Psalm 21

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Lesefassung (Psalm 21)

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Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 21)

1 Für den (vom) Chorleiter. Ein Psalm von (für, nach Art von) David.

2 JHWH, über deine Macht (Kraft) wird sich [der] König freuen können,a
Über deine Hilfe, wie wird er frohlocken können sehr,b
3 [weil]a du ihm das Begehren (Verlangen) seines Herzens (gabst =) gewährtest (gewährst)
Und das Verlangen seiner Lippen nicht verweigertest (verweigerst). {Selah}c
4 Denn (ja!,) du wirst ihm begegnen (entgegenkommen) mit guten Segnungen (Segensgaben),
Wirst auf sein Haupt eine Krone aus Feingold setzen.


5 [Weil]a er Leben von dir erbat, gabst (gewährest) du (gabst du['s]) ihm –d
Dauer an Tagen [für] immer und ewig.
6 Groß [wird sein]a seine Herrlichkeit (Glorie, Ansehen, Pracht) durch deine Hilfe,
Hoheit (Pracht) und Erhabenheit (Herrlichkeit, Schmuck) wirst du auf ihn legen,
7 Denn (ja!,) du wirst [auf] ihn setzen (ihm geben, wirst ihn machen zu) Segnungen (Segensgaben),
Wirst ihn froh machen mit Freude bei deinem Angesicht.e


8 Weil (ja!, denn) der König auf JHWH vertraut,
Wird er durch die (dank der) Solidarität (Treue, Verbundenheit) des Höchsten [mit ihm] nicht wanken.f
9 Es wird erobern (finden, Es wird erobert werden ... durch)g deineh Hand alle deine Gegner (Feinde),
Deine Rechte wird ([alle])i deine Hasser (Feinde, Gegner) erobern (finden).
10 Du wirst sie setzen (=machen) wie ([in]) einen (ein) Feuerofenj
Zur Zeit deines Angesichts,k JHWHl,
In seinem Zorn (seiner Nase) wird er sie verschlingen (vertilgen),
Und es wird sie (fressen =) verzehren Feuer.


11 Ihre [Leibes]frucht wirst du ausrotten von der Erde
Und (ihren Samen =) ihre Nachkommenschaft von den Menschenkindern,
12 Denn sie (haben ausgespannt =) sind aus (weil sie aus sind..., werden sie) wider dich auf Böses,
Sie (planen =) schmieden Ränke (eine Plan), [aber] sie werden keinen Erfolg haben (es wird ihnen nicht gelingen),
13 Denn du wirst sie zum Rücken setzen (= machen, = in die Flucht schlagen),
Mit deinem Bogenm wirst du auf ihr Gesicht zielen.


14 Triumphiere,n JHWH, in deiner Macht (Kraft)!
Wir wollen (lasst uns) singen und musizieren (preisen, singen) [von] deiner Stärke (Machttat, Machttaten, Kraft)!o

Anmerkungen

Das eigentliche Anliegen von Ps 21 zeigt sich erst im letzten Vers, einer abschließenden Bitte an Gott, er möge in seiner Macht triumphieren, so dass die Sprecher von seiner Stärke singen können. Vorgeschaltet sind dieser Bitte ein sehr viel längerer Abschnitt aus zweimal zwei Strophen, der im Stil eines Vertrauensliedes wie Ps 23 dargeboten wird: Schon vor Gottes rettendem Handeln wird er über zwölf Verse hinweg dafür gepriesen, wie er (1) an seinem König (Vv. 2-7) und (2) an dessen Feinden (Vv. 8-13) handeln wird. Jede dieser Strophen schließt mit einer „Setzung“ Gottes: Er wird dem König eine Krone aufs Haupt setzen (V. 4), auf ihn Segnungen setzen (V. 7), die Gegner dagegen zu Feuerofen „setzen“, also verbrennen (V. 10), und „zum Rücken setzen“, also in die Flucht schlagen (V. 13). Der Psalm wird umrahmt mit der Rede von der „Macht“ Gottes, über die sich der König sicherlich freuen können wird (V. 2), und die daher hiermit erbeten wird (V. 14).

