Genesis 1

Aus Die Offene Bibel

Wechseln zu: Navigation, Suche

Syntax ungeprüft

SF zuverlässig.png
Status: Zuverlässige Studienfassung – Die Übersetzung ist vollständig, erfüllt die Übersetzungskriterien und wurde mit einigen Standards der Qualitätssicherung abgesichert. Verbesserungen sind noch zu erwarten.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Genesis 1)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

Anmerkungen

Studienfassung (Genesis 1)

1 Als (nachdem, bevor)a Gott begannb, die Welt (Himmel und Erde, die Himmel und die Erde)c zu schaffen, 2 Und die Erde war (wurde) ungeformt (wüst, formlos, öde) und leer (ordnungslos)d, und Finsternis (Dunkelheit) [war] auf der Oberfläche (dem Gesicht) der Tiefe (Wassertiefe, des tiefen Wassers) und der Geist Gottese schwebte (zitterte, bewegte sich, brütete)f auf (über) der Oberfläche (dem Gesicht) des Wassers. 3 Da (und) sprach Gott: Licht soll (wird) entstehen (sein, werden)! Da (und) entstand (war, wurde) Licht. 4 Und Gott sah, dass das Licht gut [war]. So (dann, und) trennte (teilte, unterschied) Gott {zwischen} das Licht {und} von (zwischen) der Finsternis (Dunkelheit). 5 Dann (und) nannte (rief) Gott das Licht „Tag“ und die Finsternis (Dunkelheit) nannte (rief) er „Nacht“. Und (da) es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) erster Tag (Ein Tag).g 6 Dann (da, und) sprach Gott: Ein Gewölbe (Firmament)h soll (wird) inmitten des Wassers entstehen (sein, werden) und es soll {zwischen} Wasser vom Wasser trennen (teilen, scheiden). 7 {Und} Gott machte das Gewölbe (Firmament, die Feste), und (indem) er trennte (teilte, schied) {zwischen} das Wasser {welches} unterhalb des Gewölbes (Firmaments) vomi Wasser {welches} über dem Gewölbe (Firmament). Und so geschah (war) es. 8 Da (dann, und) nannte (rief) Gott das Gewölbe (Firmament) „Himmel“. Und (da, dann) es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) zweiter Tag. 9 Dann (da, und) sprach Gott: Das Wasser unter dem Himmel soll sich an (zu … hin) einem Ort sammeln und das Festland (trockene Land) soll zum Vorschein kommen (erscheinen, sich zeigen). Und so geschah (war) es. 10 Da (dann, und) nannte (rief) Gott das Festland (trockene Land) „Erde (Land)“ und die Ansammlung des Wassers nannte (rief) er „Meere (Meer)“. Und Gott sah, dass [es] gut [war]. 11 Dann (da, und) sprach Gott: Die Erde (Land) soll [grünes, frisches] Grasj, Grünpflanzen, die Samen tragenk; {und} Obstbäume sprießen (grünen, wachsen) lassen, die [jeder] nach seiner Art Früchte (Obst, Frucht) tragen (erzeugen, machen)k, in denen sich ihr Same [befindet](ihr Same [ist]), auf der Erde. Und so geschah (war) es. 12 Da (und) brachte die Erde [grünes, frisches] Grasj, Grünpflanzen, die [alle] nach ihrer Art Samen tragenk, und Obstbäume hervor, die [alle] nach ihrer Art Früchte (Obst, Frucht) tragen (erzeugen, machen)k, in denen sich ihr Same [befindet]. Und Gott sah, dass [es] gut [war]. 13 Und es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) dritter Tag. 14 Dann (da, und) sprach Gott: Lichter sollen am (im) Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels) entstehen (sein), um (so dass) {zwischen} den Tag {und} von (zwischen) der Nacht zu trennen (teilen, scheiden), und sie sollen als (für) Zeichen und als Jahreszeiten (Zeitabschnitte, Feste, Festzeiten) und als Tage und Jahre dienen (sein),l 15 und sie sollen (werden) {als} Lichter am (im) Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels) sein (werden), so dass (um) [sie] über dem Land scheinen (leuchten). Und so geschah (war) es. 16 {Und} Gott machte die beiden großen Lichter: das große Licht zur Herrschaft (Beherrschung) [über] den Tag und das kleine Licht zur Herrschaft (Beherrschung) [über] die Nacht, und die Sterne. 