Ijob 1

Aus Die Offene Bibel

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Lesefassung (Ijob 1)

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Anmerkungen

Studienfassung (Ijob 1)

1 Es war [einmal] ein Manna im Lande Uz,b Ijobc mit Namen. Und es war jener Mann rechtschaffen (makellos) und gerecht und ({und},)d gottesfürchtig und mied Böses. 2 Und es wurden ihm sieben Söhne und drei Töchter geboren.e 3 Und sein Besitz war: 7.000 Schafe und 3.000 Kamele und 500 Ochsengespanne und 500 Eselinnen und eine sehr zahlreiche Dienerschaft – jener Mann war reicher als alle Söhne (Bewohner) des Ostens. 4 Und seine Söhne pflegten, hinzugehen und ein Festgelage zu bereitenf im Haus eines jeden an [jeweils] dessen Tagg und zu schicken nach und einzuladen ihre drei Schwestern, um mit ihnen zu essen und zu trinken. 5 Und {es geschah,} als sie die Tage des Festgelages durchschritten hatten (herumgegangen waren),h schickte Ijob hin und heiligte sie: [Schon früh] am Morgen machte er sich auf und brachte Brandopfer dari nach ihrer aller Zahl, denn Ijob dachte: „Vielleicht haben meine Kinder gesündigt und Gott in ihrem Herzen ‚gesegnet‘.“j
So pflegte Ijob alle Tage zu tun.


6 {Und es geschah} Am Tag,k als die Götterl kamen, um JHWH ihre Aufwartung zu machen,m kam auch der Satann inmitten von ihnen. 7 Und JHWH sprach zu dem Satan: „Von wo kommst du?“o Und der Satan antwortete JHWH {und sprach}:

„Vom Lumpazivagabundieren (Umherschweifen)p auf der Erde
Und vom Hin- und Hergehen auf ihr.“

8 Und JHWH sprach zu dem Satan: „Hast du Acht gehabtq auf meinen Diener (Knecht, Sklave) Ijob? Denn niemanden wie ihn [gibt es] auf der Erde – einen Mann, [so] rechtschaffen (makellos) und gerecht, gottesfürchtig und Böses meidend!“ 9 Und der Satan antwortete JHWH {und sprach}:

[Ist etwa] Ijob umsonstr gottesfürchtig?
10 Hast nicht du einen [schützenden] Zaun errichtets um ihn
Und um sein Haus und um alles, was sein [ist]!?
Die Arbeit seiner Hände hast du gesegnet
Und seinen Besitz vermehrt auf der Erdet (ausgebreitet im Land)!
11 Jedoch, strecke deine Hand u
Und schlage alles, was sein [ist]!
Wenn er dir nicht [direkt] ins Gesicht ‚segnet‘...!v

12 Und JHWH sprach zu dem Satan: „Siehe (Da), alles, was sein [ist], [ist] in deiner Hand! Nur gegen ihn strecke nicht deine Hand!“
Und der Satan ging fort von (vom Gesicht) JHWH.


13 {Und es geschah} Am Tag, als seine Söhne und seine Töchter aßen und Wein ({Wein})w tranken im Haus ihres erstgeborenen Bruders, 14 kam ein Bote zu Ijob und sagte: „Die Rinder pflügtenx gerade und die Eselinnen weideten neben ihnen, 15 da fielen die Sabäerb [ein] und nahmen sie – und die Jungen erschlugen sie mit dem {Mund des} Schwert{es}!
Entkommen bin nur ich allein, um dir['s] zu erzählen.“ 16 Dieser war noch am Sprechen, da kam dieser und sprach: „Feuer Gottesy fiel aus dem Himmel und verbrannte das Vieh und die Jungen und fraß sie (tötete sie).z
Nur ich allein bin entkommen, um dir['s] zu erzählen.“ 17 Dieser war noch am Sprechen, da kam dieser und sprach: „Die Chaldäerb bildeten drei Haufen, plünderten die die Kamele aus, nahmen sie – und die Jungen erschlugen sie mit dem {Mund des} Schwert{es}!
Nur ich allein bin entkommen, um dir['s] zu erzählen.“ 18 Bevor (noch)aa dieser [zu Ende] gesprochen hatte, kam dieser und sprach: „Deine Söhne und deine Töchter waren am Essen und Wein ({Wein})w-Trinken im Haus ihres erstgeborenen Bruders, 19 da kam plötzlichab ein starker Wind von jenseits der Wüste, schlugac die vier Ecken des Hauses, das fiel auf die Jungen, die starben.
Nur ich allein bin entkommen, um dir['s] zu erzählen.“ 20 Da erhob sich Ijob, zerriss seinen Mantel, schor seinen Kopf, fiel auf die Erde, beugte sichad 21 und sagte:

