Lukas 1: Unterschied zwischen den Versionen

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'''1-4''': Als einziger der vier Evangelisten beginnt Lukas sein Doppelwerk mit einem kurzen Abschnitt über Sinn und Wesen des Folgenden. Solche einleitenden Vorworte sind in griechischen historischen Werken üblich; ihr Sinn hier ist v.a. auch, zu zeigen, dass das Folgende den Qualitätskriterien einer historischen Schrift genügt. Lukian (2. Jh. n. Chr.) etwa charakterisiert gute Geschichtsschreibung in ''Wie soll man Geschichte schreiben?'' 47f. wie folgt: <br />
 
'''1-4''': Als einziger der vier Evangelisten beginnt Lukas sein Doppelwerk mit einem kurzen Abschnitt über Sinn und Wesen des Folgenden. Solche einleitenden Vorworte sind in griechischen historischen Werken üblich; ihr Sinn hier ist v.a. auch, zu zeigen, dass das Folgende den Qualitätskriterien einer historischen Schrift genügt. Lukian (2. Jh. n. Chr.) etwa charakterisiert gute Geschichtsschreibung in ''Wie soll man Geschichte schreiben?'' 47f. wie folgt: <br />
''Die Gegenstände selbst aber soll der Geschichtschreiber nicht auf's Geradewohl zusammentragen, sondern erst nach vorhergegangener sorgfältiger, bisweilen selbst mühsamer und wiederholter Prüfung zur Darstellung ausheben. Hauptsächlich aber berichte er uns das, wovon er als Augenzeuge sprechen kann; und kann er es nicht, so höre er wenigstens auf die Zeugnisse derer, von denen er voraussetzen kann, dass sie als unbestichliche Wahrheitsfreunde weder von Gunst noch von Ungunst sich bestimmen lassen werden, irgendeine Tatsache zu verkleinern oder zu vergößern. Und hier wird vornehmlich das Talent erfordert, mit Sicherheit zu urteilen, und durch richtige Kombinationen das Wahrscheinlichste auszumitteln.''<br />
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''Die Gegenstände selbst aber soll der Geschichtschreiber nicht auf's Geradewohl zusammentragen, sondern erst nach vorhergegangener sorgfältiger, bisweilen selbst mühsamer und wiederholter Prüfung zur Darstellung ausheben. Hauptsächlich aber berichte er uns das, wovon er als Augenzeuge sprechen kann; und kann er es nicht, so höre er wenigstens auf die Zeugnisse derer, von denen er voraussetzen kann, dass sie als unbestechliche Wahrheitsfreunde weder von Gunst noch von Ungunst sich bestimmen lassen werden, irgendeine Tatsache zu verkleinern oder zu vergößern. Und hier wird vornehmlich das Talent erfordert, mit Sicherheit zu urteilen, und durch richtige Kombinationen das Wahrscheinlichste auszumitteln.''<br />
 
''Und wenn er dann seinen Stoff ganz oder größtenteils beisammen hat, so fange er damit an, denselben in einem voräufigen Entwurf zusammenzuordnen, so dass das Ganze vorerst als ein roher, noch ungegliederter, reizloser Körper vorhanden sei. Jetzt erst lege er die ausbildende Hand an, gebe dem Ganzen, wie jedem einzelnen Teil, seine Schönheit und Vollendung, und schmücke sein Werk mit den Reizen des Ebenmaßes und den blühenden Farben der Darstellung.'' (Üs. nach [https://de.wikisource.org/wiki/Wie_soll_man_Geschichte_schreiben%3F Pauly]).<br />
 
''Und wenn er dann seinen Stoff ganz oder größtenteils beisammen hat, so fange er damit an, denselben in einem voräufigen Entwurf zusammenzuordnen, so dass das Ganze vorerst als ein roher, noch ungegliederter, reizloser Körper vorhanden sei. Jetzt erst lege er die ausbildende Hand an, gebe dem Ganzen, wie jedem einzelnen Teil, seine Schönheit und Vollendung, und schmücke sein Werk mit den Reizen des Ebenmaßes und den blühenden Farben der Darstellung.'' (Üs. nach [https://de.wikisource.org/wiki/Wie_soll_man_Geschichte_schreiben%3F Pauly]).<br />
 
All diese Kriterien erfüllt seine Schrift, so Lukas: Zumindest seine Quellen waren Augenzeugen der berichteten Geschehnisse und als „Diener des Wortes“ vertrauenswürdig (V. 2); ihre diversen Berichte hat Lukas aufmerksam gelesen oder gehört (V. 3) und den so gesammelten Stoff zu einer Erzählung „zusammengeordnet“ (ebd.). Aus diesem Grund darf er hoffen, dass seiner Darstellung mehr Verlässlichkeit zukommt als dem, was sein Adressat Theophilos schon zuvor vom Hörensagen weiß.
 
All diese Kriterien erfüllt seine Schrift, so Lukas: Zumindest seine Quellen waren Augenzeugen der berichteten Geschehnisse und als „Diener des Wortes“ vertrauenswürdig (V. 2); ihre diversen Berichte hat Lukas aufmerksam gelesen oder gehört (V. 3) und den so gesammelten Stoff zu einer Erzählung „zusammengeordnet“ (ebd.). Aus diesem Grund darf er hoffen, dass seiner Darstellung mehr Verlässlichkeit zukommt als dem, was sein Adressat Theophilos schon zuvor vom Hörensagen weiß.
  
 
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Version vom 23. Dezember 2019, 15:49 Uhr

Syntax OK

SF in Arbeit.png
Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
Folgt-später.png
Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Lukas 1)

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45

46Und Maria sprach:


„Ich preise den Herrn,

47ich danke Gott, meinem Retter

48dafür, dass er sich meiner angenommen hat -

von nun an wird jeder mich für glücklich halten!:


49Der Mächtige hat Großes an mir getan.

Heilig ist er!

50Seine Huld wird ewig währen

für jene, die ihn fürchten.