Etwas näher eingegangen werden muss hier noch auf die Vv. 4-7, die sich nur richtig verstehen lassen vor dem Hintergrund altorientalischer Vorstellungen über das Wesen des Königtums und das Verhältnis der Götter zu diesem. Das Königtum im Alten Orient ist ganz selbstverständlich ein Königtum von Gottes Gnaden. Gott ist es, der seinen König „einsetzt“ (Ps 2,6), wegen ihm steht der Thron des Königs sicher (Ps 89,4f.30.37f.), da er für ihn und an seiner Seite streitet. Auf Gottes Salbung und Segnung (4a) ist es daher zurückzuführen, dass der König König ist; er ist es, der den König „krönt“ (4b).p Mit dieser Einsetzung als König gehen nach altorientalischer Vorstellung aber noch weitere, überweltliche Segnungen einher. Von diesen ist in Vv. 5-7 die Rede: Gott macht seinen König nicht nur zum König, sondern verleiht ihm darüber hinaus auch ewiges Leben, Herrlichkeit, Pracht und Majestät. Auch die Vorstellung, dass ein König ewiges Leben verliehen bekomme (V. 5), ist im Alten Orient weit verbreitet.q Mit diesem ewigen Leben gerät der König geradezu in die Nähe der Gottgleiche. Entsprechendes gilt für die Verleihung von kabod, hod und hadar in V. 6: Alle drei Begriffe sind theologisch sehr aufgeladen und können sämtlich zwar auch von Menschen ausgesagt werden, sind recht eigentlich aber v.a. Attribute Gottes. kabod, die „Herrlichkeit“, ist wörtl. eigentlich die „Schwere“, das „Gewichtige“, „das [jemanden] auszeichnet und ihm Ansehen verleiht [und lässt daher] zunächst an etwas äußerlich sichtbar Erscheinendes denken, sei es nun der Reichtum, für den kabod geradezu als Synonym eintreten kann, sei es die äußere Ehrenstellung, Macht und Erfolg. So schließt auch Gottes kabod, seine ‚Ehre‘ oder ‚Herrlichkeit‘, das Moment der in die Augen fallenden Erscheinung in sich.“ (Eichrodt 1964, S. 11f.). Speziell kann diese göttliche kabod auch für Gottes „Lichtkleid“ stehen, eine Art leuchtende Aureole, die nach altorientalischer Vorstellung Göttern eignete (vgl. z.B. Amzallag 2015; Podella 1996, bes. S. 124-63; und s. z.B. Ps 104,1f.; Jes 60,1-3). Ähnliches gilt für hod und hadar, die wie hier auch in 1 Chr 16,27; Ps 96,6; 104,1; 111,3 und 145,5 in einem Atemzug genannt werden. hadar ist zunächst konkret der „Schmuck“ und die „Pracht“ und dann auch allgemeiner „Glanz, Herrlichkeit, Hoheit, Majestät“; hod ganz ähnlich die „Hoheit, Majestät“, die ebenfalls mit „Glanz“ assoziiert wird (s. 1 Chr 29,11; Ijob 37,22; Hab 3,3f.). Verwandt ist diese Vorstellung der lichtreichen Herrlichkeit, Pracht und Majestät Gottes mit dem mesopotamischen melammu-Konzept: Göttern eignet melammu, „Schreckensglanz“, und ernennen die Götter einen König, lassen sie ihn an diesem göttlichen Glanz teilhaben, sodass er derart auch zu einem Attribut des Königs wird.r Wie hier vom König gesprochen wird, liegt also ganz auf einer Linie mit verwandten altorientalischen Konzeptionen des Königtums: Gott ist es, der den König zum König macht, und darin liegt nicht nur, dass er es ist, der ihm die Krone als königliche Insignie übergibt, sondern auch die Segnung mit ewigem Leben und die Anteilgabe an der himmlischen Herrlichkeit und dem göttlichen Glanz.

