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{{anchor|Holmstedt}}„Anfang“ ist (a) ein sogenannter „individueller Term.“ Es ist dies ein Begriff aus dem Umfeld der philosophischen Logik und der sprechanalytischen Philosophie; man bezeichnet damit Begriffe, die sich nicht auf mehrere Referenten, sondern nur auf genau einen Referenten beziehen können. Z.B. der Ausdruck „ein Bibelvers“ könnte sich auf tausende von Bibelverse beziehen und ist damit ein „genereller Term“; „Gen 1,1“ dagegen kann sich auf nur genau einen Vers, nämlich Gen 1,1 beziehen, und ist damit ein „individueller Term“. Dass „Anfang“ derart als monoreferentieller Begriff aufzufassen ist, der sich im jeweiligen Fall nur auf einen Referenten beziehen kann - kein Geschehen hat mehrere Beginne - ist auch der Grund, warum man es nur in einer referential determiner phrase - d.h., mit best. Artikel - erwarten würde. Es ist außerdem der Grund, aus dem Holmstedt´s Lösungsversuch abzulehnen ist: individuelle Terme lassen sich nicht durch restriktive Relativsätze restringieren, da sie ohnehin schon monoreferentiell sind. <nowiki>*</nowiki>„Jener Anfang, der...“, <nowiki>*</nowiki>„Jenes Ende, das...“ oder <nowiki>*</nowiki>„Jenes Innere, das...“ etc. funktioniert nur, wenn man vorraussetzt, dass es mehrere Anfänge, Enden und „Innere“ (wovon sich ja nicht mal ein Plural bilden lässt) gibt, was aber mit diesen monoreferentiellen Begriffen nicht vereinbar ist.<br /> | {{anchor|Holmstedt}}„Anfang“ ist (a) ein sogenannter „individueller Term.“ Es ist dies ein Begriff aus dem Umfeld der philosophischen Logik und der sprechanalytischen Philosophie; man bezeichnet damit Begriffe, die sich nicht auf mehrere Referenten, sondern nur auf genau einen Referenten beziehen können. Z.B. der Ausdruck „ein Bibelvers“ könnte sich auf tausende von Bibelverse beziehen und ist damit ein „genereller Term“; „Gen 1,1“ dagegen kann sich auf nur genau einen Vers, nämlich Gen 1,1 beziehen, und ist damit ein „individueller Term“. Dass „Anfang“ derart als monoreferentieller Begriff aufzufassen ist, der sich im jeweiligen Fall nur auf einen Referenten beziehen kann - kein Geschehen hat mehrere Beginne - ist auch der Grund, warum man es nur in einer referential determiner phrase - d.h., mit best. Artikel - erwarten würde. Es ist außerdem der Grund, aus dem Holmstedt´s Lösungsversuch abzulehnen ist: individuelle Terme lassen sich nicht durch restriktive Relativsätze restringieren, da sie ohnehin schon monoreferentiell sind. <nowiki>*</nowiki>„Jener Anfang, der...“, <nowiki>*</nowiki>„Jenes Ende, das...“ oder <nowiki>*</nowiki>„Jenes Innere, das...“ etc. funktioniert nur, wenn man vorraussetzt, dass es mehrere Anfänge, Enden und „Innere“ (wovon sich ja nicht mal ein Plural bilden lässt) gibt, was aber mit diesen monoreferentiellen Begriffen nicht vereinbar ist.<br /> | ||
{{anchor|Jenni}}„Anfang“ ist (b) ein sogenannter „vager Term“. Dieser Begriff stammt aus dem selben Umfeld wie „individueller Term“; man bezeichnet damit Begriffe, deren Referent nicht genau umrissen ist. „Hoch“ etwa ist ein vager Term, denn es könnte genau so gut für die Höhe von 1,5 Meter, 2 Meter oder 100 km stehen. „1,5 m hoch“ dagegen ist klar umrissen. „Anfang“ nun ist ebenfalls als vager Term zu bestimmen, denn - wie wir das ja auch aus der Struktur des Deutschen kennen - z.B. „Anfang des Monats“ kann ebenso gut für den ersten Tag wie für den den zweiten Tag oder den fünften Tag eines Monats stehen. Und damit lässt sich die ursprüngliche Beobachtung Jennis erklären; es ist gar nicht nötig, zur Erklärung derartige pseudo-elativische Konstruktionen anzusetzen, wie Jenni dies tut.<br /> | {{anchor|Jenni}}„Anfang“ ist (b) ein sogenannter „vager Term“. Dieser Begriff stammt aus dem selben Umfeld wie „individueller Term“; man bezeichnet damit Begriffe, deren Referent nicht genau umrissen ist. „Hoch“ etwa ist ein vager Term, denn es könnte genau so gut für die Höhe von 1,5 Meter, 2 Meter oder 100 km stehen. „1,5 m hoch“ dagegen ist klar umrissen. „Anfang“ nun ist ebenfalls als vager Term zu bestimmen, denn - wie wir das ja auch aus der Struktur des Deutschen kennen - z.B. „Anfang des Monats“ kann ebenso gut für den ersten Tag wie für den den zweiten Tag oder den fünften Tag eines Monats stehen. Und damit lässt sich die ursprüngliche Beobachtung Jennis erklären; es ist gar nicht nötig, zur Erklärung derartige pseudo-elativische Konstruktionen anzusetzen, wie Jenni dies tut.<br /> | ||
− | „Anfang“ ist (c) ein sogenanntes „relationales Nomen“, wie auch die meisten anderen individuellen Terme relationale Nomen sind. Der Begriff stammt aus dem Umfeld der nominalen Valenz; man bezeichnet damit Nomina, die semantisch unselbstständig sind und deshalb eine Ergänzung durch ein weiteres Nomen z.B. im Genitiv fordern. Eine Äußerung wie <nowiki>*</nowiki>„Das Innere ist eklig“ macht keinen Sinn; erst wenn „das Innere“ ergänzt wird durch etwas wie „des menschlichen Körpers“ lässt sie sich verstehen: „Das Innere des menschlichen Körpers ist eklig“. Zum Begriff „Anfang“ vergleiche [http://www.coli.uni-saarland.de/~crysmann/papers/MWE2011-crysmann.pdf Crysmann 2011]; ad loc. ähnlich [http://www.academia.edu/493138/Alcune_note_sui_primi_versetti_della_Genesi_Gen_1_1-3_e_la_loro_ricezione_nel_prologo_giovanneo_-_in_FS_Penna_2008 Merlo 2008, S. 74]. Wenn man {{hebr}}רֵאשִׁית{{hebr ende}}, verwendet als „Anfang“, als ein solches relationales Nomen bestimmt, folgt daraus, dass stets zu erwarten ist, es mit einer Genitivergänzung anzutreffen, und in der Tat ist dies im Hebräischen der Fall; vgl. z.B. Jer 26,1; Jer 27,1; Jer 28,1; Jer 49,34; (Hos 9,10;); 1QS 10,1; 1QS 10,5; 1QS 10,13; 1QS 10,15; 1QH 12,6 (Stellen nach Rottzoll 1991, S. 248).