51Nun wird er Gewaltiges mit seiner Macht wirken:

Er wird Hochmütige vernichten;

52er wird Machthaber von ihren Thronen herabstürzen

und Arme erhöhen;

53Hungernde wird er mit Gutem bereichern

und Reiche mit leeren Händen fortschicken.


54/ 55Er hat sich Israels angenommen:

er hat sich Abraham und seiner ganzen Nachkommenschaft

gnädig mit seiner Huld zugewandt -

gerade so, wie er es unseren Vorfahren verheißen hat.

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80

Anmerkungen

Studienfassung (Lukas 1)

((Vorrede))

1 Weil ja vielea versucht (es unternommen) haben,b eine Erzählung aufzuschreiben über die Dinge, die bei uns vollendet (erfüllt)c wurden, 2 [und zwar] so, wie uns die überliefert haben, die von Anfang an Augenzeugen und [später] Diener des Wortes waren,d 3 schien es auch mir sinnvoll (beschloss auch ich), nachdem (der) ich von Beginn an (seit Langem) allem (allen) genau gefolgt bin,e dir's geordnetf aufzuschreiben, verehrter Theophilos,g 4 damit du die Zuverlässigkeit der Worte erkennst, über die (in denen) du unterrichtet worden bist.h


5 Es war in den Zeiten des Herodes, König von Judäa, irgendein Priester mit Namen Zacharias, aus der Klasse (Wochendienst) des Abijah, und seine Frau war aus den Töchtern des Aaron und der Name dieser war Elisabeth. 6 Es waren aber beide gerecht vor Gott, wobei beide in allen Befehlen und Satzungen des Herrn untadelig (fehlerlos) wandelten. 7 Aber es war ihnen kein Kind, weil die Elisabeth unfruchtbar war, und beide waren alt in ihren Tagen. 8 Es war aber, als er seinen Priesterdienst leistete, in der Ordnung seiner Klasse (seines Wochendienstes), vor Gott, 9 gemäß des Brauches der Priesterschaft, erhielt er das Los, den Weihrauch im Tempel des Herrn darzubringen, 10 und die ganze Menge des Volkes war außerhalb, betend, zur Stunde des Weihrauches. 11 Es erschien ihm aber ein Engel des Herrn, stehend auf der Rechten des Altars des Weihrauches. 12 Und er geriet in Unruhe, als Zacharias ihn sah und es fiel Furcht auf ihn. 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 Dieser wird groß sein und er wird Sohn des Allerhöchsten genannt werden und der Herr, Gott, wird ihm geben den Thron Davids, seines Vaters. 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46Und Mariai sprach:

„Meine Seele (Ich)j preist (macht großk, dankt)l den Herrn

47und mein Geist (Ich)j jubelt (begann, zu jubeln)m über Gott (dankt Gott)l, meinen Retter,

48denn (dafür, dass)l auf die Armut (Niedrigkeit, Demut)n seiner Sklavin (Magd)o hat er geschaut (sich angenommen)p -

{siehe}q von nun an halten für glücklich (werden mich für glücklich halten)r mich alle Geschlechter (jeder)! - (:)s


49{denn (dafür, dass)l}s der Mächtige hat Großes an mir getan -

{und (dessen)}t heilig [ist (sei)] sein Name (er)u! -

50{und}v seine Huld (Gnade, Erbarmen, Barmherzigkeit)w [ist (währt, wird währen)x] in Generationen und Generationen (alle Generationen, ewig)x

für jene, die ihn fürchten.y


51([So hat er begonnen, zu tun, Nun wird er tun])z Machttaten (Gewalt, (seine) Herrschaft) hat er getan (ausgeübt)aa mit seinem Arm (Macht)aa:ab

er zerstreute (machte zunichte)ac Hochmütige (Stolze)ad an der Gesinnung ihres Gemüts (Hochmütige)ae ;

52er stürzte Machthaber (Mächtige)af von [ihren] Thronen [herab]ag

und erhöhte Arme;

53Hungerndeah bereichert (füllt, sättigt)ai er mit Gutem (Gütern)

und Reiche schickt er leer (mit leeren Händen)aj fort.


54Er hat sich Israel, seines Sklaven (Knaben, Knechtes) angenommen:ak

er hat sich (gnädig) zugewandt (hat gedacht an)ak mit [seiner] Huld (huldvoll, was seine Huld angeht)ak -al

55wie er es (ja auch) unseren Vätern (Vorfahren) gesagt hat (verheißen hat)am -

(für) Abraham und seinem Samen (seine Nachkommen) auf ewig (allen seinen Nachkommen, seiner ganzen Nachkommenschaft).

56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79 80

Anmerkungen

1-4: Als einziger der vier Evangelisten beginnt Lukas sein Doppelwerk mit einem kurzen Abschnitt über Sinn und Wesen des Folgenden. Solche einleitenden Vorworte sind in griechischen historischen Werken üblich; ihr Sinn hier ist v.a. auch, zu zeigen, dass das Folgende den Qualitätskriterien einer historischen Schrift genügt. Lukian (2. Jh. n. Chr.) etwa charakterisiert gute Geschichtsschreibung in Wie soll man Geschichte schreiben? 47f. wie folgt:
Die Gegenstände selbst aber soll der Geschichtschreiber nicht auf's Geradewohl zusammentragen, sondern erst nach vorhergegangener sorgfältiger, bisweilen selbst mühsamer und wiederholter Prüfung zur Darstellung ausheben. Hauptsächlich aber berichte er uns das, wovon er als Augenzeuge sprechen kann; und kann er es nicht, so höre er wenigstens auf die Zeugnisse derer, von denen er voraussetzen kann, dass sie als unbestechliche Wahrheitsfreunde weder von Gunst noch von Ungunst sich bestimmen lassen werden, irgendeine Tatsache zu verkleinern oder zu vergößern. Und hier wird vornehmlich das Talent erfordert, mit Sicherheit zu urteilen, und durch richtige Kombinationen das Wahrscheinlichste auszumitteln.
Und wenn er dann seinen Stoff ganz oder größtenteils beisammen hat, so fange er damit an, denselben in einem voräufigen Entwurf zusammenzuordnen, so dass das Ganze vorerst als ein roher, noch ungegliederter, reizloser Körper vorhanden sei. Jetzt erst lege er die ausbildende Hand an, gebe dem Ganzen, wie jedem einzelnen Teil, seine Schönheit und Vollendung, und schmücke sein Werk mit den Reizen des Ebenmaßes und den blühenden Farben der Darstellung. (Üs. nach Pauly).
All diese Kriterien erfüllt seine Schrift, so Lukas: Zumindest seine Quellen waren Augenzeugen der berichteten Geschehnisse und als „Diener des Wortes“ vertrauenswürdig (V. 2); ihre diversen Berichte hat Lukas aufmerksam gelesen oder gehört (V. 3) und den so gesammelten Stoff zu einer Erzählung „zusammengeordnet“ (ebd.). Aus diesem Grund darf er hoffen, dass seiner Darstellung mehr Verlässlichkeit zukommt als dem, was sein Adressat Theophilos schon zuvor vom Hörensagen weiß.

