K |
K |
||
Zeile 167: | Zeile 167: | ||
# ''„19 Und sie [d.h. die Judäer und die Israeliten] werden die Negevregion (1) - d.h., den Berg Esau (2) - enteignen und die Schefela (3) - d.h., die Philister (4) -, und sie werden enteignen das Gebiet Efraims (5) und das Gebiet Samariens (6) und [das Gebiet des Stammes] Benjamin (7) - d.h., Gilead (8). 20 Und die Exulanten diesen israelitischen Heeres (?) werden die Kanaaniter (9) bis hinauf nach Sarepta enteignen, und [auch] die Jerusalemer Exulanten, die sich in Sefarad befinden, werden die Städte in der Negevregion (10) enteignen.“'' - Auch diese Lösung ist nicht ganz unproblematisch, weil dann unerklärlich wäre, warum „Gilead“ in Apposition zu Benjamin stände (dazu s. nächste FN), ist aber dennoch immer noch weniger schwierig als die obige erste Auflösung.</ref> Und sie werden den Negev enteignen - [das heißt:] den Berg Esau<ref name="Berg Esau" /> - und die Schefela - [das heißt:] die Philister. Und sie werden das Gebiet Efraims und das Gebiet Samariens enteignen und Benjamin [wird enteignen] Gilead (die Söhne Ammons - [das heißt:] Gilead)<ref>''Benjamin [wird enteignen] Gilead (die Söhne Ammons - [das heißt:] Gilead)'' - Nach der obigen Auflösung (2) scheint man den Text aufzufassen zu haben als „Benjamin - [das heißt:] Gilead“, was unverständlich wäre (auch deshalb, weil das Gebiet des Stammes Benjamin gar nicht zurückerobert werden musste). Entweder muss man daher den Satz so deuten, dass einzig er nicht nach dem Muster der vorigen Sätze in V. 19 gebaut ist und mit „Benjamin“ ein ''neues'' Subjekt nach „sie“ (d.h. Juda + Israel) eingeführt wird, zu dem man sich das Verb „enteignen“ hinzudenken muss („und Benjamin [wird enteignen] Gilead“), oder man muss emendieren (-> Textkritik): Für „Benjamin“ lesen Bewer 1911, Duhm 1910 und Sellin 1922 sinnvoll „''die Söhne Ammons''“ (d.h. „die Ammoniter“), was in einem nicht vokalisierten Text in ''scriptio continua'' (d.h. ohne Worttrennung, wie die hebräischen und griechischen Texte ursprünglich geschrieben wurden) geschrieben wäre als {{hebr}}בניעמן{{hebr ende}}, „Benjamin“ dagegen als {{hebr}}בנימ(י)ן{{hebr ende}}. Von beiden Möglichkeiten ist sicher die erste vorzuziehen.<br /> | # ''„19 Und sie [d.h. die Judäer und die Israeliten] werden die Negevregion (1) - d.h., den Berg Esau (2) - enteignen und die Schefela (3) - d.h., die Philister (4) -, und sie werden enteignen das Gebiet Efraims (5) und das Gebiet Samariens (6) und [das Gebiet des Stammes] Benjamin (7) - d.h., Gilead (8). 20 Und die Exulanten diesen israelitischen Heeres (?) werden die Kanaaniter (9) bis hinauf nach Sarepta enteignen, und [auch] die Jerusalemer Exulanten, die sich in Sefarad befinden, werden die Städte in der Negevregion (10) enteignen.“'' - Auch diese Lösung ist nicht ganz unproblematisch, weil dann unerklärlich wäre, warum „Gilead“ in Apposition zu Benjamin stände (dazu s. nächste FN), ist aber dennoch immer noch weniger schwierig als die obige erste Auflösung.</ref> Und sie werden den Negev enteignen - [das heißt:] den Berg Esau<ref name="Berg Esau" /> - und die Schefela - [das heißt:] die Philister. Und sie werden das Gebiet Efraims und das Gebiet Samariens enteignen und Benjamin [wird enteignen] Gilead (die Söhne Ammons - [das heißt:] Gilead)<ref>''Benjamin [wird enteignen] Gilead (die Söhne Ammons - [das heißt:] Gilead)'' - Nach der obigen Auflösung (2) scheint man den Text aufzufassen zu haben als „Benjamin - [das heißt:] Gilead“, was unverständlich wäre (auch deshalb, weil das Gebiet des Stammes Benjamin gar nicht zurückerobert werden musste). Entweder muss man daher den Satz so deuten, dass einzig er nicht nach dem Muster der vorigen Sätze in V. 19 gebaut ist und mit „Benjamin“ ein ''neues'' Subjekt nach „sie“ (d.h. Juda + Israel) eingeführt wird, zu dem man sich das Verb „enteignen“ hinzudenken muss („und Benjamin [wird enteignen] Gilead“), oder man muss emendieren (-> Textkritik): Für „Benjamin“ lesen Bewer 1911, Duhm 1910 und Sellin 1922 sinnvoll „''die Söhne Ammons''“ (d.h. „die Ammoniter“), was in einem nicht vokalisierten Text in ''scriptio continua'' (d.h. ohne Worttrennung, wie die hebräischen und griechischen Texte ursprünglich geschrieben wurden) geschrieben wäre als {{hebr}}בניעמן{{hebr ende}}, „Benjamin“ dagegen als {{hebr}}בנימ(י)ן{{hebr ende}}. Von beiden Möglichkeiten ist sicher die erste vorzuziehen.<br /> | ||
Gilead stand zu dieser Zeit unter der Herrschaft der Ammoniter (s. [[Jeremia 49#s1 |Jer 49,1]]), wie auch die Edomiter Teile der Negevregion, die Philister Teile der Schefela und die Phönizier Teile des ehemaligen Nordreiches erobert hatten. Im Blick wäre also nach beiden Möglichkeiten, dass das (fiktive) davidische Großreich wiederhergestellt würde (s. z.B. [http://www.christipedia.nl/@api/deki/files/394/=Israel_en_Juda-Access_Foundation.jpg diese Karte]): Die Israeliten und Judäer würden die Negevregion vom „Berg Esau“, die Schefela von den Philistern, die Teile des Nordreiches „bis hinauf nach Sarepta“ von den Phöniziern und „Gilead“ von den Ammonitern zurückerobern.</ref>. | Gilead stand zu dieser Zeit unter der Herrschaft der Ammoniter (s. [[Jeremia 49#s1 |Jer 49,1]]), wie auch die Edomiter Teile der Negevregion, die Philister Teile der Schefela und die Phönizier Teile des ehemaligen Nordreiches erobert hatten. Im Blick wäre also nach beiden Möglichkeiten, dass das (fiktive) davidische Großreich wiederhergestellt würde (s. z.B. [http://www.christipedia.nl/@api/deki/files/394/=Israel_en_Juda-Access_Foundation.jpg diese Karte]): Die Israeliten und Judäer würden die Negevregion vom „Berg Esau“, die Schefela von den Philistern, die Teile des Nordreiches „bis hinauf nach Sarepta“ von den Phöniziern und „Gilead“ von den Ammonitern zurückerobern.</ref>. | ||