<br /></ref>, die Welt (Himmel und Erde, die Himmel und die Erde)<ref>Der Merismus „Himmel und Erde“ ist im Hebräischen der Standart-Ausdruck für den Kosmos/das Universum; vgl. ad loc. Arbez/Weisengoff 1948, S. 146; Sasson 1992, S. 184; Scharbert 1990, S. 39; Soggin 1997, S. 23f.; Waltke 1975, S. 218; Wenham 1987; Westermann 1983, S. 140f.<br />Gerne wird geschrieben, als solcher könne er nur für eine „geordnete“ Welt stehen und deshalb könnten Vv. 1-2 gar nicht ausdrücken, dass die Welt, die Gott schafft, anfangs chaotisch sei, aber das ist nur Eisegese.</ref> zu schaffen, | + | „Anfang“ ist (c) ein sogenanntes „relationales Nomen“, wie auch die meisten anderen individuellen Terme relationale Nomen sind. Der Begriff stammt aus dem Umfeld der nominalen Valenz; man bezeichnet damit Nomina, die semantisch unselbstständig sind und deshalb eine Ergänzung durch ein weiteres Nomen z.B. im Genitiv fordern. Eine Äußerung wie <nowiki>*</nowiki>„Das Innere ist eklig“ macht keinen Sinn; erst wenn „das Innere“ ergänzt wird durch etwas wie „des menschlichen Körpers“ lässt sie sich verstehen: „Das Innere des menschlichen Körpers ist eklig“. Zum Begriff „Anfang“ vergleiche [http://www.coli.uni-saarland.de/~crysmann/papers/MWE2011-crysmann.pdf Crysmann 2011]; ad loc. ähnlich [http://www.academia.edu/493138/Alcune_note_sui_primi_versetti_della_Genesi_Gen_1_1-3_e_la_loro_ricezione_nel_prologo_giovanneo_-_in_FS_Penna_2008 Merlo 2008, S. 74]. Wenn man {{hebr}}רֵאשִׁית{{hebr ende}}, verwendet als „Anfang“, als ein solches relationales Nomen bestimmt, folgt daraus, dass stets zu erwarten ist, es mit einer Genitivergänzung anzutreffen, und in der Tat ist dies im Hebräischen der Fall; vgl. z.B. Jer 26,1; Jer 27,1; Jer 28,1; Jer 49,34; (Hos 9,10;); 1QS 10,1; 1QS 10,5; 1QS 10,13; 1QS 10,15; 1QH 12,6 (Stellen nach Rottzoll 1991, S. 248).<br /></ref>, die Welt (Himmel und Erde, die Himmel und die Erde)<ref>Der Merismus „Himmel und Erde“ ist im Hebräischen der Standart-Ausdruck für den Kosmos/das Universum; vgl. ad loc. Arbez/Weisengoff 1948, S. 146; Sasson 1992, S. 184; Scharbert 1990, S. 39; Soggin 1997, S. 23f.; Waltke 1975, S. 218; Wenham 1987; Westermann 1983, S. 140f.<br />Gerne wird geschrieben, als solcher könne er nur für eine „geordnete“ Welt stehen und deshalb könnten Vv. 1-2 gar nicht ausdrücken, dass die Welt, die Gott schafft, anfangs chaotisch sei, aber das ist nur Eisegese.</ref> zu schaffen (teilen)<ref>Auch über das Verb {{hebr}}בָּרָא{{hebr ende}} ist schon viel geschrieben worden. Vor allem wird es häufig überhöht: Im Qal ist immer JHWH das Subjekt der {{hebr}}בָּרָא{{hebr ende}}-Tätigkeit, außerdem habe es nie eine Präposition oder einen Akkusativ des Stoffes bei sich, der angibt, dass etwas ''aus etwas'' geschaffen würde. Man folgert daraus dann, dass {{hebr}}בָּרָא{{hebr ende}} das Wort sei, dass ausschließlich für die Schöpfertätigkeit Gottes vorbehalten wäre.<br />Diese Überhöhung ist vermutlich ohne Basis. {{hebr}}בָּרָא{{hebr ende}} bedeutete wohl ursprünglich „spalten, schneiden“ - eine Bedeutung, die es auch zu biblischen Zeiten noch im Piel hat - und steht auch im Qal durchaus nicht stets für eine Neuschöpfung, sondern auch für das Umarbeiten von etwas; vgl. z.B. Jes 43,15; Jes 65,18 (so ''ad loc.'' auch NET, auch König 1919, S. 132.<br /> |
+ | Aus der Bedeutung „spalten, schneiden“ jedenfalls hat sich vermutlich irgendwann die Bedeutung „schaffen“ entwickelt, und einige Exegeten denken, dass es diese Bedeutung auch zu biblischen Zeiten auch noch im Qal habe, unter anderem auch in Gen 1 - so z.B. Dantinne 1961, van Wolde 2009 und Rezetko / van Wolde 2011. Die beiden Aufsätze von van Wolde sind philologisch sehr sauber gearbeitet und würden für Gen 1,1-2-3 durchaus Sinn ergeben; allerdings machte es genau so viel Sinn, wenn {{hebr}}בָּרָא{{hebr ende}} hier einfach synonym zu {{hebr}}עָשָה{{hebr ende}} „machen“ verwendet würden - und da man für diese Deutung nicht die Piel-Bedeutung auch für das Qal ansetzen muss, geben auch wir ihr hier den Vorzug.</ref>, | ||
{{S|2}} war die Erde (- da war die Erde)<ref>Exegeten, die gleich uns für V. 1 eine Constructus-Deutung vertreten, sind sich uneins darin, ob dieser Vers dann Vordersatz zu (1) V. 2 sei oder zu (2) V. 3 und V. 2 dann als „Parenthese“ zu deuten wäre. Gegen Deutung (2) wurde gelegentlich ins Feld geführt, dass Parenthesen asyndetisch konstruiert würden, und da sich V. 2 mit der Konjunktion {{hebr}}וְ{{hebr ende}} an V. 1 anschließe, könne es sich hier demzufolge gar nicht um eine Parenthese handeln - so zuerst Gross 1980, S. 142f.; mit ihm dann auch Rottzoll 1991 (allerdings skeptisch) und Winther-Nielsen 1992. In Zewi 2007 finden sich allerdings einige syndetische Parenthesen; vgl. auch JM §159. Das wiederum heißt aber nichts, denn Zewi und JM haben ein anderes Verständnis von „Parenthese“ als Gross, Rottzoll und Winther-Nielsen; diese drei reden strenggenommen nämlich nicht von Parenthesen, sondern vom Stilmittel „Anakoluth“. Fraglich ist also eigentlich, ob es im Hebräischen möglich ist, ''Anakoluthe'' syndetisch in Sätze und Textabschnitte einzufügen. Im Arabischen ist das definitiv möglich; Reckendorf §164.6 gibt dafür einige schöne Beispiele. Und auch im Hebräischen scheint das möglich zu sein; König widmet in seiner Stilistik den syndetischen Anakolutha einen eigenen Punkt; vgl. König 1900, s. 126 (allerdings ließen sich zumindest ein Teil seiner Beispiele wohl auch anders deuten). Rechenmacher 2002, S. 27 schließlich gibt mit Dan 10,4-5 ein Gen 1,1-3 ganz ähnliches Beispiel (aber auch das ließe sich wohl zur Not auch anders deuten). Es sieht also so aus, als wären sowohl Möglichkeit (1) als auch Möglichkeit (2) möglich. Dass wir uns hier für Möglichkeit (1) entschieden haben, liegt nur daran, dass Gen 1,1-2 dann mit der Konstruktion ''Protasis - Apodosis'' vielen anderen altorientalischen Schöpfungsmythen strukturell entsprechen würde (vgl. z.B. Waltke 1975, S. 227) und dass Gen 1,1-3 so übersetzt weniger kompliziert und damit schöner klingt.