aviele - schwer verständliche Übertreibung. Gern damit verteidigt, dass Lukas ja in der Tat aus mehreren Quellen schöpfte, insofern er sich bei der Abfassung seines Evangeliums am Markusevangelium, an der „Spruchquelle Q“ und an weiteren Quellen, die nur ihm vorlagen, bediente. Eine „verfasste Erzählung“ über „die Dinge, die bei uns vollendet wurden“, ist darunter aber einzig Mk. (Zurück zu v.1)
bWeil ja viele versucht (es unternommen) haben leitet den ersten Grund ein, aus dem sich Lukas zur Abfassung seines Doppelwerks entschlossen hat (der zweite Grund folgt V. 4). epicheireo bedeutet in der Regel „(vergeblich) versuchen“ und hat diese Bedeutung auch in Apg 9,29; 19,13, den einzigen anderen Stellen, an denen das Wort im NT verwendet wird. Weil in V. 3 sich Lukas aber mit kamoi „auch mir“ unter seine Vorgänger einreiht, glauben viele Kommentatoren, dass hier dagegen das Wort ganz neutral „etwas unternehmen“ bedeute. Das ist nicht auszuschließen; ganz überzeugend ist es nicht: Allein von dieser Selbsteinordnung her auszuschließen, dass Lukas seine Vorgänger kritisiere, überfordert das Wort; vor allem aber: Wie soll dann die Tatsache, dass schon andere getan haben, was Lukas nun angeht, ein Grund für sein Unterfangen sein? Die sprachlich näheste Parallele findet sich in Josephus, De bello judaico I 6 17, wo mit „weil schon viele Juden vor mir die Geschichten unserer Vorfahren genau zusammengestellt haben...“ gerade begründet wird, dass es Josephus überflüssig scheint, das selbe zu wiederholen. Das Schlechtreden von Vorgängern im Vorwort eines Werkes zur Rechtfertigung und Anpreisung desselben findet sich dagegen sehr häufig in griechischen Texten; vgl. z.B. Hippokrates, De prisca medicina I 1: „Wer immer versucht hat, über Medizin zu sprechen oder zu schreiben, [...] lag in vielem falsch, was er sagte“; Diodorus Siculus, Bibliotheca Historica I 3.1; Philo, De vita mosis I 1 3f. u.ö. Vgl. gut z.B. Fitzmyer 1981, S. 291. (Zurück zu v.1)
cvollendet (erfüllt) - Gr. pleroforeo. Das verwandte Wort pleroo wird auch von Lukas öfter dazu verwendet, um auszudrücken, dass eine Verheißung älterer heiliger Schriften in der Geschichte Jesu „zur Erfüllung gekommen“ sei (s. z.B. Lk 4,20) und viele Kommentatoren und Üss. denken, das sei auch hier die Bed. des verwandten Wortes. Verwendet wird aber eben gerade ein anderes Wort, und Objekt des Verbs sind hier nicht zu erfüllende „Schriften“, „Worte“ etc., sondern „Ereignisse“; viel wahrscheinlicher ist daher, dass Lukas nur davon spricht, dass die Ereignisreihe, die er hier zu erzählen gedenkt, zu seiner Zeit „abgeschlossen“ ist (vgl. richtig Wolters 2008, S. 62). (Zurück zu v.1)
ddie von Anfang an Augenzeugen und [später] Diener des Wortes waren - oder: „die von Anfang an Augenzeugen [waren] und [dann] Diener des Wortes wurden“ (so NSS), was aber syntaktisch nicht sehr nahe liegt. Möglich außerdem, dass sich beide Bezeichnungen auf unterschiedliche Personengruppen beziehen: „die, die von Anfang an Augenzeugen waren und die, die Diener des Wortes waren“. Gemeint sind wahrscheinlich die Apostel; vgl. Apg 1,21 („Apostel“: Einer, der [als Augenzeuge] „dabei war“, nämlich „anfangend von der Taufe des Johannes“, und heute „Zeuge von Jesu Auferstehung“ ist); ähnlich 10,37-39, was erstens dafür spricht, dass Lukas sich hier nur auf eine Personengruppe bezieht, und zweitens wahrscheinlich macht, dass mit „Anfang“ hier wie üblich der „Anfang des Wirkens Jesu“ von der Taufe des Johannes an gemeint ist.
Das Wort für „Augenzeuge“, autoptes, ist hier vielsagend: Selbst „Augenzeuge“ gewesen zu sein oder wenigstens ursprüngliche Augenzeuge gründlich befragt zu haben, war ein Qualitätsmerkmal guter Historiker. Lukas Vorgänger haben versucht, diese Anforderung guter Geschichtsschreibung zu erfüllen, und impliziert ist natürlich: gerade er wird dies auch versuchen. (Zurück zu v.2)
enachdem ich von Beginn an allem (allen) sorgfältig gefolgt bin - umstrittener Ausdruck, gemeint ist wohl: Lukas hat alle Quellen genau gelesen oder ihnen aufmerksam gelauscht und sie dann treu wiedergegeben.