− | {{S|20}} Und die Exulanten dieser Vormauer<ref>''Vormauer'' - schwierige Stelle (Ehrlich 1912b, S. 262: „[Vv. 19f] sind hoffnungslos verderbt. Alle bisher gemachten Erklärungsversuche führen zu nichts.“). Der MT muss sicher mit „Vormauer“ übersetzt werden und hat daher zu diversen Emendationsvorschlägen geführt, von denen aber keiner funktioniert (für eine Übersicht und Kritik vgl. Ben Zvi 1996, S. 214-222. Sein eigener Vorschlag funktioniert ebenfalls nicht, da er dem Wort ''chel'' („Vormauer“) eine Bedeutung gibt, die es nicht hat). Am sinnvollsten wohl Barthélemy 1992, S. 704, für den auch nicht emendiert werden muss: „Vormauer“ bezeichne bildlich die zuvor genannten Gebiete - nach B: Die Gebiete Efraims und Samariens - als den „Schutzwall“, der zwischen Israel und Juda einerseits und den Ammonitern andererseits steht. Vermutlich aber eher nur Gilead: „Gilead“ bezeichnet meist die israelitische Gebirgsregion östlich des Jordan und hat also mit seiner Gebirgskette und dem Jordan gleich zwei natürliche Barrieren gegen die Einfälle der Ammoniter. Mit den „Exulanten dieser | + | {{S|20}} Und die Exulanten dieser Vormauer<ref>''Vormauer'' - schwierige Stelle (Ehrlich 1912b, S. 262: „[Vv. 19f] sind hoffnungslos verderbt. Alle bisher gemachten Erklärungsversuche führen zu nichts.“). Der MT muss sicher mit „Vormauer“ übersetzt werden und hat daher zu diversen Emendationsvorschlägen geführt, von denen aber keiner funktioniert (für eine Übersicht und Kritik vgl. Ben Zvi 1996, S. 214-222. Sein eigener Vorschlag funktioniert ebenfalls nicht, da er dem Wort ''chel'' („Vormauer“) eine Bedeutung gibt, die es nicht hat). Am sinnvollsten wohl Barthélemy 1992, S. 704, für den auch nicht emendiert werden muss: „Vormauer“ bezeichne bildlich die zuvor genannten Gebiete - nach B: Die Gebiete Efraims und Samariens - als den „Schutzwall“, der zwischen Israel und Juda einerseits und den Ammonitern andererseits steht. Vermutlich aber eher nur Gilead: „Gilead“ bezeichnet meist die israelitische Gebirgsregion östlich des Jordan und hat also mit seiner Gebirgskette und dem Jordan gleich zwei natürliche Barrieren gegen die Einfälle der Ammoniter. Mit den „Exulanten dieser Vormauer der Söhne Israels“ sind dann die nach [[2 Könige 15#s29 |2 Kön 15,29]] durch den assyrischen König Tiglat-Pileser exilierten Bürger Gileads gemeint.</ref> der Söhne Israels<ref name="Söhne" /> werden enteignen<ref>'''Textkritik''': ...</ref> die Kanaaniter bis nach Sarepta. Und die ins Exil Weggeführten Jerusalems, die in Sefarad waren, werden die Städte des Negeb in Besitz nehmen. |
{{S|21}} Und gewiss werden Retter auf den Berg Zion hinaufziehen, um den Berg Esau<ref name="Berg Esau" /> zu richten; und das Königtum soll JHWHs werden. | {{S|21}} Und gewiss werden Retter auf den Berg Zion hinaufziehen, um den Berg Esau<ref name="Berg Esau" /> zu richten; und das Königtum soll JHWHs werden. | ||
Version vom 16. November 2014, 10:14 Uhr
Syntax ungeprüft
Anmerkungen
Studienfassung (Obadja)
1 Die Prophezeiung〈a〉 Obadjas (Knecht JHWHs, JHWH-Verehrer)
So hat der Herr JHWH über (zu) Edom gesprochen,
〈b〉
„Erhebt euch (Auf!), lasst uns erheben〈e〉 gegen es〈f〉 zur Schlacht!“
2〈g〉
„{Siehe,}〈h〉 Klein (unbedeutend) habe ich dich gemacht〈i〉 unter den Nationen (durch die Nationen)〈j〉.
- Du [bist] sehr verachtet.
3 Die Vermessenheit deines Herzens (dein vermessenes Herz, deine Vermessenheit) hat dich getäuscht〈k〉,
- [Dich, der du] in Felsenklüften〈l〉 (in den Klüften von Sela)〈m〉 wohnst〈n〉 (der wohnt)〈o〉
- [Der du] deinen Wohnsitz [in]〈p〉 der Höhe [hast] (der hat)〈o〉,
[Der du] in [d]einem Herzen sprichst〈q〉 (der spricht)〈o〉:
- ‚Wer kann mich zur Erde herabstürzen?‘ -
4 [Selbst], wenn du hoch machtest〈r〉 wie der Adler (ein Adler)〈s〉 -
- ja, [selbst], wenn zwischen die Sterne gesetzt wäre (wenn du gesetzt hättest)〈t〉 dein Nest -
[selbst] von dort würde ich dich herabstürzen!“
- Spruch JHWHs.
5〈u〉 Wenn Diebe über dich gekommen wären,
- Wenn Räuber des Nachts [über dich gekommen wären]〈v〉 -
- [Ach!,] wie bist bist zu zerstört (zum Schweigen gebracht)〈w〉!〈x〉 (Inwiefern wärest du [dann] zerstört?) -
- Hätten sie nicht [nur]〈y〉 genug für sich selbst gestohlen?
Wenn Winzer über dich gekommen wären -
- hätten sie nicht eine Nachlese übrig gelassen?〈z〉
6 [Ach!,] wie sind (ist)〈aa〉 Esau〈ab〉 durchsucht worden!〈x〉 (Inwiefern ist Esau durchsucht worden?)
- [Ach!, wie] wurden [selbst] seine Verstecke (versteckten Schätze)〈ac〉 geplündert〈ad〉!〈x〉 (Inwiefern sind seine Verstecke geplündert worden?)
7〈ae〉 Bis zur Grenze haben dich getrieben〈af〉
- alle Männer deines Bundes (alle deine Bundesgenossen).
Es haben dich betrogen - [ja,] überwältigt haben dich
- Männer deines Friedens (Verbündete von dir).
Die, die dein Brot aßen〈ag〉,
- legten eine Falle unter dich〈ah〉 (stellten dir eine Falle).
Nicht mehr (nicht) [wird sein] Verstand (Einsicht) in ihm〈ai〉:
8 „{Wahrlich,} An jenem Tag“ -
- Spruch JHWHs -〈aj〉
„werde ich die Weisen aus Ẹdom vernichten
- und den Verstand (die Einsicht) vom Berg Esau〈ak〉,
9 Und deine Krieger werden erschrecken (in Panik geraten, vernichtet werden)〈al〉, o Teman〈am〉,
10〈ao〉 [Wegen des Mordens,]〈an〉 wegen der Gewalttat (Unrechtstat, Freveltat) an deinem Bruder Jakob〈ap〉
- wird Scham dich bedecken〈aq〉
- und du wirst ausgerottet werden auf ewig.
11 An dem Tag, an dem du gegenüber standest (abseits standest)〈ar〉,
- An dem Tag, an dem Fremde sein Heer (seine Habe)〈as〉 wegführten;
Als Ausländer in seine Tore traten〈at〉,
Auch du warst [da] wie einer von ihnen (Auch du warst wahrhaft einer von ihnen.〈aw〉).
12 Du sollst nicht sehen〈ax〉 (Sieh nicht...!, hättest nicht sehen sollen)〈ay〉
Du sollst nicht schadenfroh sein (sei nicht schadenfroh!, hättest dich schadenfroh sein sollen)〈ay〉 über die Söhne Judas〈bb〉
- Am Tag ihres Untergangs;
Du sollst deinen Mund nicht groß machen〈bc〉 (mach deinen Mund nicht groß!, hättst deinen Mund nicht groß machen dürfen)〈ay〉
- Am Tag der Bedrängnis.
13 Du sollst nicht kommen (Komme nicht!, hättest nicht kommen dürfen)〈ay〉 in das Tor〈bd〉 meines Volkes
- Am Tag ihres (seines)〈be〉 Unheils.
Du sollst nicht sehen〈ax〉 (Sehe nicht!, hättest nicht sehen sollen)〈ay〉 - gerade du! - auf sein Unglück
- Am Tag seines Unheils;
Du sollst nicht [die Hand] ausstrecken (strecke nicht [die Hand] aus!, du hättest nicht [die Hand] ausstrecken dürfen)〈ay〉 nach seinem Heer (seiner Habe)〈as〉
- Am Tag seines Unheils.
14 Du sollst nicht stehen (Stehe nicht!, hättest nicht stehen dürfen)〈ay〉 am Ausschlupf (an der Weggabelung)〈bf〉,
- Um seine Entronnenen auszurotten;
Du sollst nicht ausliefern〈bg〉 (Liefere nicht aus!, hättest nicht ausliefern dürfen)〈ay〉 seine Überlebenden
- Am Tag der Bedrängnis.
15〈bh〉 Ja! (Denn) der Tag JHWHs bei allen Nationen (gegen alle Nationen)〈bi〉 ist nahe:
So, wie du getan hast, wird dir getan werden.〈bj〉
- Dein Tun wird wider deinen Kopf zurückkommen.〈bk〉
16〈bl〉 Nämlich (denn): So, wie ihr auf meinem heiligen Berg getrunken habt,
- werden alle Nationen beständig (auf ewig, Wein?)〈bm〉 trinken;
Sie werden trinken und schlürfen (stammeln)〈bn〉 -
- und so werden, als ob sie nie gewesen wären.〈bo〉.
17 Und (doch) auf dem Berg Zion〈bp〉 werden [wieder] die Entronnenen (wird Entrinnen) sein,
- Und [auf dem Berg Zion]〈bq〉 wird [wieder] ein Heiligtum sein (und er wird/sie werden heilig sein);〈br〉
- Und das Haus Jakob〈bs〉 wird seine Enteigner enteignen (seine Besitztümer [wieder] besetzen)〈bt〉.〈bu〉
18 Und das Haus Jakob〈bs〉 wird [zum]〈bv〉 Feuer werden
Und sie werden es (sie)〈bx〉 verbrennen und verzehren.
