger ab, dass demnach die anderen Rassen weiß gewesen sein mussten, so dass immerhin die Anzahl schwarzer Schafe durchschnittlich gering gewesen sein dürfte. Aber selbst das ist ein non sequitur und wahrscheinlich nachweislich falsch: Schafe im Alten Israel waren vermutlich überwiegend braune Schafe. Noch heute überwiegen im Orient braune und schwarze Schafe (Fish 1936, S. 318), Ramban merkt zu unserer Stelle an, dass das selbe im 13. Jhd. galt, und Breniquet 2014, S. 69 nimmt daher auch für die biblische Zeit an, dass Wolle in der Levante üblicherweise von brauner bis schwarzer Farbe war. Gootwine 2017 hat ab S. 16 viele antike mediterrane und orientalische Darstellungen von Schafen zusammengetragen – die meisten gefärbten Darstellungen sind wirklich braun; inklusive derer der Fettschwanzschafe, die biblische Opfertexte klar voraussetzen und die auch am häufigsten in der Levante abgebildet sind. Mindestens diese waren danach sehr wahrscheinlich nicht regulär weiß. Insgesamt daher: Wie viele schwarze/braune Schafe man im alten Israel und speziell in der Herde Labans annehmen darf, ist unklar; jedenfalls gilt aber, dass Jakobs Forderung von „schwarzen/braunen Schafen“ entgegen dem heutigen Sprachgebrauch nicht automatisch heißt, dass er damit außergewöhnliche und daher wenige Schafe fordert: Beide dürften im Alten Israel weit häufiger gewesen sein als im heutigen Europa.
Ob das selbe auch für Ziegen gilt, ist nicht ähnlich klar; jedenfalls war aber „gefleckt“ ebenfalls eine häufige Bezeichnung der Farben auch von Ziegen in babylonischen Texten (vgl. z.B. Steinkeller 1995, S. 55), wonach zumindest die häufige Aussage in Kommentaren, Ziegen seien in der antiken Levante üblicherweiße braun gewesen, ebenfalls falsch ist.
Es ist zweitens wichtig zu wissen, dass ähnliche Lohn-Arrangements wie das zwischen Jakob und Laban aus babylonischen und den Nuzi-Texten gut bekannt sind: Entweder galt dort die Absprache, dass Hirten 20% der neugeborenen Tiere als Lohn erhielten, oder die, dass pro 100 Muttertieren dem Herdenbesitzer 66 2/3 Junge gehörten und Hirten der Überschuss als Lohn zustand, jeweils abzüglich der Verluste, die aufs Konto des Hirten gingen (vgl. z.B. Finkelstein 1968, S. 33f.). Wie genau diese Arrangements dem zwischen Jakob und Laban entsprechen, zeigen Gen 31,38f., wonach Laban nicht nur die Tiere abgezogen hatte, deren Verlust auf Jakobs Konto gingen, sondern auch die, die von wilden Tieren gerissen worden waren und die, die Jakob selbst verzehrt hatte: In anderen altorientalischen Lohnabsprachen und Gesetzen gehen diese explizit nicht auf Kosten des Hirten (s. zum Vers). In diesem Zusammenhang hat neuerdings aber Kozuh 2015, bes. S. 182-185 gezeigt, dass beide Weisen der Lohnberechnung in Babylon gar nicht realistisch waren und de facto stattdessen dazu dienten, Hirten durch diese unrealistischen Berechnungs-Modelle immer tiefer in die Schuldenfalle zu treiben, so dass sie trotz Lohnabsprachen letztlich doch nur Sklaven waren, die über ihre Kost hinaus gar nichts von ihren Herdenbesitzern erhielten: Herdenbesitzer hatten durch solche Absprachen ein garantiertes Einkommen, Verluste dagegen hatten überwiegend die Hirten zu tragen und als Nebenfolge dieser Arrangements erhielten Herdenbesitzer neben dem garantierten Einkommen auch noch Schuldsklaven obendrein. Können wir auch in dieser Hinsicht ähnliche Arrangements auch als Norm für das Alte Israel annehmen, hätte hier im Gegensatz zu den üblichen Arrangements Jakob mit den gefärbten Tieren ein garantiertes Einkommen ausgehandelt und hätte nach der Absprache allein Laban für etwaige Verluste aufkommen müssen, die Jakob zuzuschreiben waren (wogegen er dann nach Gen 31,38f. ebenfalls verstoßen hätte). Nimmt man das alles zusammen, klingt die Absprache hier also sogar nach einem zunächst sehr guten Deal für Jakob, auf den Laban dann nur eingegangen wäre, weil er schon hier auf seinen ersten Vertragsbruch in Vv. 35f. gesonnen hätte. Am Verlauf der Geschichte ändert dies allerdings nicht viel; auch dann gilt, dass nach V. 35 Laban Jakobs Chancen auf reichen Ertrag empfindlich gemindert hat, weshalb dann eben Jakob zu einem „genetischen Trick“ greifen muss.

Bei aller Unklarheit: Sicher ist mindestens, dass durch Jakobs Raffinesseac sein Besitz weit über Erwarten anwächst, bis er laut V. 43 nach sechs Jahren als „sehr, sehr reicher Mann“ aus dem Deal herausgeht.

aTextkritik: MT nur: „Gib“. Darin wird MT gestützt von SamP, einigen LXX-Handschriften und TgO, alle anderen Textzeugen (Jub 28,25; LXX-Mss, VL, VUL, Syr, TgJ, TgN) haben ein zusätzliches mir. Im Heb. ist ein solches „mir“ nicht nötig, s. Gen 47,19; 1 Sam 9,23; 2 Sam 3,14; 2 Kön 10,15. LXX und Syr ergänzen auch dort teilweise „mir“ (LXX: 1 Sam 9,23; 2 Sam 3,14; Syr: Gen 47,19; 2 Sam 3,14), Tg und VUL aber an keiner dieser Stellen und LXX und Syr auch an den anderen nicht. Besonders das Plus in Tg + VUL darf man also nicht ohne Weiteres als stilistische Korrektur abtun, sondern dies scheint eine echte Variante zu sein. Am Sinn und am Tonfall scheint dies nichts zu ändern. Besser übersetzt man daher „gib mir“, was jedenfalls im Deutschen natürlicher klingt. (Zurück zu v.26)
bWenn ich Gefallen in deinen Augen gefunden habe... ist für gewöhnlich Einleitung einer Bitte an einen Höhergestellten. Von einem Höhergestellten an einen Tiefergestellten wie hier ist die Formel also ganz ausnehmend höflich. Eine Bitte allerdings – die kommt Laban dann nicht über die Lippen; stattdessen bricht er den Satz ab und hebt neu an. (Zurück zu v.27)
cich habe gewahrsagt (habe getestet, hatte Pech?, hatte Erfolg?) - schwieriges Wort. Für die LF am sinnvollsten wäre etwas wie „Ich hatte es schon früher vorhergesagt, und tatsächlich: Gott hat mich um deinetwillen gesegnet.“
Genauer: Heb. niḥašti, (1) prima vista klar „ich habe gewahrsagt“, genauer: „Omen haben's mir verraten: ...“. So deuten die aktuellsten Kommentator:innen (Goldingay 2020; Peterson 2022; Tröndle 2023, S 165); dies stützen auch LXX, VL, TgJ und TgN. Warum hier aber Laban überhaupt von seinem früheren „Wahrsagen“ sprechen sollte, ist so schwer verständlich, dass wenige glücklich mit dieser Deutung sind. Die beste Erklärung bei Krauss / Küchler 2004, S. 175: Der kurze Vers soll Rachels Diebstahl von Labans Wahrsage-Instrumenten im nächsten Kapitel vorbereiten, unser Vers also nur literarisch dazu dienen, zu zeigen, dass Laban wirklich wahrsagen kann.