Genauer: Umstritten, da false friend:
(1) Die meisten Kommentatoren, Üss. und Wörterbücher gehen davon aus, dass parakoloutheo ebenso wie das Dt. „nachgehen“ für „einer Sache nachgehen“ i.S.v. „sie erforschen“ stehen könne; Lukas würde dann für sich in Anspruch nehmen, „gut wissenschaftlich“ mit seinen Quellen gearbeitet zu haben. Anders als im Dt. hat das gr. Wort diese Bedeutung jedoch nie und bedeutet gerade nicht das kritische Untersuchen im Nachhinein, sondern das affirmative Mitvollziehen einer Sache oder einer Rede im Moment ihres Geschehens (vgl. gut Wolters 2008, S. 64; bes. auch schon Cadbury 1922b; Ropes 1923, S. 70 u.a. Demosthenes XVIII 172 und XIX 257, worauf BDAG s.v. verweist, kann diese Bedeutung gar nicht haben, da Objekt des „Folgens“ zeitgenössische Ereignisse resp. Taten eines zeitgenössischen Mannes sind.).
(2) Dennoch aber kann man Reden und Schriften „nachgehen“, insofern man ihnen „folgt“, also aufmerksam liest oder zuhört. Vgl. z.B. Josephus, Contra Apion I 217, wo er drei griechische Historiker für Ungenauigkeiten in Schutz nimmt, „da es ihnen ja nicht möglich war, unseren Schriften sorgfältig zu folgen“; schön z.B. auch in Theophrasts Abschnitt 4 des Vorworts zu seinen „Charakteren“: „Nun will ich mit meinem Text beginnen, du aber folge verständig und siehe zu, ob ich wahr spreche!“ u.ö. Bezieht man das allem (allen) auf die Lukas vorliegenden Erzählungen, die er gründlich gelesen, und die Berichte seiner Augenzeugen, denen er aufmerksam gelauscht hat, würde Lukas immerhin doch wenigstens „sorgfältige Arbeit mit seinen Quellen“ für sich in Anspruch nehmen.
(3) Alternativ kann man Ereignissen „nachgehen“, indem man selbst als Augenzeuge bei diese Geschehens anwesend war (so z.B. sehr klar in Josephus, Contra Apion I 53: „[Ein Historiker muss die Tatsachen, über die er schreibt,] zunächst sorgfältig in Erfahrung gebracht haben – entweder, indem er den Geschehnissen gefolgt ist [wie in seinem Fall, da er den ganzen jüdischen Krieg miterlebt hat] oder indem er sie von Kundigen erfragt.). Cadbury und Ropes wählen diese Bedeutung und denken, Lukas spreche hier von den Ereignissen, von denen in den „Wir-Passagen“ der Apostelgeschichte die Rede ist (Apg 16,10-17; 20,5-15; 21,1-18; 27,1-37; 28,1-16) und „übertreibe nur leicht“, wenn er diese hier als „alles“ bezeichne. Selbst, wenn dies die richtige Erklärung des „Wir“ in diesen umstrittenen Abschnitten sein sollte, wäre „alles“ hier aber durchaus nicht nur eine „leichte Übertreibung“.

(4) Alexander 1997, S. 128f. erwägt außerdem die (belegten) Spezialbedeutungen „Quellen folgen“ i.S.v. „ihnen gerecht werden, insofern man sie getreu wiedergibt“; auch Wolters 2008, S. 57: „... ich, der ich mich an alles von Anfang an genau gehalten habe...“. Der Sinn wäre letztlich der selbe wie bei (2), Bed. (2) ist aber besser belegt und (nur) deshalb etwas wahrscheinlicher. (Zurück zu v.3)
fgeordnet - ein weiteres Qualitätsmerkmal guter historischer Schriften; nach dem Sammeln und Sichten der Quellen sind die nächsten Schritte das Anordnen des Materials und die rhetorisch gelungene Ausgestaltung. Für ein Bsp. s. die Anmerkungen. (Zurück zu v.3)
gverehrter Theophilos - theophilos ist w. der „Freund Gottes“, bezeichnet aber sehr wahrscheinlich nicht symbolisch alle „Freunde Gottes“ (sc. die „Christen“), wie die Kirchenväter glaubten, sondern eine historische Figur. Über ihre Identität, seine Stellung und den Grund, warum Lukas sein Werk gerade für ihn schreibt, ist nichts bekannt. (Zurück zu v.3)
hWorte, über die (in denen) du unterrichtet worden bist - katecheo „unterrichten“ kann sowohl neutral „etwas mitbekommen“ als auch spezifisch christlich die katechetische Unterweisung vor der Taufe meinen. Letzteres z.B. nach Neumann 2010, S. 14, aber richtig Wolters 2008, S. 67: Für die „christliche Lehre“, in der ein Katechumene („Taufbewerber“) unterrichtet wurde, verwendet Lukas stets das Singular „Wort“, nicht wie hier den Plural „die Worte“. (Zurück zu v.4)
iTextkritik: Drei altlateinische Handschriften (ms. a (4. Jh.), b (5. Jh.) und 1* (7./8. Jh. - hier allerdings nachträglich wieder korrigiert zu „Maria“)) haben statt „Maria“ „Elisabeth“; zudem sprechen auch zwei Mss. von Irenäus´ „Adv. Haer.“ 4,7,1 von Elisabeth als der Sängerin des Magnifikats (aber auch hier haben die restlichen Mss. „Maria“; und selbst in diesen bessagten zwei Mss. heißt es an anderer Stelle, dass Maria die Sängerin wäre). Auch eine Origines-Übersetzung des Hieronymus ist überliefert, die erkennen lässt, dass wohl auch Origines diese Elisabeth-Variante kannte, und auch in einer Predigt von Nicetas von Remesiana findet sich diese Tradition.