atFN: Die Tempusfolge in Vv. 2-7 ist schwer erklärlich: X-Yiqtol (in 2b ist darüber hinaus die alternative Lesart X-Jussiv überliefert) in v. 2 – X-Qatal in v. 3 – ki Yiqtol-X in v. 4 – Qatal in v. 5 – NS + X-Yiqtol in v. 6 – ki Yiqtol-X in v. 7.
Yiqtol wird i.d.R. zum Ausdruck des Futur und von Modalität verwendet, Qatal zum Ausdruck von Vergangenheit und Gegenwart, NS meist für Gegenwart, kann aber theoretisch für jede Zeitstufe stehen und muss hier wg. der Parallelität von vv. 2b und 6a wohl futurisch gedeutet werden. Übersetzte man mechanisch alle Zeilen als Hauptsätze, könnte dies recht eigentlich nur so gedeutet werden, dass Gott dem König bereits jetzt sein Begehr gewährt(e) (v. 3) und ewiges Leben verleiht/verlieh (v. 5), der König sich aber erst zukünftig über JHWHs Kraft freuen und über seine Rettung jubeln können wird (v. 2), wie auch dieser erst zukünftig Segnungen für ihn bereit hält (v. 4), ihn krönen (v. 4), mit Pracht, Ehre und Glanz ausstatten (v. 6), zum Segen machen und erfreuen wird (v. 7). Besonders verblüffend wäre dabei, dass dann gerade der allgemeinste Ausdruck in v. 3 im Qatal stünde, die meisten Ausfaltungen (?) von des Königs „Begehr“ aber im Yiqtol.
In Üss. und Kommentaren wird dies fast stets eingeebnet und durchgehend mit Vergangenheit übersetzt. Ausnahmen sind Zuber 1986 und Buttenwieser 1938, wobei letzterer den ganzen Abschnitt wegen der vielen Yiqtols als Bittlied deutet und auch die beiden Qatal-Stellen futurisch übersetzt, was eher fern liegt, aber immer noch näher am MT ist, da dort die Yiqtolformen klar überwiegen (7 Yiqtols + 1 wohl futurischer NS auf 4 Qatals).
Am einfachsten erklärlich ist dies so, dass die X-Qatals vv. 3 und 5aα diese als kausale Nebensätze von vv. 2 und 5aβ.b markieren und die Realisierung des laut 5b bereits geschenkten ewigen Lebens qua ewigem Leben ebenso wie die anderen Segnungen erst noch aussteht. (Zurück zu v.2 / zu v.3 / zu v.5 / zu v.6)
bTextkritik: wie ... sehr: Beide Funktionswörter dienen der Emphase (vgl. statt „über deine Hilfe kann er frohlocken“: „Über deine Hilfe, wie kann er frohlocken!“ und „Über deine Hilfe kann er sehr frohlocken“). Derart gedoppelt wie hier finden sich die beiden Wörter sonst nirgends. MT wird auch nur von Tg gestützt; in LXX, VUL, Hier und Syr dagegen steht nur das zweite. Recht sicher ist diese Streichung von mah („wie“) eine nachträgliche Texterleichterung (so z.B. Kraus 1961, S. 168; anders z.B. Houbigant 1777, S. 14), die aber gleichzeitig anzeigt, dass MT so nicht ganz unproblematisch ist und daher nicht einfachhin geglättet werden sollte zu „wie sehr frohlockt er!“: Die Doppelung der beiden Funktionswörter ist sehr redundant und verleiht der Zeile sehr starke Emphase: der König frohlockt „überaus gewaltig“. (Zurück zu v.2)
c{Selah} - Ganz unklares Wort, das sich in vielen Psalmen findet, dessen Funktion aber unbekannt ist. In der LF daher besser auszusparen. S. näher Sela. (Zurück zu v.3)