</ref> Null und Nichts (leer, sinnlos, zerstört?)<ref>Auch über den Begriffskomplex {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} („Tohuwabohu“) ist schon sehr viel geschrieben worden; die Übersetzungsvorschläge sind Legion. Vielleicht unnötigerweise, denn wir haben sehr viele Indizien dafür, wie {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} zu verstehen sein müsste. | {{S|2}} war die Erde (- da war die Erde)<ref>Exegeten, die gleich uns für V. 1 eine Constructus-Deutung vertreten, sind sich uneins darin, ob dieser Vers dann Vordersatz zu (1) V. 2 sei oder zu (2) V. 3 und V. 2 dann als „Parenthese“ zu deuten wäre. Gegen Deutung (2) wurde gelegentlich ins Feld geführt, dass Parenthesen asyndetisch konstruiert würden, und da sich V. 2 mit der Konjunktion {{hebr}}וְ{{hebr ende}} an V. 1 anschließe, könne es sich hier demzufolge gar nicht um eine Parenthese handeln - so zuerst Gross 1980, S. 142f.; mit ihm dann auch Rottzoll 1991 (allerdings skeptisch) und Winther-Nielsen 1992. In Zewi 2007 finden sich allerdings einige syndetische Parenthesen; vgl. auch JM §159. Das wiederum heißt aber nichts, denn Zewi und JM haben ein anderes Verständnis von „Parenthese“ als Gross, Rottzoll und Winther-Nielsen; diese drei reden strenggenommen nämlich nicht von Parenthesen, sondern vom Stilmittel „Anakoluth“. Fraglich ist also eigentlich, ob es im Hebräischen möglich ist, ''Anakoluthe'' syndetisch in Sätze und Textabschnitte einzufügen. Im Arabischen ist das definitiv möglich; Reckendorf §164.6 gibt dafür einige schöne Beispiele. Und auch im Hebräischen scheint das möglich zu sein; König widmet in seiner Stilistik den syndetischen Anakolutha einen eigenen Punkt; vgl. König 1900, s. 126 (allerdings ließen sich zumindest ein Teil seiner Beispiele wohl auch anders deuten). Rechenmacher 2002, S. 27 schließlich gibt mit Dan 10,4-5 ein Gen 1,1-3 ganz ähnliches Beispiel (aber auch das ließe sich wohl zur Not auch anders deuten). Es sieht also so aus, als wären sowohl Möglichkeit (1) als auch Möglichkeit (2) möglich. Dass wir uns hier für Möglichkeit (1) entschieden haben, liegt nur daran, dass Gen 1,1-2 dann mit der Konstruktion ''Protasis - Apodosis'' vielen anderen altorientalischen Schöpfungsmythen strukturell entsprechen würde (vgl. z.B. Waltke 1975, S. 227) und dass Gen 1,1-3 so übersetzt weniger kompliziert und damit schöner klingt.</ref> Null und Nichts (leer, sinnlos, zerstört?)<ref>Auch über den Begriffskomplex {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} („Tohuwabohu“) ist schon sehr viel geschrieben worden; die Übersetzungsvorschläge sind Legion. Vielleicht unnötigerweise, denn wir haben sehr viele Indizien dafür, wie {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} zu verstehen sein müsste. | ||
# Den Begriff {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}, dessen Bedeutung durchaus nicht so rätselhaft ist, wie das in vielen Kommentaren und Aufsätzen zur Stelle dargestellt wird. Vermutlich hat er Kognate (d.h., auf das selbe etymologische „Ausgangs-Wort“ zurückzuführende Begriffe in anderen Sprachen) im arabischen ''tîh'' „Wüste“ und im ugaritischen ''thw'' „Wüste“; außerdem gibt es das Wort auch im Qumranhebräischen („Nichtigkeit, Nichts, Öde“) und im Mittelhebräischen („Erstarrung, Öde“). Auch im Bibelhebräischen wird es sehr wahrscheinlich verwendet für (1) '''Wüste''' (Dtn 32,10; Ps 107,40); für (2) '''Sinn- und Nutzloses/Sinn- und Nutzlosigkeit''' (1Sam 12,21; Jes 29,21; Jes 41,29; Jes 44,9; Jes 45,18; Jes 49,4; Jes 59,4), für (3) '''Verwüstung''' (Jes 24,10; Jes 34,11) und für (4) '''das Nichts/die Nicht-Vorhandenheit''' (Ijob 6,18; Jes 40,17; Jes 40,23; Jer 4,23). Unsicher sind Ijob 12,24; außerdem Ijob 26 (wo es aber parallel zu „Leere“ steht und daher meist mit „Nichts“ übertragen wird) und Jes 45,18 (wo es aber im Gegensatz zu „bewohnbar“ steht und daher am Besten wohl auch entweder als „Wüste“ oder „verwüstetes Land“ übertragen werden müsste). In unserem Zusammenhang scheinen die Bedeutungen (1) und (3) nicht sonderlich viel Sinn ergeben - (1) deshalb nicht, weil der Text ganz offenbar so zu verstehen ist, dass die Welt am Anfang nur eine Wassermasse ist, (3) deshalb nicht, weil nirgends von einer Verwüstung die Rede ist. Notfalls ließe sich vielleicht Bedeutung (2) auf unseren Text anwenden, da Gott im Folgenden immer wieder seinen Schöpfungswerken einen Daseins-zweck gibt, was mit einer anfangs „nutzlosen“ Erde vielleicht zusammenstimmen würde, aber dennoch keinen richtigen Sinn ergeben will. (4) macht Sinn, vgl. u.<br />Die Etymologie von {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} dagegen ist rätselhaft, obwohl einige Vorschläge gemacht wurden, die aber sämtlich nicht wirklich überzeugen können. Es wird aber ausschließlich verwendet entweder in Kombination mit {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} (Gen 1,1; Jer 4,23) oder im Parallelismus zu {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} (Jes 34,11), weshalb viele Exegeten davon ausgehen, dass es mindestens etwas sehr ähnliches bedeuten muss wie {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}. Alter 1996 und Sasson 1992 gehen sogar so weit, dass sie {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} eine eigene Bedeutung absprechen und dann entweder übertragen würden mit etwas wie „Chaospopaos“/„Leerepopeere“ o.