Diese textkritische Evidenz ist sehr gering; dennoch wird seit Loisy 1907 und Harnack 1900 immer wieder darüber diskutiert. Drei Positionen haben sich im Laufe der Zeit herauskristallisiert (vgl. die Übersicht in Metzger 109):

  1. Der ursprüngliche Text hat „Maria“ und in einigen Handschriften wurde dies nachträglich in „Elisabeth“ geändert (In der neueren Forschung die fast ausschließlich vertretene)
  2. Der ursprüngliche Text hat „Elisabeth“ und wurde nachträglich zu „Maria“ geändert (diese Position wird fast gar nicht vertreten)
  3. Explizit wird im ursprünglichen Text überhaupt keine Sprecherin des Magnifikats identifiziert; ursprünglich habe dort einfach καῖ εἰπεν („und sie sprach“) gestanden. Sowohl „Maria“ als auch „Elisabeth“ sind nachträgliche Hinzufügungen (so z.B. ausführlichst Benko 1967) - die Position hat aber die entscheidende Schwäche, dass keine einzige Handschrift überliefert ist, in der diese Textversion überliefert wäre.
Für eine Textänderung wie in (2) oder (3) reicht die Evidenz nicht ansatzweise aus; natürlich ist Variante (1) beizubehalten. (Zurück zu v.46)
jSehr gebräuchlicher Semitismus; „Seele“ und „Geist“ dient nur als Wechselbegriff für „ich“ (vgl. Wolff 1973, S. 25f; ad. loc. auch Bovon 1989, S. 87; Culy et al. 2010, S. 42; Noland 1989) - eine hebräische Stileigentümlichkeit, die es im Deutschen nicht gibt und die daher in der LF als „ich preise“ übertragen werden muss. Sehr ähnliche Stellen finden sich in der Bibel z.B. in Ps 34,3; 35,9; 103,1f.22; 104,1.35; 146,2; Tob 13,15. (Zurück zu v.46 / zu v.47)
kSo eine häufig gewählte und auch durchaus zulässige Übersetzung von μεγαλύνειν (vgl. BA 1007; BAG 497; Gemoll 518; LSJ; Muraoka 445; Pape 108; Thayer). Sie macht aber in unserem Zusammenhang nicht viel Sinn, denn sicher will der Autor nicht sagen, dass Gottes „Groß-Sein“ der Seele Mariens geschuldet wäre. (Zurück zu v.46)
lVv. 46f. verdichten einen weiteren Semitismus: „X preist Y, denn Z“ ist im Hebräischen eine formelhafte Wendung für „X dankt Y für Z“ (vgl. Lande 1949, S. 106f). Hier lässt sich sich besonders leicht ins Deutsche übertragen: Da ἠγαλλίασεν im synonymen Parallelismus zu μεγαλύνει steht, kann eines der beiden Glieder ohne semantische Einbußen problemlos durch „danken“ ersetzt werden. Übersetze: „Ich preise den Herrn / und danke ihm dafür, dass...“. (Zurück zu v.46 / zu v.47 / zu v.48 / zu v.49)
mἠγαλλίασεν steht im Gegensatz zu μεγαλύνει (Präsens) im Aorist, weshalb z.B. NET hier ingressiv übersetzen will mit „has begun to rejoice“; ebenso Bovon 1989; Nolland 1989. Vermutlich ist aber auch dies als stilistischer Semitismus zu verstehen, nämlich als (bedeutungsloser) T-Shift (so die Mehrheit, z.B. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 173; Gunkel 1921, S. 46; NSS; Schürmann 1969, S. 73; Weiss 1901, S. 285). (Zurück zu v.47)
nMeist: „Niedrigkeit“. Die zweite Alternative, „Demut“, ist recht unwahrscheinlich, denn hierfür stehen in LXX und NT eigene Begriffe bereit. Ταπείνωσις ist hier relativ sicher sozial bzw. wirtschaftlich als „Armut“ zu verstehen (Bovon 1989, S. 88; Clines 2011, S. 5; Krüger 2005, S. 2; Plummer 1903, S. 32), da es gut zusammenstimmt mit dem folgenden δούλη und auch dadurch nahegelegt wird, dass in V. 52 ταπεινούς kontrastiert wird mit δυνάστας; zudem ist der Gegensatz von Reichen und Armen ein häufigeres lukanisches Theologumenon (vgl. z.B. Lk 4,18f). Schnackenburg 1965, S. 346f. glaubt außerdem, zusätzlich Parallelen von hier zum Motiv der Armenfrömmigkeit in Qumran ziehen zu können. „Niedrigkeit“ ist eine unnötige Verallgemeinerung.

Einige denken aufgrund der Parallelen des Verses zu 1Sam 1,11; Ps 113 und 4Esra 9,45 daran, dass es sich hier um einen stehenden Ausdruck für Unfruchtbarkeit handeln würde (z.B. Zorell 1928, S. 288f.; ähnlich Klein 2006, S. 108f). Aus dem Mund Mariens macht das aber keinen Sinn und es spricht auch nichts gegen und einiges für die Lesart „Armut“, weshalb diese auf jeden Fall vorzuziehen ist (vgl. auch Bossuet / Weiß 1917, S. 404; Schürmann 1969, S. 73f.).