- Und dem Haus Esau〈bs〉 wird kein Überlebender sein (Das Haus Esau wird keinen Überlebenden haben),
Denn JHWH hat gesprochen.〈by〉
19〈bz〉 Und sie werden den Negev enteignen - [das heißt:] den Berg Esau〈ak〉 - und die Schefela - [das heißt:] die Philister. Und sie werden das Gebiet Efraims und das Gebiet Samariens enteignen und Benjamin [wird enteignen] Gilead (die Söhne Ammons - [das heißt:] Gilead)〈ca〉.
20 Und die Exulanten dieser Vormauer〈cb〉 der Söhne Israels〈bb〉 werden enteignen〈cc〉 die Kanaaniter bis nach Sarepta. Und die ins Exil Weggeführten Jerusalems, die in Sefarad waren, werden die Städte des Negeb in Besitz nehmen.
21 Und gewiss werden Retter auf den Berg Zion hinaufziehen, um den Berg Esau〈ak〉 zu richten; und das Königtum soll JHWHs werden.
Anmerkungen
a | Die Prophezeiung Obadjas - W.: „Vision Obadjas“; wie in 2 Chr 32,32; Jes 1,1 und Nah 1,1 ist „Vision von X“ hier die Überschrift eines ganzen Prophetenbuchs. (Zurück zu v.1) |
b | Schwieriger Vers. Schwierigkeit (1) ist, dass das Hebräische keine Anführungszeichen kennt. Diese und die nächsten beiden Zeilen können daher jeweils als Redeeinleitung gedeutet werden, auf die dann die Wiedergabe der wörtlichen Rede folgt - oder auch nicht. Mit dem Maximum an Redeebenen ergäbe dies also: [Prophetie Obadjas:] „So hat der Herr JHWH über Edom gesprochen: [Wiedergabe des Gesprochenen JHWHs:] ‚Eine Botschaft haben wir von JHWH gehört: [Wiedergabe des von JHWH Gehörten:] ‚Ein Bote wurde zu den Nationen gesandt (mit der Botschaft:) [Wiedergabe der Botschaft des Boten:] ‚Erhebt euch...‘‘‘“ Welche der Sätze als wörtliche Rede analysiert werden und welche nicht, ist völlig uneinheitlich in der Exegese. Schwierigkeit (2) ist, dass hier untypischerweise nach der einleitenden Botenformel „So spricht JHWH über/zu Edom“ offenbar keine wörtliche Rede folgt, da sonst ja JHWH selbst berichten würde, eine Botschaft von JHWH übermittelt bekommen zu haben. In der Regel wird daher diese Botenformel entweder als eine zweite Überschrift verstanden (so die meisten) - was aber genau so untypisch wäre und ja nichts daran ändern würde, dass man nach einer solchen Überschrift eine wörtliche Rede JHWHs erwarten sollte, die eben nicht direkt folgt - oder textkritisch (-> Textkritik) ans Ende von V. 1 verschoben (so z.B. Nötscher 1958; Theis 1937; Wolff 1977; EÜ). |
c | Figura etymologica: Das Wort für Nachricht (meist: „Gerücht“) kommt vom selben Wortstamm wie „haben wir gehört“; es wirkt also wie: „Ein Gehörtes haben wir gehört“ (vgl. B-R: „ein Vernehmen vernahmen wir von IHM her“). (Zurück zu v.1) |
d | Der Bote ist wohl ein Engel, dessen Botschaft das göttliche Gericht einleitet; s. Mal 3,1; Dan 4,10.14.20; vgl. z.B. Rudolph 1971, S. 302; Sellin 1922, S. 231. (Zurück zu v.1) |
e | Erhebt euch, lasst uns erheben - Oder: (1) Das einleitende „erhebt euch“ wird im Hebräischen auch häufig verwendet als bloßer „Vorbereitungsimperativ“; in etwa vergleichbar einem deutschen „Los!“, „Auf gehts!“; also „Los, lasst uns erheben!“; eine Selbstermunterungsformel. (2) Außerdem gibt es im Hebräischen einen sogenannten „Pseudo-imperativ“: In einer Imperativkette dient der erste als Bedingung, der zweite als Folge, also „Wenn ihr euch erhebt, werden auch wir uns erheben“. Die meisten Üss. übersetzen nach Deutung (1), aber wahrscheinlicher ist hier Deutung (2) zu wählen: Das Buch Obadja zerfällt recht deutlich in zwei Teile, deren erster einen bereits erfolgten Sieg fremder Nationen über Edom berichtet und deren zweiter einen noch ausstehenden Sieg Judas/Israels über Edom und schließlich sämtliche Völker prophezeit; diese Doppelstruktur wäre in diesem ersten Vers dann bereits vorweggenommen. Vgl. auch die Üs. von Dick 2005: „Arise so we can rise against her in battle!“ Dass nach unserer Deutung JHWH sich selbst in ein größeres Heer inkludiert, ist nicht problematisch; das Bild vom an der Seite von Menschen streitenden JHWH findet sich häufig in der Bibel; ein schönes Bsp. ist etwa Ps 144; s. auch Ps 5,13; Ps 149,7-9 u.ö. (Zurück zu v.1) |
f | Es meint Edom (so fast alle Exegeten): Edom ist zwar sonst im Obadjabuch maskulin, „es“ dagegen feminin, doch außerhalb des Obadjabuches findet sich Edom noch häufiger als Femininum und ein variabler Genus bei Nationenbezeichnungen findet sich auch häufiger in der Bibel. (Zurück zu v.1) |
g | Ab V. 2 gibt Obadja JHWHs Rede wider Edom wieder; in der LF muss man das wahrscheinlich durch eine neue Redeeinführung verdeutlichen. (Zurück zu v.2) |
h | Siehe ist eine sogenannter „Diskurspartikel“, deren wörtliche Übersetzung sich seltenst empfiehlt. Ihre Funktion ist es, das folgende Vergangene als besonders relevant für die aktuelle Rede zu kennzeichnen (vgl. z.B. Nic §67); hier also wohl genauer: JHWH hat Edom schon jetzt unwahrscheinlich klein und unbedeutend gemacht (Vv. 2-7), doch selbst dies ist kein Vergleich zu dem, was am „Tag JHWHs“ (dazu s.u.) mit Edom geschehen wird (Vv. 8f.15). (Zurück zu v.2) |
i | habe ich dich gemacht - viele deuten als „prophetisches Perfekt“ (d.h.: Die Verbform Qatal, die sonst für Vergangenheit und Gegenwart verwendet wird, stünde hier für Futur): „werde ich dich machen“. Das ist nicht sehr wahrscheinlich; erstens wegen der Partikel hinneh („Siehe“; s.o.), zweitens, weil ab V. 8 die Verbformen Yiqtol und Weqatal verwendet werden, wo man noch eher ein prophetisches Perfekt erwarten würde. Möglich ist aber auch dies. (Zurück zu v.2) |
j | unter den Nationen (durch die Nationen) - Wortspiel im Hebräischen: Die Präposition b („unter“) dient meist der Verortung, „unter den Nationen“ ist dann eine Art Superlativ: „Ich habe dich gering unter den Völkern gemacht“ = „Ich habe dich zum geringsten aller Völker gemacht“; vgl. Jenson 2008, S. 13; so auch CJB: „I am making you the least of all nations“; GN: „Ich mache dich zum letzten der Völker“; GW: „Edom, I will make you the smallest of nations“. Als sogenanntes Beth instrumenti kann die Präposition aber auch das „Mittel“ angeben, mithife dessen man etwas macht, also „durch die Nationen habe ich dich gering gemacht“; und von diesem - dass fremde Nationen Edom „gering gemacht“ haben - berichten dann ja Vv. 5-7. (Zurück zu v.2) |
k | Die Vermessenheit deines Herzens (dein vermessenes Herz, deine Vermessenheit) hat dich getäuscht - Nicht wörtlich zu übersetzen: Das „Herz“ ist in der hebräischen Anthropologie wesentlich häufiger Sitz des Verstandes als der Emotionen (vgl. z.B. Krüger 2009, S. 104); die dt. Entsprechung ist daher meist eher „Geist, Verstand“ als „Herz“. Und das mit „täuschen“ übersetzte Wort nascha´ „steht meist für die Täuschung durch scheinbar vernünftige, überzeugendes Rede oder Argumentation (z.B. Jes 36,14 [|| 2 Kön 18,29]; Jer 4,10; 2 Chr 32,15) und wird daher oft assoziiert mit fehlerhafter Weisheit (Gen 3,13; Jes 19,13 (vgl. Vv. 11-14)).“ (Ben Zvi 1996, S. 55). Treffender als die wörtliche Übersetzung „Die Vermessenheit deines Herzens hat dich getäuscht“ wäre daher etwas wie „Ob der Vermessenheit deines Geistes hat du dich verrechnet“ - was besonders an Edom gerichtet ein harter Vorwurf war, denn die Weisheit Edoms war sprichwörtlich; s. Ijob 2,11; Jer 49,7. (Zurück zu v.3) |