Ä. (Alter) oder aber mit „Kuddelmuddel“ (Sasson 1992). In diese Richtung weisen auch Vulgata, Aquila und Theodotion (VUL: „leer und leer“; Aq: „leer/nichts (κένωμα kann beides bedeuten) und nichts“, Th: „nichts und nichts“, die beide Worte mit je etwa gleichen Begriffen übersetzen. Außerdem Targum Onkelos, der Gen 1,1 und Jer 4,23 je gleich übersetzt, in Jes 34,11 dagegen mit seiner {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}-Übersetzung in diesen beiden Versen nicht {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}, sondern {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} übersetzt. Nicht hilfreich sind TgPsJon; TgN; FTg udn Syr, die die hebräischen Worte einfach übernehmen, aber vergleichbar sind außerdem LXX und Symmachos (LXX: „unsichtbar und ungeformt“; Sym: „unbereitet und ungeschieden“). All diese Übersetzungen fassen {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} also als einen Gegenbegriff zu Geschaffen-Sein auf; mit der Bedeutung von {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} vereinbar ist aber nur die Übertragung mit „Nichts“; beim Rest handelt es sich wohl um interpretative Wiedergaben. | # Den Begriff {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}, dessen Bedeutung durchaus nicht so rätselhaft ist, wie das in vielen Kommentaren und Aufsätzen zur Stelle dargestellt wird. Vermutlich hat er Kognate (d.h., auf das selbe etymologische „Ausgangs-Wort“ zurückzuführende Begriffe in anderen Sprachen) im arabischen ''tîh'' „Wüste“ und im ugaritischen ''thw'' „Wüste“; außerdem gibt es das Wort auch im Qumranhebräischen („Nichtigkeit, Nichts, Öde“) und im Mittelhebräischen („Erstarrung, Öde“). Auch im Bibelhebräischen wird es sehr wahrscheinlich verwendet für (1) '''Wüste''' (Dtn 32,10; Ps 107,40); für (2) '''Sinn- und Nutzloses/Sinn- und Nutzlosigkeit''' (1Sam 12,21; Jes 29,21; Jes 41,29; Jes 44,9; Jes 45,18; Jes 49,4; Jes 59,4), für (3) '''Verwüstung''' (Jes 24,10; Jes 34,11) und für (4) '''das Nichts/die Nicht-Vorhandenheit''' (Ijob 6,18; Jes 40,17; Jes 40,23; Jer 4,23). Unsicher sind Ijob 12,24; außerdem Ijob 26 (wo es aber parallel zu „Leere“ steht und daher meist mit „Nichts“ übertragen wird) und Jes 45,18 (wo es aber im Gegensatz zu „bewohnbar“ steht und daher am Besten wohl auch entweder als „Wüste“ oder „verwüstetes Land“ übertragen werden müsste). In unserem Zusammenhang scheinen die Bedeutungen (1) und (3) nicht sonderlich viel Sinn ergeben - (1) deshalb nicht, weil der Text ganz offenbar so zu verstehen ist, dass die Welt am Anfang nur eine Wassermasse ist, (3) deshalb nicht, weil nirgends von einer Verwüstung die Rede ist. Notfalls ließe sich vielleicht Bedeutung (2) auf unseren Text anwenden, da Gott im Folgenden immer wieder seinen Schöpfungswerken einen Daseins-zweck gibt, was mit einer anfangs „nutzlosen“ Erde vielleicht zusammenstimmen würde, aber dennoch keinen richtigen Sinn ergeben will. (4) macht Sinn, vgl. u.<br />Die Etymologie von {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} dagegen ist rätselhaft, obwohl einige Vorschläge gemacht wurden, die aber sämtlich nicht wirklich überzeugen können. Es wird aber ausschließlich verwendet entweder in Kombination mit {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} (Gen 1,1; Jer 4,23) oder im Parallelismus zu {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} (Jes 34,11), weshalb viele Exegeten davon ausgehen, dass es mindestens etwas sehr ähnliches bedeuten muss wie {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}. Alter 1996 und Sasson 1992 gehen sogar so weit, dass sie {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} eine eigene Bedeutung absprechen und dann entweder übertragen würden mit etwas wie „Chaospopaos“/„Leerepopeere“ o.Ä. (Alter) oder aber mit „Kuddelmuddel“ (Sasson 1992). In diese Richtung weisen auch Vulgata, Aquila und Theodotion (VUL: „leer und leer“; Aq: „leer/nichts (κένωμα kann beides bedeuten) und nichts“, Th: „nichts und nichts“, die beide Worte mit je etwa gleichen Begriffen übersetzen. Außerdem Targum Onkelos, der Gen 1,1 und Jer 4,23 je gleich übersetzt, in Jes 34,11 dagegen mit seiner {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}-Übersetzung in diesen beiden Versen nicht {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}}, sondern {{hebr}}בֹהוּ{{hebr ende}} übersetzt. Nicht hilfreich sind TgPsJon; TgN; FTg udn Syr, die die hebräischen Worte einfach übernehmen, aber vergleichbar sind außerdem LXX und Symmachos (LXX: „unsichtbar und ungeformt“; Sym: „unbereitet und ungeschieden“). All diese Übersetzungen fassen {{hebr}}תֹהוּ וָבֹהוּ{{hebr ende}} also als einen Gegenbegriff zu Geschaffen-Sein auf; mit der Bedeutung von {{hebr}}תֹהוּ{{hebr ende}} vereinbar ist aber nur die Übertragung mit „Nichts“; beim Rest handelt es sich wohl um interpretative Wiedergaben. |
Version vom 20. September 2013, 18:12 Uhr
Syntax ungeprüft
Lesefassung (Genesis 1)
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31
Anmerkungen
Studienfassung (Genesis 1)
1 Als (nachdem, bevor)〈a〉 Gott begann (begonnen hatte)〈b〉, die Welt (Himmel und Erde, die Himmel und die Erde)〈c〉 zu schaffen (teilen)〈d〉,
2 war die Erde (- da war die Erde)〈e〉 Null und Nichts (leer, sinnlos, zerstört?)〈f〉: (stattdessen) war Dunkelheit auf der Oberfläche (dem Gesicht) der Tiefe (Urtiefe, Wasser)〈g〉 und starker Wind stürmte (ein Wind/der Atem Gottes wehte, der Geist Gottes schwebte (?))〈h〉 über der Oberfläche (dem Gesicht) des Wassers (der Wasser).