Vgl. außerdem die nächste Fußnote. (Zurück zu v.48)
oMeist: „Magd“; δούλη bedeutet aber „Sklavin“ und nur in Einzelfällen wird es allgemein für soziale Rangunterschiede verwendet (aber auch hierfür wäre „Magd“ eine eher unpassende Übersetzung).
Sowohl die Rede von der „Armut“ als auch vom „Sklave-seins“ Mariens ist hier aber merkwürdig funktionslos, abgesehen davon, dass es in Kombination mit der Rede von Gott als Mariens „Herrn“ eine klare Hierarchie verdichtet. Das ist wohl auch der Schlüssel zum richtigen Verständnis der beiden Ausdrücke: Wie auch in 1Sam 1,11 ist die Rede von der „Sklavin Gottes“ wohl nicht wörtlich, sondern als Höflichkeitsstrategie zu verstehen (vgl. z.B. Warren-Rothlin 2007, S. 61f; Dahood 1970, S. 374 zu Ps 19,14; 27,9; 31,17; 69,18; 86,2; 119,135). Man bezeichnet das als „soziale Deixis“: Aus Höflichkeitsgründen wird ein Rangunterschied vom niedriger Gestellten besonders betont (ähnlich, wie man z.B. auch im Deutschen früher einen Brief an einen König unterschrieb mit „Ewr. Maj. untertänigster und gehorsamster Diener“). Das selbe gilt vermutlich auch für V. 54a. Eine wörtliche Übersetzung würde dies aber verschleiern, so dass man in der Lesefassung vielleicht besser auf andere Übersetzungsweisen zurückgreifen sollte, z.B. schlicht auf die Streichung von „seiner Sklavin in ihrer Armut“ in V. 48a (denn das hierarchische Gefüge wird ja schon durch den Ausdruck „Herr“ in V. 47 deutlich genug). (Zurück zu v.48)
pBiblizismus: Die Rede von Gottes auf-etwas-Blicken steht im AT metaphorisch für gnädige Akte Gottes wie etwa Gebetserhörungen (vgl. z.B. TLOT 1263f.). Das Verb ἐπέβλεψεν einfach wörtlich zu übersetzen, würde diese eigentliche Bedeutung des Verses verdunkeln. Besser wäre eine Paraphrase wie „Er hat sich seiner Sklavin in ihrer Armut angenommen“; zu „seiner Sklavin in ihrer Armut“ s. aber noch die vorige FN. (Zurück zu v.48)
qἰδοὺ i.d.R. (wie auch hier) nicht mehr als bloße Fokuspartikel. (Zurück zu v.48)
rAllzu viele Übersetzungen und Kommentare denken, dass diese Aussage bedeute, Maria sähe hier bereits ihre Verehrung durch künftige Generationen voraus und übersetzen etwa „preisen mich selig“ (vgl. z.B. Bovon 1989, S. 88; Klein 2006, S. 113; Schürmann 1969, S. 74; R-S u.ö.). Aber μακαρίζειν bedeutet wahrscheinlich auch hier (wie auch sonst öfters) einfach, dass sie für glücklich gehalten wird oder aufgrund dieses für-glücklich-gehalten-Werdens als glücklich bezeichnet wird - vielleicht ein Semitismus: Die hebräische Entsprechung von μακαρίζειν ist אָשַר II, was von SDBH folgendermaßen näher bestimmt wird: „[to] communicate to someone else that you consider him/her or someone else fortunate and blessed by God“ (SDBH). Diesem wohl falschen Verständnis der Stelle soll mit obiger Übersetzung vorgebeugt werden.
Wegen ἀπὸ τοῦ νῦν (v. 48) ist die in der Klammer angegebene futurische Wiedergabe die hier einzig Sinnvolle. (Zurück zu v.48)
sV 48a steht mit V 54a, V 49b mit V 50a und V 49a mit V 51a im Parallelismus. Solche Parallelismen markieren in der biblischen Poesie häufig Strophenübergänge (vgl. z.B. van der Lugt 2006, S. 53) und sind damit ein starkes Indiz dafür, dass man an diesen Stellen das Magnifikat in Strophen aufzuteilen hat: Die Parallelismen würden dann den letzten Vers der ersten Strophe(V 48), den ersten und letzten Vers der der zweiten Strophe (V 49.50), den ersten Vers der dritten Strophe (V 51) und den ersten Vers der vierten Strophe (V 54) markieren. Das ὅτι denn in V. 49 ist dann mit Gunkel 1921, S. 47 dentsprechend dem hebräischen כִי als „allergeläufigste Uebergang, mit dem im Hymnus das Hauptstück dem Anfange hinzutritt.“, aufzufassen und im Deutschen auszusparen; etwa: „... von nun an wird jeder mich für glücklich halten: / Denn Der Mächtige hat Großes an mir getan!...“. (Zurück zu v.48 / zu v.49)
tEinige Exegeten halten dies für ein relatives καὶ (vgl. BDR §442) und übersetzen mit „der Mächtige ..., dessen Name heilig ist.“ (so z.B. NSS; Schürmann 1969, S. 74; vgl. auch GN; KAM; LUT84; ähnlich NeÜ); andere fassen es koordinierend auf und schließen es mit einem „und“ an den vorherigen Satz an. Letzteres ist wahrscheinlicher (vgl. z.B. Culy et al. 2010, S. 44); da aber καὶ im Griechischen, anders als im Deutschen, auch einen mit dem vorigen Satz (relativ) unkoordinierten Satz einleiten kann, ist es stiltreuer, das „und“ in der deutschen Übersetzung ganz zu streichen. (Zurück zu v.49)
uBiblizismus: Der „Name Gottes“ steht in der Bibel fast stets für Gott selbst; man bezeichnet damit „Gott im Menschenmund“. Übersetze: „Heilig ist er“.
Alternativ könnte es sich hier um ein jüdisches Idiom handeln: „Gottes Namen heiligen“ steht in jüdischen Texten häufig dafür, dass „Gott als Herr anerkannt wird und daher seinen Geboten gefolgt wird“ (vgl. FN e zu Mt 6,9); dann vielleicht „Geheiligt werde sein Name“ i.S.v. „Man erkenne ihn als Herrn an und folge seinen Geboten“. Das καὶ in 50a wäre dann wohl kausales καὶ (dazu z.B. Reiser 1983, S. 126-128): „Man erkenne ihn als Herrn an, denn seine Huld wird auf ewig für jene währen, die ihn fürchten (i.e. als Herrn anerkennen).“ Doch ist das m.W. noch nie vorgeschlagen worden. (Zurück zu v.49)
vS. zu {und} in V. 49. (Zurück zu v.50)
wMeist: „Erbarmen“ oder „Barmherzigkeit“. ἔλεος ist in der LXX aber häufig die Übertragung von חֵסֵד, und daraus, dass es hier als etwas dargestellt wird, demgemäß sich Gott (1) schon Abraham gegenüber verhalten hat (V. 54f), das (2) jenen gilt, die ihn „fürchten“ (V. 50) und das (3) ebenso wie חֵסֵד etwas ist, das meist von Höhergestellten niedriger Gestellten entgegengebracht wird, wird klar, dass wir auch hier an dies חֵסֵד denken müssen (vgl. Clines 2011, S. 2f). חֵסֵד bezeichnet aber nicht etwa (wie es oft falsch heißt) die „weiche Seite“ Gottes, sondern steht für Gottes Bündnistreue und wird bes. in Situationen verwendet, in denen davon die Rede ist, dass ein niedriger Gestellter der Hilfe Gottes bedarf und Gott ihm diese Hilfe - getreu seinem Bund - auch gnädig gewährt (vgl. z.B. Waltke 2010, S. 443). Die treffendste Übertragung ist daher ohne Zweifel „Huld, Gnade“. (Zurück zu v.50)
xVerbloser Satz, der als PP fungiert und gelesen werden könnte als PP temporis, PP commodi oder PP relationis (vgl. Culy et al. 2010, S. 44). Weil der Ausdruck γενεὰς καὶ γενεὰς aber wohl idiomatisch ist für „alle Generationen“ (ebd.; vgl. auch das Testament des Levi 18,8), liegt eine andere Lesart als die temporale recht fern. Eine freie, „deutschere“ und funktional äquivalentere Übertragung wäre wohl „Seine Huld währt auf ewig.“
Wegen εἰς γενεὰς καὶ γενεὰς ist die futurische Wiedergabe die hier einzig Sinnvolle. (zu v.50)
yW.: „den ihn Fürchtenden“; Ptz. mit der Funktion des dativus commodi (daher: „für“) (vgl. Culy et al. 2010, S. 44; NSS). (Zurück zu v.50)
zVV. 51-54 stehen sechs Aoriste, über deren Semantik man sich in der Forschung den Kopf zerbricht. Theoretisch könnten sie sich beziehen
  1. auf Vergangenes - etwa vergangene Heilstaten Gottes („historischer Aorist“),
  2. auf Gottes übliche und überzeitliche Weise des Handelns („gnomischer Aorist“),
  3. auf Gottes zukünftiges Handeln („futurischer Aorist“) oder
  4. auf Sachverhalte, die zum Zeitpunkt des Betens bereits angebrochen sind, deren Vollendung aber noch aussteht („ingressiver Aorist“) (vgl. auch Grosvenor / Zerwick 1993, S. 173; NSS).