l | Mit den Felsenklüften sind sicher (oft: künstlich erweiterte und ausgehauene) Gebirgshöhlen gemeint, in denen man damals gerade im bergigen Gegenden häufig lebte. (Zurück zu v.3) |
m | Felsenklüften (Klüften von Sela) - das hebräische sela kann als Klassennomen ein „Gebirge“ bezeichnen, ist aber gleichzeitig ein edomitischer Ortsname: „Sela“. Früher wurde dieses Sela oft mit der Stadt Petra gleichgesetzt; heute geht man eher davon aus, dass es sich um die edomitische Festung es-Sela nahe Bosora gehandelt haben muss (vgl. z.B. Dick 2005, S. 8; für einige Bilder s. hier). Welches von beidem gemeint ist, ist nicht zu entscheiden; als Ortsname würde es aber auch deshalb Sinn machen, weil Sela eine wichtige Rolle bei der Eroberung Edoms durch Nabonidus spielte, auf die wohl auch das Obadjabuch anspielt (s. Anmerkungen). (Zurück zu v.3) |
n | Die Edomiter lebten am und im Gebirge Seir (dazu s. z.B. Hübner 2008 (Wibilex)). Die Sicherheit eines Aufenthaltsorts im Gebirge ist ein häufiges Bild in der Bibel; hier täuscht es aber: Edom mag noch so „gebirgig“ wohnen; sicher vor JHWHs Vergeltung ist es deshalb noch lange nicht. (Zurück zu v.3) |
o | W. Die Vermessenheit deines Herzens hat dich betrogen, [er ist] wohnend in Felsenklüften, [in] der Höhe [ist] sein Wohnsitz, [er ist] sprechend:.... Drei asyndetische inkongruente Relativsätze: Im Hebräischen muss die Relativpartikel ascher („der“) nicht gesetzt werden, daher „[der] wohnend ist“ statt „er ist wohnend“ etc.; und solche asyndetische Relativsätze sind im Hebräischen häufiger inkongruent (vgl. Joosten 1993; ad loc. Ehrlich 1912b, S. 258), daher „der du wohnend bist“ statt „der wohnend ist“ etc. (zu v.3) |
p | [in] - Brachylogie aus Sticho b oder accusativus loci. (Zurück zu v.3) |
q | in deinem Herzen spricht - vom Sinn her wieder eher: „der du dir ausgerechnet hast:...“; vgl. FN k (Zurück zu v.3) |
r | wenn du hoch machtest - Oder: „Wenn du so hoch/erhaben wärest wie ein Adler“ oder „dich so hoch/erhaben machtest wie ein Adler“, d.h. „Wenn du so hoch flögest wie ein Adler“ (so z.B. Bewer 1911; Brown 1996; Dicou 1994; Eiselen 1911; Lescow 1999; Stuart 1987). Doch sehr viel wahrscheinlicher ist „dein Nest“ das Objekt des Verbs „hoch machen“ (vgl. Num 24,21) und zwischen beide Satzglieder ist - den Vergleich noch übersteigernd - das „ja, selbst, wenn zwischen die Sterne gesetzt wäre“ als Ausdruck der Hybris Edoms eingeschoben. (Zurück zu v.4) |
s | der Adler (ein Adler) In Vergleichen sind im Hebräischen Substantive häufig auch dort determiniert, wo in einem entsprechenden deutschen Vergleich ein Substantiv indeterminiert wäre (d.h.: wo das Deutsche „ein Adler“ statt „der Adler“ setzen würde); übersetze daher: „ein Adler“. Der Adler ist in der Bibel öfters eine Metapher für eine zerstörerische Macht (s. noch Ijob 9,26; Jer 4,13; 48,40; 49,22); der Vergleich meint also: „Und wenn du noch so mächtig und gesichert wärest: Ich würde dich dennoch überwältigen.“ (Zurück zu v.4) |
t | Textkritik: MT hat „wenn gesetzt wäre“; LXX und VUL legen aber stark nahe, dass im ursprünglichen Text stand: „wenn du gesetzt hättest“ (s. BHS; so z.B. auch Bewer 1911; Nötscher 1958; Stuart 1987 u.a.). Mur XII dagegen stützt MT und der Text bereitet auch keine Probleme, so dass man ihn beibehalten kann. (Zurück zu v.4) |
u | Dass mit V. 5 ein neuer Abschnitt in der Strophe Vv. 2-7 beginnt, wird ganz deutlich durch den Stilwechsel: (1) sind Vv. 5-7 im Gegensatz zu Vv. 2-4 und Vv. 8-11 durch nichts als Rede JHWHs ausgezeichnet, (2) wechseln Vv. 5-7 vom Urteil JHWHs über Edom zu in den Stil einer sarkastischen Stadtklage (s. zu „Ach!, wie bist zu zerstört!“ (V. 5); „Ach!, wie ist Esau durchsucht worden!“ und „Ach!, wie wurden selbst seine Verstecke geplündert!“ (V. 6)); (3) weist in diese Richtung das „Spruch JHWHs“ am Ende von V. 4, das hier - wie oft - das Ende eines Abschnitts markiert (so z.B. auch Ben Zvi 1996, S. 46; Clark 1991, S. 328; Dick 2005, S. 9). (Zurück zu v.5) |
v | [Über dich gekommen wären] - Brachylogie aus Sticho 1. (Zurück zu v.5) |
w | zerstört (zum Schweigen gebracht) - Wortspiel im Hebräischen: Natürlich heißt hier damah primär „zerstören“, doch kann es auch „zum Schweigen bringen“ bedeuten, und vor dem Hintergrund des „sich verrechnenden Großredens“ in V. 3 nimmt es hier so einen Doppelsinn an: Nicht nur Edom selbst, sondern auch seiner Großmäuligkeit hat Gott ein Ende gemacht: Edom wurde „zerstört/zum Schweigen gebracht“ (vgl. gut Ben Zvi 1996, S. 80). (Zurück zu v.5) |
x | Die drei mit ´ek („[Ach!,] wie...“) eingeleiteten Stichos sind typische Bestandteile der Textsorte „Stadtklage“ (zur Gattung vgl. z.B. Koenen 2013 (Wibilex), zum ´ek-Ruf in Stadtklagen z.B. Hardmeier 2007, Abs. 2.2.1 (Wibilex)), mit der der Untergang einer Stadt betrauert wird. Gerichtet an den alten Erzfeind Edom hat das natürlich etwas zutiefst sarkastisches: „Eine Runde Mitleid für Edom!“ (Zurück zu v.5 / zu v.6) |
y | [nur] - Fokuspartikel wie „nur“ werden im Hebräischen sehr oft nicht gesetzt; im Deutschen muss man sie sich jeweils hinzudenken; vgl. ad loc. gut Ehrlich 1912b, S. 257. (Zurück zu v.5) |
z | Hätten sie nicht eine Nachlese übrig gelassen? - Anspielung auf den altorientalischen Brauch, bei der Ernte Reste für die Bedürftigen übrig zu lassen, die diese nach der Ernte einsammeln konnten (s. z.B. Lev 19,9; Dtn 24,19.21). Die Ernte ist in der Bibel noch öfter ein Bild für die völlige Zerstörung, s. noch Jes 17,4-6; 24,12f; Jer 6,9 und die Parallelstelle zu unserem Vers, Jer 49,9: Selbst bei einer Ernte bleiben wegen des besagten Brauchs Reste übrig - doch Edom war diese Gnade nicht gewährt; das macht V. 6 klar: Selbst die Schätze Edoms wurden aufgestörbert (vgl. gut Jenson 2008, S. 15f). (Zurück zu v.5) |
aa | Textkritik: W. „Wie sind Esau zerstört worden“; „Esau“ wird hier als Kollektivum mit einem Pluralverb konstruiert (vgl. Mey §94.5a; ad loc. Wolff 1977, S. 17), was ins Dt. mit Sg. übertragen werden muss. Eine Emendation ist unnötig und auch der Sg. der LXX muss nicht bedeuten, dass in einer früheren Textversion Sg. gestanden war. (Zurück zu v.6) |
ab | Esau - Nach einer alten Überlieferung ist der Stammvater der Judäer Jakob, der Stammvater der Edomiter dessen Bruder Esau (s. bes. Gen 25,19-30); „Esau“ steht hier also für Edom. (Zurück zu v.6) |
ac | Verstecke (versteckten Schätze) - Bedeutung unsicher (-> Hapax legomenon). Aber das hebräische mazpon kommt vom Verb zapan („verbergen, verstecken“) und auch LXX und VUL legen entweder die Bedeutung „Verstecke“ oder „versteckte [Dinge]“ - also Schätze - nahe. Im Kriegsfall pflegte man im Alten Orient, wertvolle Dinge zu verstecken, damit sie bei einer Niederlage nicht dem Feind in die Hände fielen; von solchen Verstecken/„Schätzen“ ist hier die Rede. (Zurück zu v.6) |