3 Da〈i〉 sprach Gott: Helligkeit (Licht)〈j〉 soll (wird) entstehen (sein, werden)! Da entstand (war, wurde) Helligkeit (Licht).
4 Gott sah, dass die Helligkeit (das Licht) gut war.〈k〉
Dann trennte (teilte, unterschied) Gott {zwischen}〈l〉 das Licht {und} von (zwischen) der Finsternis (Dunkelheit). 5 Gott nannte (rief) die Helligeit (das Licht) „Tag“, die Finsternis (Dunkelheit) aber〈m〉 nannte (rief) er „Nacht“.
Es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein „Tag“ (der erste Tag)〈n〉.
6 Dann (da, und) sprach Gott: Ein Gewölbe (Firmament)〈o〉 soll (wird) inmitten des Wassers entstehen (sein, werden) und es soll {zwischen} Wasser vom Wasser trennen (teilen, scheiden).
7 {Und} Gott machte das Gewölbe (Firmament, die Feste), und (indem) er trennte (teilte, schied) {zwischen} das Wasser {welches} unterhalb des Gewölbes (Firmaments) vom〈p〉 Wasser {welches} über dem Gewölbe (Firmament). Und so geschah (war) es.
8 Da (dann, und) nannte (rief) Gott das Gewölbe (Firmament) „Himmel“. Und (da, dann) es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) zweiter Tag.
9 Dann (da, und) sprach Gott: Das Wasser unter dem Himmel soll sich an (zu … hin) einem Ort sammeln und das Festland (trockene Land) soll zum Vorschein kommen (erscheinen, sich zeigen). Und so geschah (war) es.
10 Da (dann, und) nannte (rief) Gott das Festland (trockene Land) „Erde (Land)“ und die Ansammlung des Wassers nannte (rief) er „Meere (Meer)“. Und Gott sah, dass [es] gut [war].
11 Dann (da, und) sprach Gott: Die Erde (Land) soll [grünes, frisches] Gras〈q〉, Grünpflanzen, die Samen tragen〈r〉; {und} Obstbäume sprießen (grünen, wachsen) lassen, die [jeder] nach seiner Art Früchte (Obst, Frucht) tragen (erzeugen, machen)〈r〉, in denen sich ihr Same [befindet](ihr Same [ist]), auf der Erde. Und so geschah (war) es.
12 Da (und) brachte die Erde [grünes, frisches] Gras〈q〉, Grünpflanzen, die [alle] nach ihrer Art Samen tragen〈r〉, und Obstbäume hervor, die [alle] nach ihrer Art Früchte (Obst, Frucht) tragen (erzeugen, machen)〈r〉, in denen sich ihr Same [befindet]. Und Gott sah, dass [es] gut [war].
13 Und es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) dritter Tag.
14 Dann (da, und) sprach Gott: Lichter sollen am (im) Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels) entstehen (sein), um (so dass) {zwischen} den Tag {und} von (zwischen) der Nacht zu trennen (teilen, scheiden), und sie sollen als (für) Zeichen und als Jahreszeiten (Zeitabschnitte, Feste, Festzeiten) und als Tage und Jahre dienen (sein),〈s〉
15 und sie sollen (werden) {als} Lichter am (im) Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels) sein (werden), so dass (um) [sie] über dem Land scheinen (leuchten). Und so geschah (war) es.
16 {Und} Gott machte die beiden großen Lichter: das große Licht zur Herrschaft (Beherrschung) [über] den Tag und das kleine Licht zur Herrschaft (Beherrschung) [über] die Nacht, und die Sterne.
17 Und Gott setzte (gab) sie an (in) das Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels), so dass (damit, um) [sie] über dem Land schienen (leuchten)
18 und so dass (damit, um) [sie] am Tag und in der Nacht herrschten und so dass (damit, um) [sie] sie {zwischen} das Licht {und} von (zwischen) der Finsternis (Dunkelheit) trennten (teilten, schieden). Und Gott sah, dass [es] gut [war].
19 Und es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) vierter Tag.
20 Dann (da, und) sprach Gott: [Im] Wasser sollen Schwärme lebendiger〈t〉 Wesen (Seelen, Leben) schwärmen und Vögel (fliegende Tiere)〈u〉 sollen auf der Erde unter dem (über/an dem Gesicht des)〈v〉 Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels) fliegen.
21 {Und} Gott erschuf die großen Meereslebewesen (Seeungeheuer, Seeschlangen) und alle lebendigen〈t〉 Wesen, die im Wasser schwärmen (wimmeln) nach ihrer Art und alle geflügelten Vögel〈w〉 nach ihrer〈x〉 Art. Und Gott sah, dass [es] gut [war].
22 Dann (danach, und) segnete Gott sie mit den Worten (indem er sprach, {folgendermaßen}): Seid fruchtbar und vermehrt euch (werdet zahlreich) und füllt das Wasser in den Meeren, und die Vögel sollen sich auf (in) der Erde vermehren (zahlreich werden)!
23 Und es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) fünfter Tag.
24 Dann (da, und) sprach Gott: Die Erde soll lebendige〈t〉 Wesen nach ihrer Art hervorbringen – Vieh (Tier, Tiere), {und} kriechende Tiere und Landtiere (wilde Tiere)〈y〉 nach ihrer Art. Und so geschah (war) es.
25 {Und} Gott machte die (wilden) Tiere des Landes (der Erde) nach ihrer Art, {und} das Vieh (Tier, Tiere) nach seiner Art und alle auf dem Boden (Erdboden) kriechenden Tiere nach ihrer Art. Und Gott sah, dass [es] gut [war].