17 Und Gott setzte (gab) sie an (in) das Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels), so dass (damit, um) [sie] über dem Land schienen (leuchten) 18 und so dass (damit, um) [sie] am Tag und in der Nacht herrschten und so dass (damit, um) [sie] sie {zwischen} das Licht {und} von (zwischen) der Finsternis (Dunkelheit) trennten (teilten, schieden). Und Gott sah, dass [es] gut [war]. 19 Und es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) vierter Tag. 20 Dann (da, und) sprach Gott: [Im] Wasser sollen Schwärme lebendigerm Wesen (Seelen, Leben) schwärmen und Vögel (fliegende Tiere)n sollen auf der Erde unter dem (über/an dem Gesicht des)o Himmelsgewölbe (Firmament des Himmels) fliegen. 21 {Und} Gott erschuf die großen Meereslebewesen (Seeungeheuer, Seeschlangen) und alle lebendigenm Wesen, die im Wasser schwärmen (wimmeln) nach ihrer Art und alle geflügelten Vögelp nach ihrerq Art. Und Gott sah, dass [es] gut [war]. 22 Dann (danach, und) segnete Gott sie mit den Worten (indem er sprach, {folgendermaßen}): Seid fruchtbar und vermehrt euch (werdet zahlreich) und füllt das Wasser in den Meeren, und die Vögel sollen sich auf (in) der Erde vermehren (zahlreich werden)! 23 Und es wurde (war) Abend und es wurde Morgen: Ein (der) fünfter Tag. 24 Dann (da, und) sprach Gott: Die Erde soll lebendigem Wesen nach ihrer Art hervorbringen – Vieh (Tier, Tiere), {und} kriechende Tiere und Landtiere (wilde Tiere)r nach ihrer Art. Und so geschah (war) es. 25 {Und} Gott machte die (wilden) Tiere des Landes (der Erde) nach ihrer Art, {und} das Vieh (Tier, Tiere) nach seiner Art und alle auf dem Boden (Erdboden) kriechenden Tiere nach ihrer Art. Und Gott sah, dass [es] gut [war]. 26 Dann (da, und) sprach Gott: Wir wollen (werden) (Lass uns)s [den] Menschen (Adam, die Menschheit)t in (nach, als) unserem Bild (Abbild, unserer Plastik)u, nach unserer Ähnlichkeit (Gleichheit)v machen! Und (damit)w sie sollen über die Fische [im] Meer und über die Vögel [am] Himmel und über das Vieh (Tier, Tiere) und über die ganze Erde herrschen und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde (Land) kriechen.k 27 Und Gott erschuf den Menschen in (nach, als) seinem Bild (Abbild)x, im (nach dem, als) Bild Gottes erschuf er ihn, männlich und weiblichy erschuf er sie. 28 Danach (und) segnete Gott sie und Gott sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und vermehrt euch (werdet zahlreich); {und} füllt die Erde (Land), {und} unterwerft sie und herrscht über die Fische [im] Meer, {und} über die Vögel [am] Himmel und über alle (jedes) Wesen (alles Leben), die auf der Erde kriechen!k 29 {und} Gott sagte: Hiermit (schaut, siehe)z gebe ichaa euch alle Pflanzen (jede Pflanze), die Samen tragen (erzeugen)ab,k die auf der Oberfläche der ganzen Erde wachsen, und alle Bäume (jeden Baum, alles Gehölz), die in ihrenac {Baum}Früchten Samen tragen. [Sie] werden (sollen)ad euch als (zur) Nahrung dienen (gehören, sein), 30 und jedem (wilden) Tier (Lebewesen, Leben) des Landes (der Erde), {und} jedem Vogel (allen Vögeln) [am] Himmel und jedem [Tier], das auf der Erde kriecht (sich regt),ae das in sich ein lebendes (atmendes) Leben [ist] ([hat]), [werden] alle Grünpflanzen als (zur) Nahrung [dienen]af. Und so geschah (war) es. 31 Und (da, dann) Gott betrachtete (sah) alles, was er gemacht hatte (machte), und sah (siehe, ja), [dass es] sehr gut [war]. Und es wurde (war) Abend und es wurde (war) Morgen: ein (der) sechster Tag.