ad | geplündert - meist: „durchstöbert“, „durchsucht“ o.Ä. Das seltene heb. Verb ba`ah ist aber wohl nicht einfach ein Synonym zum „durchsuchen“ im vorigen Sticho: In Ex 24,4 bezeichnet es das vollständige Abweiden eines Berges durch Vieh und meint also wohl hier die gewaltsame, vollständige Leerung Edoms. Gut daher GNB, GW: „looted“; NIV: „pillaged“ (beides: „geplündert“). Im Hebräischen bildet der Sticho so einen entfernten Parallelismus mit der Rede von den Winzern in V. 5.: Edom ist „abgeerntet und abgegrast“. (Zurück zu v.6) |
ae | Sehr schwieriger Vers. Bis inklusive der vorletzten Zeile lautet er wörtlich etwa: „Es trieben dich bis zur Grenze alle Männer deines Bundes betrogen dich überwältigten dich Männer deines Friedens dein Brot legten eine Falle unter dich.“ Schwierigkeit (1) ist, dass die Phrasen „alle Männer deines Bundes“ und „Männer deines Friedens“ je sowohl zum vorangehenden als auch zum folgenden Verb gezogen werden könnten, also entweder „Es trieben dich bis zur Grenze alle Männer deines Bundes, / sie betrogen dich.“ oder „Sie trieben dich bis zur Grenze; / alle Männer deines Bundes betrogen dich.“ und entweder „Es überwältigten dich Männer deines Friedens, / sie legten eine Falle unter dich.“ oder „Sie überwältigten dich, / Männer deines Friedens legten eine Falle unter dich.“
Von diesen drei Lösungen ist für die LF sicher die dritte zu wählen; dies löst dann auch zumindest ein stückweit Schwierigkeit (1), da dann wenigstens die Zuordnung der Phrase „die Männer deines Friedens“ klar ist. Wegen des Parallelismus und weil sonst im ersten Sticho das Subjekt offengelassen wäre, sollte man dann entsprechend auch das „alle Männer deines Bundes“ zum vorangehenden Verb ziehen. Dann ist wiederum unklar, wozu das Verb „sie überwältigten dich“ gehört, was sich aber über die Poetik des Verses lösen lässt: Im ganzen Vers stehen sehr viele Wörter, die auf das Suffix -ka enden; der Vers lässt sich daher so strukturieren, dass die Stichos sich reimen und das in jedem Sticho entweder das Subjekt oder das Verb eines Satzes steht (vgl. Dicou 1994, S. 21):
hischi´uka jakalu läka („Es haben dich betrogen - überwältigt haben dich“)
[lochame] lachmäka („Die, die dein Brot aßen“)
|
af | Bis zur Grenze haben sie dich getrieben - Bedeutung unsicher. Am wahrscheinlichsten ist gemeint, (1) dass Edoms Verbündete sie aus ihrem eigenen Land vertrieben haben (so z.B. Bewer 1911) oder es ist (2) gemeint, dass Edom Unterhändler mit der Bitte um Hilfe zu seinen Verbündeten geschickt hat, die aber abgewiesen und zurück über die Grenze geschickt wurden (so z.B. Niehaus 2009; Sellin 1922). (1) ist wahrscheinlicher, da es historisch in der Tat so geschehen ist: Entweder sind mit den ehemaligen Bundesgenossen die Babylonier gemeint, die wenige Jahre nach der Eroberung Judas (587 v. Chr.) auch über Edom herfielen (553/2 v. Chr.; so z.B. Bartlett 1989, S. 159; Dick 2005, S. 11f), oder die (Vorfahren der) Nabatäer, die sich dem Einflussbereich Babylons entzogen, indem sie nach der Eroberung Edoms durch die Babylonier in Edom einwanderten/einfielen und so wiederum die Edomiter nach und nach in die Gegend der Wüste Negev abdrängten (so z.B. Jeremias 2007, S. 58.66). Gegen (2) vgl. außerdem noch gut Ben Zvi 1996, S. 88, FN 74. (Zurück zu v.7) |
ag | Die, die dein Brot aßen ist ebenso wie das „Männer deines Bundes“ und das „Männer deines Friedens“ ein Ausdruck für Verbündete; s. Ps 41,10. Der Ausdruck geht wohl darauf zurück, dass im Alten Israel Bündnisse bei einem gemeinsamen Mahl (wofür in der Bibel sehr häufig synekdochisch nur „Brot“ steht) geschlossen wurden. (Zurück zu v.7) |
ah | W. werden eine Falle unter dich legen; (bedeutungsloser) T-Shift (so z.B. auch Ben Zvi 1996, S. 92), der im Deutschen nicht beibehalten werden sollte, da es solche Shifts im Deutschen nicht gibt. Vgl. z.B. den parallelen Aufbau von Ps 93,3 (dazu z.B. Nic §172); vgl. außerdem den P-Shift in V. 13. (Zurück zu v.7) |
ai | in ihm - d.i. in Edom; der Sticho gehört bereits zu V. 8, wie (1) durch die parallele Formulierung in Dtn 32,28, (2) den Wechsel von der 2. zur 3. Person (3) das verknüpfende Stichwort „Verstand“ und (4) die Verbform Weqatal in V. 8 klar wird (so z.B. schon Schegg 1862, S. 384; ähnlich Wolff 1977, S. 33). Die Weisheit Edoms war sprichwörtlich; s. Ijob 2,11; Jer 49,7; dass „in Edom kein Verstand mehr sein wird“ meint also letztendlich: Edom wird völlig zernichtet. (Zurück zu v.7) |
aj | { Sicher ist daher nicht zu übersetzen als rhetorische Frage („Werde ich nicht an jenem Tag - Spruch JHWHs - ...?“ - so fast alle); das hebräische halo ist hier nicht das häufige halo zur Einleitung rhetorischer Fragen („ist es nicht so, dass...?“), sondern ein sogenanntes „asseveratives halo“ („Wahrlich!“, „Sicherlich!“; dazu vgl. z.B. Blau §103.3; Moshavi 2011; Sivan/Schniedewind 1993), das dem folgenden Drohorakel noch zusätzlich Gewicht verleihen soll (Im Deutschen gibt es kein vergleichbares Ausdrucksmittel; es sollte daher in der Üs. besser ausgespart werden). Es wird überdeutlich: Hier beginnt ein neuer Abschnitt in Obadjas Prophetie; ab hier „geht es zur Sache“: Obadja tut nun JHWHs „eigentliches“ Drohorakel kund. (Zurück zu v.8) |
ak | Berg Esau: Das Gebirge Seir; s. FNn n.ab. (Zurück zu v.8 / zu v.9 / zu v.19 / zu v.21) |
al | erschrecken (in Panik geraten, vernichtet werden) - Worspiel (->Janus-Parallelismus) im Hebräischen: Das Wort chatat meint meist „erschrecken“, kann aber auch für das „zerbrechen, zusammenbrechen“ i.S.v. „vergehen“ - auch von Menschen - stehen (vgl. Wolff 1977, S. 34, der auch hier mit „zusammenbrechen“ übersetzt; ebenso Brown 1996: „they shall be shattered“). Vermutlich hat es sogar wesentlich häufiger diese Bedeutung, als es i.d.R. gedeutet wird (s. noch 2 Kön 19,26; Jes 20,5; 37,27; Jer 8,9; 17,18; Jer 49,37; 50,36; Hab 2,17; wohl auch Jes 31,9). Der Sticho kann also sowohl meinen, dass Edoms Krieger „erschrecken“, d.h., in Panik geraten (Dick 2005: „they will panic“; Hagedorn 2010: „sie werden verwirrt/in Panik geraten“; Raabe 1996: „will be panic-stricken“) - und ist so die Fortführung von V. 8 (-> Vernichtung des Verstandes in Edom) - oder, dass Edoms Krieger ausgerottet werden - und steht so im Parallelismus zu 9b (-> Ausrottung aller Bürger Edoms). (Zurück zu v.9) |
am | Teman war neben Bosora die bedeutendste Stadt Edoms und steht daher häufig metonymisch für den ganzen südlichen Teil Edoms oder gar ganz Edom; so wohl auch hier. (Zurück zu v.9) |