(2) TgO, Syr, VUL und der Midrasch haben stattdessen etwas wie „ich habe getestet/herausgefunden“, obwohl es im Aramäischen und Syrischen ein fast gleichlautendes synonymes Verb wie heb. naḥaš gibt. (2a) Ball 1896 mutmaßt daher, dass ihnen statt nḥštj die Konsonanten (j)tj vorgelegen haben könnte, was sie dann als ns(j)tj („ich habe getestet“) verstanden hätten, da Sin und Samech vielerorts gleich klang und nasiti daher wohl auch naßiti geschrieben werden konnte. Graphisch wäre das leicht möglich; vgl. נחשתי mit נשתי. (2b) Alternativ könnte dies aber auch nur eine theologische Interpretation sein; gut z.B. Grossfeld 1994, S. 109: Dass Gott Laban gesegnet hat, obwohl dieser auf schlecht angesehene Omen vertraut, kann für spätere Autoren schlecht zusammengepasst haben, weshalb TgO, Syr, VUL und Midrasch zur „harmloseren“ Variante „ich hab's ausgetestet“ gegriffen hätten. Das textkritische Zeugnis ist also nicht sehr stark.
Das in dt. Üss. häufigste „Ich habe es erfahren / ich spüre / ich hab's erraten / ...“ erklärt sich hieraus, ist aber keine gute Übersetzung selbst von nasiti.
(3) Michaelis 1792, S. 1632 hatte das heb. naḥaš noch abgeleitet vom arab. naḥuša („Pech haben“). Daher Michaelis 1775: „Ich hatte vorhin allerley Unglücksfälle, aber Jehova hat mich um deintwillen geseegnet“. Das ist sehr erwägenswert und zu Unrecht in Vergessenheit geraten. V. 27b sagte dann das selbe wie V. 30: „Ich hatte Pech gehabt, dann hat Gott mich um deinetwillen gesegnet“ – „Du hattest wenig vor meiner Zeit, dann hat sich's zu einer Menge ausgebreitet!“ Eine Übersetzung wie diese erklärte auch am besten die Verbfolge Qatal – Wayyiqtol in unserem Vers (richtig Torczyner 1917, Sp. 10); GKC 111h FN 4 ist offensichtlich nur eine ad hoc-Erklärung. Dieser Ansatz ist daher mein (S.W.) Favorit, kann ob seines Alters aber schlecht für die LF gewählt werden.
(4) Recht verbreitet ist es im Gegensatz zu (3), nach Sperber 1913 das Verb abzuleiten vom akk. naḫāšu („gedeihen, Erfolg haben“; so z.B. Wenham 1994; Hamilton 1995; Sarna 2001). Daher PAT: „Ich bin reich geworden, und der Herr hat mich um deinetwillen gesegnet“ (ähnlich HfA). Wegen der Verbfolge ist dieser Ansatz dem von Michaelis klar unterlegen.
(5) Schließlich das „Ich stand unter günstigen Vorzeichen und...“ in 80, ZÜR und bei Recker 2000 ist nur ein Kompromiss aus (1) und (4). (Zurück zu v.27)
dtFN: um deinetwillen (mit deiner Ankunft?) (V. 27) + mit meiner Ankunft (um meinetwillen?) (V. 30) - In Vv. 27.30 stehen im Heb. zwei unterschiedliche Ausdrücke: „um deinetwillen“ und „(gleichzeitig) mit meinem Bein“. Letzterer, der sonst nur noch Hab 3,5 steht, ist wahrscheinlich eine Variante von „bei jmds Bein“ = „direkt hinter jmdm“ in Ex 11,8; Ri 8,5; 1 Sam 25,27 (so hier auch TgJ), also: Gottes Segen folgt Jakob „auf dem Fuße“. Alternativ erklärt es Ball 1896 allgemeiner als „nach mir“, da es sowohl hier als auch in Hab 3,5 mit lpnj („vor jmdm“ = „vor jmds Ankunft“) zusammensteht; noch beliebter ist die alternative Erklärung „mit deinem Bein“ = „auf Schritt und Tritt; wohin ich auch ging“ (z.B. Skinner 1910; Wenham 1994; Hamilton 1995).
Textkritik: LXX (teilweise auch VL) hatte in V. 27 offenbar den selben Ausdruck vorliegen wie in V. 30: „mit deiner Ankunft“. Umgekehrt übersetzen TgO, TgN und Syr in V. 30 mit dem selben Ausdruck wie in V. 27. Beides sind wahrscheinlich Angleichungen von V. 27 an den ähnlichen V. 30 und umgekehrt. (Zurück zu v.27 / zu v.30)
eUnd er sagte - Überflüssig, da Laban ja bereits in V. 27 spricht. Verbreitet sind diverse ad hoc-Erklärungen: Fokkelman 1975, S. 142f. liest heraus, dass Laban zwischen Vv. 27.28 „fieberhaft nachgedacht“ habe, was er nun sagen könnte. Zakovitch 1999, S. 128 denkt, solche überflüssigen Redeeinleitungen sollten „Nachgedanken“ markieren, während Wenham 1994 annimmt, extra eingeleitete Redeteile sollten besonders höflich klingen. Cotter 2003 schließlich erklärt rhetorisch: Der Erzähler habe Spannung aufbauen wollen. Aber solche überflüssigen Redeeinleitungen lassen sich gut einheitlich erklären: Offenbar ist es so, dass es im althebräischen Stil natürlich war, unterschiedliche Redeakte innerhalb derselben Rede doppelt einzuleiten, wie es deutlich auch gleich noch mal in Gen 31,51 (nach V. 48) geschieht (weitere Bspp. unten). Im Deutschen muss man sie dann aussparen (wie das hier auch LXX und VUL getan haben), da dergleichen dort nicht natürlich klingt.