Jede dieser vier Deutungen ist in der Forschung schon mehrfach vertreten worden. Da Vv. 51-54 aber immer noch zum selben Dankgebet gehört, zu denen auch die vorherigen Verse gehören, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Tat, mit der Gott sich seines „Knechtes Israel“ angenommen hat (V. 54) die selbe ist, mit denen er sich auch seiner „Sklavin“ Maria angenommen hat (V. 48) - ein recht eindeutiger Parallelismus -, nämlich die Tatsache, dass er Maria trotz ihrer „Armut“ (V. 48) zur Mutter des Messias gemacht hat (vgl. ähnlich z.B. Nolland 1989). Jede Deutung neben der ingressiven würde diesen Zusammenhang zerstören und das Magnificat in zwei nur lose zusammenhängende Hälften reißen.

Der obige Übersetzungsvorschlag versucht, durch die Hinzufügung des „so“ den Bezug des Folgenden auf das zuvor Geschilderte ausdrücklich zu machen und durch die des „er hatte begonnen“ den ingressiven Charakter des Folgenden zum Ausdruck zu bringen. Eine andere (allerdings weniger genaue, da nicht wirklich ingressive) Möglichkeit, die wahrscheinlich leichter zu einer gefälligen Lesefassung führt, wäre die Einleitung mit „Nun“ und der futurischen Wiedergabe des Folgenden. (Zurück zu v.51)
aaweder (1) Ἐποίησεν κράτος („Machttaten hat er getan“) noch (2) ἐν βραχίονι αὐτοῦ („mit seinem Arm“) ist natürliches Griechisch. Beide Male handelt es sich wieder um Semitismen; vermutlich um Zitate aus dem Psalter (vgl. zu (1) Ps 60,14; 108,14; 118,15f; zu (2) Ps 89,11; beide Male auch Culy et al. 2010, S. 45; Plummer 1903, S. 33).
Der „Arm“ wird aber im Hebräischen häufiger verwendet als Symbol für Macht und Stärke (vgl. z.B. Clines 2011, S. 1f.; Wolff 1973, S. 108; ad loc. auch Culy et al. 2010, S. 45; NSS), so dass der Sinn in etwa ist: „Er hat Mächtiges mit seiner Macht gewirkt.“ Übersetze vielleicht: „Gewaltiges hat er mit seiner Macht vollbracht“. (zu v.51)
abDoppelpunkt sehr gut mit , Schneider 1977, S. 54 und dem unrevidierten NTL (leider nicht mehr im revidierten): Was folgt, sind einzelne Ausfaltungen des Sammelbegriffs „Machttaten“ in V. 51a. (Zurück zu v.51)
ac„zerstreuen“ ist im AT ein Ausdruck, der vor Allem verwendet wird, wenn davon die Rede ist, dass eine Armee vernichtend geschlagen wird (vgl. die Parallelstellen). (Zurück zu v.51)
adzur „Hochmut“ im alten Judentum vgl. das in B/S 1924, S. 101ff. zusammengetragene Material (Zurück zu v.51)
aeW. „Hochmütige an der Gesinnung ihrer Herzen“; idiomatischer Plural, daher als Sg. zu übersetzen. Das Herz ist in der hebräischen Vorstellung Sitz v.a. der Stimmungen und Gestimmtheiten (vgl. Wolff 1973, S. 74f.) und entspricht damit am ehesten unserem Wort „Gemüt“ - eine wörtliche Übertragung wäre hier irreführend. Ohnehin muss hier freier übersetzt werden: „Hochmütig an der Stimmung des Gemüts“ meint einfach „hochmütig gestimmt“, „von hochmütigem Charakter“; übersetze besser schlicht: „Hochmütige“ (Zurück zu v.51)
afDa Gott die δυνάστας von ihren Thronen stürzt, ist „Machthaber“ hier die kontextuell wesentlich passendere Übertragung. (Zurück zu v.52)
agV. 52b kontrastiert eine Aufwärtsbewegung mit der hieriegen Abwärtsbewegung des „Stürzens“; im Deutschen besser ausdrücklich zu machen, etwa als „herabstürzen“. (Zurück zu v.52)
ahdie Wortstellung VV 52-53 sollte beibehalten werden, da sie eine chiastische Doppelstruktur hat: V 52: V - S / V - S; V 53: S - V / S - V (Zurück zu v.53)
aiW.: „füllt“; häufig freier übertragen mit „sättigen“, was aber hier ein Wortspiel vernichtet: ἐνέπλησεν („füllen“) (53a) bildet einen Gegensatz mit κενούς („leer, mit leeren Händen“ (BA 870)) (53b) und ist etymologisch verwandt mit πλουτοῦντας („reich seiende, Reiche“), außerdem ist eines der Wortbildungsmorpheme (ἐν- („ein-, hinein-“)) das Gegensätzliche zu ἐξ- in ἐξαπέστειλεν („fortsenden“) (53b). Eine rein an diesen Wortspielen orientierte Übertragung würde ungefähr lauten: „in Hungernde füllt er Gutes hinein / und Befüllte schickt er ungefüllt hinaus“, was natürlich keine gute Übersetzung ist und auch dem Wortsinn gar nicht gerecht wird. Ich bin bisher zu noch keiner Lösung gekommen, wie dieser Vers gleichzeitig kommunikativ und inhaltlich und stilistisch äquivalent übertragen werden könnte. (Zurück zu v.53)
aj„Mit leeren Händen“ nach BA 870 (Zurück zu v.53)
akSchwierige Stelle. V 54b besteht aus einem Infinitiv und einem Akkusativ und lautete wörtlich übersetzt etwa „sich erinnern/denken an Huld“ (zu „Huld“ s.o.). Die Hauptschwierigkeit ist, wie dieser Teilvers mit dem vorigen zusammenhängt. Syntaktisch sinnvolle Vorschläge in der Exegese sind v.a. die Deutung als kausaler Infinitiv („Er hat sich Israels angenommen, weil er an seine Huld gedacht hat“) oder als weiterführender Infinitiv („Er hat sich Israels angenommen, wobei er an seine Huld gedacht hat“).