an | Textkritik: Nach dem masoretischen Text gehört „durch Mord“ ans Ende von V. 9; so auch Tg. LXX, VUL und Syr dagegen lasen es als erstes Wort von V. 10 („Wegen des Mordens“). Die Aufteilung der Bibel in Verse erfolgte erst um 1448 durch Rabbi Nathan, so dass der ursprüngliche Text beide Möglichkeiten bot. Der Lesart von LXX, VUL und Syr folgen z.B. auch BHS und viele Exegeten; dem folgen auch wir: Dafür spricht, dass dann sowohl V. 8d als auch 9b mit „Berg Esau“ enden würde und dass das Wort V. 9 inhaltsmäßig nichts hinzufügen würde; auch das am häufigsten vorgetragene Argument für die Lesart von MT und Tg - dass die doppelte Angabe des Grundes in V. 10 („wegen des Mordens, wegen der Gewalttat“) redundant war - greift nicht, denn derartige Redundanzen sind sogar typisch für den Stil des Obadjabuches und daher eher noch ein weiteres Argument für diese Lesart (vgl. „der du in Felsenklüften wohnst“ + „dessen Sitz hoch ist“ (V. 3); „hoch wie ein Adler“ + „zwischen die Sterne“ (V. 4); „Diebe“ + „Räuber bei Nacht“ (V. 5); „es haben dich betrogen“ + „es haben dich überwältigt“ (V. 7) und direkt im nächsten Vers „Am Tag, als du abseits standest“ + „Am Tag, als Fremde sein Heer fortführten“ (V. 11)). (Zurück zu v.9 / zu v.10) |
ao | Hier muss man wohl einen neuen Abschnitt ansetzen: Gerichtsworte haben in der Bibel häufig die Stuktur [(A) Gerichtsankündigung] - [(B) Begründung (= (B1) Anklage + (B2) Entfaltung)] (vgl. z.B. Westermann 1960, S. 127). Die Funktion von (A) erfüllen hier Vv. 8f (und folgerichtig steht wie oft die Formel „Spruch JHWHs“ am Anfang dieses Abschnitts), die von (B1) Vv. 10f und die von (B2) Vv. 12-14. So lässt sich wohl auch die redundante Formulierung der Begründung in 10a erklären („Wegen des Mordens, wegen der Gewalttat“; s. vorige FN): Der doppelte Grund soll markieren, dass nun der Begründungsabschnitt beginnt. Vv. 15f bringen dann noch einmal eine Zusammenfassung: V. 15 nennt das sog. „ius talionis“ (s.u.) als die rechtliche Basis von JHWHs Gerichtswort, das in V. 16 dann in Richtung auf die konkrete Situation entfaltet wird. Überraschend kommt der letzte Sticho, der schon auf die nächste Strophe vorausweist: Auch der Sieg der Nationen wird nicht von Dauer sein, sondern direkt auf dem Fuße folgt die Wiedereinsetzung Judas. (Zurück zu v.10) |
ap | Bruder Jakob - gemeint ist Juda, s. FN ab. (Zurück zu v.10) |
aq | Scham dich bedecken - laut ThWAT IV, S. 276 bildlich für „Scham wird dich völlig beherrschen/überwältigen“. Unter Umständen ist aber etwas anderes gemeint: In Israel und im ganzen Alten Orient war der Brauch verbreitet, seine Feinde nach deren Niederlage zu erniedrigen - z.B. durch Verunstaltung der Körper der Feinde (vgl. Lemos 2006). Auch dieses Erniedrigen wurde bezeichnet als „beschämen“. Als Folge einer Niederlage nennt das „von-Scham-bedeckt-sein“ auch Jer 51,51; Ez 7,18; Hab 2,17; Ps 44,16. Vielleicht ist also hiervon die Rede; so gelesen passte der Sticho besser in den Zusammenhang der Niederlage und Vernichtung Edoms. So aber bisher niemand. (Zurück zu v.10) |
ar | gegenüber standest (abseits standest) - das hebräische amad minneged kann sowohl das feindliche sich-Aufstellen-gegenüber-von-X meinen (s. 2 Sam 18,13) als auch das unbeteiligte daneben-Stehen (s. Ps 38,12). Edom werden hier also entweder wieder seine feindlichen Handlungen vorgeworfen - oder nur die Tatsache, dass es für seinen „Bruder“ nicht Partei ergriffen hat. Sticho 11e („Da warst auch du wie einer von ihnen“ - d.h. wie einer von denen, die Judas Heere gefangen nahmen, die ihre Städte okkupierten und über Jerusalem Lose warfen) macht die erste Bedeutung sehr viel wahrscheinlicher. (Zurück zu v.11) |
as | sein Heer (seine Habe) - das hebräische chajil kann beides bedeuten; auch das in V. 11 folgende Verb („wegführten“) kann sowohl für Personen als auch für Güter stehen. Welches von beidem hier gemeint ist, ist nicht entscheidbar, denn nach den folgenden Zeilen hat sich Edom beider Dinge schuldig gemacht: Sie haben sowohl Judas Bürger in die Gefangenschaft entführt (V. 14) als auch sich seiner Habe bemächtigt (V. 13). Vielleicht ist also gerade deshalb dieses Wort gewählt, um beide Bedeutungen zuzulassen (so auch Raabe 1996); übersetze am Besten: „Heer und Habe“. (Zurück zu v.11 / zu v.13) |
at | in seine Tore traten - nicht: „durch seine Tore traten“. Das Wort für „Tor“ meint nicht einfach eine Schwelle, durch die eine Stadt betreten werden konnte, sondern einen größeren Bereich: Im Alten Orient war das Tor das administrative Zentrum einer Stadt; hier wurde Markt gehalten, Gericht gesprochen, Nachrichten wurden ausgetauscht und Heere gemustert (für eine schöne Darstellung s. z.B. hier, S. 69). Dass „Ausländer in seine Tore traten“ meint also, dass sie in „in seinen Torbereich“ - den Herrschaftsbereich einer Stadt - eindrangen. Bisweilen errichtete ein König bei der Eroberung einer Stadt sogar einen Thron im Tor, um damit seine nunmehr erlangte Herrschaft über diese Stadt zu symbolisieren (vgl. z.B. IDB I, S. 355; ad loc. Niehaus 2009, S. 529). Das ist hier gemeint. (Zurück zu v.11) |
au | Lose warfen - Losmantik war im ganzen Alten Orient verbreitet. Das goral-Los, von dem hier die Rede ist, leitet sich vermutlich her vom arabischen garila („steinig sein“); gelost wurde damit so, dass mehrere Steine in ein Behältnis getan wurden, das dann reihum gereicht wurde. Auf denjenigen, bei dem ein besonders gekennzeichneter Stein aus dem Behältnis kam, „fiel das Los“; d.h., er war von den Göttern / von Gott ausgewählt worden für das, worüber gerade gelost wurde. Hier losen die Ausländer über Jerusalem, die heilige Stadt - ein gewaltiges Sakrileg. (Zurück zu v.11) |
av | Oder: An dem Tag, an dem du gegenüber standest,
Betraten Ausländer seine Tore
|
aw | So sinnvoll Dick 2005, S. 4; Gordis 1943, S. 177: k nicht als Vergleichspartikel („wie einer von ihnen“), sondern als „asseveratives Kaph“ zum Ausdruck von Emphase: Wie ein Paukenschlag wird am Ende der Anklage der zentrale Vorwurf vorgebracht: Edom hielt nicht zu seinem „Bruder“ Juda, sondern zu „Fremden“ und „Ausländern“. Diese Auflösung ist zwar eine Minderheitenmeinung, aber wohl wirklich sinnvoller - vor allem in Kombination mit der Alternativauflösung in der vorigen FN. |
ax | sehen ohne nähere Bestimmung kann alle möglichen Konnotationen haben - etwa traurig blicken (z.B. Gen 21,16); mitleidig blicken (z.B. Gen 29,32), verachtend blicken (z.B. Ps 22,18) und schadenfroh blicken (z.B. Ps 54,9; 59,11; 112,8; 118,7). Sicher ist hier Letzteres gemeint. (Zurück zu v.12 / zu v.13) |
ay | sollst nicht sehen (Sieh nicht...!, hättest nicht sehen sollen) etc. - interessantes Übersetzungsproblem: In Vv. 12-14 steht 8x die Konstruktion al („nicht“) + Jussiv. Die Sätze beziehen sich zweifellos auf die vergangenen Handlungen Edoms und viele (z.B. Brown 1996, Duhm 1910, Eiselen 1911, Hagedorn 2010, Jeremias 2007, Lescow 1999, Orelli 1893, Theis 1937, Wolff 1977) übersetzen daher auch mit Vergangenheit: „Du hättest nicht X tun sollen“. Theoretisch ließe sich die Konstruktion auch so verwenden; faktisch findet sich diese Verwendung aber kein einziges Mal in der Bibel (außer u.U. in Ijob 3,4-7; doch auch hier deutet m.W. niemand so) - al + Jussiv für Vergangenheit ist nicht idiomatisch. Idiomatisch ist die Konstruktion stattdessen für „zeitlose moralische Prinzipien“ (Dick 2005, S. 16; s. z.B. Spr 1,10; Spr 3,7 u.ö.) und für Verbote (s. z.B. Ex 20,3-17). Warum also greift der Dichter zu dieser Konstruktion und wie ist demzufolge in der LF zu übersetzen?
