Psalm 23

Aus Die Offene Bibel

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Status: Sehr gute Studienfassung – Die Übersetzung ist vollständig, erfüllt die Übersetzungskriterien und wurde mit allen Standards der Qualitätssicherung abgesichert. Weitere Verbesserungen dürfen jedoch nach entsprechender Dokumentation auf der Diskussionsseite vorgenommen werden.
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Status: Lesefassung zu prüfen – Eine erste Übersetzung aus dem Urtext ist komplett und kann weiter verbessert und geprüft werden. Auf der Diskussionsseite ist Platz für Verbesserungsvorschläge, konstruktive Anmerkungen und zum Dokumentieren der Arbeit am Urtext.

Lesefassung (Psalm 23)

1 Ein Davidspsalm.

Mein Hirte – das ist ⸂unser Gott⸃.
Darum fehlt mir nichts:
2 Auf saftigen Weiden lässt er mich ruhen
und führt mich zum Trinken an ruhige Bäche.
3 Meine Lebenskraft bringt er zurück,
und er führt mich auf richtigen Pfaden,
um seinem Namen gerecht zu werden.
4 Auch wenn ich durch das Tal des Todesschattens gehe,
fürchte ich keine Gefahr –
denn du, du bist bei mir.
Deine Keule und dein Stab geben mir Zuversicht.
5 Du deckst vor mir einen Tisch,
direkt vor denen, die mich anfeinden.
Du hast meinen Kopf mit wohlriechendem Öl gesalbt,
und mein Becher ist randvoll gefüllt.
6 Nichts außer Güte und Liebe wird mich verfolgen
an allen Tagen meines Lebens,
und so werde ich im Haus ⸂unseres Gottes⸃ wohnen,
solange ich lebe.

Anmerkungen

Studienfassung (Psalm 23)

1 Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David.

JHWH ist mein Hirte.a Nichts fehlt mir (wird mir fehlen)b.
2 Er sorgt dafür (macht es möglich, erlaubt mirc), dass ich mich auf Weiden mit saftigem Gras (grünen/frischen Wiesen/Auen/Weiden)d ausruhen (hinlegen, rasten) kanne.
Zu ruhigen (stillen) Gewässern (einem Gewässer, Gewässern der Rast, natürlichen Tränken, murmelnden Bächen)f führt er mich (wird er mich führen).
3 Meine Lebenskraft (meine Kehle, meinen Lebensatem, mein innerstes Wesen, mich selbst)g bringt er zurück (wird er erneuern, erfrischt er)h.
Er führt mich (wird mich führen) auf richtigen Pfaden (Pfaden der Gerechtigkeit)
zur [Wahrung] seines Namens (guten Rufs).
4 Auch wenn ich durch (in) das Tal des Todesschattens (das von tödlicher Gefahr überschattete Tal, das extrem finstere Tal)i gehe (gehen werde/muss/sollte, geratej),
fürchte (werde ich fürchten) ich keine Gefahr (Unheil, Übel, Unglück, nichts Böses, das Böse nicht, den Bösen nichtk),
denn du [bist] bei mir.
Deine Keule (Rute, Knüppel, Stock) und dein Stabl {sie} geben mir Zuversicht (trösten/beruhigen mich, werden mir Zuversicht geben)m.
5 Du deckst (bereitest vor, wirst decken) vor mir einen Tisch (eine Matte, ein Festmahl)n,
direkt vor (gegenüber von) meinen Feindeno (meines Feindesp).
Du hast (salbst) meinen Kopf mit Öl (Olivenöl, Fett) gesalbt (erfrischt, eingefettet)q
Mein Becher [ist] randvoll (fließt über)r.
6 Nur (ja, nichts als)s Güte (Gutes) und Liebe (Gnade) werden mir folgen (verfolgen mich)
[an] allen Tagen meines Lebens,
und (und dann, und so) ich werde wohnen (halte mich auf, werde [immer wieder]t zurückkehren)u im (ins) Haus JHWHs
für die Länge meiner Tage.

Anmerkungen

Dieser Psalm ist Bekenntnis und Gebet zu Gott. Thema ist das Vertrauen zu Gott, der ein gutes Leben ermöglicht und in allen Gefahren schützt. Der Psalm-Beter sieht sich geborgen in Gottes „Güte und Huld“.v

Es gibt zwei Bilder: Gott als guter Hirte; Gott als Gastgeber. Beide Bilder entfalten zunächst die „Erfahrung der Lebensermöglichung (Essen, Trinken, Ruhe)w und erzählen dann von dem Schutz, den Gott gibt.