dgabst du ihm (gabst du['s] ihm)Apokoinu (ähnlich Quintens 1978, S. 532): „du gabst ihm“, das kolometrisch zu 5a gehören muss, könnte sich sowohl auf 5aα beziehen („Weil er Leben von dir erbat, gabst du['s] (sc. das Leben) ihm.“) als auch auf 5b („Weil er Leben von dir erbat, gabst du ihm Länge der Tage...“). Ähnlich wie Vrs. (2) z.B. Herkenne 1936, S. 102: „Um Leben bat er, du gewährtest ihm / langwährende Tage für alle Zeiten.“ Ein solches Enjambement wäre hier gut erklärlich, weil sich dann gerade die Rede von der unendlich langen „Dauer an Tagen für immer und ewig“ über zwei Halbzeilen erstreckte. Die meisten Üss. und Kommentare vereindeutigen aber zu Vrs. (1). In der Üs. muss man sich hier nicht entscheiden: Beide Möglichkeiten offenhalten und gleichzeitig die Apokoinu erhalten kann man in der Üs., wenn man übersetzt wie oben vorgeschlagen. Ähnlich gut Alter 2007, S. 68: „Life he asked You – You gave him, / length of days for time without end.“ (Zurück zu v.5)
ebei deinem Angesicht – Das „bei“ (wie ganz ähnlich in Ps 16,11; Ps 140,13) ist auffällig: Gesagt scheint nicht zu werden, dass Gottes Angesicht selbst es ist, das froh macht, sondern die Tatsache, dass sich der König bei oder vor diesem Angesicht befindet. Vielleicht ist dies ganz wörtlich zu verstehen und es ist etwas Ähnliches vorausgesetzt wie in Ps 110,1: Gott hat den König sich selbst so sehr angenähert, dass dieser als sein Stellvertreter „zu seiner Rechten“ (Ps 110,1), „bei seinem Angesicht“ sitzt.
Textkritik: Statt bei deinem Angesicht (´et-paneka) übersetzt Tg dmn qdmk, „das von vor dir [kommt]“. BHS, Kraus 1961, Saur 2004, Salo 2017 u.a. schließen von hier zurück auf ein ursprüngliches me´et (von bei [deinem Angesicht]); Spieckermann 1989, S. 209 hält dies gar für den ursprünglichen Wortlaut und übersetzt: „du ergötzest ihn mit Freude 'von' deinem Antlitz“. Dass aber auch das „Angesicht“ ersetzt wurde durch den Ausdruck „vor dir“, legt sehr nahe, dass Tg kein anderer Text vorlag, sondern der Wortlaut des Tgs nur wie so häufig eine freie Widergabe zur Vermeidung anthropomorpher Rede von Gott ist – von Gott sollte man nach der Meinung der Tg-Autoren besser nicht so sprechen, als habe er ein „Gesicht“ wie ein Mensch. (Zurück zu v.7)
fDas „Wanken“ ist in der biblischen Poesie eine häufige Metapher für eine Gefährdung, aus der direkt Vernichtung und Tod folgt. Wer dagegen „nicht wankt“ ist sicher und geschützt und wird daher ewig bestehen; s. bes. gut Spr 10,30; 12,3; auch Ps 16,8; 30,7; 46,6f; 62,3.7; 112,6; 125,1. Hier wird der König nicht „wanken“, weil, wie es im Folgenden heißt, seine Feinde sämtlich vernichtet werden werden. (Zurück zu v.8)
g„Jmds Hand findet etw/jmdn“ ≠ „jmd erreicht etw. / stößt auf etw.“, sd. entweder „jmd vermag etwas“ (Ri 9,33; 1 Sam 10,7; Pred 9,10; vgl. syr. mș´: „fähig sein, etw. vermögen“, asa. mț´, „stark sein, fähig sein“) oder, wie hier, „jmd erlangt, erobert etw/jmdn“ (Ijob 31,25; Jes 10,10.14; 57,10; ohne „Hand“ in Ri 5,30; Jer 50,24); so richtig Buttenwieser 1938, S. 101 und mit anderer Begründung ähnlich einerseits Ceresko 1982, S. 559; Dahood 1965, S. 130; Iwry 1966, S. 36; Quintens 1978, S. 533, die von einer zweiten Wurzel mș´ ausgehen, andererseits Ehrlich 1905, S. 42 und R-S („Gewachsen allen Deinen Feinden zeigt sich Deine Hand“).
