Psalm 53

Aus Die Offene Bibel

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Lesefassung (Psalm 53)

(kommt später)

Studienfassung (Psalm 53)

1 1 Für den Chorleitera (Dirigenten, Singenden, Musizierenden; [Vorzutragen vom] Vorsteher [über das Ritual]) `al-machalat.b
Ein Lehrgedicht (?) von (für, über, nach Art von) David.

2Es sagt (sagte) [der] Narr in seinem Herzen (es sagte sich der Narr):
„Es gibt keinen Gott!“c
Sie begehen und verbrechen (begingen und verbrachen) Untatd
[Es gibt (gab)] keinen, [der] Gutes tut.


3 Gott beugte (beugt) sich (blickt?) vom Himmel herab
Über [die] Menschenkinder,
Um zu sehen, [ob] es gibt einen Klugen,
Einen Gott-Sucher (einen Klugen, [der] Gott sucht):e
4 „Sie alle sind (waren) abgewichen,
Sämtlich sind (waren) sie verdorben.
Keinen [gibt (gab) es], [der] Gutes tut;
Keinen. Auch nicht einen [einzigen].
5 Wissen [denn] nicht[s] [die] Übel-Täter,
[Die] mein Volk fressen?
Sie fressen Brot,f
[Doch] Gott rufen sie nicht an.“

6 Da erschraken sie einen Schrecken,
[Wie es] nie [zuvor] Schrecken gab,g
Denn Gott zerstreute die Knochen des bei dir Lagernden;h
Du machtest [ihn] zuschanden, denn Gott verwarf sie.


7 Möge es doch vom Zioni Rettung für Israel geben!j
Wenn Gott das Geschick (die Gefangenschaft) seines Volkes wendet,
Möge Jakobk jubeln, Israel sich freuen!

Anmerkungen


Psalm 53 ist ein weisheitlicher Klagepsalm.
V. 1 nennt man meist die „Überschrift“. Diese Überschriften wurden den Psalmen nachträglich hinzugefügt; über ihren Sinn weiß man immer noch nichts Genaueres und auch die Bedeutung der einzelnen Vokabeln ist hier wie meist unklar. Doch da es sich um nachträgliche Hinzufügungen handelt, wirkt sich das glücklicherweise nicht allzu nachteilig auf das Verständnis des Psalms im Ganzen aus. In V. 2 beginnt der eigentliche Psalm damit, dass die Verderbtheit der gesamten Menschheit beklagt wird. Dieser Zustand wird in Vv. 3-6 zum Anlass für eine Besinnung über das vergangene Handeln Gottes in ähnlicher Situation: Eine Prüfung Gottes ergab, dass die gesamte Menschheit verdorben ist und sich sowohl ihren Mitmenschen als auch Gott gegenüber unangemessen verhält. V. 6 schildern das Resultat dieser Prüfung: Gott sorgte dafür, dass die Übeltäter „einen Schrecken erschraken, wie es noch nie einen Schrecken gab“, indem er dafür sorgte, dass sein Volk seine Okkupanten bezwingen konnte.
In V. 7 schließt an diese Besinnung der Wunsch an, dass Gott doch auch jetzt wieder ebenso handeln möge: Gott möge das Geschick der von gänzlich verderbten Feinden unterdrückten Israeliten wenden, so dass sie wieder Grund zu Jubel und Freude haben.

In Vv. 2-5 finden sich dabei einige verbreitete weisheitliche Motive (zum Folgendem s. näher z.B. Weisheit (WAM); speziell zu Ps 14 gut z.B. Caquot 1959, S. 1f.): Einander gegenübergestellt werden der „verderblich handelnde Narr“ (V. 1), der „nichts weiß“ (V. 4), und der Gott suchende Kluge (V. 2). Dahinter steht folgender Vorstellungskomplex: Gott hat die Welt wohl geordnet. Die Aufgabe des Menschen ist es daher, die „Regeln“ dieser von Gott geordneten Welt zu suchen und dann gott- und regelgemäß zu handeln. So auch hier: Der „Kluge“ wird in V. 2 gleichgesetzt mit dem „Gott-Sucher“. Sein Widerpart ist der „Narr“, der sich um die Ordnung der Welt und Gott nicht schert: der lebt, als „gäbe es Gott nicht“ (V. 1), sich daher an der kosmischen Ordnung auch nicht stört, sondern im Gegensatz zum Weisen „nichts weiß“ und daher gott- und regelvergessen Übeltat auf „Übeltat vergeht, verbricht“ - bes., indem er „JHWHs Volk frisst“ und selbst beim „Brot-fressen“ keinen Gedanken an den verschwendet, dem er dieses Brot verdankt.

Ein Letztes: Psalm 53 ist doppelt überliefert und findet sich noch einmal in leicht abgewandelter Form als Psalm 14 an einer anderen Stelle des Psalters. Neben einigen stilistischen Veränderungen unterscheiden sich die beiden Psalmen v.a. in den Versen Ps 14,5f. und 53,6, die so unterschiedlich sind, dass man allenfalls davon ausgehen kann, dass die eine Stelle dem Verfasser der anderen Stelle als Inspirationsquelle gedient hat. Welche von beiden Fassungen die ältere ist, ist nicht mehr zu ermitteln.