Die formale Struktur des Psalms ist spiegelbildlich:x

  • Vers 1–3: Bekenntnis zu Gott — Gott als guter Hirte (Essen/Trinken, Ruhe und Orientierung)
  • Vers 4: Vertrauensgebet — Gott als guter Hirte (Schutz)
  • Vers 5: Vertrauensgebet — Gott als Gastgeber (Festmahl: Essen/Trinken, Ehrung und Schutz)
  • Vers 6: Bekenntnis zu Gott — Gott als Gastgeber (dauerhaftes Wohnen bei Gott)

aE. Zenger übersetzt in seinem Kommentar: „»Mein Hirte ist der Herr« (und niemand sonst)(Hossfeld/Zenger 1993, 153). Psalm 23 vergleicht Gottes Fürsorge mit der eines Hirten für seine Schafe. (Zurück zu v.1)
bFreier formuliert: „Mir fehlt nie etwas“. Der Gedanke des „nie“ scheint durch die Formulierung mit Ipf. ausgedrückt zu werden (Vgl. LUT, REB, SLT, ). Unter Umständen auch möglich: „Ich werde nicht fehlen“ i.S.v. „ich werde nicht verloren gehen“,vgl. 1Kön 17,14 („Das Öl soll nicht fehlen“); Jes 32,6 („Der Trank des Durstigen fehlt“); vgl. auch Dahood 1965, S. 146 (Zurück zu v.1)
cso Waltke 2010, S. 434 (Zurück zu v.2)
dDie Constructus-Verbindung hier kann verschieden aufgelöst werden. Diese Übersetzung ist wörtlicher; s.a. NGÜ, GNB. (Zurück zu v.2)
e„Er sorgt dafür, dass ich mich ... ausruhen kann“ Auf Hebräisch eine einzige Verbform im Hifil. Das Hifil drückt aus, dass JHWH hier dafür sorgt, dass etwas geschieht; also die Handlung ermöglicht.
Wenn Schafe sich hinlegen und ausruhen, dann schlafen oder wiederkäuen sie. Das ist hier im Blick. Nur im Stehen fressen sie. vgl. Clines 2007, S. 70f.; vgl. auch NAB: „In green pastures you let me graze“ (Zurück zu v.2)
fGelegentlich wird dies verstanden i.S.v. „Wasser, an denen man rasten kann“ - so z.B. Deissler 1989: „Wasser der Rastplätze“; Nötscher 1959: „Wasser mit Ruheplätzen“; Zenger 1987: „Ruhe an Wassern“; Zuber 1986: „Wassern der Ruheplätze“. Dag. Ehrlich 1905, S. 60: „[... Der Ausdruck] ist weder Wasser der Erquickung [...], noch Wasser, an denen man ruhen kann, was doch alle Wasser sind. Der Ausdruck bezeichnet ruhige, nicht reissende Wasser. Denn tiefe, reissende Wasser scheuen die Tiere, namentlich Schafe, wenn sie das Maul zum Trinken oder auch nur den Fuss hineintun.“ Der Sinn von „gut trinkbarem Wasser“ legt sich auch deshalb nahe, weil der Halbvers parallel steht zu v. 2a, in dem es um schmackhaftes - d.h., „gut essbares“ - Gras geht; vgl. auch Clines 2007, S. 73. Die nächste deutsche Entsprechung ist daher vermutlich etwas wie „murmelnde Bächlein“ oder etwas Ähnliches. (Zurück zu v.2)
gDas Wort „näfäsch“ (נֶפֶשׁ) bezeichnet den Atem eines Lebewesens, die Kehle, mit der man atmet, sowie die grundsätzliche Lebenskraft/Lebendigkeit/Vitalität, den Personenkern. Die traditionelle Übersetzung „Seele“ erinnert an einen vermeintlichen Körper-Seele-Gegensatz, an den im hebräischen Urtext überhaupt nicht gedacht ist. (Vgl. Wibilex.de, Art. „Leben“, und Gesenius, Art. נֶפֶשׁ). Im Kontext dieses Psalms ließe sich das Wort sowohl auf Bildebene ( „Meine Kehle erfrischt er.“) als auch auf Sachebene („Mein innerstes Wesen erneuert er.“) übersetzen. Die gewählte Formulierung („Meine Lebenskraft bringt er zurück“) ist sowohl für die Bildebene als auch für die Sachebene offen. (Zurück zu v.3)
hDie Einheitsübersetzung hat: „Er stillt mein Verlangen.“ E. Zenger schlägt in seinem Kommentar als Alternative hierzu vor: „Er stellt meine Lebenskraft wieder her.“ (Hossfeld/Zenger 1993, 153) (Zurück zu v.3)
iWir folgen den meisten wissenschaftlichen Kommentaren mit der wörtlichen Übersetzung „Tal des Todesschattens“. Gemeint ist vermutlich ein Tal mit lebensgefährlich tiefem Schatten (Kraus 61989, 339) bzw. ein Tal, auf dem ein Schatten von Todesgefahr liegt (Clines 2007, 76). Eine andere etymologische Ableitung des hebräischen Textes ergäbe die Übersetzung „Tal der extremen Dunkelheit“. (Zurück zu v.4)