Anmerkungen

avgl. Lexikon, Lemma בְּ (Zurück zu v.1)
bDiese Fußnote wird lang, denn die Syntax von Gen 1,1-3 ist eines der meistdiskutierten bibelexegetischen Fragen überhaupt. Ungeduldige können daher hier direkt zu unserer Lösung der Frage springen.

Die ersten beiden Worte lauten בְּרֵאשִׁית בָּרָא; sie setzen sich zusammen aus der Präposition בְּ (die hier sehr sicher als temporales בְּ zu deuten ist), dem Substantiv רֵאשִׁית, das hier nur die Bedeutung „Anfang“ haben kann und dem Verbum בָּרָא, „er schuf“. Traditionell wurden sie meist übersetzt als selbstständiger Satz: „Am Anfang schuf...“. Diese Lesart ist aber auf entschiedenen Widerspruch gestoßen: Wenn der Text hier tatsächlich von einem bestimmten Anfang sprechen sollte, würde man hier eigentlich eine sogenannte „referential determiner phrase“ erwarten; d.h., man würde erwarten, dass רֵאשִׁית durch einen bestimmten Artikel determiniert wäre und das erste Wort daher nicht בְּרֵאשִׁית, sondern בָּרֵאשִׁית lauten würde. Die eigentliche Frage, die zu diesem Vers gestellt werden muss, ist also, warum hier der Artikel fehlt und ob der Satz auch ohne Artikel als selbstständiger Satz gelesen werden kann.
Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Antwortmöglichkeiten herauskristallisiert:

