Psalm 11

Aus Die Offene Bibel

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Status: Studienfassung in Arbeit – Einige Verse des Kapitels sind bereits übersetzt. Wer die biblischen Ursprachen beherrscht, ist zum Einstellen weiterer Verse eingeladen. Auf der Diskussionsseite kann die Arbeit am Urtext dokumentiert werden. Dort ist auch Platz für Verbesserungsvorschläge und konstruktive Anmerkungen.
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Status: Lesefassung folgt später – Bevor eine Lesefassung erstellt werden kann, muss noch an der Studienfassung gearbeitet werden. Siehe Übersetzungskriterien und Qualitätssicherung Wir bitten um Geduld.

Lesefassung (Psalm 11)

(kommt später)

Studienfassung (Psalm 11)

1 Für den Chorleiter (Dirigenten, Singenden, Musizierenden; [Vorzutragen vom] Vorsteher [über das Ritual]).a Ein Psalm (begleitetes Lied) von (für, über, nach Art von) David.

Auf JHWH vertraue ich (zu JHWH fliehe ich/bin ich geflohen).
Wie [könnt] ihrb [da] zu mir (zu meiner Seele)c sagen:d
Flieht auf euren Berge [wie] ein Vogelf ([wie] Vögel; flieh auf euren Berg, Vogel!, flieh/flieht ins Gebirge wie ein Vogel/wie Vögel!)g
2 Denn siehe,h die Bösen wollen den Bogen spannen,
Sie wollen den Pfeil auf die Sehne legeni
Um im Dunkelj auf die zu schießen, die aufrechten Herzens sind.
3 Ja, (denn) [selbst] die Fundamentek sollen (werden) eingerissen werden -
Was [also] tut der Gerechte?“l


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Anmerkungen

aChorleiter - Heb. menatseach; genaue Bedeutung unklar. Die Primärübersetzung „Chorleiter“ ist mehr oder weniger Konvention.
Für einen guten Vorschlag zur Deutung vgl. Sawyer 2011b: In akkadischen Ritualtexten gibt es ähnliche Angaben wie in den Psalmüberschriften; u.a. wird dort häufig spezifiziert, wer den folgenden Text vorzutragen hat und welches Ritual Anlass des jeweiligen Ritualtextes ist. Entsprechend wäre dann in den Psalmen der menatseach nicht der „Chorleiter“, sondern der Vorsteher über das Ritual, bei dem der Psalm vorzuträgen war. Doch ist auch dies nur ein „educated guess“ und „Chorleiter“ ist in dt. Üss. so etabliert, dass die LF doch besser dieser Deutung folgen sollte. (Zurück zu v.1)
bihr - Wer diese „ihr“ sind, ist umstritten: Sind es ängstliche Freunde des Psalmisten (so die meisten) oder seine Feinde? Umstritten ist außerdem, wie lange das folgende Zitat dieser „ihr“ geht: Nur bis ans Ende von V. 1, bis zum Ende von V. 2, bis zum Ende von V. 3 (so die meisten) oder gar bis ans Ende von V. 1 und dann noch mal V. 3? Nach unserem Verständnis geht das folgende Zitat der Gesprächspartner vom Ende von V. 1 bis zum Ende von V. 3 und es sind die Feinde des Psalmisten, die hier zitiert werden.

Genauer: V. 2 gehört sicher zum selben Sprachakt wie V. 1: In der Wendung ki hinneh („denn siehe,...“) hat ki („denn“, „Oh!“, „Ach!“) nie die selbe Funktion wie hinneh (also die eines Fokuspartikels: „Oh! Siehe!, ...“), muss also als „denn“ verstanden werden. Würde demnach in V. 2 wieder der Psalmist sprechen, würde er ja sein Vertrauen in Gott damit begründen, dass die Frevler schon ihre Bogen spannen. Das liegt sicher fern. Die Sprecher sind also immer noch die von V. 1, die in V. 2 ihre Aufforderung von V. 1 begründen (für ähnliche mit ki hinneh eingeleitete Begründungen s. z.B. schön deutlich Jer 50,9 auf V. 8; Ps 59,4 auf V. 3; 83,3 auf V. 2). Ab V. 4 dagegen beginnt offenbar die Erwiderung auf 3b: „Was tut JHWH?“ - „Richten.“ (so gut Mannati 1979, S. 225). Die beiden Abschnitte des Psalms sind also sehr wahrscheinlich: Vv. 1b-3 - Vv. 4-7.