Textkritik: MT hat in 9a und 9b zwei Mal das selbe Verb in der selben Flexion: timșa´, w. eigentlich „es wird finden“. LXX, Sym und VUL dagegen übersetzen 9a passivisch, „gefunden werde“, vokalisieren also wahrscheinlich die Konsonanten tmș´ als timmașe´, „es werde/möge gefunden werden (deine Hand durch alle deine Feinde)“. Der ursprüngliche Konsonantentext bot beide Möglichkeiten; gemeint war wahrscheinlich aber die übliche aktivische Vokalisierung – Wiederholung des selben Worts in zwei Halbzeilen findet sich z.B. auch in Ijob 8,3; mit dem selben Verb in der selben Flexion z.B. in 11,7. Die „Hand“ ist noch häufiger Subjekt, nie aber Objekt des Verbs „finden“. (Zurück zu v.9)
hDeine – Wer ab V. 9 spricht und wer mit „du“ angesprochen wird, ist umstritten. Viele nehmen an, dass ab hier der König angesprochen wird. Da aber in Vv. 2-7 und auch V. 14 klar JHWH mit „du“ angesprochen wird und im schwierigen V. 10 – gleich, wie man ihn auflöst –, mindestens auch JHWH Subjekt der Vernichtung der Feinde ist, liegt die Annahme näher, dass auch hier nach wie vor JHWH angesprochen wird. So z.B. auch Eerdmans 1947; Fensham 1965, S. 198; König 1927; Zorell 1928. (Zurück zu v.9)
iTextkritik: 2 Mss, LXX, VUL und Tg haben alle wie in 9a hier ein zusätzliches „alle“. Hier und Sym stützen jedoch MT; sicher ist die Einfügung des zweiten „alle“ eine nachträgliche Angleichung an 9a. (Zurück zu v.9)
jUmstrittene Zeile. Drei Deutungen sind verbreitet: (1) „Du wirst es mit ihnen machen wie ein Feuerofen“, nämlich indem du sie verbrennst; (2) „Du wirst sie wie einen Feuerofen machen“, nämlich indem du sie in Flammen setzt. (3) Bes. häufig und ebenfalls möglich, da in Vergleichen die Präp. b („in“) häufig ausgespart wird (vgl. GKC §118s-w; Thierry 1963, S. 85f.), „du wirst sie setzen wie in einen Feuerofen“: Das Verbrennen im Feuerofen war im Alten Orient eine verbreitete Strafe; s. in der Bibel noch 2 Sam 12,31; Jer 29,22; Dan 3,6ff..
Wegen 10cd, wonach die Feinde verbrannt werden, sollte man meinen, dass nicht sie mit einem Feuerofen verglichen werden, sd. JHWH. Doch ähnliche Formulierungen legen recht deutlich (2) nahe; vgl. Ps 83,12.14: „Setze sie, ihre Fürsten, wie Oreb und Seb [...]; setze sie wie einen Wirbelsturm, wie Spreu im Wind!“; Jes 16,3: „Setze wie die Nacht deinen Schatten (=mache deinen Schatten nachtgleich)!“; Hos 2,5: „Ich werde sie setzen wie eine Wüstenlandschaft“. (Zurück zu v.10)
kzur Zeit deines Angesichts – singulärer Ausdruck. Am ehesten vergleichbar sind die Ausdrücke „Zeit der Vergeltung“ in Jer 8,12; 50,31; 51,6; Ez 21,30; Sir 5,7 und „Zeit des Zorns“ in Sir 44,17. Hier gewählt, um V. 10 mit V. 7 zu kontrastieren: „Denn du wirst ihm Segnungen setzen auf Dauer, wirst sie erfreuen mit Freude bei deinem Gesicht (´et-paneka)“ – „Du wirst sie setzen wie einen Feuerofen zur Zeit deines Gesichts (`et-paneka)“. (Zurück zu v.10)
lJHWH – Den Gottesnamen kann man als Anrede in dieser Vershälfte belassen, wo er im masoretischen Text auch steht, oder ihn als Subjekt in die nächste Vershälfte ziehen („JHWH, in seinem Zorn wird er sie verschlingen“), wie der Satz im Codex Aleppo, der zweitwichtigsten hebräischen Handschrift nach dem MT, aufgeteilt ist (vgl. deClaissé-Walford/Jacobson/Tanner 2014, S. 224f.). (Zurück zu v.10)
mBogen – wörtl.: „Bogensehne“. Die Bogensehne steht pars pro toto für den Bogen.