  1. Die erste Antwort stammt ursprünglich von Eduard König. Dieser hat festgestellt, dass auch andere artikellose Adverbia im „absoluten Sinne“ (König 1919, S. 129) stehen könnten, etwa מֵרֹאשׁ in Jes 40,21; Jes 41,4; Jes 41,26; Jes 48,16; Spr 8,23; Pred 3,11 und מֵרֵאשִׁית in Jes 46,10 (beide: „von Anfang an“). Dem angeschlossen haben sich z.B. Arbez/Weisengoff 1948; Heidel 1964; JM §137k; Waltke 1975 und Wenham 1987. Gegen diese Antwort ist allerdings eingewandt worden, dass es sich bei diesen Stellen durchweg um Poesie handle, wo der Artikel prinzipiell nach anderen Regeln gesetzt werde als in Prosatexten wie Gen 1, so z.B. Albright 1943, S. 369f.; Gross 1980, S. 53; Jenni 1997, S. 142; Rechenmacher 2002, S. 2. Dieser Antwort kann man sich daher zumindest nicht mehr guten Gewissens anschließen.
  2. Die zweite Antwort stammt, wenn wir richtig sehen, von Lipinski §57.3, ist aber erst von Holmstedt 2008 entwickelt worden; ihm angeschlossen haben sich dann z.B. Smith 2010 und van Wolde 2009. Holmstedt hat in seiner Dissertation zum Relativsatz im Hebräischen die Konstruktion des „restriktiven Relativsatzes“ herausgearbeitet („restriktiver Relativsatz“ heißt, dass das durch den Relativsatz modifizierte Nomen nicht bloß mit zusätzlicher Information angereichert wird wie z.B. „ein Haus, das grün ist“, sondern das durch den Relativsatz restringiert wird, z.B. „[nur] dasjenige Haus, das grün ist.“). Nach Holmstedt werden solche restriktiven Relativsätze (a) regelmäßig asyndetisch angeschlossen und stehen (b) regelmäßig ohne Artikel. Holmstedts Antwort ist aber wohl nicht haltbar, vgl. unsere Lösung der Frage.
  3. Eine dritte Antwort hat Jenni (zitiert nach Jenni 1997) gegeben; ihm angeschlossen hat sich z.B. Winther-Nielsen 1992, S. 75f. Jenni beobachtet, dass einige Begriffe wie „Anfang“ und „Ende“ gelegentlich auch so verwendet werden können, dass z.B. „Anfang der Königsherrschaft“ nicht nur für „ganz am Anfang“ (S. 148) der Königsherrschaft, sondern auch für das erste Jahr einer Königsherrschaft stehen kann. Seine Argumentation geht davon ausgehend dann so, dass er aus diesem Grunde (1) „Anfang“ und „Ende“ als gradierbare Begriffe bestimmt (was sie sehr sicher nicht sind), (2) behauptet, dass sie, wenn sie nicht absolut gebraucht werden (also wenn „Anfang des Monats“ z.B. nicht für den ersten, sondern den zehnten Tag des Monats steht), genau so betrachtet werden könnten wie Elative im Gegensatz zu Superlativen, (3) behauptet, dass sie als solche Pseudo-Elative auch ohne Artikel stehen könnten und dies (4) belegt mit Beispielen, wo entweder das betreffende Wort im Status constructus steht und daher überhaupt keinen Artikel haben kann oder wo das betreffende Wort zwar als ein solcher Pseudo-Elativ verwendet wird, aber dennoch mit Artikel steht. Entsprechend fasst er dann auch בְּרֵאשִׁית in Gen 1,1 als einen solchen Pseudo-Elativ und schlägt die Übersetzung „in sehr früher Zeit“ oder „in uranfänglicher Zeit“ vor.
    Schon allein wegen den argumentativen Schwächen sollte man sich Jennis Antwort besser nicht anschließen; zudem ist seine ursprüngliche Beobachtung mitnichten rätselhaft und lässt sich sehr einfach erklären; vgl. unsere Lösung.
  4. Die vierte Antwort ist die, der auch wir uns anschließen. Stets ohne Artikel steht ein Nomen auch dann, wenn man einen Artikel erwarten würde, wenn es im Status Constructus steht. Mit „Status Constructus“ bezeichnet man die grammatische Form eines Nomens, das als erstes Glied einer Genitiv-konstruktion fungiert. z.B. in der hebräischen Version der Genitivkonstruktion „die Lösung der Offenen Bibel“ würde „die Lösung“ im Status Constructus stehen, „der Offenen Bibel“ dagegen im Status Absolutus. Meist folgt auf ein solches Nomen im Status Constructus dann ein Nomen im Status Absolutus, aber es gibt im Hebräischen auch die Konstruktion des Substantivsatzes (vgl. Grammatik / Eintrag Hebräische Substantivsätze): Der Slot eines Nomens - gleich, in welchem „Fall“ dieses Nomen stehen müsste - kann auch von einem ganzen Satz gefüllt werden. Gen 1,1 wäre dann zu analysieren als Am Anfang des Gott-schuf-die-Welt, oder „deutscher“: „Am Anfang davon, dass Gott die Welt schuf“ bzw. „Als Gott begann, die Welt zu schaffen“. Diese Lösung ist durchaus nicht neu; unter den neueren Exegeten vertreten sie z.B. Bauks 1997; Gross 1980; Humbert 1964; Kaiser 1998; Merlo 2008; Niccacci 1990; Orlinsky 1983; Rechemnacher 2002; Speiser 1964; Smith 1928; Weippert 2004; als Status Constructus wurde בְּרֵאשִׁית außerdem bereits interpretiert von Rashi; Ibn Ezra; Hugo Grotius; Böttcher 1863; Skinner 1910 und anderen, die es dann aber für notwendig hielten, בָּרָא umzupunktieren zum Infinitiv בְּרֹא, wie dies auch neuerdings wieder Good 2009 vorgeschlagen hat.


Natürlich sind im Laufe der Exegese auch einige Argumente gegen diese Lösung vorgebracht worden, zu denen wir daher noch kurz Stellung nehmen wollen.