jvgl. Ehrlich 1905, S. 60: „ילך kann nur ein Hingehen oder Hineingehen, nicht aber eine Bewegung innerhalb gegebener Grenzen bezeichnen.“ (Zurück zu v.4)
kvgl. Sabottka 1972, S. 129 (Zurück zu v.4)
lDie Worte „schevät“ (שֵׁבֶט) und „misch·änät“ (מִשׁעֶנֶת) werden in der Regel verstanden als Keule zur Abwehr wilder Tiere und als Hirtenstab als Gehhilfe oder zur Unterstützung der Schafe bei schwierigen Wegstellen; vgl. z.B. Briggs 1906, S. 209; Deissler 1989, S. 97; Nötscher 1959, S. 44; Zenger 1987, S. 229. Vermutlich sind aber sowohl Stab als auch Keule als Waffen zu verstehen; zum Waffenpaar „Stab und Keule“ vgl. die Diskussion der Hirtenkeule in der BODO-Datenbank. Vgl. außerdem die Artikel zu שׁבט und משׁענת / משׁען in der כלי-database. (Zurück zu v.4)
mIn den Kommentaren wird als Übersetzung „Mut geben“ (Kraus 61989, 334) oder „Zuversicht geben“ (Hossfeld/Zenger 1993, 153) vorgeschlagen. Denkt man die Hirtenmetapher zu Ende, dann passt in Bezug auf Schafe (vgl. 1b) „beruhigen“ oder „beschwichtigen“ besser als der auf Menschen bezogene Begriff „trösten“ (vgl. NET Ps 23,4, Fußnote 1). (Zurück zu v.4)
nzum Wort „schulchan“ שֻׁלְחָן wird häufig - ausgehend von kulturgeschichtlichen und etymologischen Erwägungen - kommentiert, dass das Wort eigentlich „Ledermatte“ bedeute und es kulturgeschichtlich auch dies bedeuten müsse (vgl. z.B. Briggs 1906, S. 212; Clines 2007, S. 77; ähnlich Terrien 2003, S. 241). Unter Umständen ist dies aber auf eine falsche Etymologie zurückzuführen (so Dahood 1965, S. 147; ähnlich Terrien 2003, S. 241) und שֻׁלְחָן kann durchaus (auch) „Tisch“ bedeuten, wenn auch der Kontext hier eine Ledermatte doch als die näherliegende Alternative erscheinen lässt.
Unabhängig davon wird es auch gelegentlich gelesen als Metonymie für das auf dem Tisch / auf der Ledermatte bereitete Festmahl (so etwa Clines 2007, S. 77; Waltke 2010, S. 442), was zwar wohl die beste Übersetzungsweise, aber keine wörtliche Übersetzung wäre, so dass wir es hier nur als Übersetzungsalternative listen und für die Lesefassung empfehlen können. (Zurück zu v.5)
oWährend das Verb, von dem dieses Wort abgeleitet ist, speziell die Feindseligkeit der Gegner betont, ist das Wort „zorer“ (צֹרֵר) ein Kollektivbegriff für persönliche Feinde. (Zurück zu v.5)
ppluralis maiestatis / intensitatis; so Sabottka 1972, S. 129 (Zurück zu v.5)
qHier ist keine kultische Salbung gemeint, dagegen spricht schon das verwendete Verb „daschan“ (דָשַׁן) statt sonst „maschach“ (מָשָׁח). Die Betonung liegt eher auf seiner häufigen Grundbedeutung „erfrischen“, sonst auch „einfetten“. Dabei handelt es sich wohl um eine hebräische Sitte, nach der der Gastgeber seinem Gast den Kopf einölt (vgl. Briggs 1906, S. 210; Deissler 1989, S. 98; Zenger 1987, S. 231). (Zurück zu v.5)
r„randvoll (fließt über)“ ist wörtlich eigentlich ein Substantiv: „Mein Becher [ist] Überfluss“; der Einsatz von Substantiven als Adjektiven ist aber ganz gewöhnlich im Hebräischen; s. z.B. GKC §141c. (Zurück zu v.5)
sAn dieser Stelle kann das Wort sowohl bekräftigend als auch einschränkend verstanden werden. (Zurück zu v.6)
tnach Knauf 2001, S. 556. (Zurück zu v.6)
uDie Konsonanten des hebräischen Textes lassen sich entweder deuten als „und ich werde zurückkehren“ (so die masoretischen Handschriften) oder als „und ich werde wohnen“ (ähnlich die Septuaginta: „und mein Wohnen“). Vgl. Hossfeld/Zenger 1993, 153, und Kraus 61989, 334. (Zurück zu v.6)
vKraus 61989, 334 (Zurück zum Text: v)
wHossfeld/Zenger 1993, 155 (Zurück zum Text: w)
xHossfeld/Zenger 1993, 152 (Zurück zum Text: x)