Textkritik: Das Wort wird von Textkritikern merkwürdigerweise gar nicht kommentiert; MT hat aber sicher nicht den ursprünglichen Konsonantentext. mejtar ist sonst stets der „Zeltstrick“, nie die „Bogensehne“ und als solche auch noch pars pro toto der „Bogen“. „Bogensehne“ wäre jeter I, s. Ps 11,2; oft in verwandten Sprachen. LXX, Sym und VUL übersetzen mit „gegen deine Verbliebenen“, setzen also jeter II, „Rest, Überschuss“, voraus, statt der Konsonanten bmjtrk also bjtrk. In seinen Commentarioli übersetzt Hieronymus ebenfalls mit reliquiis („Verbliebene, Übrige“) und berichtet außerdem, dass das entsprechende Wort im Hebräischen pro bonis bedeute, „für die Guten“ – wahrscheinlich deutet er also auch hier als jeter II, nimmt es in seiner Erklärung aber in der Bed. „Vorzug, Vorzüglichkeit“ wie in Gen 49,3; Spr 17,7. Stützen lässt sich MT nur evt. mit Tg, der aber mit ´ețuna´ („Strick“) übersetzt, was theoretisch für mejtar stehen könnte, in Ijob 30,11 aber auch Tgs Üs. von jeter I ist, und Hier, der anders als in VUL und in den Commentarioli mit funes tuos, „deine Bänder“, übersetzt, was aber ebenfalls Üs. von jeter I sein könnte. Syr schließlich übersetzt mit țwjbk, „deine Vorbereitungen“. Die unterschiedlichen Varianten lassen sich klar am besten durch ein ursprüngliches bjtrk („mit deiner/deinen Bogensehne(n)) erklären. Im MT ist hierein ein zusätzliches -m- eingedrungen; LXX, Sym, VUL und Hier in den Commentarioli dagegen missdeuteten als jeter II, Tg und Hier etwas richtiger als „Seile, Bänder“. Im Syr zugrundeliegenden Text dürfte bjtrk zu btjrk verschrieben worden sein, was der Übersetzer von Syr sich daher syrisierend als btjbk erklärte (vgl. בתירך mit בתיבך). (Zurück zu v.13)
nTriumphiere – heb. rumah, w. „Sei hoch!“, daher meist übersetzt, als stünde qumah, „erhebe dich“, d.h. „sitze nicht länger, sondern beginne zu handeln!“ Doch das bed. das Verb rum nie; gemeint ist: „Sei hoch, sei erhaben“, nämlich indem du triumphierst. Besser daher Ges18, S. 1227: „triumphieren, überlegen sein“; Herkenne 1936: „Triumphiere!“, König 1927: „Sei hoch“ (S. 471: i.S.v. „Sei überlegen, siegreich oder triumphierend!“). (Zurück zu v.14)
oTextkritik: Sg. im MT (geburateka); einige MSS, LXX, VUL, Hier üs. aber Pl. Wahrscheinlich liegt dem kein anderer Konsonantentext zugrunde, sondern sie deuten die Konsonanten gbrtk als defektiv geschriebenen Plural geburoteka. (Zurück zu v.14)
pDie Vorstellung, dass die Königsinsignien einem König durch Götter verliehen werden müssen, war im ganzen Alten Orient verbreitet.