  1. Häufig vorgebracht wurde das Gegenargument, dass die Massoreten בְּרֵאשִׁית und בָּרָא durch den disjunktiven Akzent „Tifcha“ getrennt hätten, was bedeuten müsse, dass sie damit die Interpretation als Constructus-Konstruktion gezielt ausschließen wollten (da disjunktive Akzente häufig signalisieren, dass zwei Worte nicht in einer Constructus-Verbindung stehen; vgl. BHRG §25.1, note 1); so z.B. Bandstra 2008; König 1919; Soggin 1997; Young 1959; Westermann 1983. Dagegen hat Waltke 1975 aber gezeigt, dass sogar das selbe Wort (בְּרֵאשִׁית) an anderen Stellen, an denen es definitiv im Status Constructus steht, ebenfalls mit einem Tifcha markiert ist, so Jer 26,1; Jer 27,1; Jer 28,1.
  2. Ein anderes Gegenargument ist das, dass, wenn Gen 1,1 so wie oben dargelegt gelesen wird, es ja ein Satzgefüge entweder mit Gen 1,2 oder Gen 1,3 (vgl. u.) bildet; man dann aber dort eine andere Satzstellung erwarten würde. Z.B. im Falle davon, dass Gen 1,1 Vordersatz zu Gen 1,2 ist (wie es hier gelesen wird) sollte eigentlich die Worstellung Wayyiqtol - X oder Qatal - X erwartet werden, was aber steht, ist Waw - X - Qatal - so z.B. Cassuto 2005, S. 19f. Diese Wortstellung kann aber ganz verschiedene Gründe haben und ist damit keineswegs ein gültiges Gegenargument; z.B. könnte damit Emphase ausgedrückt werden, es könnte eine Topikalisierungsstrategie sein (unsere Deutung; so auch schon König 1919, S. 135f.; Waltke 1975, S. 225. „Topikalisierung“ ist ein Begriff aus der funktionalen Grammatik und bedeutet unter anderem, dass ein Begriff aus einem vorangehenden Diskursabschnitt, der wieder aufgegriffen wird, an die Satzspitze gestellt wird. Z.B. auf die Frage „Welche Antwort ist besser - Antwort X oder Antwort Y?“ könnte man antworten „Ich finde Antwort X besser.“, oder aber man könnte antworten „Antwort X finde ich besser, weil...“ und damit „Antwort X“ topikalisieren.) und so weiter. Merkwürdigerweise deutet Cassuto im Folgenden die Wortstellung offenbar selbst als Topikalisierungsstrategie und kommentiert: „It is as though Scripture said: [...] 'As for the earth alluded to in the first verse, I must tell you that at the beginning of its creation, it was without form or life,' etc.“ (S. 21)
  3. Ein drittes Gegenargument ist, dass sich bei dieser Lesart ein allzu langer Satz ergeben würde. So am sinnvollsten Westermann 1983, S. 135: „Ein stilistisches Argument sei noch erwähnt. „Diese Konstruktion ist verzweifelt“ hat Wellhausen im Blick auf die temporale Unterordnung von Vers 1 gesagt [...]. Man kann dieses Urteil stilistisch begründen. Die Sprache von P in Gn 1 hat ihre Eigenart in den durch das Kapitel hindurch gleichbleibenden Sätzen. Dies sind alles kurze Sätze [...]. Wenn nun Vers 1 eine Eigenprägung von P ist - und das kann kaum bestritten werden -, gehört er in die Reihe dieser kurzen Sätze hinein.“
    Darauf antworten lässt sich mit Rückbezug auf andere altorientalische Kosmogonien. Für diese sind ungewöhnlich lange Anfangssätze so typisch, dass z.B. Wilcke 1977, S. 215 davon ausgeht, dass es sich hier um gezielt eingebaute Texteme mit der Funktion der „Erzeugung von Spannung im Zuhörer, den der Dichter fesseln will“, handle - vgl. z.B. dass stets zitierte Enuma Elisch, aber z.B. auch die Einleitung von "Enki und Ninma" (COS 1.159), die der "Mythologischen Einleitung zur Beschwörung in einem Tempelweihe-Ritual" (vgl. z.B. Lange u.a. 1999, S. 20) oder die Einleitung des Rituals gegen Zahnschmerzen  (vgl. Krebernik 2005, S. 152); außerdem verweisen könnte man auf die häufigeren Bezugnahmen auf den Zeitpunkt der Schöpfung durch lange Temporalsatzverbünde im Gilgamesch-Epos (ETCSL 1.8.1.1-5.1). Die „untypisch lange Konstruktion“ ist daher etwas, dass man angesichts dieser Parallelen schlecht gegen die Constructus-Deutung einwenden kann.
    In diesem Zusammenhang sei übrigens auch gleich noch darauf verwiesen, dass die ebenso häufige Behauptung, der Anfang der Genesis sei ohne Parallelen in den anderen altorientalischen Schöpfungsmythen, ebenso falsch ist; vgl. die Theogonie von Dunnu (COS 1.112): „At the very beginning [ina resch; vgl. Gen 1,1: be-reschit] (Plough married Earth) and / they (decided to establish (?)) a family (?) and dominion.“ (Üs. nach Dalley 2000, S. 279).