„Nackt kam ich aus dem Schoß meiner Mutter
Und nackt werde ich dorthin zurückkehren.ae
JHWH gab (gibt) und JHWH nahm (nimmt)
Gesegnet sei der Name JHWHs!“af

22 Bei all diesem sündigte Ijob nicht und schrieb Gott nichts Albernes zu.ag

Anmerkungen

Wie ein Märchen beginnt das Buch Ijob: „Es war einmal ein Mann im Lande Uz, Ijob mit Namen“. Dieser Ijob ist märchenhaft rechtschaffen, märchenhaft fromm – und hat ein märchenhaft gutes Leben. Und so wird er zum Paradigma gleich zweier theologisch-philosophischer Probleme, die zu bearbeiten das Anliegen des Ijobbuches ist: „Warum geht es manchen Menschen gut und manchen Menschen schlecht?“ und „Warum sind manche Menschen gut und manche Menschen schlecht?“
In Vv. 6-12 wird die zweite Frage eingeführt; der „Satan“ glaubt es genau zu wissen und versucht Gott zu einer Art Wette: Ijob ist nicht etwa „umsonst“ gut, vielmehr besteht ein klarer Zusammenhang zwischen seiner „Gutheit“ und seinem guten Leben. Was aber passierte, wenn man einmal dieses gute Leben aus der Gleichung nähme? – Und, unglaublich: Gott erliegt dieser „Versuchung“ (2,3) des Satans und geht auf die Wette ein; in rascher Folge darf der Satan Ijob in Vv. 13-19 sein Vieh, seine Bediensteten, sein Haus und alle seine Kinder nehmen. – Doch, unglaublich: Anders als Gott erliegt Ijob dieser Versuchung zum Bösen nicht (Vv. 20-22).

aEs war [einmal] ein Mann - Heb. ´isch hajah, „ein Mann war“ (statt dem für Erzählungen üblicheren wajehi ´isch, „und es war ein Mann“). Vergleichbare Anfänge von Erzählungen wie hier finden sich in der heb. Bibel nur zu Beginn von Nathans Parabel in 2 Sam 12,1 und der Baumparabel in 2 Kön 14,9; das Ijobbuch beginnt also mit einer typischen Märchenformel wie dem dt. „Es war einmal“. S. allerdings noch zu 1 Sam 1,1. (Zurück zu v.1)
b
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Uz (V. 1), Sabäer (V. 15), Chaldäer (V. 17) - Uz: Ortsname (auch Personenname), wohl mit der Bed. „Ersatz“; Lage unsicher. Zwei Möglichkeiten sind bes. wahrscheinlich: (1) Gen 22,21f. berichtet von Uz, dem Sohn von Abrahams aramäischem Bruder Nahor und Onkel von Aram. Nach Gen 10,23 hieß auch einer der vier Söhne Arams Uz und war nach JosAnt I.6.4 der Gründer von Trachonitis und Damaskus. Nach einer alten Tradition wird daher Uz in die Nähe von Damaskus in Aram, nördlich von Israel, verortet (z.B. schon von Raschi). (2) Gen 36,28 berichtet von einem Edomiter namens Uz; in Jer 25,19f. steht das Land Uz im Zhg. mit Ägypten, Philistäa, Moab, Ammon und wieder Edom; in Klg 4,21 werden Uz und Edom miteinander identifiziert. Uz läge dann im Süden Israels. Der Ausdruck „Söhne des Ostens“ könnte sowohl Edom als auch Aram beschreiben, s. Jes 11,4; Gen 29,1. In beiden Fällen spielt die Handlung des Ijobbuches nicht in einem fernen Märchenland, sondern in der unmittelbaren Nachbarschaft Israels.

Sabäer - Bevölkerung des arabischen Königreichs Saba; nach Gen 25,3; 1 Chr 1,32 ist ihr Stammvater ein Enkel Abrahams. Bekannt ist die Erzählung über die Königin von Saba, die nach 1 Kön 10 und 2 Chr 9 Salomo besuchte. Saba liegt recht weit südöstlich sowohl von Aram als auch von Edom; wo auch immer Uz nun liegt – in beiden Fällen legen die Sabäer eine unwahrscheinlich weite Strecke zurück, um Ijob zu überfallen.
Wortspiel (Talchin): Scheba´ („Sabäer“) klingt ähnlich wie schabah („gefangen nehmen“), womit LXX und wohl auch Syr das Wort verwechseln.