Beispiele: In Gen 17,3-16 wird die Gottesrede drei Mal eingeleitet; jede Einleitung steht einem eigenen Redeakt voran: V. 3 der Verheißung Gottes, V. 9 seinen Forderungen, V. 15 einer weiteren Verheißung. Kurz zuvor folgte ähnlich in Gen 15,2-3.5 auf Abrams Frage in V. 2 sein Vorwurf in V. 3, woraufhin Gott in V. 5a ihn zu einem Blick in den Himmel auffordert und nach einer zweiten Redeeinleitung in V. 5b ein Versprechen gibt, wie auch Gottes Engel in Gen 16,9 einen Auftrag gibt, um dann in V. 10 mit einer weiteren Redeeinleitung ein Versprechen anzuschließen. In Gen 41,39-41 ernennt Pharao den Joseph in Vv. 39f. zu seinem Stellvertreter, um dann in V. 41 noch einmal feierlich zu erklären: „Du stehst jetzt über dem ganzen Land“. In Num 32,2-5 beginnen die Sprecher in Vv. 2-4 mit einer Beschreibung eines Landstrichs, um dann in V. 5 Mose das Land zum Geschenk zu machen. In Ri 8,23f. antwortet Gideon zunächst auf die Bitte seiner Gesprächsparter, um in V. 24 seinerseits eine Bitte auszusprechen. In Rut 2,20 werden Jubelruf und Erläuterung Naomis doppelt eingeleitet. In 1 Sam 16,10f. erklärt Samuel zunächst, keiner von Isais Söhnen sei zum König geeignet, um dann in V. 11 nach David zu fragen. In 1 Sam 17,34-37 berichtet David zunächst, wie er schon Löwen und Bären besiegt habe, um dann in V. 37 feierlich zu erklären, Gott werde ihn auch nun gewiss wieder beschützen. de Regt 1999, S. 59-69 und Runge 2007, S. 169 glauben ähnlich, solche doppelten Redeeinleitungen sollten den „Höhepunkt“ einer Rede eigens markieren, aber nicht viele der eigens eingeleiteten Rede-Teile lassen sich gut als Höhepunkte erkennen. (Zurück zu v.28)
fauch ich - nicht: „auch ich, während aktuell nur meine beiden Frauen für unseren Wohlstand arbeiten“ (Raschi, Radak). Ebenso wenig: „Wann kann ich auch für meinen Haushalt arbeiten, statt nur für deinen?“ (Ramban, Tur). Sondern: „Wann kann auch ich für meinen Haushalt arbeiten, anstatt dass wir beide nur in deine Tasche arbeiten?“ So z.B. Sforno: „Wann wird's mir möglich sein, Segen auf mein Haus zu bringen – auf die selbe Weise, wie du ihn durch meine Gegenwart auf deines brachtest!?“. (Zurück zu v.30)
gum auszusondern (sondere aus!) - Das zweite Verb könnte entweder Infinitiv sein und von Jakobs Handeln sprechen oder Imperativ und dann von Labans Handeln sprechen. Weil in V. 35 dann wirklich Laban das Aussondern übernimmt, haben schon LXX und VUL das Verb als Imperativ genommen; so z.B auch Seebass 1999; Ruppert 2005; Tröndle 2023, S. 165; auch B-R, ; R-S, SLT, ZÜR 31. Aber das liegt ganz fern; dass Laban aussondern sollte, passt ja denkbar schlecht dazu, dass Jakob durch das Kleinvieh ziehen will (richtig Taschner 2000, S. 99 FN 59). Besser erklärt man das Gegeneinander von V. 32 vs. V. 35 literarisch: Noch am selben Tag bricht Laban das erste Mal den gerade geschlossenen Vertrag und überlässt das Aussondern eben nicht Jakob, wie es abgesprochen war, sondern dünnt bereits zuvor Jakobs Lohn empfindlich aus. (Zurück zu v.32)
hgefleckt - Wortspiel; in heb. ṭalu` klingt ṭaleh („Lamm“) an, dessen Plural in Jes 40,11 und in nachbiblischen Texten sogar mit den gleichen Konsonanten wie ṭalu` gebildet wird: ṭala`im. Die Bed. ist klar: In Jos 9,5 wird das Wort von „geflicktem“ Schuhwerk verwendet; ähnlich ist ṭala` im Talmud, b.Ber 43b der „Flicken“. Die in englischen Üss. verbreitete Übersetzung „vielfarbig“ ist also falsch; ebenso falsch ist die Annahme z.B. von Steinmann 2019, Jakob verlange „alle vielfarbigen“ Ziegen und Laban gestehe ihm dann nur gefleckte und gestreifte zu („Jacob was supposed to receive all the variegated sheep [30:3], but Laban made it more specific: spotted sheep and then streaked sheep [v. 8].“). (Zurück zu v.32)
ijedes gesprenkelte und gefleckte Tier - Nicht: „Schaf / Lamm“, wie die meisten Üss. übersetzen: Nach Ex 12,5; Num 15,11; Dtn 14,4 heißt ßeh klar „Herdentier“ und ist Oberbegriff von Schafen und Ziegen. Wahrscheinlich haben wir danach hier ein Stilmittel vor uns: Dass Jakob haarklein auseinanderlegt, welche Tiere genau ihm zugesprochen werden sollen, wird dadurch unterstrichen, dass er drei „Tierklassen“ benennt, bei denen die zweite und dritte bereits in der ersten aufgehoben sind: „(ab) Jedes gesprenkelte und gefleckte Tier (a) und jedes schwarze Schaf-Tier (b) und jede gefleckte und gesprenkelte Ziege.“ Umso schwerer wiegt dann, was Jakob dem Laban in Gen 31,7f.41 vorwirft.
Textkritik: U.a. deshalb, weil man sich an „gefleckten Schafen“ stieß (dabei gibt es in der Tat gefleckte Schafe; eine verbreitete Rasse ist sogar nach unserer Geschichte „Jakobschaf“ getauft worden), vor allem aber, weil diese Phrase in LXX fehlt, haben z.B. Ball 1896 und BHK die Phrase noch für eine sekundäre Ergänzung gehalten und streichen wollen. Heute hält man umgekehrt i.d.R. die kürzere Variante in LXX für ein Homoiteleuton; w. steht im Heb. nämlich „jedes Tier, gesprenkelt und gefleckt und jedes Tier, schwarz, unter den Lämmern“, wo die hier durchgestrichene Passage leicht wegen der identischen und hier gefetteten Phrasen überlesen worden sein könnte. (Zurück zu v.32)
jschwarz - welchen Farbton ḥum genau bezeichnet, ist unsicher. Das ist ärgerlich, denn die Farbe ist hier nicht unwichtig; s. die Anmerkungen. (1) Brenner 1982, S. 123 übersetzt mit Syr und z.B. ibn Ezra und Radak „schwarz“ (Radak dabei mit gutem Hinweis auf den arabischen Sprachgebrauch), (2) VUL hat teils „schwarz“, teils „dunkel“ und entsprechend empfiehlt Gradwohl 1963, S. 50f. „braunschwarz“; (3) LXX hat „dunkel“; (4) im modernen Hebräisch heißt das Wort „braun“; (5) TgJ und TgN schließlich übersetzen „rot“, wo man aber hinzusagen muss, dass in der Antike „braun“ als Stufe im Farbspektrum von „rot“ gesehen wurde (vgl. Avioz 2019, S. 461. Auch für Plinius sind in NatHist viii 73 daher asiatische Schafe „rot“, Homer kennt in Od 9.426 ähnlich „dunkelviolette Schafe“ und vielleicht ist daher auch im akk. Text Tigl. III 15.3f. mit den „Schafen mit purpurrot gefärbter Wolle“ die natürliche Fellfarbe der Tiere gemeint), weshalb auch Raschi und Ramban erläutern: „braun, leicht rötlich“. Klar ist aber, dass mit ḥum-Schafen ein-farbige Schafe bezeichnet werden. „Schwarze Schafe“ kann richtig sein, wäre aber irreführend, weil schwarze Schafe heute Ausnahmeerscheinungen sind, früher aber nicht waren (s. die Anmerkungen). Besser übersetzt man in die LF daher „braune Schafe“. (Zurück zu v.32 / zu v.35 / zu v.40)
kZu [es] (solches) s. die Anmerkungen. In der LF übersetzt man vielleicht am besten: „... unter den Ziegen: Mein Lohn“, mit einer FN à la: „Worauf genau sich ‚mein Lohn‘ bezieht, ist im Hebräischen unklar. Wahrscheinlich bewusst; vermutlich ist dies nämlich einer der Knackpunkte der Erzählung: Laban macht sich diese Lücke in ihrer Lohnabsprache sogleich zunutze, indem er es nicht auf die Tiere bezieht, die aktuell in seiner Herde sind, und diese daher den Herden seiner Söhne zuführt. Nachdem Jakob dem in den Versen 37-43 ein Schnippchen schlägt, versucht Laban in Gen 31,43 gleich noch einmal, sich diese Lücke zunutze zu machen, indem er es auch nicht auf die von nun an geborenen Tiere bezieht, sondern auch diese zu seinen Tieren erklären will. Das macht Laban zum ersten Winkeladvokaten der Weltliteratur. Seine Winkelzüge macht noch härter, dass Jakob seinen Vorschlag damit stützt, dass dieser Deal sich am leichtesten ‚redlich‘ ausgestalten lassen kann, weil man so ja auf den ersten Blick sieht, welche Tiere wem gehören: Von eben dieser ‚Redlichkeit‘ hat Laban kein Quäntchen.“
Die Alternative dann wird mir Lohn zuwachsen hat alternativ Lux 2009, S. 73 vorgeschlagen: „Mein Lohn wird sich dann schon einstellen“. Sprachlich ist das möglich. Dann wäre die Logik von Gen 30-31 eine ganz andere: Jakob hätte auf einen Trick gesonnen, wie er seinen Schwiegervater zunächst mit einem ökonomisch unattraktiv scheinenden Vorschlag in Sicherheit wiegen könnte („nimm gerne alle besonders gefärbten Tiere von mir; irgendwie wird mir schon auch Lohn zukommen“), ihn dann aber mit dem im Folgenden beschriebenen Zuchttrick übers Ohr hauen könnte. Die klassische Deutung ist aber vorzuziehen, da sie die auffällige Unbestimmtheit des Wortes „sondere aus! / ... um auszusondern“ am Anfang des Verses und die Unklarheit noch in V. 33, wer nun eigentlich aussondert, runder erklärt. (Zurück zu v.32)
lSchwierigster Satz der Perikope. Gehen wir vom Wortlaut des MT aus, sind mindestens vier Deutungen gleichermaßen möglich; die LF sollte aber die dritte wählen:
(1)[Ich verspreche dir, ich werde die Aufteilung ehrlich vornehmen.] Am morgigen Tag, wenn du kommen wirst, um meinen Lohn zu besehen, werde ich mich als gerecht erweisen: Alles, was dann nicht schwarzes Schaf oder farbige Ziege ist, soll dann als gestohlen gelten.“ (so z.B. PAT: „Und das soll dann morgen der Beweis für meine Redlichkeit sein, wenn mein Lohn dir zu Gesicht kommt: Alle [anderen Tiere] sollen als von mir gestohlen gelten“; ähnlich , LUT, NeÜ).