Dass die hier vertretene Deutung aber regelrecht die richtige Antwort sein muss, ist durch eine semantische Beschreibung von רֵאשִׁית so einfach klar zu machen, dass es sehr überraschend ist, dass diese exegetische Frage bisher noch nicht derart angegangen wurde.
„Anfang“ ist (a) ein sogenannter „individueller Term.“ Es ist dies ein Begriff aus dem Umfeld der philosophischen Logik und der sprechanalytischen Philosophie; man bezeichnet damit Begriffe, die sich nicht auf mehrere Referenten, sondern nur auf genau einen Referenten beziehen können. Z.B. der Ausdruck „ein Bibelvers“ könnte sich auf tausende von Bibelverse beziehen und ist damit ein „genereller Term“; „Gen 1,1“ dagegen kann sich auf nur genau einen Vers, nämlich Gen 1,1 beziehen, und ist damit ein „individueller Term“. Dass „Anfang“ derart als monoreferentieller Begriff aufzufassen ist, der sich im jeweiligen Fall nur auf einen Referenten beziehen kann - kein Geschehen hat mehrere Beginne - ist auch der Grund, warum man es nur in einer referential determiner phrase - d.h., mit best. Artikel - erwarten würde. Es ist außerdem der Grund, aus dem Holmstedt´s Lösungsversuch abzulehnen ist: individuelle Terme lassen sich nicht durch restriktive Relativsätze restringieren, da sie ohnehin schon monoreferentiell sind. *„Jener Anfang, der...“, *„Jenes Ende, das...“ oder *„Jenes Innere, das...“ etc. funktioniert nur, wenn man vorraussetzt, dass es mehrere Anfänge, Enden und „Innere“ (wovon sich ja nicht mal ein Plural bilden lässt) gibt, was aber mit diesen monoreferentiellen Begriffen nicht vereinbar ist.
„Anfang“ ist (b) ein sogenannter „vager Term“. Dieser Begriff stammt aus dem selben Umfeld wie „individueller Term“; man bezeichnet damit Begriffe, deren Referent nicht genau umrissen ist. „Hoch“ etwa ist ein vager Term, denn es könnte genau so gut für die Höhe von 1,5 Meter, 2 Meter oder 100 km stehen. „1,5 m hoch“ dagegen ist klar umrissen. „Anfang“ nun ist ebenfalls als vager Term zu bestimmen, denn - wie wir das ja auch aus der Struktur des Deutschen kennen - z.B. „Anfang des Monats“ kann ebenso gut für den ersten Tag wie für den den zweiten Tag oder den fünften Tag eines Monats stehen. Und damit lässt sich die ursprüngliche Beobachtung Jennis erklären; es ist gar nicht nötig, zur Erklärung derartige pseudo-elativische Konstruktionen anzusetzen, wie Jenni dies tut.