|
az | Oder: „Du sollst nicht sehen auf den Tag deines Bruders / am Tag seines Unglücks.“ So viele, doch erstens sehe ich nicht, wie man „schadenfroh auf einen Tag sehen“ sollte; zweitens ist das Hauptargument für diese Deutung das, dass sonst redundant zwei Zeitangaben aufeinander folgen würden - doch das greift nicht, s. FN an und siehe den vorigen Vers, in dem gleich vier Zeitangaben aufeinandergehäuft sind. (Zurück zu v.12) |
ba | Unglücks - Bed. unsicher (-> Hapax legomenon). Auch das verwandte Wort in Ijob 31,3 steht - wie unser Wort in unserem Vers - im Parallelismus mit ed („Unglück, Unheil“), so dass recht wahrscheinlich auch dieses Wort eine ähnliche Bedeutung hat. (Zurück zu v.12) |
bb | Söhne von X - Idiom für „Bewohner/Bürger von X“. (Zurück zu v.12 / zu v.20) |
bc | Mund groß machen - Idiom für feindliches Reden; s. noch Ijob 16,10; Ps 22,14; Jes 57,4; Klg 2,16; 3,46. (Zurück zu v.12) |
bd | Zu Kommen in das Tor vgl. FN at. Das „Tor meines Volkes“ ist entweder speziell das Tor Jerusalems oder ein Kollektivum für die „Tore“ der judäischen Städte (s. Gen 22,17; vgl. Raabe 1996). (Zurück zu v.13) |
be | ihres - Das Possessivpronomen steht hier einmal im Plural und zweimal im Singular. Gemeint ist jedes Mal Juda (-> bedeutungsloser P-Shift; vgl. Niehaus 2009, S. 532); übersetze: „seines Unheils“. Der P-Shift hat hier ein Wortspiel als „Nebenwirkung“: ´edam („ihres Unheils“) erinnert an Edom. (Zurück zu v.13) |
bf | Ausschlupf, Weggabelung - Bedeutung unsicher (-> Dis legomenon). Das Wort leitet sich her vom Verb paraq („wegreissen, abreissen, spalten“); in Nah 3,1 steht es für „das Entrissene“, d.h. „Beute“. Weil man in Ob amad al einheitlich nimmt als „stehen an/auf“, geht man davon aus, dass es dort für eine Ortsangabe stehen müsse; und ein Ort, den man als den „Gespaltenen“ bezeichnen kann, soll dann entweder ein „Spalt“ in der Mauer - ein „Ausschlupf“ (LXX: „Ausweg“, Sym: „Fluchtweg“, VUL: „Ausgang“) - oder eine „Weggabelung“ (so die meisten Üss) sein. Von diesen beiden ist allein schon wegen des Rückhalts der alten Übersetzungen sicher das erstere vorzuziehen. Anm. d. Üs. (S.W.): Allerdings kann amad al auch „streben nach“ bedeuten (s. KBL3, S. 795), so dass „Beute“ eigentlich auch hier Sinn machen würde; denn das folgende muss nicht notwendig als finaler Nebensatz („um zu“) genommen werden, sondern kann auch konsekutiv oder gradierend gelesen werden („Du sollst nicht nach Beute streben / und so die Entronnenen ausrotten“ resp. „Du sollst nicht nach Beute streben / bis dahin, dass du [selbst] die Entronnenen ausrottest“). Das scheint mir eigentlich etwas wahrscheinlicher, ist aber m.W. noch nie vertreten worden. (Zurück zu v.14) |
bg | ausliefern - gemeint ist sicher der Sklavenhandel mit den gefangenen Flüchtlingen (so z.B. Nötscher 1958, S. 744); vgl. z.B. Am 1,6.9. (Zurück zu v.14) |
bh | Der Zhg. von V. 15 mit V. 14 und V. 16 ist umstritten; drei Positionen sind verbreitet:
|
bi | Theoretisch könnte al-kol-hagojim sowohl den Bereich angeben, an dem das Gericht JHWHs am „Tag JHWHs“ stattfinden wird („bei allen Nationen“, s. Jes 25,7; Sach 7,14) als auch das „Objekt“ des Tages JHWHs („wider alle Nationen“, so fast alle) - aber was soll denn ein „Objekt eines Tages“ sein? Mit „Tag JHWHs“ werden in den Prophetenbüchern diverse Gerichtstage JHWHs bezeichnet: Entweder handelt JHWH an einem solchen „Tag JHWHs“ strafend mithilfe anderer Völker an seinem eigenen Volk (z.B. Jes 2,12-17; Jes 22,1-14; Klg 1,12; 2,1.21f; Zef 1,7-16 u.ö.) oder er handelt strafend an anderen Völkern (z.B.: Jes 13,6: An Babylon; Jer 46,10; Ez 30,3: An Ägypten; vgl. z.B. Beck 2008 (Wibilex)). Das Obadjabuch greift auf beide Konzepte zurück: Vv. 11-14 sprechen von ihm als einem Unheilstag Judas; Vv. 8f.15 als einem Gerichtstag an den Völkern - speziell Edom (vgl. gut Beck 2013, S. 27). Diese Universalität dieses „Tags JHWHs“ soll durch die Hinzufügung von „bei allen Nationen“ zum Ausdruck kommen. Gut daher Beck 2013, S. 27: „Denn er ist nahe, der Tag des Herrn, für alle Völker“; GW, NIRV, NIV: „The day of the LORD is near for all nations“; MSG: „God's Judgment Day is near for all the godless nations“. In der LF muss „Tag JHWHs“ wahrscheinlich expliziert werden; vielleicht als „Tag [des Gerichts] JHWHs“ o.Ä. - vgl. HfA: „Der Tag, an dem ich, der Herr, allen Völkern ihr Urteil spreche“; NLT: „The day is near when I, the LORD, will judge the godless nations!“ (Zurück zu v.15) |
bj | So, wie du getan hast, wird dir getan werden - Sehr knappe Formulierung im Hebräischen: ka´ascher `aßita je`aßeh; stilistisch getreuer wäre daher etwas wie „Wie du getan, wird dir getan.“ (so z.B. PAT, ähnlich R-S). (Zurück zu v.15) |
bk | Dein Tun wird wider deinen Kopf zurückkommen - Zum Ausdruck vgl. 1 Kön 2,32f; Ps 7,17; Joel 4,4.7; der Sinn ist exakt der selbe wie im Satz zuvor. Gut daher EÜ, NeÜ: „Dein Tun fällt auf dich selbst zurück.“ (Zurück zu v.15) |
bl | Schwieriger Vers - schwierig wegen dem plötzlichen Reden vom „Trinken“ und wegen dem plötzlichen Wechsel zur 2. Pers. Plural. Wegen dieser beiden Schwierigkeiten sind heute drei Deutungen verbreitet:
|
bm | beständig (auf ewig, Wein?) - unerklärlich, da es sich mit 16d beißt; egal, wie V. 16 insgesamt gedeutet wird. Das wird man sicher nicht einfach mit Ben Zvi 1996 wegerklären können - die Annahme, auch hebräische Texte dürften logisch verfasst sein, ist doch wohl keine ungerechtfertigte. Vielleicht sollte man doch mit Marti 1904, Sellin 1922, Theiß 1937 u.a. nach LXX zu chemer („Wein“ s. Dtn 32,14; Sir 34,30; 37,27 und Ps 75,9 + Jes 27,2 (-> BHS)) emendieren: „werden alle Nationen Wein trinken“. So aber heute niemand mehr. (Zurück zu v.16) |
bn | schlürfen (stammeln) - Bed. unsicher; heute meist gedeutet als la`a` I („schlürfen, schlucken“), seltener als la`a` II („stammeln“), noch seltener emendiert (-> Textkritik) von wäla`u zu wäna`u („sie torkeln“ - so Dicou 1994, Duhm 1910, Marti 1904, Nötscher 1958, Sellin 1922, Wellhausen 1893, S. 205). Wir folgen der Mehrheitsmeinung, die auch am besten in den Kontext passt. (Zurück zu v.16) |
bo | werden, als ob sie nie gewesen wären - Ausdruck für die gänzliche Vernichtung, s. ähnlich Ijob 10,19; Sir 44,9; verwandt auch Sach 10,6. Vielleicht sollen übrigens die beiden letzten Stichos lautlich das Lallen Betrunkener nachahmen: wäschatu wäla`u wähaju kälo haju. (Zurück zu v.16) |