Chaldäer - Ein Volk östlich von Aram, Israel und Edom. Wieder ein Wortspiel: Der Name „Chaldäer“, heb. kaßdim, leitet sich wohl ab vom akkadischen kasadu, was ebenfalls „gefangen nehmen“ heißt. Die Sabäer sind „Entführer“, die Chaldäer „Kidnapper“ – so schwingt es mit in ihren Namen. (Zurück zu v.1 / zu v.15 / zu v.17)
cIjob - Heb. ´ijob; Hebraisierung des geläufigen semitischen Namens ´Ajjab, einer Kurzform von ´ajja-ab, „wo ist der Vater?“
Sowohl „Uz“ als auch „Ijob“ sind also sog. „Ersatznamen“, in denen zum Ausdruck kommt, dass ein Verwandter des Namensträgers gestorben und der Namensträger „Ersatz“ dieses Gestorbenen ist. In „Uz“, „Ersatz“, kommt dies direkt zum Ausdruck, aus „Ijob“, „wo ist der Vater!?“, spricht eine Klage über diesen Sachverhalt.
Die Variante „Hiob“ in protestantischen Bibeln rührt daher, dass Luther mit dem „H“ den konsonantischen Anlaut von ´ijob beibehalten wollte. LXX übertrug den Namen mit ιωβ, Job, was sich in den meisten englischen Bibeln findet. (Zurück zu v.1)
dTextkritik: und ({und},) - Im MT mit Konjunktion, in LXX dagegen ohne. Letzteres ist sicher eine Assimilation an 1,8; 2,3. Ball 1922; Gray 2010 u.a. allerdings halten die LXX-Variante für ursprünglich. (Zurück zu v.1)
esieben Söhne und drei Töchter - die ideale Zahl an Kindern, vgl. zu den sieben Söhnen 1 Sam 2,5; Rut 4,15. Zum Standard-Zahlenverhältnis 7:3 s. noch im nächsten Vers die 7000 Schafe und 3000 Kamele und in 1 Kön 11,3 die 700 Frauen und 300 Konkubinen Salomos. Auch der ugaritische Gott Baal hat daher sieben Söhne und drei Töchter; vgl. Pope 1965, S. 7. (Zurück zu v.2)
fFestgelage zu bereiten - nicht: „zu halten“; `aßah mischteh bezeichnet das Vorbereiten eines Gastmahls (s. Gen 19,3; Est 1,3.5.9; so richtig Gordis 1978, S. 12), weshalb auch erst nach dieser Aussage davon die Rede ist, dass sie nach ihren Schwestern senden und sie einladen. (Zurück zu v.4)
g[jeweils] dessen Tag - trotz der Siebenzahl der Söhne sicher nicht die Wochentage, so dass Ijobs Kinder ununterbrochen zechen würden – allein schon, weil sonst kein Wochentag übrig bliebe, an dem Ijob nach V. 5 opfern könnte. Gemeint ist wahrscheinlich der jeweilige Geburtstag, s. Ijob 3,1.3. In der älteren Exegese war auch die Position verbreitet, die Rede sei von einer jährlichen siebentägigen Feier z.B. zur Jahreswende, von der jeder Tag im Haus eines anderen gefeiert wurde. (Zurück zu v.4)
htFN: Etwas schwierige Stelle. Das Verb naqap scheint mit dem Durchlaufen einer Reihe von (Festtagen) nichts zu tun zu haben (auch nicht in Jes 29,1), sondern bezeichnet sehr regelmäßig das „Umschreiten“ oder „Umzingeln zur Belagerung“ von Städten. LXX, Tg, VUL übersetzen einheitlich, als stünde kalah („enden“) wie in Gen 41,53; Ez 43,27: „Als die Tage beendet waren“. Dass es irgendetwas Derartiges bedeuten muss, ist klar; am ehesten sind dann aber nicht die Tage, sondern die Söhne als Subjekt zu nehmen (so Dhorme, Ehrlich): „Als sie [den Zyklus] der Festgelage-Tage umrundet hatten“. Ob Ijob jeweils am Ende der sieben einzelnen Tage aktiv wird oder ob zu jedem (Geburts-)Tag eine mehrtägige Feier gehörte, an deren Ende Ijob jeweils ein Opfer darbringt, lässt sich nicht entscheiden. (Zurück zu v.5)