„Anfang“ ist (c) ein sogenanntes „relationales Nomen“, wie auch die meisten anderen individuellen Terme relationale Nomen sind. Der Begriff stammt aus dem Umfeld der nominalen Valenz; man bezeichnet damit Nomina, die semantisch unselbstständig sind und deshalb eine Ergänzung durch ein weiteres Nomen z.B. im Genitiv fordern. Eine Äußerung wie *„Das Innere ist eklig“ macht keinen Sinn; erst wenn „das Innere“ ergänzt wird durch etwas wie „des menschlichen Körpers“ lässt sie sich verstehen: „Das Innere des menschlichen Körpers ist eklig“. Zum Begriff „Anfang“ vergleiche Crysmann 2011; ad loc. ähnlich Merlo 2008, S. 74. Wenn man רֵאשִׁית, verwendet als „Anfang“, als ein solches relationales Nomen bestimmt, folgt daraus, dass stets zu erwarten ist, es mit einer Genitivergänzung anzutreffen, und in der Tat ist dies im Hebräischen der Fall; vgl. z.B. Jer 26,1; Jer 27,1; Jer 28,1; Jer 49,34; (Hos 9,10;); 1QS 10,1; 1QS 10,5; 1QS 10,13; 1QS 10,15; 1QH 12,6 (Stellen nach Rottzoll 1991, S. 248).
(Zurück zu v.1)
cDer Merismus „Himmel und Erde“ ist im Hebräischen der Standart-Ausdruck für den Kosmos/das Universum; vgl. ad loc. Arbez/Weisengoff 1948, S. 146; Sasson 1992, S. 184; Scharbert 1990, S. 39; Soggin 1997, S. 23f.; Waltke 1975, S. 218; Wenham 1987; Westermann 1983, S. 140f.
Gerne wird geschrieben, als solcher könne er nur für eine „geordnete“ Welt stehen und deshalb könnten Vv. 1-2 gar nicht ausdrücken, dass die Welt, die Gott schafft, anfangs chaotisch sei, aber das ist nur Eisegese. (Zurück zu v.1)
dHier werden zwei hebräische Substantive wie Adjektive gebraucht (und übersetzt), ein Phänomen, das im AT immer wieder vorkommt. (Zurück zu v.2)
eTheoretisch möglich sind auch Übersetzungen wie „Wind [von] Gott“ oder „ein starker Wind“ (das Wort „Gott“ wäre dann lediglich intensivierendes Element), vgl. NET Gen 1,2, Fußnote 10; G. v. Rad übersetzt: „ein Gottessturm“, Westermann: „Gottessturm“ (Zurück zu v.2)
fDie genaue Konnotation des Wortes ist wegen seiner Seltenheit nicht genau zu bestimmen. Die Urbedeutung scheint „schweben“ zu sein. An anderer Stelle (Jer 23,9) heißt es entweder „zittern“ oder „schlaff/schwach sein“, in Dt 32,11 steht es für das schützende Schweben eines Vogels über seinen Jungen. Die verwandte syrische Wurzel unterstützt auch die Denotation „brüten“, „entspannt sein“ (BDB, רָחַף). Der Geist würde sich dann in Vorbereitung auf kommende Schöpfungsakte über dem Wasser bewegen (NET Gen 1,2, Fußnote 11). Die Vorstellung des Ausbrütens eines „Welteis“ für Genesis 1 ist jedoch in der neueren Forschung verworfen worden, siehe Kommentar:Genesis 1. (Zurück zu v.2)
gDiese Einteilung folgt dem jüdischen Verständnis, nach dem der Tag bei Sonnenuntergang beginnt. (Zurück zu v.5)
hIm hebräischen Weltbild hielt das Firmament den (soliden) Himmel und die Erde auseinander. Skizziert wird also die Erschaffung der Atmosphäre. LUT: „Feste“, REB: „Wölbung“, NL: „Raum“. (Zurück zu v.6)
iWörtlich „und zwischen“. (Zurück zu v.7)