Wer sind nun die „ihr?“ Wegen dem Ende von V. 1 („auf euern Berg“) hat man wahrscheinlich an eine Gruppe (ihr) zu denken, die eine andere ist als die Gruppe, denen „euer Berg“ zugeschrieben wird und die hier durch den Psalmisten repräsentiert ist. Am nächsten liegt daher, die Feinde des Psalmisten als seine Gesprächspartner zu verstehen. S. näher die Anmerkungen. (Zurück zu v.1)
czu mir (zu meiner Seele) - Heb. „zu meiner nefesch (‚Seele‘)“. Eine wörtl. Üs. von nefesch ist fast nie zu empfehlen, weil es im heb. Menschenbild einen Gegensatz von Körper und Seele so nicht gab; nefesch meint hier wie meist den ganzen Menschen und wird daher hier wie häufig als Wechselbegriff für „Ich“ verwendet. (Zurück zu v.1)
dWie [könnt] ihr [da] zu mir sagen - W. „Wie (´ek) sagt ihr zu mir...?“; das Fragewort ´ek dient hier wie häufig zur Einleitung eines ablehnenden Ausrufs: „Wie könnt ihr nur...!?“ (s. z.B. Gen 26,9; 39,9; Ri 16,15 u.ö). Die obige Übersetzung versucht, diesen Ton einzufangen. Ähnlich viele Üss. (Zurück zu v.1)
eauf euren Berg - nämlich den Zion, den Berg, auf dem Gott in seinem Tempel wohnt und der daher eine sichere Zuflucht ist (vgl. z.B. Zion/Zionstheologie (WiBiLex) und s. z.B. Ps 46,1-8; 48,13-15; zum ähnlichen Motiv des Tempels als Zufluchtsort s. z.B. Ps 27,4f.; 61,4f.). (Zurück zu v.1)
f[wie] ein Vogel, d.h. „wie ein Angsthase“ (vgl. Spr 27,8; Hos 11,11). Sehr schön Delekat 1967, S. 154: „Flieh ins Gebirge wie ein Hasenfuss!“
„Vogel“ ist ein „generischer Singular“ mit Pl.-Bed.; übersetze: „wie Vögel“. (Zurück zu v.1)
gTextkritik: Flieht auf euren Berg [wie] ein Vogel ([wie] Vögel; flieh auf euren Berg, Vogel!, flieh/flieht ins Gebirge wie ein Vogel/wie Vögel! - Der heb. Teil der Bibel wurde ursprünglich ohne Vokale geschrieben; jüdische Schriftgelehrte trugen diese Vokale im Mittelalter nach. An dieser Stelle liegt der heb. Text daher in zwei us. Versionen vor: Der Konsonantentext bedeutet „Flieht (mask. pl.)“, die Schriftgelehrten wollten das korrigieren und haben durch die Vokale angezeigt, dass sie den Text verstanden wissen wollen als „Flieh (fem. sg.)“. Darauf folgen im Heb. die Konsonanten hrkm („auf euren Berg“) und zpwr, das sich entweder als Sg. oder als „generischer“ Sg. mit Pl.-Bed. und entweder als Vokativ („du Vogel / ihr Vögel“) oder als adverbialer Akkusativ des Vergleichs ([wie] ein Vogel / [wie] Vögel“) verstehen lässt.
Die alten Übersetzungen übersetzen fast einheitlich: „Flieh (sg.) ins Gebirge wie ein Vogel“. Auch hier findet sich also meist die Deutung des Verbs als Sg., außerdem fehlt stets das „euer“ und stets steht ein „wie“. Das könnte bedeuten, dass den alten Versionen statt den Konsonanten hrkm zpwr („auf euren Berg [wie] ein Vogel“) die Konsonanten hr kmw zpwr („ins Gebirge wie ein Vogel“) vorlagen. Die Unterschiede lassen sich aber auch als eine freiere, kontextuelle Übertragung erkären: Die singularische Übertragung des Verbs wäre dem „zu meiner Seele“ in V. 1 geschuldet; „auf euren Berg/auf euer Gebirge“ wurde als alternativer Ausdruck für „ins Gebirge“ gefasst, weil das Gebirge in der Bibel oft der Ort ist, an den in Notsituationen geflohen wird, und das „wie“ soll nur den adverbialen Akkusativ des Vergleichs ausdrücklich machen. Ähnlich erklärt z.B. CTAT IV, S. 42f. die Unterschiede; dieser Deutung folgen auch wir und betrachten als ursprünglich: „FliehT auf EUREN Berg [WIE] ein Vogel“. So z.B. auch B-R, MEN, SLT, STAD, TAF, TUR. (Zurück zu v.1)