26 Dann (da, und) sprach Gott: Wir wollen (werden) (Lass uns)〈z〉 [den] Menschen (Adam, die Menschheit)〈aa〉 in (nach, als) unserem Bild (Abbild, unserer Plastik)〈ab〉, nach unserer Ähnlichkeit (Gleichheit)〈ac〉 machen! Und (damit)〈ad〉 sie sollen über die Fische [im] Meer und über die Vögel [am] Himmel und über das Vieh (Tier, Tiere) und über die ganze Erde herrschen und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde (Land) kriechen.〈r〉
27 Und Gott erschuf den Menschen in (nach, als) seinem Bild (Abbild)〈ae〉, im (nach dem, als) Bild Gottes erschuf er ihn, männlich und weiblich〈af〉 erschuf er sie.
28 Danach (und) segnete Gott sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch (werdet zahlreich); {und} füllt die Erde (Land), {und} unterwerft sie und herrscht über die Fische [im] Meer, {und} über die Vögel [am] Himmel und über alle (jedes) Wesen (alles Leben), die auf der Erde kriechen!〈r〉
29 {und} Gott sagte: Hiermit (schaut, siehe)〈ag〉 gebe ich〈ah〉 euch alle Pflanzen (jede Pflanze), die Samen tragen (erzeugen)〈ai〉,〈r〉 die auf der Oberfläche der ganzen Erde wachsen, und alle Bäume (jeden Baum, alles Gehölz), die in ihren〈aj〉 {Baum}Früchten Samen tragen. [Sie] werden (sollen)〈ak〉 euch als (zur) Nahrung dienen (gehören, sein),
30 und jedem (wilden) Tier (Lebewesen, Leben) des Landes (der Erde), {und} jedem Vogel (allen Vögeln) [am] Himmel und jedem [Tier], das auf der Erde kriecht (sich regt),〈al〉 das in sich ein lebendes (atmendes) Leben [ist] ([hat]), [werden] alle Grünpflanzen als (zur) Nahrung [dienen]〈am〉. Und so geschah (war) es.
31 Und (da, dann) Gott betrachtete (sah) alles, was er gemacht hatte (machte), und sah (siehe, ja), [dass es] sehr gut [war]. Und es wurde (war) Abend und es wurde (war) Morgen: ein (der) sechster Tag.
Anmerkungen
a | vgl. Lexikon, Lemma בְּ (Zurück zu v.1) |
b | Diese Fußnote wird lang, denn die Syntax von Gen 1,1-3 ist eines der meistdiskutierten bibelexegetischen Fragen überhaupt. Ungeduldige können daher hier direkt zu unserer Lösung der Frage springen. Die ersten beiden Worte lauten בְּרֵאשִׁית בָּרָא; sie setzen sich zusammen aus der Präposition בְּ (die hier sehr sicher als temporales בְּ zu deuten ist), dem Substantiv רֵאשִׁית, das hier nur die Bedeutung „Anfang“ haben kann und dem Verbum בָּרָא, „er schuf“. Traditionell wurden sie meist übersetzt als selbstständiger Satz: „Am Anfang schuf...“. Diese Lesart ist aber auf entschiedenen Widerspruch gestoßen: Wenn der Text hier tatsächlich von einem bestimmten Anfang sprechen sollte, würde man hier eigentlich eine sogenannte „referential determiner phrase“ erwarten; d.h., man würde erwarten, dass רֵאשִׁית durch einen bestimmten Artikel determiniert wäre und das erste Wort daher nicht בְּרֵאשִׁית, sondern בָּרֵאשִׁית lauten würde. Die eigentliche Frage, die zu diesem Vers gestellt werden muss, ist also, warum hier der Artikel fehlt und ob der Satz auch ohne Artikel als selbstständiger Satz gelesen werden kann.
(Zurück zu v.1) |
c | Der Merismus „Himmel und Erde“ ist im Hebräischen der Standart-Ausdruck für den Kosmos/das Universum; vgl. ad loc. Arbez/Weisengoff 1948, S. 146; Sasson 1992, S. 184; Scharbert 1990, S. 39; Soggin 1997, S. 23f.; Waltke 1975, S. 218; Wenham 1987; Westermann 1983, S. 140f. Gerne wird geschrieben, als solcher könne er nur für eine „geordnete“ Welt stehen und deshalb könnten Vv. 1-2 gar nicht ausdrücken, dass die Welt, die Gott schafft, anfangs chaotisch sei, aber das ist nur Eisegese. (Zurück zu v.1) |
d | Auch über das Verb בָּרָא ist schon viel geschrieben worden. Vor allem wird es häufig überhöht: Im Qal ist immer JHWH das Subjekt der בָּרָא-Tätigkeit, außerdem habe es nie eine Präposition oder einen Akkusativ des Stoffes bei sich, der angibt, dass etwas aus etwas geschaffen würde. Man folgert daraus dann, dass בָּרָא das Wort sei, dass ausschließlich für die Schöpfertätigkeit Gottes vorbehalten wäre. Diese Überhöhung ist vermutlich ohne Basis. בָּרָא bedeutete wohl ursprünglich „spalten, schneiden“ - eine Bedeutung, die es auch zu biblischen Zeiten noch im Piel hat - und steht auch im Qal durchaus nicht stets für eine Neuschöpfung, sondern auch für das Umarbeiten von etwas; vgl. z.B. Jes 43,15; Jes 65,18 (so ad loc. auch NET, auch König 1919, S. 132. Aus der Bedeutung „spalten, schneiden“ jedenfalls hat sich vermutlich irgendwann die Bedeutung „schaffen“ entwickelt, und einige Exegeten denken, dass es diese Bedeutung auch zu biblischen Zeiten auch noch im Qal habe, unter anderem auch in Gen 1 - so z.B. Dantinne 1961, van Wolde 2009 und Rezetko / van Wolde 2011. Die beiden Aufsätze von van Wolde sind philologisch sehr sauber gearbeitet und würden für Gen 1,1-2-3 durchaus Sinn ergeben; allerdings machte es genau so viel Sinn, wenn בָּרָא hier einfach synonym zu עָשָה „machen“ verwendet würden - und da man für diese Deutung nicht die Piel-Bedeutung auch für das Qal ansetzen muss, geben auch wir ihr hier den Vorzug. (Zurück zu v.1) |