Sinnvoller jedoch: μνησθῆναι gedenken steht in der LXX häufig als Übersetzung von זָכַר. Dies זָכַר hat, wenn Gott das Subjekt ist, oft die Sonderbedeutung „sich gnädig zuwenden“ (vgl. z.B. TWAT I, S. 513f) und bezeichnet z.B. Gottes gnädige Gewährung eines Kindersegens an Kinderlose (Gen 30,22; 1Sam 1,11.19; vgl. ebd.). Dahin, dass das Verb auch hier so zu verstehen ist, weist erstens das Substantiv ἔλεος Huld, in dem ähnliches zum Ausdruck kommt wie im hebräischen זָכַר; zweitens folgt direkt auf den Teilvers die Rede davon, dass er sich auch Israels „erbarmt“ habe; drittens ist V. 54a parallel zu V. 48a, in dem - wie bereits gesagt - vermutlich auf die selbe Heilstat wie in V. 54a Bezug genommen wird, nämlich auf die, dass Gott Maria mit dem Messias „geschwängert“ hat, und gerade in diesem Kontext ist im AT häufiger die Rede von der זָכַר(/μνησθῆναι)-Tätigkeit Gottes.

Wenn erst erkannt ist, dass V 54b wohl vom selben spricht wie V 54a, ist der Rest relativ einfach: Der Infinitiv ist dann als epexegetischer Infinitiv zu deuten (daher Anschluss mit Doppelpunkt, vgl. ähnlich Culy et al. 2010, S. 46) und der Akkusativ entweder als accusativus respectus (daher die Alternative „was seine Huld angeht“) oder, wesentlich besser, als adverbialer Akkusativ (daher die Alternativen „huldvoll, mit Huld“). (zu v.54)
alEin weiterer grammatischer Zweifelsfall: Es ist fraglich, wie V 54b, 55a und 55b sich zueinander verhalten. Vorgeschlagen wurde,
  1. dass V 55a Parenthese ist und V 55b nicht mehr, sondern dativus commodi zu 54b („Gott hat sich erbarmt - wie er ja auch schon unseren Vätern verheißen hat - zugunsten von Abraham und seinen Nachkommen.“) - dies ist heute die Mehrheitsmeinung,
  2. dass V 55a eine Art „Nachsatz“ ist, V 55b zu diesem Nachsatz gehört und „verheißen hat“ näher bestimmt („Gott hat sich erbarmt - wie er ja auch schon unseren Väter zugunsten von Abraham und seinen Nachfahren auf ewig verheißen hat“), oder
  3. dass V 55b inkongruente Apposition zu V 55a ist („Gott hat sich erbarmt - wie er unseren Vätern (d.h. Abraham und seinen Nachkommen auf ewig) verheißen hat“).

Möglichkeit (3) ist eher unwahrscheinlich, da inkongruente Appositionen auch im Griechischen recht selten sind; Möglichkeit (2) würde den Übersetzer zwingen, ein Objekt von Gottes Erbarmen zu ergänzen (z.B. „Gott hat sich [ihm (=Israel, seinem Knecht] erbarmt...“). Vorzuziehen ist daher Möglichkeit (1).

Der Sinn ist dann, dass mit Mariens Empfängnis des Messias die Verheißung Gottes an Abraham in Erfüllung geht, dass er sich ihm und seinen Nachfahren gegenüber gemäß seiner Bundestreue verhalten würde. (Zurück zu v.54)
amwörtl.: „gesagt hat“. Semitismus; im Hebräischen steht auch für „verheißen“ das gewöhnliche „sagen“ (vgl. Grosvenor/Zerwick 1993, S. 174). (Zurück zu v.55)