(2)[Was auch immer bei diesem Deal für mich herauskommen wird, werde ich akzeptieren:] Meine Gerechtigkeit wird für mich zeugen am künftigen Tag [der Endabrechnung], an dem du besehen wirst, was bei mir als Ertrag zusammengekommen ist: Alles, was nicht schwarzes Schaf oder farbige Ziege ist, soll dann als gestohlen gelten[; mehr werde ich nicht fordern, so wenig es am Ende auch ist](so z.B. ZÜR: „Und meine Redlichkeit wird dann für mich sprechen, wenn du kommst, um meinen Lohn nachzuprüfen: Alle[ anderen Tiere] sollen als von mir gestohlen gelten“; ähnlich TUR).
(3)[Diese Aussonderung und diese Vereinbarung soll nämlich vor allem dazu dienen, meine Redlichkeit zu garantieren:] So wird dann meine Redlichkeit für mich zeugen, wenn du kommst, um meinen Lohn zu besehen[, weil man ja auf den ersten Blick erkennt, welche Tiere dein und welche mein sind].“ (so Michaelis: „Auf die Art werde ich künftig immer den Beweis meiner Ehrlichkeit haben: und was unter den [Tieren andersfarbig ist], das soll gestohlen heißen, wenn es sich in meiner Herde findet“; ähnlich GN, NL).
(4) Oder es wird vorausgesetzt, dass bei diesem Deal allein Gott dem Jakob Ertrag als Lohn für seine Gerechtigkeit verschaffen kann, indem er Schafe schwärzt und Ziegen färbt, obwohl schwarze und farbige Muttertiere bereits entfernt wurden. Dann: „Dann wird am Tag [der Endabrechnung], an dem du besehen wirst, was bei mir als Ertrag zusammengekommen ist, dieser Ertrag [allein] (Antwort=) Frucht meiner Gerechtigkeit sein. Dagegen alles, was nicht schwarzes Schaf oder farbige Ziege ist, soll dann als gestohlen gelten.“ (so wohl SLT: „So wird dann meine Gerechtigkeit für mich sprechen am künftigen Tag vor deinen Augen, wenn du wegen meines Lohnes kommst.“; ähnlich R-S).
Unter diesen Optionen wählt man am besten nicht (1), da einige Textvarianten bezeugt sind, nach denen nur vom künftigen Zahltag die Rede sein kann und nicht vom morgigen „Besichtigungs-Tag“ (s.u.). Für (4) muss man viele Zusatzannahmen treffen. (3) passt glatter zum vorangehenden Vers als (2). Schön an (3) und (4) ist außerdem, dass der trickreiche Jakob dann großsprecherisch auf seine „Redlichkeit“ abheben würde – um dann, nachdem Laban sich massiv unredlich verhalten hat, seinerseits gerade nicht seine Redlichkeit, sondern „antike genetische Tricks“ walten zu lassen. Das passte gut zu seinem Charakter im Jakobszyklus.
Genauer zu den einzelnen Schwierigkeiten:
(1a) 'Meine Gerechtigkeit wird für mich antworten nimmt man heute ziemlich einheitlich für „meine Gerechtigkeit wird für mich zeugen“ und dies dann wiederum als „ich werde mich als gerecht erweisen.“ (z.B. Gunkel 1964, S. 339: „Dann wirst du einmal deutlich sehen [was du sonst wohl bezweifelt hast], daß ich ein ehrlicher Mann bin.“) Das würde dann durch den letzten Satz des Verses noch gesteigert, fügte sich also gut in den Vers.
(1b) Genau so möglich ist aber: „Der Deal ist deshalb so schön, weil sein Ausgang allein von meiner Gerechtigkeit abhängt, bzw. davon, wie mich Gott für diese meine Gerechtigkeit entlohnt“ (so z.B. Hieronymus, Sforno, Nikolaus von Lyra, Tirinus): Am fraglichen Tag „wird mir meine Gerechtigkeit antworten“, d.h. „wird das Ergebnis allein von meiner Gerechtigkeit abhängen“.
(2) Raschi, ibn Ezra und Sforno nehmen klug noch das „vor deinem Gesicht = vor dir“ vom Ende des Satzes hinzu und entledigen sich damit auch dieser Schwierigkeit: „Meine Gerechtigkeit wird vor dir für mich zeugen / mir antworten“. Ähnlich Speiser 1964 : „Meine Gerechtigkeit vor dir“ = „Your own view of my honesty“; Seebass 1999: „meine Loyalität vor dir“. Aber nach der Wortstellung muss man gewiss annehmen, dass dies zu einem anderen Satzteil gehört: (2a) Entweder kommt jemand oder etwas „über/wegen meinem Lohn zu Laban“ oder (2b) es geht um Jakobs „Lohn vor Laban“, also um die Tiere, wenn Laban sie sich einmal besieht.
Geht man von (2a) aus, lässt sich der Satz unterschiedlich konstruieren; je nachdem, wer oder was „kommt“:
(3a) MT nämlich lässt sich nicht anders als nach (2b) auflösen: „Wenn du wegen/über meinen Lohn vor dir kommst“ > „wenn du kommst, damit mein Lohn vor dir sei“ > „wenn du kommst, um meinen Lohn zu besehen.“ Damit steht MT allerdings auch fast allein und wird nur gestützt durch Syr, TgJ, TgO und teilweise TgN. (Die Targumim und Syr zeigen dabei auch, dass „über jemandes Lohn kommen“ sehr wahrscheinlich kein Idiom mit einer Bed. wie „jemandes Lohnabrechnung überprüfen“ o.Ä. ist – so z.B. Hamilton 1995: „whenever you go over these wages of mine“ –, sondern dass „kommen“ absolut genommen werden muss: TgJ ersetzt „kommen“ durch „sein“, TgO hat die beiden Varianten „betreten“ und „gehen“, TgN und Syr nur „betreten“. Also: „Wenn du wegen meinem Lohn vorbeikommst).
(3b) LXX (+ VLS) löst nach (2a) auf, setzt die selben Konsonanten wie MT voraus, deutet aber als Fem.-Verb mit der „Gerechtigkeit“ als Subjekt: „weil sie (=meine Gerechtigkeit) mein Lohn vor dir sein wird“ (via „...[als] mein Lohn vor dich kommt“?). Das soll wahrscheinlich das selbe bedeuten wie die oben erwähnte Deutung von Hieronymus & Co: „Am fraglichen Tag wird meine Gerechtigkeit offen zutage treten, denn du kannst sie ja direkt am Resultat ablesen, das ich wider alle Wahrscheinlichkeit erarbeitet habe.“ Ebenso löst verständlicher Raschi auf, deutet aber anders: „Meine Gerechtigkeit wird vor dich kommen und für mich Zeugnis ablegen.“, nämlich insofern, als du beim Besehen meines Lohns keinen Betrug feststellen wirst. Diese Deutung Raschis war in der frühen Neuzeit recht beliebt.