e | Exegeten, die gleich uns für V. 1 eine Constructus-Deutung vertreten, sind sich uneins darin, ob dieser Vers dann Vordersatz zu (1) V. 2 sei oder zu (2) V. 3 und V. 2 dann als „Parenthese“ zu deuten wäre. Gegen Deutung (2) wurde gelegentlich ins Feld geführt, dass Parenthesen asyndetisch konstruiert würden, und da sich V. 2 mit der Konjunktion וְ an V. 1 anschließe, könne es sich hier demzufolge gar nicht um eine Parenthese handeln - so zuerst Gross 1980, S. 142f.; mit ihm dann auch Rottzoll 1991 (allerdings skeptisch) und Winther-Nielsen 1992. In Zewi 2007 finden sich allerdings einige syndetische Parenthesen; vgl. auch JM §159. Das wiederum heißt aber nichts, denn Zewi und JM haben ein anderes Verständnis von „Parenthese“ als Gross, Rottzoll und Winther-Nielsen; diese drei reden strenggenommen nämlich nicht von Parenthesen, sondern vom Stilmittel „Anakoluth“. Fraglich ist also eigentlich, ob es im Hebräischen möglich ist, Anakoluthe syndetisch in Sätze und Textabschnitte einzufügen. Im Arabischen ist das definitiv möglich; Reckendorf §164.6 gibt dafür einige schöne Beispiele. Und auch im Hebräischen scheint das möglich zu sein; König widmet in seiner Stilistik den syndetischen Anakolutha einen eigenen Punkt; vgl. König 1900, s. 126 (allerdings ließen sich zumindest ein Teil seiner Beispiele wohl auch anders deuten). Rechenmacher 2002, S. 27 schließlich gibt mit Dan 10,4-5 ein Gen 1,1-3 ganz ähnliches Beispiel (aber auch das ließe sich wohl zur Not auch anders deuten). Es sieht also so aus, als wären sowohl Möglichkeit (1) als auch Möglichkeit (2) möglich. Dass wir uns hier für Möglichkeit (1) entschieden haben, liegt nur daran, dass Gen 1,1-2 dann mit der Konstruktion Protasis - Apodosis vielen anderen altorientalischen Schöpfungsmythen strukturell entsprechen würde (vgl. z.B. Waltke 1975, S. 227) und dass Gen 1,1-3 so übersetzt weniger kompliziert und damit schöner klingt. (Zurück zu v.2) |
f | Auch über den Begriffskomplex תֹהוּ וָבֹהוּ („Tohuwabohu“) ist schon sehr viel geschrieben worden; die Übersetzungsvorschläge sind Legion. Vielleicht unnötigerweise, denn wir haben sehr viele Indizien dafür, wie תֹהוּ וָבֹהוּ zu verstehen sein müsste.
All diese Indizien weisen recht eindeutig in die selbe Richtung: Am Anfang gibt es noch überhaupt keine Erde; nur Urflut und Wassermassen, die von Gott erst umgelagert werden müssen, damit etwas wie eine „Erde“ überhaupt erst zum Vorschein kommen kann. |
g | In תְהוֹם wollen einige Exegeten mythische Überreste entdecken und es entsprechend der Chaos-/Meeresgöttin Tiamat interpretieren. Und tatsächlich wird es häufiger in Kontexten verwendet, die zumindest mythisierende Sprache verwenden - ebenso übrigens wie das folgende מָיִם -, kann aber (wiederum ebenso wie das folgende מָיִם) auch einfach für große Wassermassen stehen. Da meist angenommen wird, der Verfasser von Gen 1 würde das ganze Kapitel hindurch Ent-mythisierungsstrategien anwenden, ist sehr wahrscheinlich auch hier eher letzteres der Fall. (Zurück zu v.2) |
h | רוּחַ liese sich sowohl lesen als Geist, Hauch oder Wind; אֱלֹהִים kann entweder „Gottes“ heißen oder aber superlativische Bedeutung haben. Diese Vieldeutigkeit hat dazu geführt, dass jede der oben angeführten Übersetzungsmöglichkeiten mehrfach vertreten wurden. Das stärkste Indiz für die richtige Deutung ist das Verb רָחַפ. Früher wurde es häufig übersetzt mit „brütete“ oder „schwebte“. Aber ebenso wie seine Kognate im Syrischen (racheph) und Ugaritischen (rchp) hat es wohl die Grundbedeutung einer schnellen Bewegung; vgl. Arbez / Weisengoff 1948, S. 148; Cassuto 2005, S. 25; Duchesne-Guillemin 1982, S. 513; König 1919, S. 140; Speiser 1964, S. 5. In Dtn 32,11 wird es ausgesagt vom Flattern eines Adlers (es kann an dieser Stelle gar nicht „schweben“ bedeuten; vgl. z.B. Rechenmacher 2002, S. 13); in Jer 23,9 wohl vom „Zittern“ der Knochen im Leib. Die Bedeutung „heftig wehen, stürmen“ lässt durchaus mit diesem Wort vereinbaren (vgl. Beauchamp 1969, S. 172-86; NET ad loc.; Rechenmacher 2002, S. 14; Smith 1928, S. 113; Soggin 1997, S. 22); „wehen“ oder „schweben“ jedoch nicht. Ein weiteres Indiz ist die Tatsache, dass auch in vielen anderen altorientalischen Kosmogonien der Zustand vor der Schöpfung als wässrig, dunkel und stürmisch vorgestellt wird, so wahrscheinlich im Enuma Elisch (vgl. Heidel 1964, S. 101), in der phönizischen Kosmogonie (s.o.) und vermutlich auch häufiger in ägyptischen Kosmogonien (vgl. z.B. Atwell 2000, S. 451-5). (Zurück zu v.2) |
i | Mit Wayyiqtol setzt in Vers 3 zum ersten Mal die Handlung ein; Vv. 1-2 geben Hintergrundinformationen. Wir haben das durch die Einfügung eines „Da“ versucht, ausdrücklich zu machen. (Zurück zu v.3) |
j | In Gen 1 lassen sich viele stets wiederholte Sprachmuster und Wendungen feststellen. Eines, auf das bisher recht selten hingewiesen worden ist, ist dieses: Gott ruft ein nur abstrakt bezeichnetes Etwas ins Sein, anschließend gibt er ihm einen Namen, unter dem es auch heute bekannt ist (etwa: „Helligkeit“ für „Tag“ und „Finsternis“ für „Nacht“; „etwas Festes“ für Himmel, „etwas Trockenes“ für die Erde usw.); vgl. Good 2009, S. 12. In der Studienfassung haben wir versucht, dieses Muster stets ausdrücklich zu machen. (Zurück zu v.3) |