Vier Beispiele: Auf der ägyptischen Wahlstele des Königs Aspelta fragt dieser seinen Gott Amun: „Willst du mir dies hervorragende Amt übertragen, ohne dass ich es verlangt hätte? Ist das dein fester Wille? Willst du mir nach deinem Willen Diadem und Szepter anvertrauen?(TUAT II/1, S. 122); in einem sumerischen Krönungsritual muss der König ins Heiligtum Eanna zur Göttin Inanna treten: „Er näherte sich ihr zum leuchtenden Hochsitz; ein Szepter aus Lapislazuli legte sie in seine Hand. Zum Hochsitz der Ninmenna näherte er sich ihr; eine Krone aus Gold setzte sie fest auf sein Haupt.(TUAT II/2, S 168f.), und in einem akkadischen Ritual für das Florieren einer Gastwirtschaft wir die Göttin Ischtar gepriesen: „Tochter des Anu, Abkomme der großen Götter, die Szepter, Thron und Regierung allen Königen verleiht, Herrin der Länder!Salo 2017, S. 112 zitiert gut auch einen babylonischen Ausschnitt über die Thronbesteigung des Königs Nabopollassar, wo es von der ganzen Versammlung der Götter heißt: „Die Krone setzten sie ihm auf das Haupt, ließen ihn sich auf den Thron des Königtums setzen. ... Die Großen riefen in ihrer Freude: ‚O Herr, König, mögest du für immer leben!‘“. (Zurück zum Text: p)
qVgl. dazu v.a. Quintens 1978, S. 520ff. Auch noch häufiger in der Bibel: Ps 61,7f. wird gewünscht: „Des Königs Jahre werden sein wie Generation und Generation. Er wird ewig vor Gottes Angesicht thronen.“, in Ps 72,5 wird dem König verheißen, er werde „gleich der Sonne und dem Mond gefürchtet werden von Geschlecht zu Geschlecht“, nach Ps 110,4 hat Gott dem König zugeschworen, er sei „Priester auf ewig nach dem Gesetz Melki-sedeks / des wahren Königs“. Ähnlich Jes 9,6f. und Lk 1,33 über den Messias/messianischen König. Wohl daher war die typische Grußformel für einen König: „Der König lebe ewig!“ (1 Kön 1,31; Neh 2,3; Dan 2,4).
Auch hierfür vier weitere Beispiele: Über den ägyptischen König Hor-em-heb wir berichtet, dass der Gott Amun selbst ihn gekrönt habe wie folgt: „Seht! Amun ist zum Palast gekommen, seinen Sohn vor sich herführend, um auf seinem Kopf seine Krone zu befestigen, um seine Lebenszeit ihm gleich zu erhöhen!(TUAT I/6, S. 538); vom ägyptischen König Pije heißt es auf dessen Siegesstele, der König Peftuabast habe zu ihm gesprochen: „Du Bild des Harachte (=Horus) über den nicht untergehenden Sternen! Wie er König ist, so bist du König, wie er nicht untergeht, so gehst auch du nicht unter! König von Ober- und Unterägypten, Pije – ewig lebend!(ebd., S. 572), nach der akkadischen Ritualtafen bit rimki soll der König sprechen: „Möge meine Regierungszeit sich dauernd erneuern, möge vor [dem Gott] Schamasch mein Leben ewig währen! Wie Gold möge ich keine Trübung erfahren, mögen mir geschenkt sein lange Lebenstage!(TUAT II/2, S. 254), und im akkadischen Spruch an König Asarhaddon spricht die Göttin Ischtar: „In Assur, Ninive, Kalach und Arbela werde ich lange Tage, ewige Jahre dem Asarhaddon, meinem König, geben. Deine große Hebamme bin ich, deine gute Amme bin ich. Für lange Tage, ewige Jahre habe ich deinen Thron unter dem großen Himmel fest aufgestellt.(TUAT II/1, S. 58). (Zurück zum Text: q)
r
Oben: Rollsiegel aus Gorgippa. In Nimbus gehüllter Gott reitet auf Löwen auf einen anbetenden König zu. Quelle: BODO 12123.