ibrachte Brandopfer dar - „Brandopfer“ sind nicht automatisch schon Opfer zum Sühnen von (potentiellen) Sünden, LXX ergänzt daher gar: „brachte Bandopfer für sie nach ihrer Zahl dar, und außerdem ein Kalb als Sündopfer für ihre Seelen, denn...“ Opfer dienen nicht nur der Sühnung von Sünden, sondern z.B. auch dazu, sich der Gunst der Gottheit zu versichern, der geopfert wurde; theoretisch könnte Ijob also diese Brandopfer also auch nicht aus Sorge um das Seelenheil seiner Kinder darbringen, sondern aus Eigeninteresse: Weil Sünden im Alten Testament „ansteckend“ sind und man von Gott auch für die Sünden Angehöriger und selbst von in der Nähe wohnenden Volksgenossen bestraft werden kann, versichert sich Ijob durch Brandopfer der Gunst Gottes ihm gegenüber, damit nicht die eventuellen Sünden seiner Kinder zu schlimmen Folgen für ihn führen. Nach der Beschreibung des Charakters in Ijob 1,1 ist das unwahrscheinlich; mithören muss man es aber, da es die „Reinheit“ Ijobs unterstreicht: Nachdem in Ijob 1,1 gesagt wurde, dass Ijob selbst rechtschaffen war, ergänzt V. 5, dass er auch unbetroffen von jeglicher (eventueller) Sünde seiner Kinder war – er nämlich hat diese (eventuellen) Sünden durch Brandopfer ausgeglichen. Dass ihn dann ab V. 13 dennoch das Schicksal derart geballt trifft, ist weder Ijobs Schuld noch kann es die Schuld anderer sein, sondern ist aus seiner Perspektive gänzlich unmotiviert und unerklärlich. (Zurück zu v.5)
jgesegnet - hier ein Euphemismus für „fluchen“; s. in Ijob 1-2 noch Ijob 1,11; Ijob 2,5.9; auch 1 Kön 21,10.13; Ps 10,3 (so fast alle; vgl. z.B. Schorch 2000, S. 101f.). Dass hier von „Fluchen“ die Rede ist, so dass sogar das Unerhörte dieser Handlung mit einem Euphemismus abgeschwächt werden muss, zeigt klar, dass „in ihrem Herzen“ nicht bedeutet: „vielleicht haben sie [nur] unbewusst gesündigt“. Ijob spricht von „in ihrem Herzen“ im Gegensatz zu offenkundigen (Tat-)Sünden, weil Sünden im Herzen solche wären, die er nicht mitbekommen hätte.
In der LF sollte man besser nicht mit „fluchen“ übersetzen, wie das viele Üss. tun: Das Wort ist eines der Leitwörter im Ijobprolog und trägt zur Entwicklung der behandelten Frage bei. (Zurück zu v.5)
kAm Tag - nicht: „eines Tages“. „Tag“ hat hier einen Artikel, die Rede ist daher von einem bestimmten Tag: Offenbar gibt JHWH an einem bestimmten Tag des Jahres eine Audienz. (Zurück zu v.6)
lGötter - W. „Kinder Gottes“; heb. Idiom: „Kinder Israels“ (z.B. Dtn 1,3) sind schlicht „Israeliten“, „Kinder des Menschen“ (z.B. Ps 45,3) schlicht „Menschen“. Entsprechend sind hier die „Kinder Gottes“ schlicht „Götter“ oder göttliche Wesen (LXX übersetzt οι αγγελοι του θεου und VUL angeli dei: „die Engel Gottes“); vgl. bes. Dan 3,25: „Der vierte [nämlich ein Engel] sieht aus wie ein Sohn der Götter (=wie ein Gott)“.
Die atl. Religion war lange ein Polytheismus, kein Monotheismus; von solchen „Göttern“ sprechen daher z.B. auch Gen 6,1-4; von der Götterversammlung, deren Herr JHWH ist und die man sich hier vorzustellen hat, auch Ps 82,1; auch 1 Kön 22,19 und 2 Chr 18,18; Dan 7,9f. In Ps 29,1; 89,7 heißen die göttlichen Wesen „Kinder der Starken“ statt „Kinder Gottes/der Götter“, also „Starke / Mächtige“. (Zurück zu v.6)
mihre Aufwartung zu machen - W. „um sich aufzustellen vor JHWH“; der Ausdruck bez. bes. das sich-Aufstellen Untergebener vor Höhergestellten, s. Ex 8,16; Ex 9,13; Spr 22,29; ähnlich wie hier auch Sach 6,5. (Zurück zu v.6)