(3c) SamP, VLO und VUL dagegen haben oder setzen nicht tabo` voraus, sondern jabo` („er = mein Lohn / der künftige Tag kommt“). SamP offenbar: „denn er (=der kommende Tag) naht dir wegen meinem Lohn (?)“. Ähnlich VUL: „wenn dir der Tag der Absprache naht“ (via „am künftigen Tag, wenn [dieser] dir wegen meinem Lohn naht“?). Runder VLO: „am künftigen Tag, wenn mein Lohn vor dich kommen wird“. Ball 1896 hält dies jabo` für ursprünglich, nimmt aber zusätzlich an, statt ´al („wegen, über“) habe ursprünglich kol („all“) gestanden: „wenn all mein Lohn vor dich kommt“. Das ist möglich, aber nur indirekt durch VL belegt, deren Übersetzung anders unmöglich wäre. Mit VL und VUL gemeint wäre schlicht: „Wenn der Zahltag naht, werde ich mich als gerecht erweisen“. SamP verstehe ich (S.W.) ohne Balls zusätzliche Emendierung nicht; mit ihr ließe sich übersetzen wie in VL.
(3d) Eine Variante im TgN setzt am glattesten statt tabo` („du kommst“) `abo` („ich komme“) voraus: „wenn ich wegen meinem Lohn vor dich komme“. Wieder wäre schlicht vom Zahltag die Rede. Leider ist dies so schwach bezeugt, dass man es gewiss als spätere Vereinfachung werten müssen wird.
(4a) Einige neuere Übersetzungen haben sich stark davon leiten lassen, dass b*jom im Heb. keinen Artikel hat, und übersetzen daher: „An irgendeinem Tag“: „Wann immer du meinen Lohn besehen wirst, werde ich mich darin als gerecht erweisen, dass keine weißen Schafe und einfarbigen Ziegen in meiner Herde sind“ (so z.B. Allioli, LUT 12, MEN, TEX, ZÜR 31; gute Parallele in 2 Sam 18,20). Aber das macht nicht viel Sinn; Jakob wird als Labans Hirte ja immer auch solche Tiere bei sich haben. Die Artikellosigkeit ist wahrscheinlich auch nicht bedeutsam; auch mit zeitlicher Näherbestimmung kann jom offenbar als Constructus und daher artikellos konstruiert werden. S. z.B. Num 7,78; 2 Chr 29,17; Neh 9,1, was gewiss nicht heißt: „ein zwölfter / sechszehnter / vierundzwanzigster Tag“. Alternativ muss man davon ausgehen, dass die Vrs., die mit „morgen“ übersetzen (TgJ, VL, ähnlich TgN, Syr), von einer Vokalisierung mit Artikel ausgingen. (Zurück zu v.33)
mPrima vista Siehe!. Im späteren Hebräisch heißt hen aber auch „Ja!“. Jesu Ausspruch „Euer Ja sei ein Ja!“ in Mt 5,37 z.B. ist in b.B.M. 49a ähnlich überliefert als „dein hen sei redlich und dein ‚Nein‘ sei redlich!“ (gut Rosenmüller 1821, S. 472; BrSynt §4). (Zurück zu v.34)
nTextkritik: alles, was weiß an sich hatte ist nach MT, SamP-MSs, TgJ.O.N, VUL abschließende Zusammenfassung der vorangehenden Aufzählung. LXX, Syr, TgC und einige SamP-MSs dagegen hatten offenbar einen Text mit zusätzlichem „und“ vorliegen, wonach „alles, was weiß an sich hatte“ ein drittes Glied in dieser Aufzählung wäre: „die gestreiften und gefleckten Ziegenböcke und alle gesprenkelten und gefleckten Zicken und alles was weiß an sich hatte und alles Schwarze unter den Lämmern.“ In VL schließlich fehlt merkwürdigerweise das ganze Glied – eine Vereinfachung, weil dies schon mit den beiden vorangehenden Gliedern gesagt wurde, oder ein (zu) schwaches Zeugnis für einen kürzeren Wortlaut? Am Sinn änderte es jedenfalls jeweils nicht viel. (Zurück zu v.35)
oWelche Tiere genau Laban aussondert, sollte man wahrscheinlich nicht zu genau nehmen (wie z.B. die alten jüdischen Ausleger es taten), à la: „Dann bleiben ja immer noch gesprenkelte Böcke, gestreifte Zicken und schwarze Mutterschafe übrig!“ Die genaue Auflistung soll wahrscheinlich vielmehr unterstreichen, wie weitreichend Laban aussondert: „gefleckt“ wird gleich doppelt genannt, mit „Böcken, Zicken und Lämmern“ wird über dieses „Vater, Mutter, Kind“-Schema jedes Alter und Geschlecht genannt; die Ziegen werden unnötig noch einmal durch „alles, was nur irgendetwas Weißes an sich hatte“ zusammengefasst und direkt aufeinander folgt „weiß“ und „schwarz“ als Quasi-Merismus.
Mit diesem Vers setzen außerdem zwei Wortspiele ein: (1) „Laban“ heißt „der Weiße“; es ist daher vielsagend, dass Laban „alles, was weiß an sich hatte“ zu sich nimmt, obwohl dieser Ausdruck vorher noch nicht fiel. (2) „Jakob“ könnte auch „der Gestreifte“ heißen (s. zu Gen 25,26). Dass Laban auch die „gestreiften“ Tiere entfernt, obwohl wieder auch von diesen Tieren zuvor gar nicht die Rede war, ist ebenso vielsagend: Laban entfernt nicht nur alles, was sein ist, sondern sogar explizit auch noch die „Jakobs-Tiere“ aus Jakobs Herde. Jakob wird sich gleich dafür rächen, indem er Äste „labant“ („so einschneidet, dass weißes Holz sichtbar wird“) und so nicht nur „Jakobs-Tiere“ züchtet, sondern auch Tiere „mit laban“, die ihm gehören werden: Jakob wird den Enteigner enteignen (ähnlich gut Park 2010).
Textkritik: ´aqudim („gestreift“) ist allerdings textkritisch nicht ganz sicher: LXX, VL, Syr und TgN übersetzen, als stünde wie im folgenden Glied nequdim („gesprenkelt“). MT wird aber v.a. gestützt durch Sym und TgO, die dem neuen Wort die seltsame Bed. „weißfüßig“ geben (so auch einige jüd. Ausleger). Danach ist die Variante von LXX & Co. sehr wahrscheinlich als versehentliche Assimilation zu werten. (Zurück zu v.35)
pTextkritik: Die Alternative bezeugen LXX und SamP. Das ist runder als der Wortlaut von MT, da Laban laut dem vorangehenden Vers ja gar keine Tiere bei sich hat und daher keinen Abstand zu Jakob einhalten muss. Damit ist gleichzeitig wahrscheinlich, dass die Textvariante in LXX spätere Vereinfachung ist.