Unten: Gehüllt in himmlischen Lichtglanz fährt der König triumphal auf seinem Streitwagen einher. Quelle: BODO 34706
Vgl. hierzu z.B. Investitur (WiBiLex), bes. Abschnitt 3.3.4; Aster 2009, S. 312; Oppenheim 1943; Wagner 2012, S. 148-54; zur melammu-Vorstellung gut auch Emelianov 2010.
Vier Beispiele: Adad-Nirari II. berichtet von seiner Krönung: „Nachdem die großen Götter mir das Szepter in die Hand gelegt hatten, das die Völker führt, setzten sie mir die Königskrone auf und übertrugen mir den königlichen Schreckensglanz.(Üs. nach Wagner 2012, S. 153); in einem Gebet für den König heißt es: „Fülle des Lebens gebe dir Sin! Schamasch, der Hirte der Länder, erleuchte dich wie ein heller Tag! ... Nergal, der Fürst der großen Götter, gebe dir eine starke Waffe! Ischtar, die Herrin, umgebe dich mit gleißendem Glanz!(TUAT II/6, S. 820). Im Krönungshymnus des Assurbanipal wird gesprochen: „An hat seine Krone gegeben, Enlil hat seinen Thron gegeben, Ninurta hat seine Waffe gegeben, Nergal hat seinen gleißenden Glanz gegeben...!(Üs.: Lang 2010, S. 28). Umgekehrt lautet ein Fluch im Codex Hammurapi: „Der große Anu, der Vater der Götter, der mich zur Regierung berufen hat, möge [dem König] den Glanz des Königtums wegnehmen, sein Zepter zerbrechen, seine Geschicke verfluchen!(TUAT I/1, S. 77).
Dass von diesem „Glanz“ so häufig im Zusammenhang mit der Rede von Königsinsignien gesprochen wird, legt nahe, dass er irgendwie an diese gekoppelt ist (so ja auch hier, wo Gott dem König nach V. 4 die Krone verleiht). Vgl. deutlich z.B. mehrfach im Epos Enuma Elisch: Dort besiegt der Gott Ea den Mummu, „zerriss seine Sehnen, zog ab seine Krone, nahm weg seinen Glanz und legte ihn selbst an.(TUAT III/4, S. 571). Ähnlich war der Gott Bel in einer Schlacht „gekleidet in einen Rock, einen fürchterlichen Panzermantel, und trug auf seinem Haupt schrecklichen Glanz.(ebd., S. 585); etwas später zieht er „das fürstliche Gewand an, mit einer Krone des Schreckens als königlichem Glanz.(ebd., S. 590). Vgl. noch sehr deutlich einen sumerischen Ritualtext: „Das Szepter gibst du dem König und die Beschwörung ‚Holz des Meeres‘ rezitierst du, den goldenen Kronreif gibst du und die Beschwörung ‚Krone, deren Schreckensglanz‘ rezitierst du. Du gibst die Waffe und rezitierst die Beschwörung ‚Waffe, die mit ehrfurchtgebietendem Glanz ausgestattet ist‘.(Üs. nach Berlejung 1996, S. 15f.); eine ähnliche Beschwörung übersetzt Berlejung 1998, S. 459: „Erhabene Krone, Krone, die mit ehrfurchtgebietendem Glanz ausgestattet ist, Krone, deren gleißender Glanz [...], Krone, die wie der Tag leuchtet, deren melammu den Himmel berührt. Krone der Pracht, die voll Fülle ist zum Staunen, Krone, deren Aussehen rotglänzend ist, wie [der Sonnengott] Schamasch trägt sie den Glanz über die Länder. (Zurück zum Text: r)