nder Satan - Die Satansvorstellung hat sich über mehrere Jahrhunderte hinweg entwickelt. Hier ist der Begriff noch kein Eigenname eines Dämons o.Ä., sondern eine Funktionsbezeichnung und steht daher im Heb. wie in Sach 3,1f. mit Artikel. Frühjüdische Schriften geben „dem Satan“ daher gelegentlich gar andere Eigennamen, z.B. „Samael“ in den Qumran-Schriften oder „Mastema“ in den Jubiläen.
Welche Funktion genau mit dem Wort bezeichnet wird, ist aber ungewiss, da seine Etymologie unsicher ist: Satan (heb. ßaṭan) könnte sich am ehesten ableiten (1) von ßṭn („Opponent, Widersacher, Gegner“), vgl. Num 22,22.35; Sach 3,1, und etwas unwahrscheinlicher (2) von schjṭ / schwṭ („umherwandeln“; sch wurde zumindest in einigen Dialekten ähnlich wie ß ausgesprochen), vgl. Ijob 1,7; Sach 4,10; 1 Pet 5,8, oder (3) von ßwṭ, einer Nebenform von swt („aufreizen, versuchen“), vgl. Ijob 2,4; 1 Chr 21,1; Mt 4,1 parr.; 1 Kor 7,5. „Aufgabe“ des Satan wäre also nach (1), Menschen oder Gott entgegenzutreten (vgl. schön TUR: „der Widergeist“, wonach Stier im NT bekanntlich Dämonen als „Abergeister“ übersetzt), nach (2), als eine Art Spion Gottes auf der Erde umherzuwandeln, und nach (3), Menschen und Gott zu versuchen und zur Sünde aufzureizen. Welche Funktion er in Ijob 1-2 hat, ist aber zum Glück nicht rätselhaft; außer TUR übersetzen daher alle dt. Üss. schlicht mit „(der) Satan“. (Zurück zu v.6)
otFN: Woher kommst du - Im Heb. nicht Qatal, sd. Yiqtol. Vgl. dazu Dav §45.R1: Gelegentlich wird in Fragen an eine 2. Pers. Yiqtol verwendet wie sonst Qatal, vgl. z.B. Gen 42,7 („Woher kommt ihr?“, Qatal) vs. Ri 19,17 („Woher kommst du?“, Yiqtol); 2 Kön 20,14 ([Jesaja fragte Hiskija:] ‚Woher kommen diese zu dir?‘ (Yiqtol). Und Hiskija antwortete: ‚Aus einem fernen Land kommen sie (Qatal): aus Babel.‘“). Der Grund dafür ist ungewiss; jedenfalls aber scheint das Yiqtol hier nicht bedeutsam zu sein (anders Delitzsch, Dillmann: „Woher kommst du gerade?“ statt „Woher bist du gekommen?“). (Zurück zu v.7)
pLumpazivagabundieren (umherschweifen) - Wortspiel: schuṭ („umherschweifen“) klingt ähnlich wie „Satan“ und könnte sogar dessen Etymon sein (s. vorletzte FN). Der Satan tat, was ein Satan eben so tut: Er „satanierte umher“ auf der Erde. S. ganz ähnlich 2,3. (Zurück zu v.7)
qAcht gehabt - W. „Hast du dein Herz gelegt auf...“, häufige Wendung, s. auch in Ex 7,23; 9,21; 1 Sam 9,20; 25,25; 2 Sam 13,20; 18,3; Ijob 7,17; 34,14; Ps 48,14; Spr 22,17; Spr 27,23; Jer 31,21; Ez 40,4; Hag 1,5.7. Nach Jer 31,21; Ez 40,4; Hag 1,5-7; Ps 48,14; Spr 22,17; 27,23 ist die Bed. nicht allgemein „beachten“, sondern spezieller und stärker „genau auf etwas achten, sich etwas einprägen“, also gerade nicht „Ist dir Ijob aufgefallen?“ (HfA), sondern „Hast du ihn dir mal gut angeschaut?“ Was Gott nun über Ijob sagt, ist empirisch gesichert und hält auch einer gründlicheren Prüfung stand. Gott provoziert mit dieser Formulierung geradezu die folgende Herausforderung des Satans.
Textkritik: Der Ausdruck steht in den obigen Stellen stets mit ´el oder le statt `al. `al statt ´el könnte theoretisch ein Zug späten Bibelhebräischs sein, doch lies wohl auch hier besser mit BHS ´el. (Zurück zu v.8)
rumsonst - Die Schlüsselfrage der Hioberzählung. Im Heb. ebenso mehrdeutig wie im Dt.: (1) Ist er ohne Grund – interesselos/gratis – gottesfürchtig, d.h. ist er es nicht, damit du ihm dafür kräftig zurückzahlst? Gut GN: „Würde er dir gehorchen, wenn es sich für ihn nicht lohnte?“ (2) Ist er ohne Effekt gottesfürchtig, d.h.: Allerdings bringt es ihm ja auch viel ein, gottesfürchtig zu sein! So z.B. Linafelt/Davis 2013. (3) Ist er ohne Ursache gottesfürchtig, d.h.: Er ist doch wohl nur gottesfürchtig, weil er von dir so reich gesegnet wurde! So z.B. Klopfenstein 1998, S. 289. S. ganz ähnlich mehrdeutig Ijob 2,3.