Eine weitere Variante bezeugt Syr: „Er (=Jakob) legte eine Wegstrecke von drei Tagen zwischen sich und Laban“; klar ebenfalls eine nachträgliche Textänderung vermutlich aus dem Grund, dass der Rest des Verses von Jakob spricht und man wirklich annehmen darf, dass Laban zum „Einlegen“ dieser Distanz nicht selbst fortgezogen ist, sondern Jakob fortgeschickt hat. (Zurück zu v.36)
qTextkritik: Jakob (Laban) - Die Variante steht nur in Syr. Man muss sie ernst nehmen: Dass in Vv. 35f. Laban und nicht Jakob handelt, muss erst aus diesem Wort erschlossen werden; die beiden Verse überraschen auch, nachdem Jakob in V. 32 gesagt hat, er werde durch die Herde gehen (s. die Anmerkungen). Auch literarisch erklärte die Syr-Variante einige Auffälligkeiten des Textes besser; allem voran diese: In Gen 31,20 „stiehlt Jakob das leb von Laban“ (sein „Herz“), hier nimmt jemand aus Labans Herde „alles, was laban an sich hat“ („weiß“ an sich hat) – beide Wortspiele passten noch besser zusammen, wenn auch hier Jakob dass Labane an sich nimmt, wie er auch im Folgenden Labanes für seine Herde produzieren wird (s.o.). Wäre die Variante etwas stärker bezeugt als nur durch Syr, würde man sie zweifellos für ursprünglich und den Text von MT für eine ideologische Korrektur halten, mit der Jakob vom Vorwurf freigemacht werden soll, er habe sich widerrechtlich auch die gestreiften Böcke und überhaupt „alles, was weiß an sich hatte“ angeeignet. Da die Variante aber eben nur durch Syr gestützt wird, halten alle Ausleger diese Variante für sekundär. (Zurück zu v.36)
r
Drei Baumarten in Gen 30,37. (c) 1: identify.plantnet.org, 2: Youtube: Arresha, 3: Wikimedia
Die drei Baumarten entsprechen in ihrer Zahl den drei Mustern der Ziegen: gestreift, gefleckt und gesprenkelt. Warum gerade diese drei Bäume gewählt wurden, lässt sich auch einigermaßen erklären: Die Identität ist zwar nur beim Mandelbaum unumstritten (luz; so heißt die Mandel auch im Arabischen). Aber auch beim letzten Baumnamen ´armon (w. „Nackt-Baum“, nur noch in Ez 31,8; Sir 24,14) sind sich die meisten Pflanzenkundler einig, und warum sie so einheitlich mit LXX auf die Platane deuten (so z.B. Löw 1924, S. 65; Moldenke / Moldenke 1952, S. 180; Musselman 2012, S. 116), erklärt sich auch leicht: Wie auf dem Bild ganz rechts zu sehen ist, schält sich die Platane von selbst (daher „Nackt-Baum“), ist damit natürlich gescheckt und deshalb vielleicht auch besonders gut geeignet, um auf die beschriebene Weise gescheckte Tiere zu produzieren. Bei libneh (w. „Weiß-Baum“, sonst nur noch in Hos 4,13) allerdings schwanken Pflanzenkundler zwischen „Pappel“ (so z.B. Löw 1924, S. 338f.; Moldenke / Moldenke 1952, S. 225; so LXX in Hos 4,13) und „Storaxbaum“ (so z.B. Rosenmüller 1830, S. 261; Zohary 1986, S. 118; so LXX hier). Stark für den Storaxbaum spricht aber, dass er auch im Arabischen u.a. livnah / luvnah heißt. Wie man auf dem Bild links sieht, gilt für ihn ähnliches wie für die Platane, wenn auch weniger stark ausgeprägt. Der Mandelbaum fällt dann aus dem Muster. Ist wirklich die Färbung Grund für die Wahl gerade dieser drei Bäume, wie dies Storaxbaum und Platane nahelegen, muss man bei den Mandel-„Ästen“ vielleicht an sehr dicke Äste denken: Charakteristisch für den Mandelbaum ist eine auffällige Färbung im Querschnitt des Holzes. (Zurück zu v.37)
stFN: er spaltete Spalte - Heb. paṣal, nur hier belegt. Im Aramäischen heißt das genaue Kognat „spalten“, im Syrischen „spalten, öffnen“, im Mittelhebräischen ebenfalls „spalten“. (Fast?) alle geben dem Wort dennoch die Bed. „schälen“, weil scheinbar alle alten Vrs. so übersetzen. Bei LXX und VUL ist das wirklich so; dort liegt dies aber daran, dass sie den Vorgang noch genauer ausfabulieren: Für beide hätte Jakob die Äste derart partiell geschält, dass die verbliebene Rinde Muster bildete, die den erwünschten Fellmustern der Tiere entspräche. Diese Tradition ist auch bei den jüd. Auslegern reich belegt. Syr und die Targumim dagegen sind weniger klar; alle übersetzen mit qalap, was man in Wörterbüchern ebenfalls als „abschälen“ listet. Dass das Wort diese Bedeutung auch haben kann, ist sicher, z.B. in b.Nid 17a. Gleichzeitig steht die selbe Wortform aber z.B. in Ps 78,47, wo das hebräische „er erschlug ihre Weinstöcke mit Hagel“ angeblich durch „er schälte ihre Weinstöcke mit Hagel“ übersetzt worden sein soll, oder in 2 Kön 18,16, wo das hebräische „er zerbrach den Torflügel“ angeblich mit „er schälte die Tore ab“ übersetzt worden sein soll (s. Levy, ChW 366). Beide Belegstellen machen sehr wahrscheinlich, dass auch dieses Wort im D-Stamm auch „zerschlagen, abschlagen“ bedeuten kann. Die Vrs. sind also kein so sicherer Wegweiser, wie es zunächst scheint.
In Wörterbüchern rechtfertigt man die Bed. „schälen“ etymologisch mit Verweis auf arabisches BṢL II („Rinde abschälen“). Neuerdings verweist man außerdem gelegentlich auf ein ugaritisches pzl, bei dem man erstens erst noch zusätzlich annehmen muss, dass es nur Nebenform eines unbelegten pṣl sei, und zweitens, dass „dem Menschen wird seine Schwäche abgeschält“ ein sinnvoller Ausdruck sei, weil sein Ausspruch z.B. begleitet wäre vom Ritual, eine Zwiebel zu schälen (Bordreuil / Caquot 1980, S. 349; Saracino 1982, S. 341; Hamilton 1995). Das ist schwerlich eine ausreichend sichere Basis, um auf ihr die Deutung des heb. Wortes abstützen zu dürfen; angesichts der Existenz von arab. BṢL ist es außerdem eine ganz unnötige Annahme.
Wägen wir dann zwischen „spalten“ und „Rinde abschälen“ ab, liegt auch unabhängig von diesem Ugaritistik-Vorschlag „spalten“ näher: Erstens läge statt der Präp. b- die Präp. m- näher, wenn gesagt werden sollte, dass „von den Ästen“ Rinde „abgerindet“ worden sei. Und zweitens ist in der Etymologie das Aramäische und Mittelhebräische doch indikativer für das Bibelhebräische als das Arabische (oder Ugaritische). Dass dies die bessere Option ist, ist also insgesamt fast sicher. (Zurück zu v.37)
ttFN: Nicht: Wasserläufe, was verwandt mit aram. rahaṭ („laufen“) wäre, sondern nach Ex 2,16 klar „Sammelbehälter“, verwandt mit arab. rahaṭa („gesammelt werden“, vgl. Nöldeke 1897, S. 187). (Zurück zu v.38)
uTextkritik - Die Alternative nur in SamP, VL und VUL, wohl um das leicht redundante „in die Tröge an den Tränkeplätzen des Wassers“ zu glätten (richtig BHQ, Tröndle 2023, S. 167). (Zurück zu v.38)
vtFN: brünstig werden ist im Heb. auffällig gebaut: mit maskulinem Prä- und femininem Suffix. Die Masoreten haben diese Stelle und 1 Sam 6,12; Dan 8,22 daher damit kommentiert, dass hier jeweils ein „androgyne Wortform“ stünde. Zur Form vgl. aber Mey II §63.4b: Obwohl es in unserem Kontext so scheinen könnte, ist sie insgesamt nicht bedeutsam. Zur Bed. d. Wortes und gegen das theoretisch ebenfalls passende „einander begatten“ vgl. Hieronymus, Hebraicae Quaestiones. „Werfen“, „gebären“, wie noch häufiger übersetzt wird, passt nicht mal vom Kontext her. (Zurück zu v.38)
w(1) Einer der frühesten klaren Beleg der „Kallipädie“-Vorstellung, also des Glaubens daran, das Aussehen eines Nachkommen werde bestimmt von dem, was seine Mutter im Moment der Empfängnis und/oder kurz danach vor Augen / im Kopf hat. Entweder funktioniert Jakobs Technik so, dass die Äste ins Wasser gelegt werden, so dass sich im Wasser das Spiegelbild der dunklen Ziegen und die gescheckten und gestreiften Äste zu gescheckten und gestreiften Ziegen überlagern. Oder – wahrscheinlicher wegen der Formulierung „angesichts der Herde“ – sie funktioniert so, dass die Äste derart an die Wasserläufe gestellt werden, dass sie als Sichtschutz den Blick der sonst „angesichts der Herde trinkenden“ Tiere auf diese Herde versperren, so dass ihnen in ihrer Erregung statt dunklem Vieh geschecktes Geäst vor Augen ist (so LXX, VUL: „angesichts der Äste“). Oder man verbindet beides wie Syr: „in die Tröge, zu denen das Kleinvieh üblicherweise kam, um einander gegenüber zu trinken“. Ähnlich Westermann 1981; Boecker 1992 und Krauss / Küchler 2004, die „angesichts des Kleinviehs“ nicht vom „Trinken“ abhängen lassen, sondern vom „in-die-Tröge-Legen“ (s. die Alternativübersetzung). Am ehesten hat wirklich Syr das „angesichts der Herde“ richtig verstanden. So und so wäre es dann jeweils die Tatsache, dass sie ein geschecktes Bild vor Augen haben, die dazü führte, dass die Ziegen farbige Nachkommen zeugen und empfangen.