hDenn siehe leitet hier die Begründung der vorangehenden Aufforderung ein (s. ähnlich z.B. Jer 50,9 auf V. 8; Ps 59,4 auf V. 3; 83,3); sinngemäßer daher: „Denn siehe die Bösen wollen [ja] den Bogen spannen“. (Zurück zu v.2)
itFN: wollen legen - W. „legen/haben gelegt.“ Zeilen 1 und 2 von V. 2 verwenden unterschiedliche Verbformen. Nach der Logik muss man zuerst den Bogen spannen, bevor man den Pfeil auf die Sehne legen kann; laut den Verbformen von V. 2 ist es hier aber umgekehrt: „Sie werden/wollen den Bogen spannen, / sie haben den Pfeil auf die Sehne gelegt“. Das ist am besten zu erklären als T-Shift (so auch Zuber 1986, S. 26; schon von Lengerke 1847, S. 50): Aus poetischen Gründen kann in der bibl. Poesie von einer Zeile auf die nächste von einem Tempus zum nächsten gewechselt werden, ohne, dass das einen Bedeutungsunterschied machen würde (vgl. z.B. Berlin 1979, S. 23). Auch von den meisten Üss. wird daher richtig der Unterschied zwischen den beiden Verbformen eingeebnet. (Zurück zu v.2)
jim Dunkel, also feige im Schutz der Nacht. (Zurück zu v.2)
kFundamente - gemeint ist wohl, „daß die Frevler sogar Fundamente und Siedlungen vernichten“ (Loretz 2002, S. 112).
Genauer: „Fundamente“ wird von fast allen Exegeten und z.B. auch BB, GN, HfA, NeÜ, NGÜ, NL als Metapher für die „Grundlage der Gesellschaft“, nämlich die gesellschaftliche Ordnung oder die wichtigen Bürger als die „Stützen der Gesellschaft“, gedeutet; verwiesen wird dafür auf Ps 82,5; Jes 19,10; Ez 30,4. Das ist ganz unwahrscheinlich. In Jes 19,10 ist vermutlich schetiteha („Weber“) zu vokalisieren (vgl. BHS; Eitan 1925; heute z.B. Smith 2007, S. 357). Ez 30,4 und Ps 82,5 verwenden andere Wörter als Ps 11. Auch unabhängig davon geht es in Ez 30,4 sicher nicht um „Fundamente der Gesellschaft“, sondern um Urbizid, die vollständige Schleifung einer Stadt (dazu vgl. kürzlich Wright 2015). In Ps 82,5 schließlich ist von den mosde ´arets („Säulen der Erde“) die Rede, die hier sicher wie sonst auch die Fundamente, auf denen nach dem bib. Weltbild entweder die Erde über der Unterwelt oder der Himmel auf der Erde ruht, meinen (s. zu dieser und ähnlichen Wendungen Dtn 32,22; 2Sam 22,8.16 und Ps 18,7.15; Spr 8,29; Jes 28,18; Jer 31,37; Mi 6,2 und vgl. z.B. Muszynski 1975, S. 105f.). Damit wäre „Fundamente“ als Bild für „wichtige Bürger“ oder „staatliche Ordnung“ also singulär und ist daher besser mit Loretz 2002, S. 112 wörtlich zu verstehen und ebenso wie Ez 30,4 auf den Brauch des Urbizids zu beziehen: Die Bösen wollen nicht nur die Gerechten niedermähen (V. 2), sondern auch ihre gesamte Stadt schleifen (V. 3a). (Zurück zu v.3)
lder Gerechte = JHWH (so schon Ehrlich 1905; z.B. auch Auffret 1981, S. 406; Mannati 1979, S. 225): V. 7 wird sicher JHWH als „der Gerechte“ bezeichnet und es ist unwahrscheinlich, dass innerhalb dieser nur sieben Verse JHWH mit einem Begriff charakterisiert wird, mit dem zuvor schon seine Verehrer charakterisiert wurden. Für Gottes Verehrer ist in Ps 11 der Begriff jaschar („aufrecht“) reserviert.
Die Übersetzung „Was kann der Gerechte tun?“ ist wegen der Verbform nicht zulässig (so richtig Kissane 1953, S. 47); gefragt wird nach dem tatsächlichen Tun des „gerechten“ Gottes: Wo bleibt denn sein gerechtes Handeln? (Zurück zu v.3)