Wortspiel (Talchin): Im Heb. chinnam; abgeleitet von chen („Gnade(ntat), Gunsterweis“): Auch mit diesem Wortspiel insinuiert der Satan einen direkten Zhg. zwischen Gottes Gunsterweisen, die Ijob zum „Größten unter den Bewohnern des Ostens“ (V. 3) gemacht haben, und Ijobs Gottesfürchtigkeit. (Zurück zu v.9)
seinen [schützenden] Zaun errichtet - W. „umzäunt“, wie man etwa Gärten zum Schutz mit Hecken umwachsen ließ. (Zurück zu v.10)
tvermehrt auf der Erde - Wortspiel. parats (hier: „vermehrt“) bedeutet eigentlich „durchbrechen, überfließen“, Ijobs Besitz sprengt also jeden Rahmen. Während Ijob und seine Habe „umzäunt“ sind, quillt diese Habe regelrecht durch diese Umzäunung hervor. (Zurück zu v.10)
ustrecke deine Hand - Auffällig ist die Wdh. von „strecke deine Hand“ in Vv. 11.12. schalach jad, „jmds Hand ausstrecken“, lässt sich sowohl verwenden als Einleitung einer für den klassischen heb. Erzählstil typischen Doppelverbformel, die fast nur signalisiert, dass nun eine mit der Hand ausgeführte Handlung folgt (z.B. Gen 3,22; 8,9; 19,10; Ex 3,20; Ri 3,21 u.ö.), als auch mit den Päpositionen ´el oder `al für ein schädigendes Handeln (z.B. 2 Sam 18,12; Ps 138,7). In V. 11 wird der Ausdruck mit der ersten, in V. 12 mit der zweiten Bed. verwendet (ähnlich in Gen 22,10.12: „Abraham streckte seine Hand und nahm das Messer. ... [Der Engel] rief: ‚Strecke deine Hand nicht gegen den Jungen und tue ihm nichts!‘“). Der eine Effekt dieser Wdh. ist einerseits, dass so auch in der Formulierung deutlich wird, dass Gott die Aufforderung des Satans postwendend an diesen zurückgibt („Strecke deine Hand / und schlage...!“ - „Alles, was er hat, ist in deiner Hand. Nur gegen ihn strecke nicht deine Hand!“); der andere, dass Gott gar nicht so offen wie der Satan und mindestens sehr viel schwächer als dieser darüber spricht, dass nun Ijob in der Tat geschädigt werden soll. Die Initiative für alle Handlungen in diesem Abschnitt liegen ganz bei JHWH, doch direkt involviert ist er nicht in dem, was folgt – er spricht es nicht mal deutlich aus. (Zurück zu v.11)
vsegnet wieder als Euphemismus für „flucht“. Die Zeile ist eine abgebrochene Schwurformel, die sich im Heb. häufig findet (z.B. Neh 13,25; Ps 95,11; 132,3-5; Hld 2,7; Jer 22,6 u.ö.); impliziert ist: „[Verdammt will ich sein,] wenn er dir nicht ins Gesicht flucht!“ Gerade in den Worten des Satans finden sich hier also gleich zwei Strategien zur Vermeidung anstößiger Wörter in einem Satz. (Zurück zu v.11)
wTextkritik: Wein ({Wein}) - In Vv. 13.18 steht jeweils „Wein“ im MT und den meisten Versionen. In V. 13 aber fehlt er in 1 Ms, in Syr und bei Saadja, in V. 18 in 2 Mss, LXX, Syr und bei Saadja. Möglich wäre, dass an einer der beiden Stellen daher früher kein „Wein“ gestanden hat und diese Stelle dann von MT und den Vrs. mit „Wein“ an die andere Stelle angepasst worden ist. Wahrscheinlicher wäre hier V. 18, wo das Fehlen von „Wein“ auch in LXX belegt ist. Der Origines vorliegende heb. Text allerdings hatte „Wein“, SyH und Aq zusammen mit VUL und Tg stützen also den MT gegen LXX, Syr und Saadja. Wahrscheinlicher wurde also eher in LXX in V. 18 „Wein“ vergessen/ausgespart, Syr folgte dem und glich dann V. 13 an V. 18 an. Gray 2010 allerdings hält an beiden Stellen die kürzere Variante für ursprünglich, Gordis 1978 an V. 18. (Zurück zu v.13 / zu v.18)