jDas Wort steht speziell für junges, frisches Gras (EU: „junges Grün“, GNB: „frisches Grün“; DBL Hebrew 2013). (Zurück zu v.11 / zu v.12)
kAuflösung eines attr. Ptz. (zu v.11 / zu v.12 / zu v.26 / zu v.28 / zu v.29)
lLässt sich verschieden deuten: „Sie sollen als Zeichen für … dienen“ (GNB, NL, NET, NIV) oder „Sie sollen als Zeichen dienen und [zur Bestimmung] von Jahreszeiten, Tagen und Jahren“ (Menge, EU, REB, SLT). (Zurück zu v.14)
mEigentlich ein Nomen; s.a. Anm. in V. 2. (Zurück zu v.20 / zu v.21 / zu v.24)
nSchließt auch Insekten mit ein (DBL Hebrew 6416). (Zurück zu v.20)
oEine für uns eigentümlicher Ausdruck, wörtl.: Auf/Über/An der Erde, auf/über/am dem Gesicht/der Oberfläche des Himmelsgewölbes. Da das Gewölbe als feste Barriere gedacht wurde, kann hier also nur zwischen dem Gewölbe und der Erde gemeint sein. (Zurück zu v.20)
pWörtlich „Vögel (col.) Flügel (Sg.)“. (Zurück zu v.21)
qWörtlich „seiner“, weil „Vögel“ im Hebräischen ein Sammelbegriff ist, der nur im Sg. vorkommt. (Zurück zu v.21)
rJedes der drei Wörter, die hier Tierkategorien bezeichnen, ist ein Sammelbegriff, steht im Urtext also im Sg. So auch in den folgenden Versen. (Zurück zu v.24)
sEs gibt verschiedene Theorien, warum Gott hier im Plural spricht. Eine abwägende Meinung s. NET Gen 1,26, Fußnote 47. (Zurück zu v.26)
tDas im Hebräischen häufige Wort für Mensch ist zugleich der Name des ersten Menschen Adam (אָדָם). Das Wort ist von dem Wort אֲדָמָה („Erdboden“) abgeleitet, das etwa in V. 25 verwendet wurde („Boden“). Ein Artikel fehlt hier, so dass das Wort als Oberbegriff oder Gattungsbezeichnung verstanden werden kann (s.a. 26b „sie sollen herrschen“ und 5,2). S.a. NET Gen 1:26 Fußnote 48. (Zurück zu v.26)
uDas Wort bezeichnet allgemein ein repräsentatives Abbild oder eine Plastik (G.v.Rad, Das erste Buch Mose) von etwas, häufig die Repräsentation eines Gottes durch ein Götzenbild (THAT צֶלֶמ, TWOT 1923a). (Zurück zu v.26)
vHäufig als „uns ähnlich/gleich“ übersetzt. (Zurück zu v.26)
wEine finale Deutung („damit“) ist aufgrund der Grammatik sehr wahrscheinlich. (Zurück zu v.26)
xVgl. Anm. in V. 26. (Zurück zu v.27)
yTraditionell: „als Mann und Frau“ (Zurück zu v.27)
z„Siehe“ oder „Schaut“ wird häufig zur Verstärkung der Gegenwärtigkeit einer Handlung benutzt und sollte hier in Verbindung mit dem Vollzugsperfekt am besten als „hiermit“ verstanden werden. (Zurück zu v.29)
aaAls Vollzugsperfekt verstanden. Möglich wäre auch „ich habe … gegeben“, der Kontext (v.a. „Siehe“) spricht aber dagegen. (Zurück zu v.29)
ab„Samen“ und „tragen“ stammt im Hebräischen von derselben Wurzel (Figura etymologica). Die Pflanze „samt“ dann also Samen. So auch weiter unten. (Zurück zu v.29)
acWeil „Bäume“ ein Sammelbegriff (Sg.) ist, steht dieses Wort auf Hebräisch im Sg. (Zurück zu v.29)
adSingular. In Verbindung mit dem eingefügten „[Sie]“ dem deutschen Sprachgebrauch angepasst. (Zurück zu v.29)
aeAufgelöstes subst. Ptz. (Zurück zu v.30)
afDas Verb wurde zur Verständlichkeit aus V. 29 eingefügt. (Zurück zu v.30)