k | wörtlich: „Gott sah die Helligkeit, dass gut.“ Es ist dies (1) eine Casus Pendens-Konstruktion (vgl. z.B. König 1919, S. 141f.; Meek 1938, S. 122), daher im Deutschen „Gott sah, dass die Helligkeit gut.“ und (2) ein verbloser Satz, bei dem man sich im Deutschen eine Kopula hinzudenken muss, daher im Deutschen: „Gott sah, dass die Helligkeit gut war“. (Zurück zu v.4) |
l | בֵּין „zwischen“ wird im Hebräischen doppelt gesetzt, während es im Deutschen nur einmal gesetzt wird. (Zurück zu v.4) |
m | Struktur: Verb („Gott nannte“) - Nomen („die Helligkeit“) | Nomen („die Finsternis“) - Verb („nannte“). Auch dies ist wieder eine Topikalisierungsstrategie; s.o. (Zurück zu v.5) |
n | „Tag“ wird hier näher bestimmt durch die Zahl אֶחָד „eins“. Im Semitischen kann eine Aufzählungsreihe auch lauten: „Eins, zweitens, drittens...“, vgl. Speiser 1964, S. 6; diese Regel kennen z.B. auch König 1919 und Wenham 1987. Es ist aber gut möglich, dass diese Regel hier keine Anwendung findet und der Autor aus einem anderen Grund nicht das Ordnungszahlwort, sondern das Grundzahlwort verwendet: König 1919, S. 143f.; Sasson 1992, S. 191 und Steinmann 2002, S. 583f. gehen davon aus, dass der Sinn dieser beiden Worte der ist, dass Gott nach der Definition des Unterschieds von „Tag“ und „Nacht“ gleich noch ineins damit eine „zeitliche Ordnung“ ins Sein Setzt und deshalb als Grundeinheit der Zeit nun auch die zeitliche Größe „Tag“ definiert: Es muss einmal Abend werden und einmal Morgen werden, dann ist die Zeitspanne von „einem Tag“ vergangen. vgl. auch Westermann 1983, S. 155: „Die Erschaffung des Lichtes ist diesen Scheidungen vorangestellt als Ermöglichung der zeitlichen Ordnung, in die hinein oder zu der nach P die Welt geschaffen wird. [...] Die Erschaffung des Lichtes als Beginn des Schöpfungswerkes gehört zur Konzeption des P, der der Erschaffung der räumlichen Welt die Grundordnung der Zeit voransetzt.“ (Zurück zu v.5) |
o | Im hebräischen Weltbild hielt das Firmament den (soliden) Himmel und die Erde auseinander. Skizziert wird also die Erschaffung der Atmosphäre. LUT: „Feste“, REB: „Wölbung“, NL: „Raum“. (Zurück zu v.6) |
p | Wörtlich „und zwischen“. (Zurück zu v.7) |
q | Das Wort steht speziell für junges, frisches Gras (EU: „junges Grün“, GNB: „frisches Grün“; DBL Hebrew 2013). (Zurück zu v.11 / zu v.12) |
r | Auflösung eines attr. Ptz. (zu v.11 / zu v.12 / zu v.26 / zu v.28 / zu v.29) |
s | Lässt sich verschieden deuten: „Sie sollen als Zeichen für … dienen“ (GNB, NL, NET, NIV) oder „Sie sollen als Zeichen dienen und [zur Bestimmung] von Jahreszeiten, Tagen und Jahren“ (Menge, EU, REB, SLT). (Zurück zu v.14) |
t | Eigentlich ein Nomen; s.a. Anm. in V. 2. (Zurück zu v.20 / zu v.21 / zu v.24) |
u | Schließt auch Insekten mit ein (DBL Hebrew 6416). (Zurück zu v.20) |
v | Eine für uns eigentümlicher Ausdruck, wörtl.: Auf/Über/An der Erde, auf/über/am dem Gesicht/der Oberfläche des Himmelsgewölbes. Da das Gewölbe als feste Barriere gedacht wurde, kann hier also nur zwischen dem Gewölbe und der Erde gemeint sein. (Zurück zu v.20) |
w | Wörtlich „Vögel (col.) Flügel (Sg.)“. (Zurück zu v.21) |
x | Wörtlich „seiner“, weil „Vögel“ im Hebräischen ein Sammelbegriff ist, der nur im Sg. vorkommt. (Zurück zu v.21) |
y | Jedes der drei Wörter, die hier Tierkategorien bezeichnen, ist ein Sammelbegriff, steht im Urtext also im Sg. So auch in den folgenden Versen. (Zurück zu v.24) |
z | Es gibt verschiedene Theorien, warum Gott hier im Plural spricht. Eine abwägende Meinung s. NET Gen 1,26, Fußnote 47. (Zurück zu v.26) |
aa | Das im Hebräischen häufige Wort für Mensch ist zugleich der Name des ersten Menschen Adam (אָדָם). Das Wort ist von dem Wort אֲדָמָה („Erdboden“) abgeleitet, das etwa in V. 25 verwendet wurde („Boden“). Ein Artikel fehlt hier, so dass das Wort als Oberbegriff oder Gattungsbezeichnung verstanden werden kann (s.a. 26b „sie sollen herrschen“ und 5,2). S.a. NET Gen 1:26 Fußnote 48. (Zurück zu v.26) |
ab | Das Wort bezeichnet allgemein ein repräsentatives Abbild oder eine Plastik (G.v.Rad, Das erste Buch Mose) von etwas, häufig die Repräsentation eines Gottes durch ein Götzenbild (THAT צֶלֶמ, TWOT 1923a). (Zurück zu v.26) |
ac | Häufig als „uns ähnlich/gleich“ übersetzt. (Zurück zu v.26) |
ad | Eine finale Deutung („damit“) ist aufgrund der Grammatik sehr wahrscheinlich. (Zurück zu v.26) |
ae | Vgl. Anm. in V. 26. (Zurück zu v.27) |
af | Traditionell: „als Mann und Frau“ (Zurück zu v.27) |
ag | „Siehe“ oder „Schaut“ wird häufig zur Verstärkung der Gegenwärtigkeit einer Handlung benutzt und sollte hier in Verbindung mit dem Vollzugsperfekt am besten als „hiermit“ verstanden werden. (Zurück zu v.29) |
ah | Als Vollzugsperfekt verstanden. Möglich wäre auch „ich habe … gegeben“, der Kontext (v.a. „Siehe“) spricht aber dagegen. (Zurück zu v.29) |
ai | „Samen“ und „tragen“ stammt im Hebräischen von derselben Wurzel (Figura etymologica). Die Pflanze „samt“ dann also Samen. So auch weiter unten. (Zurück zu v.29) |
aj | Weil „Bäume“ ein Sammelbegriff (Sg.) ist, steht dieses Wort auf Hebräisch im Sg. (Zurück zu v.29) |
ak | Singular. In Verbindung mit dem eingefügten „[Sie]“ dem deutschen Sprachgebrauch angepasst. (Zurück zu v.29) |
al | Aufgelöstes subst. Ptz. (Zurück zu v.30) |
am | Das Verb wurde zur Verständlichkeit aus V. 29 eingefügt. (Zurück zu v.30) |