xtFN: W. „Die Rinder waren pflügend“. Die Rinder sind maskulin, waren communis und pflügten feminin; ihnen in „neben ihnen“ wieder maskulin. Der Grund für den Wechsel zum Fem. ist ungewiss. (Zurück zu v.14)
yFeuer Gottes fiel - wohl ein Blitz, s. 2 Kön 1,12. (Zurück zu v.16)
zfraß sie - heb. Idiom: Feuer „frisst“, d.h. „verbrennt völlig“. Man beachte aber, dass die Jungen in Vv. 15.17 mit dem „Mund“ des Schwertes getötet und die Jungen in V. 16 „gefressen“ werden, ein schönes Wortspiel. (Zurück zu v.16)
aaTextkritik: bevor (noch) - im Heb. steht Vv. 16.17 zwei Mal `ōd („noch“), in V. 18 dagegen `ad („bevor“). Weil `ōd („noch“) + Partizip idiomatischer für die Bed. „während“ ist als `ad und auch viele Mss daher `ōd statt `ad schreiben, halten die meisten `ad für eine Scriptio defectiva für ein ursprünglich eigentlich gemeintes `ōd (z.B. BHS, Gray 2010, S. 121; Merx 1871, S. 4; Siegfried 1893, S. 28; Torczyner 1920, S. 3). Auch `ad kann aber sicher auch „während“ bedeuten (vgl. bes. Barr 1982 und s. z.B. Ri 3,26; Hld 1,12), mit Part. findet es sich in dieser Bed. auch in Neh 7,3. Neuere Hebraisten (z.B. Hurvitz 1974, S. 26; Young 2009, S. 615 und Joosten 2013, S. 349) halten `ad daher hier für eine bloß stilistische Variation von `ōd, die ebenfalls „während“ bedeute und typisch für späteres Bibelhebräisch sei; `ad könnte also gut auch ursprünglich sein. Hughes wendet in seiner „Additional Note“ zu Barr 1982 gut ein: Wenn die Variation `ōd - `ad als Scriptio defectiva erklärbar ist, sollte man sich die alternative Schreibung in V. 18 besser nicht als bewusste stilistische Alternative erklären, da bes. Ijob 1,14-18 klar nicht auf Varianz, sondern gerade auf Symmetrie hin formuliert sind. Das ist wohl richtig, aber auch bei den anderen Stellen im Ijobprolog, die auf Symmetrie hinformuliert sind, finden sich leichte Variationen, z.B. Ijob 1,6 vs. Ijob 2,1 (+ „um JHWH seine Aufwartung zu machen“), Ijob 1,7 vs. Ijob 2,2 („Von wo“ vs. „Von woher“), Ijob 1,22 vs. Ijob 2,10; anders als 1,15.16.19 fehlt in V. 17 überraschend das Leitwort „fallen“ usw. Die Frage ist wohl nicht entscheidbar. So und so ist die Bed. aber auch hier klar „während“. (Zurück zu v.18)
abda kam plötzlich - W. „und siehe, ...“; ein häufiges heb. Idiom, mit dem etwas als besonders und überraschend gekennzeichnet wird. (Zurück zu v.19)
acschlug - das selbe Verb wie in V. 11; das Handeln des Satans erreicht seinen ersten Höhepunkt. (Zurück zu v.19)
adbeugte sich - Häufig als Gebetsposition mit folgendem „und er sagte“ + Gebet, manchmal sogar anstatt eines Verbs wie „beten“ verwendet. Das Zerreißen des Mantels und das Scheren des Kopfes sind israelitische Trauer- und Klagebräuche (s. z.B. Trauer (AT) (WiBiLex)); die lange Einleitung des Gebets weckt also im Leser die Erwartung eines verzweifelten Klagerufes an JHWH. (Zurück zu v.20)
aedorthin zurückkehren - Stark diskutierte Stelle. Am besten analysiert von Vall 1995: 21a lässt den Leser an eine „Menschenmutter“ denken, 21b bringt ihn dann aber dazu, seine Auffassung von 21a anzupassen und diese „Mutter“ gleichzeitig neu zu verstehen als „Mutter Erde“.