aChorleiter - Heb. menatseach; genaue Bedeutung unklar. Die Primärübersetzung „Chorleiter“ ist mehr oder weniger Konvention. S. noch nächste FN. (Zurück zu v.1)
b`al-machalat - Unklarer Begriff. Für einen guten Vorschlag zur Deutung der ersten beiden Zeilen vgl. Sawyer 2011b: In akkadischen Ritualtexten gibt es ähnliche Angaben wie in den Psalmüberschriften; u.a. wird dort häufig spezifiziert, wer den folgenden Text vorzutragen hat und welches Ritual Anlass des jeweiligen Ritualtextes ist. Entsprechend wäre dann in den Psalmen der menatseach nicht der „Chorleiter“, sondern der Vorsteher über das Ritualmachalat“, bei dem der Psalm vorzuträgen war. Doch ist auch dies nur ein „educated guess“ und „Chorleiter“ ist in dt. Üss. so etabliert, dass die LF doch besser dieser Konvention folgen sollte. (Zurück zu v.1)
cEs gibt keinen Gott - Gemeint ist kein theoretischer Atheismus, der im Alten Israel schwerlich vorstellbar ist. Der „Narr“ vertritt einen praktischen Atheismus: Er lebt und handelt so, als gäbe es keinen Gott, wie dann auch in den nächsten Zeilen näher ausgeführt wird. (Zurück zu v.2)
dbegehen und verbrechen Untat - Die beiden Verben benötigen eigentlich kein Objekt; das erste bedeutet schon allein „verderblich handeln“, das zweite „abscheulich handeln“. Die eigentlich unnötige Hinzufügung des Substantivs soll den Ausdruck noch intensiver machen.
Sinnvoll daher NL: „Sie sind durch und durch schlecht, und ihre Taten sind böse“. (Zurück zu v.2)
e: - Vv. 3-4 schildern das Ergebnis von Gottes Prüfung: Die gesamte Menschheit hat sie nicht bestanden.
Dass Gott in V. 4 von sich selbst in der 3. Pers. spricht, kommt häufiger vor (vgl. dazu z.B. Malone 2009). Zu ähnlichen nicht durch ein Verb des Sagens eingeleiteten Zitaten vgl. z.B. Gordis 1949, S. 167-173. (Zurück zu v.3)
f[Die] mein Volk fressen? / Sie fressen Brot - Oft übersetzt als „Die mein Volk fressen, wie man Brot isst“, aber dann wären die beiden unterschiedlichen Verbformen (Zeile 2: Partizip, Zeile 3: Qatal) unerklärlich (richtig Eerdmans 1947, S. 135). Unsere Üs. folgt daher deClaissé-Walford/Jacobson/Tanner 2014, S. 165; Eerdmans 1947, S. 134; vgl. auch schon Olshausen 1853, S. 79. Charakterisiert werden die Übeltäter hier also erstens darüber, dass sie „mein Volk fressen“ (d.h. ausbeuten, s. ähnlich Spr 30,14; Jer 10,25; Mi 3,3; Hab 3,14), obwohl sie das nicht mal nötig hätten, da sie ja Brot zu fressen haben (d.h. keine Not leiden müssen), und zweitens darüber, dass sie Brot zu essen haben - dass es ihnen also gut geht -, aber nicht einmal dafür JHWH anrufen, also danken. Sowohl in ihrem Verhalten ihren Mitmenschen als auch Gott gegenüber sind sie durch und durch schlecht.
Die Üs. von („Sie verschlingen mein Volk. Sie essen das Brot JHWHs, doch seinen Namen rufen sie nicht an“) folgt einem unnötigen Textkorrekturvorschlag von Kissane 1953 (s. auch schon Duhm, Gunkel). (Zurück zu v.5)
gVv. 6ab - W.: „Da erschraken sie einen Schrecken / nicht war Schrecken.“ Unsere Üs. folgt Buttenwieser 1938, S. 478 (so auch Brueggemann/Bellinger 2014, S. 244; deClaissé-Walford/Jacobson/Tanner 2014, S. 465).
Alternativ könnte man den zweiten Satz mit einigen alten Exegeten (z.B. Hitzig und Ewald) als eine sog. „Epanorthosis“ auffassen: als emphatische Ersetzung eines Textstücks durch ein anderes (z.B.: „Wenn du das tust, gebe ich dir hundert Euro. Ach was, hundert - tausend Euro geb ich dir!“): Da erschraken sie einen Schrecken. Doch nein, nicht nur Schrecken wars, [sondern]...
So und so wäre der Sinn der zweiten Zeilen die erste Zeile noch zusätzlich zu intensivieren. (Zurück zu v.6)
hdes bei dir Lagernden - Sehr schwierige Stelle (Weiss 1968, S. 131: „completely meaningless“). Am besten wohl so zu verstehen: Der Psalmist wendet sich hier an die Israeliten und erinnert sie daran, wie sie mit Gottes Hilfe die Ausländer, die unrechtmäßig ihr Land okkupiert hatten (wie z.B. die Edomiter zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft), zuschanden machen konnten. Der „bei dir Lagernde“ ist also „dein Okkupant“. (Zurück zu v.6)
iZion - Der Berg in Jerusalem, auf dem Gott in seinem Tempel wohnt. Hilfe von Gott kommt daher „vom Zion“ (vgl. z.B. Zion/Zionstheologie (WiBiLex). (Zurück zu v.7)
jMöge es doch vom Zion Rettung für Israel geben! - W.: „Wer wird geben vom Zion Rettung für Israel!?“, die heb. Wendung „Wer wird geben X“ ist ein Idiom für „Es möge sein, dass... X“. (Zurück zu v.7)
kJakob - Alternativer Begriff für Israel, da Jakob nach Gen 25 der Stammvater der Israeliten war. (Zurück zu v.7)