Parallelen: Noegel 1997, S. 9 wendet ein, diese Vorstellung sei das erste Mal im 5. Jhd. n. Chr. belegt, aber das ist nicht wahr. Aristoteles schreibt schon im 4. Jhd. v. Chr., tierische Nachkommen ähnelten ihren Eltern mehr als menschliche Nachkommen, da Menschen „im Moment der Zeugung Unterschiedlicheres durch den Kopf geht als Tieren“ (Problemata 10.10), und Aetius zitiert Empedokles (5. Jhd. v. Chr.), der das selbe Phänomen damit erklärt, „[dass] Embryos durch die Einbildungskraft der Frau zur Zeit ihrer Empfängnis geformt werden. Denn häufig verlieben sich Frauen in Statuen von Männern und in Bilder und bringen dann Nachwuchs hervor, das diesen ähnelt(Doxographi Graeci 5.12.2; Üs. nach Doninger / Spinner 1998, S. 100). Ihren ausführlichsten antiken Ausdruck findet diese Vorstellung in der Gynäkologie des Soranus von Ephesus, der im 4. Jhd. n. Chr. schreibt: „Wunderbarerweise hat auch der Zustand der Seele Einfluss auf die Gestaltung des Empfangenen. So wurden solche, die im Augenblicke des Coitus Affen sahen, mit affenähnlichen Wesen schwanger. Ein missgestalteter Herrscher von Kypros zwang seine Gattin während des Coitus auf sehr schöne Statuen zu blicken und erzeugte so schön gestaltete Kinder. Die Pferdezüchter stellen beim Bespringen vor die Stuten edle Tiere [!].(§39, Üs. Lüneburg). Stol 2000, S. 156 glaubt, diese Vorstellung lasse sich sogar schon in babylonischen Texten nachweisen, und zitiert u.a. den folgenden Text, bei dem dies wirklich wahrscheinlich ist: „Die Frau eines Mannes wurde von einem anderen schwanger und wird fortwährend zu Ischtar beten und dabei die ganze Zeit auf ihren Mann blicken: ‚Ich werde das, was in meinem Leib ist, aussehen lassen wie meinen Ehemann!‘(BRM 4 12:36f.). Sehr viele weitere Belegstellen findet man bei Preuß 1892.
Alternative?: (2) Einigen neueren Auslegern ist es offenbar unangenehm, dass sich solcher Aberglaube auch in der Bibel finden soll, und erklären die Szene daher stattdessen mit moderner Biologie: Die Schwärze schwarzer Schafe und die Färbung farbiger Ziegen seien rezessive Erbanlagen, die auch in äußerlich weißen Schafen und schwarzen Ziegen angelegt sein können. So sei „wirklich“ zu erklären, wie die gefärbten Tiere geboren wurden, und Jakobs „Ast-Aktion“ sei nur ein Täuschungsmanöver gewesen, mit dem Jakob vor Laban verbergen wollte, dass er tatsächlich raffinierte Zuchtmethoden anwandte (z.B. Etkin 1965; Feliks 1997; Alter 1996, S. 165). Was damit gewonnen sein soll, verstehe ich (S.W.) nicht: auch dann würde die Erzählung ja die Kallipädie-Vorstellung voraussetzen. (Zurück zu v.39)
xDer Trick mit den Ziegen wird variiert mit den Lämmern wiederholt: In Ermangelung schwarzer Schafe sorgt Jakob dafür, dass die weißen Schafe in der Herde Labans in ihrer Brunst Gestreiftes und Schwarzes – nämlich Jakobs Ziegen und Labans Ziegen – vor Augen haben, so dass auch Labans Schafe gestreifte und schwarze Junge für Jakob gebären.
„in der Herde Labans“ nehme ich mit Rosenmüller 1821 und Baumgarten 1843 als Ortsangabe des Verbs („er tat das in der Herde Labans“), nicht als Spezifikation von „das Gestreifte und alles Schwarze (in der Herde Labans)“, da „das Gestreifte“ ja Jakob gehört.
Möglich vielleicht auch: „Er machte, dass (die Gesichter=) die Besten des Kleinviehs auf das Gestreifte und alles Schwarze hingewandt war“ (so nach Ehrlich 1908, S. 151f.). Aber dieser Sprachgebrauch „Gesicht“ = „Bestes“ ist sonst unbelegt.
Möglich vielleicht außerdem: „Er machte, dass an den (Gesichtern=) besten Positionen der Herde das Gestreifte und alles Schwarze war“ (so Fokkelman 1975 nach TgJ; TgO; Syr). Dito, und wie dies mit der Präp. `el zusammenstimmen soll, verstehe ich (S.W.) nicht. (Zurück zu v.40)
yTextkritik: LXX, TgJ, TgO und Syr-MSS wie in der Alternative, indem sie nach „ganz“ ein zusätzliches `et („Zeit“) voraussetzen wie ähnlich in in Gen 31,10. Wohl nicht auch VUL (so BHQ, Wevers 1993, S. 494): In „als zur ersten Zeit die Schafe bestiegen wurden“ ist dies „zur ersten Zeit“ mindestens mit-beeinflusst von der Rede vom Brünstig-werden der „gebundenen=starken Schafe“; s. nächste FN. Die längere Textvariante mit ´et jedenfalls halten z.B. Ball 1896, BHK, BHS und z.B. Seebass 1999 und Ruppert 2005 für ursprünglich, aber weit wahrscheinlicher wurde hier der ungewöhnliche Ausdruck an den gebräuchlicheren in Gen 31,10 angeglichen. (Zurück zu v.41)
z(gebunden=) stark (V. 41) vs. schwach sein (bedeckt sein, verschmachten) (V. 42) - W. gebunden vs. bedeckt / verschmachtend. Heute wird das erste Wort fast einheitlich nach dem Arabischen erklärt und so als „stark“ gedeutet und sodann das zweite in der Bed. umgebogen von „verschmachtend“ zu „schwächlich“. Dem sollte sich die LF anschließen. Sehr gut zu rechtfertigen ist aber v.a. die Deutung des zweiten Wortes nicht (richtig Rav Hirsch: Es „bezeichnet immer zeitlich eingetretene Schwächezustände, nicht aber eine konstitutionelle Schwäche“). Ich (S.W.) möchte daher als Alternative vorschlagen: „Die im Frühling brünstigen Schafe“, die zu dieser Zeit zum Scheren „angebunden“ und daher als „die Gebundenen“ bezeichnet wurden, vs. „die Schafe zur Zeit der Herbst-Brunst“, die zu dieser Zeit „die Bedeckten“ genannt wurden, weil ihnen ab da das Winterfell zu wachsen begann (letzteres schon im Machberet Menachem und bei Raschi). Der Wurf der Ersteren wäre besser als der Wurf der Letzteren, weil Herbstlämmer besseres Futter fanden als Frühlingslämmer. Vgl. Plinius, Naturalis historia viii 72: „[Bei Schafen] geht die Zeit der Paarung vom [13. Mai] bis zum [23. Juli]. Die Tragezeit beträgt 150 Tage. Lämmer, die vor dieser Zeit gezeugt werden, sind schwächlich. Die Alten nannten die, die danach [= nach dem 23. Juli] geboren wurden [also im wünschenswerten Zeitraum gezeugt wurden], cordi [=Gebundene]. Viele ziehen wintergeborene Lämmer den frühlingsgeborenen vor ... Es gibt zwei Hauptarten von Schafen: tectum [=(von Wolle) bedeckt] und colonicum [=„Zuchtschaf“? W. „Ackerbau-Schaf“]. Ersteres ist weicher, letzteres delikater, weil es [wegen der Schur selbst von Disteln gequält wird].(letzte Klammer Konjektur nach Rackham 1940, S. 132. Zu den schwächeren Spätgeborenen vgl. auch Columella, De re rustica vii 3; Varro, De re rustica ii 2.13f.; bei allen dreien auch die genannte Begründung mit dem Futter). So deuteten mit anderen Erklärungen der Wörter auch fast alle Alten, s.u. Ähnlich noch LUT 12: „Wenn aber der Lauf der Frühling-Herde war, legte er die Stäbe [hinein...], aber in der Spätlinge Lauf legte er sie nicht hinein.“. Ähnlich auch Wellhausen 1899, S. 40, der aber jaḥam falsch mit „werfen“ statt „brünstig sein“ übersetzt: „Immer, wenn die Schafe, die Frühlingslämmer warfen, besprungen wurden ..., wenn sie aber Spätlinge warfen... Und so bekam Laban alle Herbstlämmer und Jakob alle Frühlingslämmer“.