bp | Berg Zion - Der Tempelberg in Jerusalem; in der Bibel auch standardmäßig pars pro toto für die ganze heilige Stadt Jerusalem verwendet (vgl. z.B. Paganini/Giercke-Ungermann 2013 (Wibilex)). (Zurück zu v.17) |
bq | [auf dem Berg Zion] - Brachylogie aus Sticho a (Zurück zu v.17) |
br | und [auf dem Berg Zion] wird [wieder] ein Heiligtum sein - zu dieser Deutung des Stichos vgl. am besten Raabe 1996. Wenige Monate nach der Einnahme Jerusalems zerstörten die Babylonier auch den Tempel; auf die Wiedererrichtung desselben blickt der Vers voraus. (Zurück zu v.17) |
bs | Haus X - Idiom für „die Nachkommen von X“; das „Haus Jakob“ sind die Judäer, das „Haus Josef“ die (längst (722 v. Chr.) von den Assyrern deportierten) Israeliten und das „Haus Esau“ die Edomiter. Dass die beiden Reiche Israel und Juda einst wiedervereinigt ihre Feinde besiegen würden, war eine verbreitete Hoffnung in der Zeit des Exils; vgl. z.B. Ez 37,15-23. (Zurück zu v.17 / zu v.18) |
bt | seine Enteigner enteignen (seine Besitztümer besetzen) - Die Vokale des uns überlieferten Masoretischen Textes wurden erst im Mittelalter in diesen eingetragen. Der vokallose Konsonantentext lässt beide oben angegebene Alternativen zu; MT vereindeutigt durch die Vokalisierung zu „Besitztümer besetzen“, LXX, VUL, Syr durch Übersetzung zu „Enteigner enteignen“. Tg könnte bewusst ebenso mehrdeutig formuliert haben wie der vokallose Konsonantentext („wird das Eigentum derer besetzen, die sie enteignet haben“), könnte aber genau so gut nur die selbe Deutung wie LXX, VUL und Syr freier wiedergegeben haben. Von beiden Lesarten ist sicher die als Primärübersetzung angegebene vorzuziehen (so die meisten). (Zurück zu v.17) |
bu | Vermutlich kurz nach der Eroberung Judas - die historischen Zhgg. liegen etwas im Dunkeln - begannen die Edomiter, in die Negev-region einzuwandern, die vorher zu den Gebieten Judas gehört hatten (vgl. z.B. Anderson 2010, S. 208f; Lyon 1974, S. 89). Der Edom-Hass der Judäer in der Zeit des Exils und danach rührt wohl v.a. von dieser Okkupation her (vgl. Assis 2006, S. 4; Dicou 1994, S. 187), so dass verständlich ist, dass V. 17 neben der Hoffnung auf Wiederherstellung Jerusalems als erstes die Rückgewinnung dieser besetzten Gebiete nennt. (Zurück zu v.17) |
bv | [zum] + [zur] - Brachylogie aus Sticho 18c. (zu v.18) |
bw | [werden] - Brachylogie aus Sticho 18a. (zu v.18) |
bx | es (sie) - W. „sie“; das „Haus Esau“ wird als Kollektivum im weiteren als Plural konstruiert. Übersetze: „es“. (Zurück zu v.18) |
by | Denn JHWH hat gesprochen - Standardformel zum Abschluss einer Prophezeiuung zur Unterstreichung der Autorität des Prophezeiten (s. noch 1 Könn 14,11; Jes 1,20; 21,17; 22,25; 24,3; 25,8; 40,5; 58,14; Joel 4,8; Mic 4,4): JHWH war es, von dem die Prophetie stammte, daher ist sie sicher wahr. In der LF muss das wohl freier wiedergegeben werden; gut z.B. wieder HfA: „So habe ich, der Herr, es beschlossen!“; MSG: „God said it, and it is so“; vielleicht auch etwas wie „So wirds geschehen, denn JHWH hats bestimmt.“ (Zurück zu v.18) |
bz | Vv. 19f und wohl auch V. 21 sind in Prosa verfasst; sehr wahrscheinlich hat eine spätere Hand sie an Vv. 1-18 angefügt. Sie lassen sich auf zwei Weisen lesen (für die Orte vgl. diese Karte):
|
ca | Benjamin [wird enteignen] Gilead (die Söhne Ammons - [das heißt:] Gilead) - Nach der obigen Auflösung (2) scheint man den Text aufzufassen zu haben als „Benjamin - [das heißt:] Gilead“, was unverständlich wäre (auch deshalb, weil das Gebiet des Stammes Benjamin gar nicht zurückerobert werden musste). Entweder muss man daher den Satz so deuten, dass einzig er nicht nach dem Muster der vorigen Sätze in V. 19 gebaut ist und mit „Benjamin“ ein neues Subjekt nach „sie“ (d.h. Juda + Israel) eingeführt wird, zu dem man sich das Verb „enteignen“ hinzudenken muss („und Benjamin [wird enteignen] Gilead“), oder man muss emendieren (-> Textkritik): Für „Benjamin“ lesen Bewer 1911, Duhm 1910 und Sellin 1922 sinnvoll „die Söhne Ammons“ (d.h. „die Ammoniter“), was in einem nicht vokalisierten Text in scriptio continua (d.h. ohne Worttrennung, wie die hebräischen und griechischen Texte ursprünglich geschrieben wurden) geschrieben wäre als בניעמן, „Benjamin“ dagegen als בנימ(י)ן. Von beiden Möglichkeiten ist sicher die erste vorzuziehen. Gilead stand zu dieser Zeit unter der Herrschaft der Ammoniter (s. Jer 49,1), wie auch die Edomiter Teile der Negevregion, die Philister Teile der Schefela und die Phönizier Teile des ehemaligen Nordreiches erobert hatten. Im Blick wäre also nach beiden Möglichkeiten, dass das (fiktive) davidische Großreich wiederhergestellt würde (s. z.B. diese Karte): Die Israeliten und Judäer würden die Negevregion vom „Berg Esau“, die Schefela von den Philistern, die Teile des Nordreiches „bis hinauf nach Sarepta“ von den Phöniziern und „Gilead“ von den Ammonitern zurückerobern. (Zurück zu v.19) |
cb | Vormauer - schwierige Stelle (Ehrlich 1912b, S. 262: „[Vv. 19f] sind hoffnungslos verderbt. Alle bisher gemachten Erklärungsversuche führen zu nichts.“). Der MT muss sicher mit „Vormauer“ übersetzt werden und hat daher zu diversen Emendationsvorschlägen geführt, von denen aber keiner funktioniert (für eine Übersicht und Kritik vgl. Ben Zvi 1996, S. 214-222. Sein eigener Vorschlag funktioniert ebenfalls nicht, da er dem Wort chel („Vormauer“) eine Bedeutung gibt, die es nicht hat). Am sinnvollsten wohl Barthélemy 1992, S. 704, für den auch nicht emendiert werden muss: „Vormauer“ bezeichne bildlich die zuvor genannten Gebiete - nach B: Die Gebiete Efraims und Samariens - als den „Schutzwall“, der zwischen Israel und Juda einerseits und den Ammonitern andererseits steht. Vermutlich aber eher nur Gilead: „Gilead“ bezeichnet meist die israelitische Gebirgsregion östlich des Jordan und hat also mit seiner Gebirgskette und dem Jordan gleich zwei natürliche Barrieren gegen die Einfälle der Ammoniter. Mit den „Exulanten dieser Vormauer der Söhne Israels“ sind dann die nach 2 Kön 15,29 durch den assyrischen König Tiglat-Pileser exilierten Bürger Gileads gemeint. (Zurück zu v.20) |
cc | Textkritik: ... (Zurück zu v.20) |