Genauer: Auch im Alten Israel war natürlich klar, dass der Mensch als Neugeborenes im Leib seiner Mutter entsteht. Gleichzeitig ist in der Anthropologie des AT der Mensch aber ein Wesen aus Erde (s. Gen 3,19; Ijob 33,6; Ps 103,14; Pred 3,20; 12,7; Jes 64,8). Diese doppelte „Herkünftigkeit“ des Menschen wird schon in Gen 2-3 thematisiert: Urvater aller Menschen ist Adam (´adam: „Mensch“; vgl. ´adamah: „Erde“), der selbst aus Erde erschaffen wurde; Urmutter aller Menschen aber gleichzeitig die Frau Eva, die „Mutter alles Lebendigen“. Menschenmutter und Mutter Erde werden daher in der Bibel noch häufiger miteinander parallelisiert, s. Ps 139,13-15; Sir 40,1; Weish 7,1-6; wohl auch Ijob 10,9f., wo das „Ausgießen wie Milch“ in V. 10 wahrscheinlich eine Anspielung auf den Samenerguss ist. Auch Ijob 3,16 spielt wahrscheinlich auf diesen Vorstellungskomplex an.

Der Ausdruck „dorthin zurückkehren“ kann schlecht den tatsächlichen Mutterschoß meinen. Einige versuchen daher, „dorthin“ als einen Ausdruck für die Unterwelt zu verstehen, wie im Ägyptischen „die dort Seienden“ ein Ausdruck für Tote und im Griechischen „dort“ und „dorthin“ ein Ausdruck für den Hades und „die dort“ ebenfalls ein Ausdruck für Gestorbene ist und wie auch in Ijob 3,17 mit „dort“ das Totenreich gemeint ist (z.B. Buttenwieser). Auch dann beißt sich aber „dorthin zurückkehren“ mit der vorherigen Rede vom Mutterschoß. Andere nehmen deshalb stattdessen den „Mutterschoß“ in 21a nicht als Ausdruck für den tatsächlichen Mutterschoß, sondern nur für eine Umschreibung der Mutter Erde wie in Sir 40,1 (z.B. Dhorme), doch auch die Erklärung von „Mutterschoß“ als „Tiefen der Erde“ ist etwas gezwungen. Man muss sich daher besser mit Vall 1995 damit bescheiden, dass 21b 21a eine Doppeldeutigkeit verleiht, die nicht aufgelöst werden kann und auch gar nicht aufgelöst werden muss. So übrigens schon viele frühere Exegeten, z.B. Delitzsch 1864, S. 44: „[Es] ist gemeint [...], indem der Begriff [‚Schoß meiner Mutter‘] sich erweitert, Zurückversetzung in den Mutterschooss der Erde (Ew. Hirz. Schlottm. u.A.), so dass [‚dorthin‘] nicht sowohl zurückweisend, als vielmehr auf die Erdhöhle als anderen Mutterschoos hinweisend gemeint ist (Böttch.) [...].“ (Zurück zu v.21)
afGesegnet sei der Name des Herrn - eine Formel des Lobpreises (!), ähnlich bes. in Ps 113,2; s. auch Ps 41,14; Ps 72,18; 106,48 u.ö. Der Satan hatte Recht damit, dass Ijob Gott „ins Gesicht segnet“, doch wider alle Erwartungen „segnet“ Ijob JHWH tatsächlich, statt ihm zu fluchen, was V. 22 dann noch einmal überdeutlich macht. (Zurück zu v.21)
agschrieb Gott nichts Albernes zu - d.h. wohl: er „beschuldigte Gott keiner Ungereimtheit in seiner Weltregierung“ (Dillmann). Tg und Syr übersetzen daher kontextgemäß mit „er sprach keine rebellischen Worte“ oder „er betrieb keine Blasphemie“.
Textkritik: LXX übersetzt mit „Unsinniges“, VUL mit „Dummes“. Einige (z.B. noch Gray 2010, S. 122) wollen daher emendieren von tplh nach nblh, aber dass tplh im Mittelhebräisches „albern reden“ bedeutet, legt sehr nahe, dass diese Emendation ganz überflüssig ist und auch tplh „Albernes“ bedeutet. (Zurück zu v.22)