Genauer: Vv. 41.42 kontrastieren zwei Tier-„Klassen“, nämlich maquššarot in V. 41 und ´aṭupim in V. 42. Beide Klassen stehen im Gegensatz zueinander, was dadurch noch unterstrichen wird, dass die erste in V. 41 mit einem femininen Wort bezeichnet wird, die zweite in V. 42 mit einem maskulinen. ´aṭap heißt w. „sich bedecken, kleiden, verstecken“ (Ijob 23,9; Ps 65,14; 73,6; Sir 11,4) und danach häufiger übertragen „verschmachten, traurig sein“ (ähnlich im Arab.: ġašiya „bedecken“ – ġušiya „ohnmächtig werden“), sonst aber nie: „schwächlich sein“. Und qašar heißt häufig „binden, verbinden, verbünden“; bei Tieren auch „anbinden“ (Ijob 39,10; 40,29). Beide Worte treffen sich übrigens darin, dass sie von Schmuck oder prächtiger Kleidung gesagt werden können, mit denen man sich „bedeckt“ (Ps 73,6) oder die man sich „umbindet“ (Jes 49,18), aber das scheint hier nicht bedeutsam zu sein. Es klingt also so, als würden hier die „(an)gebundenen“ Tiere in V. 41 mit den „bedeckten“ oder „verschmachtenden“ Tieren in V. 42 konstrastiert werden.
Die Alten erklären fast sämtlich grob als „die frühen“ vs. „die späten“ Tiere (Sym exakt so: „die Frühen“ vs. „die Späten“), nämlich entweder genauer (1) als „einander früh vs. spät begattend“ (VUL, wahrscheinlich Raschbam, ähnlich Raschi: „die Schafe, die sich miteinander verbündeten, um früh gebären zu können“) oder (2) „früh vs. spät geboren“ (Syr, alle Targumim, Radak, ibn Ezra). Vgl. auch im Midrasch: „Rabbi Jochanan (2./3. Jhd.) sagte: ‚Die frühgeworfenen Schafe gehörten dem Laban.‘ Resch Lakisch (3. Jhd.) dagegen sagte: ‚Die spätgeworfenen Schafe gehörten dem Laban.‘“ Die Logik hinter (2) war bei manchen wahrscheinlich auch die Annahme, dass man regulär Erstgeburten markierte, indem man ihnen eine Schnur umband (s. Gen 38,28); so erklärt nämlich explizit der anonyme Kommentator in Daat Zekenim („Auslegung der Alten“, 12./13. Jhd.) und Aq kontrastiert „die Gebundenen“ mit „den Spätgeborenen“. Danach hätte sich die Deutung der ´aṭupim als „Spätgeborene“ von selbst ergeben; jedenfalls gibt es für dieses Wort bei den Alten keine ähnliche Erklärung wie beim ersten Wort, warum es die „späten“ Schafe bezeichnen soll. Hieronymus allerdings erläutert, dass „der Frühlingswurf der Bessere“ war, wonach sich „Frühgeboren“ vs. „Spätgeboren“ auf die beiden Wurf-Zeiten von Schafen im Jahreslauf bezöge (Schafe tragen durchschnittlich fünf Monate und können daher zweimal pro Jahr werfen). Danach müssen wir bei den Alten eigentlich anders differenzieren: (1') Erstgeburt vs. Nachgeburten, (2') Frühlingsschafe vs. Herbstschafe, wobei sich hier bei den Alten dann ebenfalls nicht herauslesen lässt, wie sie zu dieser Deutung kamen. Daneben als Sondermeinungen: (3) LXX: „schwanger“ vs. „gebärend“, was schwerlich Sinn macht (so schon Hieronymus). (4) Ramban: „gebunden“ = „einander verbunden“: Tiere, die feste Partner hatten. (5) Midrasch Lekach Tob: „verbündet“ = „diejenigen, die stark genug waren, sich zusammenzurotten“ vs. verschmachtend und daher schwach.
Die meisten Autoren der frühen Neuzeit deuten als „Frühlings- und Herbstschafe“, erklären dann aber die ersteren als „anzubindende = starke Schafe“ (z.B. Franziskus Vatablus, Jakob Bonfrère, Jean de La Haye). Schultens 1769, S. 100-103 und Michaelis 1792b, S. 708f. haben dies schließlich vereinfacht durch Verweis auf das Arabische, wo manche Worte mit der Grundbedeutung „binden“ auch „stark sein“ bedeuten, und seither steht in Kommentaren regelmäßig ohne weitere Erläuterung „die Starken“ vs. „die Schwachen“ (übrigens gibt es auch im Deutschen ähnliche Wort-Parallelen: „sehnig“ = „kräftig“; ähnlich sprechen wir von „Muskel-Strängen). Das erste Wort ließe sich mit den arabischen Parallelen wirklich gut erklären, beim zweiten allerdings ist die Umdeutung von „verschmachtend“ zu „von schwächlicher Konstitution“ aber weniger gut zu rechtfertigen. (Zurück zu v.41 / zu v.42)
aatFN: Weqatal, nicht Waw-Qatal (wie z.B. WHM analysiert); Waw-Qatal machte nach wehajah schwerlich Sinn. Das Yiqtol in SamP und Syr ist dafür nur eine Ausdrucksvariante (ähnlich häufiger in SamP), nicht „Assimilation an V. 42“ (BHQ). (Zurück zu v.41)
abKamele müssen kein Anachronismus sein, wie man auch in aktuellen Kommentaren noch häufig lesen kann: Der frühste klare Beleg für das domestizierte Kamel stammt aus dem 18. Jhd. v. Chr. aus Alalakh (Syrien; vgl. Bulliet 1975, S. 64). Das ließe sich selbst mit der biblischen Chronologie vereinbaren, nach der Jakob etwa in diesem Zeitraum gelebt hätte. (Zurück zu v.43)
acdurch Jakobs Raffinesse - ob auch durch Gottes Hilfe, wie Gen 31,9 sagt, ist ebenfalls unklar: Wie zuverlässig ist eigentlich der trickreiche Jakob in seinen verschiedenen Aussagen in Gen 31? (Zurück zu )